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Die Gedichte spiegeln Erfahrungen aus vielen Lebensbereichen, verleihen Eindrücken sprachlichen Ausdruck, spielen mit Nachdenklichkeit, Überraschung, Witz und Ironie. Sie sind sieben Themengruppen zugeordnet: Endliche Geschichte – Im Garten – An dich denken – Bilder – Durchs Jahr – Flötenton der Unke – Neue Welt. Freie und traditionelle Formen stehen gleichberechtigt nebeneinander.
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Seitenzahl: 27
Veröffentlichungsjahr: 2025
Spur im Schnee
Gedichte
Horst Schiffler
Impressum
Texte:
© Copyright Horst Schiffler
Umschlag:
© Copyright Lena Schiffler, Bellevue, USA
Verlag:
Horst Schiffler
Feldstr. 37
66564 Ottweiler
Druck
epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Endliche Geschichte
Bald soll mein Tanz sein.
Dann ist der Mond eine Harfe
und die Sterne sind Schellen
am Tamburin der Nacht –
und tanze die Linien der Hand.
Was soll ich die Füße fragen,
wenn sie um die Wette fliegen
mit dem Wind und den Wolken?
Ihr findet die roten Tupfen am Boden,
wenn die Schellen schweigen
und der Mondbogen bricht.
Das Kind: Es spielt mit Förmchen im Sand,
ganz bei der Sache.
Jetzt heißt es: Mit Form spielen
bis es ernst wird
und das Kinderherz in dir lacht.
Sie haben dich gefüttert
mit Dreisatz,
dir angedient die Eleganz
des Pythagoras,
dich überzeugt vom Sinn
der Kausalität -
zu entscheiden, was davon
für dich gut sei,
nimmst du Würfel.
Morgen wird alles anders sein,
erhoffe ich heute.
Morgen wird manches anders sein,
vermute ich heute.
Morgen wird etwas anders sein,
tröstet man heute.
Wenn morgen ist wie heute,
was wird sein?
Das Meer der Träume
kommt ins Watt meiner Nacht,
schwemmt Sand und bunte Muscheln an -
Sand für die Spuren von Füßen
und Muscheln zum Sammeln.
In meiner Hand bleibt kühler Tang,
den ich dir um den Nacken legen möchte,
aber du bist nicht mehr da.
Ich muss zurück, zurück wie gestern.
Fort muss ich, wie bei jeder Flut.
Die Spur im Sand zerbläst der Wind,
nur neben ihr die Tropfen,
die klar und bitter sickern aus dem Tang,
die werden noch ein Weilchen bleiben.
Die tiefe Schale Vergangenheit -
immer bereit, es aufzunehmen,
das Tropfen der Tage,
matt schimmernde Lösung
aus Leben und Zeitvertreib.
Doch zuweilen
für feines Ohr
ein anderer Klang.
Die schrillen Töne,
die grellen Bilder:
Frottagen der Künstlerseele.
Was geben sie den Hungrigen,
den Wanderern im Nebel?
Wenn auf schwarzen Teichen
modernde Blätter treiben,
leuchtet der gelbe Lotos des Gottes Re,
wärmt das Lächeln des steinernen Engels.
Wo formen Hände Hoffnungszeichen?
Vielleicht zu Ende.
War es ein Letztes?
Der Gedanke damals: Nur Tage,
drei Schritte seitwärts in stillen Schatten.
Doch leere Wochen, fad
und ungeschützt gegen drängende Bilder:
Die geflügelte Uhr,
ihr Gewicht eine leere Tafel -
auf dem Pfirsich die Schnecke –
reifentreibender geflügelter Gott –
versammelte Schwalben im Herbst –
Kann man Gedanken schleifen wie Steine
und fassen?
Wörter wären jetzt gut.
Bevor der Hass kommt,
zerteile dein Leid in Streifen
und lege ein Ornament.
Betrachte durch das Gitter
der Menschen Gesichter.
Im Fügen neuer Figuren
lässt sich – vielleicht –
die Verzweiflung noch hinhalten.
Was soll geschehen,
wenn die Zeit zur Feder greift
und einen Strich zieht?
Ich will nicht zögern
und flugs die Summe bilden:
Sie sei Beginn nun.
Wer mitspielen will,
muss die Regeln kennen.
Wer nicht ausgeschlossen werden will,
darf kein Spielverderber sein.
Wer ein gutes Spiel machen will,
soll nicht schlafen.
Wer verliert,
hat seinem Ärger zu wehren.
Wer sein will,
muss an den Schein glauben.
Entlang der Fliederhecke –
als sollte der nahe Sommer in Violett ertrinken,
jedem Atemzug Verheißung beigemischt.