Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 6. Planet der Verlorenen - Kathy Tyers - E-Book

Star Wars. Das Erbe der Jedi-Ritter 6. Planet der Verlorenen E-Book

Kathy Tyers

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Beschreibung

Die Bewohner des Planeten Druro gewähren den Flüchtlingen Schutz vor der Alienstreitmacht der Yuuzhan Vong. Als zwischen den Druros und den Neuankömmlingen heftige Streitigkeiten aufflammen, bemühen sich Han Solo und sein Sohn Jacen um die Bewahrung des inneren Friedens. Doch sie alle ahnen noch nicht, dass die Yuuzhan Vong den Planeten zu ihrem nächsten Angriffsziel erkoren haben ...

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Inhaltsverzeichnis

WidmungVielen Dank!Dramatis PersonaePrologKapitel 1Kapitel 2Copyright

Für die belesenen und überzeugenden Damen, die mich in diese Galaxis eingeladen und dann das Projekt kenntnisreich begleitet haben: Janna Silverstein und Shelly Shapiro.

Vielen Dank!

Selbstverständlich zuallererst an George Lucas.

Außerdem an Martha Millard, Scott Bach, Shelly Shapiro, Sue Rostoni, Allan Kausch und Lucy Autrey Wilson für die professionelle Anleitung; an alle Star-Wars-Autoren, die dieses Universum weiter wachsen lassen, besonders an James Luceno, Michael Stackpole, R. A. Salvatore, Timothy Zahn, Aaron Allston, Troy Denning, Dan Wallace und Bill Smith; an Robert Flaherty, Cheryl Petersen und Matthew Tyers für ihre besondere Unterstützung und an Mark Tyers, der mir geholfen hat weiterzumachen, wenn es so einfach gewesen wäre zusammenzubrechen.

Dramatis Personae

Anakin Solo: Jedi-Ritter C-3PO: Protokoll-Droide Darez Wuht: Admiral der Streitkräfte von Duros Droma: raumfahrender Ryn Han Solo: Captain des Millennium FalkenJacen Solo: Jedi-Ritter Jaina Solo: Jedi-Ritter Leia Organa Solo: Botschafterin der Neuen Republik Luke Skywalker: Jedi-Meister Mara Jade Skywalker: Jedi-Meisterin Mezza: Eine Ryn, Flüchtling Nom Anor: Exekutor, Yuuzhan Vong R2 – D2: Astromech-Droide Randa Besadii Diori: Hutt, Flüchtling Romany: Ryn, Flüchtling Tsavong Lah: Kriegsmeister der Yuuzhan Vong Viqi Shesh: Senatorin

Sie tauchten vollkommen überraschend von außerhalb der Galaxis auf: ein Kriegervolk, das sich Yuuzhan Vong nannte, bewaffnet mit Täuschungen, Verrat und einer bizarren organischen Technologie, die es mit der der Neuen Republik und ihrer Verbündeten durchaus aufnehmen konnte – und manchmal mehr als das. Selbst die Jedi unter der Führung von Luke Skywalker fanden sich plötzlich in die Defensive gedrängt, und ihre wichtigste Waffe, die Macht, konnten sie nur bedingt einsetzen, denn aus irgendeinem unerklärlichen Grund waren die Yuuzhan Vong weder in der Macht wahrnehmbar noch durch sie zu beeinflussen.

Der erste Schlag traf die Neue Republik völlig überraschend, während sie gerade dabei war, eine Rebellion niederzuschlagen, die von Nom Anor, einem Agenten der Yuuzhan Vong, und seinen Leuten ausgelöst worden war. Während die Kräfte der Neuen Republik sich darauf konzentrierten, begann die Invasionsflotte der Außergalaktischen mit ihrem ersten Angriff, der gleich mehrere Planeten zerstörte und zahllose Wesen tötete – darunter auch den Wookiee Chewbacca, Han Solos treuen Freund und Partner.

Bei einem mutigen Versuch, Kontakt zum Feind herzustellen und Frieden zu schließen, wurde Senator Elegos A’Kla von dem Yuuzhan-Vong-Kommandanten Shedao Shai ermordet, der die Leiche Elegos’ gutem Freund, dem Jedi Corran Horn, vor die Füße warf. Horn forderte Shai daraufhin zu einem Duell heraus – dem Sieger winkte als Preis der Planet Ithor. Horn besiegte Shai, aber die Yuuzhan Vong zerstörten Ithor trotzdem.

Die Regierung der Neuen Republik verlor bei jedem Rückschlag ein wenig mehr an Stabilität. Bald schon begannen auch die Jedi unter der Belastung zu leiden. Eine Gruppe von Abtrünnigen unter Führung von Kyp Durron, die Luke vorwarf, zu vorsichtig zu sein, sprach sich dafür aus, alle verfügbaren Mittel einzusetzen, um die Yuuzhan Vong zu besiegen – bis hin zu ungezügelter Aggression, was nach Lukes Ansicht der Dunklen Seite Tür und Tor öffnen würde. Der philosophische Disput trieb sogar einen Keil zwischen die Solobrüder Jacen und Anakin, während ihre Schwester Jaina sich stattdessen auf ihre neue Rolle als Pilotin beim Renegatengeschwader konzentrierte.

Zerfressen von Selbstvorwürfen, weil es ihm nicht gelungen war, Chewbacca zu retten, wandte sich Han Solo von seiner Familie ab, suchte mit Taten zu büßen – und konnte tatsächlich einen intriganten Versuch der Yuuzhan Vong verhindern, die Jedi zu eliminieren. Zudem kehrte er mit etwas zurück, was alle für das Gegengift gegen die schreckliche Krankheit hielten, die Mara Jade Skywalker befallen hatte. Aber nicht einmal dieser Sieg konnte ihm über den Tod seines besten Freundes hinweghelfen – oder seine Ehe mit Leia kitten.

Auch Leia war von Schuldgefühlen überwältigt. Weil sie eine Vision der Zukunft ignoriert hatte, glaubte sie, auch für die Vernichtung der Hapanischen Flotte bei Fondor verantwortlich zu sein. Eine offene Schlacht um die Werften war durch unkontrollierbare Zerstörungskraft beendet worden, die von der Centerpoint Station ausgegangen war – einer Waffe, die Leias jüngerer Sohn Anakin wieder betriebsbereit gemacht hatte.

Während die Yuuzhan Vong nun ihre Schlinge enger ziehen und in Richtung Coruscant vordringen, müssen Luke und Mara, Han, Leia und ihre Kinder ebenso wie die Neue Republik selbst das Gleichgewicht finden, das sie verloren haben – bevor es nichts mehr zu verlieren gibt.

Prolog

Lieutenant Jaina Solo kippte ihren X-Flügler auf die Backbord-Stabilisatoren und beschleunigte. Ein samenkapselförmiger Korallenskipper der Yuuzhan Vong jagte hinter einem ihrer Kameraden her. Als der Skipper nun beidrehte, bildete sich dicht hinter seinem Schwanz ein winziges Schwarzes Loch und verschlang jedes bisschen Energie, das Jaina hineinpumpte.

Sie passte die Geschwindigkeit ihres Jägers der des Skippers an und folgte ihm. Seit Colonel Gavin Darklighter sie gebeten hatte, dem Renegatengeschwader beizutreten, hatte sie schon Dutzende von Kämpfen mitgemacht. Sie war immer noch ungeheuer stolz, zu diesem Geschwader zu gehören, aber die erste Begeisterung war vorüber. Zu viele mitternächtliche Kämpfe. Zu viel Tod, zu wenig Schlaf.

Aber ich bin beim Renegatengeschwader, stellte sie in Gedanken fest und beschleunigte ihren X-Flügler, und das nicht wegen meiner Eltern und auch nicht, weil in meiner Familie die Macht stark ist.

Sondern wegen ihrer Fähigkeiten als Pilotin. Außerdem sollte dem Renegatengeschwader immer mindestens ein Jedi-Ritter angehören.

Der Skipper, den sie jagte, raste auf das bothanische Sturmboot Champion zu. Die Champ sollte einem weiteren Flüchtlingskonvoi Deckung geben. Kalabras industrialisierter Mond Hosk wackelte bereits in der Umlaufbahn, und die Situation war der von Sernpidal vor beinahe zehn Monaten erschreckend ähnlich. Hier würde es jedoch noch größere Verluste geben – für die Kalabraner. Für Jaina wie für ihren Vater war Sernpidal allerdings eine Tragödie gewesen, die wohl kaum ihresgleichen finden würde.

Korallenskipper abzuschießen – das würde Chewbacca nicht zurückbringen, aber es half, um Jainas bittere Erinnerungen zu dämpfen. Sie behielt den Finger am Abzug und überzog den Skip mit scharlachroten Lasersplittern. Niedrigenergetischer Dauerbeschuss ermüdete die Energie saugenden Dovin Basale der Skipper und lenkte sie ab. Wie der Colonel es einmal ausgedrückt hatte: »Erst kitzelt ihr ihnen das Zahnfleisch, dann rammt ihr ihnen die Faust in die Kehle.«

Jainas Sensor zeigte, dass das Schwarze Loch ein wenig zurückgewichen war, dass es sich nun ein wenig näher an dem feindlichen Schiff befand, das es projizierte. Auf ihrem Hauptschirm konnte sie ein Klauenschiff sehen, das sich von hinten näherte. »Gebe Ihnen Deckung, Rogue Elf.«

Jetzt! Jaina packte die Hauptfeuersteuerung fester und nahm den Skip mit allen vier Lasern durchgehend unter Beschuss. Die winzige projizierte Schwerkraftquelle des Skippers krümmte die Strahlen, aber Jaina hatte bewusst zu hoch geschossen, um das von vornherein auszugleichen. Der Dovin Basal lenkte zwei ihrer Schüsse ins Leere, aber die beiden anderen schlugen genau dort ein, wo sie sie haben wollte, und überzogen das mit Kristallen getäfelte Cockpit des Yuuzhan-Vong-Jägers mit flammendem Licht.

Wir verfügen über die richtige Taktik, um sie in einem Kampf zu schlagen. Aber die Kräfte sind nicht gleichmäßig verteilt. Sie bringen immer mehr von uns um und lassen einfach nicht nach! Ihre Schiffe können sich sogar selbst heilen! Die Yuuzhan Vong hatten ganze Planeten zu Brutstätten für Korallenskipper umgebaut und bei Fondor eine der wichtigsten militärischen Werften der Neuen Republik zerstört. Die verbliebenen großen Werften – Kuat, Mon Calamari, Bilbringi – waren in höchstem Maße bedroht, und große Teile der Flotte der Neuen Republik waren ausgeschickt worden, um sie zu verteidigen.

Kristallsplitter und heißer Kies schossen aus dem Korallenskipper und trieben ihn in einer trägen Spirale aus der Feuerzone. Der Yuuzhan-Vong-Pilot versuchte nicht, sein Schiff zu verlassen. Sie starben immer mit ihren Schiffen – offensichtlich, weil sie es so wollten.

»Hab ihn erwischt, Zehn«, rief Jaina.

»Danke, Sticks.«

»Kein Problem.« Jaina zog nach Steuerbord und entdeckte, dass sich dort eine Katastrophe zusammenbraute. »Renegatengeschwader, mehr Korallenskipper aus 349 – 18. Sie haben es auf die Antriebsgondeln der Champ abgesehen.«

»Verstanden.« In der Stimme von Major Alinn Varth, Kommandant von Jainas Kette, lag eine gewisse Schärfe. »Zeit für ein bisschen Korallenstaub. Elf, Zwölf, zu mir.«

Jaina ließ ihr Kom zweimal klicken, um den Befehl zu bestätigen, dann beschleunigte sie. Sie legte ihren X-Flügler auf den Rücken und folgte Rogue Neun am Bauch der Champion entlang, so nahe und dicht, dass sie beinahe die Antennen und Bolzen zählen konnte.

Kommandant der Champion war Admiral Glie’oleg Kru, ein Twi’lek. Seit Fondor hatte Jaina beinahe bei jeder neuen Mission von einem neu beförderten Captain oder Admiral gehört. Drei weitere Planeten waren vor kurzem vernichtet worden – Gyndine, Bimmiel und Tynna. Hier in Kalabra versuchten die Yuuzhan Vong offenbar, die wichtige Hyperraumroute nach Corellia zu unterbrechen. Druckenwell und Rodia befanden sich seit kurzem ebenfalls im Alarmzustand.

Ein weiterer Konvoi mit Schiffen aus Kalabra, darunter Dutzende, die von Hosk geflohen waren, war gerade gesprungen. Trotz aller Anstrengungen, den riesigen Dovin Basal zu finden, den die Yuuzhan Vong offenbar auf Kalabra stationiert hatten, verlor Hosk bei jeder Umkreisung mehr an Höhe. Seine Hyrotii-Zebra-Jäger waren längst zerstört, alle zehn Turbolaser unbrauchbar. Feindliche Schiffe, die sich auf Jainas Schirm wie vielbeinige Geschöpfe abzeichneten, folgten dem metallumhüllten Mond und verschlangen die Shuttles, die hinter den Hauptkonvoi zurückgefallen waren. Die Gruppe von Türmen am Pol von Hosk war bereits dreißig Grad aus der normalen Position gekippt. Bald schon würde auch Kalabra eine tote Welt und selbst für die Yuuzhan Vong nicht mehr zu gebrauchen sein.

Jaina umrundete die Jäger-Dockstationen an der Champion und geriet sofort in einen wilden Kampf. Drei Korallenskipper stürzten sich auf sie und feuerten grelle Plasmablitze ab. Jainas Puls schlug hektisch, als sie ihren X-Flügler ohne viel nachzudenken hin und her riss, um ihnen auszuweichen. Den rechten Mittelfinger behielt sie dabei fest auf dem sekundären Auslöser.

»Sparky«, rief sie ihrem Astromech-Droiden zu, »ich brauche hundert Prozent Schildkraft auf dreizehn Meter.«

Zahlen und Buchstaben blitzten auf dem oberen Display, als die R5-Einheit, die sie seit ihrem Eintritt ins Renegatengeschwader begleitete, gerade noch rechtzeitig gehorchte. Statik knisterte in ihrem Kopfhörer. Ein Dovin Basal griff nach ihren Schilden.

Ein weiteres Schiff näherte sich von unten. Jaina tippte das Höhenruder leicht an, schob den Steuerknüppel nach vorn und jagte dem Feind entgegen, während die Sterne sich um sie drehten. Nur noch ein kleines bisschen näher, Vong. Nur ein kleines bisschen.

Das Torpedovisier wurde rot, das Ziel war erfasst. Sofort ließ Jaina einen Protonentorpedo los. Während das Geschoss wie eine blaue Flamme auf den feindlichen Jäger zuraste, hielt die junge Frau ihren Kurs und schoss mehr scharlachrote Splitter ab, um den Dovin Basal abzulenken.

»Elf«, rief eine Stimme in ihr Ohr. »Nach Steuerbord, schnell!«

Huttschleim! Jaina beschleunigte und wich aus, was sie fest in ihren Sitz presste. Der X-Flügler schauderte. »Ich bin getroffen«, rief sie. Der Adrenalinstoß bewirkte, dass sie die Steuerung fester umklammerte. Sie warf einen Blick auf den Hauptschirm. »Aber ich habe immer noch Schilde.« Mit leichten Berührungen von Ruder und Steuerknüppel zog sie den X-Flügler herum. »Und bin manövrierfähig.«

Aber jetzt war sie wütend. Die Champion und ihre Verteidiger waren von Korallenskippern umschwärmt, die auf Jainas oberem Schirm rot angezeigt wurden. Dieser Skipper dort, der erst jetzt zur Champion zurückkehrte, musste derjenige sein, der ihrem Jäger gerade ein paar Brandspuren an den Stabilisatoren verpasst hatte.

Sie rammte den Antriebshebel nach vorn.

Nun sah sie das große feindliche Schiff hinter der Champion. Es war etwas kleiner als ein Sternzerstörer und erinnerte Jaina an ein seltsames Meeresgeschöpf. Der dickste Arm zeigte nach vorn und enthielt wahrscheinlich die Brücke. Zwei dünne Arme wiesen nach den Seiten, zwei nach unten. Aus den unteren Armen ergoss sich bereits Plasma auf die Champion.

Zwei Ketten von E-Flüglern der Neuen Republik sausten auf den Neuankömmling zu. Jaina blieb direkt hinter dem Skipper, der sie angegriffen hatte, und drückte den Stotterabzug.

»Renegatengeschwader.« Der Ruf des Colonel überraschte sie. »Die Vong haben gerade die Schilde der Champ aufgesaugt. Verschwindet von hier!«

Was hatten sie getan – ein weiteres großes Schiff eingesetzt, das sich außerhalb von Jainas Blickfeld befand? Sie riss den Knüppel herum und beschleunigte.

Sie kam gerade an der Backbordgondel der Champion vorbei, als Licht aus dem Schiff brach. Langsam und mit einer unheimlichen, tödlichen Schönheit riss an der glänzenden Seite der Champ eine Naht auf.

»Sticks«, schrie ihr eine Stimme ins Ohr. »Elf, weg von hier!«

»Volle Kraft, Sparky!«, rief Jaina. »Schnell …«

Die Explosion schleuderte sie gegen das Steuerpult. Die Ruderpedale schienen sich durch ihre Beine drücken zu wollen. Die Seiten ihres Cockpits wurden eingebeult, dann waren sie verschwunden. Eine Sirene kreischte im gleichen Rhythmus wie eine Computerstimme in ihren Ohren.

»Aussteigen, aussteigen!«

Verzweifelt keuchend zog sie sich tief in die Macht zurück. Beinahe …

Weiß glühender Schmerz spülte ihr Bewusstsein weg.

1

Jacen Solo stand zusammen mit seinem Vater vor der Flüchtlingshütte aus Schlammziegeln, die sie auf Duro teilten. Jacens brauner Overall war mit einer Schicht aus grobkörnigem Staub überzogen, und sein welliges braunes Haar fiel ihm bis über die Ohren; es war noch nicht lang genug, dass er es hätte zurückbinden können. Unter der durchscheinenden grauen Synthplas-Kuppel war die allgemeine Anspannung intensiv zu spüren; sie wickelte sich um ihn wie eine tharanische Glasschlange – unsichtbar, aber in der Macht so deutlich wahrzunehmen, dass Jacen beinahe sehen konnte, wie sich die Windungen zusammenzogen.

Etwas würde geschehen. Er konnte es spüren, wenn er mithilfe der Macht lauschte. Etwas sehr Wichtiges, aber …

Was?

Eine Ryn mit samtigem Fell und stacheliger Mähne, die Borsten an Schwanz und Unterarmen grau vor Alter, redete gerade mit Jacens Vater, Han Solo.

»Das da sind unsere Karawanenschiffe«, bellte sie und fuchtelte mit den Händen. »Unsere.« Sie schnaubte, und der Atem drang mit einem hupenden Geräusch durch die vier Löcher in ihrem Chitinschnabel.

Han drehte sich um und hätte dabei Jacen beinahe mit dem linken Arm angerempelt. »Im Augenblick können wir es uns nicht leisten, sie in eine Umlaufbahn zu bringen, um die Systeme zu überprüfen. Deine Leute befanden sich in einem gesperrten Bereich, Mezza.«

Mezzas weiches taupefarbenes Fell hatte orangerote Flecke. Ihre bläuliche Schwanzspitze zitterte, eine Geste, die Jacen inzwischen als Zeichen von Ungeduld zu deuten gelernt hatte.

»Gesperrter Bereich!«, fauchte sie. »Die Absperrung, durch die Ryn nicht kommen würden, ist noch nicht erfunden worden, und das da sind unsere Karawanenschiffe. Unsere.« Sie tippte auf die fadenscheinige Weste, die ihre breite Brust bedeckte. »Und sag mir jetzt bloß nicht, ich sollte dir vertrauen, Captain. Das tun wir. Aber SELCORE vertrauen wir nicht. SELCORE und diesen Leuten da oben.« Sie zeigte zum Himmel.

Hans Mundwinkel zuckten, und der siebzehnjährige Jacen spürte beinahe, wie angestrengt sein Vater sich das Lachen verkneifen musste. Han Solo konnte es verstehen, wenn die Flüchtlinge sich auf inoffizielle Erkundungsflüge begaben, besonders mit ihren eigenen Schiffen. Aber Han trug die Verantwortung für diese Siedlung. Also durfte er sich nicht anmerken lassen, wie sehr ihn das alles erheiterte, denn man erwartete von ihm, dass er die Anordnungen von SELCORE durchsetzte und diesen jugendlichen Kriminellen zumindest öffentlich die Leviten las. Er und Mezza würden das eigentliche Problem zweifellos später unter vier Augen besprechen.

Und jetzt stürzte sich Han erst einmal in die Auseinandersetzung.

Jacen beobachtete das Schauspiel und versuchte, ein weiteres Teil des Puzzles zu finden, das er in jeder einzelnen Zelle seines Wesens wahrnahm. Er war als Jedi ausgebildet und ungewöhnlich wahrnehmungsfähig, und er wusste genau, dass die Macht kurz davor stand, sich zu verschieben.

Diesmal wagte er nicht, die Anzeichen zu ignorieren.

In seinem rechten Wangenknochen kribbelte es. Er berührte verlegen seine Wange, dann strich er sich abermals das Haar aus dem Gesicht. Er brauchte dringend einen Haarschnitt, aber hier interessierte sich niemand dafür, wie er aussah. Seine Beine wuchsen immer noch, und seine Schultern wurden breiter. Er fühlte sich wie ein ungelenker Hybride aus ausgebildetem Jedi und kaum erwachsenem Jungen.

Er lehnte sich gegen die Außenwand der Hütte und starrte auf sein neues Zuhause hinaus. Die Kuppel war von SELCORE, der Flüchtlingsorganisation der Neuen Republik, errichtet worden und sollte tausend Siedlern Platz bieten. Selbstverständlich hatte man zwölfhundert hineingezwängt. Außer den ausgestoßenen Ryn gab es mehrere hundert verzweifelte Menschen, zerbrechliche Vors, Vuvrianer mit ihren riesigen runden Köpfen – und einen jungen Hutt.

Und die gnadenlosen Yuuzhan Vong schweiften weiter durch die Galaxis, zerstörten ganze Planeten und versklavten oder opferten deren Bevölkerung. Das üppige Ithor, das gesetzlose Ord Mantell und Obroa-Skai mit seinen wunderbaren Bibliotheken – alle waren sie den gnadenlosen Eroberern zum Opfer gefallen. Der Huttraum und alle Planeten entlang der Route nach Corellia wurden angegriffen. Und die Neue Republik hatte immer noch keine Ahnung, wie sie die Yuuzhan Vong aufhalten sollte.

Han Solo hatte die linke Hand an der Hüfte und stritt sich mit Mezza, der Anführerin des größeren der beiden Ryn-Clans, wobei er die Übeltäter – eine Gruppe junger Leute in Jacens Alter mit verblassenden Jugendstreifen auf den Wangen – genau im Auge behielt. Die Ryn-Clans bewohnten eine der keilförmigen Anordnungen von Hütten mit blauem Dach in Siedlung Zweiunddreißig. Die Synthplas-Kuppel wölbte sich über ihnen, so grau wie der vergiftete Nebel, der draußen umherwirbelte.

Jacen war mit einer Empfindsamkeit gesegnet – oder verflucht – , die er früher einmal hinter angestrengten Scherzen verborgen hatte, und es fiel ihm nun relativ leicht, bei beinahe jeder Auseinandersetzung die Beweggründe aller beteiligten Seiten nachzuempfinden. Daher bestand seine Aufgabe hier unter anderem darin, seinem Vater bei Verhandlungen wie dieser zu helfen. Han neigte dazu, den direkten Weg zu einer Lösung zu suchen, statt sich die Standpunkte aller Beteiligten anzuhören. Er war den Ryn durch die Hälfte der Neuen Republik gefolgt, weil er die Clanmitglieder seines neuen Freundes Droma wiederfinden wollte, die nach der Invasion überall verstreut waren. Als eine Welt nach der anderen den Flüchtlingen die Türen verschlossen hatte, waren die Ryn zu Bettlern geworden, verschmäht und verraten. Sie hatten schreckliche Verluste hinnehmen müssen. Sie brauchten jemanden, der sich für sie einsetzte.

Also hatte sich Han Solo widerstrebend bei der immer größer werdenden Flüchtlingsorganisation gemeldet. »Ich mache es nur so lange, bis sie sich irgendwo niedergelassen haben.« So hatte er es jedenfalls Jacen gegenüber erklärt.

Jacen war aus Coruscant hierher geflohen. Vor zwei Monaten hatte die Neue Republik ihn und seinen Bruder nach Centerpoint gerufen, zu diesem massiven Hyperraum-Repulsor mit Schwerkraftlinse im corellianischen System. Alle hatten gehofft, dass Anakin, der Centerpoint schon einmal zuvor aktiviert hatte, es wieder schaffen würde.

Militärberater hatten die Yuuzhan Vong dazu verleiten wollen, Corellia anzugreifen, um in diesem Fall Centerpoint als Interdiktionsfeld zu benutzen, den Feind dadurch im corellianischen System festzunageln und dann zu vernichten. Selbst Onkel Luke hatte gehofft, dass die Station nur als Schild und nicht als Waffe benutzt werden würde.

Die Neue Republik würde sich von der Katastrophe, die aus diesem Plan entstanden war, vielleicht nie mehr erholen können.

Jacen erkannte an den Falten in Hans Gesicht, den mühsamen Bewegungen und den grauen Strähnen im Haar deutlich, unter welcher Anspannung der Mann stand. Han Solo war jahrelang mit Bürokraten konfrontiert gewesen und hatte sogar den Protokolldroiden seiner Frau irgendwie ertragen, aber selbst das hatte ihn nicht wesentlich geduldiger gemacht.

Draußen auf dem staubigen Weg vor der Hütte der Solos stand nun auch Romany, Anführer des zweiten Ryn-Clans, und drehte seinen Schwanz zwischen starken Händen. Das Fell auf seinen Unterarmen und an der Schwanzspitze stand ab wie gebleichte Borsten.

»Dein Clan«, sagte Han und zeigte auf Romany, »glaubt also, dass ihr Clan« – nun wies er auf Mezza – »vorhat, unsere Transportschiffe zu stehlen und alle anderen hier auf Duro sitzen zu lassen? Ist es das, was du meinst?«

Jemand weiter hinten in Romanys Gruppe rief: »Das würde mich jedenfalls nicht wundern, Solo.«

Ein anderer Ryn trat vor. »Früher waren wir besser dran, da konnten wir wenigstens für Credits tanzen und die Zukunft vorhersagen. Zumindest hatten wir unsere eigenen Schiffe. Wir konnten unsere Kinder vor vergifteter Luft bewahren. Und vor vergifteten Worten.«

Han schob die Hände in die Taschen seines staubigen Overalls und warf Jacen einen Blick zu. Jacen war inzwischen beinahe so groß wie sein Vater.

»Irgendwelche Vorschläge?«, murmelte Han.

»Sie machen nur ihrer Frustration Luft«, stellte Jacen fest.

Er blickte auf. Die graue Synthplas-Kuppel über ihren Köpfen war gefaltet geliefert worden und zog sich nun in ausgebreitetem Zustand über drei gebogene Metallstreben. Die Flüchtlinge hatten sie mit Netzen aus hiesigen Fasern verstärkt, und beinahe die halbe Kolonie legte Doppelschichten ein, um die Kuppel und ihre Hütten weiter zu verbessern. Die andere Hälfte arbeitete draußen an einem Reservoir in einem alten Steinbruch und einer Wasserreinigungsanlage, die von SELCORE geliefert worden war.

Abrupt riss Han den Arm hoch und rief: »Heh!«

Jacen fuhr gerade noch rechtzeitig herum, um einen jungen männlichen Ryn aus Romanys Gruppe zu sehen, der mit einem Salto herbeisprang und sich in Kampfhaltung duckte. Zwei aus Mezzas Gruppe blockierten ihn mit überraschender Geschmeidigkeit. Innerhalb von Sekunden stand Han inmitten einer Massenschlägerei, die zu anmutig war, um wirklich gefährlich zu wirken. Ryn waren von Natur aus Akrobaten. Sie wirbelten ihre Gegner an den borstigen Schwänzen herum und heulten dabei durch die Schnäbel wie eine Herde von Astromech-Droiden. Es wirkte beinahe, als würden sie tanzen, spielen, ihre Anspannung lockern. Jacen setzte gerade dazu an zu sagen: Halte sie nicht auf. Sie müssen sich abreagieren.

Aber in diesem Augenblick sackte er zusammen. Seine Brust brannte, als wäre sie aufgerissen worden. Seine Beine glühten ebenfalls so heftig, dass er die heißen Metallsplitter beinahe spüren konnte. Der Schmerz raste seine Beine und die Flanken entlang bis zu seinen Ohren.

Jaina?

Jaina und Jacen waren schon durch die Macht vereint gewesen, bevor sie zur Welt gekommen waren, und sie hatten es immer sofort gewusst, wenn einer von ihnen verletzt worden war oder Angst hatte. Aber wenn er sie selbst über die gewaltige Entfernung hinweg spüren konnte, die nun zwischen ihnen lag, musste sie schrecklich …

Die Schmerzen vergingen langsam.

»Jaina!«, flüsterte er entsetzt. »Nein!«

Er tastete nach ihr, versuchte, sie wiederzufinden. Er war sich kaum mehr der pelzigen Gestalten bewusst, die sich um ihn drängten, und einer Rynstimme, die nach einem Med-Droiden rief. Er fühlte sich, als schrumpfte er und fiele rückwärts in ein Vakuum. Er versuchte sich tief drinnen und auch außerhalb seiner selbst zu konzentrieren, versuchte sich an die Macht zu klammern und nach außen zu greifen – oder in eine Heiltrance zu fallen. Würde er Jaina in diesem Fall mit sich nehmen können? Onkel Luke hatte ihm auf der Akademie und auch danach ein Dutzend Konzentrationstechniken beigebracht.

Jacen.

Eine Stimme schien in seinem Geist widerzuhallen, aber es war nicht die von Jaina, sondern eine tiefe Männerstimme, ganz ähnlich der seines Onkels.

Jacen konzentrierte sich, um sich das Gesicht seines Onkels vorzustellen und dieses Echo besser wahrzunehmen. Ein riesiger weißer Wirbel schien sich um ihn zu drehen. Er zerrte an ihm, zog ihn in die gleißend helle Mitte.

Was war da los?

Dann sah er seinen Onkel, in reines Weiß gekleidet und halb abgewandt. Luke Skywalker hielt sein schimmerndes Lichtschwert diagonal vor sich, die Hände in Hüfthöhe, die Spitze nach oben.

Jaina! Jacen rief die Worte laut in seinem Geist: Onkel Luke, Jaina ist verletzt!

Dann sah er, worauf sein Onkel sich konzentrierte. Weit in der Ferne, aber deutlich zu erkennen, richtete sich eine zweite, dunkle Gestalt auf. Sie war hoch gewachsen, humanoid, kräftig gebaut, und ihr Gesicht und die Brust waren mit gewundenen Narben und Tätowierungen überzogen. Die Hüften und Beine steckten in einer rostbraunen Rüstung. Klauen ragten aus Fersen und Fingerknöcheln hervor, und ein schwarzer Umhang wehte um ihre Schultern. Der Yuuzhan Vong hielt einen kohlschwarzen, schlangenköpfigen Amphistab quer vor den Körper, etwa im gleichen Winkel wie Luke sein Lichtschwert, und schleuderte dem grünen Leuchten giftige Finsternis entgegen.

Vollkommen verwirrt streckte sich Jacen durch die Macht. Zuerst spürte er die Gestalt in Weiß als seinen hoch respektierten Onkel – dann abrupt als mächtige Tiefe, die in der Macht glühte wie ein zur Nova gewordener Stern. Aber auf der anderen Seite dieser sich langsam drehenden Scheibe, wo Jacens inneres Auge ihm einen Krieger der Yuuzhan Vong zeigte, spürten seine Machtsinne überhaupt nichts. In der Macht schienen alle Yuuzhan Vong vollkommen leblos, wie die Technologie, die sie so hassten.

Der fremde Krieger schwang seinen Amphistab. Das Lichtschwert des Jedi-Meisters blitzte, zuckte nach unten und fing den Schlag ab, wobei es heller wurde, bis es beinahe alles andere in der Vision überstrahlte. Der Amphistab des Yuuzhan Vong wirkte dunkler als eine bloße Abwesenheit von Licht, eine Dunkelheit, die lebendig schien, aber Tod versprach.

Die breite, wirbelnde Scheibe, auf der beide standen, wurde schließlich langsamer. Milliarden Sterne waren nun klarer zu erkennen. Jacen sah, dass er den vertrauten Teil des bekannten Raums vor sich hatte.

Luke duckte sich in Kampfhaltung, nahe der Mitte der Galaxis, dem tiefen Kern. Er hob sein Lichtschwert auf Höhe der rechten Schulter, mit der Spitze nach innen weisend. Von drei dunklen Stellen hinter dem Rand der Galaxis näherten sich weitere tätowierte Angreifer.

Noch mehr von ihnen? Jacen hatte inzwischen begriffen, dass es sich um eine Vision handelte und nicht um einen Kampf, der sich derzeit abspielte, und dass das alles nur wenig mit seiner Zwillingsschwester zu tun hatte.

Oder vielleicht hatte alles etwas mit ihr zu tun! Standen diese neuen Eindringlinge für weitere Invasionsstreitkräfte, weitere Weltschiffe – von denen einmal abgesehen, die bereits alles zurückschlugen, was die Neue Republik ihnen entgegenstellen konnte? Vielleicht hatte er, als er nach Jaina tastete, die Macht selbst berührt, oder vielleicht brach die Macht zu ihm durch.

Die Galaxis schien zu schwanken, schwebte zwischen Licht und Dunkelheit. Luke stand nahe dem Zentrum und konnte gegen die drei Eindringlinge die Balance wahren.

Aber als es mehr wurden, kippte das Gleichgewicht.

Onkel Luke!, rief Jacen. Was soll ich tun?

Luke wandte sich von den Yuuzhan Vong ab. Er schaute Jacen ernst an und warf ihm dann sein Lichtschwert zu. Es flog in einem niedrigen, summenden Bogen und zog hellgrüne Funken über die galaktische Ebene.

Jacen, der die sich nähernde Horde betrachtete, spürte, wie ein anderer Feind sich seiner zu bemächtigen drohte: Zorn, der aus dem tiefsten Herzen kam. Angst und Zorn bündelten seine Kraft. Wenn er könnte, würde er die Yuuzhan Vong und alles, wofür sie standen, vollkommen vernichten! Er öffnete die Hand, streckte den Arm aus …

Und verfehlte sein Ziel.

Die Jedi-Waffe segelte an ihm vorbei. Als der Zorn von ihm wich, wurde die Angst größer. Jacen schlug um sich, sprang, versuchte mithilfe der Macht zu tasten. Lukes Lichtschwert segelte weiter und wurde immer kleiner und trüber.

Nun kippte die Galaxis schneller. Ein dunkler, tödlicher Sturm braute sich um die Yuuzhan Vong zusammen. Luke, nun ohne Waffen, streckte beide Hände aus. Sowohl er als auch seine Feinde schienen zu gigantischer Größe zu wachsen. Jacen sah nun nicht mehr menschliche und humanoide Gestalten vor sich, sondern Licht und Dunkelheit als vollkommen unterschiedliche Kräfte. Selbst das Licht machte ihm in seiner Großartigkeit und Majestät Angst. Die Galaxis schien kurz davor, sich dem Bösen zuzuwenden, aber Jacen musste dennoch wie gebannt das Furcht erregende Licht anstarren, obwohl es ihm in den Augen brannte.

Ein Jedi kennt keine Angst … das hatte er schon tausendmal gehört, aber dieses Gefühl war nicht der feige Drang davonzulaufen. Das hier war Ehrfurcht, es war Verehrung – und das leidenschaftliche Bedürfnis, näher zu kommen, dem Licht zu dienen und es weiter zu verbreiten.

Aber verglichen mit den Kräften, die ihn umgaben, war er nur ein winziger Punkt, und außerdem hilflos und unbewaffnet – alles wegen eines einzigen Augenblicks dunklen Zorns. Hatte dieser Fehltritt ihn zum Untergang verurteilt? Nicht nur ihn, sondern die gesamte Galaxis?

Eine Stimme, ähnlich wie die von Luke, aber tiefer, brachte den Himmel zum Beben. Jacen, dröhnte sie. Sei standhaft.

Der Horizont kippte weiterhin. Jacen sprang vor, entschlossen, sein kleines Gewicht Lukes Seite, der Seite des Lichts, zuzugesellen.

Sein Schritt ging ins Leere. Er fuchtelte wild in der Luft herum, versuchte Lukes Hand zu ergreifen, aber wieder verfehlte er sein Ziel. Und wieder sackte er, wenn auch nur zentimeterweise, den dunklen Feinden entgegen.

Luke packte seine Hand und hielt ihn fest. Sei standhaft, Jacen! Der Boden unter ihren Füßen neigte sich stärker. Sterne erloschen. Die Yuuzhan-Vong-Krieger kamen näher. Ganze Stern-Cluster erloschen, eine dunkle Kaskade unter den klauenbewehrten Füßen ihrer Feinde.

Es war offensichtlich, dass selbst mehr als hundert Jedi die Galaxis nicht davor retten konnten, diesem Feind zum Opfer zu fallen. Ein einziger falscher Schritt – in einem kritischen Augenblick, bei einer wichtigen Person – konnte alle zum Untergang verurteilen, die sie doch zu schützen geschworen hatten. Keine militärische Kraft konnte diese Invasion aufhalten, denn es handelte sich um einen spirituellen Kampf. Und wenn eine einzige wichtige Person zur Dunklen Seite wechselte – oder auch nur die hinreißende, erschreckende Macht des Lichts auf die falsche Weise benutzte –, dann würde diesmal alles, was sie kannten, für immer in erdrückende Finsternis sinken.

Ist das wirklich so?, rief er in die unendliche Ferne hinaus.

Wieder nahm er die Antwort einer Stimme wahr, die ihm vollkommen vertraut, aber zu tief war, um Lukes Stimme sein zu können. Sei standhaft, Jacen.

Einer der Yuuzhan Vong griff an. Jacen keuchte und riss beide Arme hoch …

Und stieß gegen ein dünnes Betttuch. Er lag auf dem Rücken, auf einer Pritsche unter einem welligen blauen Synthplas-Dach. Das Zimmer war größer als eine Flüchtlingsunterkunft, also handelte es sich wahrscheinlich um die Med-Station in der Verwaltungshütte der Kuppel.

»Junior«, erklang eine weitere vertraute Stimme. »Hallo. Schön, dass du wieder da bist.«

Jacen blickte auf und sah das schiefe Grinsen seines Vaters. Sorgenfalten umgaben Hans Augen. Hinter ihm stand der Ryn Droma, die rotblaue Mütze in den Händen, und ließ den langen Schnurrbart hängen. In den vergangenen Monaten war Droma für seinen Vater ein … was? Ein Freund geworden, ein Assistent? Sicher kein Partner und kein Kopilot, aber er spielte nun eine wichtige Rolle.

Der wertvollste Droide der Siedlung, eine 2 – 1B-Einheit, die Han nicht ganz legal erworben hatte, wartete auf Jacens anderer Seite und hielt eine flexible Atemmaske in der Hand bereit.

»Was ist denn passiert?«, fragte Han verwirrt. »Hast du dir beim Fallen den Kopf angeschlagen? Der Dünne hier …«

Droma zeigte auf den Droiden und beendete Hans Satz. »… wollte dich schon in den Bactatank stecken.« Ryn waren gute Beobachter und wahrnehmungsfähig genug, um sich in anderer Leute Gedankenmuster hineinzuversetzen und ihre Sätze zu beenden.

Han drehte sich zu seinem Freund um. »Hör mal, Borstenmaul – wenn ich etwas sagen will, dann sage ich es schon selbst.«

»Jaina«, brachte Jacen mühsam heraus. Sein Hinterkopf pochte im gleichen Rhythmus wie sein Puls. Er hatte sich offenbar tatsächlich beim Fallen den Kopf angeschlagen. Er hätte beinahe den Mund wieder geöffnet, um zu beschreiben, was er gesehen hatte, aber dann zögerte er. Han war über die gefühlsmäßige Lähmung seines Sohns und darüber, dass Jacen gebeten hatte, bei den Rettungs- und Forschungsmissionen der anderen Jedi außen vor gelassen zu werden, schon verwirrt genug. Sosehr Jacen allerdings auch versucht hatte, sich aus den Jedi-Angelegenheiten herauszuhalten – die Macht ließ ihn nicht in Ruhe. Sie war sein Erbe, sein Schicksal.

Und das Schicksal von Millionen hing von einer Gratwanderung ab, die so schwierig war, dass ein einziger Fehltritt alles zerstören konnte – sollte er es also wirklich wagen, seine Vision auch nur zu erwähnen, ehe ihm sein eigener Weg nicht klarer war? Er wäre zuvor bereits einmal beinahe versklavt worden, als er einer Vision gefolgt war. Die Yuuzhan Vong waren so weit gegangen, einen ihrer tödlichen Korallensamen in seine Wange zu pflanzen. Vielleicht stellte diese neue Vision ja eine persönliche Warnung dar, sich von einem gefährlichen Kurs fernzuhalten. Würde er es wissen, wenn der Zeitpunkt gekommen war, das zu tun?

Die Vision hatte seine Verwirrung kein bisschen verringert.

»Was ist los?«, fragte sein Vater. »Was ist mit Jaina?«

Jacen schloss fest die Augen und benutzte die Macht, indem er sie gegen seine Kopfschmerzen einsetzte. Was ist los?, fragte er die unsichtbare Kraft flehentlich. Was willst du von mir? Würde er vielleicht die Ursache der nächsten galaktischen Katastrophe werden, gerade indem er versuchte, sie zu verhindern?

»Wir müssen uns mit dem Renegatengeschwader in Verbindung setzen«, brachte er schließlich hervor. »Ich glaube, sie ist verwundet.«

2

Am andern Ende der Verwaltungshütte saß eine wohlgeformte junge Ryn vor einer Wand mit überwiegend dunklen Schirmen und wiegte ein Kind. Randa Besadii Diori, der einzige Hutt in der Flüchtlingssiedlung, lag schnarchend an der angrenzenden Wand. Sein langer brauner Schwanz zuckte.

»Piani.« Han Solo betrat die Kom-Zentrale direkt hinter Jacen. »Wir brauchen eine Verbindung nach draußen.«

Das Lächeln unter Pianis Chitinschnabel verschwand. Ryn waren solch empfindsame Beobachter von Körpersprache, dass sie wahrscheinlich schon ahnte, weshalb die beiden so besorgt waren. »Außerhalb des Systems?«, fragte sie.

»Ja«, antwortete Jacen. »Kannst du das Verstärkerrelais benutzen? Wir müssen meine Schwester beim Renegatengeschwader erreichen.«

Piani nahm ihr schlafendes Kind von der Schulter und legte es in eine gepolsterte Frachtkiste, die neben ihr stand.

»Ich werde es versuchen«, versprach sie. »Aber ihr kennt ja Admiral Dizzlewit. Setzt euch und esst ein Bedjie.«

Sie wies zu einem Sideboard, wo neben einem großen Becher Kaf ein Teller mit kleinen dunklen Pilzen stand. Bedjie waren leicht zu züchten – man brauchte nur die Sporen in einen flachen Tank zu säen, eine Woche zu warten und mit einem Netz zurückzukommen. Sie bildeten daher einen wichtigen Bestandteil der Flüchtlingsnahrung.

Jacen hatte überhaupt keinen Hunger, aber Han nahm einen Pilz zwischen Daumen und Zeigefinger und begann daran zu knabbern. Gedämpfte, ungewürzte Bedjie schmeckten nach überhaupt nichts, aber die Hausmütter der Ryn hatten begonnen, die Gewürze zu rationieren.

»Solo!« Randa erwachte aus seinem Schläfchen. Er kam herübergerobbt und hob geschickt seinen Oberkörper. »Was wollt ihr denn hier?«

Jacen hatte sich ehrlich bemüht, mit Randa zurechtzukommen. Der Hutt war als Gewürzhändler ausgebildet und von seinen Mithutts ausgeschickt worden, um Sklaven für die Yuuzhan Vong zu besorgen – und angeblich war er bei Fondor zur Republik übergelaufen.

»Wir senden eine Botschaft«, erklärte Jacen zerstreut. Ein Jedi kennt keine Angst, hatte man ihm beigebracht. Angst gehört zur Dunklen Seite.

Angst um sich selbst konnte er beiseite schieben. Aber um Jaina? Sie waren so tief miteinander verbunden, dass es schon beinahe unheimlich war.

Randa, der noch jung und für einen Hutt relativ leicht war, war geschmeidig genug, sich aus eigener Kraft zu bewegen, und nun rutschte er noch näher.

»Was willst du denn hier?«, fragte Han.

Randa plusterte sich auf. »Ich habe es Ihnen doch gesagt. Mein Elternteil Borga hat bei der Verteidigung von Nal Hutta nur die Unterstützung des halben Clans hinter sich und ist außerdem noch schwanger. Also bin ich hier gestrandet und ohne Schiff wie einer dieser dummen Vors. Ich bin bereit, Tag und Nacht Kommunikationswache zu halten. Auf diese Weise werde ich sofort alle Neuigkeiten von zu Hause erfahren, und ihr habt eine weitere Arbeitskraft, um …«

»Darüber reden wir später«, unterbrach Han. »Piani, was …«

Die Ryn wandte sich stirnrunzelnd von ihren Schirmen ab. »Ich kann nicht mal zu Dizzlewit durchkommen. Er hat den Befehl gegeben, die Kom-Anlagen ›nicht ohne Autorisierung für zivile Belange zu benutzen‹«, erklärte sie spöttisch. »Also habe ich um genau diese Autorisierung gebeten.« Sie schüttelte ihre lange, glatte Mähne. »Ich kann euch Bescheid sagen, sobald ich sie erhalte.«

Han war wütend. Noch bevor seine erste Woche in Duro vergangen war, war er dem Duros-Admiral Darez Wuht schon zweimal fast an die Kehle gegangen. Admiral Wuht legte gegenüber den Flüchtlingen nicht einmal einen Hauch von Gastfreundschaft an den Tag.

Alle hofften, dass sich die Yuuzhan Vong nicht für einen Planeten interessierten, der ohnehin schon beinahe tot war. SELCORE hatte die Kernregion nach einem Ort abgesucht, an dem sie Millionen von Kriegsflüchtlingen unterbringen konnten, und schließlich einen Handel mit dem Hohen Haus von Duro abgeschlossen, einer der wenigen Planetenregierungen, die überhaupt noch bereit waren, Flüchtlinge aufzunehmen. Bei dem Vertrag zwischen SELCORE und dem Hohen Haus ging es darum, dass die Flüchtlinge helfen sollten, die Planetenoberfläche wieder nutzbar zu machen und die Anlagen zur Erzeugung von Lebensmitteln, die die Duros in ihren Orbitalstädten immer noch ernährten, weiter zu betreiben und besser instand zu setzen. Duros, die auf der Planetenoberfläche gearbeitet hatten, würden nach Hause gehen können. Außerdem hatte SELCORE argumentiert, dass Flüchtlinge mit militärischer Erfahrung vielleicht sogar helfen könnten, die bedeutenden Handelszentralen der Duros zu verteidigen, darunter auch eine der zehn wichtigsten Werften der Neuen Republik.

Nun bestand eins der Probleme darin, dass sich die Flüchtlinge absolut nicht zum Militärdienst melden wollten, schon gar nicht in der Anzahl, die der Admiral erwartet hatte.

Admiral Darez Wuht, Kommandant der Verteidigungsstreitmacht von Duro, befehligte die Generatoren der überlappenden planetaren Schilde der Orbitalstädte, vier Kampfjäger-Geschwader und den Mon-Calamari-Kreuzer Poesy; er sollte den Flüchtlingen ein wenig Schutz geben, während sich die Orbitalstädte auf militärische Produktion umstellten. Nachdem die Schiffsfabriken von Fondor verloren und alle anderen wichtigen militärischen Werften so offensichtliche Angriffsziele waren, hatte die Neue Republik schnell begonnen, die militärische Produktion zu dezentralisieren.

Leider waren die meisten anderen Kriegsschiffe der Neuen Republik nach Bothawui oder ins corellianische System umgeleitet worden. Jacen hatte gehört, die Adumari hätten versucht, die Flanke der Yuuzhan-Vong-Stellungen nahe Bilbringi anzugreifen. Er konnte nur hoffen, dass das der Wahrheit entsprach.

Jacen warf einen Blick zu Pianis Kom-Bord. »Wie ist die Verbindung nach Gateway? Wäre es vielleicht möglich, über die schneller rauszukommen?«

In Gateway, der benachbarten Siedlung, befand sich die offizielle Niederlassung von SELCORE auf dem Planeten, und daher verfügte diese Kuppel angeblich über eine verlässliche Verbindung zum Orbit. Die beiden Kuppeln waren durch isolierte Fiberkabel miteinander verbunden, aber die einzig überlebende Fauna von Duro – mutierte Fefzekäfer – fand Faserkabel ausgesprochen schmackhaft, und die ätzende Atmosphäre von Duro war zu trüb für visuelle Signale oder Satelliten.

Es war schon vorhersehbar gewesen, dass Piani den Kopf schütteln würde. »Gateway sollte übermorgen jemanden zur Reparatur des Kabels schicken.«

Gateway war eine größere Siedlung, älter als Nummer Zweiunddreißig und besser eingerichtet. Und besser organisiert, nahm Jacen an, obwohl er seinen Vater nicht kritisieren wollte. Han gab Siedlung Zweiunddreißig alles, was er hatte. Zweiunddreißig unterhielt eine Pipeline, die Gateway mit Wasser versorgte, das aus einem uralten Steinbruch kam. Gateway unterhielt das Kommunikationskabel und reicherte die Lebensmittelvorräte von Zweiunddreißig mit eigenen Produkten an.

Han steckte die Hände in die Taschen und sah Jacen mit hochgezogenen Brauen an. »Was hast du vor? Willst du Mynocks mit einem Schmetterlingsnetz jagen?«

»Ich hoffe doch.« Jacen versuchte, sich eine Haarsträhne hinters Ohr zu klemmen. »Ich wollte dich nicht beunruhigen …«

»Wir sind im Krieg. Alle sind beunruhigt.«

Der Augenblick verging, ohne dass einer von ihnen Chewbacca erwähnte, und Jacen holte erleichtert Luft. Dieser Tage gab es kaum jemanden, der keine Verluste erlitten hatte. Pianis Gefährte hatte die Hauptstadt von Gyndine nicht rechtzeitig erreicht, um auf ein Evakuierungsschiff gelangen zu können. Er war wahrscheinlich tot oder hatte ein noch schlimmeres Schicksal erlitten. Sie mussten sich alle zusammenreißen und weitermachen.

»Kann ich irgendwie helfen?« Randa rutschte näher heran.

»Nein«, zischte Han. Dann wandte er sich wieder an Jacen. »Sag mir, wie wichtig es ist. Wenn du wirklich willst, dass wir es überprüfen, dann werde ich sehen, ob ich vom Falken aus etwas erreichen kann.« Er zeigte zum Hauptausgang der Kuppel.

Eine Karawane bunt zusammengewürfelter Schiffe war von riesigen Raupenfahrzeugen – Ausrüstung, die SELCORE geliefert hatte und die eigentlich für die Arbeit an der Wiedernutzbarmachung des Planeten gedacht war – aus dem Landekrater gezogen worden und stand nun unter Planen, die sie vor dem ätzenden Regen schützen sollten. Dies war der Bereich, aus dem die Sicherheitsleute Mezzas junge Clangenossen gerade erst verbannt hatten.

Jacens Sorge um Jaina lag im Widerstreit mit seinen Bedenken als Assistent seines Vaters. »Ja«, sagte er schließlich mit einem schuldbewussten Blick zu Piani, die zu Mezzas Clan gehörte und nicht viel älter war als die Missetäter. »Es ist wichtig.«

»Also gut.« Han zeigte auf Randa. »Du bleibst hier. Wenn du etwas aus Nal Hutta hörst, lass es mich wissen.«

»Sie können sich auf mich verlassen, Captain.« Randa nahm sich ein Bedjie von Pianis Teller und steckte es vollständig in den Mund.

Zwölf Minuten später hockte Jacen auf dem hochlehnigen Kopilotensitz des Millennium Falken. Han stand vor einem Schaltpult und war ziemlich zornig.

»Heh«, knurrte Han. »Du elendes Fossil! Ich brauche Energie, und zwar sofort.«

Und auf seine unvergleichliche Weise ließ der Falke sofort eine Reihe Lampen aufleuchten.

Han setzte sich auf seinen Platz und bediente die Schalter. »Gib ihm eine Minute zum Aufwärmen.«

»Schon gut«, versicherte Jacen. Ich weiß, hätte er gerne gesagt, aber er verstand. Han hatte sich ausreichend von Chewies Tod erholt, um den Falken modernisieren zu lassen – darunter eine bessere Luftreinigung für den Transport von Flüchtlingen und eine reflexfreie schwarze Hülle, die Chewie zum Heulen gebracht hätte – , aber er hatte sich geweigert, einen Standard-Kopilotensitz installieren zu lassen. Schon an Bord dieses geliebten Schrotthaufens zu sein, machte Jacen ein wenig nervös.

Jacen beäugte ein Drahtbündel, das aus einem halb offenen Kabelschacht heraushing. Han und Droma kamen hin und wieder hierher und bastelten am Schiff herum. Flickarbeit nannte Han es. Therapie, hatte Droma geflüstert.

Sie warteten schweigend. All die Wochen, in denen Hans Trauer sie alle überwältigt hatte, wurden in Jacens Erinnerung wieder lebendig. Einmal während dieser Zeit war er zufällig in eine Kneipe geraten, in der Han versucht hatte, sich ins Vergessen zu saufen. Und an einem noch viel schlimmeren Abend hatte er gehört, wie Han Leia beschimpfte und dabei Worte benutzte, die niemals hätten ausgesprochen werden sollen und kaum verziehen werden konnten. Jacen hatte seiner Mutter gegenüber diesen Abend nie erwähnt. Sie hoffte wahrscheinlich, dass er ihn vergessen hatte. Was seinen Vater anging, so bezweifelte Jacen, dass er sich auch nur daran erinnern konnte, all das gesagt zu haben. Er hoffte, dass seine Mutter es irgendwie vergessen konnte.

Schmerz war allerdings nicht immer etwas Schlimmes. Jacen hoffte beinahe, dass Jainas Schmerzen wieder in sein Bewusstsein dringen würden. Zumindest würde das bedeuten, dass sie noch lebte.

Sie würden es in ein paar Minuten vielleicht herausfinden.

Eine Kaskade von Piepsern erklang im Cockpit, als die Kom-Konsole lebendig wurde.

»Solo hier, im Millennium Falken. Ich rufe Coruscant, die Streitkräfte der Neuen Republik. Ich möchte mit Colonel Darklighters Büro sprechen.«

Dann warteten sie abermals.

»Jacen«, sagte Han leise. »Was hat dich davor zurückschrecken lassen, die Macht zu benutzen? Vor zwei Jahren warst du noch so begeistert davon wie Anakin. Seit wir hergekommen sind, habe ich nicht mal gesehen, dass du die Macht benutzt hättest, um einen Gegenstand anzuheben.«

Jacen umklammerte die Armlehnen von Chewbaccas Sessel. »Das ist ziemlich kompliziert.« Sein Vater wollte ihn nicht kritisieren; er verstand es einfach nicht. Er hatte Jacen bereits gesagt, wie dankbar er für seine Hilfe war, aber nun, da sich Jacen aus dem größeren Kampf zurückgezogen hatte, fiel er weiter und weiter hinter seine Jedi-Geschwister zurück.

»Versuch’s doch mal.« Han schaute seinen Sohn forschend an.

Jacen erzählte ihm, was in Centerpoint passiert war. Die machtvolle Hyperraum-Repulsor- und Schwerkraftlinse hatte tatsächlich auf Anakins Berührung reagiert und sich genau wie zuvor reaktiviert.

Und in diesem Augenblick war die Yuuzhan-Vong-Flotte, die die Neue Republik nach Corellia hatte locken wollen, stattdessen bei Fondor aus dem Hyperraum gesprungen.

Hans Vetter Thrackan Sal-Solo hatte darauf bestanden, den gewaltigen Schild als Offensivwaffe zu benutzen. Er hatte versucht, Anakin dazu zu drängen, über den riesigen Abstand zwischen Systemen hinweg auf die Yuuzhan Vong zu schießen.

Jacen hatte seinen Bruder angefleht, das nicht zu tun, und Anakin hatte nachgegeben. Einen Augenblick lang hatten die beiden Brüder einen wahren moralischen Sieg miteinander geteilt.

Dann hatte sich Thrackan der Steuerung bemächtigt. Er hatte die Yuuzhan-Vong-Kampfgruppe beschossen und die Flottille, die Hapes dank Leia Organas diplomatischer Anstrengungen der Neuen Republik zur Hilfe geschickt hatte, schwer dezimiert. Die Yuuzhan Vong hatten sich zurückgezogen, die überlebenden Hapaner waren nach Hause geflohen, und nun feierte man Thrackan Sal-Solo auf Corellia als Helden.

»Ich hätte den Repulsor abfeuern können, ohne die Hapaner zu treffen«, hatte Anakin danach behauptet. Jacen hatte sich beinahe eine Woche lang geweigert, ihm zu glauben. Dann hatten die Selbstzweifel ihn eingeholt. Vielleicht hätte Anakin es tatsächlich tun können – die Yuuzhan Vong vernichten, die Hapaner verschonen, Fondor retten.

Wann genau wurde aggressive Verteidigung zu jener Art von Aggression, die den Jedi verboten war?

Jacen hatte Coruscant mit nur seinem Lichtschwert als Gepäck verlassen und war nach Duro gekommen. Wenn er nicht an der Seite von Onkel Luke und den anderen kämpfen konnte, dann wollte er wenigstens seinem Vater mit den Flüchtlingen helfen.

Nun hatte er das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein. »Ich weiß nur, dass man Dunkelheit nicht mit Dunkelheit bekämpfen kann.« Aber das erklärte es nicht. Er versuchte es noch einmal. »Und vielleicht sollte ein Jedi auch Gewalt nicht mit Gewalt bekämpfen. Manchmal denke ich sogar, je mehr man das Böse bekämpft, desto mehr Kraft gibt man ihm.«

Han Solo setzte zu einem Widerspruch an.

»Es ist für uns anders«, erklärte Jacen. »Wenn wir die Macht aggressiv einsetzen, kann uns das auf die Dunkle Seite führen. Aber wann genau wird Stärke und entschlossenes Handeln zu Aggression? Die Grenze scheint immer noch verschwommen zu sein …«

Am Schaltpult piepte es, und das rettete ihn.

»Renegatengeschwader«, erklang eine Stimme im Cockpit. »Colonel Darklighters Büro. Captain Solo, sind Sie das? Wir haben schon versucht, Sie zu erreichen.«

Jacens Herz wäre beinahe stehen geblieben.

»Ja, ich bin es«, knurrte sein Vater. »Wir wollen wissen, wie es Jaina geht.«

»Guter Zeitpunkt«, antwortete die Stimme. »Hier ist übrigens Major Harthis. Jainas X-Flügler ist bei einem Kampf zerstört worden. Sie musste sich herauskatapultieren. Ein anderer Pilot hat sie zurückgebracht.«

»Verwundet?«

»Beine und Brust. Bacta sollte damit fertig werden.«

Han brummte, und Jacen seufzte erleichtert.

»Ihr Druckanzug hat gehalten, aber sie befand sich in der Nähe eines unserer Kreuzer, als dessen Antrieb in die Luft flog. Sie war massiv dem Magnetfeld ausgesetzt.«

Jacens Blut wurde zu Eis. »Wird sie wieder gesund werden?«

Han wiederholte seine Frage über das Kom.

Die Stimme klang zögernd. »Wahrscheinlich. Wir werden Sie informieren, sobald wir mehr wissen. Wir haben auch versucht, Jainas Mutter zu erreichen. Ist Leia bei Ihnen?«

»Ist sie nicht wieder auf Coruscant?«

»Nein, Captain. Die SELCORE-Verwaltung hat anscheinend die Verbindung zu ihr verloren.«

»Verloren?«, wiederholte Han sarkastisch. »Tut mir Leid. Da kann ich Ihnen nicht helfen.«

Jacen mischte sich ein. »Ich könnte eine Weile hier draußen bleiben«, bot er an. »Ich werde versuchen, sie zu finden.«

Hans Blick war auf etwas gerichtet, das sich in weiter Ferne befinden musste. »Ja, tu das«, sagte er. Der Schmerz in seiner Stimme erinnerte Jacen daran, dass die Dinge zwischen seinen Eltern alles andere als gut standen. »Tu das.«

Leia Organa Solo warf einen Blick in die Ecke, wo ihr junger Leibwächter Basbakhan wie ein dunkler Schatten stand. Sie hatte kein planetenweites Projekt mehr angenommen seit … seit dem auf Basbakhans Heimatwelt Honoghr?

Sie saß am Kopf eines langen Synthholztisches und war umgeben von Wissenschaftlern, die miteinander stritten. Am liebsten hätte sie den Kopf in beide Hände gestützt, sich die Ohren zugehalten und verlangt, dass sie aufhören sollten, sich wie kleine Kinder zu benehmen.

So wirkte sich Duro beinahe auf alle aus.

Die Verhältnisse hier waren schrecklich. Dennoch, solange sich Borsk Fey’lya in Coruscant an die Macht klammerte, war diese Flüchtlingskolonie eine Möglichkeit, die Bemühungen der Neuen Republik zu demonstrieren, den Ruf der Jedi zu schützen und sich selbst so sehr zu erschöpfen, dass sie jeden Abend zu müde in ihre Koje fiel, um noch über ihre weit verstreute Familie nachzudenken. Im vergangenen Jahr war sie von einem System zum andern gesprungen, auch dorthin, wo der Sonderausschuss der Neuen Republik sie nie hatte schicken wollen, und hatte sich in Verwaltungs- und diplomatische Arbeit verstrickt.

Als sie schließlich angefangen hatte, sich vollkommen unerwünscht zu fühlen, hatte dieses Duro-Projekt sie hoffen lassen, endlich wieder einmal etwas wirklich Sinnvolles leisten zu können. In diesen schrecklichen Zeiten einen verseuchten Planeten wieder zum Leben zu erwecken, wäre ein gewaltiger Sieg.

Ihre Rekonstruktionsmeteorologin ballte die Faust auf der Tischplatte. »Also gut«, knurrte sie und warf einen wütenden Blick zu dem riesigen, pelzigen Talz, der ihr gegenübersaß. »Es gab hervorragende Gründe, unsere Kuppel auf die trockene Seite dieser Bergkette zu setzen. Die schlimmsten Toxine fallen zusammen mit dem Regen. Die Siedlungen auf der feuchten Seite, wie unser Partner Zweiunddreißig, sind vollkommen ungeeignet, um Sporigras zu säen, aber hervorragend für Wasserrückgewinnung. Wenn wir jetzt versuchen, die Windmuster zu ändern, wird das zu einer Umweltkatastrophe führen.«

»Würde eine Katastrophe hier überhaupt auffallen?« Der Talz hatte das größere untere Augenpaar geschlossen, und das kleinere obere Paar blinzelte träge. »Grasland braucht mehr Wasser, als Sie glauben. Bei allem Respekt …« Er nickte Leia zu. »Nicht nur hier, sondern auch in anderen Bereichen können wir uns nicht ausschließlich auf Grundwasser verlassen. Es ist mit löslichen Toxinen gesättigt, und es hochzupumpen, ist verdammt teuer.«

»Da wir gerade darüber reden …« Ein Ho’Din-Pflanzenentwicklungsspezialist stützte die grünen Unterarme auf die Tischplatte. Seine langen Beine passten beinahe nicht unter den Konferenztisch. »Ich möchte mich für Sektor Vier des zurückgewonnenen Marschlands aussprechen. Ich habe mehrere viel versprechende Vegetationsspezies …«

»Es tut mir Leid, wenn ich meinen werten Kollegen unterbrechen muss«, warf der Getreidespezialist ein. »Aber Sektor Vier wurde bereits dem Getreideprojekt versprochen …«

»Und wo steckt überhaupt Cree’Ar?« Die Meteorologin, Sidris Kolb, sagte genau, was Leia dachte. Seit seiner Ankunft auf Duro hatte Dr. Dassid Cree’Ar bei allen drei Besprechungen seine Teilnahme abgesagt.

Nicht, dass ich es ihm übel nehmen könnte, dachte Leia und sah zu, wie der Ho’Din ihren Datenblock an ihre Assistentin Abbela Oldsong weiterreichte. Bei jeder Besprechung luden alle ihre neuesten Forschungsergebnisse in Leias Verwaltungsdateien. Cree’Ar, ein Pflanzengenetiker, schickte seine Berichte über seinen eigenen Datenblock.

Leia hatte viele wirklich exzentrische Personen kennen gelernt, deren Brillanz sich nicht nur in ihren Arbeitsergebnissen, sondern auch in ihren seltsamen Gewohnheiten spiegelte – als gutes Beispiel fiel ihr sofort Zakarisz Ghent ein, der Hacker, der zum Spionageexperten geworden war. Angetrieben von ihrer Vision, eine Zuflucht für Flüchtlinge zu schaffen, die bis auf ihr Leben alles verloren hatten und selbst das noch zu verlieren drohten, hatte Leia zugestimmt, als Verbindungsperson zwischen dieser streitsüchtigen Bande von Forschern und SELCORE auf Coruscant zu arbeiten. Forscher wie Cree’Ar waren zufriedener, wenn sie allein in ihren Laboratorien waren oder es nur mit ihren unterwürfigen Assistenten zu tun bekamen.

Leia hatte ihre Wochenberichte nie unterzeichnet. Sie hatte genug von dieser neuen Generation von Bürokraten auf Coruscant und ihrer mühsam verborgenen Herablassung. Sie würden sie schon finden können, wenn sie sich nur genug anstrengten.

Und sie konnte es Cree’Ars Assistenten nicht übel nehmen, wenn sie dem Mann ergeben waren. Sein neuester Durchbruch, den er zusammen mit dem bekannten Mikrobiologen Dr. Williwalt erreicht hatte, war ein bakterieller Klärschlamm, der Tanks mit toxischem, zutiefst verschmutztem Wasser, das aus den Sümpfen gepumpt worden war, fermentieren konnte. Dieser Schlamm machte aus den Hinterlassenschaften der imperialen Waffenfabriken fruchtbaren organischen Boden, und selbst den dabei entstehenden Gasrückstand konnte man noch als Brennstoff verwenden.

Unter Cree’Ars Aufsicht gossen die Flüchtlinge in der Siedlung hergestellten Durabeton in Formen, die SELCORE geliefert hatte, und teilten damit Sektoren des toxischen Sumpflands ab, wie den, auf dem sich die Gateway-Kuppel befand. Sie hatten sechs Miniatur-Ökosysteme geschaffen und von Marschland gereinigt, Tonnen von gereinigtem, Mutterboden gewinnendem Material hinzugefügt und Duros erstes bebauungsfähiges Land geschaffen, seit die ursprünglichen Bewohner die Oberfläche verlassen hatten.

Kein Wunder, dass sich Cree’Ar keine Zeit für Besprechungen nahm. Er hatte vermutlich ebenso genug von der Bürokratie wie Leia selbst. Sie hatte den Beratern der Neuen Republik ein üppiges Budget für SELCORE abgerungen, sozusagen als Buße dafür, dass sie zum Hapes-Cluster gereist war und mit ihrer Bitte um die militärische Hilfe der Hapaner ihren eigenen Beitrag zu dem Desaster von Centerpoint geleistet hatte.

Nein, sie durfte einfach nicht an solche Dinge denken. Es war nicht ihr Fehler gewesen. Nicht einmal der von Thrackan, wenn man es genau nahm. Niemand hatte die Flotte von Hapes vernichten wollen.

Am Ende war alles auf Kommunikationsprobleme zurückzuführen.

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel »Star Wars: The New Jedi Order – Balance Point« bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage Deutsche Erstveröffentlichung November 2003 Bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Random House GmbH, München Copyright by Lucasfilm Ltd.™ . All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2003 by Verlagsgruppe Random House GmbH, München.

Umschlaggestaltung: Design Team München Cover Art Copyright © 2001 by Lucasfilm, Ltd. Original cover art by Cliff Nielsen Satz: deutsch-türkischer fotosatz, Berlin VB/Redaktion: Rainer Michael Rahn Herstellung: Peter Papenbrok

ISBN 978-3-641-08070-9

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