Spielend lernen -  - E-Book

Spielend lernen E-Book

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wie entwickeln Kinder Selbstbewusstsein, Motivation und Charakter? Warum verbessern Naturerfahrungen die Konzentration? Wie trainiert Spielen das Gehirn? „Spielend lernen" vermittelt Eltern und Lehrer psychologisches Wissen rund um das Grundschulalter – anschaulich, lebendig, fundiert. Aus dem Inhalt: Einschulung – Wann ist mein Kind schulreif? Fantasiefiguren – Wie sie beim Merken und Erinnern helfen. Autismus bei Mädchen – Häufiger als gedacht. Hausaufgaben: So bleiben Kinder motiviert. Inklusion – Die Vor- und Nachteile gemeinsamen Unterrichts. Sexualaufklärung – Ab welchem Alter ist sie sinnvoll?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 192

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



EDITORIAL

Was macht fit fürs Leben?

Katja Gaschler

Redakteurin

[email protected]

Eltern erziehen ihre Kinder nach bestem Wissen und Gewissen – und das nicht erst seit heute. Deshalb bekam Elke in den 50er Jahren eine saftige Ohrfeige, nachdem sie ihrer Puppe die Haare abgeschnitten hatte. Damit sie lernt, den Wert von Eigentum zu respektieren. Deshalb brachte sie 20 Jahre später ihre kleine Gabi in den Kinderladen (merke: Eigentum macht nicht glücklich!). Und deshalb darf Jan nachher nicht mehr raus zum Spielen. Ebenjene Gabi will mit ihm nämlich noch Mathe üben, denn ohne Fleiß keine Eigentumswohnung.

Ich hadere noch, welche Einstellung ich meinem Sohn nahebringen muss, damit er später im Leben zurechtkommt. Sollte er besser früh das Prinzip unserer Wettbewerbsgesellschaft begreifen? Oder kann er sein Potenzial nur mit dem Gefühl entfalten: »Ich bin gut so, wie ich bin«? Vielleicht sehen Sie darin keinen Widerspruch. In der Realität aber merken es die meisten Kindern spätestens in der 3. Klasse, wenn sie notenmäßig unter dem Durchschnitt liegen und damit wohl nicht zu den intellektuellen Leuchten gehören. Und dass die Eltern das in der Regel nicht wirklich gut finden. Hagelt es die ersten Vieren, schwindet schnell das Selbstvertrauen. So muss Gabi sich ganz schön was einfallen lassen, um Jan bei den Hausaufgaben zu motivieren (ab S. 24).

Es geht aber auch anders. Mika klingelt bei Jan: ob der nicht doch mit rausdarf? Mika schreibt auf der Gemeinschaftsschule keine Klassenarbeiten, er hat keine Hausaufgaben, und Noten gibt’s auch nicht. Letztere sind als Bewertungsinstrument ungeeignet und schaden dem Lernwillen, erklären die Gegner von Zensuren (ab S. 18). Das finden Jans Eltern realitätsfremd. Was soll aus Mika werden, wenn er jetzt nicht kapiert, worauf es ankommt?

Wenn man wüsste, worauf es ankommt, in 15 oder 20 Jahren! Den steigenden Bedarf an IT-Spezialisten hatten Forscher bereits Mitte der 1980er vorhergesagt, nur hatten sie ihn noch weit unterschätzt. Deshalb kann man heute auf dem dritten Bildungsweg auch ohne Abitur etwa Informatik studieren. In Unternehmen erklingt indes immer lauter der Ruf nach kreativen »Musterbrechern«, die mit Leidenschaft Neues schaffen. Ob das Turbo-Abi diese Kompetenzen stärkt?

Vielleicht tun Eltern besser daran, den Wunsch ihrer Sprösslinge nach Selbstbestimmung öfter zu akzeptieren oder gar zu unterstützen (»Den Freigeist wecken«). Da erinnert sich Gabi, dass das Matschen damals, als Kind, so schön war, und dann noch nackig. Außerdem: Spielen in der Natur trainiert die Konzentrationsfähigkeit (ab S. 38)! »Also gut, Jan, raus mit dir, wo das Wetter gerade so schön ist …«

Ihre

IN DIESER AUSGABE

Schule meistern

Mit fünf in die Schule?

Viele Eltern von Fünfjährigen fragen sich, ob ihr Kind schon für die Schule bereit ist. Bringt eine frühe Einschulung langfristig eher Vor- oder Nachteile? Erste Langzeitstudien geben Hinweise.

Von Nele Langosch

Interview

»Ein Schulkind sollte seine Bedürfnisse gut äußern können«

Wann ist ein Kind schulreif? Bei der Entscheidung sollte nicht nur der intellektuelle Entwicklungsstand betrachtet werden. Der PsychologeWolfgang Schneidererklärt, welche sozialen und emotionalen Kompetenzen ebenfalls zählen.

Lernen! Aber wie?

Wie lernen sich Schüler am besten schreiben, wann sollten sie mit der ersten Fremdsprache beginnen, und gehören Schulnoten abgeschafft ? Drei Streitfragen im Licht aktueller Forschung.

Von Jana Hauschild

Lust auf Hausaufgaben?

Nur wenige Kinder machen bereitwillig und selbstständig ihre Schularbeiten. Wie sich der Nachwuchs motivieren lässt.

Von Katja Gaschler

Interview

»Inklusion ist ein Menschenrecht«

Auch behinderte Kinder sollen in Regelschulen unterrichtet werden – so lautet das Prinzip der Inklusion. Wie wirkt sich das auf die Klasse aus? Ein Gespräch mit dem Bildungswissenschaftler

Markus Gebhardt.

Auf der Bühne ist jeder wichtig

Kinder mit schweren Behinderungen besuchen oft nach wie vor Förderschulen, weil diese medizinisch und therapeutisch besser ausgestattet sind. Gemeinsame Theaterprojekte mit nichtbehinderten Schülern aus Regelschulen sind ein erster Schritt hin zur Inklusion.

Von Elena Bernard

Entwicklung fördern

Abenteuerspielplatz Natur

Ein höheres Selbstwertgefühl, mehr Konzentration, besseres Sozialverhalten: Viel Zeit im Grünen macht Kinder auch stark für die Schule.

Von Armin Lude

Das Lernen beflügeln

Beim Spielen versinken Kinder gerne in Fantasiewelten. Erst vor Kurzem entdeckten Psychologen, auf welche Weise Fabelwesen dem Geist Flügel verleihen.

Von Deena Weisberg

Interview

»Selbstkontrolle kann man lernen«

Der PsychologeWalter Mischelerfand das berühmte Marshmallow-Experiment zum Belohnungsaufschub. Im Interview erklärt er, warum Selbstdisziplin so wichtig ist.

Den Freigeist wecken

Braves Kind oder kleiner Rebell? Der Charakter hängt zum einen von unserer Position in der Geschwisterfolge ab. Zum anderen ist er eine Frage der Erziehung.

Von Adam Grant

Wie wird mein Kind nachts trocken?

Bettnässen im Schul- oder Vorschulalter ist gar nicht so selten. Meist liegt die Ursache in einer verzögerten Entwicklung – oder an einem falschen Trinkverhalten.

Von Nele Langosch

Besondere Kinder

Die getarnte Autistin

Auch Mädchen können von Autismus betroffen sein. Aber oft werden die Symptome der Störung übersehen oder falsch interpretiert.

Von Maia Szalavitz

Gute Frage

Sind hoch begabte Kinder besonders ängstlich?

Der KognitionsforscherNicolas Gauvritüber den möglichen Zusammenhang zwischen Ängstlichkeit und intellektueller Frühreife.

Hab keine Angst!

Kinder können ihre Furcht überwinden, indem sie sich ihr stellen. Ein Kinderpsychologe schildert, wie eine Verhaltenstherapie die krank machenden Denk- und Handlungsmuster verändert.

Von Jerry Bubrick

Psychopharmaka für Kinder?

Wenn Kinder unter seelischen Störungen leiden, verschreiben Ärzte mitunter Medikamente. Allerdings sind diese nicht immer die beste Wahl.

Von Nele Langosch

Editorial

Geistesblitze

u. a. mit diesen Themen: Ehrliche Kinder / Schlafmangel / Ausgebrannte Lehrer / Eltern als Dickmacher / Nesthäkchen mit Unternehmergeist

Bücher

u. a. mit Ben Furman, Mathias Weber: Antons Albtraum / Anne Südbeck: Papa Panda ist krank / Gabriele Kloes, Jutta von der Lühe: Es wird gut, kleine Maus / Kirsten Boie, Jesper Juul, Katharina Saalfrank: Was tun, wenn der Hamster den Löffel abgibt?

Newsletter

Lassen Sie sich jeden Monat über Themen und Autoren in der aktuellen Ausgabe von »Gehirn&Geist« informieren! Wir halten Sie gern per E-Mail auf dem Laufenden – natürlich kostenlos. Registrierung unter:

www.spektrum.de/gug-newsletter

TITELBILD: PHOTOCASE / FROODMAT; BEARBEITUNG: GEHIRN&GEIST

GEISTESBLITZE

Werte

Jetzt mal ehrlich!

Dass Kinder es mit der Wahrheit mal nicht so genau nehmen und beim Spielen mogeln, kommt in den besten Familien vor. Als Elternteil hat man dabei eine besondere Vorbildwirkung. Denn werden Kinder von Erwachsenen angelogen, vergeht ihnen auch selbst die Lust darauf, ehrlich zu sein. In einer aktuellen Studie zeigte sich nun aber, dass der Erziehungsstil noch in anderer Weise Einfluss auf die Moral der Kleinen haben könnte: Geben Eltern sich beim Eingeständnis eines Fehlers eher erleichtert, anstatt wütend zu werden, lügen ihre Sprösslinge künftig möglicherweise seltener.

Craig Smith von der University of Michigan und Michael Rizzo von der University of Maryland befragten in ihrer Studie 24 Vier- bis Fünfjährige sowie 24 Sieben- bis Neunjährige und deren Eltern. Dabei lasen sie jedem Kind zwei verschiedene Geschichten vor. Zu Beginn stahl die kindliche Hauptperson entweder Süßigkeiten von einem anderen Kind oder schubste einen Gleichaltrigen von der Schaukel. Im Mittelteil der Erzählung versuchten die Protagonisten dann zunächst, ihre Schandtat zu verschweigen. Für den Abschluss gab es schließlich zwei Varianten; eine Geschichte endete damit, dass die Hauptperson weiterhin log, die andere mit einem Geständnis derMutter gegenüber. Nach jedem Teil der Erzählung wurden die kleinen Versuchsteilnehmer gefragt, wie es dem Kind in der Geschichte wohl erginge, wie intensiv das Gefühl sei und warum es sich so fühle.

Alle jungen Teilnehmer bekamen beide, die Süßigkeiten- und die Schaukelgeschichte, vorgelesen, den Schluss aber variierten die Forscher mit Lüge oder Wahrheit. Endete die Geschichte mit einem Geständnis, fragten die Forscher die Kinder zudem, was die Mutter empfinden könnte – war sie eher wütend, weil ihr Sprössling gestohlen oder geschubst hatte, oder froh darüber, dass ihr Kind seinen Fehltritt gestand?

Bei den Antworten der Kleinen kristallisierten sich zunächst vor allem Altersunterschiede heraus: Nach den ersten beiden Teilen der Geschichte gingen jüngere Kinder eher davon aus, der Protagonist müsse sich nach dem Stehlen und Schubsen besser fühlen; sie konzentrierten sich auf die Vorteile, die er durch sein rücksichtsloses Verhalten hatte. Ältere Kinder nahmen dagegen häufiger an, das Kind würde nach seinen Taten von Schuldgefühlen geplagt. Besonders aufschlussreich waren die Ergebnisse, wenn das Ende der Geschichte betrachtet wurde. Hier gingen die jüngeren Kinder davon aus, dass sich die lügende Hauptpersonen besser fühlen müsste als jene, die der Mutter die Wahrheit sagte, während die älteren Kinder den ehrlichen Protagonisten als glücklicher einschätzten.

Zu guter Letzt wurden noch die Angaben der Eltern über die Aufrichtigkeit ihrer Sprösslinge herangezogen. Kinder, die von Mutter oder Vater als besonders ehrlich eingeschätzt wurden, hoben sich in der Untersuchung in einem Punkt ab: Wenn sie sich in die Mutter des Übeltäters in der Geschichte einfühlen sollten, gingen sie davon aus, dass diese froh über das Geständnis sein würde! Jene dagegen, die eine ärgerliche Mutter erwarteten, schienen auch im Alltag eher Angst vor dem Eingestehen ihrer Fehltritte zu haben. Fazit der Forscher: Eltern können ihren Nachwuchs zu Ehrlichkeit erziehen, wenn sie auf kindliche Geständnisse nicht mit allzu viel Groll reagieren. (mtf)

J. Exp. Child. Psych. 156, S. 113–128, 2017

Entwicklung

Früher Schlafmangel

Schlaf ist schon ab der Geburt in vielen Familien ein Thema: Wie bringe ich mein Kind am besten zum Einschlafen? Warum schläft es (noch) nicht durch? Und wie komme ich als Elternteil zu meiner verdienten Nachtruhe? Dass ausreichend Schlaf bereits ab dem frühen Kindesalter für die Entwicklung wichtig sein könnte, lässt nun eine Studie von Elsie Taveras vom Massachusetts General Hospital for Children und ihren Kollegen vermuten. Die Wissenschaftler untersuchten 1046 Kinder und entdeckten dabei: Zu kurze Schlafenszeiten im Alter von drei bis sieben Jahren gingen bei den Kleinen später offenbar mit Problemen in Denkvermögen und Sozialverhalten einher.

Das Team um Taveras rekrutierte für seinen Versuch amerikanische Mütter, die nach der Geburt ihres Kindes in regelmäßigen Abständen angeben sollten, wie lange es schläft. Die National Sleep Foundation empfiehlt für Kinder im Alter von sechs Monaten bis zwei Jahren mindestens zwölf Stunden Nachtruhe. Mit drei bis vier Jahren sollen die Kleinen am besten mindestens elf Stunden schlafen und mit fünf bis sieben Jahren immerhin noch mindestens zehn Stunden.

Als die Kinder aus der Versuchsgruppe schließlich sieben Jahre alt waren, baten Taveras und ihre Kollegen sowohl die Mütter als auch die Lehrer, die geistigen und sozialen Fähigkeiten der Kleinen einzuschätzen. Dabei fragten die Wissenschaftler unter anderem danach, wie gut die Schüler bereits planen und sich organisieren konnten, wie gut sie ihre Gefühle im Griff hatten und ob sie sich auch mal zurückhalten konnten. Zudem interessierten sie sich für das Sozialverhalten der Kinder: Nahmen sie Rücksicht auf andere, oder zeigten sie Schwierigkeiten im Umgang mit Altersgenossen, waren sie hyperaktiv und unaufmerksam? Litten sie gar unter Ängsten oder Depressionen?

Tatsächlich fanden die Forscher einen Zusammenhang zwischen Schlafdauer und den kognitiven sowie sozialen Fähigkeiten: Hatten die Kinder im Alter von drei bis vier Jahren beziehungsweise von fünf bis sieben Jahren weniger geschlafen als von der National Sleep Foundation empfohlen, stuften sowohl Mütter als auch Lehrkräfte Fähigkeiten und Sozialverhalten der Siebenjährigen als schlechter ein. Ob der Schlafmangel ursächlich dafür verantwortlich ist, lässt sich nach der Studie freilich nicht entscheiden.

Was die Schlafdauer bis zum Alter von zwei Jahren betrifft, fanden die Forscher keine derart eindeutige Verbindung. Allerdings schienen sich schlechte Schlafmuster zumeist über Jahre hinweg zu halten. Deswegen wäre es wichtig, schon im frühen Kindesalter auf eine gute Schlafqualität und -quantität zu achten, so die Wissenschaftler.

In früheren Studien hatte das Team bereits einen Zusammenhang zwischen Schlafmangel in der Kindheit und Adipositas entdeckt. Möglicherweise, spekulieren Taveras und ihre Kollegen, hängen auch diese beiden Ergebnisse miteinander zusammen. So sei es etwa denkbar, dass Kinder, die zu wenig Schlaf bekommen, durch ihre schlechtere Selbstkontrolle und ihre gesteigerte Impulsivität gleichzeitig auch größere Schwierigkeiten haben, ihren Appetit zu zügeln. (mtf)

Acad. Pediatr. 10.1016/j.acap.2017.02.001

Übergewicht

Eltern als Dickmacher

Viele Experten glauben, man müsse Eltern frühzeitig für etwaige Gewichtsprobleme ihres Nachwuchses sensibilisieren. Doch das könnte vielleicht negative Konsequenzen haben, wie nun eine Studie nahelegt. Denn halten Eltern ihre Kinder für übergewichtig, nehmen diese im Lauf ihres Lebens tatsächlich mehr zu, berichten Eric Robinson von der University of Liverpool und Angelina Sutin vom Florida State University College of Medicine. Die Psychologen werteten die Daten von mehr als 2800 australischen Familien aus. Im Zuge der Untersuchung erfassten sie Gewicht und Größe der jüngsten Familienmitglieder, als diese zwischen vier und fünf Jahre alt waren. Außerdem befragten sie die Eltern, ob jene ihre Kinder als untergewichtig, normalgewichtig, übergewichtig oder sehr übergewichtig einschätzten.

Zehn Jahre später maßen und wogen die Wissenschaftler die Kinder noch einmal. Dabei entdeckten sie, dass Sprösslinge, die ihren Eltern bereits im frühen Kindesalter übergewichtig erschienen, als Teenager mehr Kilos auf die Waage brachten als diejenigen, deren Eltern das Gewicht ihres Nachwuchses für normal gehalten hatten. Das galt für Jungen wie Mädchen gleichermaßen und zeigte sich unabhängig von anderen Einflussgrößen wie Vorerkrankungen oder dem Einkommen und Gewicht der Eltern. Selbst das Startgewicht der Kinder zu Beginn der Studie spielte überhaupt keine Rolle. Auch Sprösslinge, die von ihren Eltern fälschlicherweise als zu dick eingeschätzt wurden, nahmen mehr zu.

Robinson und Sutin analysierten anschließend die Daten von 5800 irischen Familien und fanden denselben Zusammenhang. Sie vermuten, dass die Wahrnehmung der Eltern sich auf das Körpergefühl und das Verhalten ihres Nachwuchses auswirkt: Wie Befragungen unter den Teenagern belegen, empfanden die Jugendlichen ihren Körper selbst als problematischer, wenn die Eltern sie früher für zu dick befunden hatten, und sie gaben häufiger an, bereits diverse Diätversuche gestartet zu haben.

Ob Eltern damit wirklich dazu beitragen, dass ihre Kinder mehr Pfunde auf den Hüften ansammeln, lässt sich aus den Daten nicht ableiten. Es könnte aber sein, dass sie durch die damit verbundene Stigmatisierung der Gesundheit ihrer Kinder ungewollt eher schaden, meinen die Forscher. (dz)

Psych. Sci. 28, S. 320–329, 2017

Rechnen

Matheverständnis färbt ab

Eltern, die gut in Mathematik sind, haben offenbar auch Kinder, die in jungen Jahren besser mit Mengen und Zahlen umgehen können. Das berichtet zumindest ein Team um Melissa Libertus von der University of Pittsburgh. Die Wissenschaftler testeten im Rahmen einer kleinen Studie die Mathefähigkeiten von 54 Kindern zwischen fünf und acht Jahren sowie die ihrer Eltern. Bezüglich des Bildungsgrads hatten die Forscher sich extra eine möglichst homogene Gruppe herausgepickt. Fast alle Mütter und Väter, die an der Studie teilnahmen, besaßen einen Hochschulabschluss, die übrigen hatten zumindest die Highschool bis zum Ende des 12. Schuljahres besucht.

Dabei zeigte sich: Je besser die Eltern abschnitten, desto mehr glänzten in aller Regel die Kinder. Das erstreckte sich nicht nur auf einfache Rechenaufgaben, sondern auch auf das intuitive Verständnis für Zahlen. So erkannten die jungen Probanden etwa eher auf den ersten Blick, dass 20 Gummibärchen mehr sind als 10 Gummibärchen, ohne diese vorher zu zählen, wenn ihre Eltern sich in vergleichbaren Aufgaben ebenfalls geschickt anstellten.

Damit, so die Forscher, habe man erstmals zeigen können, dass sogar eine solche »nonverbale Zahlenkompetenz« der Eltern offenbar auf deren Kinder übertragen werde. Diese zeige sich bereits früh in der Kindheit und sei demnach vermutlich nicht das Ergebnis von Vorschul- oder Schulbildung. Ist das Zahlenverständnis also nur eine Frage der Gene? Nicht unbedingt. In künftigen Studien will Libertus untersuchen, welchen Einfluss die Erbanlagen haben oder ob »mathebegabte« Eltern daheim vielleicht doch früh eine besondere Lernumgebung für ihre Sprösslinge schaffen. (dz)

Dev. Sci. 10.1111/desc.12436, 2016

Ängste

Tablet statt Tablette

Natürlich haben Kinder vor einer Operation Angst. Besonders schwer ist die Zeit zwischen den ersten Vorbereitungen und der Narkose selbst – zumal die Kleinen währenddessen von den Eltern getrennt sind. Deswegen bekommen sie in der Regel schon in der Vorbereitungsphase ein Beruhigungsmittel. Ein Team um den Anästhesisten Dominique Chassard vom Hôpital Femme-Mère-Enfant in Lyon vermutet aber, dass es auch ohne pharmakologische Hilfe geht. In seiner Studie beruhigten altersgerechte Computerspiele auf einem handelsüblichen Tablet die Kinder genauso gut wie das gängige Sedativ Midazolam. Die Untersuchung stützt damit ältere Befunde mit verschiedenen Arten von digitalen Spielen.

Von den insgesamt 115 Kindern zwischen vier und zehn Jahren bekamen 60 ein Tablet und durften darauf spielen. Der Rest der Gruppe erhielt Midazolam. Insgesamt dreimal befragte Chassards Gruppe die kleinen Patientinnen und Patienten sowie deren Eltern nach ihren Ängsten und dem Wohlbefinden. Außerdem bewertete das Anästhesieteam den Verlauf der Narkose.

In allen Fällen reduzierten die Tabletspiele und das Beruhigungsmittel sowohl bei Kindern als auch bei Eltern Ängste im Rahmen der Messgenauigkeit gleichermaßen. Es fragt sich allerdings, ob die Versuchsteilnehmer bei all den Befragungen überhaupt noch Zeit hatten, sich Sorgen zu machen. Ein anderer Effekt spricht aber für das elektronische Ablenkungsmanöver: So bekam der Verlauf der Narkose selbst signifikant bessere Noten, wenn die Kinder in der Tablet-Gruppe waren. (lf)

Anesth. Analg. 123, S. 308–309, 2016

Schule

Ausgebrannte Lehrer, gestresste Schüler

Bei einer Studie an 17 Grundschul- und Unterstufenklassen in Kanada haben Forscher einen eindeutigen Zusammenhang zwischen einem erhöhten Stresslevel der Schüler und Burnout-Erscheinungen der Klassenlehrer gefunden. Das Team um Eva Oberle von der University of British Columbia in Vancouver sieht hier ein fatales Wechselspiel am Werk: Vermutlich verstärken sich der Stress der Kinder und derjenige der Lehrkräfte gegenseitig.

Die Wissenschaftler untersuchten an 13 Schulen im Umkreis von Vancouver mehr als 400 Schulkinder zwischen 8 und 13 Jahren. An einem Schultag maßen sie mehrfach hintereinander den Cortisolgehalt im Speichel. Ein erhöhter Wert dieses Hormons gilt als Hinweis auf Stress, der sich unter anderem in Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten manifestieren kann. Gleichzeitig erfassten sie mit Hilfe standardisierter Fragebögen, ob und in welchem Ausmaß die Klassenlehrer unter Burnout-Erscheinungen litten. Gefragt wurde etwa danach, wie sehr sie Anteil nehmen am Schicksal der Kinder oder wie erschöpft sie nach einem Arbeitstag sind.

Zwischen beiden Messgrößen fanden die Wissenschaftler einen deutlichen Zusammenhang, unklar ist aber, wodurch er hervorgerufen wird. Vermutlich komme es häufig zu einer Art »Ansteckung« mit Stress, meinen Oberle und ihre Koautorin Kimberly Schonert-Reichl: Berufliche Probleme beim Lehrer führten beispielsweise schnell zu einem eher restriktiven Lehrstil, der für ein schlechtes Klassenklima sorge, das Stresslevel erhöhe und problematische Verhaltensweisen auslöse. Diese wiederum steigern die Belastung, der Lehrerin oder Lehrer ausgesetzt sind, wodurch sich der Kreislauf fortsetzt.

Nach Meinung der Forscherinnen sei es darum unter anderem wichtig, den Lehrkräften kollegiale Unterstützung zukommen zu lassen und ihnen berufliche Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten anzubieten. So ließen sich die Burnout-Erscheinungen abmildern – was wiederum positive Auswirkungen auf die Klasse und das gesundheitliche Wohlbefinden der Schüler habe. (lf)

Soc. Med. 159, S. 30–37, 2016

Geschwisterfolge

Nesthäkchen mit Unternehmergeist

Wer das jüngste Kind seiner Eltern ist, macht sich eher selbstständig als seine Geschwister. So jedenfalls interpretieren Francis Greene von der University of Birmingham und sein Kollege Liang Han ihre Daten zu mehr als 6000 Briten, die alle 1970 geboren wurden und im Alter von 38 Jahren zu ihrem Beruf befragt wurden. Die Wahrscheinlichkeit, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen, war bei den Nesthäkchen um 50 Prozent höher als bei den älteren Geschwistern. Die Forscher wollen mit ihrer Untersuchung eine These überprüfen, die unter dem Namen »Born to rebel« bekannt ist: Die jüngsten einer Familie seien sozusagen dazu geboren, sich gegen Eltern und Geschwister aufzulehnen. Der unkonventionelle und oft finanziell riskante Schritt in die Selbstständigkeit könnte ihren Hang zu Risiko und Abgrenzung widerspiegeln.

Im Einklang mit dieser These zeigte sich der Effekt auch nur bei Familien, in denen keines der Elternteile einer selbstständigen Arbeit nachging. In Unternehmerfamilien dagegen waren die jüngsten Kinder sogar tendenziell seltener selbstständig tätig als ihre älteren Geschwister – vielleicht wiederum, um sich gegen die Familientradition abzugrenzen.

Möglich sei aber auch, dass Familienunternehmen nach wie vor bevorzugt ihr erstgeborenes Kind als Nachfolger aufbauten. Darum könnten selbstständige ältere Geschwister in Unternehmerfamilien überrepräsentiert sein.

Eltern, die unter ihren Kindern nach dem oder der kommenden Juniorchef(in) suchen, sollten sich darum überlegen, ob ihr erstgeborenes Kind von seiner Persönlichkeit her überhaupt auf diesen Posten passt, meinen nun die Forscher. Die bessere Wahl sei vielleicht das jüngste ihrer Kinder – sofern es den Job überhaupt will. (jd)

Pers. Ind. Diff. 101, S. 270–275, 2016

Demografie

Ältere Mütter von Vorteil

Seit den 1980er Jahren gibt es in fast allen Industrieländern einen Trend hin zu älteren Müttern – aber bisher war unklar, wie sich das auf die Gesundheit der Kinder auswirkt. Frühere Studien hatten darauf hingedeutet, dass der Nachwuchs älterer Mütter möglicherweise kognitive Nachteile zu befürchten hätte. Doch zumindest heute profitieren Sprösslinge bezüglich ihrer Intelligenz davon, wenn die Mutter nicht mehr jung ist.

Zu diesem Schluss kommt ein Team von der London School of Economics and Political Science und dem Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock nach Auswertung dreier Längsschnittstudien mit britischen Kindern. Demnach hat der Nachwuchs von Müttern, die bei der Geburt älter als 35 Jahre waren, heutzutage höhere geistige Fähigkeiten als der jüngerer Frauen. Vor 40 Jahren war das noch genau andersherum: Das Team um Alice Goisis verglich die Ergebnisse bei Kindern der Jahrgänge 1958, 1970 und 2000 bis 2002 im Alter von etwa zehn Jahren. Das Resultat lässt darauf schließen, dass sich der Zusammenhang zwischen Alter der Mutter und kindlicher Intelligenz irgendwann umkehrte. Das hat weder biologische noch medizinische Ursachen. Vielmehr haben ältere Frauen in der heutigen Zeit ein höheres Einkommen, feste Jobs und ein stabileres Umfeld als jüngere, wovon auch der Nachwuchs profitiere, so die Forscher. Zudem waren Kinder älterer Mütter damals eher die Nesthäkchen aus kinderreichen, ärmeren Familien. Heute sind sie öfter die Erstgeborenen, welche die volle Aufmerksamkeit ihrer Eltern erhalten. (lf)

Int. J. Epidemiol. 2017, S. 1–10

Toxoplasmose

Psychose durch Katzen?

Eine Infektion mit dem KatzenparasitenToxoplasma gondiikönnte bei der Entstehung von Schizophrenie mitwirken, befürchten Forscher schon länger. Sollte man dem Nachwuchs zuliebe besser auf den Stubentiger verzichten? Die Psychologin Francesca Solmi vom University College analysierte die Daten von mehr als 11 000 13- und 18-jährigen Jugendlichen: Es zeigte sich kein klarer Zusammenhang zwischen Katzenhaltung im Kindesalter und dem Auftreten von psychotischen Episoden im Jugendalter. Auch ob die Mutter während der Schwangerschaft eine Katze besaß oder nicht, war unerheblich.

Das sagt allerdings nicht unbedingt etwas über möglicherweise gefährliche Folgen einer Toxoplasmose aus. Dass Katzenbesitzer besonders oft infiziert sind, ist keineswegs bewiesen. Wird eine Katze befallen, scheidet sie offenbar nur für kurze Zeit viele Eier des Erregers aus. Die meisten Menschen stecken sich vermutlich auf anderem Weg an, etwa durch den Verzehr von rohem Fleisch. (lf/kg)

Psych. Med. 10.1017/S0033291717000125, 2017

PSYCHOLOGIE

SCHULE

Mit fünf in die Schule?

BILDUNGForscher haben in Vergleichsstudien untersucht,ob eine frühe Einschulung Kindern eher hilft oder schadet.

VON NELE LANGOSCH

Auf einen Blick:Bereit für den Unterricht

1Sollten Kinder mit fünf, sechs oder sieben Jahren in die 1. Klasse kommen? Bildungsforscher und Pädagogen sind sich darüber uneinig.

2In manchen Studien schnitten früh eingeschulte Kinder zunächst etwas schlechter ab als ihre Mitschüler. Sie holen die Leistungsrückstände im Lauf der Grundschule in der Regel aber auf.

3Angesichts uneinheitlicher Forschungsergebnisse halten viele Experten die Einschätzung der Eltern und Erzieher sowie den Wunsch des Kindes für wichtiger als das Alter.

Leon ist sechs und kommt dieses Jahr in die Schule. Hannah auch, sie ist schon fast sieben. Emma dagegen hat im September Geburtstag und wäre bei Schulbeginn noch fünf. Ihre Eltern sind sich unsicher. Einerseits wollen sie ihre Tochter nicht überfordern (siehe Interview), andererseits könnte sich die frühe Einschulung später im Wettbewerb auszahlen …