STAR GATE – das Original: Die 10. Kompilation - Wilfried A. Hary (Hrsg.) - E-Book

STAR GATE – das Original: Die 10. Kompilation E-Book

Wilfried A. Hary (Hrsg.)

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Beschreibung

STAR GATE – das Original: Die 10. Kompilation  

Wilfried A. Hary (Hrsg.): „Die Bände 91 bis 100 der laufenden Serie STAR GATE – das Original – zusammengefasst!“

 

Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser schätzten das frühere Heftformat und genießen das Taschenbuchformat, in dem die Serie inzwischen erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie.

Für diese haben wir nun nach den ersten acht die neunte Kompilation geschaffen, basierend auf den Bänden 91 bis 100 der laufenden Serie!

 

Die Kompilation beinhaltet die Romane:

91 »Die letzte Schlacht« W. A. Travers (KF)

92 »Re-na-xerv« Wilfried A. Hary (SB)

93 »Sammler des Lebens« Wilfried A. Hary (KF)

94 »In der Falle« Wilfried A. Hary (SB)

95 »Die vergessene Stadt« Miguel de Torres (GB)

96 »Flucht ins Nirgendwo« Wilfried A. Hary (GB)

97 »Liberanto« Erno Fischer (GB)

98 »Erbe der Macht« Erno Fischer (GB)

99 »Stadt im Eis« Erno Fischer (GB)

100 »Kristallbeben« W. Berner (SB)

(In Klammern: Abkürzung des jeweiligen Coverkünstlers des Originals!)

 

Viel Freude beim Lesen dieser immerhin wieder ganze 10(!) Bände umfassenden  Kompilation!

Euer Wilfried A. Hary (Hrsg.)

 

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie

STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary,

Frank Rehfeld

 

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch)

by hary-production.de

 

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!

 

ISSN 1860-1855

© neu 2019 by HARY-PRODUCTION

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150 * HaryPro.de * eMail: [email protected]

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 

Coverhintergrund: Anistasius, Logo: Gerhard Börnsen, Titelbild: Gerhard Börnsen  

 

Nähere Angaben zum Herausgeber und Hauptautor siehe Wikipedia, Suchbegriff Wilfried A. Hary: de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Wilfried A. Hary (Hrsg.)

STAR GATE – das Original: Die 10. Kompilation

„Die Bände 91 bis 100 der laufenden Serie STAR GATE – das Original – zusammengefasst!“

Nähere Angaben zum Herausgeber und Hauptautor siehe Wikipedia, Suchbegriff Wilfried A. Hary: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._HaryBookRix GmbH & Co. KG81371 München

STAR GATE – das Original:

 

Die 10.

Kompilation

 

Wilfried A. Hary (Hrsg.)

 

Impressum:

 

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original: Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld.

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de.

ISSN 1860-1855

 

Diese Fassung basiert auf den Romanen 71 bis 80

der laufenden Serie!

 

© 2019 by HARY-PRODUCTION

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken

Telefon: 06332-481150

www.HaryPro.de

eMail: [email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und

Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 

Lektorat: Werner Schubert

 

Titelbild: Gerhard Börnsen

Logo: Gerhard Börnsen

Coverhintergrund: Anistasius

 

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!

 

Vorwort

 

Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser schätzten das frühere Heftformat und genießen das Taschenbuchformat, in dem die Serie inzwischen erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie.

Für diese haben wir nun nach den ersten acht die neunte Kompilation geschaffen, basierend auf den Bänden 91 bis 100 der laufenden Serie!

 

Die Kompilation beinhaltet die Romane:

91 »Die letzte Schlacht« W. A. Travers (KF)

92 »Re-na-xerv« Wilfried A. Hary (SB)

93 »Sammler des Lebens« Wilfried A. Hary (KF)

94 »In der Falle« Wilfried A. Hary (SB)

95 »Die vergessene Stadt« Miguel de Torres (GB)

96 »Flucht ins Nirgendwo« Wilfried A. Hary (GB)

97 »Liberanto« Erno Fischer (GB)

98 »Erbe der Macht« Erno Fischer (GB)

99 »Stadt im Eis« Erno Fischer (GB)

100 »Kristallbeben« W. Berner (SB)

(In Klammern: Abkürzung des jeweiligen Coverkünstlers des Originals!)

 

Viel Freude beim Lesen dieser immerhin wieder ganze 10(!) Bände umfassenden Kompilation!

Euer Wilfried A. Hary (Hrsg.)

 

STAR GATE – das Original - 91

  

Die letzte Schlacht

W. A. Travers: „Das dramatische Finale im Nergaard-Zyklus!“

Noch vor der Invasion der Kyphorer ging der Konzern MAFIA einen Sonderweg, was den Bau des ersten Star Gates betrifft – und verursachte mit seiner Art von Star Gate ... perfekte Klone! Und dann gelang es Original und Klon nicht nur, sich wieder zu vereinen, sondern auch ... zu fliehen.

Sein Name: Max Nergaard. Und der geheimnisvolle Außerirdische Xybrass rettet ihn in letzter Sekunde, um ihn auf jenen Planeten zu bringen, den die Menschen Phönix nennen. Dort muss er als »Bote der vergessenen Götter« in den Einsatz gehen, um einen schlimmen Fehler zu berichtigen, verursacht durch einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum. Seitdem werden nämlich die Reiche Atrax und Korinx von dunkler Energie aus jenem Riss überflutet und sind in einen ewigen Krieg gegeneinander versunken. Er muss verhindern, dass eine der beiden Kriegsparteien jemals gewinnt und anschließend Phönix unterjocht!

Zumindest der Mord am König von Atrax ist ihm gelungen – und er kann nun dessen Widersacher in Korinx Vollzug melden. Und dann behauptet er überzeugend, einen Tunnel zwischen beiden Reichen geschaffen zu haben – ideal, um den verhassten Feind zu überrumpeln. Und tatsächlich: König Dur-land trommelt alles zusammen und zieht gemeinsam mit Nergaard in die letzte Schlacht, nicht wissend, dass Nergaard ihren Untergang geplant hat...

DIE HAUPTPERSONEN:

Max Nergaard – war als Survival-Spezialist beim Konzern MAFIA nicht ganz freiwillig Versuchsperson bei einem perversen Experiment, das es nur bei einem Konzern geben konnte: Eben bei MAFIA! Und jetzt ist er im Einsatz auf Phönix, in einer Umgebung wie aus einem Fantasy-Film.

König Dur-land – der König des dunklen Reiches Korinx und gleichzeitig Abt der dortigen Dunklen Bruderschaft.

Bro-Ahlo – der heimliche König der Bulowas in beiden verfeindeten Reichen. Er ist über den perfiden Plan im Bilde und hat Max Nergaard volle Unterstützung zugesagt.

1

Bis sich das Restheer von Korinx, geführt von König Dur-land höchst persönlich und begleitet von der gesamten Dunklen Bruderschaft, die immerhin aus rund dreihundert Köpfen bestand, durch den unterirdischen Tunnel in feindliche Gefilden begeben hatte, verging natürlich eine Weile. Einige Kilometer mussten von ihnen bewältigt werden. Zwar war der Tunnel recht großzügig in den ultraharten Felsen getrieben worden – angeblich von Max Nergaard ganz allein, wobei ihm seine unergründliche Magie geholfen habe –, aber für so viele Bulowa-Magier plus ihren Monsterhorden und die noch furchterregenderen Dämoneneinheiten war das Ganze doch verhältnismäßig eng.

Mit jedem Schritt, den Max Nergaard an der Seite des Königs tat, wuchs seine Anspannung weiter. Falls eine Steigerung überhaupt noch möglich war. Allein einige Kilometer waren sie unter dem hoch über ihren Köpfen dahinbrausenden reißenden Strom des Ebrox gewesen. Seiner Schätzung nach waren sie jetzt unter dem Uferbereich auf der feindlichen Seite.

Seine Sinne waren bis aufs Äußerste angespannt, nicht nur seine menschlichen, sondern vor allem seine Extrasinne. Er konnte nicht ganz nachvollziehen, wieso König Dur-land so entspannt wirkte, und er war überzeugt davon, dass dieser ihm nicht nur etwas vormachte. Offensichtlich war Dur-land so siegesgewiss, dass er nicht mehr im Entferntesten an ein eventuelles Versagen denken mochte.

Max Nergaard wusste es besser. Genauso wenig, wie es zutraf, dass er allein diesen Tunnel geschaffen hatte, entsprach es der Wahrheit, dass er wirklich einen Sieg für Dur-land erreichen wollte. Das hatte er diesem nur vorgemacht. In Wirklichkeit lauerten die Bulowas im Verborgenen, die nicht nur in den vergangenen Jahrtausenden diesen Tunnel geschaffen hatten, sondern darüber hinaus im entscheidenden Moment in die bevorstehende Schlacht eingreifen würden. Ihre Magier standen sicherlich schon bereit. Max Nergaard widerstand jedoch dem Wunsch, mit ihnen probehalber Kontakt aufzunehmen. Das war in Begleitung der gesamten Dunklen Bruderschaft von Korinx viel zu riskant. Wenn diese mitbekommen würde, dass er mit außerhalb Kontakt aufnahm, wäre sein gesamter Plan gefährdet. Nicht auszudenken, wenn König Dur-land letztlich doch noch misstrauisch wurde. Wenn er dann zum Rückzug gepfiffen hätte, wäre das noch das kleinste Problem gewesen. Viel schlimmer wäre es, wenn er mit seiner Bruderschaft die Gangwände genauer untersuchen würde, denn dann würde er unweigerlich die Seitengänge entdecken und begreifen, dass es sich hier nicht nur um diesen einen Tunnel, sondern um ein wahres unterirdisches Labyrinth handelte, in dem sich die Bulowas über die Jahrtausende versteckt gehalten hatten. Es wäre das endgültige Aus für alle Bulowas der Reiche Korinx und Atrax gewesen. Davon war fest auszugehen. Und was wäre dabei mit ihm, Max Nergaard, geschehen? Daran mochte er überhaupt nicht denken...

Kein Wunder also, dass er so angespannt war. Nach außen hin ließ er sich allerdings nicht das Geringste anmerken. Er tat gelassen. Seine Schritte waren raumgreifend und fest. Er hätte sich mithilfe der dunklen Energien, mit denen Dur-land den Tunnel hatte fluten lassen, auch schwebend voranbewegen können, aber auch die magiebegabten Dunklen Ordensbrüder verzichteten darauf. Sie hielten sich mit ihrer Magie nun erst recht zurück. Immerhin hätte sonst die Gefahr bestanden, von der feindlichen Bruderschaft geortet zu werden. Dann wäre es vorbei gewesen mit dem Überraschungsmoment. Denn noch ahnte der Feind nicht im Entferntesten, dass es diesen Tunnel überhaupt gab. In den vergangenen Jahrtausenden hatten die beiden verfeindeten Bruderschaften sämtliche Kräfte darauf konzentriert, miteinander den ewigen Krieg zu führen. Sie hatten sich um nichts sonst kümmern können. Er hatte all ihre Kapazitäten beansprucht. Und jetzt war alles völlig anders gekommen. Durch den Tunnel, den Max Nergaard angeblich für sie gegraben hatte. Und er wollte sogar tatkräftig an ihrer Seite kämpfen – ein mächtiger Krieger immerhin, der es geschafft hatte, ein halbes Monsterheer allein zu besiegen. Zwar hätte er gegen die geballte Macht der Bruderschaft keine Chance gehabt, trotz seiner Immunität gegen dunkle Energie, aber sie wusste dennoch seine Macht zu respektieren.

»Vorsicht!«, flüsterte plötzlich König Dur-land und ließ stoppen.

Was war los?

Stirnrunzelnd lauschte Max Nergaard in sich hinein. Ihm fiel nichts auf. Ein Stich im Herz: War es jetzt so weit? Kam Dur-land ihm jetzt auf die Schliche?

Nein, es war etwas anderes: »Über uns sind marodierende Monsterkrieger des Feindes!«, erläuterte Dur-land, an ihn gewandt.

Wie bitte?

Max Nergaard wusste im Nachhinein nicht mehr zu sagen, ob er das nur gedacht oder laut ausgesprochen hatte. Jetzt, da er wusste, worauf er zu achten hatte, konnte er es ebenfalls wahrnehmen.

Verdammt, Dur-land hatte recht: Es war zwar nur vage zu orten, aber es gab tatsächlich direkt über ihren Köpfen Monsterkrieger, die scheinbar planlos in der Gegend herumliefen. Wie war das möglich?

Und da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: Aber natürlich! Immerhin hatte er ihren führenden Kopf getötet. Vor Wochen schon. Und seitdem war die Bruderschaft von Atrax mit der Wahl eines Nachfolgers beschäftigt. Zwar hatte sie ihm auf dem Weg hierher die Hölle heiß gemacht, um ihn aufzuhalten, aber danach war die Bruderschaft anscheinend endgültig auseinandergebrochen. Und sie steuerte nicht mehr ihre Monsterkrieger, die sich anscheinend in alle Winde verstreut hatten.

Umso besser – eigentlich! Denn dann war der Feind noch angreifbarer als erhofft. Andererseits hatte das durchaus auch Nachteile.

König Dur-land sprach aus, was auch Max Nergaard dachte: »Wenn wir in der Lage sind, diese zu orten, wäre es auch möglich, von ihnen geortet zu werden! Was sollen wir tun, großer Krieger?«

Eine ehrenvolle Anrede: Großer Krieger! Aber Max Nergaard war alles andere als glücklich darüber. Gern hätte er jetzt geraten: »Still halten! Sich abschirmen, bis die Gefahr vorüber ist!«

Aber er ahnte schon, dass er mit diesem Rat nicht gut ankommen würde. Was sie hier unten auch taten: Die Gefahr der Entdeckung war unverändert vorhanden. Also hätte er jetzt eigentlich empfehlen müssen, nach oben zu steigen, um diese marodierenden Monsterkrieger auszulöschen, ehe sie die Angreifer entdecken und ihre Entdeckung an die Bruderschaft weitermelden konnten. Wie aber konnte er das empfehlen, ohne dabei zu offenbaren, dass es hier unten ein regelrechtes Labyrinth gab?

Um ein wenig Zeit zu gewinnen, murmelte er, nur für den König hörbar: »Eigenartig, während ich den Tunnel gegraben habe, gab es dort oben noch keine Monsterkrieger. Anscheinend sind die noch nicht so lange unterwegs. Wären sie nämlich schon vorher dagewesen, hätten sie mich erwischen können bei meiner Tätigkeit.«

Der König nickte heftig. Offensichtlich waren ihm bereits die gleichen Gedanken gekommen. Sie hätten in ihm Misstrauen erzeugt. Dem hatte Max Nergaard vorbeugen können. Aber der Lösung des Problems war er dennoch keinen Deut näher gekommen, und er musste sich jetzt beeilen mit seiner Entscheidung – und die Entscheidung musste so ausfallen, dass der König damit einverstanden sein war...

*

Max Nergaard konnte es drehen und wenden, wie er wollte, er hatte jetzt keine andere Wahl mehr. Wenn er zu lange zögerte, wendete sich für ihn das Blatt. Das war sicher, denn im Gesicht des Königs sah er für diesen pessimistischen Gedanken die Bestätigung.

In seiner Not wagte er jetzt einen genau konzentrierten Gedankenimpuls, gedacht für den heimlichen König der Bulowas, nämlich Bro-Ahlo. Wenn Dur-land das bloß nicht mitbekam – oder auch nur einer seiner Magier!

Aber die hatten sich komplett abgeschottet, um sich nicht gegenüber den Monsterkriegern oben zu verraten. Aus reiner Vorsicht – und zum Glück für Max Nergaard.

Bro-Ahlo reagierte auf seinen Gedankenimpuls, allerdings wenig angetan von der Tatsache, dass Max Nergaard trotz alledem ein nicht abschätzbares Risiko einging. Wenn nicht die Dunkle Bruderschaft um Dur-land aufmerksam wurde, dann vielleicht gerade die Monsterkrieger über ihnen? Dies konnte nicht ausgeschlossen werden.

Aber Bro-Ahlo erkannte gleichzeitig auch, dass Max Nergaard wirklich keine andere Wahl geblieben war – und er schickte ihm auf dieselbe lautlose Weise die Informationen, die er benötigte: Es gab ganz in der Nähe einen Aufgang, über den sie an die Oberfläche gelangen konnten. Max Nergaard würde ihn gegenüber Dur-land als eine Art Notausstieg verkaufen können, der sich jetzt in ungeahnter Weise als goldrichtig erweisen würde.

Rasch sagte Max Nergaard jetzt: »Also gut, es gibt einen Notaufstieg. Ich werde hinaufgehen und die Monsterkrieger vernichten.«

»Nicht allein!«, bestimmte Dur-land prompt – und entgegen aller Erwartung Nergaards. »Das wäre zu gefährlich. Du würdest allein vielleicht zu lange benötigen. Das wäre schlecht, denn dann bestünde die Wahrscheinlichkeit, dass die Monsterkrieger doch noch eine Warnung an die feindliche Bruderschaft übermitteln könnten.«

»Also gut, mein König: Was schlägst du vor?«

Der König deutete auf einige aus seiner Bruderschaft. »Die da werden mit dir kommen und dich während des Kampfes abschirmen. Es muss alles ziemlich schnell gehen. Es darf nicht die geringste Aufmerksamkeit erregen.« Er deutete auf zwei der Dämonen, deren Gestalten ständig zu zerfließen schienen. Sie hatten keine feste Form – anscheinend. Aber Max Nergaard wusste es inzwischen besser: Ihre Veränderungen folgten einem gewissen Muster, das erahnen ließ, wie sie wirklich aussahen: Sie hatten etwas Insektoides an sich. Dabei waren sie beide etwa drei Meter groß.

Viel zu groß für den Aufgang!, konstatierte Max Nergaard im Stillen, obwohl er die Erfahrung gemacht hatte, dass dies nichts zu bedeuten hatte. Er war gespannt, wie die Bruderschaft das Problem diesmal lösen würde.

Ohne länger nachzudenken, lief er los, direkt auf den verborgenen Ausgang zu. Ein Gedankenimpuls genügte, um die Steinpforte zu öffnen. Jetzt erst war der Ausgang als solcher überhaupt erkennbar. Ohne sich umzuschauen nach den Dunklen Ordensbrüdern und den beiden Dämonen, rannte er die für Letztere wahrlich viel zu enge Wendeltreppe hinauf, bis zur Oberfläche.

Kaum hatte er den geheimen Ausgang verlassen, der sich getarnt in einer Felsenformation befand, als sich hinter ihm die beiden Dämonen regelrecht ins Freie quetschten. Anders konnte man es nicht bezeichnen: Sie hatten wirklich nur halbwegs eine feste Form und blähten sich jetzt wieder auf zu ihrer normalen Größe.

Es gab keine Zeit, sich diesem Schauspiel länger zu widmen. Max Nergaard konnte auch nicht abwarten, bis die Dunklen Ordensbrüder folgten. Er musste sofort seine Aufmerksamkeit den marodierenden Monsterkriegern widmen, die in diesem Moment auf ihn aufmerksam wurden.

Das Überraschungsmoment dauerte nicht lange an. Noch während Max Nergaard mit hoch erhobenem Schwert auf sie zupreschte, erwachten die Monsterkrieger aus ihrer Erstarrung. Sie sahen jetzt auch die beiden Dämonen und die nachfolgenden Dunklen Magier, die sofort mit ihren magischen Kräften das ganze Areal abzuschirmen versuchten, damit nur ja nichts nach draußen dringen konnte.

Max Nergaard dachte noch: Es muss für die Dunkle Bruderschaft von Atrax letztlich so erscheinen, als hätten sich die Monsterkrieger gegenseitig vernichtet!, während er den ersten Streich mit seinem Wunderschwert ausführte und damit das nächstbeste Monster in zwei Teile zerfetzte.

Auch die beiden Dämonen griffen gnadenlos an. Der eine verschlang einfach einen Monsterkrieger mitsamt seinem Schuppenkleid und den beiden Köpfen, obwohl dieser nicht viel kleiner war als der angreifende Dämon. Kurzfristig blähte sich der Dämon bis fast auf das Doppelte seiner Masse auf, doch das änderte sich rasch wieder. Er fiel zusammen zur alten Größe, und abermals begannen seine Formen zu zerfließen, dass es einem beim Betrachten regelrecht schwindlig wurde.

Max Nergaard erledigte mit dem Schwert in der Zwischenzeit gleich das nächste Monster, während endlich auch der zweite Dämon in den Kampf eingriff. Es handelte sich um rund ein Dutzend Monsterkrieger, die nicht die geringste Chance hatten. Sie waren sozusagen ruck, zuck erledigt. Anschließend ging es nur noch um die Frage, ob der Kampf auch wirklich unbemerkt geblieben war.

Es genügte, dass Max Nergaard die Dunklen Magier anschaute. Sie nickten ihm nur zu, dann konnten sie sich wieder zurückziehen.

Sie ließen Max Nergaard den Vortritt.

Kaum war er wieder unten im Tunnel, da »quollen« auch die beiden Dämonen hinter ihm aus dem Durchgang, gefolgt von den Dunklen.

»Ist oben wieder geschlossen?«, wollte Max Nergaard wissen.

Abermals nickten die Dunklen ihm zu.

König Dur-land gab sich zufrieden – und erleichtert. Er klopfte Max Nergaard wieder einmal wohlwollend auf die Schulter, allerdings ohne seinen Schutzschirm vorher abzuschalten, so dass Max wieder den grellen Schmerz spürte, der ihn beinahe zu Boden warf.

Er verfluchte die Tatsache, dass der Schutzschirm verhinderte, gegen den König anzugehen, aber selbst ohne Schutzschirm hätte er im Nu die gesamte Dunkle Bruderschaft auf dem Hals gehabt. Keine besonders schöne Vorstellung...

2

Das weitere Vorgehen erfolgte vorsichtiger als zuvor. Immer wieder blieb die kleine Angreiferarmee stehen, und die Dunkle Bruderschaft sicherte nach oben. Doch es zeigte sich nichts Verdächtiges. Bis auf einmal!

Diesmal handelte es sich nur um eine vergleichsweise kleine Gruppe von Monsterkriegern, die sich fast exakt über dem unterirdischen Tunnel befand. Sie mussten jetzt wieder stoppen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.

Max Nergaard spürte den forschenden Blick von Dur-land auf sich ruhen. Der konzentrierte sich jetzt so stark auf ihn, dass er es unmöglich wagen konnte, erneut einen hilfesuchenden Gedankenimpuls an Bro-Ahlo zu senden. Also musste er rasch improvisieren:

»Es gibt keinen weiteren Aufgang, bis zum Schluss. Ich habe auch auf dieser Seite den alten Zugang gelassen, über den man zum Labyrinth des Todes gelangt. Ich habe diesen Gangabschnitt einfach nur verlängert.« Er deutete nach oben. »Ich muss zurück, um den anderen Aufgang zu benutzen und die Monsterkrieger zu erledigen. Überhaupt würde ich vorschlagen, ich bleibe dann oben und bewege mich an der Oberfläche parallel zu euch weiter.«

»Das kannst du vergessen, großer Krieger«, entschied der Abt der Dunklen Bruderschaft und König von Korinx. »Geh meinetwegen hinauf, aber du kommst nach dem Kampf sofort wieder zurück! Auf keinen Fall rücken wir ohne dich weiter vor.«

»Aber ...«, versuchte Max zu widersprechen.

»Nichts aber!«, fiel ihm Dur-land ins Wort. »Nun geh – und nimm die Gruppe von Magiern mit, die dich beim letzten Mal begleitet hat. Auch die beiden Dämonen werden wieder mit von der Partie sein – für alle Fälle.«

Max Nergaard gehorchte. Was blieb im anderes übrig? Er rannte zum Aufgang zurück, ohne darauf zu achten, ob ihm die Ordensbrüder und die beiden Dämonen folgen konnten. Erst als er sich wieder an der Oberfläche befand und sich orientierte, sah er sich um.

Erst kamen die beiden Dämonen aus dem Aufgang gequollen. Dann folgten die Dunklen Ordensbrüder. Es war ihnen keine Anstrengung anzusehen – etwa von dem raschen Lauf.

Ohne weitere Worte zu verlieren, wandte sich die Gruppe in die Richtung, in der sie die Monsterkrieger geortet hatten. Unterwegs teilten sich die Ordensbrüder und konzentrierten sich auf ihre Aufgabe: Abschirmung dessen, was geschehen würde. Hier waren sie noch näher an ihrem eigentlichen Ziel – und somit wäre es noch wahrscheinlicher gewesen, von den feindlichen Ordensbrüdern geortet werden zu können. Obwohl diese inzwischen vielleicht anderes zu tun hatten?

Max Nergaard neigte zu der Auffassung, dass die Dunklen Brüder von Atrax sowieso nur noch ein wilder Haufen waren, nachdem er ihnen durch die Lappen gegangen war und sie vergeblich nach einem Nachfolger für den getöteten Abt suchten. Aber das war natürlich kein Grund, jetzt leichtsinnig zu werden. Man musste immer auch noch König Zufall mit ins Kalkül ziehen.

Sie erreichten die Monsterkrieger, die nicht schnell genug reagieren konnten, um auch nur die geringste Chance zu haben. Nachdem Max Nergaard den ersten mit seinem Schwert regelrecht zerfetzt hatte und sich dem zweiten zuwandte, gab es diesen schon gar nicht mehr: Die Dämonen waren diesmal schneller als er, und sie schienen sich sogar darüber zu freuen, wenn sie Monsterkrieger verspeisen durften.

Max wandte sich einfach ab und trat den Rückzug an. Auch diesmal, ohne ein Wort mit den Magiern zu wechseln.

Erst als er wieder unten bei Dur-land war, öffnete er den Mund, um zu sagen: »Alles bestens. Ich hoffe, uns kommen keine weiteren Monsterkrieger mehr in die Quere. Wir müssten jedes Mal zurückgehen, und der Weg würde immer weiter werden.«

»Ja, hoffen wir es!«, erklärte Dur-land lapidar und setzte sich wieder an die Spitze seiner kleinen Armee, ohne Max Nergaard noch einen Blick zu gönnen. Diesmal hatte er anscheinend keine Lust dazu, seinem »großen Krieger« für den erfolgreichen Kampf zu gratulieren. Anscheinend war seine Zuversicht inzwischen dermaßen geschrumpft, dass er begann, auch die möglichen Risiken in dem Plan zu suchen.

Max Nergaard gefiel das ganz und gar nicht. Sollte sein Plan doch noch scheitern?

Diese Frage beschäftigte ihn fortan mehr noch als die Hoffnung, keine weiteren Monsterkrieger mögen mehr auftauchen.

*

Es blieb dabei. Wenigstens insofern erfüllten sich Nergaards Hoffnungen: Zwar gab es mehrmals noch auf ihrem Weg Monsterkrieger auf der Oberfläche, aber sie waren nicht nahe genug, als dass er sich hätte um sie kümmern müssen.

Schweigend kam die kleine Armee voran, an der Spitze nach wie vor König Dur-land, begleitet von Max Nergaard, der an seiner Seite schritt.

König Dur-land wirkte leicht verkniffen, aber er zeigte immer noch genügend Zuversicht, um nicht etwa zögerlich zu werden. Das registrierte Max Nergaard halbwegs mit Genugtuung. Dennoch wagte er nicht, unterwegs den König anzusprechen. Sollte er doch seinen Gedanken nachhängen, solange sie nicht gegen den Plan sprachen...

Und dann hatten sie endlich ihr Ziel erreicht: Den Ausstieg! Würden sie jetzt dem Gang weiter folgen, würden sie zum Labyrinth des Todes von Atrax gelangen. Aber sie wollten ja unmittelbar zur Festung.

Max Nergaard betete insgeheim zu den vergessenen Göttern, dass sie eine Möglichkeit fänden, in die Festung einzudringen. Wenn die Rampe hochgefahren war, sah es eher schlecht aus. Aber vielleicht waren die marodierenden Monsterkrieger ein Zeichen dafür, dass die Rampe heruntergelassen war?

Max kalkulierte ihre Chancen auf fünfzig zu fünfzig. Falls die Rampe oben war, musste die kleine Armee immerhin den Höhenunterschied von einigen Dutzend Metern überwinden. Vielleicht konnten sie das sogar, indem sie ihre Magie einsetzten? Aber dabei würden sie zwangsläufig auf sich aufmerksam machen. Und sobald der Gegner gewarnt war, verloren sie den Vorteil des Überraschungsangriffs.

Max Nergaard tröstete sich dabei noch mit der Tatsache, dass jeder Monsterkrieger, der im Land umherstreifte, nicht unmittelbar in den bevorstehenden Kampf eingreifen konnte. Bis sich die Monsterkrieger alle eingefunden hatten, musste der Sieg bereits errungen sein.

Er schielte vorsichtig zu König Dur-land und streckte den Arm aus. »Da vorn!«

Der König nickte grimmig. Hatte er tatsächlich den Aufgang bereits entdeckt, trotz der Tarnung? Dann wäre es wirklich ein Glücksfall gewesen, dass er alle anderen getarnten Ausgänge nicht entdeckt hatte. Andererseits, die Nähe der Gegner war so deutlich zu spüren, wenn man sich darauf konzentrierte, dass es nur logisch schien, dass der König gerade hier den Aufgang vermutete.

Max Nergaard beruhigte sich wieder und ging gemeinsam mit dem König hinüber. Mit seiner eigenen Magie öffnete er das steinerne Portal.

Dur-land zögerte kurz. Dann nickte er Max Nergaard zu: »Du gehst voraus. Ich folge dir auf dem Fuße. Dann kommen die Dämonen und meine Monsterkrieger. Die gesamte Bruderschaft bildet die Nachhut.«

»Die Schlacht kann beginnen!«, murmelte Max Nergaard angriffslustig. »Wir werden schnell sein – und garantiert tödlich!«

»Ja, das werden wir!«, bestätigte König Dur-land – scheinbar mit neuer Zuversicht. Ob sie nur gespielt war?

Die Worte klangen indessen wie bei einem Ritual, mit dem sie sich gegenseitig Mut machten.

Max Nergaard entging das Blitzen in den Augen von Dur-land nicht. Er wertete es als besondere Verbundenheit, die der König mit ihm empfand.

Umso besser!, dachte er ketzerisch und ging voraus.

Als er oben ins Freie trat, verdeckte Felsgestein den direkten Blick auf die Festung. Auf den König brauchte er nicht zu warten. Er folgte ihm dicht, wie angekündigt. Und dann quollen die Dämonen und Monsterkrieger aus dem für sie eigentlich viel zu engen Ausgang.

Max Nergaard lief weiter, bis die Festung Atrax in sein Blickfeld geriet. Ihm stockte kurz der Atem: Die Rampe war tatsächlich heruntergefahren!

»Umso besser!«, zischte jetzt König Dur-land.

»Jetzt müssen wir wirklich schnell sein, denn niemand erwartet einen Angriff«, drängte Max Nergaard. »Die Dunkle Bruderschaft von Atrax ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Wenn sie schon Probleme haben, ihre Monsterkrieger zusammenzuhalten...«

Der König achtete gar nicht auf seine Worte. Diesmal lief er selbst voraus, dabei wurde er immer schneller. Max Nergaard hatte beinahe Mühe, mit ihm Schritt zu halten.

Die kleine Angreiferarmee hetzte hinüber zur Rampe. Die Dunklen Ordensbrüder von Korinx scannten unterwegs mit ihrer Magie ununterbrochen den Bereich der Rampe, aber es zeigte sich keine Gefahr. Die Dunkle Bruderschaft von Atrax war tatsächlich noch völlig ahnungslos.

Das läuft noch besser als erwartet!, dachte Max Nergaard. Aber er blieb dennoch misstrauisch. Er wusste genau: Wenn etwas zu gut lief, wurde man mitunter leichtsinnig – und das konnte gefährlich werden und in ihrem Fall sogar tödlich.

Sie erreichten in Rekordzeit ihr Ziel und hetzten die Rampe empor. Wie ungewollt blieb Max Nergaard jetzt zurück. Die Dämonen überholten ihn als Erste.

König Dur-land bemerkte nicht, dass Max Nergaard nicht mehr an seiner Seite war. Er konzentrierte sich mit seinen magischen Sinnen nur noch auf ihr Ziel, den Eingang zur Festung. Wenn sie den erreicht hatten und in die Festung eindrangen, hatten sie bereits den halben Sieg in der Tasche. Seine vorübergehenden Zweifel waren jetzt tatsächlich wie weggewischt. Max Nergaard spürte das ganz deutlich.

Auch die rund dreihundert Dunklen Ordensbrüder von Korinx achteten jetzt nicht mehr auf ihn. Sie hatten anderes zu tun, denn sie mussten ihre Kräfte koordinieren, um gegen den Feind gewappnet zu sein. Wenn Magie gegen Magie traf, hatten sie zunächst gute Chancen zu dominieren, wegen des Überraschungseffektes. Aber das hieß nicht, dass sie auf Anhieb siegen konnten. Dazu war der Feind viel zu stark. Das wussten sie genau. Deshalb zogen sie alle Eventualitäten mit ins Kalkül, außer natürlich einer: Sie durften auf keinen Fall unterliegen!

Aber schließlich hatten sie noch ihren starken König, während der Feind sich erst einmal neu ordnen musste.

Max Nergaard wusste außerdem, dass die Magier des Dunklen Ordens von Atrax sich selbst geschwächt hatten, indem sie alles hatten tun wollen, um seine Rückkehr zu verhindern.

Max Nergaard blieb jetzt ganz zurück. Bis der letzte der Angreifer ihn überholt hatte.

Weiter oben drang die kleine Armee ungehindert in die Festung ein, während er es endlich wagte, Kontakt aufzunehmen mit den Rebellen, die auf sein Zeichen warteten. Ein Gedankenimpuls an deren obersten Führer Bro-Ahlo genügte, um sie alles wissen zu lassen, was inzwischen geschehen war – und auch das, was zur selben Zeit weiterhin geschah. Er zeigte ihnen über Bro-Ahlo das Bild des Angriffs.

»Die letzte Schlacht!«, murmelte er dabei.

Bro-Ahlo teilte diese Meinung. Er war inzwischen genauso wie alle anderen überzeugt, dass der Plan von Max Nergaard gelingen würde.

In diesem Augenblick erfolgte in der Festung der geballte magische Angriff der Dunklen Bruderschaft von Korinx. Dur-land persönlich koordinierte ihre Kräfte. Das war ein so gewaltiges Potenzial, dass es Max Nergaard schauderte. In seinen Auswirkungen war es, als würde in der Festung eine gewaltige Bombe detonieren. Ein Teil der Festung wurde regerecht von innen zerfetzt. Die Brocken, die davonflogen, waren groß genug, um jeden Mann zu erschlagen, der sich nicht rechtzeitig in Deckung brachte.

Max Nergaard verließ sich auf seine Reflexe. Als die ersten Brocken herunterprasselten, wich er ihnen aus. Kurz befürchtete er schon, die Rampe könnte unter den herabregnenden Trümmerstücken Schaden nehmen, doch sie erwies sich als stabil genug. Zumal sie magisch unterstützt wurde, was die Dunklen Ordensbrüder gewissermaßen nebenbei bewerkstelligten.

Aber dann kam sie doch ins Wanken, denn der Angriff galt immerhin unmittelbar der Bruderschaft und brachte sie kurz aus dem Konzept. Sicherlich starben dabei einige, doch der Rest koordinierte sich erstaunlich schnell, auch ohne führenden König.

Max Nergaard erschrak. Hatte er die Verteidiger doch unterschätzt? Wenn ja, durfte er nicht auch noch die Angreifer unterschätzen. Die explosionsartige magische Entladung hatte bereits bewiesen, welche Macht sie hatten, und das Überraschungsmoment hatte die Verteidiger sicherlich entscheidend geschwächt.

Max Nergaard lief jetzt rasch nach oben zum Eingang der Festung. Nicht mit seinen Augen, aber mit seinen besonderen Sinnen wurde er Zeuge der Kämpfe zwischen den angreifenden Dämonen und Monsterkriegern einerseits und den Verteidigern der Festung andererseits, während sich die Dunklen Brüder gegenseitig und diesmal unmittelbar bekämpften. Sie benutzten dabei ausschließlich ihre magischen Fähigkeiten.

Er spürte recht deutlich, dass die Verteidiger rasch an Potenzial verloren. Wenn es so weiterging, würden die Angreifer nicht nur sämtliche Dämonen und Monsterkrieger der Festung vernichten, die der Verteidigung dienten, sondern die angreifende Bruderschaft würde die Bruderschaft von Atrax bis auf den letzten Mann auslöschen – und somit endgültig siegen. Zwar hatten einige Angreifer inzwischen ihr Leben lassen müssen, aber die Übermacht, die durch das Überraschungsmoment entstanden war, hatte immer noch eine beeindruckende Größe.

Und Max Nergaard spürte noch etwas: Wenn die verteidigende Bruderschaft ausgelöscht war, würden auch ihre ziellos im Land marodierenden Monsterkrieger verschwinden. Sie konnten sich in dieser Welt nur so lange halten, wie ihre Beschwörer existierten.

»Zeit einzugreifen!«, murmelte Max Nergaard vor sich hin, meinte dabei jedoch nicht sich selbst, sondern Bro-Ahlo und seine immerhin achtundzwanzig Magier. Diese waren zwar bei Weitem nicht so stark wie die Dunklen Magier, aber sie mussten hier sowieso nur eine Art Zünglein an der Waage spielen.

Bro-Ahlo ließ es sich nicht nehmen, persönlich seine Magier zu koordinieren. Sie mussten nicht alle räumlich zusammen sein, um den magischen Zusammenschluss zu schaffen. Die Entfernung zwischen den einzelnen Magiern spielte dabei kaum eine Rolle.

Die Priester des Lichts, wie sie sich innerhalb der Bulowa-Gemeinschaft nannten, beschworen die vergessenen Götter, von denen sie die Energie des Lichts bezogen. So jedenfalls lautete ihr fester Glaube. Es entstand kurzfristig ein Potenzial, das nicht unterschätzt werden durfte, trotz der dunklen Energie, die hier allgegenwärtig zu sein schien.

Sie griffen mit ihrer Lichtmagie die Bruderschaft von Korinx nicht direkt an, sondern taten etwas ganz anderes: Sie verdrängten ganz einfach die dunkle Energie innerhalb der Festung – vor allem natürlich auf Seiten der Angreifer.

Diese sahen sich plötzlich und völlig unerwartet geschwächt und kamen aus dem Konzept. Vorübergehend verlor König Dur-land die Koordination über sie, denn die Schwächung betraf sogar ihn selbst. Sie hatten beim Angriff viel Energie verschwendet, und das rächte sich jetzt, da sie keine allzu großen Reserven mehr hatten. Ganz im Gegensatz zu den Verteidigern, die sozusagen nach wie vor aus dem Vollen schöpften.

Ehe noch die Angreifer überlegen konnten, welchem Umstand sie die plötzliche Schwächung zu verdanken hatten, mussten sie sich weiter mit den Verteidigern beschäftigen, ehe diese doch noch siegten.

Max Nergaard sprintete los. Er wusste, dass jetzt seine Zeit gekommen war. Er musste zu König Dur-land. Die Schwächung der angreifenden Bruderschaft allein würde nicht genügen, ihren Sieg aufzuhalten. Das spürte er jetzt. Er musste den Koordinator erwischen, also König Dur-land selbst. Dabei freute er sich insgeheim über dessen dummes Gesicht, wenn ihm klar würde, dass Max Nergaard die ganze Zeit über doppeltes Spiel mit ihm getrieben hatte.

Da war nur noch ein Umstand, der Max Nergaard arg zu schaffen machte: Der Schutzschirm! Die magische Barriere hatte sich bereits einmal als unüberwindlich gezeigt. Jetzt, da er das manipulierte Amulett nicht mehr im Besitz hatte, war die Barriere in keiner Weise mehr zu knacken.

Dabei hatte er wirklich nur noch eine Hoffnung: War es der Priesterschaft des Lichts möglich, den König und somit seinen Schutzschirm so weit zu schwächen, dass Max Nergaard der Durchbruch gelang?

Das konnte sie nur schaffen, wenn der Kampf zwischen den feindlichen Ordensbrüdern ungebrochen weiterging. Sie mussten sich gegenseitig systematisch aufreiben.

»Wir müssen es riskieren!«, übermittelte Max Nergaard Bro-Ahlo mit einem gezielten Gedankenimpuls. »Ihr müsst die Bruderschaft gewähren lassen und sämtliche Kräfte allein auf Dur-land konzentrieren. Nur so wird es möglich sein, dass ich bis zu ihm vordringe. Den Rest könnt ihr getrost mir überlassen. Es muss alles sehr schnell gehen, und ihr müsst den richtigen Zeitpunkt abpassen. König Dur-land darf keine Chance haben, sich von der Schwächung zu erholen, und selbst wenn wir Gefahr laufen, dass seine Dunkle Bruderschaft vorübergehend übermächtig wird ... Wenn der König erst einmal vernichtet ist, kann ich aktiv in den Kampf eingreifen und die Ordensbrüder auslöschen.«

»Nicht zu vergessen die Rebellenarmee, die bereit steht. Sie kann jederzeit die Rampe erstürmen«, gab Bro-Ahlo zurück.

»Dann schicke sie sofort auf den Weg. Bis sie in die Festung vorgedrungen ist, um die Dunklen Ordensbrüder unmittelbar anzugreifen, muss ich Dur-land erledigt haben. Nur so haben wir wirklich eine Chance, seinen Sieg doch noch zu verhindern.«

Weiterer Worte bedurfte es nicht mehr.

Max Nergaard war schnell wie nie zuvor in seinem Leben. Er erreichte den Kriegsschauplatz inmitten der Festung in Rekordzeit.

Die Festung war in ihrem Innern nur noch eine rauchende Ruine. Die Ordensbrüder standen sich gegenüber. Sie kämpften nach wie vor nicht mit Waffen; ihr Kampf spielte sich beinahe unsichtbar ab. Man erkannte ihn lediglich an der kochenden Luft, und Hitze schlug Max Nergaard entgegen, die ihm beinahe den Atem raubte.

König Dur-land hatte sich ein wenig zurückgezogen, um aus dem Hinterhalt heraus seine Bruderschaft zu koordinieren. Es sah schlecht aus für die Verteidiger, sehr schlecht. Trotz der Schwächung der Angreifer durch die Priester des Lichts.

Max Nergaard sah darin die Bestätigung für seine Skepsis und auch für seinen Entschluss, dass er König Dur-land unter allen Umständen ausschalten musste.

Er rannte auf Dur-land zu.

Dieser sah auf und sah ihm entgegen. Er zeigte ein zuversichtliches Lächeln, denn er nahm an, dass Max Nergaard zu seiner Verteidigung herbei eilte. Wozu auch sonst?

Max Nergaard hatte nicht die Absicht, den König vor der Zeit vom Gegenteil zu überzeugen.

»Jetzt!«, ging sein Gedankenbefehl an Bro-Ahlo ab...

3

Es war für Dur-land so unerwartet, als sich alle achtundzwanzig Priester des Lichts nur noch auf ihn konzentrierten, um seinen Schutzschirm mit der Magie des Lichts zu knacken, dass er zu spät reagierte – zu spät für den angreifenden Max Nergaard, der im Sprung sein Schwert hoch erhob, um es mit aller Kraft auf Dur-land niederschmettern zu lassen.

Zunächst drang das Schwert in seinen Kopf ein, zweiteilte ihn, fuhr mit scheinbarer Leichtigkeit weiter, blieb jedoch in Höhe des Brustkorbes stecken.

Der Grund war sofort klar: Dur-land verwandelte sich bereits in die Dämonenschlange – und diese hatte so harte Schuppen, dass diese tatsächlich die Klinge aufhalten konnten.

Das hieß, zunächst war die eine Hälfte noch die eines Bulowas und die andere Hälfte des oben auseinanderklaffenden Torsos eine Dämonenschlange. Doch dann wurde das Schwert zurückgeprellt, so dass Max Nergaard es beinahe aus dem Griff verlor. Die beiden Hälften klatschten laut hörbar zusammen und wurden vollends zur Riesenschlange.

Über die gesamte Länge von einigen Metern peitschte sie wütend. Max Nergaard spürte die immer noch mächtige Magie von Dur-land, der nur vorübergehend irritiert gewesen war, sich jedoch viel zu schnell von seiner Überraschung erholt hatte. Blanker Hass sprühte Max entgegen. Jetzt war Dur-land klar, dass er sich in Nergaard getäuscht hatte, dass dieser von Anfang an mit ihm falsches Spiel getrieben hatte – genauso wie mit seinem angeblichen Bruder Sor-land, der ihm als Erster zum Opfer gefallen war.

Und während noch der Kampf zwischen den Dunklen Magiern tobte, in den der König jetzt nicht mehr persönlich eingreifen konnte, entbrannte der zunächst sehr ungleich wirkende Kampf zwischen Max Nergaard und der mächtigen Dämonenschlange.

Mit ihrer geballten magischen Macht versuchte sie, Max Nergaard zu zerschmettern. Als jedoch keinerlei Wirkung eintrat, besann sie sich darauf, dass Max ja völlig immun gegenüber der dunklen Energie war. Ihre Augen blitzten dennoch tückisch, denn sie hatte sehr wohl bemerkt, dass Max Nergaard mit seinem Schwert nichts gegen sie ausrichten konnte.

Der gewaltige Schlangenkopf zuckte vor. Max Nergaard war schnell genug, um auszuweichen, zumindest so weit, dass er von dem zustoßenden Kopf nur gestreift wurde. Aber der Treffer war dennoch so hart, dass er einen normalen Mann auf der Stelle getötet hätte. Max Nergaard wurde zwar verletzt, doch seine eigene Magie heilte ihn in Sekundenschnelle.

Er wusste, dass er in diesem Kampf keine Chance gehabt hätte ohne seinen Symbionten, der sich jetzt veränderte und zu einer federleichten, wenngleich schier undurchdringlichen Rüstung wurde, vergleichbar etwa mit der Härte der Schlangenschuppen. Als würde sich der Symbiont selbständig darauf einstellen und sogar lernen.

Als Max von dem vorzuckenden Schlangenkopf ein weiteres Mal gestreift wurde, weil er nicht ganz so schnell war, wie er es gern gewesen wäre, nahm der Symbiont die meiste Wirkung weg und ließ Max unverletzt. Max schwang sein Schwert, während er vorpreschte, und schlug ein weiteres Mal zu. Die Klinge prallte von dem Schuppenpanzer ab wie ein Zahnstocher von einer Metallplatte. Es war sinnlos.

Aber auch bei seinem ersten Kampf in dieser Art waren seine Hiebe zunächst sinnlos erschienen, und am Ende hatte er dennoch gesiegt! Das durfte er niemals vergessen. Zwar war diese Dämonenschlange hier ungleich stärker als bei seiner ersten Begegnung, als hätte sie gewissermaßen die Stärke ihrer zweiten Hälfte geerbt, als diese von Max Nergaard vernichtet worden war, aber ganz so aussichtslos war sein Kampf dennoch nicht, denn auch er war inzwischen nicht nur stärker geworden, sondern hatte den Symbionten, von dem er glaubte, die vergessenen Götter hätten ihn ihm persönlich gegeben. Dieser zusätzliche Schutz durfte nicht verkannt werden.

Solche Fakten machten Max Nergaard wieder selbstbewusster. Dem dritten Vorzucken des Schlangenkopfes wich er geschickter aus als die beiden vorangegangenen Male. Der Schlangenkopf verfehlte ihn knapp und schlug in die hinter Max Nergaard befindliche Wand ein wie eine Kanonenkugel. Das Gestein, aus dem die Wand gemauert war, zerbröselte durch den Aufprall zu Staub, der in einer schmutzigen Wolke davonstob.

Abermals preschte Max Nergaard vor und wirbelte sein Schwert über den Kopf. Doch noch in der Luft veränderte das Schwert mittels eines Gedankenimpulses sein Gewicht und riss ihn im Schwung zur Seite.

Genau rechtzeitig, denn diesmal wollte die Dämonenschlange den willkommenen Happen aus der Luft schnappen. Das Maul musste sich dazu natürlich öffnen. Es klappte knapp hinter Max Nergaard zu. Er hatte keine Gelegenheit gehabt, rechtzeitig sein Schwert in das geöffnete Maul zu stoßen. Dafür war alles viel zu schnell gegangen. Kaum dass seine Füße den Boden berührten, warf sich Max abermals zur Seite. Der Schlangenkopf verfehlte ihn ein weiteres Mal ganz knapp.

Jetzt sah Max Nergaard, dass die Dämonenschlange zunehmend wütender wurde. Sie hatte wohl angenommen, leichtes Spiel mit ihm zu haben, und musste jetzt erkennen, dass sie ihn immer noch gewaltig unterschätzt hatte.

Max konnte es nur recht sein, wenn die Dämonenschlange die Geduld verlor. Er gönnte sich einen kurzen Seitenblick auf die nach wie vor tobende Schlacht der Dunklen Magier. Ganz klar, die Angreifer behielten nach wie vor die Oberhand. Gleichzeitig spürte er, dass sich die Priester des Lichts vollends von ihm und der Dämonenschlange zurückzogen. Sie hatten erkennen müssen, dass sie hier nichts mehr bewirken konnten, da der Kampf zwischen der Dämonenschlange und Max nicht per Magie durchgeführt wurde. Sie hatten lediglich den Schutzschirm aushebeln können, mehr nicht.

Ein weiteres Mal wich Max Nergaard aus, keine Sekunde zu früh. Der Schlangenkopf schnappte ins Leere. Nur kurz öffnete sich das Maul, viel zu kurz. Max war jedes Mal zu sehr mit dem Ausweichen beschäftigt, als dass er Gelegenheit bekam, in dieses Schlangenmaul sein Schwert zu versenken. Denn das war die einzige Möglichkeit, die Dämonenschlange vielleicht doch noch zu besiegen. Jedenfalls war es so beim ersten Mal gewesen. Irgendwie musste er seine Taktik ändern, sonst dauerte dieser Kampf ewig – oder bis ihn die Kräfte verließen. Wie es aussah, hatte die Dämonenschlange mehr Kraftreserven als er, befand sich also sozusagen am längeren Hebel. Also musste ihm schleunigst etwas einfallen.

Er dachte während eines weiteren Ausweichmanövers, das er erfolgreich durchführte, an das Amulett. Es hatte lediglich dazu dienen sollen, den Schutzschirm aufzuheben, aber hatte es auch noch andere Möglichkeiten? Irgendwo in seiner Erinnerung befand sich die Information, dass die vergessenen Götter das Amulett manipuliert hatten. König Dur-land hatte ja dafür gesorgt, dass man damit seinen Schutzschirm nicht mehr knacken konnte, indem er seine Magie dem Amulett gewissermaßen angepasst hatte. Die vergessenen Götter – so jedenfalls die Erinnerung von Max Nergaard, die ihm geblieben war – hatten das wieder ausgehebelt, natürlich so, dass Dur-land es nicht bemerkte.

Nun, es war alles ganz anders gekommen: Max Nergaard war nichts anderes übrig geblieben, als dem König das Amulett zurückzugeben. Aber wo befand es sich jetzt?

Max Nergaard schaute in Richtung der Stelle, an der sich König Dur-land endgültig in die Dämonenschlange verwandelt hatte. Die Kleidung, die er als Bulowa getragen hatte, war echt gewesen. So viel stand fest, denn sonst wären jetzt keine zerfetzten Kleidungsstücke mehr dort gewesen. Und König Dur-land hatte das Amulett mit Sicherheit bei sich getragen. Konnte es sein, dass es jetzt dort drüben zu finden war?

Max überlegte nicht mehr länger, sondern sprintete im Zickzackkurs hinüber, immer wieder unterwegs von der Dämonenschlange attackiert, aber jedes Mal rechtzeitig ausweichend. Die Dämonenschlange hatte ihn ganz schön weit abgedrängt. Die Sekundenbruchteile, die er benötigte, um die zerfetzten Kleidungsstücke zu erreichen, wirkten für ihn wie bange Ewigkeiten. Er sprang die restliche Strecke und kam in einer gekonnten Rolle vorwärts am Boden auf, just an der Stelle, an der die Kleidungsfetzen lagen. Nur mit seinen magischen Sinnen konnte er das Amulett ausfindig machen. Im Ausrollen ergriff er es und kam federnd auf die Beine.

Die Dämonenschlange war heran. Ihr Schwanz peitschte hektisch, und der Kopf zuckte vor. Er war so schnell, dass Max diesmal nicht ausweichen konnte. Das Maul klaffte weit auf, doch Max hatte sein Schwert in einer ungünstigen Position. Es war zu spät, es in das geöffnete Maul zu rammen. Aber mehr zufällig erwischte ihn das Maul mitsamt dem Amulett, das er krampfhaft in der freien Linken hoch hielt. Das Maul schloss sich um seinen Leib. Die Zähne knackten sogar den Symbionten, trotz dessen Härte, und drangen in sein Fleisch ein.

Max Nergaard wusste im selben Moment, dass die Zähne ein Gift verspritzen konnten, das sogar ihn in Sekundenbruchteilen zu töten vermochte. Doch er dachte nicht daran, nicht einmal an die viel zu geringe Wahrscheinlichkeit, sich doch noch rechtzeitig aus diesem Maul winden zu können – vielleicht mit aller Kraft ... Nein, er dachte nur an das Amulett und konzentrierte sich voll darauf.

Dieses Amulett stammte von den vergessenen Göttern, also den Hauptfeinden der Dunklen Ordensbrüder und vor allem deren Oberhaupt König Dur-land, der sich einst mit der Dämonenschlange verbunden hatte. Max Nergaard durfte jetzt sicher sein, dass er zwar Sor-land vernichtet hatte, aber dass dabei alles, was diesen ausgemacht hatte, auf Dur-land übergegangen war. Er war dadurch also mindestens doppelt so stark geworden, wie er sowieso schon gewesen war. Und die Dämonenschlange, mit der er sich verbunden hatte, war ebenfalls enorm erstarkt. Das war nicht nur im Kampf deutlich geworden. Aber das Amulett war offensichtlich im Ursprung ein Kampfmittel gegen Dur-land und die Dämonenschlange gewesen. Auch das wurde jetzt überdeutlich! Obwohl es dem König gelungen war, das Amulett durch seine Manipulation für seine eigenen Zwecke zu nutzen. Doch die vergessenen Götter hatten ganze Arbeit geleistet, bevor sie das Amulett wieder ihrem Götterboten Max Nergaard überlassen hatten. Und deshalb stoppte der Angriff der Dämonenschlange: Sie öffnete sogar ihr Maul und ließ den schwer verletzten Max Nergaard frei, bevor sie noch ihr Gift in seinen Körper gespritzt hatte.

Stinkender, ätzender Speichel klatschte Max ins Gesicht und nahm ihm die Sicht, doch er brauchte nicht mit seinen menschlichen Augen zu sehen, sondern konnte dies viel besser mit seinen magischen Sinnen. Und so sah er vor sich das immer noch weit geöffnete Maul der Riesenschlange, die wie angewidert zurückzuckte. Er setzte nach, schnell genug, trotz seinen Verletzungen, und stieß endlich sein Schwert so tief in dieses geöffnete Maul hinein, wie er nur konnte. Dabei nahm er keine Rücksicht auf die Zähne, von denen jetzt das Gift zu spritzen begann. Das Gift benetzte den Symbionten, der jedoch spielend damit fertigwurde. Er schloss jetzt auch die Löcher über den schweren Wunden, die das Schlangenmaul Nergaard zugefügt hatte. Kein Tropfen des tödlichen Gifts erreichte Max Nergaard, obwohl er mit beiden Armen tief in dem Schlund steckte, in der einen Hand das Amulett und in der anderen den Bidhänder.

Das bekam der Dämonenschlange ganz und gar nicht: Sie explodierte regelrecht. Es war ein beeindruckendes Schauspiel, viel beeindruckender sogar als die mächtige Detonation, mit der ein Teil der Festung von innen heraus zerfetzt worden war. Blutige Fleischbrocken stoben davon und klatschten gegen die Wände, aber bevor sie dort herunterfallen konnten, lösten sie sich in nichts auf. Genauso wie die übrigen Reste der Dämonenschlange. König Dur-land selbst tauchte jetzt nicht mehr auf. Nachdem sich die Überreste der Dämonenschlange aufgelöst hatten, hörte man immer noch ihren grausigen, durchdringenden Todesschrei, der minutenlang nachhallte und nicht nur Max Nergaard erstarren ließ, sondern alle anwesenden Dunklen Ordensbrüder, egal, zu welcher Fraktion sie gehörten.

Auf Anhieb ließ sich jetzt nicht mehr erkennen, welche der beiden Fraktionen die dominantere war. Das dachten sich auch die jetzt herbeistürmenden Krieger der Bulowas, die endlich die Szenerie erreichten und, ohne auch nur einen Sekundenbruchteil zu zögern, die Dunklen Magier mit herkömmlichen Waffen angriffen. Zunächst die vordersten Magier aus Korinx. Die Bulowakrieger hatten Schwerter, Lanzen, Äxte, Hämmer und auch Bögen. Pfeile bohrten sich tödlich in die Körper der Dunklen Brüder. Hämmer zermalmten ihre Schädel. Äxte zerteilten ihre Körper. Schwerter und Lanzen spießten sie gnadenlos auf. Noch ehe die Magier sich von dem Schock erholt hatten, den das Ableben der Dämonenschlange bei ihnen verursacht hatte, waren die meisten von ihnen schon nicht mehr am Leben. Und als sich die restliche Front der Korinx-Magier gegen die Angreifer zur Wehr setzen wollte, wurde sie gleichzeitig von hinten von ihren bisherigen Widersachern aus Atrax angegriffen, die anscheinend gar nicht begriffen hatten, was überhaupt geschah. Sie schienen anzunehmen, die neuerlichen Angreifer wären auf ihrer Seite. Zumal ja Max Nergaard soeben erst ihren ärgsten Widersacher Dur-land vernichtet und offensichtlich die neuerlichen Angreifer herbeigeführt hatte. Ein tödlicher Trugschluss, den natürlich niemand ausräumen wollte, solange er noch dem eigenen Sieg diente.

Auch Max Nergaard erwachte aus der Erstarrung. Er steckte das Amulett weg, in eine sich dafür extra bildende Tasche des Symbionten, konzentrierte sich kurz auf seine grässlichen Wunden, die jedoch bereits zu heilen begannen, schätzte seine Kampfkraft ein, die zwar ziemlich gebrochen war, jedoch nach wie vor nicht unterschätzt werden durfte, und lief vor. Er umrundete die kämpfenden Parteien, sah, dass die angreifende Bruderschaft bereits fast vollständig aufgerieben war, während auch die verteidigende Bruderschaft zwar nur noch einen kläglichen Haufen darstellte, aber zurzeit völlig unbehelligt blieb. Dies wollte Max Nergaard ändern. Sie achteten sowieso nicht auf ihn, weil sie anscheinend annahmen, er habe sich letztlich doch wieder auf ihre Seite geschlagen, obwohl er ihren König Sor-land vernichtet hatte. Aber mit der Vernichtung des Königs hatte er sozusagen für einen gerechten Ausgleich gesorgt.

Max Nergaard war es nur recht, dass man ihn nach wie vor falsch einschätzte. Er wirbelte sein Schwert über den Kopf und fuhr damit gnadenlos in die Reihen der verteidigenden Magier. Ehe diese begriffen, wie ihnen überhaupt geschah, war es um die meisten von ihnen bereits geschehen. Max richtete unter ihnen ein fürchterliches Blutbad an, und er hatte dabei nicht die geringsten Gewissensbisse. Die verdorbenen Magier hatten jahrtausendelang die Bulowas zu Verbannten werden lassen. Beschäftigt mit ihrem ewigen Krieg gegen die Konkurrenz waren sie zwar davon abgehalten worden, die Welt mit ihrer Terrorherrschaft zu geißeln, aber wenn sie nur die geringste Chance bekämen, würden sie das doppelt und dreifach nachholen. Nein, keiner von denen hatte es verdient, auch nur eine Sekunde länger zu leben, als unbedingt nötig war.

Er spürte, dass die angreifenden Bulowas inzwischen die Dunkle Bruderschaft von Korinx aufgerieben hatten und ihm jetzt zu Hilfe eilten. Die restlichen Dunklen Brüder versuchten verzweifelt, Max mit ihrer Magie beizukommen. Völlig aussichtslos. Sie vergaßen dabei seine Neutralität und Immunität. So hatten Max Nergaard und die Bulowas keine Mühe mehr, sie ebenfalls bis auf den letzten Mann aufzureiben.

Erst als alles vorbei war und Max Nergaard schwer atmend innehielt, um sich wieder seinen nach wie vor schmerzenden Wunden zu widmen, fiel ihm auf, dass es keine Leichen gab: Alle Dunklen Magier, wie sie in unnatürlicher Weise seit Jahrtausenden gelebt hatten, waren im Tode wie ins Nichts verschwunden.

Und noch etwas registrierte er: Die dunkle Energie, die das ganze Land beherrscht hatte und natürlich auch die Festung, reduzierte sich, als würde sie einfach so im Boden versickern.

Waren die vergessenen Götter daran schuld? Verdrängten sie die dunkle Energie?

Vergessene Götter?

Er runzelte überrascht die Stirn. Da war etwas in seinem Kopf, das danach drängte, endlich ans Licht zu kommen. Erinnerungen, die so fremd waren, dass er glauben wollte, sie könnten unmöglich von ihm selbst stammen. Das verwirrte ihn zusehends, weshalb er gar nicht mitbekam, dass die Bulowa-Krieger ihn als ihren Superhelden feierten.

Erst der Gedankenimpuls von Bro-Ahlo brachte ihn wieder zu Sinnen: »Danke, Max Nergaard, danke! Und – äh: Könnte es vielleicht sein, dass du tatsächlich der Götterbote bist, für den du dich zu Beginn ausgegeben hast? Dann muss ich mich in aller Form bei dir entschuldigen, dass ich dir so viel Zweifel entgegengebracht habe!«

»Schon gut«, murmelte Max Nergaard schwach und verstärkte seine Worte zu einem gezielten Gedankenimpuls an Bro-Ahlo, als ihm einfiel, dass dieser ihn natürlich nicht hören konnte, weil er nicht persönlich anwesend war. Die achtundzwanzig Priester des Lichts, die jetzt damit beschäftigt waren, die dunkle Energie aus den Reichen Korinx und Atrax zu vertreiben, hatten sich zurückgehalten und aus sicherer Entfernung in die letzte Schlacht eingegriffen.

Äußerst erfolgreich sogar, was jetzt nicht mehr zu leugnen war.

Gottlob!, dachte Max Nergaard und fühlte sich halbwegs zufrieden. Nur halbwegs, denn zwar hatte er seine Mission hiermit erfolgreich abgeschlossen, aber andererseits: Was waren das nur für seltsame Gedanken in seinem Schädel – gepaart mit Erinnerungen, die so unglaublich fremdartig erschienen, dass es ihn abermals schwindelte?

4

»Es ist vollbracht!«, sagten seine Lippen, und auch diese Worte wurden gedankenverstärkt, damit die Priester des Lichts sie empfangen konnten. »Meine Mission ist erfüllt. Die vergessenen Götter, die mich schufen, um für sie die letzte Schlacht zu gewinnen, rufen mich wieder zu sich. Es bleibt mir keine Zeit mehr...«

Worte zwar von seinen Lippen – und scheinbar Gedanken aus seinem Kopf, aber er war völlig sicher, dass es weder seine Gedanken noch seine Worte waren. Wer, um alles in der Welt, bediente sich in solchem Maße seiner? Die vergessenen Götter, weil sie genau das jetzt tun wollten, was sie durch ihn mitgeteilt hatten – ihn nämlich zu sich rufen?

Eine Lichtpyramide zuckte um ihn herum auf, so blendend hell und fluoreszierend, dass er unwillkürlich die Augen schloss, obwohl ihn die Helligkeit gar nicht zu blenden vermochte.

Als er die Augen wieder öffnete, empfing ihn vollkommene Dunkelheit, an einem Ort, der nicht mehr derselbe war und wohin kein Lichtstrahl sich verirren konnte.

Doch halt, so dunkel war es gar nicht. Seine menschlichen Augen konnten sich rasch anpassen und nahmen jetzt eine Lichtquelle wahr, die zwar kaum ausreichte, um mehr als nur ein paar Schritte im Umkreis zu erleuchten, aber dieses Licht saugten seine Augen regelrecht auf. Es war für sie eine Art Orientierungspunkt, bevor sich seine Sinne in der Weite der Finsternis verloren.

Max Nergaard erinnerte sich endlich seiner magischen Sinne, die er gleichzeitig einschaltete, um die Finsternis zu vertreiben. Mit diesen Extrasinnen erkannte er, dass er sich in einer gigantischen Höhle befand – und er wusste plötzlich, wo diese Höhle zu finden war.

»Der Berg der vergessenen Götter!«, murmelte er fassungslos.

Also doch: Die vergessenen Götter hatten ihn zu sich gerufen, jetzt, da er ihre Mission so erfolgreich abgeschlossen hatte. Und was folgte nun? Hatten sie ihn extra für diese Mission geschaffen, wie er beinahe angenommen hatte, um ihn jetzt wieder in das Nichts zurückzuschicken, aus dem er gekommen war?

Seine Augen verengten sich unwillkürlich zu schmalen Schlitzen, während er die Lichtquelle betrachtete. Sie war nur ein ungeordneter Kristallhaufen, erinnernd an ein riesiges Blatt Papier, das ein Riesenbaby zusammengeknüllt und achtlos weggeworfen hatte. Ein Kristallhaufen, der aus sich heraus leuchtete, aber kaum genügend Licht erzeugte, um die Umgebung zu erhellen.

Doch es gab nicht nur diesen unförmigen Kristallhaufen, sondern auch einen Mann, der ein wenig abseits stand und ihn abschätzend musterte. Ein hochgewachsener Mann in einem bodenlangen Umhang, wie einer der Dunklen Magier, und mit Haaren aus Silber. Die Augen waren blutrot, nicht wie die eines Menschen. Der Fremde wirkte unheimlich. Von ihm ging eine geheimnisvolle Macht aus, die sich Max Nergaard nicht erklären konnte. Irgendwie ahnte er, dass er gegen den Fremden nicht die geringste Chance gehabt hätte.

Ein Name tauchte aus seinem Unterbewusstsein auf: Xybrass! Und dieser bodenlange Umhang ... Das war ein Symbiont, genau wie derjenige, den Max Nergaard trug. Das Gesicht des Fremden ... Es musste nicht sein wahres Gesicht sein, denn dieser Xybrass konnte in jeder Gestalt auftauchen, wie es ihm beliebte.

Der Symbiont, den Max trug ... War er von diesem Fremden an ihn übergeben worden?

Eine Frage, die sich in sein Gehirn bohrte wie ein flammendes Fanal, und die Antwort erschreckte ihn zutiefst, so dass er sie laut ausstieß: »Ja!«

»Hilf ihm, sich zu erinnern«, bat Xybrass und meinte damit offensichtlich nicht Max, sondern ... den Kristallhaufen?

Dieser reagierte darauf: »Ich muss vorsichtig sein. Er ist schwer verletzt, und sein ganzer Körper ist mit der Heilung beschäftigt. Das schwächt ihn sehr. Und ich darf keinen Schock auslösen, nicht, solange er sich in diesem Zustand befindet.«

»Ich weiß, aber ich möchte auch nicht, dass ihn die Situation an sich zu sehr schockiert. Du musst sorgfältig dosieren.«

Die vergessenen Götter? Waren das jene, für die er in die Schlacht gezogen war? Hatten sie ihn erschaffen, damit er ihnen diente?

Nein!, antwortete er sich selbst.

»Nein!«, sagte er jetzt laut. »Xybrass und der Wächter! Der Dimensionsriss, der Riss im Raum-Zeit-Kontinuum. Die Mission. Vollbracht!«

Xybrass nickte wohlwollend. »Ja, gewiss, Max Nergaard, du hast die Mission sogar mit Bravour gemeistert. Etwas, das mir leider selbst nicht vergönnt gewesen war. Oder was glaubst du, woher Dur-land jenes Amulett hatte? Es ist ein hochentwickeltes technisches Instrument, nur eben in der Form eines Amuletts. Eine Form, die der Tarnung dienen sollte. Klar, dass Dur-land nicht verstand, was er da wirklich in Händen hielt. Ich wollte damit seinen Schutzschirm knacken und ihn vernichten, doch es blieb mir nur die eilige Flucht. Sonst wäre ich auf der Strecke geblieben. Das Amulett musste ich leider zurücklassen. Somit warst du deutlich erfolgreicher als sogar ich es je hätte sein können!«

»Von dir stammt das Amulett?«, wunderte sich Max Nergaard. Ein so mächtiges Wesen – und dennoch weniger erfolgreich als er, Max Nergaard?

Nun, zumindest bei dieser einen Mission!, gestand er sich ein. Das heißt noch lange nicht, dass ich ihm auch in anderer Hinsicht überlegen sein könnte.

Xybrass lachte humorlos und bewies ihm damit, dass er spielend in der Lage war, seine Gedanken zu lesen, wenn er wollte: »Du schätzt das schon goldrichtig ein, Max Nergaard, und ich sehe, dass du dich in Rekordzeit erholst. Das ist nicht unwichtig, denn ich bin nicht umsonst hier. Ich musste sowieso schon viel zu lange abwarten, um dich nicht bei deiner Mission zu stören. Ich bin gekommen, nicht nur um dir für das Gelingen zu gratulieren, sondern weil ich dich dringender denn je benötige.«

»Noch eine weitere Mission? Dann bist du eine Art Sprecher der vergessenen Götter?«

Xybrass schüttelte den Kopf. »Nein, denn es gibt diese vergessenen Götter gar nicht. Sie entstammen lediglich dem Glauben der Bulowas. Hier, an dieser Stelle, befindet sich lediglich der Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, bewacht von dem Wächter. Dieser Riss ist in Wahrheit eine Art Weltentor. Solche Weltentore gibt es überall im Universum, in der Regel jedoch weit außerhalb der Galaxien, in den gigantischen Leerräumen dazwischen. Bedenke, an vielen Stellen des beobachtbaren Universums gibt es Leerräume mit einem Durchmesser von mehreren hundert Millionen Lichtjahren. Es ist absolut selten, dass ein Weltentor auf einem Planeten entsteht. Meist entstehen sie spontan, öffnen sich – und verschwinden auch gleich wieder. Dieses Tor hier hat eine Besonderheit, die es beinahe einmalig macht: Es ist permanent – und man kann damit fast jeden beliebigen Punkt in einem parallelen Universum erreichen, falls sich dieser Punkt außerhalb der größeren Materieansammlungen befindet. Deshalb entschlossen sich die Uralten dazu, es bewachen zu lassen. Leider hat der Wächter vor rund fünftausend Jahren vorübergehend versagt. Es war die Zeit, als der Große Krieg zwischen den Dhuuls und den Uralten tobte, nicht nur in dieser Galaxis, sondern übergreifend auf andere Galaxien. Ein Krieg ohne Sieger, aber mit Erben: Die Kyphorer gründeten den Bund von Dhuul-Kyphora, indem sie mit den letzten Dhuuls einen Pakt schlossen, um deren Sternentore zu übernehmen und somit deren Macht. Nur die Uralten verschwanden spurlos, ohne Erben zu hinterlassen, und es gibt für sie nur einen einzigen Verbündeten: Mich! Wenn du also so willst: Die vergessenen Götter sind gewissermaßen identisch mit den Uralten, die im Übrigen von vielen Völkern von niedrigerer Entwicklungsstufe tatsächlich Götter genannt wurden, auch hier, auf diesem Planeten, den die Menschen Phönix nennen.«

Max Nergaard schwindelte. Die auftauchenden Erinnerungsfetzen waren wie Puzzleteile, die ein spielendes Kleinkind gründlich durcheinandergemischt hatte. Es machte Mühe, sie zu ordnen; vor allem wusste Max nicht, wo er damit beginnen sollte.

Nur der Begriff Uralte ... Den hatte er doch schon einmal gehört?

»Du bist zur Hälfte die Manifestation eines Uralten!«, hörte er die Stimme von Xybrass und begriff endlich, dass diese Stimme sein Bewusstsein gar nicht über die Ohren erreichte, sondern unmittelbar in seinem Kopf aufklang. Und er erinnerte sich jetzt, dass er es verhindern konnte, wenn Xybrass seine Gedanken lesen wollte. Es gehörte zu seinen besonderen Fähigkeiten.

»Ein halber Uralter?«, echote er und lauschte seinen eigenen Worten nach, ohne sie zu begreifen.

»Erinnere dich daran, was der Konzern MAFIA mit dir gemacht hat. Sie haben dich verdoppelt. Es gab danach das Original von Max Nergaard und es gab einen perfekten Klon. Der Klon war ein wiedergeborener Uralter, doch ohne jegliche Erinnerung an seine eigene Identität, sondern nur an die Identität des Originals. Später haben sich Original und Klone wieder vereint. Von da an wurde alles anders für dich. Du bist jetzt zur Hälfte einer der legendären Uralten.«

»Die spurlos verschwanden?«

»Ja, denn es gibt nur noch ein Wesen, das weiß, was damals wirklich geschah – und dieses Wesen bin ich. Eine besondere Ironie, denn ich bin einer der letzten beiden noch lebenden Dhuuls. Ich lebe schon seit Jahrtausenden und werde nach Lage der Dinge ewig leben. Das ist meine gerechte Strafe, denn ich bin einer der beiden Dhuuls, die es geschafft haben, ihr ganzes Volk auszulöschen – diejenigen Dhuuls nämlich, die den großen Krieg damals überstanden und ihre körperliche Existenz beibehielten.«

»Und ausgerechnet du bist der wichtigste Verbündete der Uralten, die anscheinend nicht mehr persönlich in das Geschehen eingreifen können?«, vergewisserte sich Max Nergaard.

»Ich bekenne dir gegenüber diese Dinge, weil ich es als nötig erachte. Von deiner Art gibt es noch weitere, allerdings entstanden sie unter anderen Umständen. Du wirst auch darüber aufgeklärt werden, jedoch zu einem späteren Zeitpunkt. Sieben von ihnen wirst du begegnen. Sie sind alle sieben perfekte Klone, ohne sich darüber im Klaren zu sein. Du sollst sie ergänzen. Sie brauchen dich dringend, denn ich fürchte, ohne dich und deine Fähigkeiten werden sie ihre Mission nicht lebend überstehen.«

»Dann sind sie echte Uralte, die wiedergeboren wurden, ohne es zu wissen? Und ich bin nur ein halber Uralter – und ihnen dennoch überlegen?’«

»Ja, Max Nergaard, so ist es. Daher ist es nötig, dass du diesen kleinen Wissensvorsprung ihnen gegenüber bekommst. Aber du darfst es ihnen unter keinen Umständen sagen. Das wäre viel zu früh. Sie sind dazu vorgesehen, sich ebenfalls irgendwann mit ihren Originalen zu vereinen, genauso wie du es getan hast. Aber bis dahin gibt es noch schier unendlich viel zu tun. Die Originale werden die Erde zurückerobern, die von den Kyphorern besetzt gehalten wird.«

»Und so dürfen sie auch nicht erfahren, dass du hinter alledem steckst?«

»Nur zum Teil, Max Nergaard. Sie dürfen durchaus wissen, dass ich dich ihnen in die Hände gespielt habe – dann, wenn dies erfolgt ist. Mehr Wissen wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt schädlich.«

Für Max Nergaard waren das nicht wirklich Informationen. Dafür klang alles viel zu orakelhaft und außerdem ... viel zu unwirklich. Was war das für eine verrückte Geschichte?

»Und ich nehme an, sie dürfen auch nicht wissen, dass du ein Verbündeter der Uralten bist?«

»Das darf sowieso niemals jemand erfahren, denn wenn es die Falschen sind, bin ich verloren – und somit die Sache, für die ich kämpfe.«

»Deine persönliche Mission?«

»Wenn du so willst: ja! Und glaube mir, es hängt viel mehr davon ab als vom Gelingen deiner Mission hier auf Phönix. Damit will ich deinen Erfolg keineswegs schmälern, denn durch deinen Sieg ist das Weltentor jetzt wieder aktiv – immerhin nach rund fünftausend Jahren. Wir werden in der Lage sein, es zu benutzen, rechtzeitig, damit dich das Randall-Team findet.«

»Randall?«, hakte Max Nergaard sogleich nach. Seine Miene verfinsterte sich.

»Du kennst ihn?«

Xybrass bemühte sich, seine Gedanken zu lesen. Max Nergaard spürte es. Doch er hatte sich jetzt wieder so weit im Griff, dass er es verhindern konnte. Es gelang ihm sogar spielend leicht.

»Ken Randall! Er ist ein Survival Spezialist im Sold von Mechanics Inc.«

»Ja – und du warst einer bei MAFIA. Aber glaube mir, Max Nergaard, nachdem die Kyphorer die Erde überrannt haben, spielen die Konzerne keinerlei Rolle mehr. Sie wurden als Erstes zerschlagen. Gewöhne dich besser daran, dass Ken Randall kein Konkurrent mehr ist, sondern in Zukunft ein wertvoller Verbündeter.«

»Und er ist wirklich nur ein Klon, ohne es zu wissen? Nichts unterscheidet ihn vom Original?«

»Das hast du richtig verstanden. Kennst du auch Tanya Genada?«

Max Nergaard überlegte kurz. Dann schüttelte er den Kopf. »Nie gehört«, gab er zu.

»Dann wussten die Konzerne tatsächlich nicht alles übereinander, denn sie ist eine erfolgreiche Kollegin von Ken Randall. Du wirst sie mögen, genauso wie die restlichen Mitglieder des Teams. Sie sind zu siebt – und du wirst gewissermaßen der achte Mann in diesem Team.«

»Wo soll ich sie treffen?«

»In einer anderen Welt, in einem anderen Universum, das wir durch dieses Weltentor erreichen.« Xybrass machte eine allumfassende Geste. »Diese Höhle hier ist das Tor, natürlich entstanden, mitten im Berg. Die Energien, die das Weltentor stabilisieren, kennst du als dunkle Energie. Eigentlich ist die Energie neutraler Natur, aber die verdorbenen Magier der Reiche Atrax und Korinx haben sie entarten lassen und es gelang ihnen, den Riss im Raum-Zeit-Kontinuum permanent anzuzapfen. So wurde aus dem Weltentor die Quelle der Magie. Für viele Magier auf dieser Welt wird sich das zwar nicht ändern, aber das Weltentor kann jetzt endlich wieder benutzt werden, Dank dir!«

Zwar konnte Max Nergaard noch immer nicht alles begreifen, obwohl er inzwischen einen Großteil seiner Erinnerungen zurückgewonnen hatte – auch die Erinnerung daran, dass er selbst gewollt hatte zu vergessen, um im Falle einer Niederlage nichts verraten zu können –, aber er spürte den Ernst der Situation: Xybrass wollte, dass er jetzt mit ihm kam?

Dagegen hatte er jedoch einen Einwand: »Was ist mit dem Stamm, der mich aufgenommen hat, nachdem ich auf dieser Welt strandete? Ich muss wissen, dass es ihm an nichts fehlt und vor allem, dass er nicht gefährdet ist, ehe ich dieser Welt für unbestimmte Zeit den Rücken kehre. Vielleicht komme ich ja auch niemals wieder zurück?«

Xybrass runzelte in der typischen Art eines Menschen die Stirn. Max wusste nicht, ob diese zur Schau getragene Menschlichkeit nur gespielt war. Er dachte daran, dass die Uralten und die Dhuuls den großen Krieg gegeneinander ausgefochten hatten, vor immerhin fünftausend Jahren, der danach gewissermaßen im verkleinerten Stil auf Phönix zwischen Atrax und Korinx fortgeführt worden war. Und er dachte an die Tatsache, dass die Dhuuls und die Uralten Todfeinde gewesen waren. Und ausgerechnet dieser Dhuul da vor ihm war der wichtigste Verbündete jener geheimnisvollen Uralten, über die er nicht einmal sagen wollte, wo sie abgeblieben waren nach dem Krieg?

Aber hieß es nicht auch, dass er selbst zumindest zur Hälfte ein solcher Uralter war, obwohl er sich daran in keiner Weise erinnern konnte? Wieso eigentlich nicht? Wieso fehlte ihm jegliche Erinnerung daran? Lag es in dem Umstand begründet, dass die Uralten inzwischen tatsächlich zu Göttern geworden waren? Dann war es eigentlich nur logisch, dass er sich nicht an diese Existenz erinnern konnte, weil die Existenz eines Gottes von einem menschlichen Gehirn natürlich in keiner Weise begriffen werden konnte. Auch dann nicht, wenn der Betreffende über besondere Sinne verfügte, so wie er.

Nun wusste er wenigstens, was ihn so sehr verändert hatte nach der Vereinigung damals auf der Erde.

Damals?

Nun, es war seiner Schätzung nach rund ein Vierteljahr her, irdischer Zeitrechnung, aber seither war schier unendlich viel geschehen, aus seiner Sicht betrachtet...

»Es ist sehr nobel von dir, Max Nergaard, und ich würde lügen, hätte ich nicht auf diese Haltung gehofft! Denn in der Tat: Der Bulowastamm, tief in den Bergen, ist in akuter Gefahr. Er benötigt dringend deine Hilfe. Und ich würde falsch handeln, wenn ich dich jetzt stattdessen zwingen würde, mich zu begleiten. Das ist zwar überaus dringlich, aber nicht so dringlich wie die Hilfe für die Bulowas.« Er schwieg eine Sekunde, bevor er weitersprach: »Übrigens habe ich die Blockade gelöst, für dich unbemerkt. Du kannst jetzt voll und ganz über deine Teleporterfähigkeit verfügen. Also kannst du dir diesmal den weiten Marsch bis zu jener Enklave in den Bergen sparen. Du kannst jeden Ort erreichen auf diesem Planeten, an dem du körperlich präsent warst in den letzten Monaten. Du musst dich einfach nur darauf konzentrieren.«

»Tatsächlich?« Max Nergaard überlegte – und erinnerte sich an die Szene, nachdem er König Sor-land besiegt hatte. Eigentlich hätte er beim Angriff der aufgebrachten Dunklen Ordensbrüder sterben müssen, aber er war gerettet worden ... Seine Teleporterfähigkeit? Tatsächlich! Sie hatte ihn gerettet. Der Wächter hatte das nicht bewirkt, wie er anfangs angenommen hatte. Er war es selbst gewesen. Die Blockade durch Xybrass hatte dieses winzige Zugeständnis beinhaltet, dass er diese Fähigkeit angesichts des Todes hatte einsetzen können. Und jetzt konnte er frei darüber verfügen?

Nun, das hatte durchaus seine Vorteile, wie er zugeben musste.

Er zwang sich zu einem Lächeln, zumal er feststellte, dass seine schweren Verletzungen inzwischen weitgehend geheilt waren. Lag es an der besonderen Atmosphäre dieses seltsamen Ortes, der wirklich etwas Mystisches hatte? Kein Wunder, schließlich war er ein Weltentor, ein Tor zwischen zwei Universen, also als ein Star Gate ganz besonderer Art...

»Nur noch eine Frage«, meinte Max Nergaard, ehe er zu den Bulowas zurückkehrte. »Dieser Symbiont, den ich anscheinend dir verdanke...?«

»Er ist kein lebendes Wesen, sondern ein technisches Produkt, geschaffen von den Uralten, schon lange vor dem großen Krieg. Er besteht aus ungezählten Nanorobotern, die sich selbst reproduzieren und modifizieren können, wobei sie auf dein Unterbewusstsein reagieren.«

»Aber woher beziehen sie die Energie?«

»Diese Energie kommt aus dir selbst, Max Nergaard. Deswegen ist die Bezeichnung Symbiont nicht ganz falsch. Und was die Energien betrifft, die aus dir selbst kommen, als wärst du selbst eine Art Riss im Raum-Zeit-Kontinuum: Was glaubst du, weswegen du diese Teleporterfähigkeit hast? Ich besitze sie ebenfalls, aber sie wurde mir von den Uralten verliehen, während du, als ein halber Uralter, gewissermaßen auf natürliche Weise darüber verfügst. Nicht jeder Wiedergeborene übrigens, auch nicht jeder Wiedervereinte.«

»Wie soll ich das verstehen?«

Xybrass machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das ist jetzt nicht so wichtig«, wiegelte kurzerhand ab. »Du brauchst nur zu wissen, dass der Symbiont ein sehr fähiger Kampfanzug ist, wenn du ihn im Kampf benötigst, aber auch ansonsten überaus nützlich. Das wirst du im Laufe der Zeit selbst herausfinden.«

»Danke für die Information – bis später!«

Von einem Augenblick zum anderen war die Stelle, an der Max Nergaard gestanden hatte ... leer.

5

Es war für ihn selbst ein mehr als erstaunliches Erlebnis. Nicht faszinierend, weil es nicht das erste Mal war, aber erstaunlich. Vor allem auch deshalb, weil er es jetzt bewusst herbeiführen konnte.

Max Nergaard materialisierte inmitten des zentralen Marktplatzes in dem kleinen Dorf, in dem er wochenlang Zuflucht gefunden hatte. Er hatte hier eine Menge gelernt über die Bulowas – und jetzt sollte er sie verlassen, vielleicht sogar für ... immer?

Es gab ihm einen Stich ins Herz, wenn er nur daran dachte. Er spielte mit dem Gedanken, Xybrass seine Gefolgschaft zu verweigern. Aber er war als Survival-Spezialist gewohnt, Befehle zu empfangen. Zwar war er nicht gerade ein Musterbeispiel von Befehlsempfänger gewesen, sonst hätte ihn die Konzernspitze und insbesondere Sicherheitschef Parisi damals nicht als Versuchskaninchen für jene unseligen Experimente missbraucht...

Damals?