Solverdyr: Wissenschaft der Seele - Mercaine Minarek - E-Book

Solverdyr: Wissenschaft der Seele E-Book

Mercaine Minarek

0,0

Beschreibung

In den Tiefen der Zeit verbirgt sich das Geheimnis von Lewians zerrütteter Seele. Ständige Zeitsprünge zwischen vergangenen Lebensphasen haben ihn an den Rand des Wahnsinns gebracht. Er kämpft um sein Überleben, indem er sich gegen die Schatten seiner Identität und die verzerrten Facetten seiner Realität behauptet. Als ein renommierter Seelenforscher von Lewians düsterem Schicksal erfährt, tritt er in eine Welt ein, in der die Grenzen zwischen Wissenschaft und mystischen Anderwelten verschwimmen. Inmitten eines komatösen Dämmerzustandes erwacht ein mächtiges Fantasiewesen, bereit, Lewian durch das Labyrinth seiner beschädigten Seele zu führen und ihm eine Hoffnung zu schenken, die er längst verloren glaubte.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 81

Veröffentlichungsjahr: 2024

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In Gedenken an CS Lewis,

dem Autor der Chroniken von Narnia

und Namensgeber meines Lewian.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Prolog

 

Seine Füße bewegten sich, doch sie trugen ihn nicht voran. Sein Schrei erstarb in seiner Kehle, erstickt durch die Finsternis, die ihn umgab. Hektisches Atmen fand keinen Weg in seine Lungen. Vergebliche Schritte und ungehörte Schreie zerrten an ihm, während die Zeit sich in unerträglicher Langsamkeit zu verlieren schien.

Vor seinen Augen entfalteten sich Bilder vergangener Zeitalter in einem chaotischen Wirrwarr. Der Prager Fenstersturz, die Französische Revolution, Sklaven auf Zuckerrohrplantagen, Kreuzzüge.

Schweißperlen bahnten sich ihren Weg über seine Haut, sammelten sich zu einem stummen Zeugnis seiner Verzweiflung. Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht und wurden von zitternden Fingern fortgewischt, doch die Dunkelheit um ihn herum blieb undurchdringlich. Lewians Realität verzerrte sich.

Die Pyramiden von Gizeh entstanden, während er gleichzeitig Julius Caesar im Kriegsrat erblickte. Dann sah er Charles Darwin an seinem Schreibtisch sitzen. Irgendwo in diesem Gewirr aus Bildern flackerte eine kurze Sequenz des Massakers von Oradour-sur-Glane auf. Das Chaos endete mit einer Szene, in der Kaiserin Elisabeth von Österreich ermordet wurde.

Der Junge klammerte sich verzweifelt an alles, was er greifen konnte, bevor es wieder zu Staub zerfiel. Er versuchte, die historischen Ereignisse zu ordnen und zu verstehen, basierend auf dem, was er bereits gelernt hatte. Doch ohne jegliches Zeitgefühl vermochte er nicht zu sagen, welche dieser Szenen die Gegenwart darstellte. In Lewians gegenwärtigem Zustand hätte er in jedem Zeitalter leben können, ohne es anzuzweifeln.

Als er plötzlich einen flüchtigen Moment der Klarheit erlebte, sah er seine Mutter neben sich, weinend in einer Ecke sitzend. »Lewian, mein Sohn, ich wünschte, ich könnte dir helfen«, flüsterte sie. Versunken im Zwielicht des Raumes streckte er zögernd die Hand aus, blieb jedoch wie angewurzelt stehen. Sein imaginiertes Selbst zitterte. Völlig desorientiert gab er den Versuch auf, seine Mutter zu erreichen, und zog seine Hand wieder zurück. »Lewian, was auch immer mit dir geschieht, denk daran, ich liebe dich!«

 

Kapitel 1: Identitätsverlust

 

»Nun, leider können wir hier nichts mehr für ihn tun. Wir wissen nicht, was mit dem Jungen los ist. Wir sind am Ende unserer Möglichkeiten angelangt«, sagte der Krankenpfleger mit gedämpfter Stimme. Kurz darauf war ein klackendes Geräusch zu hören, als eine Tür ins Schloss fiel.

»Lewian, du bist aufgewacht!« Tränen liefen über die Haut seiner Mutter. Doch Lewian konnte sich in diesem Moment nicht über ihre Freude freuen, denn er nahm nur sich selbst wahr. Alles um ihn herum erschien verblichen, dumpf, wie durch einen Schwamm und völlig geräuschlos. Er sprach seine Gedanken laut aus und hoffte, dass jemand ihn hören würde.

 

»Wo bin ich gerade? Wer bin ich? Welches Jahr haben wir?« Niemand hörte ihn. Sein schlafender Körper beherbergte sein waches Ich. Der Brustkorb erhob und senkte sich, der Magen zwickte vor Hunger und er spürte einen leichten Harndrang. Dies jedoch schien niemanden zu kümmern. Wie sollte er es ihnen mitteilen, wenn er kein Wort hinaus bekam? Vögel zwitscherten fröhlich zwischen Abertausenden bunten Blättern. »Ist der Herbst schon da?« Lewian lag im Krankenhaus und wurde dauerhaft überwacht. Ein Einzelzimmer, das war purer Luxus in diesem Krankenhaus. Das Zimmer war sehr klein, die Fenster jedoch groß und Licht durchflutete den Raum.

 

»Nur ein Blick nach links und ich würde es erfahren.« Die Lungen des 12 Jahre alten Körpers wurden durch eine Maske mit zusätzlicher Luft versehen. Im Moment atmete er selbstständig. Doch wie lange dauerte seine Existenz noch an?

 

Gerade als er durch den Katheter sein Abendmahl bekam, driftete er wieder ins Nichts ab. Lewians Augen schlossen sich selbstständig, aber seine Gedanken kreisten stetig. Er wachte unter einem bunten Sternenhimmel auf. Als der Junge sich umsah, wurden seine Augen immer größer. Die Umgebung, sie war ihm bekannt!

 

Lewian stand inmitten eines lebhaften Feuerwerks, das den Nachthimmel erhellte. Er und seine Eltern beobachteten gebannt die Farben und Muster, die sich über ihnen entfalteten, als ob der Himmel selbst lebendig würde.

Plötzlich bemerkte Lewian etwas zwischen den Büschen am Rand der großen Wiese. Ein glitzerndes Objekt, das sich zwischen den Blättern versteckte. Es schien eine eigene Energie auszustrahlen und zog Lewians Aufmerksamkeit auf sich. Ohne zu zögern, machte er sich auf den Weg, um es genauer zu untersuchen.

Dabei schlängelte er sich geschickt durch die Menschenmengen, zwängte sich durch einen Spalt zwischen zwei großen Veranstaltungszelten und vermied die vielen Bänke, die überall verteilt standen.

Als er näher kam, begann sein Körper zu vibrieren, und er spürte, wie eine seltsame Anziehungskraft ihn zu dem Objekt zog. Es war wie Schleim, der sich zu formen versuchte, aber keine klare Gestalt annehmen konnte. Lewian war fasziniert und zugleich verunsichert von diesem ungewöhnlichen Fund. Doch gerade, als er sie anfassen wollte, sprang seine Seele zurück in den Körper.

 

»Mama?« Der Junge war verwirrt. »Nein, ich bin die Stationschefin, Lewian. Es freut mich zu sehen, dass du wach bist.« Er empfand in diesem Moment nur Einsamkeit. Sein Körper fühlte sich taub an.

 

»Ich habe erneut einen Zeitsprung erlebt«, erklärte Lewian, doch die Ärztin betrachtete ihn mit Unglauben. »Das war bestimmt nur ein Traum«, entgegnete sie. Die Erfahrung fühlte sich für ihn jedoch real an, gleichzeitig aber auch surreal und unwirklich. Seine Wahrnehmung von Realität schien sich zu verzerren. Lewian war nicht einmal mehr sicher, ob sein zwölfjähriger Körper die Gegenwart repräsentierte oder ob er noch immer in der Vergangenheit gefangen war. Nichtsdestotrotz bat er die Stationschefin mit kargen Worten darum, ihn für ein paar Minuten an die frische Luft zu bringen. Sie stimmte zu. Nur kurze Zeit später fand sich Lewian im Park des Krankenhauses wieder.

 

Die Blätter der zahlreichen Laubbäume färbten sich langsam in herbstlichen Farben. So gerne hätte er sie aufgehoben und daraus Dekoration für sein Zimmer gemacht. Doch die Muskelatrophie fesselte ihn an den Rollstuhl. Kein Wunder, denn er lag bereits seit mehreren Monaten die meiste Zeit über in einem Zustand, der dem Koma ähnelte. Oft konnte er nach seinen Zeitsprüngen wieder aufwachen, jedoch fiel er immer erneut unerwartet in jenen Zustand, in dem sein Körper schläft. Man konnte es einen Zyklus von wach sein, schlafen und Zeitsprüngen nennen. Auch Lewian verstand es noch nicht. Er versuchte seine rechte Hand auszustrecken um den Wind zu spüren. Aber auf halbem Wege sank sie kraftlos zurück in seinen Schoß. Sein Blick wurde leer.

 

»Warum ist mir das passiert? Ich verstehe das nicht. Wann kann ich endlich wieder wie ein normaler Junge leben?« Lewian sah in Richtung des Himmels. Die Sonne war von den Wolken verdeckt. Er sah den Blättern zu, wie sie im Wind zu Boden sanken, als die Stationschefin hinter seinem Rücken flüsterte: »Die Ruhe vor dem Sturm, was?« Sie sah Lewian an und bemerkte seinen leeren Blick gen Himmel. »Es wird Zeit. Ich fahre dich zurück in dein Zimmer.«

 

Der Junge lag nun reglos wie eh und je in seinem Bett. Viel lieber wäre er jetzt da draußen, im Wind, unter den Bäumen mit ihren warmen Blätterfarben. Der kühle Wind ließ ihn sich lebendig fühlen und gab ihm einen Platz in dieser Welt, in welcher er nicht einmal mehr seine eigene Identität einordnen konnte. Die Augen halb geschlossen blickte er mit letzter Kraft in Richtung des großen Fensters. Regentropfen trafen die Scheiben und zauberten ein wundervoll entspannendes Geräusch in den Raum. Dann glitt Lewian erneut hinab in die Dunkelheit des Schlafes.

 

Kapitel 2: Auf das Titelblatt

 

Schnee rieselte leise hinab. Eiseskälte machte ihm zu schaffen. Er hatte nur einen Schlafanzug an und seine Hände waren bereits steif. Barfuß stapfte Lewian durch eine weitläufige Savanne. Den Tieren schien der Schnee und die Kälte gar nicht aufzufallen, denn sie sonnten sich ausgiebig. Mit schmerzenden Fußsohlen suchte er nach einer Höhle oder einem Unterschlupf, doch er fand nichts.

 

Plötzlich tauchte eine pechschwarze menschliche Silhouette hinter Lewian auf. Als er bemerkte, wie sie ihm die Hand entgegen streckte, machte er erst einen Schritt rückwärts und lief dann davon. In den Schneespuren sah man seine Hektik. Als er sich nach ein paar Metern wieder umdrehte, war die Gestalt verschwunden.

 

»Angst ...« Dachte er sich und in seinem Kopf malte er sich jegliche Horrorszenarien aus. Erneut erschien etwas vor ihm, doch diesmal war es harmlos. Eine Kreuzotter mit Flügeln lud ihn zum Tee ein. »Das kann doch nur ein Trick sein.« Doch trotzdem willigte er ein. Die Kreuzotter führte ihn in eine Tropfsteinhöhle. Wenige Minuten nach dem Tee war Lewian wieder warm und wohlig. Was er aber nicht erwartete, war der starre, auf ihn gerichtete Blick der Schlange. Ohne jegliche Vorwarnung biss sie zu. Lewian wurde schwarz vor Augen und er klappte zusammen.

 

Für ihn fühlte es sich an, als wäre eine lange Zeit vergangen, als er ein tropfendes Geräusch in völliger Stille vernahm. Trotz der Dunkelheit erblickte er ein seltsames Phänomen. Wasser tropfte von Stalagmiten, jedoch schwebten die Wassertropfen zur Decke hinauf, anstatt hinunter zu tropfen. Lewian tastete seinen Rücken ab. Er war klitschnass! Kein Wunder, so paranormal wie es hier vonstattengeht. Noch während er seinen Rücken abtastete, fiel ihm etwas Schockierendes auf. Er war viel größer als er es in Erinnerung hatte. Hastig untersuchte er den Rest seines Körpers.

 

Zweifel an der Realität seiner Empfindung stiegen in ihm auf. »Ist mein Körper gewachsen?« Als er jedoch bemerkte, dass die Schlange nicht mehr da war, schreckte er auf.