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"Morgan Rice hat eine brillante neue Fantasy-Serie geschaffen, die uns in das Reich von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird... Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen." --Books and Movie Reviews, Roberto Mattos (zu Aufstand der Drachen) Nach dem ersten Buch SKLAVIN, KRIEGERIN, KÖNIGIN ist SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER das fünfte Buch der Bestseller Fantasy-Reihe FÜR RUHM UND KRONE von Morgan Rice. Die siebzehnjährige Ceres, ein schönes wenn auch armes Mädchen aus der Reichsstadt Delos, hat die Schlacht um Delos gewonnen – doch ein vollständiger Sieg steht noch aus. Während die Rebellion zu ihr als neue Anführerin aufblickt, muss Ceres einen Weg finden, das Königshaus zu stürzen und Delos vor dem bevorstehenden Angriff durch eine Armee unvorstellbarer Größe zu schützen. Sie muss versuchen, Thanos vor seiner Hinrichtung zu retten und seinen Namen vom Mord an seinem Vater reinzuwaschen. Thanos ist entschlossen Lucious auf dem Meer zu schnappen, den Mord an seinem Vater zu sühnen und seinen Bruder zu töten bevor dieser mit einer Armee an die Ufer von Delos zurückkehren kann. Er weiß, dass es eine heimtückische Reise in feindliches Gebiet werden wird und dass er mit dem Leben dafür bezahlen muss. Aber er ist fest entschlossen, sich für sein Land zu opfern. Doch nicht alles läuft nach Plan. Stephania reist in ferne Lande, um den Zauberer zu finden, der Ceres' Kräften ein für alle Mal ein Ende setzen kann. Sie ist gewillt, einen Verrat zu begehen, der Ceres töten und sie selbst – und ihr ungeborenes Kind – zum Herrscher des Reichs machen wird.
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Seitenzahl: 316
Veröffentlichungsjahr: 2017
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SOLDAT, BRUDER, ZAUBERER
(FÜR RUHM UND KRONE -- BUCH 5)
Morgan Rice
Als Autorin von Fantasy-Epen wie der siebzehn-bändigen Reihe DER RING DER ZAUBEREI; der zwölf-bändigen Bestseller Serie DER WEG DER VAMPIRE; der bisher zwei-bändigen post-apokalyptischen Bestseller Serie DIE TRILOGIE DES ÜBERLEBENS; der sechs-bändigen epischen Fantasy Serie VON KÖNIGEN UND ZAUBERERN und dem neuen Fantasy-Epos Serie FÜR RUHM UND KRONE gehört Morgan Rice zu den Bestsellern in ihrem Genre. Morgans Bücher sind als Hör- und Printbücher in mehr als 25 Sprachen erhältlich.
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Ausgewählte Kritiken zu Morgan Rice
„Wenn Sie geglaubt haben nach dem Ende von DER RING DER ZAUBEREI nicht weiterleben zu können, dann haben Sie sich geirrt. Mit DER AUFSTAND DER DRACHEN hat Morgan Rice eine brillante neue Serie geschaffen, die uns in das Reich von Trollen und Drachen, von Ehre, Mut und Magie entführen wird. Morgan ist es gelungen eine neue Generation von Charakteren zu schaffen, die uns auf jeder Seite in Atem halten wird... Eine Empfehlung für alle Leser, die gut geschriebene Fantasy zu schätzen wissen.“
--Books and Movie Reviews
Roberto Mattos
„Ein Action-geladenes Fantasy Abenteuer das nicht nur allen Morgan Rice Fans gefallen wird sondern auch Anhängern von Christopher Paolinis DAS VERMÄCHTNIS DER DRACHENREITER... Fans von Fiction für Jugendliche werden dieses Werk von Rice verschlingen und um eine Fortsetzung betteln.“
--The Wanderer,A Literary Journal (bezugnehmend auf Der Aufstand der Drachen)
„Ein lebhaftes Fantasy-Abenteuer das auch durch seine mysteriösen Elemente und sein Intrigenspiel besticht. In QUESTE DER HELDEN geht es um Mut und darum einen Sinn im Leben zu finden. Die Helden und Heldinnen reifen, wachsen über sich hinaus und leisten dabei Außergewöhnliches... Alle die ein bissiges Fantasy-Abenteuer suchen, werden bei diesen Protagonisten und dieser Action fündig werden. Vor einer lebhaften Kulisse wächst das verträumte Kind Thor zu einem jungen Erwachsenen heran, das es mit lebensbedrohlichen Herausforderungen aufnehmen muss... Dieser Band verspricht der Anfang einer epischen Serie für Jugendliche zu werden.“
--Midwest Book Review (D. Donovan, eBook Reviewer)
„DER RING DER ZAUBEREI hat alle Zutaten für einen Bestseller: die Handlung, die Gegenhandlung, viel Geheimnisvolles, wackere Ritter und sich entfaltende Beziehungen voll von Herzschmerz, Betrug und Täuschung. Es wird Ihnen sicherlich keine Minute langweilig sein. Für jedes Alter geeignet, darf es in keiner Fantasy-Buchsammlung fehlen.”
--Books and Movie Reviews, Roberto Mattos
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INHALTSVERZEICHNIS
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHSZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
Dass er überhaupt aufwachte, überraschte Thanos. Nach allem, was die Königin gesagt hatte, bevor die Soldaten ihn bewusstlos geschlagen hatten, war er davon ausgegangen, dass sie ihm einfach den Hals durchschneiden würden.
Er war sich nicht sicher, ob er sich darüber freuen sollte, dass sie ihre Meinung geändert hatten.
Er musste bereits zuvor das Bewusstsein verloren haben, denn noch immer klebte das Blut an ihm, das den Boden der Gemächer seines Vaters bedeckt hatte. Er erinnerte sich daran, wie er seinen Vater in den Armen gehalten hatte, den einst großen Mann so zerbrechlich wie ein Kind. In seinen Träumen waren seine Hände mit Blut befleckt gewesen.
Er blinzelte und die Sonne verriet ihm, dass er nicht länger träumte. Doch das Blut war noch immer da. Seine Hände waren noch immer blutverklebt, nur dass Thanos nicht mehr wusste, wie viel davon sein eigenes war. Er konnte spüren, wie kaltes Eisen gegen seinen Körper drückte, doch fühlte es sich nicht wie Ketten an.
Thanos konnte sich nicht recht besinnen. Er fragte sich, wie sehr sie ihn geschlagen haben mussten, dass er keinen klaren Gedanken fassen konnte. Sie zogen ihn hinab zu dem Augenblick, in dem er hilflos mit hatte ansehen müssen, wie sein Vater seinen letzten Atem aushauchte.
„Du wirst die Wahrheit ans Licht bringen müssen, die ganze Wahrheit.“
Diese Worte hatten seinen Vater so viel Kraft gekostet. In jenem Moment war es ihm so wichtig gewesen, dass Thanos als des Königs Sohn anerkannt würde. Vielleicht sah er darin einen Weg, den Schaden, den er in seinem Leben angerichtet hatte, wieder ein Stück weit gut zu machen. Vielleicht hatte er aber auch nur geahnt, welchen Schaden Lucious anrichten würde, wenn er an die Macht käme.
Thanos ächzte unter diesen Gedanken. Seine Träume wurden von Sonnenlicht geflutet während sein schmerzender Körper sie weiter zurückdrängte. Doch die Stimme seines Vaters hörte er noch immer.
„Felldust. Du wirst die Antworten, nach denen du suchst, in Felldust finden. Sie hat sich auf den Weg dorthin gemacht, nachdem ich – “
Selbst in seinen Träumen war dieser Satz unter dem leeren Starren seines Vaters Augen unvollendet geblieben. Er hatte nur den Namen eines Ortes, den Hinweis auf eine Reise, die ihm Aufklärung bringen würde.
Falls er lange genug lebte, um sie auch anzutreten.
Er kam wieder zu Bewusstsein und mit ihm das volle Ausmaß körperlicher Schmerzen. Thanos hatte das Gefühl, dass jeder Teil seines Körpers bis ins Mark misshandelt worden war. Er konnte kaum den Kopf heben, denn er würde ihm zerspringen, sollte er es auch nur versuchen. Er wusste aus Erfahrung, wie sich gebrochene Rippen anfühlten und gerade fühlten sich zu viele Stellen seines Körpers genau so an.
Die Wachen hatten sich nicht zurückgehalten, auch wenn sie gewusst hatten, wer er war. Vielmehr hatten sie genau deshalb noch fester zugeschlagen, entweder angetrieben durch das Ausmaß seines angeblichen Verrats, oder weil sie zeigen wollten, dass sie nicht auf der Seite ihres Rebellenprinzen standen.
Thanos gelang es, sich aufzurichten und sich umzublicken. Die Welt um ihn schien sich zu drehen, während er das versuchte. Für einen Augenblick dachte er, dies wäre eine List seiner Schmerzen, Schwindel hervorgerufen durch die Hiebe gegen seinen Kopf. Dann erkannte er jedoch, dass er sich tatsächlich bewegte. Die vertikalen Eisenstäbe waren ein ständiger Bezugspunkt während seine Bewegung den Rest der Welt ins Wanken brachte.
„Der Galgen“, murmelte Thanos und die Worte schienen ihm im Hals stecken bleiben zu wollen. „Sie haben mich an einen Galgen gehangen.“
Ein zweiter Blick bestätigte seine Vermutung. Er saß in einer überdimensionierten Variante eines Käfigs, in dem sonst auch eine verwöhnte Adlige einen Vogel hätte halten können. Thanos’ Beine steckten zwischen den Stäben und waren doch dank der kurzen Kette, mit der man den Käfig an dem Pfosten angebracht hatte, noch weit entfernt vom Boden.
Der Käfig befand sich in einem kleinen von Mauern umgebenen Hof. Hier würden sich Adlige vielleicht zu Unterhaltungszwecken treffen oder Bedienstete, um unliebsame Aufgaben zu erfüllen. In den kleinen, in das Pflaster eingelassenen Kanälen, konnte Blut oder Schlimmeres weggespült werden.
In einer Ecke errichteten Wachen ein Galgenpodest und würdigten Thanos nicht eines Blickes. Sie bauten also auch keine Richtbank zum Zwecke einer Enthauptung.
Thanos überkam die Wut und er umklammerte die Stäbe. Er würde nicht wie ein Biest in diesem Käfig sitzen und seiner Schlachtung entgegensehen. Er würde nicht herumsitzen während Männer sich bereitmachen, ihn für etwas hinzurichten, das er nicht getan hatte.
Er rüttelte mit aller Kraft an den Stäben, doch sie waren zu stark. Das Schloss seiner Tür wurde von einer Kette verriegelt, dessen Glieder so dick waren, wie Thanos’ Daumen. Er prüfte sie, doch er fand keine Schwachstelle. Der Galgen, an dem sein Käfig baumelte, ließ ihm keine Fluchtmöglichkeit.
„Hey! Hände weg!“ schrie einer der Wächter und hieb mit einem Stock nach Thanos’ Knöcheln. Schmerz durchflutete ihn, während er versuchte, dem Drang laut aufzuschreien zu widerstehen.
„Du kannst so stark tun, wie du willst“, sagte der Wächter mit hasserfülltem Blick. „Wenn wir mit dir fertig sind, dann wirst du schreien.“
„Ich bin noch immer Teil des Königshauses“, sagte Thanos. „Ich habe das Recht auf einen Prozess vor den Adligen des Reiches und ein Recht, die Art meiner Exekution zu wählen.“
Dieses Mal zischte der Stock gegen die Stangen nur eine Handbreit von seinem Gesicht entfernt.
„Königsmörder kriegen, was auch immer für sie entschieden wurde“, zischte der Wächter zurück. „Kein schneller Axthieb für dich, Verräter!“
Thanos konnte die Wut darin sehen. Echte Wut über etwas, das einem persönlichen Verrat gleichkam. Das konnte Thanos verstehen. Vielleicht bedeutete dies, dass dieser Mann einmal ein guter Mensch gewesen war.
„Du hast geglaubt, dass sich die Dinge ändern könnten, nicht wahr?“ vermutete Thanos. Das war ein großes Risiko, aber ihm blieb nichts anderes übrig, wenn er seine Unschuld beweisen wollte.
„Ich dachte, dass Ihr die Dinge besser machen würdet“, gab der andere Mann zu. „Doch dann hat sich herausgestellt, dass Ihr mit der Rebellion zusammengearbeitet habt, um den König zu töten!“
„Ich habe ihn nicht getötet“, sagte Thanos. „Aber ich weiß, wer es getan hat. Hilf mir hier raus und – “
Dieses Mal traf der Stock seine verletzte Rippenpartie und als der Wächter für einen weiteren Hieb ausholte, suchte Thanos nach einer Möglichkeit sich schützend zurückzuziehen. Aber er konnte nirgendwo hin.
Doch der Schlag erreichte nicht sein Ziel. Thanos sah, wie der Wächter innehielt, seinen Stock senkte und dann eine tiefe Verbeugung machte. Thanos versuchte, sich umzudrehen, um ausmachen zu können, was dort vor sich ging. Doch das führte dazu, dass sein Käfig sich zu drehen begann.
Als er wieder zum Stillstand kam, stand König Athena bereits vor ihm. Sie trug trauerschwarz und sah aus als wäre sie diejenige, die ihn nun hinrichten würde. Wachen hatten sich um sie gescharrt, als befürchteten sie, dass Thanos der Stäbe seines Käfigs zum Trotz einen Weg finden würde, sie zu töten, so wie er einen Weg gefunden hatte, den König zu töten.
„Warum hängt er hier?“ fragte Königin Athena. „Ich dachte, ich hätte euch gesagt, dass ihr ihn einfach hinrichten solltet.“
„Verzeiht Majestät“, sagte einer der Wachen, „aber er war noch nicht bei Bewusstsein und es braucht ein wenig Zeit, um eine Hinrichtungsstätte zu errichten, die dieses Verräters würdig ist.“
„Was habt ihr vor?“ fragte die Königin.
„Wir wollten ihn halb aufhängen, ihm seine Eingeweide entnehmen und ihn zum Schluss auf das Rad spannen. Wir konnten ihn, nach allem was er getan hat, nicht einfach schnell töten.“
Thanos sah, wie die Königin kurz nachdachte und dann nickte. „Vielleicht habt ihr Recht. Hat er sein Verbrechen überhaupt schon gestanden?“
„Nein, Eure Majestät. Er behauptet sogar, dass er es nicht getan hat.“
Thanos sah, wie die Königin ihren Kopf schüttelte. „Dummheit. Er wurde über die Leiche meines Mannes gebeugt vorgefunden. Ich will mit ihm alleine sprechen.“
„Eure Majestät, seid Ihr euch ganz – “
„Allein, habe ich gesagt.“ Das böse Funkeln der Königin genügte, dass selbst Thanos für einen Augenblick Mitleid mit dem Mann hatte. „Er sitzt sicher in diesem Käfig. Setzt eure Arbeit an dem Galgen schleunigst fort. Ich will den Mann, der meinen Mann getötet hat, tot sehen!“
Thanos sah, wie sich die Wachen von ihm und der Königin entfernten. Sie waren mit Sicherheit außer Hörweite. Thanos hatte keinen Zweifel, dass dies so gewollt war.
„Ich habe den König nicht getötet“, beharrte Thanos, auch wenn er davon ausging, dass das nichts an seiner Situation ändern würde. Wer würde ihm ohne Beweise schon glauben? Und erst recht nicht die Königin, die ihn noch nie hatte leiden können.
Der Ausdruck im Gesicht der Königin erstarrte für einen Augenblick. Thanos sah, wie sie sich schon beinahe verstohlen umblickte, so als wäre sie besorgt, dass jemand sie belauschte. In diesem Moment verstand Thanos.
„Ihr wisst es bereits, oder?“ sagte Thanos. „Ihr wisst, dass ich es nicht war.“
„Woher sollte ich so etwas wissen?“ fragte Königin Athena, doch etwas in ihrer Stimme verriet sie. „Du wurdest mit dem Blut meines geliebten Mannes an deinen Händen ertappt. Du standest über seine Leiche gebeugt.“
„Geliebt“, wiederholte Thanos. „Ihr habt den König aus politischen Gründen geheiratet.“
Thanos sah, wie die Königin ihre Hände an ihr Herz hob. „Und das heißt, dass wir einander nicht auch lieben konnten?“
Thanos schüttelte seinen Kopf. „Ihr habt meinen Vater nie geliebt. Ihr liebt nichts als die Macht, die euch eure Rolle als Gattin des Königs eingebracht hat.“
„Deines Vaters?“ sagte König Athena. „Mir dünkt, du hast mehr herausgefunden als du solltest, Thanos. Claudius hat viel auf sich genommen, um das zu verheimlichen. Allein deshalb solltest du hingerichtet werden.“
„Und für etwas, das Lucious getan hat“, schoss Thanos zurück.
„Ja, für etwas das Lucious getan hat“, antwortete Königin Athena und Ärger trat in ihr Gesicht. „Glaubst du etwa, du könntest mir etwas über meinen Sohn sagen, dass mich schockieren würde? Selbst das. Er bleibt mein Sohn!“
Thanos konnte die verteidigende Haltung darin hören, beinhart und unerschütterlich. In diesem Moment musste er an das Kind denken, das er niemals mit Stephania haben würde und daran, wie er seinen Sohn oder seine Tochter in Schutz genommen hätte. Er wollte glauben, dass er sein Kind in jeder Situation verteidigt hätte, doch ein Blick auf Königin Athena verriet ihm, dass dies nicht der Wahrheit entsprach. Es gab Grenzen, jenseits derer sich auch Eltern nicht mehr vor ihr Kind stellen durften.
„Was ist mit den anderen?“ erwiderte Thanos. „Was werden sie tun, wenn sie es herausfinden?“
„Wie sollten sie es herausfinden?“ fragte Königin Athena. „Wirst du es ihnen gleich zurufen? Versuch es. Lass alle wissen, dass der Verräter in dem Käfig, der über seinem ermordeten Vater stehend aufgefunden wurde, behauptet, dass eigentlich sein Bruder die Tat begangen hat. Glaubst du wirklich, dass dir irgendjemand glauben wird?“
Thanos kannte bereits die Antwort darauf. Die Tatsache, dass er hier festsaß, sprach für sich. Für jeden, der im Reich Macht besaß, war er bereits ein Verräter. Außerdem hatte er sich ins Schloss geschlichen. Nein, wenn er versuchte ihnen die Wahrheit zu sagen, würden sie ihm nicht glauben.
Er wusste, dass, wenn ihm die Flucht nicht gelänge, er hier sterben würde. Er würde sterben und Lucious würde König. Was danach geschähe, wäre ein Alptraum. Er musste einen Weg finden, es aufzuhalten.
Sicher konnte auch Königin Athena sehen, wie schlimm es werden würde. Er musste es ihr nur ins Bewusstsein rufen.
„Was glaubt Ihr wird geschehen, wenn Lucious König wird?“ fragte Thanos. „Was glaubt Ihr, wird er tun?“
Er sah, wie ein Lächeln auf Athenas Gesicht trat. „Ich denke, er wird tun, was seine Mutter ihm rät. Lucious hatte nie viel Geduld für die... mühseligen Details seiner Rolle. Eigentlich sollte ich dir danken, Thanos. Claudius war zu dumm. Er hat nicht auf mich gehört, wenn er es besser hätte tun sollen. Lucious ist formbarer.“
„Wenn Ihr das glaubt“, sagte Thanos, „dann seid Ihr genauso krank wie er. Ihr habt gesehen, was Lucious fähig war, seinem Vater anzutun. Glaubt Ihr, dass, nur weil Ihr seine Mutter seid, er euch verschonen würde?“
„Macht ist der einzige sichere Hafen“, antwortete Königin Athena. „Du wirst es nicht mehr erleben, was auch immer geschieht. Wenn der Galgen bereit ist, wirst du sterben, Thanos. Lebewohl.“
Sie drehte sich um und ging. Thanos konnte nur an Lucious denken. An dessen Krönung. Daran wie Thanos das Dorf vor Lucious gerettet hatte. An den Zustand, in dem Lucious gewesen sein muss, als er seinen Vater getötet hat.
Ich werde mich befreien, versprach Thanos sich selbst. Ich werde entkommen und ich werde Lucious töten.
Ceres wurde auf den Schultern der Menge aus dem Stadion in das Sonnenlicht getragen und ihr Herz schwoll über. Sie blickte über das Trümmerfeld und wurde von einem Schwall an Emotionen überrollt, der um ihre Aufmerksamkeit buhlte.
Natürlich herrschte Siegesstimmung. Sie hörte den Jubel der aus dem Stadion strömenden Menge. Sie alle liefen bunt durcheinander, die Rebellen von Haylon, die Kampfherren, die letzten Kämpfer aus Lord Wests Einheiten und die Menschen der Stadt.
Erleichterung über den Erfolg ihres verzweifelten Versuchs, die Kampfherren vor Lucious letzten Tötungen zu retten und darüber, dass es nun endgültig vorbei war, machte sich breit.
Doch das war nicht alles. Ceres’ Blick durchforstete die Menge, bis sie ihren Bruder und Vater Arm in Arm in einer Gruppe von Rebellen stehend fand. Sie wollte zu ihnen laufen und sicherstellen, dass es ihnen gut ging, doch die Entschlossenheit der Menge, sie durch die halbe Stadt zu tragen, war zu groß. Sie musste sich damit begnügen, dass sie allem Anschein nach unverletzt geblieben waren. Sie liefen jubelnd mit den anderen umher. Es war kaum zu glauben, dass sie zu jubeln noch im Stande waren. So viele dieser Menschen waren bereit gewesen, für das Ende der Tyrannei des Reichs ihr Leben zu geben. So viele hatten ihr Leben gegeben.
Und schließlich ergriff sie auch noch eine letzte Emotion: Traurigkeit. Traurigkeit, dass all das notwendig gewesen war und dass auf beiden Seiten so viele Menschen hatten sterben müssen. Sie sah die Leichen in den Straßen, in denen es zu Auseinandersetzungen zwischen den Rebellen und Soldaten gekommen war. Die meisten trugen das Rot des Reichs, aber das machte es nicht besser. Viele waren gewöhnliche Menschen gewesen, die gegen ihren Willen rekrutiert worden waren oder Männer, die sich der Armee angeschlossen hatten, um Armut und Joch zu entkommen. Und jetzt lagen sie hier tot auf der Straße und starrten in den Himmel, ohne dass sie jemals wieder etwas sehen würden.
Ceres konnte die Hitze des Bluts auf ihrer Haut spüren. Es trocknete bereits in der Sonne. Wie viele hatte sie heute getötet? Sie hatten irgendwann in der Schlacht zu zählen aufgehört, denn sie hatte weitermachen müssen, weiterkämpfen, denn aufzuhören hätte ihren Tod bedeutet. Sie hatte sich vom Fluss der Schlacht treiben lassen, von seiner Energie, die sich in die Energie in ihr gemischt hatte.
„Sie alle“, sagte Ceres.
Sie hatte sie alle getötet, auch wenn sie es nicht mit ihren eigenen Händen getan hatte. Sie war diejenige gewesen, die die Menschen in den Rängen überzeugt hatte, den Frieden des Reichs nicht hinzunehmen. Sie war diejenige gewesen, die Lord Wests Männer überzeugt hatte, die Stadt anzugreifen. Sie blickte zu den Toten und war entschlossen, sie niemals zu vergessen, niemals zu vergessen, was dieser Sieg gekostet hatte.
Selbst die Stadt wies die Narben der Gewalt auf: zerstörte Türeingänge, die Überreste der Barrikaden. Doch griffen auch Anzeichen von Freude langsam um sich: Menschen traten auf die Straßen, mischten sich unter die Menge, welche die Straßen in ein Menschenmeer verwandelten.
Über den Rufen der Menge konnte sie kaum etwas anderes hören, doch in der Ferne glaubte Ceres die Geräusche fortlaufender Kämpfe wahrzunehmen. Ein Teil von ihr wollte loslaufen und sich darum kümmern, doch ein noch größerer Teil von ihr wollte dieser Gewaltspirale Einhalt gebieten, bevor sie außer Kontrolle geriet. Doch in Wahrheit war sie in diesem Moment zu erschöpft, um etwas zu unternehmen. Es fühlte sich so an, als hätte sie ewig gekämpft. Wenn die Menge sie nicht getragen hätte, dann wäre sie vielleicht zusammengebrochen.
Als die Menge sie schließlich auf dem Hauptplatz absetzte, blickte sich Ceres nach ihrem Bruder und ihrem Vater um. Sie bahnte sich ihren Weg zu ihnen und schaffte es nur, weil die Menschen respekterfüllt zur Seite traten, um sie durchzulassen.
Ceres umarmte sie beide.
Sie sprachen kein Wort. Ihr Schweigen, ihre Umarmung, das sagte alles. Sie alle hatten es irgendwie als Familie überlebt. Umso schmerzhafter war der Verlust ihres Bruders.
Ceres hätte sich am liebsten nie wieder aus dieser Umarmung gelöst. Lieber wäre sie sicher bei ihrem Bruder und Vater geblieben und hätte die Revolution ihren Gang gehen lassen. Doch als sie mit zwei der für sie wichtigsten Menschen in dieser Welt dort stand, bemerkte sie auch noch etwas anderes.
Die Menschen starrten sie an.
Ceres vermutete, dass dies nach allem was geschehen war, nichts Ungewöhnliches war. Sie hatte den Kampf angeführt und sah unter all dem Blut, dem Dreck und der Erschöpfung wie ein Monster aus irgendeiner Legende aus. Doch starrten sie die Menschen auf eine andere Weise an.
Nein, sie blickten sie an, als würden sie darauf warten, dass man ihnen sagte, was als nächstes zu tun sei.
Ceres sah, wie sich einige Personen ihren Weg durch die Menge bahnten. Sie erkannte Akila unter ihnen, den drahtigen, muskelbepackten Mann, der die letzte Welle an Rebellen angeführt hatte. Die meisten trugen jedoch die Farben von Lord Wests Männern. Mindestens ein Kampfherr, ein großer mit einer Spitzhacke, dem die ihm zugefügten Wunden auf seinem Körper nichts auszumachen schienen, war ebenso unter ihnen.
„Ceres“, sagte Akila, „die verbleibenden Reichssoldaten haben sich entweder ins Schloss zurückgezogen oder die Flucht aus der Stadt angetreten. Meine Männer sind so vielen wie möglich gefolgt, doch kennen sie die Stadt nicht gut genug und ... nun, es besteht die Gefahr, dass die Leute das falsch verstehen.“
Ceres verstand. Wenn Akilas Männer den fliehenden Soldaten durch Delos nachjagten, dann würde man vielleicht denken, dass sie Invasoren seien. Und auch wenn sie das nicht wären, würde man sie überfallen, erschlagen und erschießen.
Doch war es seltsam, dass sich so viele Menschen für Antworten an sie wendeten. Sie blickte sich um und suchte nach jemandem, der in dieser Situation einen besseren Rat geben konnte als sie. Ceres wollte nicht das Ruder übernehmen, nur weil ihre Blutlinie sie mit Delos’ Uralten verband.
„Wer ist jetzt Anführer der Rebellion?“ rief Ceres. „Hat irgendeiner der Anführer überlebt?“
Um sich konnte sie sehen, wie die Menschen die Hände in die Luft warfen und den Kopf schüttelten. Sie wussten es nicht. Natürlich wussten sie es nicht. Sie hatten auch nicht mehr Überblick als Ceres. Ceres wusste jedoch das Entscheidende: Anka war nicht mehr, denn Lucious hatte sie hinrichten lassen. Wahrscheinlich waren auch die meisten anderen Anführer tot. Oder sie versteckten sich.
„Was ist mit Lord Wests Cousin Nyel?“ fragte Ceres.
„Lord Nyel ist nicht mit uns in die Schlacht gezogen“, sagte einer von Lord Wests ehemaligen Männern.
„Nein“, sagte Ceres, „das hatte ich vermutet.“
Vielleicht war es besser so. Die Rebellen und Menschen von Delos wären einem Adligen wie Lord West angesichts dessen, was er repräsentierte, mit Vorsicht begegnet, auch wenn er ein tapferer und ehrenvoller Mann gewesen war. Sein Cousin war nicht halb der Mann, der er gewesen war.
Sie fragte gar nicht erst, ob die Kampfherren einen Anführer hatten. Sie waren aus anderem Holz geschnitzt. Ceres hatte jeden von ihnen in den Trainingsgräben des Stadions kennengelernt und sie wusste, dass, auch wenn jeder von ihnen für zwölf normale Männer kämpfen konnte, sie nicht in der Lage waren, so etwas anzuführen.
So blickte sie zu Akila. Er war augenscheinlich ein Anführer und seine Männer folgten klar seinem Beispiel. Doch schien er hier von ihr die Befehle zu erwarten.
Ceres spürte die Hand ihres Vaters auf ihrer Schulter.
„Du fragst dich, warum sie auf dich hören sollten?“, vermutete er und kam damit der Wahrheit sehr nah.
„Sie sollten mir nicht folgen, nur weil in meinen Adern das Blut der Uralten fließt“, wiederholte Ceres leise. „Wer bin ich schon? Wie könnte ich sie anführen?“
Sie sah, wie ihr Vater dabei zu lächeln begann.
„Sie wollen dir nicht wegen deiner Ahnen nachfolgen. Wenn es so wäre, dann würden sie sich an Lucious halten.“
Ihr Vater spuckte in den Dreck, als wollte er damit ausdrücken, was er von diesem Gedanken hielt.
Sartes nickte.
„Vater hat Recht, Ceres“, sagte er. „Du hast viel für sie getan, deshalb wollen sie dir folgen. Deinetwegen.“
Sie dachte darüber nach.
„Du kannst sie zusammenhalten“, fügte ihr Vater hinzu. „Und zwar jetzt.“
Ceres wusste, dass sie Recht hatten, aber es war noch immer schwer inmitten so vieler Menschen zu stehen und zu wissen, dass sie auf ihre Entscheidung warteten. Was würde geschehen, wenn sie es nicht täte? Was würde, wenn sie einen der anderen zwänge, die Führung zu übernehmen?
Ceres hatte eine leise Ahnung. Sie konnte die Energie der Menge spüren, noch konnte sie in Zaum gehalten werden und doch war sie wie eine schwelende Glut, die sich jeder Zeit zu einem Flächenbrand entzünden konnte. Ohne die Vorgabe einer klaren Richtung würde sie umschlagen und zu Plünderungen der Stadt, zu noch mehr Toten und Zerstörung und vielleicht sogar zu ihrer Niederlage führen, wenn sich die unterschiedlichen Lager in die Haare bekämen.
Nein, das konnte sie nicht zulassen, auch wenn sie unsicher war, was sie ausrichten konnte.
„Brüder und Schwestern!“ rief sie und zu ihrer Überraschung trat augenblicklich ein Schweigen ein.
Jetzt hatte sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller, mehr noch als zuvor.
„Wir haben einen großen Sieg davongetragen, wir alle! Ihr alle! Ihr habt dem Reich die Stirn geboten und ihr habt den Todesklauen den Sieg abgerungen!“
Die Menge jubelte und Ceres blickte sich um, ließ den Moment auf sich wirken.
„Aber das reicht noch nicht“, fuhr sie fort. „Ja, wir könnten jetzt alle nach Hause gehen und wir könnten auf das Viele blicken, was wir erreicht haben. Vielleicht wären wir auch für einen Moment in Sicherheit. Doch irgendwann würden das Reich und seine Herrscher sich gegen uns und unsere Kinder erheben. Alles würde wieder so werden, wie es einmal war oder sogar schlimmer. Wir müssen das hier zu einem endgültigen Ende für uns alle führen!“
„Und wie stellen wir das an?“ kam eine Stimme aus der Menge.
„Wir nehmen das Schloss ein“, antwortete Ceres. „Wir nehmen Delos ein, sodass es uns gehört. Wir nehmen den Adel gefangen und setzten ihren Grausamkeiten ein Ende. Akila, du bist über das Meer zu uns gekommen?“
„Das stimmt“, sagte der Rebellenanführer.
„Dann geh mit deinen Männern zum Hafen und stell sicher, dass wir die Kontrolle über den Hafen haben. Ich will nicht, dass irgendein Adliger entkommt und eine Armee oder Flotte gegen uns mobilisiert.“
Sie sah Akila nicken.
„Das werden wir tun“, versicherte er ihr.
Der zweite Teil war schwieriger.
„Alle anderen, kommt mit mir zum Schloss.“
Sie deutete auf die Festung, die über der Stadt thronte.
„Zu lange schon steht sie als Symbol für die Macht, die sie über uns haben. Heute werden wir sie uns zurückholen.“
Sie blickte in die Menge und versuchte, ihre Reaktion abzuschätzen.
„Wenn ihr keine Waffen habt, dann besorgt euch welche. Wenn ihr zu sehr verletzt seid oder nicht mitmachen wollt, dann liegt darin nichts Verwerfliches. Aber wenn ihr euch dazu entschließt, dann werdet ihr sagen können, dass ihr an dem Tag, an dem Delos seine Freiheit errungen hat, dabei gewesen seid!“
Sie machte eine Pause.
„Menschen von Delos!“ rief sie mit donnernder Stimme. „Seid ihr bereit!?“
Stephania hing an der Reling ihres Boots. Ihre Knöchel waren so weiß wie der Schaum des Ozeans. Die Ozeanreise war alles andere als ein Vergnügen für sie. Allein der Gedanke an die Möglichkeit, so Rache zu nehmen, machte sie ihr erträglich.
Sie gehörte zum Hochadel des Reichs. Wenn sie zuvor auf lange Reise gegangen war, dann hatte sie sich in den fürstlichen Gemächern großer Galeeren befunden oder in gepolsterten Wägen gut bewachter Geleitzüge und nicht eingeengt auf einem Boot, das im Vergleich zu dem gigantischen Ozean winzig wirkte.
Doch es war nicht nur der fehlende Komfort, der es schwierig machte. Stephania rühmte sich damit, taffer zu sein, als die Leute es ihr zutrauten. Sie würde sich nicht beschweren, nur weil der leckende Kahn bei jeder Welle umhergeworfen wurde oder weil ihr die eintönige Kost aus Fisch und getrocknetem Fleisch missfiel. Sie würde sich nicht einmal über den Gestank beschweren. Unter normalen Umständen hätte Stephania ihr bestes Lächeln aufgelegt und sich mit der Situation abgefunden.
Doch ihre Schwangerschaft erschwerte das. Stephania hatte das Gefühl, dass sie das Kind in ihr jetzt wachsen fühlen konnte. Thanos’ Kind. Ihre perfekte Waffe gegen ihn. Ihre Waffe. Es war etwas, das sie kaum hatte glauben können, als sie es erfahren hatte. Doch jetzt, da ihre Schwangerschaft ihre Übelkeit noch verschlimmerte und das Essen noch widerwärtiger machte, schien sie nur zu real.
Stephania beobachtete Felene, die sich am vorderen Teil des Boots zusammen mit Elethe, Stephanias Zofe, zu schaffen machte. Die beiden hätten nicht gegensätzlicher sein können. Die Matrosin, Diebin und was auch immer diese Person in ihrer Kniehose und Tunika mit ihrem im Rücken geflochtenen Zopf war neben der Zofe in ihrem Seidenkleid und dem Mantel, ihrem kurzen Haar, das ihre dunklen Züge einrahmte und ihr eine Eleganz verlieh, von der die andere Frau nur träumen konnte.
Felene schien bestens gelaunt und sang ein altes Matrosenlied, das so vulgär war, dass Stephania überzeugt war, dass sie es absichtlich sang, um sie zu reizen. Vielleicht entsprach das jedoch auch nur Felenes Art, jemanden zu umgarnen. Sie hatte einige Blicke eingefangen, die die Diebin ihrer Zofe zugeworfen hatte.
Und auch ihr. Das war jedoch immer noch besser als ihre misstrauischen Blicke. Diese waren zu Beginn selten gewesen, doch hatten sie mit der Zeit zugenommen, und Stephania konnte auch vermuten, warum. Die Nachricht, die sie Thanos hatte mitteilen lassen, hatte besagt, dass sie Lucious’ Gift geschluckt hatte. Damals war es der beste Weg gewesen, Thanos zu verletzen, doch jetzt bedeutete es, dass sie die Zeichen ihrer Schwangerschaft, die entschlossen war, sich zu erkennen zu geben, verstecken musste. Selbst ohne die fast konstant anhaltende Übelkeit, konnte Stephania spüren, wie sie sich langsam in einen Wal verwandelte und ihre Kleider jeden Tag enger wurden.
Das würde sie nicht ewig verstecken können, was bedeutete, dass sie Thanos’ Schoßhund irgendwann würde töten müssen. Vielleicht sogar gleich. Sie musste nur zu der anderen Frau gehen und sie über den Bug ihres Bootes schubsen. Oder sie konnte ihr etwas von ihrem Wasser anbieten. Ihrer überstürzten Abreise zum Trotz hatte Stephania dennoch genug Giftmischungen mitnehmen können, um eine ganze Legion von möglichen Feinden auszulöschen.
Sie könnte es auch ihrer Zofe überlassen. Elethe konnte schließlich gut mit Messern umgehen, doch dann hatte sie sie wiederum als Gefangene der Matrosin vorgefunden, als sie an der Anlegestelle angekommen war. Das wäre vielleicht also nicht die beste Idee.
Diese Einsicht ließ Stephania innehalten. Das war etwas, das sie nicht falsch angehen durfte. Sie hatte nur eine Chance. So weit von anderen Mitteln und Wegen entfernt, konnte ein Versagen ihren stillen Abgang bedeuten. Es würde ihren Tod bedeuten.
Sie waren auf jeden Fall noch zu weit vom Festland entfernt. Stephania konnte das Boot nicht steuern, und auch wenn sich ihre Zofe in den Landen von Felldust auskannte, so würde sie sie gewiss nicht sicher über den Ozean und zu dem richtigen Stückchen Land bringen können. Stephania war auf der Suche nach etwas bestimmten, und sie würde es nur finden, wenn sie zu dem Land, das nun seit Generationen ein Verbündeter des Reichs war, gelangen würde.
Stephania trat zu den anderen, und für einen Augenblick dachte sie darüber nach, Felene trotzdem über Bord zu werfen, einfach weil sie gegenüber Thanos überraschend loyal erschien. Das war nichts, das Stephania von einer bekennenden Diebin erwartet hätte. Das hieß auch, dass Bestechung in diesem Fall keine Option darstellte und ihr nur gewaltsame Mittel blieben.
Doch als Felene sich zu ihr drehte, zwang sich Stephania zu einem Lächeln.
„Wie weit ist es noch?“ fragte sie.
Felene machte mit ihren Händen eine abwägende Bewegung so als sei sie ein Händler. „Ein Tag oder zwei vielleicht. Das hängt vom Wind ab. Behagt Euch meine Gegenwart schon nicht mehr, Prinzessin?“
„Nun“, sagte Stephania, „du bist so vulgär, herablassend, selbstherrlich und fast fröhlich im Bezug auf dein Dasein als Kriminelle.“
„Und das sind nur wenige meiner hervorragenden Eigenschaften“, sagte Felene mit einem Lachen. „Trotzdem werde ich Euch ohne Probleme nach Felldust bringen. Habt Ihr darüber nachgedacht, was Ihr dort tun wollt? Wollt Ihr vielleicht Freunde vom Hof fragen, Euch bei der Suche nach diesem Zauberer zu helfen? Wisst Ihr, wo Ihr ihn suchen müsst?“
„Dort, wo die sinkende Sonne die Gebeine der Steintoten trifft“, sagte Stephania, sich an die Anweisungen der Alten Hara erinnernd. Stephania hatte für diese Anweisungen mit dem Leben einer ihrer Zofen bezahlt. Das schienen sie kaum wert gewesen zu sein.
„Ja diese Art von Anweisung kommt mir bekannt vor“, sagte Felene mit einem Seufzer. „Glaubt mir, ich habe ein paar beachtliche Dinge in meinem Leben gestohlen und die Anweisungen sind selten eindeutig. Keine Straßennamen oder jemand, der dir sagt, die dritte Tür links zu nehmen. Zauberer und Hexen sind am schlimmsten. Es überrascht mich, dass eine Adlige wie Ihr es seid, sich auf so etwas einlässt.“
Das lag daran, dass die Matrosin wirklich kaum etwas über Stephania wusste. Nicht die Dinge, die Stephania sich angeeignet hatte, um bei gewissen Anlässen mehr als eines von vielen Gesichtern im Hintergrund zu sein. Sicherlich wusste sie auch nichts über ihre Beharrlichkeit, wenn es darum ging, Rache zu nehmen.
„Ich werde tun, was ich muss, was es auch kostet“, sagte Stephania. „Die Frage ist nur, ob ich mich auf dich verlassen kann.“
Felene begann zu grinsen. „Solange Ihr mir nicht mehr abverlangt als zu trinken, zu kämpfen und gelegentlich etwas zu klauen.“ Dann wurde ihr Ausdruck ernster. „Ich schulde Thanos etwas, und ich habe ihm mein Wort gegeben, Euch in Sicherheit zu bringen. Ich werde mein Wort halten.“
Ohne diesen Zusatz wäre sie für Stephanias Plan ideal gewesen. Oh, wenn sie doch nur so bestechlich gewesen wäre wie der Rest ihresgleichen. Oder offen für Verführung. Stephania hätte ihr Elethe, ohne mit der Wimper zu zucken, überlassen, so wie sie auch der Hexe Hara ihre Zofe überlassen hatte.
„Was machen wir, wenn wir in Felldust angekommen sind?“ fragte Felene. „Wie finden wir den Ort, ‚wo die sinkende Sonne die Gebeine der Steintoten trifft’?“
„Ich habe von den Gebeinen der Steintoten gehört“, antwortete Elethe. „Sie befinden sich in den Bergen.“
Stephania hätte es vorgezogen, das im Privaten zu besprechen, doch in Wahrheit gab es keine Privatsphäre auf ihrem kleinen Boot. Sie mussten darüber sprechen, und das bedeutete, Felene miteinzubeziehen.
„Das heißt, dass wir uns in die Berge begeben müssen“, sagte Stephania. „Kannst du die Vorkehrungen dafür treffen?“
Elethe nickte. „Ein Freund meiner Familie hat Karawanen, die durch die Berge ziehen. Das sollte nicht schwer zu organisieren sein.“
„Ohne groß Aufmerksamkeit zu wecken?“ fragte Stephania.
„Ein Karawanentreiber, der zu viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, wird ausgeraubt“, versicherte ihr Elethe. „Wir werden außerdem näheres erfahren, wenn wir die Stadt erreichen. Felldust ist meine Heimat, gnädige Frau.“
„Ich bin mir sicher, dass du eine große Hilfe sein wirst“, sagte Stephania auf eine Weise, in der Dankbarkeit mitschwang. Zuvor hätte das ihre Zofe in einen Zustand der Freude versetzt, doch jetzt lächelte sie nur. Wahrscheinlich hatte es etwas mit der Aufmerksamkeit zu tun, die Felene ihr so großzügig schenkte.
Das ärgerte Stephania ein wenig. Es war keine Eifersucht im herkömmlichen Sinne, denn das Mädchen war ihr wie alle anderen auch egal, seitdem Thanos aus ihrem Leben verschwunden war. Nein, es war vielmehr die Tatsache, dass die Zofe ihr gehörte. Das Mädchen hätte einst alles getan, was Stephania ihr aufgetragen hätte. Doch jetzt konnte Stephania sich nicht mehr sicher sein, und das wurmte sie. Sie musste einen Weg finden, sie auf die Probe zu stellen, bevor das hier vorbei war.
