Star Wars:  Die Hohe Republik - Flucht von Valo - Alyssa Wong - E-Book

Star Wars: Die Hohe Republik - Flucht von Valo E-Book

Alyssa Wong

0,0
11,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Jahrhunderte vor den Klonkriegen oder dem Imperium ist es eine gefährliche Zeit für die Galaxis, und die Jedi der Hohen Republik müssen sich ihrer bisher größten Prüfung stellen … Die schurkischen Nihil kontrollieren einen Bereich des Weltraums, der als Okklusionszone bekannt ist und in dem niemand sicher ist, am allerwenigsten die Jedi. Einer von ihnen, der hinter den feindlichen Linien festsitzen, ist Padawan Ram Jomaram, der sein Bestes tut, um den Menschen auf seinem Heimatplaneten Valo zu helfen, die Besetzung durch die Nihil zu überleben und dabei seine Identität als Jedi zu verbergen. Als Ram ein Trio junger Jedi entdeckt, die in den Ruinen des Stadtzoos leben, findet er sich mit einer Aufgabe konfrontiert, die er sich nie hätte vorstellen können: er muss seine Qualitäten als Anführer unter Beweis stellen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 365

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



AUSSERDEM BEI PANINI ERHÄLTLICH

Star Wars: Die Hohe Republik – Die Bewährungsprobe

Justina Ireland – ISBN 978-3-8332-3944-1

Star Wars: Die Hohe Republik – Kampf um Valo

Daniel José Older – ISBN 978-3-8332-4084-3

Star Wars: Die Hohe Republik – Mission ins Verderben

Justina Ireland – ISBN 978-3-8332-4194-9

Star Wars: Die Hohe Republik – In die Dunkelheit

Claudia Gray – ISBN 978-3-8332-3943-4

Star Wars: Die Hohe Republik – Aus den Schatten

Justina Ireland – ISBN 978-3-8332-4083-6

Star Wars: Die Hohe Republik – Mitternachtshorizont

Daniel José Older – ISBN 978-3-8332-4193-2

Star Wars: Padawan

Kiersten White – ISBN 978-3-8332-4257-1

Star Wars: Ahsoka

E. K. Johnston – ISBN 978-3-8332-3450-7

Star Wars: Bürde der Königin

E. K. Johnston – ISBN 978-3-8332-3941-0

Star Wars: Schatten der Königin

E. K. Johnston – ISBN 978-3-8332-3636-5

Star Wars: Hoffnung der Königin

E. K. Johnston – ISBN 978-3-8332-4082-9

Star Wars: THE MANDALORIAN – Staffel 1 Jugendroman

Joe Schreiber – ISBN 978-3-8332-4013-3

Star Wars: THE MANDALORIAN – Staffel 2 Jugendroman

Joe Schreiber – ISBN 978-3-8332-4192-5

Nähere Infos und weitere Bände unter:

www.paninibooks.de

FLUCHT VON VALO

ROMAN

Von Daniel José Older & Alyssa Wong

Mit Illustrationen von Petur Antonsson

Ins Deutsche übertragen von Andreas Kasprzak

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: The High Republic – Escape from Valo“ by Daniel José Older and Alyssa Wong, published by Lucasfilm Press, an imprint of Buena Vista Books Inc., January 2024.

© & TM 2024 LUCASFILM LTD. All Rights Reserved.

Design by Soyoung Kim, Scott Piehl, and Jason Wojtowicz

Deutsche Ausgabe 2024 by Panini Verlags GmbH, Schloßstr. 76,

70176 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (E-Mail: [email protected])

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Andreas Kasprzak & Tobias Toneguzzo

Lektorat: Peter Thannisch

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWHRJ006E

ISBN 978-3-7569-9969-9

Gedruckte ausgabe:

1. Auflage, März2024, ISBN 978-3-8332-4497-1

Findet uns im Netz:

www.starwars.com

www.paninibooks.de

PaniniComicsDE

Dies ist für Mike – brillanter Redakteur, Geschichtenerzähler, Vordenker und – vor allem – ein Freund. – Daniel

Für jedes Kind, das sich mit dem Unmöglichen konfrontiert sah und trotzdem gekämpft hat. Du bist mutiger, als du glaubst. – Alyssa

STAR WARS DIE HOHE REPUBLIK DIE PRÜFUNGEN DER JEDI

Es ist eine Zeit großer Unruhe. Seit der ruchlose Marchion Ro und seine Nihil-Marodeure die STARLIGHT-Station zerstört haben, ist ein Jahr vergangen.

Seitdem haben die Nihil im Äußeren Rand eine OKKLUSIONSZONE eingerichtet. Hunderte Welten sind jenseits ihrer Sturmmauer gestrandet. Die Kommunikation ist blockiert, und Schiffe, die in dieses Gebiet eindringen, werden von den Nihil vernichtet oder gehen in der Leere verloren.

Die Republik ist machtlos gegen diese finstere Bedrohung, und selbst die weisen, tapferen JEDI-RITTER sind voller Furcht vor Ros sagenumwobenen NAMENLOSEN-Kreaturen. Denn mittlerweile wissen die Jedi, dass diese Geschöpfe sehr real sind – und ausgesprochen tödlich …

1. TEIL

PROLOG

Das Einzige, das Nihil-Kommandant Vark Tarpalin noch mehr liebte, als das Kommando zu haben, war eine gute Feier. Er stand auf dem Balkon seines Amtssitzes und beobachtete die Flotte von Kriegsschiffen, die sich langsam auf Lonisa-Stadt zubewegte, und in seiner Brust machte sich Zufriedenheit breit. Ja, die Armada war bunt zusammengewürfelt und schrottreif, wie bei den Nihil üblich, aber ihre vereinten Kräfte und das Genie ihres furchterregenden Anführers Marchion Ro hatten diese Ecke der Republik in die Knie gezwungen. Und nun wurde jedes dieser Schiffe von einem bedeutenden Nihil-Kommandanten befehligt. Und sie alle waren seinetwegen auf Velo – um sein Meisterwerk zu sehen: die Dunkelschau, eine glorreiche, eine ganze Woche dauernde Festivität mit wilder Musik und Attraktionen, um die Beute zu präsentieren, die die Nihil aus der gesamten Galaxis zusammengetragen hatten, alles zu Ehren des Auges der Nihil höchstselbst.

Der heutige Abend würde die beste Party seines Lebens einläuten.

Jedenfalls, sofern alles lief wie geplant. Aber Vark überließ nie etwas dem Zufall. Er hatte Monate mit der Planung der Dunkelschau zugebracht und malte sich aus, wie die anderen Nihil-Befehlshaber das Spektakel bestaunten, das er, Vark Tarpalin, auf die Beine gestellt hatte. Er würde sich in ihrer Bewunderung sonnen, sich bescheiden geben und ihre Komplimente entgegennehmen. Und er würde ihnen ein für alle Mal zeigen, dass er noch immer der rücksichtslose Pirat war wie früher. Seine Nihil-Gefährten mochten ihn verhöhnen, dass er seine Zähne abgestumpft und sich in einen nichtsnutzigen Bürokraten verwandelt hatte, aber die Zurschaustellung ihrer Errungenschaften auf der Dunkelschau würde ihnen das Gegenteil beweisen.

Zu diesem Zweck nutzte Vark seine ganze Autorität als regionaler Befehlshaber der Besatzungstruppen. Er hatte Tributzahlungen an die Nihil durchgesetzt und die Einheimischen gezwungen, das Festgelände zu errichten – oder vielmehr, es wieder aufzubauen. Noch immer erstreckten sich die verbrannten Ruinen der Republik-Schau quer durch Lonisa-Stadt und teilten sie in zwei Hälften. Doch Vark fand es auf süffisante Weise angemessen, die Dunkelschau ausgerechnet hier abzuhalten, am einjährigen Jahrestag des Untergangs der Starlight-Raumstation. Zelte und Stände füllten die offene Fläche. Die Flaggen der Republik waren verschwunden und durch längliche, dunkle Banner ersetzt worden, auf denen jeweils ein wirbelndes Nihil-Auge prangte. In der Ferne funkelte der See, in dem die Nihil das wissenschaftliche Forschungsschiff Innovator versenkt hatten, in einem prächtigen Lichtspiel, wie zum Gedenken an ihren Triumph.

„Alles ist bereit, Sir!“, verkündete jemand hinter ihm.

Vark drehte sich um, um den Blick über sein Team schweifen zu lassen.

Idrax Snat, der neimoidianische Sicherheitschef, stand diensteifrig bereit. Er war ein zwei Meter großer, kräftiger grüner Muskelprotz, der vor dem Auftauchen der Nihil Gesetzeshüter gewesen war und sich voll und ganz dem neuen Regime verschrieben hatte. Idrax vermied es, sich mit so etwas wie Nachdenken zu belasten. Wann immer ihm doch mal ein Gedanke in den Sinn kam, konnte Vark förmlich sehen, wie sich die mentalen Zahnräder hinter den trüben roten Augen des Neimoidianers langsam drehten. Das kam allerdings nur sehr selten vor. Doch was ihm an Intelligenz fehlte, machte er durch seinen Enthusiasmus mehr als wett.

Varks rechte Hand Kimal Tin lehnte an der Wand der Einsatzzentrale. Sie war eine stämmige Menschenfrau mit hellbrauner Haut und schläfrigen Augen mit langen Wimpern. Sie sprach leise, aber Vark hatte noch nie jemanden gesehen, der mit einem Blaster schneller war. Kimal war durch und durch eine Nihil, mit einer bösartigen Ader, die so scharf war wie die Metallsplitter, die sie in ihr langes Haar einwob. Sie trug eine bunt zusammengewürfelte Rüstung aus Teilen, die sie von ihren Opfern erbeutet hatte.

Und dann war da noch Driggit Parse, ein vierzehnjähriges, einheimisches Menschenmädchen. Die frischgebackene Nihil-Rekrutin saß in der Ecke. Sie war klein und schmächtig, mit selbst geschnittenem, kinnlangem sandblondem Haar und ganz eigenen Ansichten. Vark hatte sie noch nie lächeln sehen. Unabhängig vom Wetter trug Driggit stets denselben breiten rostfarbenen Schal und strich mit ihren Fingernägeln über die Unebenheiten des dicken, rauen Gewebes. Trotz ihrer ungehobelten Art, ihrer primitiven Ausdrucksweise und ihrer bedauernswerten „Frisur“ hatte sie großes Potenzial.

„Habt ihr die Runde gemacht und alle Seiteneingänge überprüft?“, fragte Vark.

„Unbedingt!“, bestätigte Idrax. Wenn überhaupt, war er ein bisschen zu eifrig für die Dunkelschau.

„Und die Vordereingänge? Und die Hintereingänge? Und die Notausgänge?“

Kimal nickte einmal nachdrücklich.

„Was ist mit den Einheimischen?“, fragte Vark Driggit.

„Sie sind nicht sonderlich begeistert, aber sie werden kooperieren“, sagte Driggit, den Blick ihrer hellbraunen Augen auf die Schiffe gerichtet, die sich in der Ferne den Landezonen näherten. „Keine Sorge. Ich hab mit ihnen gesprochen. Sie wissen, dass es besser für sie ist, vor den Bossen keine Szene zu machen.“

Vark fand, dass Driggit etwas Verschlagenes an sich hatte. Sie war begierig darauf, sich zu beweisen, aber er war sich ihrer Loyalität nicht ganz sicher. Sie hatte zu enge Bindungen zu den Bewohnern von Lonisa-Stadt, als dass sie völlig verlässlich gewesen wäre. Vark hatte keine Verwendung für Mitgefühl, wenn Brutalität und Drohungen einen doppelt so schnell zum Ziel brachten. Und einmal hatte er sie dabei ertappt, wie sie ihn so kalt angestarrt hatte, dass sich ihm die Haare sträubten – nur für einen kurzen Moment, so flüchtig, dass Vark sich fragte, ob er sich ihre grimmige Miene vielleicht bloß eingebildet hatte. Doch Driggit leistete bei den Einheimischen solide Überzeugungsarbeit und versorgte ihn im Austausch für mehr Essensrationen für ihre Familie immer mit guten Informationen. Und mehr war fürs Erste nicht nötig.

Dennoch hatte Vark das Gefühl, dass irgendwer Mist gebaut hatte. Vermutlich Idrax, der schon an einem sehr guten Tag anfällig für Ablenkung war. Doch die Kreuzer waren bereits dabei anzudocken, die Ess- und Unterhaltungsstände standen bereit, und die Valo-Band, die er dazu zwang aufzutreten, hatte begonnen, ihre lärmende Musik zu spielen. Showtime war angesagt.

Ein Schiff stach ihm besonders ins Auge – ein aufgemotzter Kreuzer der Cuervo-Klasse, der sich als unheimliches violettes Glühen vor dem Nachthimmel abzeichnete. Zu den prominenten Gästen gehörte auch Baron Boolan, der gefürchtetste und bekannteste Wissenschaftler der Nihil. Und nach allem, was Vark zu Ohren gekommen war, brachte der Ithorianer möglicherweise das legendäre Auge der Nihil selbst mit, Marchion Ro! Man stelle sich vor, das Auge käme, um meine glorreiche Arbeit hier auf Valo zu begutachten, dachte Vark ein wenig verträumt. Er hatte bisher nur ein einziges Mal die Ehre gehabt, in Marchion Ros Gegenwart zu weilen, doch vielleicht war heute seine Nacht. Vielleicht würde das Auge ihm endlich Beachtung schenken.

Vielleicht würde er sogar –

„WILLKOMMEN AUF VALO, NIHIL-WÜRDENTRÄGER!“, dröhnte es aus den Lautsprechern, die Vark überall in der Stadt hatte aufstellen lassen. Aber das war nicht richtig so. Die Lautsprecher sollten die Musik übertragen, nicht irgendeine Mitteilung.

„WIR FREUEN UNS, DASS IHR EUCH ENTSCHIEDEN HABT, LONISA-STADT ALS VERANSTALTUNGSORT FÜR DIE DUNKELSCHAU AUSZUWÄHLEN!“, fuhr die Stimme fort. Das, was sie sagte, war nicht zu beanstanden, doch Vark glaubte, in dem Tonfall einen Hauch von Sarkasmus zu vernehmen.

Er wirbelte zu Idrax herum. „Wen hast du dazu gebracht, diese Ankündigung zu machen? Und warum hast du das nicht im Vorfeld mit mir abgesprochen?“

Idrax zuckte zusammen. „Ich, äh, hab damit nichts zu schaffen.“

„Womit hast du nichts zu schaffen?“, forschte Vark, doch seine Stimme wurde von einer weiteren donnernden Nachricht aus den Lautsprechern übertönt.

„ABER BEDAUERLICHERWEISE …“ War das ein verdammter Teenager? Vark fand, dass es sich ganz so anhörte, während er verwirrt einen Schluck von seinem Kaff nahm. „… IST DIE BESETZUNG VON VALO DURCH DIE NIHIL ABSOLUT ILLEGAL!“

„Was?“, stieß Vark fassungslos hervor und spuckte den Kaff wieder aus. „Wer hat das genehmigt? Was geht hier vor?“

„Keine Ahnung, Sir!“, beharrte Idrax.

„ICH BEDAURE DAHER, IHNEN MITTEILEN ZU MÜSSEN, DASS …“, brabbelte die Stimme weiter.

„Na, dann find’s raus, du jämmerlicher Yatowurm! Sofort!“

„… DIE DUNKELSCHAU HIERMIT ABGESAGT WIRD!“

Vark wollte Idrax und den anderen gerade etwas zubrüllen – er wusste nicht einmal, was genau; er war zu wütend, um sich bewusst zu artikulieren –, als sich mit einem Mal die Luft bewegte, als hätte ein unsichtbarer Riese gerade unvermittelt tief eingeatmet. Und dann:

KABUUUMM!

Eine gewaltige Explosion erschütterte eins der Landedocks und zerfetzte es in Stücke. Einige der im Anflug befindlichen Nihil-Schiffe wurden von der Detonation erfasst; mehreren wurde das Fahrwerk abgerissen. Die Schiffe wichen hastig aus, Wolken aus Rauch und Trümmern hinter sich herziehend. Die Luft war erfüllt von brennenden Metallsplittern. Unter einem der Kreuzer erblühte eine weitere Explosion, und dann noch eine und noch eine.

Entsetzt musste Vark mitansehen, wie sein Traumprojekt in Flammen aufging. Das Bankett, der Respekt und die Bewunderung, seine Chance, das Auge zu beeindrucken – alles dahin.

„Zu den Landezonen!“, bellte er. „Ich will wissen, was zum Karkeimer gerade passiert ist!“

Sein Team beeilte sich, seinem Befehl nachzukommen, und sie stolperten förmlich über sich selbst, als sie durch die Tür stürmten. Vark folgte ihnen. Jede Würde vergessend, lief er die verschnörkelte Treppe hinunter und in die Nacht hinaus, ehe er in vollem Tempo in Richtung Festivalgelände sprintete.

Was für eine Katastrophe! Was, wenn sich Marchion Ro in einem dieser Schiffe befand? Was, wenn das Auge der Nihil in einer Explosion umgekommen wäre und Vark die Schuld daran treffen würde?

Genau in dem Moment, als Vark die brennende Landezone erreichte, ertönte die Stimme ein weiteres Mal.

„DIES IST DIE STIMME DES SCHARLACHROTEN SCHÄDELS!“

DerScharlachroteSchädel? Da klingelte etwas bei Vark. Stammte das nicht aus einem dieser historischen Holo-Dramen, von denen seine Frau Cheriville ständig schwärmte? Also blödsinniger Unfug, nichts weiter. Sie würden den Schwachkopf, der hinter diesem Streich steckte, erwischen und ein Exempel an ihm statuieren, um wen auch immer es sich handeln mochte.

„ICH BIN AUF VALO ANGEKOMMEN, UM ALL EURE WOHLFEILEN PLÄNE INS SÜSSE NICHTS DER LEERE ZU BEFÖRDERN!“, verkündete der Scharlachrote Schädel vergnügt. „BETRACHTET EURE TRÄUME ALS STAUB, EURE HOFFNUNGEN ALS ASCHE! WIE IHR SEHEN KÖNNT, HABE ICH BEREITS –“

In diesem Moment erschütterte eine weitere Explosion einen anderen Bereich des Festivalgeländes. Die blauen Flammen ließen wogende, bunte Rauchfahnen über den Zelten und Ständen aufsteigen. Vark wirbelte herum. Gleichzeitig hörte er die Stimme, die – gleichermaßen überrascht – sagte: „WARTE, WAS …“

„Da lang!“, rief Vark und deutete auf die farbenfrohe Detonation. „Schickt unsere Streitkräfte los, um zu sichern, was von den Landefeldern noch übrig ist! Wir kümmern uns darum!“

Der Scharlachrote Schädel war gerade ebenfalls überrascht worden. Das bedeutete, dass sich in den Reihen ihrer Feinde, wer immer sie sein mochten, Zweifler befanden, womöglich sogar Sympathisanten der Nihil. Und das wiederum hieß, dass sie es mit einem Widersacher zu tun hatten, dem leichter beizukommen war als einer Stimme aus einem Lautsprecher. Entschlossen, diesen Vorteil zu nutzen, streiften Vark und seine Leute die Gasmasken über, die sie um den Hals trugen, und stürmten mit gezückten Blastern geradewegs in den Rauch. Sie hasteten durch die Zelte und drängten sich an den Einwohnern von Lonisa-Stadt vorbei.

Der Rauch war hauptsächlich Farbstoff, stellte Vark fest, überhaupt nicht ätzend. Er grinste. Das war bestenfalls eine schwache Imitation des Gases, das die Nihil bei ihren Angriffen einsetzten – amateurhaft. Wie sich zeigte, waren diese Störenfriede leichte Beute. Vark, Idrax, Kimal und Driggit trieben sie bei einem großen, gestreiften Zelt in die Enge. Die drei kleinen Kapuzengestalten kauerten sich defensiv zusammen. Sie waren sogar sehr klein, registrierte Vark.

„Nehmt sie fest!“, knurrte Vark und winkte mit seinem Blaster. Idrax, Kimal und Driggit rückten weiter vor und richteten ihre Waffen auf die Gestalten. Die größte Kapuzengestalt streckte eine Hand aus, die Finger in Richtung von Varks Team gerichtet, aber die mittlere Kapuzengestalt packte ihren Arm und schüttelte heftig den Kopf.

Und dann ertönte hinter Vark das unverwechselbare Brummen eines zum Leben erwachenden Lichtschwerts. Jedes Haar in seinem Nacken richtete sich auf. Nicht die Jedi, dachte Vark. Nicht hier. Das würden sie nicht wagen. Zusammen mit seinen Leuten wirbelte er herum, um sich einer weiteren Kapuzengestalt gegenüberzusehen, die nur unwesentlich größer war als die anderen. Inmitten des Rauchs loderte ein rotes Lichtschwert wie ein unheilvolles Versprechen.

Alle zuckten zusammen, auch die drei Kapuzengestalten hinter Vark. Die Person mit dem roten Lichtschwert trat lautlos vor und richtete die Waffe auf Vark. Er und sein Team wichen vor der tödlichen Klinge zurück. Der lange schwarze Umhang der Gestalt wallte und wogte, als sie ihr Lichtschwert nach unten sausen ließ …

… und dann plötzlich den Rückzug antrat. Trippelnde Schritte waren zu vernehmen, als die verhüllte Gestalt im Rauch verschwand.

„Ihr nach!“, brüllte Vark.

Driggit zögerte und sah ihn an. Selbst Idrax schien verblüfft zu sein.

Kimal stürmte in den Rauch; ihr langer Körper schnitt wie ein Messer durch die Schwaden. Nach einem Moment folgte Idrax ihr.

Vark wies auf Driggit. „Du! Behalte die Gefangenen im …“

Doch als Vark hinter sich blickte, stellte er fest, dass die drei Kapuzengestalten fort waren. Nein! Über ihnen ertönte das Dröhnen und Fauchen von Kreuzertriebwerken, und als Vark nach oben schaute, sah er, wie jedes einzelne Schiff der Nihil-Flotte Kurs auf die Sterne nahm und Valo mit Maximalschub den Rücken kehrte. Das letzte Schiff, das im Hyperraum verschwand, ließ ein unverkennbares violettes Leuchten zurück, das wie ein Geist den Nachthimmel heimsuchte.

1. KAPITEL

In Lonisa-Stadt herrschte Chaos.

Padawan Ram Jomaram stieg behände auf das Dach des Jedi-Tempels auf Valo. Es war nicht einfach, in seinem Umhang zu klettern; der schwere schwarze Stoff wickelte sich immer wieder um seine Beine. Zudem schränkte die übergroße Kapuze teilweise seine Sicht ein. Ja, die Kapuze machte was her, sorgte für einen dramatischen Auftritt und half, sein Gesicht vor den wachsamen Augen der Nihil zu verbergen, aber im Moment verdeckte sie vor allem die Dinge, die er sehen musste.

Er griff nach etwas, das er für eine robuste Steinintarsie hielt, das sich stattdessen jedoch als eine dürre Schnappkrähe entpuppte, die es sich für ein Schläfchen bequem gemacht hatte. Der Vogel krächzte entrüstet und begann dann, sich seinem Namen würdig zu erweisen, indem er anfing, nach Rams Hand zu schnappen. Ram wich so hastig zurück, dass er beinah abrutschte, und setzte instinktiv die Macht ein, um sich wieder Halt zu verschaffen. Die Schnappkrähe stieß noch ein paar letzte, schrille Drohungen aus und flatterte dann davon.

Ram brauchte einige Sekunden, um seine Atmung zu beruhigen und sich so weit zu sammeln, dass er nicht mehr das Gefühl hatte, der Boden würde auf ihn zurasen.

Der neue Jedi-Tempel war um eins der ältesten Gebäude der Stadt herum erbaut worden. Einst war die riesige Halle ein Markt- und Versammlungsplatz gewesen, einer der ursprünglichen Sitze der Lonisa-Stadtverwaltung. Doch dann kamen weitere Regierungsgebäude hinzu, während anderswo ein ganz neues Geschäftsviertel entstand, das die meisten Händler von hier auf seinen überfüllten Freiluftbasar lockte. Die Jedi waren zu diesem Zeitpunkt bereits halbwegs eingezogen gewesen. Ihr alter Tempel war mittlerweile zu klein für sie geworden, und die Stadt hatte eingewilligt, ihnen die weitläufige Fläche des alten Marktgebäudes für ihre Zwecke zu überlassen. Damit begann ein umfangreiches, jahrzehntelanges Bauvorhaben, um hier ihr neues, offizielles Hauptquartier zu errichten.

Ram erklomm eine der hohen Säulen, um auf das riesige Kuppeldach zu gelangen. Der Tempel war auf einer Anhöhe erbaut worden, sodass jeder in Lonisa-Stadt ihn sehen konnte, egal, wo er sich befand. Das Kuppeldach bot einen imposanten Anblick, fand Ram, vor Anstrengung schnaufend, als er sich an einem weiteren geschwungenen Steinblock hochzog. Doch selbst für jemanden, der keinen falschen Sith-Umhang trug, war es verdammt schwer hinaufzugelangen.

Er suchte sich einen bequemen Platz auf einem der kunstvollen Torbögen, kauerte sich nieder und kam allmählich wieder zu Atem. Um ihn her breitete sich Lonisa-Stadt aus, und er spürte, wie sich dieses vertraute Frösteln in seine Knochen schlich. In der Stadt war es viel zu ruhig, und das schon seit die Nihil aufgetaucht waren. Normalerweise wimmelte es auf den Straßen selbst zu dieser späten Stunde noch von Lonisanern, die sich ins nächtliche Abenteuer stürzten und Spaß mit ihren Freunden hatten. Früher, in Nächten, in denen Ram nicht schlafen konnte, hatten das Gelächter und der Gesang seine Fantasie in einem Maße angestachelt, dem mit Meditation nicht beizukommen war. Es war nicht so gewesen, dass er dort draußen bei diesen Leuten sein wollte – bei den Sternen, nein! Aber all die Geschichten, die sich dort abspielten, die Weite und Aufregung der Galaxis, die in jedem Kichern und Gackern mitschwang, entwickelten in seinem Kopf ein Eigenleben und taten ihr Bestes, um ihn so lange wie möglich wach zu halten. Damals hatte ihn das geärgert.

Jetzt hätte er alles dafür gegeben, diese Straßen wieder lachen zu hören.

Seufzend schaute Ram sich auf dem Dach um.

Da! Er entdeckte ein Loch zwischen den abgenutzten Schindeln. Vorsichtig tastete er sich an einem der gemeißelten Reliefs entlang, die das Dach zierten, und zwang sich, nicht nach unten zu blicken. Er kletterte auf den Kopf eines steinernen Twi’lek-Jedi und zuckte zusammen, als knirschend ein Teil des Lekkus abbrach und runterfiel.

„Ups“, murmelte er. „Tut mir leid.“

Der steinerne Jedi reagierte nicht. Irgendwie hatte Ram auch nichts anderes erwartet.

Als er endlich die Öffnung im Dach erreichte, seufzte Ram erleichtert und ließ sich in sein Versteck fallen. Im Zuge der andauernden Reparaturarbeiten am Valo-Tempel war das Innere der Kuppel mit Holzgerüsten eingekleidet worden. Vor zweieinhalb Jahren hatten die Jedi gehofft, die geplanten Arbeiten noch vor der Republik-Schau abschließen zu können. Doch der Angriff der Nihil auf Valo hatte sämtliche Fortschritte zum Erliegen gebracht. Alle Bauarbeiten mussten verschoben werden, um die Zerstörungen zu beseitigen, die dadurch entstanden waren. Und dann, ein halbes Jahr später, als die Nihil Lonisa-Stadt eroberten, waren die meisten erwachsenen Jedi mit den Tempeljünglingen geflohen, um das Jungvolk in den nahe gelegenen Bergen in Sicherheit zu bringen. Ram wusste, dass es keine leichte Entscheidung gewesen war, zu gehen, statt zu bleiben und zu kämpfen, doch die Jünglinge waren die Zukunft des Jedi-Ordens. Sie zu beschützen, hatte oberste Priorität.

Jetzt lag der Tempel in Trümmern. Die Nihil hatten ihn geplündert, als sie in Valo eingefallen waren, und alles zerstört, das sie nicht mitnehmen konnten. Sie zertrümmerten jedes Fenster, schlitzten die Wandteppiche an den Mauern auf, zerschlugen die Möbel und verbrannten alles Übrige. Von dem einst so prachtvollen Jedi-Tempel war nur wenig übrig geblieben. Allerdings hatten die Nihil das Gerüst übersehen, das die Kuppel vom Rest des Gebäudes trennte. Sie hatten nicht bemerkt, dass sich hier ein verborgener Dachboden befand. Hier hatte Ram seine Operationsbasis aufgeschlagen.

Ram streifte den schwarzen Umhang von den Schultern und ließ ihn achtlos auf dem Boden liegen, um zu der provisorisch zusammengestückelten Komm-Anlage an der Wand hinüberzugehen. Er hatte das Gerät selbst aus erbeuteten Bauteilen und von den Nihil gestohlener Technik gebaut. Seine Hände flogen über die Drehräder und Knöpfe, als er die Komm-Frequenz des Republik-Kanals einstellte. Sein Herz raste von überschüssigem Adrenalin und seiner Aufregung über den heutigen Sieg, als er das Mikrofon einschaltete.

„Hier spricht der Scharlachrote Schädel“, verkündete er und senkte seine Stimme zu einem tiefen Knurren. „Ich sende von hinter den feindlichen Linien.“ Er hielt kurz inne und versuchte dann, noch ein bisschen bedrohlicher zu klingen. „Ähm. Die Dunkelschau der Nihil auf Valo wurde sabotiert und ihre Pläne vereitelt! Um genau zu sein, äh, hab ich die Landefelder in die Luft gejagt. Das Einzige, was noch mehr Schaden genommen hat als die Schiffe ihrer Würdenträger, ist ihr Ego!“

Ram blickte durch das Loch auf die Stadt unter sich hinab. „Der Widerstand auf Valo ist weiterhin aktiv, aber wir brauchen Hilfe. Falls irgendjemand von der Republik diese Nachricht erhält, bitte antworten Sie!“

Doch es kam keine Antwort. Es kam nie eine.

Die Nihil hatten ihre Ecke der Galaxis mit einer unüberwindbaren Barriere umgeben, dem sogenannten Sturmwall – einem Netzwerk miteinander verbundener Satelliten, das jedes Raumschiff ohne die richtigen Zugangscodes und die korrekte Ausrüstung gewaltsam aus dem Hyperraum riss, und man brauchte kein Genie zu sein, um zu wissen, dass das katastrophale Folgen nach sich zog: völlige Zerstörung von innen heraus, wenn der Hyperantrieb explodierte. Und die, die dieses Schicksal ereilte, hatten vermutlich noch Glück. Denn falls irgendwelche Schiffe wider Erwarten überlebten, waren sie in einer riesigen, undurchdringlichen Einöde leeren Weltraums gestrandet, wo ihnen nichts anderes übrig blieb, als irgendwie ihre Tage und Stunden rumzubringen, bevor sie von Plünder-Droiden Stück für Stück auseinandergenommen wurden. Nur Nihil-Schiffe kamen rein, nur Nihil-Schiffe kamen raus. Alle, die sich hinter dem Sturmwall befanden, waren dort gefangen, seit der Wall kurz nach der Vernichtung der Starlight-Station in Betrieb genommen worden war – und das war mittlerweile ein Jahr her. Sie waren faktisch Bewohner des Nihil-Raums. Oder besser: Gefangene.

Und es kamen kaum Komm-Signale durch.

Trotzdem versuchte Ram es weiter. Er übermittelte jeden Tag Nachrichten und hoffte, dass eine seiner Mitteilungen den Sturmwall durchdrang. Wenn seine Worte auch nur eine einzige Person von der Republik erreichten … wenn sie auch nur einer einzigen Person Hoffnung schenkten … dann war es die Mühe wert.

„Scharlachroter Schädel, Ende.“ Ram schaltete das Mikrofon aus und wechselte erneut die Frequenz. Als sein Muskelgedächtnis übernahm, stellten seine Finger den Drehregler auf einen wohlvertrauten Kanal ein, bevor er so recht merkte, auf welchen.

Die Starlight-Station.

Ram schluckte, als ihm heiße Tränen in den Augen brannten. Starlight gab es nicht mehr. Die Raumstation war die Heimat so vieler gewesen, die Ram am Herzen lagen – von Padawan-Gefährten wie Lula, Farzala und Qort und anderen guten Freunde wie Zeen und ihrem spitzohrigen, lederbeflügelten Cru-Haustier Cham-Cham. Die Station war ein Leuchtfeuer der Hoffnung gewesen, ein Symbol für die Einheit der Republik.

Die Nihil wussten genau, was sie taten, als sie Starlight angriffen und dafür sorgten, dass die Station auf dem Planeten Eiram in den Ozean stürzte. Als das Wrack der Starlight-Station in Flammen aufging und der Rat allen Jedi den Befehl gab, unverzüglich nach Coruscant zurückzukehren, wusste Ram tief in seinem Herzen, dass sein Weg ihn stattdessen nach Valo führen würde.

Nicht, weil er Heimweh gehabt hätte oder so was. Obwohl ihm die Sehnsucht nach Valo während seiner Zeit auf Starlight sehr zu schaffen gemacht hatte, wich sie bald der Liebe und der Kameradschaft zu seinen neuen Freunden, und schließlich lenkten ihn die vielen Male ab, die er seitdem fast umgekommen war. Nein, es war nicht der Wunsch nach Trost gewesen, der Ram dazu veranlasst hatte, mit dem Eviscerator nach Lonisa-Stadt zurückzukehren. Es war die Gewissheit, dass dort etwas im Argen lag, und wer außer ihm war noch übrig, um seinem Volk zu helfen, wenn alle anderen Jedi fort waren? Er wusste genau, was er zu tun hatte. Er hatte geholfen, zu verhindern, dass die Nihil über Corellia herfielen, und das bedeutete, dass ihm das genauso auch an dem Ort gelingen konnte, an dem er aufgewachsen war.

Er hatte sich von niemandem verabschiedet. Meister Yoda höchstselbst hatte die Jedi zurückbeordert und hätte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zugelassen, dass sich ein niederer Padawan über seinen Befehl hinwegsetzt. Und die anderen – Reath, Zeen, Meistere Kantam, Crash und ihre Crew, die Bonbraks Tip und Breebak – hätten versucht, ihn zum Bleiben zu bewegen, und womöglich wäre ihnen das sogar gelungen. Darum hatte Ram sich mitten in der Nacht davongeschlichen und war zum äußeren Rand der Galaxis aufgebrochen, in der Hoffnung, dass dies nicht das letzte Mal gewesen war, dass er seine Freunde gesehen hatte. Er hatte schon so viele verloren, getötet beim Absturz der Starlight-Station, dass er alles tun musste, was in seiner Macht stand, um seiner Heimat zu helfen.

Diese Reise war die einsamste, beängstigendste Phase seines Lebens gewesen. Vorher hatte er immer entweder seinen Droiden V-18 bei sich, der auf Starlight gewesen war, als die Station abstürzte, oder ein paar seiner pelzigen kleinen Werkstattgehilfen, die Bonbraks. Aber er wusste, dass die Entscheidung, nach Valo zurückzukehren, einzig und allein bei ihm selbst lag und dass er das Richtige tat.

Er würde nach Valo gehen und unter der Bevölkerung so viel Widerstand organisieren wie nur möglich, damit sie bereit waren, wenn die Nihil kamen.

Doch als Ram auf Valo eintraf, waren die Nihil bereits auf dem Weg dorthin. Ihr Angriff auf die Republik-Schau hatte Valo zu einem weiteren Fanal ihrer Skrupellosigkeit gemacht, zumal der Planet ganz oben auf ihrer Liste von Welten stand, die sie in dem Territorium, das sie für sich beanspruchten, einzunehmen gedachten. Der Nihil-Überfall erfolgte so schnell und mit solcher Heftigkeit, dass die Jedi, die noch dabei waren, ihre Sachen für die Reise nach Coruscant zu packen, völlig unvorbereitet waren und in die Wildnis fliehen mussten. Nur Meister Kunpar war übrig geblieben, der seine Jedi-Roben geistesgegenwärtig gegen ein zerlumptes, unscheinbares Gewand getauscht hatte, um unerkannt zu bleiben, da die Nihil-Besatzer gnadenlos gegen jede noch so winzige Andeutung von Auflehnung vorgingen. Als seine Komm-Nachrichten unbeantwortet blieben, hatte Ram angenommen, dass die überlebenden Valo-Jedi irgendwo da draußen waren, dass sie sich bedeckt hielten, ihre Kräfte sammelten und sich bereit machten, Lonisa-Stadt zurückzuerobern. Und bis es so weit war, beschloss er, würde er den Nihil so viel Ärger bereiten, wie er nur konnte. Das war das, was er ohnehin das ganze letzte Jahr über getan hatte. Mittlerweile war er so was wie ein Experte darin.

Doch aus den Tagen waren Wochen geworden und aus den Wochen Monate, und schließlich war ein volles Jahr vergangen, ohne dass er auch nur eine Nachricht von den vermissten Jedi erhalten hatte.

Aber das war schon in Ordnung. Ram würde so lange warten wie nötig.

Er rieb sich die Augen, drehte den Regler weiter und fummelte an der langen Sendeantenne herum, die aus dem Dach ragte. „Ich bin der Scharlachrote Schädel“, sagte er und versuchte, das Knurren zu unterdrücken. „Ich bin der – ähm, okay. So ist’s besser.“ Er atmete aus. Dann aktivierte er sein Mikro.

„Vau-Achtzehn, bitte kommen! Hier spricht der Scharlachrote Schädel. Ich sende von hinter den feindlichen Linien! Die Dunkelschau der Nihil auf Valo wurde sabotiert und ihre Pläne vereitelt!“ Einsamkeit überkam Ram. Er vermisste seine Freunde so sehr. Sicher, sie alle hatten dem Tod ins Auge geblickt und sich unzählige Male gegenseitig das Leben gerettet. Aber was sie wirklich zusammenschweißte, waren die Momente, in denen sie einfach sie selbst sein konnten – Kinder inmitten einer chaotischen Galaxis, die ihr Bestes taten, um Spaß zu haben und nicht umgebracht zu werden. Einmal, zu Beginn seines Aufenthalts auf der Starlight-Station, als Ram von einem besonders heftigen Anfall von Heimweh geplagt wurde, hatten die Starlight-Padawane für ihn eine Valo-Überraschungsparty geschmissen, komplett mit Holoprojektionen seiner Werkstatt. Das war einer der glücklichsten Augenblicke seines Lebens gewesen, denn so schön es auch war, sich an seinen Lieblingsort zu erinnern, noch viel schöner war es, sich so geliebt und umsorgt zu fühlen.

Waren seine Freunde auf der anderen Seite des Sturmwalls in Sicherheit? Lebten sie überhaupt noch? V-18, der sperrige, übereifrige Droide, hatte ihm während des Angriffs auf die Republik-Schau mehr als einmal das Leben gerettet, doch soweit Ram wusste, war er mit der Starlight-Station abgestürzt. Aber das bedeutete nicht, dass er tot war – nicht zwangsläufig. Es gab immer Hoffnung. Ram wusste nicht viel über das, was nach dem Absturz passiert war, da er von Corellia geradewegs auf seinen Heimatplaneten zurückgekehrt war, nach Valo.

Es gab immer Hoffnung.

Er kaute auf seiner Unterlippe herum. Dann versuchte er erneut, seinen Droiden-Kumpel zu erreichen. Falls V-18 irgendwo da draußen war, würde er Rams Stimme erkennen. „Vau-Achtzehn, bitte kommen! Hier spricht der Scharlachrote Schädel!“

Ram sendete seine Botschaft, bis die Stille, die ihm antwortete, zu laut wurde. Er stellte das Gerät so ein, dass es seine Nachricht in Endlosschleife rausschickte, ließ sich seufzend auf den Boden sinken, legte sich auf den Rücken und drückte sein Lichtschwert an seine Brust. Er fummelte an der kleinen Metallvorrichtung herum, die am Griff befestigt war, bis sie absprang. Das war eine seiner Erfindungen: ein achteckiger Ring mit einer geschliffenen Scheibe aus rotem Kristall, die er aus einem der zerbrochenen Tempelfenster geborgen hatte. Das energiedurchlässige Material wirkte wie ein Holofilter und färbte die Klinge des Lichtschwerts. Als Ram sein Lichtschwert jetzt gegen die Decke richtete und einschaltete, leuchtete die Klinge in ihrer wahren Farbe: in Gelb, nicht Sith-Rot.

Jenseits seines Lichtschwerts erstreckte sich ein farbiges Wandgemälde über die Decke, das Jedi zeigte, die mit unterschiedlichen Formen der Macht kommunizierten: einen Rodianer, der feinfühlig eine zwanzigsaitige Flachharfe zupfte, während die Musik um ihn her durch die Luft tanzte; einen Menschen, der eine Pflanze mit blauen Ranken und weißen, hängenden Blüten pflegte, deren Wurzeln sich im Boden unter seinen Füßen ausbreiteten; zwei Jedi beim Lichtschwertkampf, ihre Körper in spielerischer, lockerer Haltung; einen anmutigen alten Togruta, der die Sterne kartografierte; einen Alcedianer mit silbernen Federn, der eine Reihe ineinandergreifender Kristallringe schweben ließ, während sein langes, leuchtend rosa Haar seinen Rücken hinabfiel, seine goldenen Augen voller Euphorie. Und mittendrin prangte das Jedi-Symbol, um seine Schwingen zum höchsten Punkt der Kuppel auszustrecken.

Als Jüngling hatte Ram es geliebt, zu dem Symbol aufzublicken. Das hatte ihn immer beruhigt, und das tat es auch jetzt noch. Er schloss die Augen und ließ sich von der Macht durchströmen. Er konnte jedes Teil der Maschinen spüren, die auf dem Dachboden verstreut waren. Als er ausatmete, streckte er seine Machtsinne aus, um sie im Geiste zu berühren. Als er einatmete, sog er die Informationen, die ihm dies verschaffte, in sich ein, und vor seinem inneren Auge formte sich ein Bild des Raums.

Einschließlich des großen Lochs in der Seite des Dachs.

„Ich muss echt einen anderen Weg finden, hier rein- und rauszukommen“, murmelte Ram.

„Würde ich auch sagen“, stimmte Meister Kunpar ihm freundlich zu. „Andernfalls brichst du dir wahrscheinlich irgendwann das Genick.“

Ram stieß einen unterdrückten Schrei aus, presste sich vor Schreck die Hand auf den Mund und ließ beinah sein Lichtschwert fallen. Er riss die Augen auf und sah seinen Jedi-Meister über sich stehen.

„Und dann stirbst du. Oder du brichst dir das Genick und stirbst nicht. Oder vielleicht … stirbst du einfach so?“ Die Augen des alten Ongree funkelten schelmisch.

„M-Meister Kunpar?“, stammelte Ram. „Wie kommt Ihr hier hoch?“

„Über die Leiter.“ Kunpar deutete hinter sich. Tatsächlich ragte durch eine Öffnung in den Dielen eine biegsam wirkende Metallleiter auf den Dachboden.

„Die ist neu“, murmelte Ram, setzte sich auf und betrachtete die Leiter.

„Nein, eigentlich ist sie schon ziemlich alt“, sagte Kunpar. „Mindestens hundert Jahre oder so. Ich glaube, ich habe sie mir beim Ifnar-Tempel ausgeborgt, als wir damals mit dem Bau unseres Tempels begannen. Vielleicht bringe ich sie ihnen eines Tages zurück.“

„Nein, ich meinte …“

„Ich weiß, was du meinst, Ram“, entgegnete Kunpar grinsend. Ram wurde klar, dass er schon wieder scherzte. Kunpar liebte es, Ram aufzuziehen, auch wenn sein Padawan die meisten seiner Witzeleien gar nicht mitbekam. „Ich habe die Leiter in einem Lagerraum gefunden und dir mitgebracht. Sie ist zusammenklappbar, also kannst du sie hier oben verstecken, falls nötig.“

„Danke, Meister Kunpar“, sagte Ram. Sein Meister war wirklich der Beste.

Kunpar war der einzige Jedi-Meister, der noch in Lonisa-Stadt weilte – und die Nihil hatten nicht den Schimmer einer Ahnung. Sie glaubten, er sei bloß der tattrige, alte Hauswart des Jedi-Tempels. Kein Wunder, denn er sah nicht mehr im Entferntesten wie ein Jedi aus: Statt der gestärkten weiß-goldenen Roben des Ordens trug er staubige, abgewetzte Kleidung und roch immer ein bisschen wie alte Rankbohnenküchlein. Beim Reden wirkte er abwesend, sprach in Rätseln und brach oft mitten im Satz ab. Unmöglich, in diesem alten Mann eine Bedrohung zu sehen, und garantiert keinen mächtigen, fokussierten Jedi. Die Stadtbewohner bestärkten die Nihil in diesem Irrglauben und bewahrten sein Geheimnis. Kunpar war beliebt und gehörte genauso zu Lonisa-Stadt wie die riesige Marmorstatue ihres Gründers draußen vor der Stadtbibliothek. Außerdem versäumte der Tempel es nie, seinen monatlichen Tribut an die Nihil zu leisten. Die Plünderer ließen Kunpar in Ruhe … nicht ahnend, dass direkt vor ihrer Nase ein Jedi-Meister lebte.

„Die ganze Stadt ist in heller Aufregung wegen der Possen des Scharlachroten Schädels“, bemerkte Kunpar und holte zwei Keramiktassen und ein Metallfläschchen aus den Untiefen seines Gewands hervor. Er ließ sich auf dem Boden nieder und füllte die Tassen mit dampfendem Kräutertee. „Hat der Trick mit dem roten Lichtschwert funktioniert?“

Ram rutschte nervös herum. „Na ja, ich fürchte, die hatten keine Ahnung, was es bedeutet“, gab er zu.

Kunpar ließ ein raues Glucksen vernehmen. „Ich sagte doch, dass niemand außerhalb dieser Mauern auch nur die geringste Ahnung hat, was ein Sith ist! Die gibt es schon seit Jahrhunderten nicht mehr, Ram!“

„Ja, ja, ja, ist ja gut …“

„Ein Sith!“ Kunpar gluckste. „Diese Dummköpfe könnten Coruscant nicht mal auf einer Karte von Coruscant finden, und du denkst, sie hätten Ahnung von lange zurückliegender Geschichte! Ah, Ram, mein Junge, ich bewundere deine Fantasie!“

„Der Filter, den ich gebastelt hab, ist trotzdem ziemlich genial“, beharrte Ram.

„Oh, der ist absolut brillant“, pflichtete Kunpar ihm bei, wie immer bemüht, Ram in seinem Tun nach besten Kräften zu bestärken. „Und Vark Tarpalin ist offensichtlich außer sich vor Wut. Angeblich konnte man ihn noch einen Distrikt weiter darüber krakeelen hören, Marchion Ro enttäuscht zu haben. Es war glorreich!“

„Der Scharlachrote Schädel tut, was er kann“, entgegnete Ram bescheiden und trank mit großen Schlucken seinen Tee, woraufhin er sich prompt die Zunge verbrannte. „Au!“

„Ein guter Jedi muss geduldig sein, junger Jomaram. Auch – und gerade – beim Teetrinken.“ Kunpar hob seine eigene Tasse zum Mund, der sich mitten in seinem Gesicht befand. Während er bedächtig daran nippte, schwangen seine beiden Augenstiele zu Ram herum. „Du wirkst beunruhigt. Was geht dir durch den Sinn?“

Ram nahm noch einen Schluck von seinem Tee, diesmal jedoch um einiges vorsichtiger. „Ich war heute Abend nicht der Einzige, der die Dunkelschau sabotiert hat“, sagte er und dachte an die Kapuzengestalten, die er vorhin gesehen hatte. Einige von denen waren verdammt klein gewesen. „Sie waren zu dritt, und ich glaube, es waren Kinder. Vielleicht sogar jünger als ich. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie Roben unter ihren Umhängen trugen. Meister Kunpar … Ist es möglich, dass irgendwelche Jünglinge es vielleicht nicht aus Lonisa-Stadt raus geschafft haben, als die Jedi von hier fortgingen?“ Wenn Ram mit dieser Vermutung recht hatte, waren die Kinder in großer Gefahr.

Meister Kunpar öffnete den Mund. Doch bevor er antworten konnte, hämmerte jemand lautstark gegen die schwere Tempeltür unter ihnen. Eine donnernde Stimme schallte durch das Holz: „SOFORT AUFMACHEN! ÜBERGIB UNS DEN SCHARLACHROTEN SCHÄDEL!“

2. KAPITEL

Gavi kauerte hinter einer Tempelsäule und versuchte, sich so klein wie möglich zu machen.

Zum ersten Mal in seinem Leben war er froh, dass er fast der Kleinste in seiner Gruppe von Jünglingen war. Nur Tep Tep war noch kleiner, und gerade machte sie sich das zunutze, indem sie ihren ganzen Körper so zusammenrollte, dass sie in einen geflochtenen Schilfkorb im hinteren Bereich des großen, offenen Raums passte. Unwillkürlich malte Gavi sich aus, wie ihr weißes Federkleid zitterte, als das Hämmern an der Tür lauter wurde. Tep Tep hasste laute Geräusche.

Eigentlich sollte sie überhaupt nicht hier sein, schoss es Gavi durch den Kopf. Sie war erst zwölf, zwei Jahre jünger als er, und auf der Dunkelschau wimmelte es nur so von Nihil, die sie tot sehen wollten. Doch sie hatte darauf bestanden, ihre Freunde zu begleiten, um die Schau zu sabotieren. „Ich bin auch eine Jedi!“, beharrte sie. „Lonisa-Stadt ist unser Zuhause, und dafür kämpfe ich, genau wie ihr.“

Hinter einer anderen Säule auf der gegenüberliegenden Seite des Atriums kauerte Kildo. Er suchte Gavis Blick und hob einen Finger an seine Lippen. Kildo war groß und schlaksig, hatte dunkles Haar, leuchtend orangefarbene Augen und das einnehmendste Lächeln, das Gavi je gesehen hatte. Kildo war ein Alcedianer, genau wie Tep Tep und viele andere auf Valo. Obwohl ihre humanoide Spezies ursprünglich von diesem Planeten stammte und im Laufe der Zeit evolutionsbedingt ihre Flügel verloren hatte, waren ihre Arme und Schultern nach wie vor zum größten Teil von Federn bedeckt. Doch im Gegensatz zu denen von Tep Tep, die taubenartig weich und flauschig waren – na ja, an Tep Tep war alles weich und flauschig –, war das Gefieder, das Kildos Arme zierte, schwarz und schillernd blau, durchsetzt von einer gelegentlichen weißen Feder.

Gavi warf einen Blick auf die Tempeltür und griff nach seinem Lichtschwert. Nachdem sie der Dunkelschau nur haarscharf entkommen waren, waren Kildo, Tep Tep und Gavi dem Scharlachroten Schädel hierher gefolgt. Aber bevor es ihnen möglich gewesen war, mit ihm Kontakt aufzunehmen, hatten die Nihil sie eingeholt. Jetzt saßen sie in der Falle.

Jemand tippte ihm auf die Schulter. Plötzlich löste sich Kildo aus den Schatten neben ihm. Gavi hatte nicht einmal mitbekommen, dass er sein Versteck überhaupt verlassen hatte. Der Alcedianer sagte nichts, doch er grinste.

Der Druck in Gavis Brust ließ ein bisschen nach, genau wie seine Panik. Alles wird gut, sagte er sich immer wieder, wie ein Mantra. Alles wird wieder gut. Vielleicht half es ja, wenn er im Rhythmus der Jedi-Atemübungen ganz fest daran dachte, damit es wahr wurde.

Er nickte Kildo auf eine Weise zu, von der er hoffte, dass sie ihn stark und entschlossen wirken ließ statt nervös und kurz davor, sich vor lauter Anspannung übergeben zu müssen. Offenbar mit Erfolg. Kildo zwinkerte ihm aufmunternd zu und huschte lautlos aus seinem Blickfeld.

„ICH SAGTE, AUFMACHEN!“, rief der Mann auf der anderen Seite der Tür. Gavi kannte diese Stimme nur zu gut. Er hatte sie erst vor kaum einer Stunde vernommen, als der, dem sie gehörte, mit einem Blaster auf ihn zielte. Sie gehörte Vark Tarpalin. „ICH WEISS, DASS DU DA DRIN BIST, ALTER MANN!“

„Ich komme“, rief Meister Kunpar vom Gerüst über ihnen mit dieser keuchenden, zittrigen Stimme, die er stets benutzte, wenn er mit den Nihil sprach. Mit überraschender Behändigkeit rutschte er eine Metallleiter ins Erdgeschoss hinunter. Dann drückte er auf einen Knopf an der Seite der Leiter, woraufhin die einzelnen Segmente eingefahren wurden, nach oben klappten und nicht mehr zu sehen waren.

Als er Gavi entdeckte, hielt Kunpar kurz inne und blinzelte überrascht. Dann marschierte er an den Jünglingen vorbei, die sich nach besten Kräften versteckten, und verwuschelte auf dem Weg zur Tür Gavis Haar. Der alte Jedi ließ die Schultern hängen und machte eine große Show daraus, die riesige, zerbrochene Tür mühsam nach innen aufzuziehen.

Vark stürmte in den Tempel und drängte sich unsanft an Kunpar vorbei. Sein normalerweise akkurat frisierter Schnurrbart war völlig durcheinander. Der Bart sah aus, als könnte er sich nicht entscheiden, in welche Richtung er stehen soll, und hätte sich deshalb für alle auf einmal entschieden. Varks Kleidung war schmutzig, sein ohnehin schon fahles Gesicht noch blasser als sonst. Vark Tarpalin hatte eine verdammt schlechte Nacht gehabt, und das sah man ihm überdeutlich an. Ihm folgten seine Kumpane: ein kräftiger, fies aussehender Neimoidianer und eine hagere Menschenfrau mit hellbraunem Teint und ruhelosen Augen. Und hinter ihnen …

Gavi holte tief Luft.

Driggit Parse.

Ihr Haar war jetzt kürzer und ihre Kleidung unverkennbar Nihil. An ihrer Hüfte baumelte eine Gasmaske. Sie sah aus wie jemand völlig anderes. Doch sie trug immer noch ihren alten, rostfarbenen Schal.

Aber auch ohne den hätte er sie überall wiedererkannt.

Einst, vor gar nicht allzu langer Zeit, waren sie Freunde gewesen. Beste Freunde. Sie waren ungefähr gleich alt und sahen sich so ähnlich, dass Fremde oft annahmen, Gavi und Driggit seien Geschwister – vielleicht sogar Zwillinge –, bis ihnen auffiel, dass einer der beiden eine Jedi-Robe trug. Damals fanden sie das witzig, doch jetzt bereitete der Gedanke daran Gavi ein mulmiges Gefühl im Magen. Mit wem hatte sich seine alte Freundin da nur eingelassen? Ja, mehr noch, wie konnte sie es wagen, sich mit dem Feind zu verbünden?

„Da bist du ja, Alterchen!“ Vark bedachte Meister Kunpar mit einem höhnischen Grinsen. „Gut für dich, dass du dich letztlich doch entschlossen hast, die Tür aufzumachen. Ich wollte Idrax schon befehlen, sie aufzubrechen.“

„Kann ich immer noch machen!“, verkündete Idrax hilfsbereit.

„Ist jetzt nicht mehr nötig!“, schnauzte Vark ihn an. Idrax blickte enttäuscht drein.

Driggit verkniff sich ein Kichern.

„Tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, Sie reinzulassen“, krächzte Kunpar. „Ich musste erst zur Tür, und dann musste ich sie auch noch öffnen. Beides sehr langwierige, beschwerliche Aufgaben. Ich bin einfach zu alt, wissen Sie.“

„Ja, das sehe ich“, entgegnete Vark verächtlich. Er ging zu einer Bank in der Mitte des Raums hinüber, und seine bunt zusammengewürfelte Rüstung klapperte, als er sich setzte. Wie jeder Nihil-Krieger, den Gavi je gesehen hatte, trug Vark eine Ansammlung gestohlener, erbeuteter Ausrüstung wie eine Historie seiner bisherigen Erfolge, mit denen er seinen Körper schmückte. Dasselbe galt für seine Gefolgsleute. Sogar Driggit hatte so eine Art zusammengestückelten Metallreif um ihren linken Unterarm geschnallt, wie eine lange, gezackte Manschette, die fast bis zu ihrem Ellbogen reichte. Die Nihil-Gasmaske an ihrem Gürtel war mit Metallschrott modifiziert, sodass die Vorderseite an einen hakenartigen Schnabel erinnerte, und unter den Augen prangten mehrere orangefarbene Pinselstriche. „Ist mir vollkommen egal, wie tattrig du bist, Kunpar. Kommen wir gleich zur Sache: Wo ist der Scharlachrote Schädel?“

„Gibt’s die Scharlachschädel überhaupt noch?“, fragte Kunpar und kratzte sich beiläufig an einem seiner Augenstiele. „Dieser Kult von Kinder-Assassinen, die ihre Gesichter rot angemalt haben wie Totenmasken und sich die eigenen Zungen rausschnitten? Hab schon seit über einem Jahrhundert kein Wort mehr über die gehört. Kann mir auch nicht vorstellen, dass die heutzutage sonderlich gut ankämen. Jedenfalls nicht hier auf Valo.“