STAR GATE – das Original: Die 13. Kompilation - Wilfried A. Hary (Hrsg.) - E-Book

STAR GATE – das Original: Die 13. Kompilation E-Book

Wilfried A. Hary (Hrsg.)

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Beschreibung

STAR GATE – das Original: Die 13. Kompilation  

Wilfried A. Hary (Hrsg.): „Die Bände 121 bis 130 der laufenden Serie STAR GATE – das Original – zusammengefasst!“

 

Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser schätzten das frühere Heftformat und genießen das Taschenbuchformat, in dem die Serie inzwischen erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie.

Für diese haben wir nun die nächste Kompilation geschaffen, basierend auf den folgenden Bänden der laufenden Serie:

121 »Kosmische Ränke I« Erno Fischer (KF)

122 »Kosmische Ränke II« Erno Fischer (KF)

123 »Tod im All« Wilfried A. Hary (SB)

124 »Sankrium« Wilfried A. Hary (SB)

125 »Der Schatten der Skulls I« W. Berner (LB)

126 »Der Schatten der Skulls II« W. Berner (LB)

127 »Zentrum im Nirgendwo« Wilfried A. Hary (SB)

128 »Ser Clahk« Wilfried A. Hary (SB)

129 »Medos« Wilfried A. Hary (SB)

130 »Recall« Wilfried A. Hary (LB)

(In Klammern: Abkürzung des jeweiligen Coverkünstlers des Originals!)

 

Viel Freude beim Lesen dieser immerhin wieder ganze 10(!) Bände umfassenden  Kompilation!

 

Euer Wilfried A. Hary (Hrsg.)

 

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie

STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary,

Frank Rehfeld

 

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch)

by hary-production.de

 

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!

 

ISSN 1860-1855

© neu 2019 by HARY-PRODUCTION

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150 * HaryPro.de * eMail: [email protected]

 

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 

Coverhintergrund: Anistasius, Logo: Gerhard Börnsen

 

Nähere Angaben zum Herausgeber und Hauptautor siehe Wikipedia, Suchbegriff Wilfried A. Hary: de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary

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Veröffentlichungsjahr: 2020

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Wilfried A. Hary (Hrsg.)

STAR GATE – das Original: Die 13. Kompilation

„Die Bände 121 bis 130 der laufenden Serie STAR GATE – das Original – zusammengefasst!“

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“! BookRix GmbH & Co. KG81371 München

STAR GATE – das Original:

 

Die 13.

Kompilation

 

Wilfried A. Hary (Hrsg.)

 

Impressum:

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original: Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld.

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de.

ISSN 1860-1855

Diese Fassung basiert auf den Romanen

der laufenden Serie!

© 2020 by HARY-PRODUCTION

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken

Telefon: 06332-481150

www.HaryPro.de

eMail: [email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und

Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

Lektorat: Werner Schubert

Logo: Gerhard Börnsen

Coverhintergrund: Anistasius

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!

Vorwort

 

Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser schätzten das frühere Heftformat und genießen das Taschenbuchformat, in dem die Serie inzwischen erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie.

Für diese haben wir nun die nächste Kompilation geschaffen, basierend auf den folgenden Bänden der laufenden Serie:

 

121 »Kosmische Ränke I« Erno Fischer (KF)

122 »Kosmische Ränke II« Erno Fischer (KF)

123 »Tod im All« Wilfried A. Hary (SB)

124 »Sankrium« Wilfried A. Hary (SB)

125 »Der Schatten der Skulls I« W. Berner (LB)

126 »Der Schatten der Skulls II« W. Berner (LB)

127 »Zentrum im Nirgendwo« Wilfried A. Hary (SB)

128 »Ser Clahk« Wilfried A. Hary (SB)

129 »Medos« Wilfried A. Hary (SB)

130 »Recall« Wilfried A. Hary (LB)

 

(In Klammern: Abkürzung des jeweiligen Coverkünstlers des Originals!)

 

Viel Freude beim Lesen dieser immerhin wieder ganze 10(!) Bände umfassenden Kompilation!

Euer Wilfried A. Hary (Hrsg.)

 

STAR GATE – das Original 121/122:

 

Kosmische Ränke

 

Teil 1 und 2 von Erno Fischer:

»Die fliegenden Steine von Candor – und weitere Katastrophen galaktischen Ausmaßes!«

 

Cat Groskowsky wird auf eine Welt namens EXZAS geschickt. Diese Welt ist dem Untergang geweiht, weil der oberste kyphorische Besatzer vor Ort dies so beschlossen hat und sich immerhin sechzig Jahre lang strategisch darauf vorbereitete.

Cat befindet sich in der Vergangenheit dieser Welt, um das Schlimmste zu verhindern. Damit beschwört sie nicht weniger als das Schlimmste für sich selber herauf, doch es gelingt ihr, diese Mission erfolgreich zu beenden. Allerdings zu einem sehr schmerzlichen Preis: Sie hat sich in einen Kyphorer verliebt, musste vom Stationscomputer jedoch dessen Erinnerung an sie und die gemeinsame schöne Zeit löschen lassen, um mit dieser Verbindung nicht ein Zeitparadoxon heraufzubeschwören. Immerhin befindet sie sich hier vierzig Jahre in der Vergangenheit.

Und jetzt will sie eigentlich nur noch die Zeit bis zur Gegenwart erinnerungslos im Tiefschlaf zubringen, nicht mehr mit einem Einwand durch den Stationscomputer rechnend…

 

DIE HAUPTPERSON:

Cat Groskowsky – vierzig Jahre in der Vergangenheit des Planeten EXZAS erfährt sie, dass noch eine andere große Aufgabe auf sie wartet, die sie nicht verschieben sollte…

 

*

 

»Äh, darf ich noch einen letzten Einwand geltend machen, Erbauerin?«, meldete sich der Stationscomputer überraschend, ehe Cat auf der Tiefschlafliege Platz nehmen konnte.

Sie stoppte unwillkürlich. Da war etwas in der Gedankenstimme des Stationscomputers, das sie aufhorchen ließ.

»Was denn noch?«, fragte sie laut und gab sich dabei deutlich genervt.

»Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass du deinen Schmerz vergessen möchtest, aber bedenke, du wirst die vierzig Jahre im Tiefschlaf verbringen, also wird für dich überhaupt keine Zeit vergehen. Mit anderen Worten: Wenn du in deiner Gegenwart erwachst, ist der Schmerz über die Trennung von deinem Geliebten Sozum Gorma so groß wie jetzt, keinen Deut kleiner.«

»Aber dann wird Sozum erst recht unerreichbar für mich sein, denn für ihn werden vierzig Jahre vergangen sein – vierzig Jahre, in denen er sich nicht mehr an mich erinnern kann!«, gab Cat zu bedenken.

»Und was, wenn ich einen besseren Vorschlag hätte?«

»Wie bitte?« Cats Haltung versteifte sich. Was führte der Stationscomputer nun wieder im Schilde? Erfahrungsgemäß nichts Gutes, wenn er sich so vorsichtig an ein Thema herantastete.

Sie seufzte, machte jedoch keine weiteren Anstalten, sich auf die Tiefschlafliege niederzubetten.

»Fass dich kurz, also wirklich kurz, Comp!«, drohte sie.

»Es gibt eine Welt innerhalb des Bundes von Dhuul-Kyphora, die seit nunmehr dreitausend Jahren irdischer Zeitrechnung eine ganz besondere Rolle spielt für alle Kyphorer, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Diese Welt nennen sie Candor. Für ihre Ureinwohner hat sie jedoch keinen Namen, genauso wenig wie die Ureinwohner selbst einen Namen haben. Sie besitzen keine Sprache.«

»Keine Sprache?«, echote Cat, halbwegs gelangweilt. »Aber wie verständigen sie sich dann?«

»Genauso wie wir beide in der Regel: Telepathisch! Allerdings ist den Kyphorern das bis heute nicht klar. Sie glauben, die Ureinwohner hätten das Kunststück geschafft, schon bei ihrer ersten Begegnung mit ihnen in Rekordzeit ihre Sprache zu erlernen. Sie wissen nicht, dass die Ureinwohner von Candor mit ihren Gedanken zu ihnen sprechen, wenn es zu einem der eher seltenen Kontakte kommt.«

»Worauf willst du eigentlich hinaus? Was soll das, bitte schön, jetzt für mich bedeuten? Etwa, dass es mir hilft, meinen Schmerz zu überwinden, wie du großspurig angekündigt hast?«

»Ich bin ja noch nicht fertig, Erbauerin, mit Verlaub. Also, diese Ureinwohner spielen auch eine besondere Rolle bei uns Stationscomputern.«

»Soll das heißen, sie wissen von euch, trotz aller Sicherheitsvorkehrungen und trotz aller Geheimhaltung?«

»So ist es. Aber das birgt für uns keinerlei Risiko. Das würdest du selber erkennen, sobald du in Kontakt mit ihnen treten würdest.«

»Warum sollte ich das tun?«

»Nun, die Erbauer, also deinesgleichen, nannten die Ureinwohner Siks, was in der längst vergessenen Sprache der Uralten so viel bedeutet wie Pflanzengeborene. In der Tat sind wir der Auffassung, dass es sich bei den Siks um unmittelbare Verwandte von Yggdrasil handelt.«

»Moment mal: Yggdrasil? Ist das nicht der Weltenbaum der nordischen Sagen?«

»Er ist mehr als nur eine Sage, obwohl er vor nunmehr zwei Milliarden Jahren quasi aufhörte zu existieren. Zuvor breiteten sich seine Wurzeln durch die Dimensionen in diesem Universum und darüber hinaus aus. Ein Wurzelgeflecht, das benutzt werden konnte wie heute die STAR GATES. Gewissermaßen STAR GATES auf pflanzlicher Basis.«

»Also, um das richtig zu verstehen: Soll das etwa bedeuten, die Rasse der Siks ist mindestens zwei Milliarden Jahre alt?«

»Mehr noch als das, Erbauerin, denn es gibt nicht wirklich eine Rasse der Siks, also Einzelwesen, die sich fortpflanzen und somit ihre Art erhalten, sondern die Siks waren damals schon dieselben wie heute. Wir wissen es nicht sicher, aber wir vermuten, sie haben einen Alter von mindestens vier Milliarden Jahren!«

»Das ist unmöglich!«, entfuhr es der fassungslosen Cat Groskowsky.

»Doch, damit waren sie bereits existent, als es die Uralten, also unsere Erbauer, noch lange nicht gegeben hat. Und sie existieren immer noch, obwohl die Erbauer vor Jahrtausenden ziemlich plötzlich verschwanden. Mit deiner Ausnahme natürlich, die du dich herabgelassen hast, uns deine Aufmerksamkeit zu schenken.«

Cat musste zugeben, dass sie jetzt nicht mehr an den Tiefschlaf dachte. Zumindest vorerst nicht.

Doch dann wurde sie wieder misstrauisch. »Wieso erzählst du mir das alles?«

»Nun, die Siks sind die einzigen Wesen in dieser Galaxis, die von den Kyphorern voll anerkannt werden. Sie genießen sogar höchstes Ansehen. Kein Kyphorer würde es je wagen, den Siks auch nur ein Haar – äh, besser gesagt: ein Zweiglein – zu krümmen.«

»Und wie komme ich da ins Spiel? Warum sollte ich mich mit diesen Siks auseinandersetzen?«

»Es gibt durchaus einen Grund, Erbauerin, denn es wäre sicherlich wichtig, die Siks auf deine Person aufmerksam zu machen. Sie werden dich genauso als Erbauerin identifizieren wie wir es tun, und sie könnten wichtige Verbündete sein in deinem künftigen Kampf.«

»Was wäre das, dass es nicht auch noch vierzig Jahre warten könnte?«, versetzte Cat hart. »Ich werde jetzt vierzig Jahre lang schlafen und somit in meine Gegenwart zurückkehren, da es ja leider keine Zeitfalte mehr gibt, die das auf besserem Weg ermöglichen könnte, und dann werde ich mir die ganze Angelegenheit noch einmal durch den Kopf gehen lassen.«

»Ich möchte nur noch zu bedenken geben, dass eine Beziehung zu den Siks, die jetzt geknüpft wird, in vierzig Jahren durchaus bereits Früchte tragen könnte.«

»Und was ist mit einem möglichen Zeitparadoxon?«

»Das sollte sich angesichts der Möglichkeiten der Siks ausschließen lassen.«

»Welche Möglichkeiten beispielsweise?«

»Dazu kann ich nichts Genaues sagen. Ich weiß nur so viel wie alle Stationscomputer, auch der auf Candor: Die Siks haben schon vor Jahrmilliarden beschlossen, sich aus allem herauszuhalten. Sie setzen ihre Möglichkeiten nur ein, wenn es unumgänglich wird, etwa wenn sie selber gefährdet erscheinen.«

»Welche Möglichkeiten?«, beharrte Cat.

»Sie äußern sich aus unserer Sicht gesehen nur sehr behutsam, um nicht zu sagen unmerklich. Aber vielleicht verstehst du das besser, wenn ich dir erzähle, was Candor zu jenem Sonderstatus seit dreitausend Jahren verhalf?«

Cat seufzte ergeben.

Der Stationscomputer sah dies als Aufforderung an, weiterzureden: »Du musst wissen, vor dreitausend Jahren war noch einiges im Bund anders als heute. Damals gab es noch keine verlorenen Welten – zumindest nicht in einem solchen Maße. Ganz im Gegenteil, die Kyphorer hatten noch einen ungebrochenen Expansionswillen, schickten Forschungsschiffe aus, um fremde Planeten zu entdecken und zu besiedeln. Eine dieser Welten war Candor, benannt nach ihrem kyphorischen Entdecker. Hier entstand eine kyphorische Siedlung, obwohl der Planet eigentlich völlig unbedeutend erschien, bestenfalls geeignet zu einem Urlaubsplaneten, was in der dritten Siedlergeneration auch tatsächlich endlich in Angriff genommen wurde.«

»Ich dachte, jene Siks hätten eine so große Bedeutung?«, wunderte sich Cat. »Wieso nennst du Candor dennoch unbedeutend?«

»Nun, bei aller Hochachtung für die Ureinwohner zählten auch damals schon für die Kyphorer in erster Linie wirtschaftliche Aspekte. Es gab nicht wenige auf Kyphora, die lieber heute als morgen Candor zur verlorenen Welt erklärt hätten. Das wäre ja nicht zum Schaden der Ureinwohner gewesen, ganz im Gegenteil: Sie hätten dann wieder vollkommen unter sich bleiben können.«

»Hatten sie denn nichts gegen die Fremdbesiedelung?«

»Ganz und gar nicht«, bestätigte der Stationscomputer. »Ganz im Gegenteil sogar: Sie waren sozusagen die perfekten Gastgeber. Die Kyphorer konnten auf Candor wahrlich schalten und walten, wie es ihnen beliebte.«

Cat suchte sich eine Sitzgelegenheit und lauschte in sich hinein. Irgendwie war ihr Interesse geweckt. Sie konnte sich jedenfalls nicht mehr länger dagegen wehren. Vielleicht war es doch angebracht, die ganze Geschichte zu hören, ehe sie sich entschied? Zwar konnte sie nach wie vor keinerlei Ansatzpunkt erkennen, aufgrund dessen es sich gelohnt hätte, jetzt schon Kontakt mit den Siks aufzunehmen, anstatt erst in vierzig Jahren – wenn überhaupt! –, aber wer konnte das schon im Voraus so genau bestimmen?

Außerdem war es dem Stationscomputer tatsächlich gelungen, mit seinem Gerede diesen grausamen Schmerz in ihrer Brust zu lindern, zumindest ein wenig. Aber in diesem Fall war ein wenig schon mehr als genug, wie sie fand.

Der Stationscomputer wurde jetzt noch eifriger: »Wie gesagt, die entscheidenden Ereignisse fanden vor dreitausend Jahren statt. Ich kann dir versprechen, sie waren wirklich dramatisch, um nicht zu sagen galaktisch spektakulär.«

»Und welche Rolle spielten die Siks dabei?«

»Keine, die den Kyphorern jemals aufgefallen wäre.«

»Also eigentlich überhaupt keine?«

»Nein, so würde ich das nicht sagen. Aber vielleicht sollte ich dir einfach mal die ganze Geschichte erzählen, damit du dir selber ein Bild machen kannst? Die Ereignisse von damals haben ja nicht nur Candor zu seinem Sonderstatus verholfen, sondern auch einiges innerhalb des Bundes bewirkt, wie du erfahren wirst. Und ich verspreche dir, dass ich mich ausschließlich auf das Wesentliche in meinem Bericht beschränken werde, alles ohne unnötige Schnörkel, so knapp und präzise wie möglich.«

»Fang endlich an, ehe die Langeweile wieder zurückkehrt!«

Und der Schmerz, fügte sie insgeheim hinzu.

 

*

 

Candor

Zweitausend Jahre vor Christus, irdischer Zeitrechnung

 

Etwas wurde anders; die vielstimmige Geräuschkulisse der candoranischen Natur reagierte darauf und verebbte.

Das Mädchen Asil verhielt unwillkürlich im Schritt. Mit dem untrüglichen Instinkt einer sensiblen Frau spürte sie die Veränderung, die sie jedoch nicht in Worte zu fassen vermochte.

»Haben wir uns nicht schon zu weit vom Gleiter entfernt?«, fragte sie bang ihren Begleiter.

»Wie kommst du darauf?«

Das ferne Schreien eines Vogels wurde lauter und riss plötzlich ab. Das Mädchen erschauerte. Ängstlich sah es sich um.

»Vielleicht – vielleicht sollten wir umkehren? Ich denke, dass…«

Er zuckte die Schultern. Sein Gesicht blieb ausdruckslos. »Nun, wenn du meinst. Vor einer Minute hast du noch anders gesprochen!«

Sie hörte den leisen Vorwurf heraus und suchte schuldbewusst seinen Blick. »Ich weiß nicht recht, Nek. Da ist auf einmal so ein seltsames Gefühl.« Dann hielt sie es nicht mehr länger aus, warf sich an seine Brust. »Bitte, Nek, lass uns zurückgehen, bitte!«

Er packte sie an den Schultern, härter als beabsichtigt. »Verdammt, Asil, was ist denn auf einmal in dich gefahren?«

»Hörst du es denn nicht?«

»Was soll ich hören? Vorhin sagtest du noch, wie romantisch diese unberührte Natur sei. Hast du Angst vor wilden Tieren? Das ist unsinnig, Asil. Du kennst selber die Wirkungsweise der winzigen Sensotropen. Sie halten uns alles vom Leib, solange wir sie bei uns tragen. Kein Tier wird uns behelligen.«

»Und wenn es sich gar nicht um ein Tier …?«, begann sie zögernd. Doch dann schrie sie: »Ich will zurück, begreifst du das denn nicht?«

Noch einmal versuchte Nek, sie zu beruhigen: »Asil, komm zu dir! Ich bin hier, ich, Nek!«

Sie befreite sich aus seinem Griff, wirkte auf einmal ganz ruhig. »Ich weiß den Weg zurück nicht mehr«, gab sie nachdenklich zu und blickte an den mächtigen Bäumen empor, deren dicht belaubte Kronen Schatten warfen. Es war Mittag und doch hier, mitten im Wald, irgendwie düster und unheimlich.

Nicht nur die Baumkronen ließen diese Düsternis entstehen!

Asil schrie gellend, als sie den Himmel sah. Drohende Wolken türmten sich auf, als wollten sie die beiden einsamen Spaziergänger unter sich begraben. Die Natur stand ansonsten regelrecht still; es schien, als erwarte sie … den Untergang. Nicht mehr und auch nicht weniger.

Nek sah, was seine Freundin so sehr beunruhigte, nämlich lediglich ein heraufziehendes Unwetter, und lachte belustigt.

Das hätte er besser nicht getan, denn dieser Laut durchbrach mit brutaler Härte die Stille und verhallte zwischen den Stämmen der Baumriesen. Asil zitterte, wich vor ihrem Freund zurück, als wäre er plötzlich der Quell allen Übels, immer weiter, bis sie sich unvermittelt abwandte und davonrannte.

Der junge Mann stand wie vom Schlag getroffen, als könne er es nicht fassen.

»Asil, bleib! Du brauchst dich nicht zu fürchten. Nur ein Gewitter. Wir gehen zum Gleiter zurück, dann kann es uns nichts anhaben.«

Er verlor sie aus den Augen. Sie hörte nicht auf ihn.

Nek machte Anstalten, ihr zu folgen. Doch das Geräusch ihrer Schritte verstummte, als habe der Erdboden sie verschlungen.

Asil war erst ein Jahr auf Candor. Sie wohnte in der Geborgenheit der Hauptstadt, die von einem Kraftfeld umspannt wurde. Niemals zuvor hatte sie ein Gewitter in freier Natur erlebt – und das auf einem für sie immer noch fremden Planeten, der größtenteils unerforscht war, obwohl sich die kyphorischen Siedler bereits in der dritten Generation hier befanden.

Jetzt spürte auch Nek die Angst, allerdings aus anderen Gründen: Das Gewitter konnte Asil töten. Davon war er auf einmal fest überzeugt. Sie musste zum Gleiter zurück, in Sicherheit. Nur Nek jedoch war jetzt noch in der Lage, den Weg dorthin zu finden.

Was sollte er tun? Wenn er nach dem Mädchen suchte, bestand die Gefahr, dass auch er sich verlief. Wie es aussah, ließ das Unwetter nicht mehr lange auf sich warten und würde bald mit Urgewalt über sie hereinbrechen.

Nek brachte es nicht fertig, seine Freundin im Stich zu lassen. Er eilte hinterher, blieb immer wieder stehen, hörte nichts, was auf sie hinwies, rannte weiter, die Panik in seiner Brust ignorierend.

Dann gelangte er an den Steinbruch.

Es gab intelligente Wesen auf Candor. Sie waren verschlossen, hatten eine unverständliche und unergründliche Kultur und lebten zurückgezogen in den ausgedehnten Wäldern. Offenbar gab es nur wenige Exemplare dieser Ureinwohner, die es vorzogen, Siks genannt zu werden, obwohl dieses Wort in der kyphorischen Sprache einen eher abfälligen Klang hatte. Die hier lebenden Siedler von Candor hatten allerdings so gut wie keinen Kontakt mit den Ureinwohnern – und wenn, dann war dieser stets friedlicher Natur. Nur eines war klar: Die Eingeborenen duldeten die fremden Eroberer ohne Einschränkung. Was wollte man mehr, von kyphorischer Seite aus gesehen? Also eine absolut friedliche Koexistenz mit Wesen, die man ja nicht wirklich kennen musste, solange es keine Berührungspunkte gab.

Nek selbst wusste nur, dass sie wie wandelnde Pflanzen waren, jedes Einzelindividuum in einer anderen Form, beispielsweise als mannshohe Orchidee oder als permanent zitternder Busch, übersät von wunderschönen Blüten. Oder gar ein halbwüchsig erscheinender Baum, der sich stolz emporreckte….

Dieser Steinbruch passte auf keinen Fall in das Bild, das man sich von den Wesen machte. Wissenschaftler rätselten lange schon, wer hier einmal Steine gebrochen hatte, denn die Eingeborenen benötigten nicht einmal Hütten aus Holz, geschweige denn Bauwerke aus Stein. Sie lebten unter freiem Himmel, und man konnte sie sowieso nur dann als Einzelindividuen erkennen, wenn sie es darauf anlegten. Ansonsten schienen sie Bestandteil der candoranischen pflanzlichen Natur zu sein.

Nek verhielt im Schritt. Weiter vorn sah er Asil laufen. Sie stolperte, fiel beinahe hin, fing sich im letzten Augenblick.

Das Areal war riesig. Man sah deutlich, dass teilweise wahrhaft gigantische Quader mit Gewalt herausgelöst worden waren. Und Asil lief da, nicht wissend, in welcher Gefahr sie sich befand.

Inzwischen war Dunkelheit hereingebrochen. Der Himmel war tiefschwarz und hielt die Strahlen der Mittagssonne ab. Neks Lungen brannten bereits wie Feuer. Verzweifelt versuchte er, Asil einzuholen. Wenn sie hier, im großen Areal des Steinbruchs, vom Unwetter heimgesucht wurden, waren sie völlig ungeschützt.

Asil überquerte das weite Gelände gottlob an der schmalsten Stelle. Als der erste Blitz niederzuckte, hatte sie die andere Seite gerade erreicht. Sie war total erschöpft. Nach Atem ringend, warf sie sich zu Boden.

Nek hetzte heran, beugte sich über sie, blickte in ihre weit aufgerissenen Augen.

»Asil«, sagte er beruhigend, »ich weiß, das ist das erste Gewitter in deinem Leben. Hier gibt es kein schützendes Kraftfeld. Wir müssen in Sicherheit.«

Ihr Mund formte unhörbare Worte.

Nek zwang das Mädchen auf die Beine. »Es ist zu spät, um zum Gleiter zurückzugehen. Komm, es gibt ein paar Höhlen ganz in der Nähe. Dort suchen wir Unterschlupf.«

Willenlos folgte sie ihm.

Die Höhle, die sie bald erreichten, war wenig geräumig, bot aber den beiden Kyphorern für die Dauer der sich offensichtlich anbahnenden Naturkatastrophe genügend Platz.

Nek machte sich Vorwürfe, dass er vor ihrem Ausflug nicht den Wetterbericht eingeholt hatte. Candors Natur war unberechenbar. Das hätte er wissen müssen. Zumal er sich verantwortlich fühlte für die völlig unerfahrene Asil. Aber er hatte unbedingt mit ihr allein sein wollen in der freien Natur, weil sie ihm erzählt hatte, wie romantisch das für sie sei.

Eng kauerte sich Asil an ihren Freund. Sie zitterte noch immer.

Es roch nach Regen. Nek sah die Gewitterwand, die auf sie zukam. Er hatte einen guten Blick auf den geheimnisvollen Steinbruch, den die Blitze gespenstisch beleuchteten.

Asil hielt die Augen geschlossen. Auf diese Weise schirmte sie sich von der Umwelt ab. Ja, wirklich, das Unwetter musste für sie ein besonders furchtbares Erlebnis sein.

Tropfen prasselten nieder – dicker als irdische Walnüsse. Blitze züngelten kreuz und quer über das Firmament, Donner grollte.

Nek blickte auf seinen Chronometer, der gleichzeitig die Funktion eines Smartphones beinhaltete, das er hier jedoch nicht benutzen konnte, um Hilfe herbeizurufen, weil es noch kein planetenumspannendes Kommunikationsnetz gab. Das alles war erst noch im Aufbau.

Bislang galt der Planet als wertlos, was etwaige Schürfmöglichkeiten betraf. Anderseits war er ein besonderes Paradies, das sich als Urlaubsort sicher gut eignen konnte. Wenn nicht gerade solche Naturgewalten losschlugen.

Aber er war dennoch zuversichtlich, weil ihn die Erfahrung lehrte: In spätestens einer Stunde würden sie es überstanden. haben Ja, davon war er überzeugt. Länger dauerte ein solches Naturereignis nie auf Candor.

Aber noch nie zuvor war es so schlimm, stellte er fest.

Er redete sich ein, keinen Grund zum Pessimismus zu haben, sondern nur Geduld üben zu müssen. In der Höhle waren sie einigermaßen sicher.

Sein Blick glitt über die schroffen Felswände des Steinbruchs. Nek sah, dass einer der Blitze jenseits in den Wald fuhr, mehrere hundert Meter von seinem Standort entfernt. Der getroffene Baumriese wurde regelrecht gespalten. Meterhohe Flammen schlugen empor, wurden vom prasselnden Regen jedoch gelöscht.

Der zweite Blitz zuckte nieder, diesmal direkt in den Steinbruch!

Neks Kehle entrang sich ein unartikulierter Laut. Er vergaß die Enge der Höhle und sprang auf. Dabei stieß er mit dem Kopf gegen die Felsdecke.

Der junge Mann achtete nicht darauf, trotz des Schmerzes, sondern starrte fassungslos auf ein unglaubliches Phänomen.

Der Blitz hatte einen Steinbrocken losgeschlagen, der mindestens eine Tonne wog. Aber der Brocken rollte nicht etwa talwärts. Er riss sich vollends los und flog zum Himmel, dabei immer schneller werdend!

Nek folgte ihm mit den Blicken, bis er nichts mehr von dem Stein sehen konnte.

Schwer ließ Nek sich zurückfallen. War er wahnsinnig geworden?

»Was ist mit dir, Nek? Ist dieses Unwetter noch nicht bald zu Ende?«

Asil öffnete die Augen. Nek sah ihre Angst.

Er schluckte schwer. Nein, er konnte es ihr nicht erzählen. Das war einfach unmöglich.

Nek war ein junger Geologe, kannte den Steinbruch und das Gestein. Mit Asil war er nicht nur hergekommen, weil die Gegend romantisch war und einsam, sondern auch, weil er sich hier einigermaßen auszukennen glaubte.

Stabiler Felsen. Natürlich, er unterschied sich in gewissem Sinn von den Formationen auf anderen Planeten. Wo aber gab es schwere Gesteinsbrocken, die aus unerfindlichen Gründen das Fliegen lernten?

Nek rieb sich über die Augen. Er musste sich geirrt haben. Eine andere Erklärung gab es nicht.

Das Unwetter war längst nicht vorüber. Wenig später zuckte ein erneuter Blitz mitten in den Steinbruch, unweit von Nek.

Der Geologe beobachtete aufmerksam. Der Blitz spaltete den Felsen nicht, wie er zunächst angenommen hatte. Es schien vielmehr, als sauge sich ein Teil des Gesteins voll mit der Energie und benutze diese Energie schließlich, um…

Nek konnte es nicht fassen. Der Vorgang widersprach jeglicher Vernunft.

Und dennoch sah er es mit eigenen Augen: Steine lösten sich krachend aus dem Felsen und flogen davon.

Beim vierten Blitz, der in den Steinbruch fuhr, sah es auch Asil.

Nek überlegte nicht lange. Er redete dem Mädchen gut zu und überzeugte es schließlich davon, dass es einer Halluzination erlegen war.

 

*

 

Als das Gewitter endlich vorübergezogen war, gingen sie zum Gleiter zurück, auf dem kürzesten Weg. Asil konnten hier gewissermaßen keine zehn Pferde mehr halten, aber auch Nek hatte es jetzt eilig.

Unterwegs gab er sich sehr nachdenklich. Ein ungeheurer Zufall hatte ihn das Schauspiel miterleben lassen. Er wusste, dass es zuvor niemand jemals gesehen hatte, und auch, was diese Tatsache für ihn bedeuten konnte.

Er war schließlich der Entdecker! Wenn er das nicht zumindest für seine künftige Karriere als Geologe nutzte, hatte er es gar nicht verdient, jemals überhaupt so etwas wie Karriere zu machen, seiner Meinung nach…

 

*

 

Planet Somar

Zweitausend Jahre vor Christus, irdischer Zeitrechnung

 

Professor Nhoj Soltam kratzte sich am Kinn, während er das bunte Gewimmel auf dem Bildschirm betrachtete.

»Unglaublich!«, kommentierte sein Assistent.

Der Professor gönnte ihm keinen Blick. »Wie viel haben wir letztes Mal gestoppt, Miehnok?«

Derf Miehnok knirschte mit den Zähnen. »Zwanzig Sekunden – ganz exakt!«

Der Professor schüttelte sich. »Ja, das ist wirklich unglaublich. Zehn Millionen Bakterien sind auf dem Objektträger versammelt. Ein einziges Virus setzen wir darauf an. In zwanzig Sekunden hat es sich so stark vermehrt, dass es sämtliche Bakterien vernichten kann.«

»Falsch, Professor!« Miehnok lächelte verzerrt. »Das Virus tötet die Bakterien bereits, während es sich vermehrt!«

»Vergrößern sie!«

Sein Assistent wusste, was der Professor sehen wollte. Der Wissenschaftler suchte nach einer Erklärung. Wie vermehrte sich das Virus? Was ging auf dem Objektträger vor?

Die Vergrößerung wurde so stark, dass man eine Gruppe von Bakterien erkennen konnte.

»Fixieren!«, befahl Soltam.

Der Assistent schaltete ein Kraftfeld ein. Die Bakterien wurden dadurch in ihren blitzschnellen Bewegungen gehemmt. Sie blieben im Vergrößerungsbereich.

Es waren fünfzig. Soltam hätte sie einzeln zählen können.

»Vergessen Sie nicht die Aufzeichnungen, Miehnok!«

»Laufen bereits«, versicherte der Assistent.

Die Aufzeichnungen aus unterschiedlichen Einsichtswinkeln liefen mit hoher Geschwindigkeit. Sie dehnten die Zeit. Vielleicht würden wenigstens die Aufnahmen endlich Aufschluss geben?

»Jetzt das Virus!«

Die elektronische Stoppuhr lief, die Aufzeichnungen waren gezielt und präzise, weil genau berechnet.

Soltam wagte nicht einmal zu blinzeln. Unverwandt hielt er seinen Blick auf den Schirm gerichtet.

Durch einen technischen Trick erschien das Bild plastisch. Die gehemmten Bewegungen der Bakterien verlangsamten sich bis zum Stillstand. Sie veränderten ihre Oberflächenstruktur und Farbe.

Tot!

Von dem Virus hatte Johan Soltam nichts gesehen. Konnte es durch das Kraftfeld nicht aufgehalten werden?

»Man hätte es einfach sehen müssen!«, murmelte der Professor. »Die Vergrößerung ist ausreichend.« Er rieb sich über die brennen Augen. »Bin gespannt, was die Aufnahmen zeigen.«

Es war das erste Mal, dass der Vorgang so aufwendig gefilmt worden war.

Das Bild auf dem Schirm zuckte. Dann folgte die Spezialwiedergabe. Geduldig warteten die beiden Wissenschaftler. Die Recheneinheit zeigte ihnen den idealen Winkel und veränderte diesen, als würde eine Kamera immer wieder ihren Blickpunkt ändern, damit sie nichts versäumten.

Und dann wurde das Unglaubliche augenscheinlich!

»Ein Killervirus – im wahrsten Sinne des Wortes!«, murmelte der Professor ehrfurchtsvoll.

Die Viren waren wesentlich kleiner als ihre relativ behäbigen Gegner. Mit unglaublicher Geschwindigkeit vermehrten sie sich. Dazu benutzten sie die RNS der Bakterien.

»Eine Kettenreaktion!« Miehnok versuchte vergeblich, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. »Aus einem Virus werden zwei, aus zwei vier und aus vier acht und so fort. Innerhalb von Sekunden gibt es mehr Viren als Bakterien. Der Verlust ihrer RNS gibt die Opfer dem Tod preis. Das an sich ist ja noch nicht das Ungewöhnliche, sondern nur die unvorstellbare Geschwindigkeit, in der dies abläuft. Als wäre es dem Virus möglich, den Zeitablauf zu verändern – wahrlich! Aber das ist natürlich Unsinn. Wir müssen eine andere Erklärung finden.«

Professor Soltam kehrte zu seinem Platz zurück. »Schalten Sie das Licht ein.«

Sekundenlang bedeckte er die geblendeten Augen. Dann suchte sein Blick den des Assistenten.

»Es bleibt die Frage, welche Konsequenzen wir aus unserem Experiment ziehen müssen.«

Miehnok wich aus. Er murmelte kaum hörbar: »Wenn wir das Virus, das wir entwickelt haben, auf ein lebendes Wesen ansetzen, also nicht auf Bakterien, sondern auf einen Makroorganismus, auf einen Kyphorer gar, würde es ihn töten – möglicherweise in der gleichen Rekordzeit.«

Soltam nickte. »Es käme auf einen Versuch an.«

Die Augen seines Assistenten weiteten sich entsetzt. »Sie wollen doch nicht wirklich …?« Miehnok wagte nicht, den Satz zu vollenden.

Der Professor lachte gekünstelt. »Sie sind ein Wirrkopf, Miehnok! Natürlich werde ich kein Experiment zuungunsten eines Kyphorer vornehmen. Dazu ist die Sache zu ernst und zu gefährlich. Aber schließlich gibt es Versuchstiere.«

»Wann werden wir das Experiment starten?«

Der Professor sprang auf. »Sofort!«, rief er. »Allerdings muss ich mich erst um eine Genehmigung bemühen. Sie wissen ja: Versuche mit lebenden Tieren werden gerade in der letzten Zeit von allen Seiten scharf angegriffen.«

Er ging zum Interkom und setzte sich mit dem allmächtigen Konzernchef persönlich in Verbindung.

Nhoj Soltam hatte Glück, Tnarg Moklef, der weit über hundert Stockwerke höher in seinem Büro saß, meldete sich ausnahmsweise sofort, gerade so, als hätte er auf einen Anruf gewartet.

»Was gibt es?«, fragte er stirnrunzelnd, als er seinen Forschungsleiter erkannte.

Viel verstand er nicht von dem, was Soltam erklärte, aber am Ende willigte er ein, als die Rede auf eine Erweiterung der Forschungsarbeit kam.

 

*

 

 

Candor

Zweitausend Jahre vor Christus, irdischer Zeitrechnung

 

Eine kyphorische, für ein Wesen von der Erde eher kryptische Bezeichnung, die in etwa die Bedeutung des irdischen UNITED STELLAR hatte, stand in großen Lettern auf dem Giebel des Hochhauses. Nek brauchte nicht zu zählen, um zu wissen, dass das Gebäude einhundertzwanzig Stockwerke besaß.

Man hatte nicht deshalb bis in schwindelnde Höhen gebaut, weil es hier an Platz fehlte – auf einem schließlich nur spärlich bewohnten Planeten –, sondern um jedem Betrachter zu imponieren, wie er wusste.

Er ging grüßend am Portier vorbei und steuerte auf die geologische Abteilung zu.

»Hallo!«, rief Sin, Neks älterer Freund und Kollege, als der junge Geologe die Büro- und Laborräume betrat. »Ich dachte, du hättest heute deinen freien Tag?«

»Das dachte ich allerdings auch.«

Nek blickte sich suchend um. Sie waren allein.

»Was ist los?« Sin wurde misstrauisch.

Sein Freund stützte sich mit beiden Armen auf die Schreibtischplatte und sah ihn durchdringend an. »Ich brauche deine Hilfe, Sin!«

»Wozu? Ist doch hoffentlich nichts Illegales?« Sin legte wie lauernd den Kopf schief. Er schien dem Frieden plötzlich nicht mehr zu trauen. Immerhin hatte er Nek noch niemals so nervös gesehen.

»Ach was, du kennst mich doch. Aber Klartext: Es ist etwas, zu dem ich allein wenig beitragen kann! Äh, du musst dich vorläufig damit begnügen. Mehr Erklärungen gibt es nicht.« Er zählte an den Fingern ab: »Ich brauche einen Experimentiergleiter aus der Abteilung, ein kleines Energieaggregat, geologische Spezialwerkzeuge und deine Anwesenheit.« Ein Blick auf die Uhr. »Das innerhalb der nächsten zwei Minuten – längste Frist!«

Sin stand auf. »Ah, verstehe: Ich soll also alles stehen und liegen lassen und dem geheimnisvollen Ruf eines Freundes folgen, ohne Rücksicht auf Verluste. Und wie stellst du dir das vor?«

»Ich gehe schon voraus, habe noch etwas zu erledigen. Vor dem Gebäude treffen wir uns.«

Sin sperrte Mund und Augen auf und sah seinem Freund nach.

Er wäre noch viel erstaunter gewesen, hätte er den weiteren Weg Neks mitverfolgen können. Der junge Geologe sorgte nämlich für eine rechtsgültige Überschreibung sämtlicher Rechte an dem Steinbruch zu seinen Gunsten.

Die Sache verlief ohne Komplikationen. Das Gelände interessierte keinen und gehörte sowieso der Allgemeinheit. Die Ureinwohner Candors hatten ebenfalls noch nie Ansprüche darauf erhoben. Etwa aus kultischen Gründen oder so. Hatten sie überhaupt so etwas wie einen Kult? Nek musste trotzdem tief in die Tasche greifen, und der Liegenschaftsverwalter der kyphorischen Siedlergemeinschaft und somit aller sogenannter allgemeiner Besitztümer war der Meinung, für seinen Dienstherrn, die oberste Stadt- und gleichzeitig Planetenverwaltung, ein gutes Geschäft gemacht zu haben.

Auch er blickte Nek nach, als dieser wieder hinauseilte. In seinem Blick war so etwas wie Mitleid, das er im Nachhinein empfand. Wie konnte es sein, dass jemand dermaßen verrückt wurde und eine Liegenschaft überteuert als seinen persönlichen Besitz sicherte, die völlig wertlos war?

Nun, schließlich war das ja nicht sein Problem – jetzt jedenfalls nicht mehr.

Er konzentrierte sich auf seine andere Arbeit.

 

*

 

Somar war von Candor etwa hundert Lichtjahre entfernt. Hier befand sich der Hauptsitz von UNITED STELLAR, und hier war auch das Büro des Generaldirektors Tnarg Moklef.

Nachdem sich Nhoj Soltam mit ihm in Verbindung gesetzt hatte, dauerte es eine Stunde, bis die Forschungsarbeiten im Labor fortgesetzt werden konnten.

Soltam und Miehnok bestanden darauf, die Experimente allein durchzuführen. Aus nicht näher beschriebenen Gründen scheuten sie Zeugen. Für die sich anschließenden Versuche benutzten sie Tiere, die irdischen weißen Mäusen ähnelten.

»Jeder Körper hat einen bakteriologischen Haushalt. Eine Veränderung kann Krankheit bedeuten«, murmelte Soltam vor sich hin, während er die Automatik steuerte.

Sein Assistent stand neben ihm. Er beobachtete, wie der betäubten Maus hinter der dicken Glasscheibe eine Spritze verabreicht wurde.

»Das Virus befindet sich nunmehr im Körper des Tieres. Wie lange wird es dauern, bis eine Wirkung eintritt? Greift das Virus die Körperzellen überhaupt an?«

Soltam sagte es mehr zu sich selbst als zu seinem Assistenten.

Die Maus bekam eine zweite Spritze. Das Weckserum zeigte sofortige Wirkung. Das Tier richtete sich auf und blickte sich neugierig um. Dann folgte es seinem Instinkt und flüchtete in die dunkelste Ecke.

Die beiden Wissenschaftler sahen sich an. Sie hatten mehr erwartet.

Eine Stunde verstrich. Die Maus zeigte keinerlei Anzeichen einer Krankheit. Im Gegenteil – sie schien sich sehr wohl zu fühlen.

»Das möchte ich jetzt doch genauer wissen!« Professor Soltam knirschte mit den Zähnen.

»Was haben Sie vor?«

»Ich entnehme eine Gewebeprobe und lege sie unter das Lasermikroskop. Helfen Sie mir dabei!«

Der Vorgang nahm keine zehn Minuten in Anspruch.

Auf dem Bildschirm zeigte sich nichts Besonderes. Erst durch die Zeitdehnung mittels Aufzeichnungsautomatik offenbarte sich das Faszinierende: Durch einen unbekannten Mechanismus wurden zwar die Bakterien im Körperhaushalt der Maus stark reduziert, aber nicht ganz ausgeschaltet. Eine gewisse Ausgewogenheit, für die es keine Erklärung gab – noch nicht!

 

*

 

Sie flogen mit dem Experimentiergleiter auf direktem Weg zu den Steinbrüchen. Unterwegs versuchte Sin mehrmals, seinen Freund auszufragen. Vergebens.

Als sie ihr Ziel erreichten, löste der junge Geologe mit dem Spezialwerkzeug zunächst eine kleine Gesteinsprobe.

Stirnrunzelnd beobachtete ihn Sin dabei.

»Was soll das? Der Steinbruch oder was immer das auch sein mag wurde doch längst überprüft, und nichts Besonders war zu finden.«

Nek lächelte unergründlich. »Du wirst etwas erleben, Sin, was du nicht in deinen kühnsten Träumen für möglich gehalten hättest.«

Nach dieser Andeutung bestieg er den Gleiter und schaltete das transportable Energieaggregat ein. Danach spannte er den Stein in eine Art Schraubstock. Zusätzlich fixierte er die Probe mit einem speziellen Fesselfeld.

Als Nek die Gesteinsprobe an die Energieversorgung anschloss, kratzte sich Sin irritiert am Hinterkopf. Nek schaltete am Aggregat herum. Nun floss eine geringe Menge von Energie zum Stein hinüber.

»He!«, rief Sin aus, »da stimmt etwas nicht mit dem Fesselfeld!«

»So?«, meinte Nek unschuldig.

»Ja, das Feld scheint den Stein aus dem Schraubstock reißen zu wollen.«

Nek erhöhte die Energiezufuhr. Triumph leuchtete in seinen Augen.

Die Rechte Sins krallte sich um seine Schulter. »Was für einen verdammten Trick willst du mir da vorführen?«

»Es ist kein Trick, Sin, glaub mir, und wenn ich das Fesselfeld ausschalte, rast der Stein durch das Dach des Gleiters!«

Um seine Worte zu unterstreichen, schaltete er die Energiezufuhr aus und löschte das Feld.

Die Backen des Schraubstocks knirschten, als sich der Stein lösen wollte, der gar keine weitere Energiezufuhr benötigte, weil er sich mit der bereits erhaltenen Energie regelrecht vollgesaugt hatte. Der Stein riss sich vollends los und krachte gegen die Decke. Dort blieb er hängen.

Nek griff danach. Er brauchte all seine Kraft, um den Stein herunterzuziehen. Allmählich jedoch verringerte sich der Aufwärtsschub. Der Stein fühlte sich dabei ganz normal an.

Fast andächtig betrachtete ihn Nek.

»Erklärung!«, bellte Sin angriffslustig. Es sah aus, als wollte er seinen Freund im nächsten Augenblick zusammenschlagen.

Nek ließ den wunderlichen Stein los, der sich wieder an seinen Platz an der Decke begab. Diesmal mit weniger Aufwärtstrieb als beim ersten Mal. Dann ging Nek hinaus und löste mit dem mitgeführten Werkzeug einen größeren Brocken. Wie ein Besessener arbeitete er.

Schließlich pumpte er vorsichtig Energie in den losgeschlagenen Brocken. Der Stein wurde leichter, begann zu schweben, blieb in dieser Stellung, obwohl Nek die Energiezufuhr wieder unterbrach. Nur sehr langsam verbrauchte sich die gespeicherte Kapazität. Der Stein ließ sich mühelos bewegen. Er war schwerelos geworden. Und dann senkte er sich allmählich dem Boden zu. Allerdings erst nach einigen Minuten.

Dicke Schweißperlen standen auf Sins Stirn. Sein Verstand streikte.

»Eine Art Anti-Schwerkraft-Material!«, erläuterte Nek. »Deshalb dieser Steinbruch. Ich kam darauf, als mich das Gewitter überraschte. Alle Gesteinsbrocken, die sich jemals daraus gelöst haben, sind irgendwann irgendwo wieder heruntergekommen. Nicht gefallen, sondern wahrscheinlich eher geschwebt. Sie müssen überall auf dem Planeten verteilt sein, sicherlich in erster Linie auf dem Meeresboden, weil ja das Meer den allergrößten Teil der Planetenoberfläche von Candor bedeckt. Aber wie hätte uns das jemals auffallen sollen?« Er packte Sin am Rockaufschlag. »Begreifst du denn nicht, Sin? Ich habe mir den Steinbruch überschreiben lassen. Er gehört jetzt mir! Dabei ist es zunächst vollkommen ohne Belang, wie das Phänomen wissenschaftlich erklärt werden kann. Wir werden die fliegenden Steine von Candor kommerziell nutzbar machen!«

Der Stein war inzwischen gelandet.

»Wir?«, echote Sin verwirrt. Er schüttelte den Kopf. »Das Material reagiert auf Energie wie ein Ballon auf Gas? Unfassbar, wahrlich!«

Nek betrachtete ihn aufmerksam. Sin schien wieder zu sich selbst zurückzufinden. Sein Verstand arbeitete in gewohnter Weise. Es schien ihm nichts mehr auszumachen, dass sie hier mit etwas konfrontiert wurden, das an die magischen Vorstellungen der fernsten Vergangenheit erinnerte.

»Ja, wir werden die Erklärung finden – irgendwann!« Er erwiderte den Blick Neks. »Dieser Steinbruch ist eine sensationelle Bombe – wie der ganze Planet. Glaubst du denn im Ernst, man sieht tatenlos zu, wie du zum reichsten Mann der Galaxis wirst?«

»Es ist nicht nur eine Bombe, sondern eine Goldgrube. Wir müssen die Sache nur geschickt genug anstellen. Du bist flexibler als ich, Sin, deshalb ernannte ich dich zum Partner.«

»Hoffentlich überschätzt du meine Fähigkeiten nicht.«

Sin blieb skeptisch. Seinem Freund gelang es in der Folge nicht, diese Skepsis auszuräumen.

 

*

 

»Es bleibt uns keine Wahl!«, behauptete Professor Soltam. »Wir müssen ein Experiment am Kyphorer wagen!«

Derf Miehnok zuckte zusammen. »Also doch!«, sagte er und schluckte schwer. »Wie sollten wir das vor unserem Gewissen vereinbaren?«

»Zumindest Sie werden sich damit wenig belasten, Miehnok, denn das Versuchskaninchen werde ich selber sein.«

Miehnok machte große, ungläubige Augen. »Sie?«

»Ja, ich!« Soltam zeigte eine brummige Miene. »Oder würden Sie sich lieber selber zur Verfügung stellen, Miehnok?«

»Nein, aber…«

»Na, sehen Sie! Schon haben wir die Angelegenheit geklärt!«

Soltam schritt zur Schleuse.

»Vergessen Sie nicht die Aufzeichnungen!«, sagte er über die Schulter zurück. »Jede Phase der Vorgänge muss im Bild festgehalten werden.«

Miehnok versuchte einen Einwand, aber es hatte keinen Zweck, Soltam umstimmen zu wollen.

Der Professor winkte wenig später seinem Assistenten von der anderen Seite des dicken Panzerglases zu, ehe er sich die verhängnisvolle Injektion selbst gab.

In diesem Augenblick dachte Miehnok daran, dass Soltam keine Genehmigung für eine solch drastische Erweiterung des Experiments eingeholt hatte. Wäre nicht der imaginäre Kloß in seiner Kehle gewesen – wahrscheinlich hätte er über diesen eigentlich absurden Gedanken gelacht.

 

*

 

»Wie willst du die Sache eigentlich auswerten?«, erkundigte sich Sin unterwegs.

Neks Augen leuchteten. »Was weißt du über Raumfahrt?«

»Ich bin Geologe«, erinnerte ihn Sin, »kein Spezialist für so etwas.«

»Das, was gewissermaßen jeder weiß!«, drängte Nek.

»Es gibt Start- und Landeeinrichtungen: Schwerkraftfelder, die stationär erzeugt werden.«

»Ja, um die Schwerkraft aufzuheben oder gar umzukehren, ist die Masse der Maschinerie immer noch größer als der Gegenstand, auf den man einwirken will. Eine Art Lehrsatz. In der Praxis bedeutet es, dass ein Raumschiff mit entsprechend dimensioniertem Kraftfeldgenerator nur höchstens neunzig Prozent seiner Masse beeinflussen kann. Für Start und Landung deutlich zu wenig. Allerdings funktioniert es im Weltraum. Da kommt man sogar mit weit weniger Einfluss auf die Eigenmasse aus. Zusätzlich erzeugte Kraftfelder sind nur als Start- und Landeeinrichtungen notwendig. So, Sin, das wäre in groben Zügen die allgemeine Situation…«

»Du meinst, man könnte mit diesen fliegenden Steinen …?«

»Du hast es erfasst, mein Freund! Ich habe den Steinbruch gekauft und besitze dich als Zeugen für das Phänomen. Außerdem sind wir Angestellte der UNITED STELLAR. Wir beide können die kommerzielle Auswertung nicht allein übernehmen. Da muss der Konzern einspringen, für den wir arbeiten. Ich…«

»Du willst deine Rechte vermieten?«

»Ja, aber bevor ich das tue, müssen wir sämtliche sogenannten Steinbrüche auf diesem Planeten erwerben.«

Sin schüttelte den Kopf. »Wenn mir das jemand vor drei Stunden gesagt hätte, wäre er mir wie ein Wahnsinniger erschienen!«

 

*

 

Sie warteten die vorgeschriebene Zeit ab. Dann nahm Professor Soltam eine Gewebeprobe von sich selbst. Unter dem Lasermikroskop war das Ergebnis kaum von dem mit der Maus zu unterscheiden: Viren und Bakterien hielten sich die Waage, ja, die Killerviren sorgten sogar für ein ausgewogenes bakteriologisches Gleichgewicht im Körperhaushalt. Dabei blieben die körpereigenen Zellen unbeeinträchtigt.

Dieses Ergebnis war faszinierend und enttäuschend zugleich für die Wissenschaftler, denn sie hatten anderes erwartet.

Der Professor verließ die Versuchsanordnung durch die Schleuse.

»Sicherheitshalber bleiben wir in Quarantäne, bis wir ein Gegenmittel gefunden haben!«, sagte er ernst. »Wer weiß, welche Wirkung die Viren bei anderen Kyphorern auf Dauer hervorrufen?«

»Wie wollen Sie dieses Gegenmittel finden?«

Die beiden Männer setzten sich.

Soltam machte ein nachdenkliches Gesicht. »Es muss einen Grund für diese Ausgewogenheit geben, Miehnok, irgendein Faktor, den wir bisher übersahen und der als ausgleichendes Element dient.«

»Vielleicht eine bestimmte Art von Bakterien, die nicht nur gegen unsere Killerviren immun ist, sondern sie sogar dezimiert? An einen natürlichen Mechanismus innerhalb der Abwehrfaktoren des Körpers möchte ich nicht denken.«

Soltam klatschte sich mit beiden Händen auf die Schenkel. »Wir haben längst nicht alle Bakterienkulturen durchprobiert, die uns zur Verfügung stehen. Möglicherweise klären wir damit das Problem?«

Stunden später fanden sie die Lösung – aber sie war wiederum anders als erhofft, und Derf Miehnok, Soltams Assistent, machte plötzlich einen sehr kranken Eindruck.

 

*

 

Der allmächtige Konzernchef Tnarg Moklef mochte es nicht, wenn man seine Gedankengänge störte, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wie beispielsweise der Anruf Professor Soltams bewiesen hatte. Aber das war ja auch ein interner Anruf gewesen, nicht von außerhalb. Deshalb gab er sich ungehalten, als er den Antwortknopf des lästigen Interkoms drückte.

Das Bild seiner Privatsekretärin leuchtete vom Schirm.

»Wer stört?«

»Ein Anruf von Candor, Chef!«

»Von Candor?«, fragte Moklef erstaunt. Er dachte daran, dass ihm die roten Zahlen der Konzernbilanz zu schaffen machten. Es war ihm gelungen, einen Teil des Stammkapitals durch haltlose Spekulationen zu verlieren. Wenn es ihm nicht gelang, aus der Misere herauszufinden, war er erledigt. Man würde ihn absetzen – obwohl ihm vierzig Prozent der Eigneranteile gehörten.

Sollte sich jetzt bereits eine Möglichkeit zur Rettung abzeichnen?

So ungewöhnlich war das gar nicht. Man sagte Tnarg Moklef nach, einen sechsten Sinn für Geschäfte zu haben. Wenn er auf der einen Seite Pech hatte, floss von der anderen Seite Geld nach.

Das war auch der Grund, warum man seine unseligen Spekulationen nicht gewaltsam – und rechtzeitig – unterbunden hatte.

»Ich nehme die Anmeldung an«, sagte er.

Eine halbe Stunde später kam die Verbindung zustande. Natürlich war das keine Direktverbindung, sondern funktionierte über Datenpakete, die per Daten-SG hin und her geschickt wurden. Die kleinen Verzögerungen zwischen Fragen und Antworten fielen kaum auf. Ma hatte sich längst daran gewöhnt. Immerhin ging es hier um die Überbrückung von hundert Lichtjahren. Das Licht würde ergo für den einfachen Weg hundert Jahre benötigen. Was waren dagegen ein paar Sekundenbruchteile Verzögerung?

»Bürger Moklef«, sagte der Mann respektvoll, dessen Konterfei auf dem Bildschirm erschien, »ich bin Geologe auf Candor. Ohne Ihre Zeit über Gebühr in Anspruch nehmen zu wollen: Ich habe etwas entdeckt, was für Sie von der geschäftlichen Seite her von außerordentlichem Interesse sein dürfte.«

Tnarg Moklef dachte an seinen sechsten Sinn und musterte den Fremden.

»Wie heißen Sie, junger Mann?«

»Nek.«

»Und weiter?«

»Ich habe nur dieses eine Wort als Namen, Bürger Moklef. Wissen Sie, die Siedlergemeinschaft von Candor ist relativ klein. Einzelwörter als Namen sind durchaus üblich.«

»Na, dann zur Sache, Nek!«

Der junge Geologe zögerte, doch dann berichtete er. Als er den Unglauben des Konzernchefs sah, stellte er seinen Freund Sin vor.

Tnarg Moklef ließ sich nicht beirren. Er drückte eine Nebenverbindung zu seiner Sekretärin.

»Haben Sie die beiden überprüft?«

»Ja, sie sind Mitarbeiter der Niederlassung auf Candor. Einwandfreie Kräfte. Die Daten sind sehr positiv.«

Moklef schaltete zurück.

»Sie kommen mit dem nächsten Schiff – beide! Sagen Sie keinem etwas! Alle Angelegenheiten werden vom Konzern geregelt, die Kosten voll ersetzt. Darüber hinaus geht eine Anweisung an unsere Niederlassung auf Candor, dass man Ihnen eine Summe für außergewöhnliche Aufwendungen zubilligt – ohne jegliche Bedingungen.«

Die beiden Geologen schienen über diese Entscheidung erstaunter zu sein als über die Tatsache, dass die Steine von Candor das Fliegen lernten, wenn man richtig mit ihnen umging.

Aber dann brillierten sie ebenfalls mit Entschlossenheit: »Am Abend können wir bei Ihnen sein, Bürger Moklef!«

Moklef lächelte jovial.

»Und vergessen Sie nicht, eine Gesteinsprobe mitzubringen!«

Damit war das Gespräch für ihn beendet. Er schaltete aus und lehnte sich zurück.

»Verrückt!«, murmelte er. »Ich würde annehmen, es mit Psychopathen zu tun zu haben, wäre da nicht mein Instinkt, der mir befiehlt, dem Unmöglichen aufgeschlossen gegenüberzustehen.«

 

*

 

Derf Miehnok schwindelte es. Er tastete nach Halt.

Als er auf seine Hände blickte, erschrak er. Sie hatten eine dunkle Färbung. Das Killervirus schien seine Wirkung nicht nur auf Bakterien zu beschränken – zumindest nicht, was ihn betraf. Irgendwie störte es den biologischen Körperhaushalt, vernichtete sämtliche Abwehrkräfte. Nur die Versuchsmäuse und auch Professor Soltam waren hundertprozentig gegen eine negative Auswirkung immun, wieso auch immer!

Derf Miehnok hob den Kopf.

Besorgt trat der Professor auf ihn zu. »Kommen Sie, setzen Sie sich, Miehnok. Mann, wenn ich das gewusst hätte, dass Sie so völlig anders darauf reagieren, hätte ich Sie niemals dieser Gefahr ausgesetzt!«

Miehnok glaubte ihm kein Wort, denn er sah die typische Neugierde in den Augen des Professors. Von echtem Mitleid keine Spur.

Der junge Mann wollte etwas sagen, brachte aber keinen Ton mehr hervor.

Soltam drückte seinen Assistenten auf einen Stuhl und sah ihn eindringlich an. »Kein Kyphorer kann Ihnen helfen, Miehnok – außer mir! Ich muss das Gegenmittel isolieren, sonst ist es aus mit Ihnen. Wir haben bereits über meine Theorie gesprochen. Die Mäuse sind eine Lieferung von Candor. Ich stamme ebenfalls von dort. Kind der ersten Siedlergeneration. Daheim nennt man mich Nhoj. Den Zweitnamen bekam ich erst hier auf Somar.

Sehen Sie, Miehnok, es gibt Unterschiede zwischen den Kyphorern. Sie sind so verschieden wie die Planeten, auf denen sie leben. Spätestens zwei Generationen nach einer Besiedlung tritt der Anpassungseffekt ein. Manchmal schon nach der ersten Generation, wie Sie an mir sehen. Auf Candor gibt es eine Bakterienart, die wegen ihrer Harmlosigkeit niemandem auffiel und die letztlich das einzige Mittel gegen die Killerviren zu sein scheint. Ich als Candoraner bin immun. Das Killervirus sorgt im Gegenteil in meinem Fall dafür, dass ich gegen sämtliche denkbaren Krankheiten gefeit bleibe. Bei Ihnen sieht das leider anders aus. Deshalb gilt es, jene bislang unbeachtet gebliebenen Bakterien dingfest zu machen.«

Das war eine lange Rede in Anbetracht dessen, dass der Professor unter Zeitdruck stand. Aber Miehnok durfte Hoffnung schöpfen.

Was weiter geschah, entzog sich seiner Aufmerksamkeit: Bewusstlosigkeit beraubte ihn jeglicher Anteilnahme. In diesem Zustand verspürte er wenigstens keine Schmerzen und keine Todesangst mehr.

Und dann hatte Professor Soltam endlich Erfolg. Die Bakterien waren isoliert. Winzige Kleinstlebewesen, die sich erst im Verlauf von vielen Jahren in den kyphorischen Körper einnisteten und dort eine ungefährliche Schmarotzerkultur bildeten.

Der Versuch, Miehnok diese zu injizieren, schlug zunächst fehl. Die Bakterien, selber nicht viel größer als die Killerviren, scheiterten am Rest von Miehnoks natürlichen Abwehrkräften. Beim zweiten Mal erst wurde es leichter, denn Soltam schwächte mit einem zusätzlichen Präparat Miehnoks Körper.

Bange Sekunden verstrichen, in denen nicht feststand, ob Professor Soltam seinem langjährigen Mitarbeiter damit dem Tod überantwortet hatte.

Plötzlich, es war fast wie ein Wunder, setzte die Wirkung ein. Allmählich verwandelte sich die Bewusstlosigkeit in Schlaf – den Schlaf der Erholung.

Soltam wartete noch eine Weile und setzte dann die Behandlung mit Aufbaumitteln fort. Der Kampf gegen den Tod war gewonnen.

Erschöpft ging Professor Soltam zum Interkom und rief Tnarg Moklef, seinen obersten Chef, an. Er musste veranlassen, dass sie beide in Quarantäne blieben, um eine Übertragung des Virus zu vermeiden. Zuerst mussten alle Kyphorer, die mit ihnen in Kontakt kamen, geimpft werden.

Denn mit keinem Mittel des Universums ließ sich das Killervirus völlig aus dem Körper verbannen, wenn es dort erst einmal Fuß gefasst hatte!

 

*

 

Tnarg Moklef empfing seine beiden Gäste persönlich, nachdem ein Team von verschwiegenen Geologen die »fliegenden Steine« untersucht und nach der von Nek beschriebenen Art getestet hatte.

»Die Sache erscheint mir großartig!«, sagte Moklef überschwänglich. »Allerdings bedarf es noch einiger Experimente, bis diese Steine auch wirklich kommerziell eingesetzt werden können. Fernziel wäre es, das Geheimnis dieses felsenähnlichen Materials zu lösen, um es künstlich herstellen zu können.«

Als er die Betroffenheit der beiden Gäste von Candor sah, winkte er mit beiden Händen ab.

»Keine Sorge, meine Herren, bis es so weit ist, sind Sie beide längst reiche Leute. Außerdem behalten Sie die Grundanspruchsrechte und kassieren bei künstlicher Herstellung satte Lizenzgebühren. Es besteht keine Gefahr.«

Er machte eine Kunstpause. Dann ließ er die eigentliche Bombe platzen: »Ich muss Sie um strengstes Stillschweigen bitten, was die Angelegenheit betrifft. Mit anderen Worten: Ich halte es für angebracht, wenn Sie vorläufig hier auf Somar bleiben!«

Nek wollte aufspringen.

Abermals machte Moklef eine beruhigende Geste. »Ihre Unterkünfte bieten den angebrachten außerordentlichen Komfort. Außerdem werde ich dafür sorgen, dass man Sie vor möglichen Gefahren abschirmt. Wenn irgendetwas von Ihrer Mission hier auf Somar an die Öffentlichkeit dringt, wird man sich für Sie zu interessieren beginnen. Es sind die Zeichen der Zeit, dass man anderen einen solchen Erfolg missgönnt.« Er hob die Stimme. »Sie werden die bedeutendsten Männer der Gegenwart sein, und ich schätze mich glücklich, mit der Kapitalkraft meines Konzerns Ihr Partner werden zu dürfen!«

Das war offenbar mehr als nur eine theatralische Geste. Sin und Nek glaubten, dies deutlich zu spüren, und konnten sich des steigenden Hochgefühls nicht erwehren.

Der Interkom störte die Sitzung. Tnarg Moklef runzelte missbilligend die Stirn. Aber dann meldete er sich trotzdem.

»Es geht um Leben und Tod!«, sagte die Sekretärin schnell.

»Wie bitte?«

»Professor Soltam, Bürger Moklef! Er hat über sich und seinen Assistenten Quarantäne verhängt.«

»Legen Sie das Gespräch zu mir herein!«

Für einen Augenblick hatte Moklef seine Gäste vergessen.

Professor Soltam erschien auf dem Schirm. »Das Virus ist für alle Kyphorer der Galaxis tödlich, Bürger Moklef, mit einer einzigen Ausnahme!« Professor Soltam liebte es, ein Thema direkt vom Kern her zu präsentieren.

Moklef hob überrascht die Augenbrauen. Seine einzige Reaktion auf die unglaubliche Eröffnung.

»Candoraner sind immun!«, fuhr Soltam fort.

Es dauerte nur eine Sekunde, bis Moklef wieder einen klaren Gedanken fassen konnte. Länger nicht! Flexibilität hatte ihn bis zur Spitze des Konzerns katapultiert. Jetzt brillierte er damit, indem er die Verbindung blitzschnell unterbrach.

Ein faszinierender Gedanke war ihm gekommen.

Er sah zu den beiden Gästen. Wie viel hatten diese von dem kurzen Gespräch mitbekommen?

Sie blickten eher teilnahmslos. Aber wenn Moklef seine Idee in die Tat umsetzte, waren die beiden Männer nunmehr gefährliche Mitwisser!

Sich eisern beherrschend, erhob sich Tnarg Moklef. »Meine Sekretärin wird alles veranlassen.« Er reichte seinen Gästen von Candor die Hand. »Leider muss ich mich jetzt von Ihnen verabschieden. Nun, Sie haben ohnedies eine anstrengende Reise hinter sich und werden froh sein, endlich zur Ruhe zu kommen. Wir sehen uns morgen!«

Kaum waren sie draußen, ließ sich Tnarg Moklef schwer in seinen Sessel fallen. Er starrte nachdenklich auf die Tür, die sich hinter den Geologen geschlossen hatte.

Wie korrupt war Professor Soltam?

Nun, Soltam war Candoraner. Da würde er schon mehr als nur korrupt sein müssen, wenn er…

Moklefs Idee hatte inzwischen konkrete Formen angenommen. Er baute sie noch weiter aus. Aber um sie abzurunden, brauchte er einen kompetenten Gesprächspartner. Es durfte ihm unter keinen Umständen ein Fehler unterlaufen. Dafür war die Angelegenheit zu brisant. Schließlich handelte es sich um die größte geschäftliche Transaktion seit Kyphorergedenken. An ihrem Ende würde Tnarg Moklef der mächtigste Mann des Universums sein – der mächtigste und auch der reichste. Davon war er mehr als nur überzeugt.

Tnarg Moklef wusste auch schon, wen er zu seinem Geschäftspartner bestimmen musste: seinen Bruder! Zur Zeit lebten sie in Feindschaft. Neid war wahrscheinlich das Motiv. Tnarg Moklef war wesentlich erfolgreicher als sein Bruder Tram.

Das gemeinsame Ziel jedoch musste sie zusammenbringen. Tnarg Moklef war ganz sicher, in seinem Bruder den idealen Partner zu finden, denn Tram hatte eine wichtige Eigenschaft mit ihm gemeinsam: geschäftliche Rücksichtslosigkeit. Und davon würden sie mehr als genug brauchen.

 

*

 

Tram Moklef wurde die größte Überraschung seines Lebens beschert. Der Mann, der sich zu später Stunde noch bei ihm anmeldete, war sein ungeliebter Bruder Tnarg.

Am liebsten hätte er Tnarg abgewiesen, aber wenn sich der Bruder persönlich bemühte, trotz ihrer Querelen, gab es triftige Gründe, die sich Tram erst einmal anhören wollte.

Wenig später saßen sie sich gegenüber.

»Ich bin hier, um dir ein Geschäft vorzuschlagen, Tram!«

»Spann mich bitte nicht zu lange auf die Folter, Tnarg.« Tram Moklef blickte demonstrativ auf die Uhr.

»Keine Angst, Tram, ich werde dich nicht langweilen. Beginnen wir zunächst mit dem, was mich negativ betrifft.« Ein schlauer Beginn, wie Tnarg selber fand. »Der Konzern steht den roten Zahlen bedrohlich nahe. Du weißt, was das für meine Karriere bedeutet. Aber das ist natürlich nicht der Hauptgrund für mein Kommen.« Tnarg Moklef schlug in aufreizender Langsamkeit die Beine übereinander, ehe er fortfuhr: »Das Vorhaben, das ich nur gemeinsam mit dir durchzuführen gedenke, kann den Konzern wieder nach oben bringen, aber es kann auch noch wesentlich mehr. Das Ziel ist nämlich so gigantisch, dass es dazu geeignet ist, dein winziges Privatunternehmen hier auf Somar über jeden Konzern der Milchstraße zu erheben!«

Tram Moklef gelangte zu der Auffassung, dass sich sein Bruder seit der letzten Begegnung in einen Träumer verwandelt hatte. Er lehnte sich mit einem müden Lächeln zurück.

»Ich weiß noch immer nicht, worum es geht!«

Tnarg Moklef erzählte ihm von den fliegenden Steinen.

»Ich hoffe, du hältst mich für seriös genug, um meinen Worten Glauben zu schenken. Ich werde den Beweis keineswegs scheuen.« Tnarg Moklef ballte die Hände zu Fäusten. In seine Augen trat ein fanatischer Glanz. »Der normale Weg wäre jetzt, durch spezifische Berechnungen und Entwicklungen das Projekt fliegende Steine technisch nutzbar zu machen. Die Weichen dazu sind gestellt, denn die beiden Geologen haben Geschäftssinn bewiesen, indem sie die Besitzrechte an sämtlichen Steinbrüchen erwarben. Sie würden aus der Sache als glänzende Sieger hervorgehen, wir nur Handlangerdienste leisten. Aber ich habe andere Pläne. Alle Raumschiffswerften der Galaxis würden sich um die Steine reißen, und nicht nur diese, sondern natürlich auch alle Gleiterwerften, doch es gibt eine Möglichkeit, die Sache wesentlich pikanter zu gestalten.«

Trams Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Sein Herzschlag war viel zu schnell, und darüber ärgerte er sich. »Weiter!«

»Wir schaffen es unmöglich, die beiden Geologen auf herkömmliche Weise auszuschalten und die Sache an uns zu reißen. Es gibt zu viele wachsame Augen: die Raumpatrouille beispielsweise und der Gouverneur von Candor, eingesetzt als Bindeglied zum Bund von Dhuul-Kyphora.«

»Ich sehe keinen Ausweg«, gab Tram Moklef zu.

Tnarg Moklef lächelte überlegen. Er genoss es, Trams Interesse geweckt zu haben. »Mein Labor hat hier auf Somar ein Virus entwickelt, das absolut tödlich wirkt.«

»Du willst dieses Virus doch nicht etwa auf die Candoraner ansetzen? Was glaubst du, wie lange es dauert, bis der Gesundheitsdienst des Bundes die Angelegenheit durchschaut?«

»Du meinst, Tram, dass der Galaktische Gesundheitsdienst alles tun würde, um Candor zu helfen, nicht wahr? Aber nicht, mein lieber Bruder, wenn die Candoraner die einzigen Kyphorer sind, die gegen dieses Virus immun bleiben!«

»Wie bitte?«

»Du hast richtig gehört, Tram: Die Candoraner sind gegen dieses tödliche Virus immun – ein Virus, das keine Macht der Welt wieder aus dem Körper eines Infizierten verbannen kann. Man vermag nur, seine Gefährlichkeit einzudämmen, indem man eine Impfung vornimmt. Zwei Kyphorer sind von der Seuche bereits betroffen. Wenn sie nicht für den Rest ihres Lebens in Quarantäne bleiben wollen, müssen alle anderen Kyphorer auf den Planeten des Bundes geimpft werden. Wie gefällt dir das?«

Tram brauchte nicht lange, bis er den gesamten Plan seines Bruders in seiner kompletten Perfidität durchschaut hatte.

Es riss ihn förmlich aus dem Sitz.

»Du bist ein Genie, Tnarg!«, rief er.

 

*

 

Nek und Sin wurden mit dem Gleiter zu einem feudalen Hotel gebracht. Hier gab es keine Robotdiener, nicht einmal Bedienstete aus Hilfsrassen, sondern ausschließlich kyphorisches Personal. Entsprechend teuer musste die Suite sein, die für die beiden Geologen gemietet worden war. Es gab einen gemeinsamen Salon mit zwei separaten Schlafzimmern, an die jeweils ein Bad angeschlossen war.

Es dauerte eine Weile, bis sich die Freunde an die ungewohnte Atmosphäre im Hotel gewöhnt hatten. Bedrückte sie der Pomp zunächst, so begannen sie schließlich, alles in vollen Zügen zu genießen. An Schlaf dachten sie trotz der vorgerückten Stunde nicht.

Auf ein Klingelzeichen hin erschien der Zimmerkellner und nahm Getränkebestellungen entgegen.

Nek und Sin prosteten sich zu.

»Es wird Zeit, dass wir uns an das feudale Leben gewöhnen!« Sin grinste. »Auf gute, gemeinsame Geschäfte, Nek!«

Als sie die Gläser abgesetzt hatten, wurde Nek nachdenklich. »Mir geht die Sache mit dem Virus nicht aus dem Kopf.«

Sin zuckte die Schultern. »Jedenfalls hat uns dieser Tnarg Moklef nach dem Gespräch ziemlich eilig hinauskomplimentiert. Es sollte zu denken geben, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass uns die Sache etwas angeht.«

Nek stand auf, trat auf den Balkon hinaus und sog die angenehm kühle Nachtluft ein. Auch Somar-City war mit einem Kraftfeld versehen, das klimatische Unbilden ausglich.

Der junge Geologe hörte Schritte hinter sich.

»Hier könnte man es tatsächlich für eine Weile aushalten – ohne sich anzustrengen!«, sagte er im Herumdrehen.

Nek erstarrte in der Bewegung. Sin war nicht allein aus dem Zimmer getreten. Der Zimmerkellner war dabei.

Die Situation war eindeutig: Sin hatte beide Hände über den Kopf gehoben, sein Gesicht war kreidebleich.

»Wen von euch beiden soll ich erschießen?«, fragte der Zimmerkellner jovial.

»Was – was soll denn das?«, stotterte Nek.

»Ganz einfach: Ihr beide habt aus unerklärlichen Gründen miteinander Streit bekommen. Einer besaß eine Waffe und erschoss den anderen. Nach seiner Tat war er so entsetzt, dass er hier über die Brüstung stieg, um auf diese Weise die Suite zu verlassen.«

Neks Gesicht verzerrte sich. »Wie wollen Sie sich da herausreden? Sie unterschätzen die hiesige Polizeibehörde!«

»Nun, die werden zunächst annehmen, dass bei der Sache jemand nachgeholfen hat. Als erster Verdächtiger kommt der Zimmerkellner in Frage. Der allerdings befindet sich im Moment an einem Platz, der ihm ein ausgezeichnetes Alibi verschafft: in einer Besprechung! Ich war so frei, ungefragt seine Vertretung zu übernehmen.« Der Killer blickte auf die Uhr. »Im Moment wird er wahrscheinlich seine Vorgesetzten mit ein paar gewerkschaftlichen Vorschlägen erregen. Es ist kaum anzunehmen, dass man diese Unterredung vergisst. – So, dann noch einmal meine Frage von vorhin: Wer will hinunterspringen und wen soll ich erschießen?«

Er schwenkte die Mündung seiner Waffe hin und her.

»Ich steige über die Brüstung«, sagte Sin schnell und wandte sich ab.

Der falsche Kellner nickte ihm zu. »Es freut mich, dass Sie mir keine unnötigen Schwierigkeiten bereiten. Mein Beruf ist so schon schwer genug, glauben Sie mir.«

Sin ging nach rechts zur hohen Brüstung, entfernte sich somit also von Nek. Für den Mann mit dem Strahler wurde es schwierig, sie beide gleichzeitig im Auge zu behalten. Er folgte Sin ein paar Schritte.

Nek überlegte nicht lange. Zu verlieren hatten sie nichts.

Die großen Töpfe mit den Grünpflanzen erschienen ihm für seine Zwecke vorzüglich geeignet. Er brauchte nur einen einzigen Schritt zu machen, um Deckung zu bekommen.

Der Fremde runzelte die Stirn, als ahnte er etwas. Ehe er jedoch reagieren konnte, duckte sich Nek hinter einen der Töpfe.

Ein makabres Spiel um Leben und Tod begann.

Der falsche Zimmerkellner setzte seine Waffe nicht sofort ein. Das war ein entscheidender Fehler, denn dadurch hatte Nek Gelegenheit, unbemerkt zur nächsten Deckung überzuwechseln.

Der Mann lief zu dem Punkt, an dem er Nek zuletzt gesehen hatte.

Sin nutzte die Situation auf seine Weise, indem er ebenfalls in Deckung ging.

»Aber, meine Herren«, sagte der falsche Zimmerkellner pikiert, »jetzt werden Sie kindisch! Es nutzt Ihnen gar nichts. Später wird es nur noch mehr nach einem Kampf zwischen Ihnen beiden aussehen.«

Nek erreichte unbemerkt den Eingang zur Suite. Er konnte nicht eintreten, denn damit hätte er sich in den Sichtbereich des Schützen begeben.

Der Mann schoss. Eine der Topfstauden ging in Flammen auf.

Nek wagte den Sprung zur offenen Tür nun doch. Der Rauch gab ihm ein Minimum an Sichtdeckung.

Der fauchende Energiestrahl verfehlte ihn knapp.

Mit einer Rolle vorwärts kam Nek im Innern des Salons an.

Der Fremde rannte herbei. Es war unmöglich für Nek, rechtzeitig aus dem Schussfeld zu entrinnen. Er blickte zur Tür. Die ganze Wand bestand aus Glas. Er sah das verzerrte Gesicht des Fremden und das Abstrahlfeld des Strahlers, das auf ihn deutete.

Doch da war Sin.

Wie ein Schatten tauchte er hinter dem Mörder auf. Ein Schlag mit ineinander verschränkten Händen, und der Strahlschuss verwandelte einen nahen Sessel in ein Häufchen Asche.

Der Fremde gebärdete sich wie eine Raubkatze. Er erholte sich erstaunlich schnell von dem Hieb und richtete den Strahler auf das neue Ziel.

Schon war Nek heran und warf sich auf den Gegner.

Der zweite Schuss ging ebenfalls ins Leere, fuhr über die Brüstung hinweg – ein Leuchtfinger, der für die Dauer eines Sekundenbruchteils zu den Sternen deutete.

Gegen zwei Gegner hatte der falsche Zimmerkellner keine Chance. Er hatte seine Opfer erheblich unterschätzt. Eine Erkenntnis jedoch, die ihm jetzt nichts mehr nutzte.

Sin entriss ihm die Waffe.

»So, mein Freund, das gefällt mir jetzt wesentlich besser!«