Spezielle Relativitätstheorie - Domenico Giulini - E-Book

Spezielle Relativitätstheorie E-Book

Domenico Giulini

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Domenico Giulini

Spezielle Relativitätstheorie

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Inhalt

Grundriss1. Herkunft und Bedeutung der Speziellen Relativitätstheorie2. Historische Entwicklung2.1 Das dualistische Materiekonzept des 19. Jahrhunderts2.2 Das Relativitätsprinzip der Mechanik2.3 Gilt das Relativitätsprinzip in der Elektrodynamik?2.4 Experimente, Widersprüche und Konsequenzen3. Grundzüge der SRT3.1 Der Begriff der Gleichzeitigkeit3.2 Die Lorentz-Transformation3.3 Längenkontraktion und Zeitdilatation3.4 Geschwindigkeitsaddition3.5 Kausalitätsverhältnisse3.6 Aberration und Doppler-Effekt3.7 Längenkontraktion und visuelle Erscheinung3.8 Masse, Impuls und kinetische Energie3.9 Die wohl berühmteste Formel der Physik3.10 Elektrodynamik: Invarianz der Maxwell-Gleichungen4. Weitere Konsequenzen und Anwendungen der SRT4.1 Atomphysik4.2 Kernphysik4.3 Elementarteilchenphysik4.4 Alltagsphysik: Navigationssysteme4.5 Science-Fiction: Reisen zu anderen Sternen?4.6 Ausblick auf die Allgemeine RelativitätstheorieVertiefungenDie Unabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Bewegungszustand der QuelleGibt es Überlichtgeschwindigkeiten?Das Experiment von Kennedy und ThorndikeDas Experiment von Ives und StilwellDer derzeitige experimentelle Status der SRTSynchronisation durch Transport von UhrenAnhangGlossarSymbole, Einheiten und KonstantenLiteraturhinweiseAbbildungsnachweise:[Bildteil]

Grundriss

2. Historische Entwicklung

2.1 Das dualistische Materiekonzept des 19. Jahrhunderts

Im Jahre 1687 erschienen in London die »Mathematischen Prinzipien der Naturphilosophie«, bis heute kurz die Principia genannt, des englischen Physikers und Mathematikers Isaac Newton (1643–1727). In diesem Epoche machenden Werk, das die mathematisch-physikalische Disziplin der Mechanik bis heute wie kein zweites prägt, legte Newton in mathematischer Sprache eine physikalische Theorie dar, die es erlaubt, die Bewegung von Himmelskörpern mit den gleichen Begriffen zu beschreiben wie irdische Bewegungsvorgänge. Allgemein redet Newton von »Körpern«, die man sich aufgebaut denken soll aus kleinsten, unendlich harten, ewig beständigen und unveränderlichen Teilen, die selbst aber nicht weiter beschrieben werden. Mit Hilfe dieses Konzepts idealer Punktteilchen (bis heute ist in der Physik das Konzept des »Newton’schen Punktteilchens« geläufig) gelingt es Newton, die Bewegung komplizierter zusammenhängender Konfigurationen solcher Teilchen auf die Bewegungsgesetze dieser Teilchen zurückzuführen, sofern einfache Annahmen über die zwischen den Punktteilchen wirkenden Kräfte gemacht werden. Wenn man sich fragt, auf welche materiellen Entitäten die Newton’sche Mechanik prinzipiell angewendet werden kann, so lautet die Antwort, dass dafür alles in Frage kommt, was man sich aus diesen Punktteilchen aufgebaut denken kann. Stellte man sich auf den Standpunkt eines (naiven) materiellen Atomismus, so käme man schließlich sogar zu der Vermutung, dass sich letztlich alle physikalischen Vorgänge auf einfache mechanische Grundgesetze zurückführen lassen würden.

Wirklich alle? Schon Newton waren die optischen Erscheinungen wohl vertraut. Über die Natur des Lichtes und die Gesetze seiner Ausbreitung hat auch er spekuliert (in seiner »Optick« aus dem Jahre 1704), ohne jedoch dafür ein Lehrgebäude, vergleichbar der Mechanik, gründen zu können. Tatsächlich nahm Newton an, dass auch Licht aus kleinsten Teilchen bestünde, die durch Kräfte, wie die Gravitationskraft, Einwirkungen erfahren können. Diese Teilchenvorstellung des Lichtes verschwand aber vollends zugunsten einer konkurrierenden Vorstellung von Licht als Welle, als zu Beginn des 19. Jahrhunderts Thomas Young (1773–1829) experimentell die Interferenzfähigkeit von Licht nachwies, die der Teilchenvorstellung krass widerspricht. Doch wenn Licht eine Welle ist, also ein sich ausbreitender periodischer Schwingungsvorgang, so liegt die Frage nahe, was da schwingt. Analog der Wasserwelle auf der Oberfläche eines ruhigen Sees, in der die Wasserteilchen mit vertikaler Amplitude im Raum schwingen, müsste auch Licht den Schwingungen eines gewissen hypothetischen Mediums entsprechen, das man den »Äther« nannte. Nur müsste dieser Äther auch in alles eindringen können, in dem Licht sich fortpflanzt, z.B. in Glas, das immerhin eine nicht unerhebliche Dichtigkeit aufweist. Weiterhin war schon lange durch die Messungen des dänischen Astronomen Olaus Rømer (1644–1710) aus den Jahren 1672–76 bekannt, dass die Lichtgeschwindigkeit einen extrem hohen Wert besitzt, den Rømer damals mit 220000 Kilometer pro Sekunde angab, was immer noch etwa 3/4 des heute exakt bekannten Wertes ist, der bereits in (1) angegeben wurde und ziemlich nahe bei 300000 Kilometern pro Sekunde liegt. Aus der extremen Höhe dieses Wertes wird aber sofort klar, dass die Analogie der Lichtwelle zu elastischen Verformungswellen eines herkömmlichen Materials sicherlich nicht allzu wörtlich genommen werden darf. Denn die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Verformungswellen wächst nach einem einfachen Gesetz mit der Festigkeit des Materials. Nach diesem müsste der Äther eine geradezu phantastische Festigkeit aufweisen, um Verformungswellen mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit zuzulassen. Gleichzeitig soll der Äther aber leicht in Materialien eindringen können, wie bereits festgestellt, um auch dort die Fortpflanzung von Licht zu ermöglichen. Offensichtlich passen diese beiden Eigenschaften nicht recht zusammen.

Trotz dieser scheinbar unvereinbaren Eigenschaften hielt man aber an dem Konzept eines Äthers fest – ohne ihn freilich physikalisch zu verstehen –, denn ohne ihn erschien nicht nur die Wellentheorie des Lichtes ohne physikalische Basis, auch die Übertragung von Kraftwirkungen über mitunter große räumliche Distanzen schien nicht verständlich, wenn nicht ein vermittelndes Medium angenommen wurde, das den Kraftübertrag physikalisch bewerkstelligte. Ganz analog verhielt sich die Sache mit den elektro- und magnetostatischen Kräften, die im ausgehenden 18. Jahrhundert Gegenstand intensiver Forschung waren, namentlich durch den Franzosen Charles Augustin de Coulomb (1736–1806), der ganz analog dem Newton’schen Gravitationsgesetz ein Kraftgesetz für elektrische Punktladungen aufstellte, das heute allgemein als Coulomb-Gesetz bezeichnet wird.

Eine umfassende Theorie elektrischer und magnetischer Phänomene publizierte 1873 der Schotte James Clerk Maxwell (1831–1879), der sich dabei eng an die Vorstellung des Chemikers und Experimentalphysikers Michael Faraday (1791–1867) hielt. Letzterer benutzte bei seiner Beschreibung elektrischer und magnetischer Wirkungen den Begriff der »Kraftfeldlinien«. Darunter verstand Faraday zunächst nur eine räumliche Verteilung von Kraftvektoren, die Richtung und Betrag der elektrischen (magnetischen) Kräfte auf eine am jeweiligen Ort angebrachte Einheitsladung (Einheits-Stromelement) angaben. Faraday ging aber einen logischen Schritt weiter, indem er die Kraftfeldlinien nicht nur als hilfsweise eingeführte Vorstellungs- und Rechengröße betrachtete, sondern ihnen eine physikalische Existenz zuschrieb, die unabhängig vom lokalen Vorhandensein einer Test-Einheitsladung zur Messung der Kraft war. Er führte damit ein neues Realitätskonzept in die Physik ein, das des elektrischen bzw. magnetischen Feldes: Jedem Raumpunkt wird zu jeder Zeit ein elektrischer und ein magnetischer Vektor zugeordnet, also jeweils eine Richtung und ein Betrag. Nimmt man diese Vorstellung auf, so ist die natürliche Frage die, wie sich in Abhängigkeit von äußeren Ladungen und Strömen diese Felder in Raum und Zeit verteilen bzw. verändern. Insbesondere ist es also sinnvoll, nach den elektrischen bzw. magnetischen Feldstärken an solchen Orten zu fragen, an denen sich keine Ladungen oder Ströme befinden. Auf diese Fragen gibt nun die Theorie Maxwells eine vollständige Antwort. Es bleibt aber zu betonen, dass der intendierte physikalische Sinn der dabei verwendeten mathematischen Begriffe auf dem Feldkonzept Faradays basiert. Die mathematische Theorie selbst ist von großer struktureller Eleganz. Insbesondere zeigt sich, dass sich im Falle zeitveränderlicher Feldkonfigurationen elektrische und magnetische Felder gegenseitig bedingen und dabei so eng in Beziehung treten, dass es sinnvoll ist, nur noch von einem vereinheitlichten elektromagnetischen Feld zu sprechen, dem jetzt pro Raum- und Zeitpunkt eine Größe mit 6 Komponenten (3 elektrische und 3 magnetische) zugeordnet wird.

Eine der schönsten Leistungen der Maxwell’schen Theorie war die Voraussage elektromagnetischer Wellen, die sich im ladungs- und stromfreien Raum ausbreiten können. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit wurde ebenfalls durch die Theorie vorhergesagt und ergab sich gleich der Lichtgeschwindigkeit. Damit setzte die Vorstellung ein, dass Licht nichts anderes sei als eine elektromagnetische Welle und dass die Gesetze der Optik, wie zum Beispiel die Brechungsgesetze, sämtlich aus der Maxwell-Theorie folgen sollten, was sich dann auch im Verlauf des ausgehenden 19. Jahrhunderts glänzend bestätigte.

Aber auch Maxwell kam nicht von der »Äthervorstellung« los.

Es blieb bis zu Anfang des 20. Jahrhunderts bei einem dualistischen Materiebegriff. Dieser umfasste einerseits die im Raum lokal beweglichen Körper, die auch das Attribut der Trägheit bzw. Schwere tragen und deshalb in der älteren Terminologie die ponderable – also wägbare – Materie genannt werden und dem Äther, der den ganzen Raum einschließlich des Inneren der Körper durchdringt und Träger elektromagnetischer Felder und damit auch der Lichtwellen ist. Auch das Gravitationsfeld war damals als im Äther verankert zu denken, doch war die Gravitationstheorie zu diesem Zeitpunkt noch sehr unterentwickelt, nicht vergleichbar etwa der Maxwell’schen Theorie des Elektromagnetismus.