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In 44 Gedichten beschreibt Gerd Berghofer die Zeit, in der wir leben und das, was uns bewegt. Etliche der Texte sind in der Corona-Pandemie entstanden und setzen sich mit dieser auseinander, wenn der Autor z.B. schreibt, "wenn draußen ein Mund voller Atem zu einem Mund voller Angst wird". Es sind exzellente Gedichte, mit denen Berghofer seinen Ruf als Lyriker unterstreicht.
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Gerd Berghofer
SPUREN DER NACHT UND DER NÄHE
Aufgehobene Gedichte
Literatones Verlag
Gerd Berghofer wurde 1967 in Nürnberg geboren und lebt mit seiner Familie seit fast 30 Jahren im mittelfränkischen Georgensgmünd. Für seine Lyrik wurde er mehrfach ausgezeichnet. Sein letzter Gedichtband erschien im Jahr 2004. Seitdem verfasste er Erzählungen, Theaterstücke, Biografien, aber auch zahlreiche Arbeiten für Hörfunk, Zeitungen und Zeitschriften, ebenso diverse wissenschaftlich-heimatkundliche Bücher, wobei hier insbesondere seine Arbeiten über die jüdische Geschichte Georgensgmünds zu erwähnen sind. Nähere Informationen über den Autor, Sprecher und Rezitator Gerd Berghofer gibt es auf www.gerd‐berghofer.de.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d‐nb.de abrufbar.
© 2021 Literatones Verlag e.K., Georgensgmünd. Alle Rechte der Vervielfältigung und Verbreitung einschließlich Film, Funk und Fernsehen sowie der Fotokopie, der elektronischen Speicherung und der auszugsweisen Veröffentlichung vorbehalten. Druckvorstufe:Literatones Verlag. 1. Auflage 2021.
(Friedrich Schiller)
1
Unsere neuen Tage: Der Corona-Rap wird
hinter Scheiben und Mundschutz
in gehörigem Abstand präsentiert
da ist gefilterter Beifall der Security sicher:
„Halten Sie Ihren Einkaufswagen bereit
ihn zur Wahrung des Abstands
gegen Ihren Nächsten einzusetzen“.
Die Schlagzeile ist der Anfang
einer neuen Form von Gewalt
wehe, selbst der harmlose Porree
hält den Mindestabstand nicht ein
sogleich wird er zum Prügel
für den, der einen anfuhr
mit dem gefüllten Einkaufswagen
es ist alles etwas grober
in virulenten Zeiten
was hätten Cindy und Bert heut
wohl noch zu singen?
Vorbei die Zeit, da man Schlager schrieb
in unserem Heute Leute wird alles gerappt
sogar der Einkaufszettel mit dem Senf drauf
bringt glutenfreie Songs für allergische Zeiten
es wird der Metzger meines Vertrauens
seinem Schwein auch das Lied vom Tod
noch rappen:
Hey, uh, mit dem Messer in der Hand -
und ‘ne Million „Likes“ dafür bekommen
wenn der Clip auf Facebook landet
und später wird das Steak gepostet
wie es sich in die Soße schmiegt
und vor einem auf dem Teller liegt
glücklich gebraten und saftig und schön
2
Und doch sind wir Verabschiedungswesen
verabschieden uns dankbar von Freiheit
und Weite und kriechen von selbst ins Netz.
So ändern sich die Zeiten und Großvater
trägt zur Erwärmung des Klimas bei
weil er im Grab weißglühend rotiert.
Er wusste noch, dass das, was er wusste
nicht jeder wusste. Und weil man nicht wusste
was er wusste sperrte man ihn ein.
Wir sitzen heute nackt im Glashaus und fühlen uns sicher
und ungestört wenn wir einen Hut aufsetzen
und so frei wie nie
obwohl man mehr von uns weiß
als wir wissen und selbst von uns wissen
doch manchmal, in düsteren Stunden
da glaubt man den Goebbels zu hören
wie er drunten in der Hölle kocht
und dabei kreischt und lacht:
„Ihr seid heutzutage so belämmert,
ich hätt’s damals mit euch
nicht besser gemacht.“