Spiel der Emotionen - Christoph Andresen - E-Book

Spiel der Emotionen E-Book

Christoph Andresen

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Beschreibung

Tonys Ziel ist klar: Jedes Grand-Slam-Turnier auf der Tour zu gewinnen, am besten mehrfach! Mit dem aktuell dreizehnten Platz der Weltrangliste befindet er sich auf dem besten Weg dorthin, doch mit der Zeit nehmen die Probleme auf- und neben dem Tennisplatz zu und bringen seinen rasanten Aufstieg ins Stocken. Auf der Suche nach Hilfe führt ihn das Schicksal mit der Studentin Elisa zusammen, die jedoch einer akuten Bedrohung ausgesetzt ist und daher ihre eigenen Probleme mit ins Spiel bringt.

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Danke an Hannah, meine Mutter, Frederik & Ilayda.

Erläuterungen

‚cross‘

– diagonal

‚Stoppball‘

– kurzer Ball, dicht hinter das Netz

‚Slice‘

– Schlag mit Unterschnitt

‚Volley‘

– direkter Schlag am Netz

‚Break‘

– Gewinn eines Spiels beim Aufschlag des Gegners

‚ATP Tour‘

– Herrentennis Turnierserie, Siege bringen Punkte in der Tennis-Weltrangliste

Zählweise

Sieg des Spiels durch das Gewinnen von zwei Sätzen. Bei 1:1 entscheidet ein dritter Satz.

Gewinnen eines Satzes durch sechs gewonnene Spiele. Bei 5:5 Verlängerung bis sieben (bei 6:6 ein Tiebreak bis 7).

Gewinnen eines Spiels durch Punkte: 15 – 30 – 40 – Spiel. Bei 40:40 zwei Punkte vor.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Epilog

Prolog

August 2011

Er zögerte keinen Moment und rannte los. Der Schlag seines Gegners kam präzise und schnell und obwohl Tony seine gesamte Energie in den Sprint legte, erreichte er den Ball zu spät, traf diesen nicht mal mehr mit dem Rahmen seines Schlägers und musste mit ansehen, wie die gelbe Filzkugel an seinen Augen vorbeirauschte und gegen den hohen Zaun am Ende des Platzes prallte. Der erste Punkt für seinen Gegner in diesem Spiel. Verärgert beendete er seinen Sprint, rutschte noch knapp zwei Meter weit und blickte entgeistert auf seine im Sand hinterlassene Spur. Schnell stützte er sich auf seine Beine und keuchte vor Anstrengung, während ein Stich in seinem linken Brustkorb hochschoss.

„Die Matches der letzten Tage haben wohl doch ihre Spuren hinterlassen“, sprach er leidend zu sich selbst, doch körperliche Blessuren konnte er ignorieren, vielmehr war es der verlorene Punkt, der ihn schmerzte.

Irgendwo im Hintergrund klatschten vereinzelt ein paar Zuschauer für seinen Kontrahenten aus Hannover, einen Jungen namens Björn, zwei Jahre älter als er und im Grunde Tonys Erzfeind. Bereits sechs Mal hatten die beiden gegeneinander gespielt, keine einzige Begegnung davon hatte er für sich entscheiden können. Kopfschüttelnd richtete er sich auf, machte ein verbissenes Gesicht und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Heute wird es anders laufen, Arschloch!“, flüsterte er wild entschlossen hinüber, dachte zurück an den soeben verlorenen Ballwechsel und obwohl es ihm unheimlich schwer fiel seine Emotionen unter Kontrolle zu halten, drehte er sich um, ohne seinen Gegner eines Blickes zu würdigen und sammelte seine Kräfte aufs Neue, während er sich auf den Weg zum Ball am Fuße des Zauns machte. Dabei dachte er an sein großes Ziel, eines Tages jeden Grand-Slam-Titel zu gewinnen: Die Australien Open in Sydney, Wimbledon in London, die US Open in New York und Roland Garros in Paris. Aber das Finale der Landesmeisterschaften der Junioren war kein Turnier, welches man mit einem der ATP-Serie oder einem Grand-Slam vergleichen konnte, an dem sich die besten Spieler der Welt duellierten. Und doch war der Weg für Tony dorthin vollkommen klar: Um ein Grand Slam sowie die großen ATP-Turniere zu gewinnen, musste er es zunächst in die Weltrangliste schaffen, um zu solchen Events zugelassen zu werden. Dafür galt es Spieler zu besiegen, die bereits dort waren. Die Schlussfolgerung daraus war, dass er immer größere nationale sowie internationale Turniere gewinnen musste.

„Am besten einfach jedes Match gewinnen“, hatte sein Vater immer aus Spaß gesagt, doch für ihn galt dieses Prinzip tatsächlich. Aber wie gewinnt man ein Match? Indem man Sätze, Spiele, und zu guter Letzt, Punkte für sich entscheidet. Und der nächste Punkt war ein Teil dieses langen Weges, das war ihm bewusst und doch wollte er ihn unbedingt gehen. Also atmete er aus, hob zwei Bälle auf, steckte einen davon in seine linke Hosentasche und machte sich zurück auf den Weg zur Grundlinie. Er war bereit für den nächsten Schlagabtausch und sammelte seine Konzentration. Den Schläger in der Hand haltend und sich nach vorne beugend, prellte er den Ball vier Mal und überlegte gleichzeitig, wohin er seinen ersten Aufschlag spielen würde. Er schlug von rechts auf, weshalb die Wahl auf rechts innen fiel, um die Rückhand seines Gegners anzuvisieren. Diese hatte sich in den vergangenen Ballwechseln als ein guter Angriffspunkt herauskristallisiert. Tony holte noch einmal tief Luft, spannte seinen ganzen Körper an, warf den Ball gen Himmel und schlug mit aller Kraft auf. Die Kugel flog übers Netz und steuerte wie geplant auf die Rückhand seines Gegners zu, doch dieser hatte bereits mit einem Angriff auf seine schwächere Seite gerechnet und antwortete mit einem schnellen Return auf Tonys Vorhand. Aber auch der war nach dem letzten verlorenen Ballwechsel gewappnet, reagierte schnell mit drei kleinen Schritten zum Ball, traf diesen mit einem perfekten Schwung und bretterte ihn entlang der Linie erneut auf die Rückhand seines Gegners, was Björn zu einem defensiven Slice zwang, um den Ball überhaupt im Spiel zu halten. Tony reagierte instinktiv, machte einen Ausfallschritt, um erneut seine überaus starke Vorhand einsetzen zu können und spielte so platziert in die Ecke des gegenüberliegenden Spielfeldes, wie man es von keinem 14-Jährigen erwartet hätte. Dieses Mal war es umgekehrt, denn sein Gegner musste sprinten, um die Kugel zu erreichen, doch Tony schaute ihm nicht dabei zu, sondern rückte weit vor ins Spielfeld und als der Ball aufgrund eines Notschlages von Björn hoch und langsam das Netz passierte, war er bereits da, nahm den Ball früh und beendete den Punkt mit einem Vorhand-Volley. Erst ein paar Sekunden später, als er bemerkte, dass der Punkt gewonnen war, begann sich sein Puls langsam zu senken.

Wieder klatschten die Zuschauer, dieses Mal jedoch zu seinen Gunsten.

„40:15 stand es eben“, erinnerte er sich an den alten Spielstand. Mit diesem Punktgewinn hatte er sein Aufschlagsspiel und somit das fünfte Spiel des ersten Satzes gewonnen, was ihm eine Führung von 4:1 verlieh.

„Heute wird es anders“, motivierte er sich erneut, dieses Mal jedoch um einiges lauter und mit geballter Faust.

Seitenwechsel.

Tony setze sich auf die Bank, nahm einen kurzen Schluck aus der Trinkflasche und genoss den Geschmack von prickelnder Zitrone auf seiner Zunge. Dann blickte er hinüber zu seinen Eltern, die es vorzogen, abseits der anderen Zuschauer zu sitzen, aber immer noch gut sichtbar für ihren Sohn zu sein, sodass Tony wusste, sie stärkten ihm stets den Rücken. Besonders sein Vater Kasper gab nichts auf Eltern, deren Ehrgeiz aus den Augen herausquoll und die nichts Besseres zu tun hatten, als Leistung von ihrem Kind einzufordern. Tony dachte an die Worte seines Vaters: „Man muss verlieren können, wenn der andere heute besser war, denn wenn du nie verlierst, weißt du den Sieg nicht zu schätzen!“

Doch weil er selbst das Verlieren über alles hasste, bekam er diese Worte oft und zurecht zu hören, denn für ihn zählte nach wie vor nur das Gewinnen, wie auch am heutigen Tag.

„Nach sechs Finalniederlagen hintereinander ist doch klar, dass ich einen Sieg heute in jedem Fall zu schätzen wüsste“, dachte er grinsend und nahm noch einen Schluck. Bis jetzt sah es gut für ihn aus. Bei einer 4:1 Führung konnte er sich etwas entspannen, das Spiel war unter seiner Kontrolle. Mit dem Rücken an die Bank gelehnt entdeckte er seinen Trainer Alex, der sofort die Faust hob, als sich ihre Blicke kreuzten.

Auf einmal erhob sich Björn von der Bank und riss Tony aus seinen Gedanken. Sein Aufschlagsspiel war vorbei und nun war er es, der sich für den Rückschlag bereit machen musste. Er erhob sich, griff nach seinem Schläger und versuchte seine Energie und Konzentration wiederzufinden, die in der Pause von ihm abgefallen war. Derweil hatte die Sonne ihren Zenit erreicht und wartete nur darauf, ihm ins Gesicht zu knallen, nachdem er unter dem Schirm hervortrat.

Noch während er zur Grundlinie lief, hörte er das Prellen des Balls, was bedeutete, sein Gegner war bereits in Position.

Gerade an der Begrenzung des Spielfeldes angekommen, drehte er sich um, richtete seine Aufmerksamkeit auf die gegenüberliegende Seite des Feldes, musste aber mitansehen, wie der Ball bereits in der Luft war und sein Erzfeind zum Aufschlag ausholte. Tony war überrumpelt, seine Konzentration schwankte und sein Treffpunkt beim Return war aufgrund seiner zu späten Vorbereitung viel zu weit hinten. Er traf den Ball mit dem Rahmen seines Schlägers und musste mitansehen, wie die gelbe Filzkugel hinter ihm hoch durch die Luft, über den Begrenzungszaun des Platzes segelte. Als er sich umdrehte, schoss der Ärger über Björn in ihm hoch, der nicht gewartet hatte, bis er wirklich bereit zum Rückschlag gewesen war. Es war eine Frage des Respekts, der beim Tennissport großgeschrieben wurde und Tonys Mimik verkrampfte sich kurz, trotzdem rechnete er den Fehler nur sich selbst an.

„Sei wach!“, regte er sich auf und starrte wütend auf den Ball außerhalb des Zaungitters. So friedlich ruhte dieser im hohen Gras, als wäre das genau der Platz, an den er schon immer gehören würde.

Noch während Tony daran arbeitete, seine Wut abzubauen, hob eine kleine, zarte Hand die Filzkugel aus den Gräsern auf. Er blickte ein Stück höher und sah ein Mädchen etwa in seinem Alter. Sie kam ihm nicht bekannt vor, doch ihre gebräunte Haut mit vereinzelten roten Stellen stach ihm direkt ins Auge. Interessiert wanderte sein Blick an ihr hinunter. Sie war etwas kleiner als er, trug ein Alltagsoutfit und hatte ebenfalls eine sportliche Statur. Ihre braunen Haare reichten bis knapp unter die Schulter. Tony blickte ihr in die Augen.

„Hast du Spaß?“, fragte das Mädchen abrupt und schaute ihn erwartungsvoll an.

Seine Wut, die bis zu diesem Zeitpunkt immer noch in ihm brodelte, verflog direkt, nur um sich in Verwirrung umzuwandeln.

Tony blieb dem Mädchen zunächst eine Antwort schuldig, denn obwohl sich diese in der Theorie mit einem einfachen ‚ja‘ oder ‚nein‘ beantworten ließe, tat er sich schwer etwas zu sagen.

„Ja klar, warum sollte ich sonst spielen“, versuchte er es lässig aber unglaubwürdig, als die Stille zwischen den beiden unangenehm wurde. Er schaute in Richtung der Zuschauer, während seine Augen vor Unsicherheit keinen festen Punkt zum Ruhen fanden.

„Du wirkst so verkrampft“, legte das Mädchen direkt nach, als hätte sie bereits auf genau diese Antwort gewartet. Tony schaute zurück zu ihr und die Blicke der beiden kreuzten sich zum zweiten Mal. Er hielt nur kurz stand, als er sah, dass sie ihn durchschaut hatte. Wieder wusste er nicht, was er erwidern sollte und blickte auf den Tennisball, der immer noch in ihrer Hand ruhte.

„Magst du mir den bitte geben?“, fragte er und zeigte mit dem Schläger auf ihre Hand. Das Mädchen wirkte enttäuscht, machte wortlos ein paar Schritte nach rechts um den Zaun herum und warf Tony den Ball über die Seitenabgrenzung hinüber.

„Wenn du wirklich Spaß hast, dann lächle doch mal!“

Den Schläger hinhaltend, nahm das Nachwuchstalent den Ball an, prellte diesen ein paar Mal, bevor er wieder seinen Blick hob, um etwas zu sagen. Er war nun bereit für eine schlagfertige Antwort, doch das Mädchen stand nicht länger am Zaun und Tony sah, wie sie ihm bereits den Rücken zugekehrt hatte und den Hügel hoch zu den anderen Zuschauern lief, vorbei an Alex, der ihn mit kritischem Blick musterte. Als er sah, wie ernst sein Trainer dreinblickte, merkte Tony, wie sehr ihn die gesamte Situation aus seiner Konzentrationsphase gerissen hatte und sofort versuchte er auf dem Weg zum nächsten Return in diese zurückzugelangen. Doch vergeblich versuchte er sich zu fokussieren, während Björn bereits mit genervtem Ausdruck auf ihn wartete. Tony blieb keine Zeit mehr. Der letzte Ballwechsel war zwar nur eine Minute her und doch spürte er, dass in dieser Zeit enorm viel passiert war. Das meiste davon selbstverständlich in seinem eigenen Kopf. Den Schläger fest umklammernd, kämpfte er dagegen an und versuchte krampfhaft seinen Rhythmus wiederzufinden.

Björn schlug auf. Der Ball kam von links auf Tonys Rückhand. Trotz seiner mangelnden Konzentration brachte er die Kugel mit einer Blockade zurück ins Spiel. Immer noch nicht ganz bei der Sache, positionierte er sich an der Grundlinie. Gerade dort angekommen, kam der Ball mit voller Wucht cross zurück und verfolgte das Ziel, Tony weit heraus aus dem Feld zu treiben. Dieser rannte aufgrund seiner mangelnden Konzentration einen Tick zu spät los, erreichte den Ball jedoch gerade so und schlug aus dem Lauf eine verzweifelte Vorhand, die gerade hoch genug war, um nicht im Netz hängen zu bleiben. Dennoch, sein Schlag war zu kurz geraten und als er gerade in die Mitte des Feldes zurücklief, musste er erneut zum Sprint ansetzen. Sein Gegner spielte einen gut platzierten Stoppball dicht hinters Netz. Tony spannte alle Muskeln an, er war kein schlechter Sprinter und der Fokus auf den Ball lenkte seine Gedanken endlich wieder zurück auf den Platz. Mit leuchtenden Augen jagte er wie ein hungriges Raubtier im Vollsprint seine Beute. Alles drum herum war wieder vergessen und unwichtig geworden, es existierte nicht mehr. Durch sein hartes Training war er schnell genug, den Ball rechtzeitig vor dem zweiten Aufprall zu erreichen, holte aus und spielte einen weit rausgehenden Cross-Ball als Gegenstopp mit seiner Rückhand. Sein Gegner stand chancenlos vor der Grundlinie und ließ beide Schultern hängen. Als Tony aufhörte, dem Ball hinterherzuschauen und in das Gesicht von Björn blickte, meinte er, für den Bruchteil einer Sekunde einen Anflug von Verzweiflung zu sehen. 15:15, das Spiel war offen, aber Tony war zurück in Bestform.

Er drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück zur Grundlinie, konnte aber nicht verhindern, dass sich sein Kopf wieder in Richtung der Zuschauer wandte. Alex stand immer noch an genau der gleichen Stelle und hob kurz die Faust als Anerkennung für Tonys gewonnen Punkt und kämpferische Leistung. Aber der Blick des Spielers wanderte weiter, weg von seinem Trainer. Tonys Augen suchten innerhalb von drei Sekunden den Zuschauerrang ab, doch er fand keine Spur von dem Mädchen, so sehr er sich auch bemühte. Leise seufzend und ein wenig enttäuscht widmete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Spiel, ging die restlichen Schritte zur Grundlinie, wendete sich seinem Gegner zu und nahm den Schläger in beide Hände. Er hatte seinen Fokus wiedergefunden und sein Kämpferinstinkt war geweckt wie nie zuvor. 15:15.

Er hatte große Ziele und genauso groß würde seine Zukunft werden. Heute würde er das Finale gewinnen. Ein breites Grinsen lief ihm übers Gesicht.

„Natürlich habe ich Spaß!“

Kapitel 1

Juni 2019

Auf dem Weg in die Stadt überlegte Elisa sich ein paar Gesprächsthemen, nur für den Notfall und falls eine peinliche Stille eintrat. Obwohl sie inzwischen viel lockerer an die Sache heranging, immerhin war es ihr viertes Date innerhalb dieses Monats, machte sie Halt an einem Friseursalon, blickte auf ihr Spiegelbild im Schaufenster und betrachtete sich kritisch. Sie trug einen kamelbraunen Sommermantel, darunter ein schwarzes Top, dunkelblaue Jeans und Sneaker

Ein kurzer Blick auf ihr Haar und sie fluchte bei der Mittelmäßigkeit auf ihrem Kopf. Sind meine Nerven heute früh durch Wiebke nicht schon genug auf die Probe gestellt worden? Zerzauste Haare machten diesen Umstand nicht wirklich besser.

Elisa dachte genervt an ihre kleine Dreizimmerwohnung mit nur einem Bad, Wohnzimmer und kleinem Balkon, welches sie zusammen mit ihrer Freundin Wiebke seit geraumer Zeit bewohnte. Der Krieg ums Badezimmer würde nie enden, fürchtete die Studentin und wandte sich vom Schaufenster ab, nur um geradewegs in einen Typen zu rennen, den sie nicht einmal aus dem Augenwinkel wahrgenommen hatte. Fast riss sie ihm seine gelbe Jacke vom Arm, als sie sich notgedrungen an dieser festhielt, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Seinem überraschten „Ups“ entgegnete sie ein peinliches Lachen und ein „Sorry“, lief aber ohne einen Blick zurückzuwerfen weiter. Nach etwa drei weiteren Sekunden bemerkte sie ihren kurzen, unerwarteten Adrenalinschub und versuchte sich schnell wieder zu beruhigen, um nicht ins Schwitzen zu geraten. Dennoch konnte sie es sich nicht verkneifen, sich nach einigen weiteren Metern noch einmal umzudrehen. Der Mann war jedoch inzwischen fast außer Sichtweite und so widmete sich Elisa wieder ihrem eigentlichen Problem, den Männern.

Was diese anbelangte, war die Stadt absolut verloren, jedenfalls was ihren Typ betraf. Anders als bei ihrer Freundin, denn so sehr sie Wiebke auch mochte und so gut die beiden auch miteinander auskamen, so unterschiedlich war ihr Beuteschema bei Männern und Elisa war jedes Mal aufs Neue verstört, sobald Wiebke mal wieder am Abend mit einem Wikinger aufkreuzte. So nannte Elisa inzwischen die Art von Männern, die Wiebke mit nach Hause brachte. Voll mit Tattoos oder Piercings, manchmal auch beides. Nicht zu vergessen war der Vollbart. Immer wieder fragte sie sich, wo ihre Mitbewohnerin so viele dieser Typen aufspürte, denn fast jedes Wochenende stand einer von denen in der Wohnung und bediente sich an Elisas Vorräten.

Sie selbst war das absolute Gegenteil ihrer Mitbewohnerin, denn bis jetzt hatte sie noch keinen einzigen Mann mit nach Hause gebracht. Entweder war es einfach nicht ihr Ding oder es war noch nicht der Richtige dabei. Elisa wusste es selbst nicht so richtig, vermutete aber, dass es ein bisschen von beidem war. Sind meine Ansprüche denn so hoch? In Gedanken kramte sie aus ihrer Handtasche einen kleinen Handspiegel, mit dem sie sich heute bereits in ihrem Zimmer hatte fertigmachen müssen, da Wiebke und ihr Wikinger gemeinsam duschen waren.

Während sie versuchte das Gewirr auf ihrem Kopf zu richten, sah sie aus dem Augenwinkel, wie die vorbeigehenden Menschen sie eher mit Skepsis betrachteten. Prompt fühlte sie sich unwohl und steckte, obwohl sie noch nicht fertig war, den Spiegel zurück in ihre Handtasche und lief mit schnellen Schritten weiter. Es ärgerte sie, dass sie sich erneut davon beeinflussen ließ, was die anderen von ihr dachten. Wieso kann mir das nicht ein einziges Mal egal sein?

Ihre Aufregung stieg, gleich würde sie Marlon auf einem Parkplatz nahe der Innenstadt treffen, da er mit dem Auto aus Osnabrück kam. Elisa war etwas zu früh vor Ort, hielt aber bereits Ausschau nach seinem grauen VW Golf, von dem er ihr im Voraus ein Foto geschickt hatte. Um diese Uhrzeit standen noch nicht viele Pkws hier, die meisten Leute kamen erst gegen Nachmittag in die Stadt und so hatte sie sich über die Reihen der parkenden Autos schnell einen Überblick verschafft. Noch war keine Spur von ihm zu sehen.

Sie griff in die Manteltasche und holte ihr Smartphone heraus, um nachzusehen, ob noch eine Nachricht von ihrem heutigen Date eingegangen war, wurde aber enttäuscht. Stattdessen fünf neue Matches und zwei Nachrichten anderer Männer. Wiebke war es gewesen, die sie vor etwa einem Monat bei dieser Dating-App angemeldet hatte. Seitdem hatte Elisa weit mehr als zweihundert Matches und über hundert Nachrichten gesammelt. Die meisten davon wanderten direkt in den Papierkorb. Sie konnte einfach mit so vielen Männern auf dieser Plattform nichts anfangen und war ohnehin kurz davor, die App zu löschen.

Was solls, ich muss sowieso noch warten und habe nichts Besseres zu tun, versuchte sie ihre doch noch geringe Neugier zu rechtfertigen.

Elisa atmete einmal tief ein und aus, öffnete die App und las schnell die zwei Nachrichten, die ihr gesendet wurden:

Mika: „Hey Süße, siehst übel gut aus!“

Elisa tippte ohne zu zögern auf Löschen.

Timo: „Bist du eine Waschmaschine? Ich weiß nämlich nicht, wie ich dich anmachen soll.“

Elisa hob genervt den Kopf, konnte sich ein Grinsen aber nicht verkneifen.

Bei so einer Nachricht musste doch ein Doktor oder Professor aus der Harvard- oder Oxford-University dahinterstecken. In jedem Fall ein Akademiker mit superhohem Bildungsgrad, erklärte sie sich diese Anmache selbst, grinste erneut in sich hinein, löschte dann aber auch die zweite Nachricht und verstaute ihr Smartphone wieder in der Tasche.

Weiterhin nach Marlon Ausschau haltend, blickte sie sich um. Ein älteres Pärchen lief vor ihren Augen Hand in Hand quer über den Parkplatz und stieg in einen älteren Mercedes. Elisa fragte sich, wie die beiden sich wohl kennengelernt hatten und sehnte sich gleichzeitig die Zeiten ohne Smartphone herbei, in denen ein persönliches Treffen immer der erste Kontakt war. Zwar trat man durch Dating-Portale automatisch mit mehreren Männern schneller in Kontakt als früher, das musste sie zugeben, jemanden richtig kennenzulernen war dadurch aber keinesfalls einfacher geworden und ihre Hoffnungen, den einen über diese App zu treffen, den sie wirklich mögen und in den sie sich verlieben würde, waren nach sehr vielen Nachrichten, die der von Timo ähnlich waren, fast gegen null gesunken. Allerdings werde ich immer wieder durch solche Akademiker unterhalten!

Auch Marlon hatte sie erst gestern über die App angeschrieben, nachdem die beiden sich gegenseitig matchten. Seine Nachricht war weniger kitschig, dafür aber etwas direkt gewesen, da er sich umgehend mit ihr treffen wollte:

„Hey Elisa, würde mich freuen, dich kennenzulernen. Ich bin Marlon und komme aus Osnabrück. Könnte morgen früh vorbeikommen und wir lernen uns einfach persönlich kennen, bevor wir irgendwelche Umwege einschlagen. Ich würde mich freuen. Liebe Grüße.“

So weit, so gut, doch Elisa blieb skeptisch, da sie aus der Vergangenheit gelernt hatte, keinesfalls irgendwelche Erwartungen oder Hoffnungen zu hegen. Sie konnte froh sein, wenn er überhaupt zum Treffen erschien und sie nicht erneut versetzt wurde, wie erst in der letzten Woche. Nur dem Ermunterungsbeistand von Wiebke war es zu verdanken, dass sie danach weitergemacht hatte.

„Du kannst niemals mit so einem Misserfolg aufhören.“, hatte sie Elisa befohlen. „Du bist jetzt zwanzig, die Männer werden sich um dich reißen!“

Elisa lenkte sich ab und ging gedanklich den simplen Plan für heute in ihrem Kopf durch. Zuerst ein Spaziergang durch die Stadt, anschließend weiter zum Brunch in ein gemütliches Café. Viel mehr erwartete die Studentin von einem ersten Treffen nicht wirklich. Es war ein vorsichtiges Abtasten und Vorfühlen, um zu erfahren, wie weit die Wellenlängen, auf denen man sich befand, voneinander entfernt waren. Insgeheim hoffte sie jedoch inständig, endlich auf jemanden zu treffen, bei dem sie nicht viel überlegen musste, was sie sagte und einfach sie selbst sein konnte.

Jemanden, der auf der gleichen Welle des Lebens surft wie ich… Okay, lass jetzt diese kitschigen Gedanken!

Sie zuckte zusammen, als etwas von hinten ihre Schulter berührte. Blitzschnell drehte sie sich um, jeden Muskel angespannt und bereit für Flucht oder Kampf.

„Hi Elisa“, sagte der Mann vor ihr freundlich. Sie erkannte Marlon sofort und fing an zu lachen, wenn auch nur das zweite Mal in kurzer Zeit vor Schreck und Unbehagen. Er lachte ebenfalls, bis sie verunsichert aber schmunzelnd erwiderte: „Hallo, oh man, du hast mich gerade zu Tode erschreckt!“

Elisas Freundlichkeit war jedoch nur Fassade, sie fand diese Begrüßung mehr als komisch und wusste es nicht wirklich einzuordnen, dass Marlon sich einfach an sie herangeschlichen hatte. Ihr Puls war nun doch gestiegen und ihre Hände feucht. Das Date von heute stand auf einmal vor ihr.

Der erste Eindruck seines Äußeren war gut. Größer als sie gedacht hätte, schwarze Haare, schlank und gepflegt. Er hatte eine Außenwirkung, die stark und entspannend wirke, so wie auf seinem Foto, welches Elisa erneut im Gedächtnis auftauchte. Dazu ein lässiger Kleidungsstil mit einer Spur von Eleganz, dank des weißen Hemdes, welches locker in seiner Hose steckte. Und doch, trotz seines einwandfreien optischen Eindrucks, zog sich plötzlich etwas in Elisa zusammen, was ihre zuerst positive Einschätzung komplett kippen ließ. Sie hatte etwas gesehen.

Die Studentin aus Bielefeld war eine von Tausenden, vielleicht Zigtausenden Personen, die auf Anhieb mehr in den Augen und der Mimik eines Menschen auszulegen vermochte. Es war keine Übertreibung zu behaupten, sie sei eine Meisterin im Deuten von Gesichtszügen. Mit der Fähigkeit, den Leuten in ihr Innerstes zu schauen, hatte sie über Jahre hinweg Erfahrungen gesammelt und war zu einer Spezialistin auf diesem Gebiet geworden. Im Laufe der Zeit, in der Schule, der Uni oder auch in der Familie war sie den verschiedensten Menschen begegnet und hatte somit so gut wie alles gesehen, weshalb sie umso erschrockener über das war, was sie in Marlons Augen in diesem Moment sah. Etwas, was ihr noch nie zuvor begegnet war und was ihre Gedanken rasen ließ. Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, was es war. Eiskalte Berechnung.

Wie ein Killer, der seine Beute fixierte, musterte er sie mit angriffslustigem Blick, als würde er einschätzen, wie schnell und wendig sie war und was es seinerseits brauchte, um sie zu schnappen. Elisa war verstört. Insgesamt passte sein Blick in keiner Weise zum Rest seines Gesamtbildes und auf einmal kam ihr seine Lässigkeit und das weiße Hemd wie eine Fassade vor, gerade so, als wolle er mit Absicht das, was dahintersteckt, nicht hervortreten lassen. Sie versuchte sich abzulenken, schaute an ihm vorbei und ließ den Blick über den Parkplatz wandern.

Auf einmal meldete sich ihr Instinkt, als das Wort Psycho in ihrem Kopf auftauchte. Passend dazu machte Marlon in diesem Moment einen Schritt nach vorne und umarmte sie. Überrumpelt stand sie da, in der Hoffnung, er würde ihre Panik nicht mitbekommen. Eher widerwillig ließ sie die Berührung zu, während sie versuchte, ihre Gedanken zu sortieren. Mein Gefühl hat mich noch nie getäuscht, das kann doch nicht sein!

„Freut mich, dich persönlich kennenzulernen. Ich hoffe, du hast nicht zu lange auf mich gewartet?“, fragte Marlon und löste die Umarmung.

„Ach quatsch, alles gut“, antwortete Elisa, während sie fieberhaft versuchte, die Person vor ihr einzuordnen. Sein Parfüm roch gut, vom Aussehen her war er ihr Typ, hatte eine entspannte Körperhaltung und doch hatte sie nur aufgrund seines Blickes und der Art, wie er sie anschaute, das Gefühl, dass der erste Eindruck von ihm mit ziemlicher Sicherheit täuschte. Auch Marlon schien zu bemerken, dass etwas nicht stimmte und durchbohrte sie nun ebenfalls. Wäre sein sonstiges Auftreten nicht so freundlich gewesen, hätte Elisa behauptet, er sähe gefährlich aus.

Zusätzlich trat nun eine kurze, eher peinliche Gesprächspause ein. Vielleicht hat er gemerkt, wie skeptisch ich ihn angeschaut habe? Elisa fing an mit ihren Haaren zu spielen und schaute zu Boden, da der Augenkontakt zu unangenehm wurde. Ihre Notfallthemen waren alle aus dem Kopf verschwunden, doch anstatt über das Wetter zu reden, fragte sie Marlon, ob er gut hergekommen sei und lachte verlegen.

Seine Antwort fiel mehr als knapp aus: „Gut, danke.“ Dabei wandte er den Blick aber nicht von ihr ab und musterte sie weiter. Wieder entstand eine kurze Stille, doch dieses Mal wartete auch Elisa ab. Schließlich drehte Marlon sich von ihr weg, steckte beide Hände in die Taschen und fragte: „Also, wo geht es hin?“

Elisa verspürte keinerlei Lust mehr, mit ihrem Date irgendwo hinzugehen, wusste aber, dass ihr das Selbstbewusstsein fehlte, das Treffen direkt abzubrechen. So viel zum Thema auf der gleichen Welle des Lebens surfen.

Prompt bereute sie es, die Dating-App nicht doch gelöscht zu haben. Schließlich wäre sie dann nicht hier mit diesem komischen Typen in dieser misslichen Lage. Dennoch setzten sich ihr Füße wie von selbst in Bewegung und sie ließ sich, wenn auch eher widerwillig, auf den Spaziergang ein.

Auf dem Weg durch die Stadt in Richtung des Cafés schlenderten die beiden über den Jahnplatz mitten in Bielefeld, der am heutigen Tag voll belaufen war. Der Geräuschpegel war hoch, Busse fuhren vorbei und Menschen unterhielten sich mit voller Kraft aus ihren Kehlen. Elisa überraschte dieser Umstand nicht, es war schließlich Wochenende. Mit verzerrter Miene legte sie ihren Kopf nach hinten. Ihre Schultermuskulatur hatte an Spannung zugelegt und es zog ihr den Nacken hoch.

Dadurch, dass sie die meiste Zeit nebeneinanderliefen, trafen sich ihre Blicke kaum und in einem normalen Gespräch über alltägliche Dinge kam Marlon wirklich ganz sympathisch rüber. Es entwickelte sich sogar ein normales, leicht harmonisches Gespräch, welches Elisa ihren ersten Eindruck zunächst vergessen ließ. Hauptsache ich muss ihm nicht wieder in die Augen blicken.

Nach anfänglichen, holprigen Sätzen wurde die Dynamik zwischen den beiden immer flüssiger und je mehr Elisa über Marlon erfuhr, desto mehr vergaß sie das anfängliche Bild von ihm auf dem Parkplatz. Vielleicht war ich doch nur aufgeregt?

So erfuhr sie zum Beispiel, dass er kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung stand, danach ebenfalls studieren wollte und dass er nebenher am Abend in einem Bowlingcenter arbeitete. Doch weiter als die Oberfläche gelangte sie noch nicht und so gab auch sie nur äußere Dinge preis. Sie erzählte vom Biologiestudium, ihrer Wohngemeinschaft mit Wiebke und ihrer Leidenschaft zum Tennis. Marlon hörte aufmerksam zu, unterbrach sie nur wenig, stellte aber an den richtigen Stellen die richtigen Fragen, ohne erneut zu weit vorzupreschen.

Elisa fand sogar Gefallen daran, sich mit ihm über alles Mögliche zu unterhalten und entwickelte das erste Mal am heutigen Tag etwas Sympathie für ihr Date.

Erst als sie an einer großen Uhr in der Mitte des Platzes vorbeiliefen und kurz stoppten, trafen sich ihre Blicke erneut und das anfängliche Bild kehrte sofort in ihren Kopf zurück. Es reichte nur eine Sekunde aus, um wieder die Berechnung in seinen Augen zu erkennen. Außerdem lag inzwischen ein gewisses Funkeln in seiner Iris und ohne dass Elisa es wollte, fürchtete sie, dass er sich jeden Moment auf sie stürzen würde. Ihre aufgebaute Lockerheit der letzten Minuten verflog schlagartig und wieder wurde ihr die Situation unangenehm. Aber auch Marlon war aufmerksamer geworden und bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. Als wenn er das Problem erahnen würde, drehte er seinen Kopf weg, schaute hinüber zur gegenüberliegenden Straßenseite und ließ weiterhin als Ausflucht aus der Situation die Worte aus seinem Mund fließen.

Auch Elisa richtete ihren Blick wieder nach vorne, wenn auch etwas verunsichert. Ihre Augen suchten nach einem ruhigen Punkt, der ihr Sicherheit bieten könnte. Letztendlich sah sie ein grünes Plakat, an dem ihre Augen Halt machten und während sie ihm weiter zuhörte, schaute sie gedankenverloren auf den Aushang. Es zog sie an, weil sie erkannte, dass es sich um das anstehende Tennisturnier in Halle handelte, welches Teil der ATP-Serie war. Eine gute Ablenkung.

Elisa wunderte sich, denn es war überhaupt die erste Tennis-Werbung, die sie seit Jahren zu Gesicht bekam und interessiert schaute sie genauer hin. Im Vordergrund waren fünf Spieler und zwei Spielerinnen abgebildet, die die leistungsstarke Besetzung des Turniers zu sein vermochten, praktisch die Aushängeschilder. Für den Moment schien sie Marlon völlig vergessen zu haben und musterte die Starbesetzung des kommenden Wettbewerbs. Sie erkannte nur zwei von den abgebildeten Profis. Kein Wunder, ich habe mich seit meiner Kindheit nicht mehr mit Profitennis befasst.

Elisa spielte zwar gerne mit Freundinnen aus der Uni oder gab in ihrer Freizeit dem Nachwuchs in ihrem Verein Tennistraining, um sich etwas dazu zu verdienen, hatte sich aber vor langer Zeit schon von dem Leistungssport verabschiedet. Das letzte Mal, dass ich bei einem großen Turnier war, muss vor vielen Jahren in Hamburg gewesen sein, zusammen mit meinen Eltern als Zuschauer.

„Tennis scheint ja wirklich deine Welt zu sein. Irgendwann müssen wir auch mal spielen gehen.“ Marlon hatte bemerkt, worauf sich ihr Blick konzentrierte und schaute ebenfalls in Richtung des Plakats.

„Ich spiele zwar nicht wirklich super, bin allerdings von dem, was dahinter steckt sehr begeistert“, erwiderte Elisa nur halb anwesend, traute sich dann aber einen Blick zurück in seine fragende Miene zu werfen. Was sie sah, war echtes Interesse. „Was steckt denn dahinter?“