Ein filmreifes Abenteuer - Anna Sonngarten - E-Book

Ein filmreifes Abenteuer E-Book

Anna Sonngarten

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Beschreibung

In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. »Da ist es.« Rainer Severin saß am Steuer und deutete durch die Frontscheibe auf das schlossähnliche Herrenhaus, das von der Morgensonne in ein kühles Licht getaucht inmitten eines weitläufigen Parks lag. Der Location-Scout war so stolz dieses Objekt für die Dreharbeiten gefunden zu haben, als hätte er das Herrenhaus selbst erbaut. »Wow, so toll hatte ich es mir nicht vorgestellt«, gab der Produzent Manfred Schreiber zu. Langsam fuhren sie durch das schmiedeeiserne Eingangstor den Kiesweg entlang bis vor die Freitreppe. Die Männer stiegen nicht sofort aus, weil der Produzent sich noch einmal erklären ließ, was sie bei dem Gespräch mit Herrn Dominik von Wellentin-Schoenecker zu beachten hatten. »Sophienlust ist ein Kinderheim. Wir werden nur eine Dreherlaubnis bekommen, wenn wir die Abläufe hier nicht durcheinanderbringen. Und alles auf den Kopf stellen können wir erst recht nicht«, gab der Location-Scout zu bedenken. Rainer Severin war klar, dass der Dreh nicht einfach würde. Am besten war es, wenn man ein tolles Haus fand und dessen Bewohner in den Urlaub schicken konnte. Dann durfte man schalten und walten wie man wollte. Natürlich musste der Normalzustand am Ende der Dreharbeiten wiederhergestellt werden, aber das war Routine. Hier lag der Fall anders. Die Kinder konnte man nicht einfach ausquartieren. »Ja, verstehe. Der Hausherr weiß aber Bescheid, was wir vorhaben?«, fragte der Produzent nach.

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Sophienlust - Die nächste Generation – 95 –

Ein filmreifes Abenteuer

Unveröffentlichter Roman

Anna Sonngarten

»Da ist es.« Rainer Severin saß am Steuer und deutete durch die Frontscheibe auf das schlossähnliche Herrenhaus, das von der Morgensonne in ein kühles Licht getaucht inmitten eines weitläufigen Parks lag. Der Location-Scout war so stolz dieses Objekt für die Dreharbeiten gefunden zu haben, als hätte er das Herrenhaus selbst erbaut.

»Wow, so toll hatte ich es mir nicht vorgestellt«, gab der Produzent Manfred Schreiber zu. Langsam fuhren sie durch das schmiedeeiserne Eingangstor den Kiesweg entlang bis vor die Freitreppe. Die Männer stiegen nicht sofort aus, weil der Produzent sich noch einmal erklären ließ, was sie bei dem Gespräch mit Herrn Dominik von Wellentin-Schoenecker zu beachten hatten.

»Sophienlust ist ein Kinderheim. Wir werden nur eine Dreherlaubnis bekommen, wenn wir die Abläufe hier nicht durcheinanderbringen. Und alles auf den Kopf stellen können wir erst recht nicht«, gab der Location-Scout zu bedenken. Rainer Severin war klar, dass der Dreh nicht einfach würde. Am besten war es, wenn man ein tolles Haus fand und dessen Bewohner in den Urlaub schicken konnte. Dann durfte man schalten und walten wie man wollte. Natürlich musste der Normalzustand am Ende der Dreharbeiten wiederhergestellt werden, aber das war Routine. Hier lag der Fall anders. Die Kinder konnte man nicht einfach ausquartieren.

»Ja, verstehe. Der Hausherr weiß aber Bescheid, was wir vorhaben?«, fragte der Produzent nach.

»Ja, in groben Zügen schon«, sagte Rainer Severin vorsichtig mit einem Blick auf seine Armbanduhr. Sie waren pünktlich.

»Gut, dann wollen wir mal in die Höhle des Löwen vorstoßen«, sagte der Produzent und öffnete die Beifahrertür. In diesem Moment wurde die Tür des Herrenhauses geöffnet und Dominik von Wellentin-Schoenecker erschien auf der Freitreppe. Manfred Schreiber stutzte. Konnte das der Hausherr sein? Er hatte mit einem älteren distinguierten Herrn gerechnet und nicht mit einem sportlichen jungen Mann, der jetzt die Treppe herunterlief und sie freundlich begrüßte.

»Guten Tag. Dominik von Wellentin-Schoenecker. Willkommen in Sophienlust.«

»Guten Tag. Manfred Schreiber. Ich bin der Produzent. Rainer Severin kennen Sie schon vom Telefon. Unser Regisseur Walter Aumann ist heute leider verhindert.«

»Kommen Sie erst einmal herein. Wir haben uns schon im Biedermeierzimmer versammelt, um zu hören, was und wie Sie sich das Ganze vorstellen.« Dominik, der von allen in Sophienlust Nick genannt wurde, ging voraus. Die beiden Herren folgten ihm ins Biedermeierzimmer, wo bereits die Heimleiterin Else Rennert, die Kinderschwester Regine Nielsen, die Köchin Magda und natürlich Nicks Mutter, die elegante Denise von Schoenecker Platz genommen hatten. Das Biedermeierzimmer war das Herzstück des Herrenhauses, das wie der Name vermuten ließ, mit Möbeln, Volants und Accessoires im Biedermeierstil eingerichtet war. Hier fanden Besprechungen mit den Gästen statt. Nick stellte den Filmleuten seine Mitarbeiter vor. Manfred Schreibers Blick blieb an Denise von Schoenecker hängen. Irgendetwas sagte ihm, dass es schwierig sein könnte, diese Dame zu überzeugen. Dem jungen Besitzer von Sophienlust schien dagegen eine gewisse Abenteuerlust ins Gesicht geschrieben zu stehen. Man wird sehen, dachte der Produzent und begann das Vorhaben zu erläutern.

»Wir wollen mit der bekannten Schauspielerin Myriam Mayer einen Film drehen. Sie spielt eine junge pferdeverrückte Gutsbesitzerin, die in finanzielle Schwierigkeiten gerät und ihr Gestüt zu verlieren droht. Hilfe bekommt sie von …«

»Kann Myriam Mayer reiten?«, fragte Magda aufgeregt dazwischen. Sie war ein großer Fan der bekannten Schauspielerin und las alles, was in den Gazetten über sie geschrieben stand. Über Myriams Liebe zu Pferden hatte sie noch nichts gelesen. Der Produzent schaute die Köchin überrascht an.

»Das weiß ich nicht, aber das bekommen wir schon hin«, antwortete er irritiert und setzte mit seinen Erklärungen fort. Er wurde aber bald schon wieder unterbrochen, weil Denise der Meinung war, dass der Inhalt des Films zweitrangig war. Sie wollte Näheres über den Ablauf der Dreharbeiten erfahren.

»Entschuldigen Sie, Herr Schreiber. Für uns ist vor allem wichtig, zu erfahren, was die Dreharbeiten für unsere Kinder bedeuten. Die Kinder stehen hier bei uns in Sophienlust im Mittelpunkt. Sie sollten sich auch während der Dreharbeiten möglichst unbehelligt und frei bewegen können. Wird das möglich sein?« Die anderen Anwesenden nickten zustimmend. Denise hatte recht.

»Wir dachten, dass wir die Kinder vielleicht sogar als Komparsen einbinden könnten …«, behauptete der Produzent, wobei ihm in Wahrheit noch nicht ganz klar war, wie der Regisseur zu dieser Idee stand.

»Dreharbeiten sind für Kinder überhaupt eine aufregende Sache. Sie werden sicher auch Spaß haben, wenn sie nur zusehen können«, fügte er deshalb noch hinzu.

»Schon möglich, aber meine Mutter hat natürlich recht. Wir müssten schon genau wissen, auf was wir uns einlassen …«, bekräftigte Nick den Einwand seiner Mutter Denise.

»Also, ich kann nicht für das ganze Filmteam kochen«, rief Magda energisch, obwohl das niemand in Betracht gezogen hatte.

Regine und Else konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen, als sie das erstaunte Gesicht des Produzenten sahen.

»Wir haben einen Caterer vor Ort. Die Crew wird versorgt, keine Sorge«, sagte er bemüht freundlich zu Magda. Dann fuhr er fort, den Ablauf der Dreharbeiten zu erklären. Es würde sich um eine größere Produktion handeln und man veranschlagte dafür etwa ein bis zwei Wochen. Er rollte einen Plan von Sophienlust auf und erläuterte, welche Orte beziehungsweise Einstellungen gebraucht würden. Er verwies auf das schmiedeeiserne Eingangstor, die Frontalansicht des Herrenhauses mit der Freitreppe. Dann zeigte er auf den Wintergarten und das Biedermeierzimmer. Zuletzt wären der Paddock und die Stallungen für den Film von Bedeutung.

»Wir würden jeden Drehtag mit Ihnen besprechen, damit Sie wissen, wo Sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht aufhalten sollten. Können Sie sich das vorstellen?« Der Produzent sah in die Runde. Else Rennert und Regine Nielsen vermuteten keine größeren Probleme, hielten sich aber mit ihrer Meinung zurück. Der junge Hausherr sah den Filmarbeiten mit gespannter Erwartung entgegen. Er war sowohl etwas skeptisch, als auch neugierig. Magda schwieg und Denise studierte den Drehplan. So einen Plan hatte sie noch nie gesehen. Dann sah sie den Produzenten an.

»Herr Schreiber, das sieht alles sehr professionell aus und sie scheinen sich Gedanken gemacht zu haben, wie eine Zusammenarbeit mit uns funktionieren könnte. Aber bedenken Sie bitte, dass hier Kinder leben. Ich möchte nicht, dass der Regisseur ungehalten reagiert, weil vielleicht mal ein Kind durchs Bild läuft«, sagte Denise und schaute den Produzenten offen an. Sie erwartete eine ehrliche Antwort.

»Das wird nicht passieren, Frau von Schoenecker. Der Regisseur Walter Aumann liebt Kinder«, behauptete er, worauf Rainer Severin innerlich zusammenzuckte. Er hatte den Produzenten allein das Gespräch führen lassen, weil seine Arbeit eigentlich getan war. Er hatte einen passenden Ort für die Dreharbeiten gefunden. Aber es war ihm neu, dass Walter Aumann Kinder liebte. Dem Regisseur war es nämlich eigentlich schon zu viel, dass seine Hauptdarstellerin ihr Kind mit ans Set nahm. Aber auf Myriam Mayer zu verzichten, kam natürlich erst recht nicht infrage.

»Was meinst du Nick? Du bist hier der Hauptverantwortliche«, erinnerte Denise ihren Sohn. Nick war Anfang zwanzig. Nachdem seine Mutter für ihn das Erbe seiner Urgroßmutter Sophie von Wellentin viele Jahre verwaltet hatte, war er jetzt verantwortlich. Denise stand ihm immer zur Seite, aber er war der Besitzer von Sophienlust.

»Ich würde es wagen. Aber natürlich verlange ich ein Mitspracherecht. Wenn etwas gegen die Interessen unserer Kinder verstößt, möchte ich mein Veto einlegen können«, erklärte der junge Hausherr.

»Natürlich, Herr von Wellentin-Schoenecker. Das ist selbstverständlich«, sagte der Produzent jovial. Beide Filmleute atmeten auf und kurz darauf begleitete Nick die Herren zu ihrem Wagen. Manfred Schreiber und Rainer Severin ließen noch einmal einen Blick schweifen. Auf dem Paddock drehte gerade ein rothaariges Mädchen ihre Runden auf einem großen Rappen. Sie war eine elegante Reiterin, die mit ihren fließenden Bewegungen eine Einheit mit dem schwarzen Pferd bildete.

»Wer ist das?«, fragte der Produzent.

»Das ist Angelina Dommin«, sagte Nick.

»Lebt sie auch hier in Sophienlust?«, wollte der Produzent wissen.

»Ja, natürlich. Wir nennen sie Pünktchen, wegen ihrer vielen Sommersprossen. Sie kam als zwölfjährige nach Sophienlust. Der Produzent konnte den Blick nicht von der Reiterin nehmen. Später im Auto sagte er zu Rainer Severin:

»Ich glaube, wir haben ein Double für Myriam gefunden. Für die Reitszenen, meine ich.«

»Du meinst die Rothaarige?«, fragte der Lokation-Scout nach.

»Genau, die Reiterin.«

»Myriam ist eine schöne Frau und eine hervorragende Schauspielerin. Ich frage mich trotzdem, warum sie die Rolle bekommen hat. Sie kann überhaupt nicht reiten. Ich habe sie neulich mit ihrem Reitlehrer gesehen. Es war eine Katastrophe.« Rainer Severin schüttelte den Kopf, als das Bild vor seinem geistigen Auge auftauchte, wie Myriam auf dem Pferd herumzockelte, was weder ihr noch dem Tier zu gefallen schien. Manfred Schreiber sah zu ihm herüber. Er war Produzent. Filme zu machen war ein Geschäft.

»Myriam sorgt immer für klingelnde Kinokassen. Das ist der eine Grund«, erwiderte er.

»Und der andere?«

»Walter vergöttert sie«, sagte Manfred Schreiber in unbestimmten Tonfall.

*

Beim Mittagessen in Sophienlust gab es natürlich nur ein Thema: die bevorstehenden Dreharbeiten. Magda hatte eine Illustrierte zur Hand und zeigte den Mädchen die schöne Myriam Mayer. Weder Pünktchen noch die Schwestern Vicky und Angelika kannten die Schauspielerin. Die siebzehnjährige Pünktchen interessierte sich eigentlich nur für Pferde und die Schwestern hatten mit ihren zwölf und vierzehn Jahren andere Vorbilder, als eine Schauspielerin Anfang dreißig. Dass aber in Sophienlust ein Film gedreht werden sollte, war natürlich sehr aufregend.

»Und wie soll das funktionieren? Wo sind wir dann?«, fragte Simon van Beek.

»Genau. Was machen wir solange? Es sind ja Ferien. Wir sind doch den ganzen Tag hier«, wollte Fabian wissen.

»Können wir vielleicht mitmachen? Es gibt doch so Leute, die keine Schauspieler sind und einfach mitmachen, damit es natürlich aussieht. Wie heißen diese Leute nochmal?«, fragte Martin.

»Du meinst Komparsen«, klärte ihn Nick auf.

»Genau. Komparsen«, bestätigte Martin.

Die Jungen waren zwischen zwölf und dreizehn. Sie waren wie alle Kinder in Sophienlust sehr tierlieb. Simon gehörte die Amazone Hugo, die gemeinsam mit dem Papagei Habakuk im Wintergarten lebte. Fabian gehörte die Dogge Anglos, die am liebsten mit dem Bernhardiner Barri über das Gelände stromerte. Martin Felder wollte sogar später einmal Tierarzt werden.

»Ich will kein Kompass sein«, meldete sich nun Kim zu Wort. Der kleine Kim kam aus Vietnam und ging ebenso wie die kleine Heidi in die Grundschule nach Bachenau. Die kesse blonde Heidi lachte laut los und schlug ihre Händchen vors Gesicht.

»Nicht Kompass, Kim. Das hast du nicht richtig verstanden«, sagte sie wichtig, wusste aber auch nicht mehr, wie das Wort hieß.

»Komparse. Ein Komparse hat eine ganz kleine Rolle, meistens ohne Text. So ähnlich wie ein Statist. Ein Statist sitzt oder steht einfach nur herum«, erklärte die Kinderschwester Regine.

»Das verstehe ich nicht. Warumsoll man einfach nur herumstehen. Was soll daran natürlich aussehen?«, fragte die jüngere der beiden Schwestern.

»Stell dir vor, dass eine Szene im Café spielt, Vicky. Da sitzen dann normalerweise auch andere Leute. Dazu braucht man Statisten oder Komparsen. Man kann nicht einfach in einem Café einen Film drehen. Normale Leute würden dann erstaunt gucken. Statisten sitzen einfach da, und tun so, als würden sie in einem echten Café sitzen«, versuchte Denise zu erklären. Kim nickte. So ganz hatte er das nicht verstanden. Sollten sie jetzt so tun, als ob Sophienlust etwas anderes wäre als ein Kinderheim?

»Was für ein Film wird denn gedreht?«, wollte Pünktchen jetzt wissen.

»Irgendetwas mit einer Frau, die ein Gestüt besitzt und in finanzielle Nöte gerät«, informierte sie Else Rennert.

»Ich kenne alle Filme mit Myriam Mayer. Es sind immer Liebesfilme. Wie bei Rosamunde Pilcher«, wusste Magda.

»Och, wie langweilig. Ich dachte, sie drehen hier einen Actionfilm. So ein Film mit Stuntmen, die sich vom Dach fallen lassen, ohne sich zu verletzen«, rief Fabian enttäuscht.

»Oder in brennende Häuser laufen, um jemanden zu retten«, fiel Martin ein.

»Ja, ein Actionfilm wäre toll«, meinte auch Simon und man sah ihm an, wie er sich das vorstellte und sich ausmalte, Teil dieses Abenteuers zu sein.

Denise machte innerlich drei Kreuzzeichen. Nicht auszudenken, wenn die Jungen auf die Idee kämen, es den Stuntmen gleichzutun. Nick freute sich hingegen, dass die Kinder Interesse zeigten. Die Sommerferien waren in diesem Jahr eher früh. Vielleicht gäbe es kein Badewetter für die Kinder. Da waren die Filmarbeiten eine willkommene Abwechslung. Er blickte zu Regine herüber, die die jüngsten Kinder Leon und Marie auf dem Schoß hatte. Die Zweijährige verstand noch gar nicht, was los war. Leon der Vierjährige verstand auch noch nicht viel, aber er schaute interessiert immer die Person an, die gerade sprach. So konnte man den Eindruck gewinnen, als würde der Kleine doch verstehen, um was es ging. Regine wuschelte ihm durchs Haar und er schmiegte sich an sie. Das Geschwisterpaar hatte seine Eltern bei einem Bootsunglück verloren. Es war ein Segen, dass sich die Kinder an den Unfall nicht erinnerten. Das war anderen Kindern in Sophienlust nicht vergönnt. Der Verlust ihrer Eltern war ein Schicksalsschlag, der sie geprägt hatte. Aber hier in Sophienlust hatten sie alle eine neue Heimat gefunden und Menschen, die alles dafür taten, damit es ihnen gut ging und sie ihr schweres Schicksal meistern konnten. Das Mittagessen war beendet. Alle halfen Magda beim Abräumen und die Kinder, die Küchendienst hatten, unterstützten Magda Ordnung zu machen. Zumindest solange bis die herzensgute Magda sie entließ, was meistens schnell der Fall war. Manchmal jedoch blieben besonders die Mädchen noch ein bisschen auf der gemütlichen Eckbank in der Küche sitzen, um zu plaudern. Vicky und Angelika wollten heute dann doch noch Genaueres über Myriam Mayer erfahren. Magda schien ja bestens informiert zu sein und sie ließ sich nicht lange bitten, ihr Wissen mit den Mädchen zu teilen.

»Myriam Mayer ist ein Star. Kein Hollywoodstar, aber in Deutschland ist sie sehr bekannt und hat schon viele Preise gewonnen. Sie ist mit Hardy Steen liiert. Sie haben eine Tochter. In letzter Zeit hört man immer mal wieder Trennungsgerüchte«, informierte Magda die Mädchen.

»Wer ist Hardy Steen?«, wollte Angelika wissen.

»Ein international bekannter Saxofonist. Aber die Beziehung mit Myriam Mayer scheint nicht einfach zu sein.

»Woher weißt du das alles?«, fragte Vicky.

»Na ja, das ist eine kleine Schwäche von mir. Ich lese gerne Klatschblättchen. Natürlich weiß ich, dass nicht alles stimmt, was die so schreiben …«, redete Magda sich ein bisschen heraus.

»Was heißt denn Trennungsgerüchte. Sind die beiden verheiratet oder nicht?«, wollte Angelika jetzt wissen.

»Man hat die beiden in letzter Zeit selten zusammen gesehen. Sie scheinen ständig unterwegs an verschiedenen Orten zu sein. Ein unstetes Leben. Verheiratet sind die beiden nicht, aber sie haben wie gesagt eine Tochter.«

»Dann lernen wir die Tochter vielleicht auch kennen«, überlegte Vicky.

»Das könnte sein. Ich habe gelesen, dass Myriam ihre Tochter immer mit zu den Dreharbeiten nimmt«, wusste Magda. Angelika versuchte sich so ein Leben als Tochter eines Stars vorzustellen, aber es gelang ihr nicht. Ihre Neugierde war jedoch geweckt. Es würde aufregend werden, einen Star kennenzulernen.

*