Sorgenkätzchen - Ulrike Werner - E-Book
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Sorgenkätzchen E-Book

Ulrike Werner

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  • Herausgeber: Penguin
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Was tun, wenn der geliebte Kater immer mittwochs inkontinent wird oder das Kätzchen nach dem Kartoffelschälen plötzlich zum kampflustigen Tiger mutiert? Dr. Ulrike Werner rückt an und bereitet dem Katzenjammer ein Ende! Die Berliner Tierärztin enthüllt mit viel Fingerspitzengefühl, was Katzen ihren Besitzern nicht sagen können. Dabei ist nicht nur ihr Wissen als Tierverhaltenstherapeutin, sondern auch viel Menschenkenntnis gefragt. Denn manchmal müssen Mensch und Tier sich nur verstehen lernen, damit aus dem Sorgenkätzchen wieder eine glückliche Schmusekatze wird.

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Seitenzahl: 241

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DR. MED. VET. ULRIKE WERNER lebt und arbeitet seit vielen Jahren als Tierärztin im Großraum Berlin. 2005 gründete sie die »Mobile Tierverhaltenstherapeutische Praxis Berlin« und ist seitdem eine wichtige Anlaufstelle für viele Haustierärzte und Tierbesitzer. Dr. Ulrike Werner ist außerdem Autorin der Kolumne »Für ALLE Felle«, die bis 2015 im »Tagesspiegel« erschien.

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Dr. med. vet. Ulrike Wernermit Claudia Lardon-Kattenbusch

Sorgenkätzchen

Eine Tierärztin erzählt von ihren ungewöhnlichsten Patienten

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
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PENGUIN und Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenUmschlaggestaltung: Sabine KwaukaCoverfoto: Getty Images / Neo Vision, Amana ImagesIllustrationen: Inka HagenRedaktion: Matthias BischoffSatz: Uhl + Massopust, AalenISBN 978-3-641-12619-3V002
www.penguin-verlag.de.

Inhalt

Vorwort

1. Zwei Rothaarige in Berlin-Lichtenrade

2. Der Schrank

3. Die Spieluhr am Babybettchen

4. Die Ent-Täuschung besiegt die Täuschung

5. Wenn Abessinier sprechen könnten

6. Zwei Designerkatzen in einer Designerwohnung

7. Diese Stille im Kopf

8. Elvis und die Kartoffeln

9. Das hohe C und die Oliven

10. Landluft

11. Das Dixi-Klo in Kreuzberg

12. Mein kürzester Hausbesuch

13. Das kleine Stinktier aus dem Obdachlosenheim

14. Großbaustelle

15. Alkim-Alper, der tapfere Held

16. Ein Spiegel zu viel

17. Persinese Mustafa

18. Kaiser Augustus

Vorwort

Ich bin kein Fan von langen Einleitungen. Schon in meinem Hundebuch habe ich mich kurz gefasst. Nun sitze ich also hier vor einem fast leeren Blatt Papier und merke, wie Paule mich anstarrt. Es ist Sonntag, kurz nach sechs Uhr morgens. Draußen hängt noch dichter Nebel über den Feldern. Aber das schreckt Paule nicht – im Gegenteil! Paule ist halb Kartäuser, halb Maine Coon und versteht gerade ganz und gar nicht, warum ich ihm die Terrassentür noch nicht geöffnet habe.

Von der Terrasse aus geht es nämlich direkt nach unten, in den Garten und weiter in den Wald, seinen Wald. Okay, das stimmt nicht so ganz – er teilt sich das Revier mit Gustav und Charly, den Nachbarskatzen. Aber damit kommt er gut klar, er hält es mit der Schweiz und bleibt neutral. Ein Pazifist unter den Katzen.

Mit Katzen habe ich beruflich viel zu tun. Mein Name ist Ulrike Werner. Ich bin Tierärztin aus Leidenschaft und führe eine mobile Praxis für Verhaltensmedizin und Verhaltenstherapie in Berlin und Brandenburg. »Mobile Praxis« bedeutet, dass ich mich in mein Tierarztauto setze und meine Klienten in ihrem Zuhause besuche. So erfahre ich am besten, wo der Schuh drückt oder, besser gesagt, die Samtpfote juckt.

Ich habe mich auf das Spannungsfeld zwischen Mensch und Tier spezialisiert, deshalb rede ich auch nicht von meinen Patienten, sondern von Klienten. Wenn es zu massiven Störungen im Zusammenleben zwischen Katzen und ihren Herrchen oder Frauchen kommt, dann bin ich diejenige, die es wieder richten soll. Dabei ist neben meinen tierärztlichen Kenntnissen immer auch viel Menschenkenntnis gefragt. Manchmal müssen Mensch und Tier sich nur verstehen lernen, damit aus dem Sorgenkätzchen wieder eine glückliche Schmusekatze wird.

In den fünfzehn Jahren seit Bestehen meiner mobilen Praxis habe ich so viele interessante Begegnungen gehabt, dass ich Ihnen einfach mal davon erzählen muss. Ich habe lustige, skurrile und manchmal auch tragische Dinge erlebt. Einige Geschichten sind so eigenartig, dass Sie sich vielleicht sogar fragen werden, ob das denn wirklich wahr sein kann. Ja, lieber Leser: Alle Geschichten sind tatsächlich so passiert, wurden von mir aber, zum Schutz der Privatsphäre aller Beteiligten, leicht verfremdet.

Ich glaube, ich kann Ihnen versprechen, dass Sie sich nicht langweilen werden. Langeweile ist für Katzen übrigens der Stressfaktor Nummer eins. Katzen sind anspruchsvolle Wesen und ähneln uns in dieser Beziehung sehr. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum wir von der Gattung Felidae so fasziniert sind.

Katzen sind hierzulande die beliebtesten Haustiere. Eine Katze hält uns auf Trab und überrascht uns stets aufs Neue, mit ihren witzigen Einfällen und ihrem Jagdinstinkt, den sie auch im Haus ausleben will. Sie erobert unsere Herzen mit ihrer Anmut, ihrem Bedürfnis nach Nähe und mit ihrer wunderbaren Fähigkeit, im Hier und Jetzt zu entspannen. Was ist schon beruhigender als das wohlige Schnurren einer Katze, die bei uns auf dem Schoß liegt und sich kraulen lässt?

Die Fallgeschichten in diesem Buch sind abwechslungsreich und unterhaltsam; Sie werden schmunzeln, lachen, vielleicht sogar weinen, sich mehrfach wundern, den Kopf schütteln und auch nachdenklich werden. Es könnte passieren, dass Sie Ihre Katze, sofern Sie selbst eine besitzen, danach mit etwas anderen Augen sehen.

Antworten darauf, was ein glücklicher Kater, eine glückliche Katze wirklich braucht, finden sich an den verschiedensten Stellen in meinen Geschichten. Und selbst wenn es bei Ihnen und Ihrem Stubentiger richtig gut läuft, ist es doch nicht verkehrt, sich hier und da Anregungen zu holen.

Denn immerhin erwarten wir von Hauskatzen, dass sie unser Leben teilen. In freier Natur könnten sie, auch wenn das viel gefährlicher ist, nach Herzenslust herumstromern und ihre Instinkte ausleben. Da sollten wir also bemüht sein, es ihnen in unserem Zuhause so behaglich und naturnah wie möglich zu machen.

Ich freue mich, wenn Sie mich bei meiner Arbeit begleiten. Kommen Sie mit zu achtzehn spannenden Hausbesuchen.

Ihre Dr. Ulrike Werner

Anmerkung der Autorin zu ärztlicher Schweigepflicht und Persönlichkeitsrechten

Ich habe die in diesem Buch geschilderten Erlebnisse mit Katzen und ihren Besitzern mit viel Fantasie verändert oder ausgeschmückt und teilweise ähnliche Fälle zu einem neuen kombiniert, sodass niemand der Beteiligten befürchten muss, hier wiedererkannt zu werden.

Seit über zehn Jahren arbeite ich mit kranken und fehlgesteuerten Katzen und kann daher aus einem reichen Fundus schöpfen. Meine jahrelange Erfahrung hilft mir dabei, immer wieder ähnliche Muster und Probleme aufzuspüren und gemeinsam mit den Klienten, die sich vertrauensvoll an mich wenden, daran zu arbeiten, dass sich die Situation wieder einrenkt oder zumindest wesentlich verbessert.

Mein oberstes Ziel ist immer, dass es Mensch und Tier miteinander gut geht. Nur wenn gar nichts mehr geht und die Katze so leidet, dass ich ihr nicht anders helfen kann, empfehle ich eine Trennung von ihrem Besitzer oder ihrer Besitzerin (siehe die Geschichte Nr. 10, Landluft, und Nr. 15, Alkim-Alper, der tapfere Held).

An keiner Stelle habe ich meine ärztliche Schweigepflicht verletzt. Wer sich an mich wendet, kann sicher sein, dass jeder Fall von mir mit der größten Diskretion behandelt wird.

1. Zwei Rothaarige in Berlin-Lichtenrade

Viele niedergelassene Tierärzte in Berlin und im Berliner Umland sehen in meiner mobilen Praxis für Verhaltenstherapie eine willkommene Ergänzung zu ihrem eigenen Leistungsspektrum. Ich habe mir seit Gründung meiner mobilen Praxis einen Ruf als Spezialistin für schwierige Fälle erarbeitet. Der Schwerpunkt meiner Tätigkeit liegt auf Verhaltensproblemen bei Katzen und Hunden. Wenn ich die Tiere in ihrem häuslichen Umfeld erlebe, bekomme ich einen ganz anderen Einblick in die Problematik, als dies in einer stationären Tierarztpraxis möglich ist.

Der behandelnde Haustierarzt stellt in der Regel eine Überweisung an mich aus und gibt auch, falls erforderlich, seine Befunde an mich weiter. Ich behandle das Tier dann, sofern ich das für sinnvoll erachte, mit verhaltenstherapeutisch-medizinischen Methoden. Die Kollegen bekommen nach der Anamnese einen Befundbericht von mir. Ebenso erhalten sie im Rahmen einer Rücküberweisung nach Ende der Therapie einen Abschlussbericht. So sind sie im Bilde über das, was ich mit meinem speziellen Ansatz bei ihren Patienten erreicht habe.

Mittlerweile sind es mehr als 200 Kollegen und Kolleginnen, die mit mir zusammenarbeiten, wenn bei Hunden oder Katzen trotz ausführlicher Untersuchungen keine eindeutigen organischen Befunde festzustellen sind, das Problem aber, weswegen Herrchen oder Frauchen in die Praxis gekommen ist, weiterhin besteht.

Nicht selten gerate ich in die Rolle der Detektivin, die durch kluges Kombinieren und logisches Schlussfolgern herausbekommt, was des Pudels Kern, oder sollte ich besser sagen der Katze Knötchen, ist?

Auf diese Weise geriet ich auch an den Fall von Balou und seinem Herrchen Christian Langer. Eine erfahrene Kollegin, mit der ich schon lange kooperiere und darüber hinaus auch befreundet bin, erzählte mir von den beiden. Wir haben uns während unserer Studienzeit kennengelernt; mittlerweile praktiziert sie in einer Kleintierklinik südlich von Berlin. Wir freuen uns immer, wenn wir unseren Patienten mit vereinten Kräften helfen können, insbesondere in solchen Fällen, die zunächst wenig aussichtsreich schienen. An diesem Morgen hatten wir telefonisch ein paar Fälle abgeschlossen und waren beide entsprechend gut gelaunt.

»Ich hab da noch einen neuen Patienten«, meinte die Kollegin auf einmal, »Balou, ein acht Jahre alter kastrierter Kater, der mir seit Wochen Rätsel aufgibt. Und nicht nur mir! Er ist ein wunderschönes Kerlchen, kräftig und rot gestromt. Der Besitzer hat mich konsultiert, weil sein Kater zeitweise stark humpelt. Er zieht dann sein Hinterbein schlaff hinter sich her, ich habe es mit eigenen Augen gesehen.«

»Ach ja …?«, signalisierte ich mein Interesse.

»Du kannst dir ja vorstellen, dass wir das Tier hier in der Klinik bereits gründlich durchgecheckt haben. Ich habe eine ausführliche Lahmheitsdiagnostik gemacht, dazu eine Blutuntersuchung – es kann ja auch eine Infektionskrankheit dahinterstecken –, wir haben das Tier geröntgt, einen Ultraschall der Gelenke gemacht, dazu die neurologischen Untersuchungen. Das hat der kleine Kerl alles schon hinter sich. Schließlich habe ich ein paar Kollegen aus der Klinik hinzugezogen, aber niemand von uns kann sich die Symptome erklären, wir tappen irgendwie alle im Dunkeln.«

Gemeinsam schwiegen wir einen Augenblick, ich hatte spontan auch nichts Erhellendes beizutragen.

»Es muss für diese hochgradige Lahmheit, auch wenn sie nur zeitweise auftritt, doch eine organische Ursache geben«, insistierte die Kollegin. Dieser knifflige Fall würde ihr keine Ruhe lassen, dafür kannte ich sie gut genug. Etwas zögerlich kam dann doch die Frage an mich: »Sag mal, ein Verhaltensproblem kann das doch nicht sein, oder?!«

Das konnte ich mir, nach allem, was ich wusste, auch nicht so recht vorstellen, andererseits hatte ich bei meinen Besuchen schon die tollsten Überraschungen erlebt. Spannend fand ich das Ganze in jedem Fall. Ich muss auch zugeben, dass mein beruflicher Ehrgeiz gerade durch die kollegiale Skepsis angestachelt war. Ich hatte Lust, mehr über Balou und seinen Halter zu erfahren, und schlug ihr vor, meine Visitenkarte weiterzugeben. Und tatsächlich meldete sich der Katzenhalter nur wenige Tage später. Christian Langer fragte, ob er erst mal ganz allgemein von sich und seinem Kater erzählen solle.

»Ja, bitte, machen Sie das doch, und ich mache mir dabei ein paar Notizen«, ermunterte ich ihn, zog meinen Notizblock und den Stift näher zu mir heran und war aufnahmebereit für alles, was da kommen würde.

Was ich in der nächsten Viertelstunde zu hören bekam, klang zunächst völlig normal. Herr Langer hatte sich den Kater angeschafft, als er von zu Hause ausgezogen war. Der junge Mann erzählte mir, dass er 27 sei, ein technisches Studium in Potsdam absolviert habe und mittlerweile als Ingenieur arbeite. Voller Stolz berichtete er: »Ich habe eine schöne Erdgeschosswohnung mit Garten für mich und Balou gefunden. Sobald ich zu Hause bin, darf mein Kater auch raus. Was schön ist: Ich brauche keine Angst zu haben, dass er mir wegläuft oder anderswie Unsinn anstellt. Er bleibt immer innerhalb des Gartenzauns.«

Was er unter »Unsinn« verstand, wenn sich seine Katze in ihrem natürlichen Lebensraum bewegte, der ja auch außerhalb des kleinen Gartens weiterging, hätte ich schon gern gewusst. Aber fürs Erste verkniff ich mir diese Frage und notierte nur die Fakten.

Balou hatte die Möglichkeit zu kontrolliertem Freigang, wenn sein Herrchen zu Hause war. Das war gut – wobei der Kater erstaunlicherweise nie den Garten verließ. Ich notierte ein Fragezeichen. Dem musste ich noch nachgehen.

Christian Langer geriet hörbar ins Schwärmen: »Ach, wissen Sie, Balou passt wirklich gut zu mir! Er ist sehr häuslich, genau wie ich, und friedlich ist er auch! Revierkämpfe mit Nachbarskatzen und all so etwas«, nun bekam seine sympathische Stimme etwas leicht Herablassendes, »habe ich bei ihm noch nie erlebt!« Hier musste ich den begeisterten Katervater etwas bremsen, ich wollte lieber noch mehr über die häusliche Umgebung erfahren.

»Dass er sich in Ihrem Garten frei bewegen kann, ist ja prima, aber nun konzentrieren wir uns mal darauf, wie Sie Ihren Kater in der Wohnung untergebracht haben und was Sie ihm da so alles bieten.«

»Ja, also, er hat eigentlich alles bei mir, zwei Katzenklos, einen Kratzbaum mit mehreren Etagen und einer Höhle und noch andere Verstecke in der Wohnung. Ich habe auch ganz viele Spielsachen und Beschäftigungsmöglichkeiten für ihn«, fasste mein Gesprächspartner zusammen.

Ich bekam nun in aller Ausführlichkeit geschildert, welche sehr empfehlenswerten Katzenfuttersorten Balou abwechselnd bekam sowie welche Leckerli er bevorzugte. Meine Gedanken schweiften ab. Wo sollte ich ansetzen? Diesem Kater schien es wirklich an nichts zu fehlen. Mein erstes Fazit: ein etwas überbehüteter Kater. Aber wie viele Katzenbesitzer verwöhnen ihren Liebling, ohne dass dieser gleich zu humpeln beginnt.

Herr Langer gestand mir, dass ihn sein Gewissen plagte. »Balou ist ja so viel alleine, wenn ich zur Arbeit muss. Ich spiele aber mit ihm, sobald ich nach Hause komme. Nur sein Humpeln macht mir immer wieder Sorgen.« Der junge Mann tat mir leid, ich konnte heraushören, wie ratlos und verzweifelt er war.

»Wann hat das Lahmen denn genau angefangen?«

Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Vor fünf Jahren war das, kurz vor Weihnachten. Da zog Balou auf einmal sein rechtes Hinterbein nach. Nach ein paar Tagen war das dann aber komischerweise wieder weg. Ich habe zunächst seine Pfote untersucht, ob er sich da einen Dorn oder so etwas in der Art reingetreten hatte, aber da war nichts.«

»Und wie ging es dann weiter?«

»Seitdem tritt das mit dem Humpeln immer wieder auf. Meist zieht er nur ein Hinterbein nach. Das kann mal das rechte, auch mal das linke sein, manchmal sind es aber auch beide. Sie können es mir glauben, Frau Doktor Werner, ich habe mir schon das Hirn zermartert, aber mir fällt nichts dazu ein. Alles Grübeln führt zu nichts. Und die ganzen teuren Untersuchungen bisher haben ja auch nichts Konkretes ergeben!« Er schwieg einen Moment.

»Ich führe übrigens genau Buch darüber, wie lange das Humpeln bei Balou anhält und welches der beiden Hinterbeine betroffen ist. Ich dachte, vielleicht komm ich so drauf, aber …«

Er ließ den Satz im Raum hängen.

Aha, hier ist ja ein ganz penibler Katzenvater am Werk, dachte ich, konnte zu diesem Zeitpunkt aber noch keine weiteren Schlüsse daraus ziehen.

Christian Langer hatte inzwischen seine Zweifel, ob die Tiermedizin ihnen noch helfen konnte. Vier Tierärzte hätte er schon aufgesucht, alle ohne Erfolg. Er wollte aber unbedingt, dass ich mir Balou ansähe; vielleicht würde ja der verhaltenstherapeutische Ansatz etwas ergeben. So drängte er darauf, dass ich den beiden möglichst bald einen Besuch abstatten sollte. Ich erklärte mich einverstanden.

Er meinte es wirklich ernst. Den Anamnesefragebogen, den ich ihm nach unserem Gespräch per Mail zuschickte, bekam ich noch am selben Tag zurück. Der Fragenkatalog war sorgfältig durchgearbeitet worden, die Antworten waren ausführlich. Doch auch in diesem Material ließ sich nichts finden, was ein zeitweise auftretendes Humpeln erklären konnte. Einen Hinweis auf ein psychisches Problem gab es nicht.

Ich rief an, um abzusagen, aber Balous Herrchen wollte das nicht gelten lassen. Ich wies ihn auf weitere Ausgaben hin – schließlich sei dann erneut ein Arzthonorar fällig und vermutlich wieder ohne Resultat –, aber meine Einwände fruchteten nicht. Er bezirzte mich mit seinem jugendlichen Charme: »Ich habe ein gutes Gefühl bei Ihnen! Ich spüre, dass Sie Balou helfen können. Bitte, Frau Doktor Werner, kommen Sie zu uns!«

Na toll. Immer dieser Erwartungsdruck. Das war ich zwar eigentlich gewohnt, aber in diesem Fall war ich von vorneherein skeptisch.

Ich ließ mir von meiner Kollegin aus der Tierklinik sämtliche Befunde kommen und studierte sie aufmerksam. Zwei Tage später fuhr ich, mit sehr gemischten Gefühlen und etwas unsicher, nach Berlin-Lichtenrade.

Auf mein Klingeln hin musste ich nur kurz warten, dann ertönte der Summer, und ich wurde ins Haus gelassen. Balou saß erwartungsvoll auf dem Treppenabsatz. Ein prächtiger Kerl, genau so hatte ihn mir die Kollegin beschrieben. Ein großes, kräftiges Tier mit einem ausdrucksstarken Kopf, rot gestromt. Er schaute mir fest in die Augen und maunzte laut.

Ich hatte dabei irgendwie ein mulmiges Gefühl, es kam mir fast so vor, als könnte mir das stolze Tier in die Seele schauen. Als ich auf ihn zuging, nahm er Kontakt zu meinem ausgestreckten Zeigefinger auf und rieb sein Köpfchen an meiner Hand. Dabei wandte er seinen Blick aber nicht ab, sondern schaute mir unverwandt in die Augen, was mir merkwürdig vorkam. Was wollte er bloß von mir? »Na komm, lass uns reingehen zu deinem Herrchen«, sprach ich ihn an.

Sein Besitzer stand in der Wohnungstür und hatte unser erstes Zusammentreffen aufmerksam beobachtet. Ich nickte und lächelte ihn an, dann schaute ich wieder zu Balou, der sich erhob, um mir zu folgen, und erschrak. Dieser stolze, kräftige Kater bot mit einem Mal einen traurigen Anblick, als er sein rechtes Hinterbein, wie bei einer schlaffen Lähmung typisch, hinter sich herzog.

Ich überspielte die Schrecksekunde und schüttelte Herrn Langer die ausgestreckte Hand. Ein attraktiver junger Mann stand da vor mir und strahlte mich an. Wow! Und ein Rotschopf war er auch. Da passten zwei gut zueinander. Ich musste unwillkürlich schmunzeln, registrierte dabei unterschwellig allerdings einen schlaffen Händedruck, der mir nicht so recht zum Gesamtbild zu passen schien.

Als mein neuer Klient beim Umdrehen nach einer Gehstütze griff, die er kurz zuvor an der Wand abgestellt haben musste, schaute ich genauer hin.

»Ich geh mal vor!« Mit diesen Worten bedeutete Herr Langer mir, ihm zu folgen.

Ich hatte die Tür hinter mir ins Schloss gedrückt und ging hinter ihm her. Mir fiel auf, dass er leicht humpelte und das rechte Bein etwas nachzog. Eigenartig. Wir betraten ein helles und geräumiges Wohnzimmer, das sparsam, ohne jeden Schnickschnack, mit hellen Holzmöbeln eingerichtet war.

Ein Kiefernschrank mit zwei Glastüren – er enthielt ein paar Gläser und etwas Geschirr – stand an der Wand gegenüber dem Fenster, daneben ein Möbel für den Fernseher und die anderen elektronischen Geräte. Ein Bücherregal, das neben einer überschaubaren Zahl an Büchern ein paar Aktenordner enthielt, schmückte die Stirnwand. Davor befand sich ein schlichter Kiefernschreibtisch, mit einer Tastatur und einem großen Bildschirm. Da hatte wohl jemand einen Großeinkauf bei einem schwedischen Möbelhaus getätigt.

Keine Stehlampe, keine Bodenvase, keine Beistelltischchen. Die Vermutung lag nahe, dass der Wohnungsinhaber nicht um viele Möbelstücke und anderen Zierrat herumkurven wollte. Wohlwollend registrierte ich, dass der Kratzbaum für Balou ausladend war: Er verfügte über drei Etagen, davon zwei mit Höhlen, und war direkt neben dem Regal platziert, sodass Balou leicht dort hinüberspazieren konnte.

Etwas unbeholfen ließ sich der junge Mann auf einem gepolsterten Stuhl nieder und wies mit dem ausgestreckten Arm auf ein braunes Ledersofa, auf dem ich Platz nehmen sollte. Wider Erwarten versank ich nicht in den Polstern, sondern saß vergleichsweise hart und hoch. Wie es so meine Art ist, sprach ich ihn direkt auf sein Gehproblem an.

»Herr Langer, möchten Sie mir von Ihrem gesundheitlichen Problem erzählen? Sie haben sich nichts gebrochen, oder?«

Er verneinte und begann zu erzählen, wie die Multiple Sklerose bei ihm ausgebrochen war, eine tückische Krankheit, die vor allem junge Erwachsene trifft und noch immer nicht heilbar ist. Durch geeignete Maßnahmen versuchen die Ärzte zwar mit zunehmendem Erfolg, die Selbstständigkeit der Betroffenen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Aber irgendwann landen viele MS-Patienten im Rollstuhl und sind mehr und mehr auf Hilfe angewiesen.

Bei Christian Langer war die Krankheit vor fünf Jahren diagnostiziert worden. Er hatte eine schubförmig remittierende MS, bei der sich die einzelnen Schübe bislang immer vollständig zurückgebildet hatten. Vor allem das motorische System war betroffen, daher hatte er zeitweise Lähmungserscheinungen in den Beinen.

»Ich komme aber sehr gut damit klar«, versicherte er mir und strahlte mich voller Optimismus an, was mich sehr beeindruckte.

Aber was war davon zu halten, dass auch Balou sein rechtes Hinterbein nachzog? Um meinen Verdacht zu bestätigen, war jetzt eine gründliche Anamnese erforderlich.

Dazu wollte ich gern alles sehen, was Christian Langer aufgeschrieben hatte, wenn Balou lahm ging. Ich überflog seine detaillierten Notizen, und dabei kam mir eine Idee: Wenn jemand derart gründlich Protokoll über die Krankengeschichte seines Katers führte, dann doch möglicherweise auch über die eigene Krankheit?

Ich hatte richtig vermutet. Christian Langer deutete prompt auf sein Bücherregal. »Ich hole Ihnen mal die Ordner, einen Moment!« Er stand etwas schwerfällig auf, ging dann, etwas vorsichtiger, als es normal gewesen wäre, zum Regal und kehrte mit zwei akkurat beschrifteten Aktenordnern freudestrahlend zurück. In dem einen hatte er die Untersuchungsergebnisse abgelegt, die ihn betrafen; in dem anderen Ordner steckte seine Sammlung von allgemeinen Informationen über das Erkrankungsbild von MS.

»Bitte zeigen Sie mir doch mal die Unterlagen, aus denen ersichtlich ist, wann die einzelnen Schübe bei Ihnen aufgetreten sind und wie lange sie gedauert haben.«

Ich wollte mich nicht durch den ganzen Aktenberg wühlen müssen. Auch so waren es immer noch viele Seiten, auf denen dokumentiert war, wie die Krankheitsphasen im Einzelnen verlaufen waren. Herr Langer ließ mich die Unterlagen in Ruhe studieren. Er bot an, mir in der Zwischenzeit einen Tee zu machen.

Mich interessierten hauptsächlich die Zeitprotokolle von Herrchen und Kater, die ich miteinander vergleichen wollte. Die Notizen zu den Humpelattacken des Katers hatte ich neben den Krankenordner von Herrn Langer auf den Wohnzimmertisch gelegt, blätterte hin und her und machte mir dabei Notizen.

Ich bedankte mich für den frisch gebrühten Tee und bat Herrn Langer mit einer Handbewegung, doch neben mir auf dem Sofa Platz zu nehmen. Ich nahm einen Schluck Tee und vertiefte mich wieder in die Papiere. Schließlich konnte ich es mir nicht länger verkneifen, ihn zu fragen: »Ahnen Sie auch, was ich ahne?«

Er zuckte mit den Schultern: »Sie meinen, dass es da einen Zusammenhang gibt?«

Sein Tonfall klang etwas skeptisch, so richtig folgen konnte er mir noch nicht, schaute aber weiter gespannt zu.

Was ich in den Protokollen entdeckte, faszinierte mich. Und ich fand es gleichzeitig auch etwas unheimlich: Immer ein bis zwei Tage nachdem Christian Langer einen Schub bekommen hatte, hatte sein Kater ebenfalls angefangen zu lahmen und das Bein hinter sich herzuziehen. Und was die Protokolle zusätzlich ergaben: Balou zog das Bein jedes Mal auf der entsprechenden Körperseite wie sein Herrchen hinter sich her.

Die Symptome der letzten fünf Jahre waren bei beiden diesbezüglich deckungsgleich!

Balou spiegelte Christian Langer, so lautete meine Diagnose. Vorsichtig versuchte ich, meinem Klienten die Situation zu erklären: »Dieses spiegelnde Verhalten ist gar nicht so selten, Herr Langer. Es tritt vor allem dann auf, wenn die Bindung zwischen Mensch und Tier sehr eng ist. Vielleicht zu eng!«

Ich erläuterte das nun ausführlicher, kam auch auf den Garten zu sprechen, den Balou ja niemals verließ, und sprach weitere Dinge im Zusammenleben der beiden an. Ich merkte, wie es dem Mann neben mir immer schwerer fiel, die Fassung zu bewahren. Nicht lange und er begann, leise zu weinen.

Das Weinen wurde immer heftiger, schließlich war es, als wäre bei ihm eine Schleuse geöffnet worden. Ich kramte nach einem Taschentuch und legte ihm einen Arm um die Schulter, versuchte, ihn so etwas zu beruhigen. Er fiel mir in die Arme. So saßen wir eine Weile, bis er sich wieder gefangen hatte.

Balou war inzwischen auf den Sofatisch gesprungen, hatte sich auf die Krankenakten gesetzt und schaute uns unentwegt an, so wie er das mit mir schon zu Beginn meines Besuchs gemacht hatte. Von diesem Kater ging wirklich etwas aus!

Sein Herrchen war momentan aber viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um das zu registrieren. Er begann davon zu erzählen, wie wichtig Balou schon immer für ihn gewesen sei. Dass er oft geglaubt hatte, niemand könne ihn so gut verstehen wie sein Kater, manchmal hätte er sogar den Eindruck, dieser könne seine Gedanken lesen.

Mich wunderte das gar nicht. Die beiden waren wirklich sehr eng miteinander. Zu eng für das Tier.

Was war zu tun, wenn der Kranke das nächste Mal einen Schub bekam? Wir besprachen alles ganz ausführlich. Schließlich kamen wir zu dem Schluss, dass der Kater in solchen Fällen künftig vorübergehend zu einer Freundin gegeben werden sollte, die in der Nachbarschaft wohnte und bei der sich Balou wohlfühlte. Sie hatte ihn schon mehrfach als Urlaubsvertretung bei sich gehabt und gut versorgt.

»Lieber Herr Langer, ich kann Ihnen nur dringend ans Herz legen, sich eine Zweitkatze anzuschaffen, eine, die gut zu Balou passt. Sonst wird Ihr Kater es nicht schaffen, sich aus dieser engen Bindung zu Ihnen zu lösen. Diese totale Konzentration auf Sie, diese völlige Hingabe ist für Ihren Kater nicht gesund, das haben Sie ja erlebt. Und für Sie selbst übrigens auch nicht«, fügte ich etwas leiser hinzu. Der junge Mann nickte heftig, er wirkte erleichtert und war einsichtig. Er war bereit, alle meine Ratschläge in die Tat umzusetzen.

Abends schrieb ich einen ausführlichen und eher ungewöhnlichen Befundbericht an die Kollegin aus der Kleintierklinik. Eine Fachbezeichnung für meine verhaltensmedizinische Diagnose gab es damals und gibt es auch bis heute noch nicht. Zumindest wird sie bislang weder an der Universität noch an der Akademie für tierärztliche Fortbildung gelehrt. Mir sind solche »Spiegel-Fälle«, wie ich sie nenne, allerdings schon ein paarmal begegnet.

Die nächsten zwei Jahre blieb ich mit Christian Langer lose in Verbindung. Ich erfuhr, dass Balou eine Spielgefährtin bekommen hatte. Über den Tierschutz war eine gleichaltrige Siamkatze in den Zweier-Haushalt eingezogen, und die Eingewöhnung hatte mit ein paar Tipps von mir auch gut geklappt. Etwa ein Jahr nach meinem Hausbesuch telefonierten wir wieder einmal. Bei dieser Gelegenheit erwähnte Herr Langer dann, eher nebenbei, eine sehr sympathische neue Arbeitskollegin. Später gestand er mir, dass er sehr verliebt in sie sei.

»Wir verbringen die meiste Zeit bei mir zu Hause, und das wirkt sich auch positiv auf Balou aus. Er ist längst nicht mehr so fixiert auf mich.«

Balou ging nie wieder lahm, obwohl Christian Langer noch einige Schübe erlitt.

Damals habe ich viel darüber nachgedacht, was es wohl mit einem macht, wenn man eine derartige gesundheitliche Krise durchlebt und den ganzen Tag von seinem Kater beobachtet wird, der ebenso lahmt und sein Bein schlaff hinter sich herzieht. Ist es geteiltes Leid? Schafft es Nähe? Oder regt es einen eher auf?

Ich musste auch an meinen Belgischen Schäferhund Vitus denken. Kündigte sich bei mir ein schwerer Migräneanfall an, hielt er bereits ein bis zwei Stunden zuvor seinen Kopf tiefer und drückte ihn an meine Wohnzimmerwand oder an die Sofalehne. Dann wusste ich schon, dass es bald an der Zeit sein würde, mein Migränemedikament zu schlucken und schnell noch einiges zu erledigen.

Aus seiner Zuchtlinie sind viele Hunde speziell für den Einsatz als Assistenzhunde ausgebildet worden. Sie arbeiten in Kanada, Schweden, Dänemark und in der Schweiz als Behindertenbegleithunde und Blindenführhunde. Oft hatte ich den Eindruck, mit einem Seismografen auf vier Beinen zusammenzuleben. Aber das ist eine andere Geschichte.

2. Der Schrank

»Frau Doktor? Sind Sie es selber?«

Da hatte die Anruferin richtig getippt. Und echt Glück gehabt.

Ich bin fast nie direkt zu sprechen – entweder bin ich mit meinem Praxismobil unterwegs zu Hund und Katze, oder ich sortiere meinen Terminkalender, studiere die täglich eintrudelnden neuen Anamnesebogen und Mailnachrichten, überprüfe die Verhaltensprotokolle, die mir Klienten während der Therapien schicken, oder telefoniere und tausche Faxe mit Kollegen, die eine Haustierarztpraxis führen. Ich finde es wichtig, eng mit den behandelnden Haustierärzten zusammenzuarbeiten. Und wie viel Zeit ich allein mit Rückrufen an Klienten verbringe! Das macht fast ein Viertel meiner Arbeitszeit aus, aber das gehört eben alles dazu.

Was ich da ohne Hansi machen würde, weiß ich nicht. Hansi ist meine Mailbox, müssen Sie wissen. Hansi sammelt zuverlässig Namen, Fakten und Emotionen, speichert die verzweifelten Hilferufe von Anrufern, die sich bisweilen im Stundentakt melden, bevorzugt am Wochenende, und dann doch feststellen, dass gut Ding eben Weile haben muss.

Wenn ich doch nur diesen einen Menüpunkt bei Hansi finden könnte, bei dem er Anrufe auch noch nach Wichtigkeit sortiert und selbst beantwortet! Dann könnte ich noch viel mehr Fälle lösen, mich noch öfter als Verhaltensdetektivin betätigen. So ein kleiner smarter elektronischer Helfer, der nie in Urlaub geht, krank wird oder mich mit seinen Launen nervt, das wär’s! Aber ob ich dadurch weniger als oft 50 bis 60 Stunden in der Woche arbeiten würde, bezweifle ich trotzdem.

An jenem Morgen, als mich die Frau ans Telefon bekam, deren Katze ich zwar retten konnte, aber nicht sie selbst, saß ich an meinem Schreibtisch und blickte gerade auf das Foto meines verstorbenen Hundes Vitus, das ich noch auf meiner Homepage habe. Als es klingelte, hatte ich den Hörer gedankenverloren in die Hand genommen.

Die Stimme meiner Anruferin klang etwas atemlos, so als wäre sie kurz zuvor eine Treppe hinaufgelaufen und hätte meine Nummer im Verschnaufen gewählt.

Na gut, dann schalte jetzt mal auf Empfang um, befahl ich mir und riss mich aus wehmütigen Erinnerungen los. Aber ich hatte keine Lust, mit einer Unbekannten zu sprechen. Hier ging alles schön der Reihe nach.

»Ja, hier ist Doktor Werner. Guten Tag! Mit wem spreche ich denn bitte?« Meine klare Frage wurde jedoch überhört.