Star Wars. Schleier der Täuschung - James Luceno - E-Book

Star Wars. Schleier der Täuschung E-Book

James Luceno

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die dunkle Seite der Macht erhebt ihr schreckliches Haupt

Kanzler Valorum ist der Einzige, der die Republik zusammenhalten und der immer mächtiger werdenden Handelsföderation Einhalt gebieten kann. Daher atmen alle auf, als der Jedi-Meister Qui-Gon Jinn und sein Schüler Obi-Wan Kenobi ein Attentat auf den Kanzler vereiteln können. Doch Valorum kann keinem Gegner gegenübertreten, den er nicht kennt, und der größte Feind der Republik ist noch nicht einmal aus den Schatten getreten – Darth Sidious, der mächtigste der Sith-Lords!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 449

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



James Luceno

SCHLEIER DER TÄUSCHUNG

Aus dem Englischen

von Andreas Kasprzak

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel

»Star Wars™ The Cloak of Deception«

bei Del Rey/The Ballantine Publishing Group, Inc., New York.

1. Auflage

Deutsche Erstveröffentlichung Februar 2012

bei Blanvalet, einem Unternehmen der Verlagsgruppe

Random House GmbH, München.

Copyright © 2000 by Lucasfilm Ltd. & ® or ™ where indicated.

All rights reserved. Used under authorization.

Translation Copyright © 2012 by Verlagsgruppe

Random House GmbH, München

Umschlaggestaltung: bürosüd° GmbH, München

Cover Art Copyright © 2000 by Lucasfilm Ltd.

Cover illustration by Steve Anderson

Redaktion: Marc Winter

HS · Herstellung: sam

Satz: omnisatz GmbH, Berlin

ISBN 978-3-641-07775-4

www.blanvalet.de

Für Karen-Ann,

einen der wenigen Menschen, die ich kenne, die in der Welt tatsächlich etwas bewegt haben – in meiner ganz gewiss.

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis …

Nach tausend Generationen wird die Galaktische Republik in ihren Grundfesten erschüttert. Auf Coruscant, im Zentrum des zivilisierten Alls, wird der Senat in einem solchen Ausmaß von Gier und Korruption zerrüttet, dass selbst das Geschick des Obersten Kanzlers Valorum nicht ausreicht, um dem entgegenzuwirken, und in den entlegeneren Systemen beherrscht die Handelsföderation die Hyperraumrouten mit ihren riesigen Schiffen.

Doch nun wird selbst die Handelsföderation von allen Seiten bestürmt, von Piraten und Schurken, die üppige Beute wittern, und von Terroristen, die ein Ende der tyrannischen Vorgehensweisen der Föderation fordern.

Es ist eine Zeit, in der der Mut all jener auf die Probe gestellt wird, die danach streben, die Republik zusammenzuhalten – allen voran der der Jedi-Ritter, die lange die größte Hoffnung der Republik waren, um Frieden und Gerechtigkeit zu bewahren …

DORVALLA

1. Kapitel

Im unsterblichen Licht der Sterne badend hing die Rendite am Rande von Dorvallas alabasterfarbenem Wolkenschleier.

Sie unterschied sich durch nichts von den unzähligen anderen Frachtern der Handelsföderation: eine riesige Untertasse, deren Kern herausgeschnitten worden zu sein schien, um zwei gewaltige Hangarflügelarme zu schaffen, das Loch in der Mitte gefüllt mit einer stachelbewehrten Sphäre, die die Hyperantriebsreaktoren des gewaltigen Schiffes beherbergte. Vorne klaffte eine Lücke zwischen den geschwungenen Armen, als wäre es den Erbauern nicht gelungen, den Kreis zu schließen. Natürlich war diese Lücke so vorgesehen, denn die beiden Arme liefen dort in riesigen Andockklauen und klaffenden Hangartoren aus.

Die Frachter der Handelsföderation schienen ihre Ladung nicht aufzunehmen, sondern zu verschlingen wie nimmersatte Bestien. Seit nun beinahe drei Standardstunden weidete die Rendite sich an Dorvalla.

Der abgelegene Planet verfügte über reiche Vorkommen an Lommiterz, einem Material, das bei der Herstellung von Transparistahlscheiben und Cockpithauben für Sternenjäger von großer Bedeutung war. Klobige Transporter karrten das abgebaute Erz in den hohen Orbit hinauf, wo die Fracht an eine Flotte selbstgesteuerter Barkassen, Tender und Frachtkapseln übergeben wurde, von denen viele die Größe von Shuttles besaßen. Alle trugen sie das Flammenkugel-Symbol der Handelsföderation.

Zu Hunderten pendelten die unbemannten Vehikel zwischen den dorvallanischen Transportern und dem ringförmigen Frachter hin und her. Bei der Rendite angelangt wurden sie durch mächtige Traktorstrahlen in die Lücke zwischen den geschwungenen Armen hineingesaugt, bevor die Andockklauen sie durch das magnetische Eindämmungsfeld bugsierten, welches die kantigen Mäuler der Hangars versiegelte.

Um diese Herde vor Angriffen durch Piraten oder andere Räuber zu schützen, patrouillierten spitznasige Sternenjäger mit Vierlingstriebwerken über Dorvalla. Sie hatten zwar nur schwache Schilde, dafür aber starke Schnellfeuerlaserkanonen. Die Droiden, die diese Jäger steuerten, gehorchten den Befehlen des zentralen Kontrollcomputers, welcher im kugelförmigen Kernschiff des Frachters untergebracht war.

Auf der Rückseite dieser gewaltigen Sphäre ragte ein Kontrollturm auf, dessen Spitze die Brücke beherbergte. Dort ging eine Gestalt in Robe nervös vor mehreren, nach innen gewölbten Sichtfenstern auf und ab, die einen lückenhaften Blick auf die Enden der Hangarflügelarme und den gleichmäßig dahinfließenden Strom der Kapseln boten. Jenseits davon, unterhalb der Arme, unterhalb der rostbraunen Frachtkapseln, deren Rücken im Licht der Sonne glühten, drehte sich Dorvalla in seiner durchscheinend weißen Wolkendecke.

»Status«, zischte die Gestalt in der prachtvollen Robe.

Der neimoidianische Steuermann der Rendite antwortete von seinem thronähnlichen Sitz unterhalb des polierten Mittelgangs aus. »Die letzten Frachtkapseln werden gerade an Bord geholt, Commander Dofine.« Die neimoidianische Sprache hatte einen säuselnden Rhythmus, mit Betonung auf den ersten Silben und langgezogenen Worten.

»Nun gut«, sagte Dofine. »Ruft die Sternenjäger zurück!«

Der Steuermann drehte den Stuhl herum und blickte zum Mittelgang hoch. »Jetzt schon, Commander?«

Dofine hielt in seinem rastlosen Auf- und Abschreiten inne, um dem Untergebenen einen argwöhnischen Blick zuzuwerfen. Die vielen Monate in den Tiefen des Alls hatten sein natürliches Misstrauen so übersteigert, dass er nun selbst die Absichten seines Navigators hinterfragte. Stellte er seine Führung infrage, weil er hoffte, so selbst an Status zu gewinnen, oder gab es wirklich einen guten Grund, die Sternenjäger noch nicht zurückzurufen? Es fiel Dofine nicht leicht, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Falls er seinen Verdacht jedoch aussprach und er sich als falsch erwies, lief er Gefahr, sein Gesicht zu verlieren. Also entschied er letztendlich, dass nur Besorgnis und keine unterschwelligen Herausforderungen hinter dieser Frage steckten.

»Ich will, dass die Sternenjäger zurück an Bord kommen. Je früher wir Dorvalla verlassen, desto besser.«

Der Steuermann nickte. »Selbstverständlich, Commander.«

Die Rendite war nur mit einer Rumpfmannschaft lebender Wesen besetzt. Ihr Kommandant, Dofine, hatte ovale, rote Augen und einen markanten Mund mit fischartigen Lippen. Venen und Arterien pulsierten sichtbar unter seiner von Falten ebenso wie von Flecken überzogenen blassgrünen Haut. Für einen seiner Spezies war er klein – der Kümmerling seines Stocks, wie ihn manche hinter dem Rücken nannten. Seine schmächtige Gestalt steckte in einem blauen Gewand, und der üppige Überwurf mit Schulterpolstern erinnerte eher an den eines Geistlichen denn an den eines Schiffskommandanten. Selbst die Kopfbedeckung, eine große Mitra aus schwarzem Stoff, kündete von Wohlstand und einem hohen Amt.

Der Steuermann trug eine ähnliche Robe und Kopfbedeckung, wenngleich seine Kleidung durchgehend schwarz und von einem schlichteren Muster war. Er bediente die Instrumente, die kreisförmig vor dem Pilotensitz arrangiert waren, mittels einer Datenbrille, die seine Augen bedeckte, und einem Komlink, das über den Mund gestülpt war.

Der Kommunikationstechniker der Rendite war ein Sullustaner mit hängenden Wangenlappen und klaren Augen, und bei dem Offizier, der mit dem Zentralcomputer in Verbindung stand, handelte es sich um einen Gran mit drei Augen und ziegenartigem Gesicht. Der schiffseigene Hilfsschatzmeister indes war ein Ishi Tib mit grüner Haut und Schnabel.

Dofine hasste es, andere Spezies auf seiner Brücke dulden zu müssen, aber er hatte keine andere Wahl. Es war ein Zugeständnis an die übrigen Transportunternehmen, die sich der Handelsföderation angeschlossen hatten – kleine Konzerne wie Viraxo Frachtdienste und mächtige Schiffsbauer wie die Tagge-Gesellschaft und Hoersch-Kessel.

Droiden von humanoider Gestalt kümmerten sich um alle anderen Aufgaben auf der Brücke.

»Commander, die Dorvalla-Minengesellschaft meldet, dass die Zahlung, die sie erhalten hat, nicht der vereinbarten Summe entspricht. Es fehlen einhunderttausend republikanische Credits.«

Dofine machte eine abtuende Handbewegung mit der langfingrigen Hand. »Sag ihnen, sie sollen die Zahlen noch einmal überprüfen.«

Der Sullustaner leitete die Worte weiter, dann lauschte er der Antwort. »Angeblich habt Ihr dasselbe schon bei Eurem letzten Besuch gesagt.«

Dofine stieß mit einem theatralischen Seufzen den Atem aus und deutete auf den großen, runden Bildschirm im hinteren Teil der Brücke. »Auf den Schirm!«

Noch während er hinüberstapfte, erschien auf der Darstellungsfläche das vergrößerte Gesicht einer rothaarigen, sommersprossigen Menschenfrau.

»Ich weiß nichts von irgendwelchen fehlenden Credits«, erklärte Dofine ohne jegliche Umschweife.

Die blauen Augen der Frau blitzten. »Keine weiteren Lügen mehr, Dofine! Beim ersten Mal fehlten zwanzigtausend, dann waren es fünfzig, und jetzt einhundert. Wie viel werden wir beim nächsten Mal einbüßen, wenn die Handelsföderation uns einen Besuch abstattet?«

Dofine warf dem Ishi Tib einen wissenden Blick zu und erntete dafür ein schmales Lächeln. »Diese Welt liegt weit abseits der gängigen Raumstraßen«, sagte er dann leise in Richtung des Schirms. »Sie ist ebenso weit von der Rimma-Handelsroute entfernt wie von der Corellianischen Handelsstraße. Die Reise zu diesem Planeten ist für uns daher mit zusätzlichen Kosten verbunden. Falls Ihnen das nicht gefällt, steht es Ihnen natürlich frei, mit einem anderen Konzern Geschäfte zu machen.«

Die Frau stieß ein schnaubendes, reuevolles Lachen aus. »Ein anderer Konzern? Die Handelsföderation hat sich alle anderen Konzerne einverleibt!«

Dofine breitete seine langen Arme aus. »Was sind dann schon einhunderttausend Credits hin oder her?«

»Das ist Erpressung!«

Der säuerliche Ausdruck legte sich wie von selbst auf Dofines schlaffe Züge. »Ich schlage vor, Sie reichen eine Beschwerde bei der Handelskommission auf Coruscant ein.«

Die Frau starrte ihn wütend an. Ihre Nasenflügel zuckten, und ihre Wangen röteten sich. »Diese Sache ist noch nicht vorbei, Dofine!«

Sein Mund verzog sich zu etwas, das man als Lächeln bezeichnen konnte. »Ich fürchte, Sie irren sich schon wieder.« Ohne ein weiteres Wort unterbrach er die Verbindung, dann wandte er sich an den anderen Neimoidianer. »Ich möchte unterrichtet werden, sobald die Fracht vollständig verladen ist.«

Tief im Innern der Hangarflügel überwachten Droiden auf einer Kontrollstation hoch über dem Boden die Entladung der Frachtkapseln. Mit ihren Buckeln und runden Bugnasen wirkten sie beinahe lebendig, als sie auf ihren Repulsorlifts durch die Kraftfelder der Hangars hereinschwebten und dann, je nach Ladung und den auf die Hülle gestanzten Zielplaneten, weitergeleitet wurden. Jeder Hangarflügel war durch bewegliche Trennwände in drei Zonen unterteilt, von denen jede zwanzig Stockwerke umfasste. Zone drei, die dem runden Kernschiff des Frachters am nächsten war, wurde normalerweise zuerst gefüllt, doch diesmal wurden alle Kapseln, die nicht für Coruscant oder andere Kernwelten bestimmt waren, sofort in die Anlegebuchten der Zonen eins und zwei geleitet, ganz gleich, wann sie an Bord kamen.

Über die Hangars verteilt standen Sicherheitsdroiden Wache, in den Händen modifizierte BlasTech-Blastergewehre mit austauschbarem Lauf. Während es sich bei den Arbeitsdroiden um hohlbäuchige ASPs, langhalsige PKs, kastenförmige GNKs oder plattfüßige binäre Lastenheber handelte, schienen die Körper der Sicherheitsdroiden der Skelettstruktur zahlreicher zweifüßiger Lebensformen in der Galaxis nachempfunden zu sein.

Im Gegensatz zu ihren nahen Verwandten, den Protokolldroiden, mit ihren runden Köpfen und dem metallenen »Fleisch« auf den Rippen, besaßen die Sicherheitsdroiden einen schmalen, halb zylindrischen Kopf, der sich nach vorn hin zu einem Sprachprozessor verjüngte und sich hinten über einen steifen, geneigten Hals wölbte. Was diese Maschinen zudem auszeichnete, waren die Signalverstärkertornister und die einziehbaren Antennen, die daraus hervorragten.

Die Mehrheit der Droiden, die die Sicherheitskräfte der Rendite stellten, waren wenig mehr als Anhängsel des zentralen Kontrollcomputers, doch ein paar von ihnen besaßen ein gewisses Maß an Intelligenz. Diese Kommandanten waren an den gelben Streifen an Stirn und Brustplatte zu erkennen. Obgleich diese Markierungen an militärische Rangabzeichen erinnerten, waren sie weniger für die anderen Droiden gedacht, sondern vielmehr für die Wesen aus Fleisch und Blut, denen sie gehorchten.

OLR-4 war ein solcher Droidenkommandant.

Das Blastergewehr mit beiden Händen vor die Brust gehoben, stand er in Zone zwei des steuerbordwärtigen Hangarflügelarms, auf halber Strecke zwischen den beiden Trennwänden, die den riesigen Raum teilten. OLR-4 war sich der regen Aktivität um ihn herum – der stete Strom der Frachtkapseln, die in Richtung von Zone eins vorbeischwebten, der Lärm der Vehikel, die auf das Deck hinabsanken, dazu das ununterbrochene Zischen und Klacken arbeitender Maschinen –, nur am Rande bewusst, denn der Kontrollcomputer hatte ihn damit beauftragt, nach außergewöhnlichen Dingen Ausschau zu halten, nach Vorfällen, die außerhalb der vom Computer selbst festgelegten Aktionsparameter lagen.

Das widerhallende Donnern, das die Landung einer Frachtkapsel ganz in der Nähe begleitete, lag mit Blick auf dessen Größe innerhalb dieser Parameter, ebenso wie das Geräusch, das aus dem Innern der Kapsel ertönte und so klang, als würde die Ladung hin und her rutschen. Doch das folgende Zischen von Druckausgleichsventilen und das metallische Klacken und Klimpern, das dem Aufklappen der außergewöhnlich großen, runden Bugluke voranging, waren alles andere als gewöhnlich.

OLR-4 drehte seinen langen Kopf, und seine schlitzförmigen optischen Sensoren richteten sich auf die Kapsel. Vergrößert und gestochen scharf leitete er das Bild an den zentralen Kontrollcomputer weiter, der es sofort mit einem Katalog ähnlicher Bilder abglich.

Es gab einige Diskrepanzen bei dieser Kapsel.

Noch während OLR-4 mit seinen Fotorezeptoren die hochklappende Luke beäugte, eilten bereits zusätzliche Sicherheitsdroiden herbei, um rund um die verdächtige Kapsel Posten zu beziehen. Der Droidenkommandant schob seine stiefelartigen Füße in eine Kampfstellung und hob das Blastergewehr.

Die offene Luke hätte eigentlich das Innere der Kapsel enthüllen sollen, doch stattdessen kam dahinter nur etwas in Sicht, das wie eine zweite Luke wirkte, geschlossen und versiegelt. OLR-4 erkannte zwar die einzelnen Bestandteile, doch dem, was er da sah, einen Sinn abzugewinnen, überforderte den winzigen Prozessor des Droiden. Solche komplexen Prozesse überließ er dem zentralen Kontrollcomputer. Der hatte dieses Rätsel in Sekundenschnelle gelöst – aber da war es schon zu spät.

OLR-4 hatte nicht einmal Zeit zu reagieren, als die innere Luke mit solcher Wucht aus der Kapsel hervorschoss, dass zwei Sicherheitsdroiden und drei Arbeitsdroiden durch den halben Hangar flogen. Sofort eröffneten OLR-4 und die drei anderen das Feuer auf diesen merkwürdigen Rammbock, ebenso wie auf die Kapsel selbst, doch ihre Blasterschüsse wurden abgelenkt und sausten jaulend durch den gewaltigen Raum.

Zwei Droiden sprangen auf den breiten Rumpf der Kapsel, um anzugreifen, was immer sich hinter dieser Ramme befand, doch ihr Versuch scheiterte, als einige Laserblitze sie trafen. Einer der Droiden wurde gevierteilt, der andere löste sich in rauchende Einzelteile auf. Erst da wurde auch OLR-4 mit seinen beschränkten Denkfähigkeiten bewusst, dass sich hinter dem Rammbock Eindringlinge befanden. Der Präzision ihrer Schüsse nach zu urteilen, waren diese Gegner aus Fleisch und Blut.

Während weiterhin Frachtkapseln über ihnen hinwegglitten und ringsum hunderte Arbeitsdroiden ihren Aufgaben nachgingen, ohne dem Gefecht in ihrer Mitte auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken, eilte OLR-4 auf der Suche nach einer besseren Schussposition zur Seite, wobei er beständig auf den Rammbock feuerte. Energiestrahlen zuckten in seine Richtung, während er dahinhastete. Sie zischten an Kopf und Schultern vorbei und surrten zwischen den stampfenden Beinen hindurch.

Zwei Sicherheitsdroiden vor ihm verloren durch gut gezielte Schüsse ihre Köpfe, und ein dritter Droide, obschon unverletzt, kippte ebenfalls zu Boden, als die ungezügelte Energie der knisternden elektrischen Entladungen seine Schaltkreise überforderte.

Die internen Überwachungsprogramme informierten OLR-4, dass sein Blaster der Überhitzung nahe und das Energiemagazin beinahe erschöpft war. Doch obgleich der Kontrollcomputer das Dilemma des Droidenkommandanten erkannte, änderte er seine Befehle nicht, und so feuerte OLR-4 weiter, während er versuchte, seitlich um den Rammbock herumzukommen.

Zu seiner Rechten wurde ein weiterer Droide von der Hülle der Kapsel gefegt. Sein Oberkörper segelte sich überschlagend in den Hangar hinaus, wo er mit einer weiteren Frachtkapsel zusammenstieß, die gerade gelandet war. Ein anderer Droide hüpfte nur noch auf einem Bein hin und her, wobei er unverzagt weiterschoss, doch dann zerfetzte ein Blasterstrahl sein verbliebenes Bein, und er schlitterte auf das Deck. Funken sprühten aus seinem Vocoder-Kinn.

OLR-4 tapste nach links und rechts, um weiterem Blasterfeuer auszuweichen. Er hatte die Rückseite der Kapsel nun beinahe erreicht. Doch da traf ihn ein Schuss an der linken Schulter und ließ ihn einmal um die eigene Achse wirbeln. Er taumelte, und es gelang ihm, das Gleichgewicht zu halten, bis ein zweiter Laserblitz ihn in die andere Schulter traf und er sich noch einmal im Kreis drehte. Er landete auf dem Rücken, und seine Beine rutschten unter die Kapsel, wo sie sich verkeilten. Er blickte auf, und einen kurzen Moment lang konnte er die Bewaffneten sehen, die sich mit dem Transportvehikel an Bord des Frachters geschlichen hatten: knapp ein Dutzend zweibeiniger Kreaturen, gekleidet in mimetische Tarnanzüge und schwarze Körperpanzer, deren Gesichter hinter Atemmasken mit mandibelartigen Sauerstoffaufbereitern verborgen lagen.

OLR-4s Fotorezeptoren erfassten einen Menschen mit langem, schwarzem Haar, das in dichten Locken auf seine breiten Schultern fiel. Die Servomotoren in der rechten Hand des Droiden spannten seine Finger um den Abzug des Blasters, doch die überhitzte, leer gefeuerte Waffe gab nur ein trauriges Surren von sich, ehe sie herunterfuhr und sich selbst deaktivierte.

»Oh, oh«, machte OLR-4.

Der langhaarige Mensch wirbelte zu ihm herum und feuerte.

Die Hitzesensoren des Droiden leuchteten alarmierend rot auf, seine überladenen Systeme ächzten. Während seine Schaltkreise schmolzen, übermittelte er noch ein letztes Bild an den zentralen Kontrollcomputer – dann wurde es dunkel.

Das beruhigende Summen der Maschinen auf der Brücke der Rendite wurde jäh durch ein quietschendes Geräusch zerrissen. Daultay Dofine marschierte den Mittelgang hinab zur Scannerkonsole und fragte den Droiden, der diese Station bemannte, was los war.

»Die Langstreckenmonitore zeigen eine Gruppe kleiner Schiffe, die sich mit hoher Geschwindigkeit unserer Position nähern«, antwortete der Droide mit metallischer Emotionslosigkeit.

»Was? Was sagst du da?«

Der Sullustaner erklärte: »Das Kennprogramm hat die Schiffe identifiziert. Manteljäger und ein Kanonenboot der Sturm-Klasse.«

Dofines Mund klappte auf. »Ein Angriff?«

»Commander«, meldete sich da der Droide wieder zu Wort, »die Schiffe kommen weiter näher.«

Dofine gestikulierte wild in Richtung des übergroßen Bildschirms. »Ich will sie sehen!« Er watschelte auf den Schirm zu, als plötzlich ein weiteres, besorgniserregendes Geräusch ertönte, diesmal aus der Konsole des Systemoffiziers, die sich ebenfalls unterhalb des Mittelganges befand.

»Der zentrale Kontrollcomputer meldet eine Unregelmäßigkeit in Zone zwei des Hangarflügels auf der Steuerbordseite.«

Dofine starrte den Gran an. »Was für eine Unregelmäßigkeit?«

»Die Droiden feuern auf eine der Frachtkapseln.«

»Diese hirnlosen Maschinen! Falls sie einen Teil der Ladung zerstören …«

»Commander, die Sternenjäger sind jetzt auf dem Schirm«, informierte ihn der Sullustaner.

»Vielleicht ist es nur ein Defekt«, mutmaßte derweil der Gran.

Der Blick von Dofines blinzelnden roten Augen huschte mit wachsender Besorgnis von einem Fremdweltler zum anderen.

»Die Sternenjäger ändern ihren Anflugvektor. Sie teilen sich in zwei Gruppen auf.« Der Sullustaner drehte sich zu Dofine herum. »Sie tragen das Zeichen der Nebelfront.«

»Die Nebelfront!« Der Neimoidianer rannte zum Bildschirm, und nachdem er ihn einen Moment lang angestarrt hatte, hob er seinen dicken Zeigefinger und deutete auf das nachtschwarze Kanonenboot. »Dieses Schiff …«

»Die Fledermausfalke«, sprudelte es aus dem Sullustaner heraus. »Das Schiff von Captain Cohl.«

»Unmöglich!«, schnappte Dofine. »Cohl wurde erst gestern bei Malastare gesehen.«

Seine Wangenlappen zitterten leicht, als der Sullustaner den Bildschirm betrachtete. »Aber das ist sein Schiff. Und wo die Fledermausfalke ist, kann auch Cohl nicht weit sein!«

»Die Sternenjäger formieren sich für einen Angriff«, meldete der Droide.

Dofine wandte sich an den Steuermann. »Verteidigungssysteme aktivieren!«

»Der zentrale Kontrollcomputer meldet anhaltendes Blasterfeuer im Steuerbordhangar. Acht Sicherheitsdroiden wurden zerstört.«

»Zerstört?«

»Verteidigungssysteme auf die Sternenjäger der Nebelfront ausgerichtet, Deflektorschilde hochgefahren …«

»Die Sternenjäger eröffnen das Feuer!«

Grelles Licht explodierte jenseits der rechteckigen Sichtfenster, und die Brücke erzitterte so heftig, dass der Droide von den Beinen gefegt wurde.

»Die Turbolaser erwidern das Feuer!«

Dofine wirbelte gerade rechtzeitig zu den Fenstern herum, um zu sehen, wie die mittig angebrachten Laserbatterien des Frachters eine Kanonade aus pulsierendem, rotem Licht spien.

»Wir brauchen Verstärkung! Wo befindet sich das nächste unserer Schiffe?«

»Ein Sternensystem entfernt«, antwortete der Steuermann. »Die Acquisitor. Sie ist schwerer bewaffnet als die Rendite.«

»Sofort einen Notruf senden!«

»Wäre das wirklich klug, Commander?«

Dofine wusste, worauf der andere Neimoidianer hinauswollte. Es machte nie einen guten Eindruck, wenn man um Hilfe rufen musste. Doch er war überzeugt davon, diese Blamage durch die Tatsache abmildern zu können, dass er so die Fracht der Rendite gerettet hatte.

»Hier wird getan, was ich sage«, blaffte er den Steuermann an.

»Die Sternenjäger formieren sich für einen zweiten Anflug.«

»Wo sind unsere Jäger? Warum greifen sie die Nebelfront nicht an?«

»Ihr habt sie zurückgerufen, Commander«, erinnerte ihn der Steuermann.

Dofine wedelte wild mit den Armen. »Nun, dann sollen sie eben wieder starten. Schnell!«

»Der zentrale Kontrollcomputer erbittet Erlaubnis, Zone zwei des Steuerbordhangars abzuriegeln.«

»Abriegeln!«, schrillte Dofine. »Sofort abriegeln!«

2. Kapitel

Die Gruppe Maskierter, die sich an Bord der Rendite geschlichen hatte, war bunt gemischt – ebenso wie die Sternenjäger, die ihren Angriff unterstützten. Menschen und Nichtmenschen, männlich und weiblich, stämmig und grazil, gekleidet in Tarnanzüge und mattschwarze Panzerplatten, mit Magnetsohlenstiefeln und Kampfbrillen. Sie stürmten hinter dem Rammbock hervor, der aus ihrem Überraschungsangriff einen Erfolg gemacht hatte, und feuerten hochmoderne Sturmgewehre und Felddisruptoren ab, die sie über den Schultern trugen.

Einige Sicherheitsdroiden, die noch standen, gingen binnen Sekunden zu Boden, ihre Glieder ausgestreckt oder ineinander verschlungen.

Der Mensch, den OLR-4 beinahe erwischt hätte, trat furchtlos in die Mitte des gewaltigen Hangars, und nachdem er die Anzeige des Koms an seinem Handgelenk überprüft hatte, zog er sich Atemmaske und Brille vom Gesicht.

Nach dem Kampf hing der schwache Geruch von Ozon und verkohltem Metall in der Luft.

»Wir können atmen«, rief er den anderen Mitgliedern der Gruppe zu. »Aber der Sauerstoffgehalt entspricht dem in viertausend Metern Höhe. Nehmt eure Masken ab, aber haltet sie griffbereit – vor allem ihr T’bac-Süchtigen!«

Mit gedämpftem Lachen kamen die anderen dem Befehl nach.

Das dunkelhäutige Gesicht des Menschen, das unter dem Sauerstoffgerät zum Vorschein gekommen war, wirkte selbst ein wenig wie eine Maske: die untere Hälfte von einem struppigen, schwarzen Bart bedeckt, die obere mit kleinen, diamantförmigen Tätowierungen überzogen. Seine violetten Augen erfassten die Zerstörung mit offensichtlicher Sachlichkeit.

Es war kein Sicherheitsdroide in Sicht, doch ihre Überreste lagen über das Deck verstreut. Mehrere Arten von Arbeitsdroiden fuhren ungerührt fort, die letzten Kapseln zu ihren Anlegeplätzen zu dirigieren.

Ein menschliches Mitglied seiner Gruppe trat den abgetrennten Arm eines Sicherheitsdroiden beiseite. »Diese Dinger könnten wirklich gefährlich sein, wenn sie lernen würden, wie man denkt.«

»Es würde schon reichen, dass sie lernen, wie man schießt«, meinte der Bärtige.

»Erzähl das mal Rasper, Captain!«, meinte ein männlicher Rodianer namens Boiny. »Ihn hat eine der Blechbüchsen erwischt.« Er hatte grüne Haut und runde Augen, dazu eine zugespitzte Schnauze und einen Kamm biegsamer, gelber Stacheln auf dem Kopf.

»Der Droide hatte Glück, das ist alles«, entgegnete eine weibliche Rodianerin.

»Aber wir müssen diese Operation trotzdem ernst nehmen. Das ist keine Übung«, warnte Captain Cohl, während er den Blick über seine Leute schweifen ließ. »Der zentrale Kontrollcomputer wird schon bald Verstärkung schicken, und es liegt noch ein Kilometer zwischen uns und dem Kernschiff.«

Die Eindringlinge spähten den gekrümmten Hangar hinab zu einem großen Tor, das fast bis zu den gewaltigen Trägern und Profilstahlbalken hinaufragte, die die Decke stützten, umgeben von Kränen, Wartungsgerüsten und -aufzügen und einem Gewirr von Luft- und Leitungsschächten.

Eine Menschenfrau – die einzige in der Gruppe – pfiff leise durch die Zähne. »Junge, Junge, man könnte eine ganze Invasionsstreitmacht hier drin unterbringen.«

Sie war ebenso dunkelhäutig wie Cohl, hatte kurzes, braunes Haar und ein auf elegante Weise scharf geschnittenes Gesicht. Nicht einmal der mimetische Anzug konnte die Formen ihres Körpers verbergen.

»Aber dafür müssten die Neimoidianer einen Teil ihrer Erträge investieren, Rella«, brummte ein Mensch. »Und wir wissen ja, wie geizig die Neimoidianer sind, wenn es nicht gerade um neue Roben geht.«

Boiny stieß ein hohes Lachen aus. »Deshalb lassen Neimoidianer ihre Larven auch halb verhungern.«

Cohl nickte zwei Mitgliedern der Gruppe zu. »Ihr bleibt bei der Kapsel. Wir melden uns, wenn wir die Brücke eingenommen haben.« Er wandte sich den anderen zu. »Team eins, ihr nehmt den äußeren Korridor, der Rest kommt mit mir!«

Die Rendite erbebte leicht. In der Ferne waren gedämpfte Explosionen zu hören.

Cohl neigte den Kopf und lauschte. »Das müssen unsere Schiffe sein.«

Überall im Hangar plärrten Sirenen los, und die Arbeitsdroiden erstarrten mitten in der Bewegung, als ein tiefes Brummen von unten durch den Boden drang.

Rella starrte zu dem großen Tor hinüber. »Sie riegeln den Hangar ab.«

Cohl winkte dem ersten Team zu. »Nun geht schon! Wir treffen uns beim Turbolift auf der Steuerbordseite. Stellt eure Anzüge auf Pulsieren, das sollte die Droiden verwirren. Seid sparsam mit euren Erschütterungsgranaten, und vergesst nicht, den Sauerstoffgehalt im Auge zu behalten.«

Er machte ein paar Schritte, blieb dann aber noch einmal stehen. »Und noch etwas: Falls ihr von einem Droiden verletzt werdet, ziehe ich euch die Bacta-Kur vom Sold ab.«

Daultay Dofine stand steif auf dem Mittelgang der Brücke und beobachtete mit wachsendem Grauen, wie die Nebelfront seinem Schiff zusetzte.

Der zusammengewürfelte Haufen von Sternenjägern fiel über die Rendite her wie ein Schwarm ausgehungerter Raubvögel. Dabei konzentrierten sie ihren Angriff auf die breiten Arme und die Hecksektion mit den drei Triebwerken. Die Droidenjäger hatten keine Schilde, und so wurden die meisten von ihnen vernichtet, kaum dass sie das schützende Kraftfeld des Frachters verlassen hatten.

Angespornt durch diese Überlegenheit raste das feindliche Kanonenboot durch die Lücke in der Umarmung, in welcher die Hangarflügel sich um das Kernschiff schwangen, und deckte den Kontrollturm aus nächster Nähe mit einer Salve aus der Ionenkanone ein. Die Energiegeschosse erschütterten die Deflektorschilde der Rendite, und grelles Licht blitzte vor den Sichtfenstern der Brücke auf.

Dofine wäre fast vom Mittelgang gefallen. Keuchend verfluchte er die Terroristen.

Im Gegenzug für die exklusiven Handelsrechte in den abgelegenen Sternensystemen hatte die Handelsföderation sich dem Galaktischen Senat auf Coruscant gegenüber verpflichten müssen, dass sie ihre Macht wirklich nur auf den Handel beschränkte und nicht durch die Anhäufung von Kriegsmaschinen zu einer Kampfflotte wurde. Doch je weiter die riesigen Handelsschiffe sich vom Kern entfernten, desto häufiger wurden sie von Piraten, Freibeutern und Terroristengruppen wie der Nebelfront angegriffen, deren Mitglieder nicht nur gegen die Handelsföderation einen Groll hegten, sondern oft auch gegen die Regierung des fernen Coruscant.

Daher hatte der Senat schließlich sein Einverständnis gegeben, die Frachter mit Verteidigungswaffen auszurüsten, damit sie sich in den unkontrollierten Systemen zwischen den großen Handelsrouten und Hyperraumstraßen gegen Überfälle wehren konnten. Das hatte die Terroristen gezwungen, stärkere Waffen einzusetzen, und dadurch wiederum hatten sie den Weg für eine beständige Aufrüstung innerhalb der Handelsföderation bereitet.

Scharmützel im Mittleren und Äußeren Rand – in den sogenannten Freihandelszonen – waren mittlerweile an der Tagesordnung. Doch Coruscant war weit entfernt, selbst bei Lichtgeschwindigkeit, und es war nicht immer leicht, im Nachhinein noch zu ermitteln, wer ein Gefecht provoziert und wer den ersten Schuss abgegeben hatte. Wenn diese Fälle die Gerichte erreichten, stand oft nur noch das Wort der einen Partei gegen das der anderen, und es war nicht mehr möglich, der Sache auf den Grund zu gehen.

Vielleicht wäre die Handelsföderation heute in einer besseren Situation, wären da nicht die Neimoidianer, deren Geiz nur noch durch ihre Habgier übertroffen wurde. Als es darum ging, ihre riesigen Schiffe zu bewaffnen und zu panzern, hatten sie sich an die billigsten Werften gewandt und darauf bestanden, dass die größte Aufmerksamkeit auf den Schutz der Frachträume gelegt wurde.

Obwohl jeder Ingenieur ihnen davon abriet, hatten die Neimoidianer angeordnet, dass die Vierlingslaserbatterien um die Außenwände der Hangarflügelarme platziert werden sollten. Ihre äquatoriale Aufstellung eignete sich zwar, um Feinde zurückzuschlagen, die auf breiter Front angriffen, doch gegen Attacken von oben oder unten waren die Waffen völlig nutzlos – und fast alle wichtigen Systeme befanden sich an der Ober- und Unterseite der Frachter: die Traktorstrahl- und Deflektorschildgeneratoren, die Hyperantriebsreaktoren, der zentrale Kontrollcomputer …

So war die Handelsföderation schließlich gezwungen gewesen, in größere und leistungsfähigere Schildgeneratoren, dickere Panzerplatten und letztendlich auch in Sternenjäger zu investieren. Doch die Zuweisung von Jagdmaschinen oblag dem Senat, und oft standen Frachter wie die Rendite Angriffen erfahrener Sternenjägerpiloten hilflos gegenüber.

Daultay Dofine war sich dieser Nachteile nur allzu bewusst. Er sah sein Schiff und die Ladung aus wertvollem Lommiterz bereits verloren.

»Schilde stehen bei fünfzig Prozent«, meldete der Gran von der anderen Seite der Brücke. »Wir schweben in Gefahr. Noch ein paar solche Treffer und wir sind ihnen hilflos ausgeliefert.«

»Wo ist die Acquisitor?«, heulte Dofine. »Sie sollte doch schon längst hier sein!«

Eine Salve vom Kanonenboot der Nebelfront – Captain Cohls eigenes Schiff – ließ die Brücke erbeben. Bei früheren Gefechten hatte Dofine gelernt, dass Größe nicht zwangsläufig mit Sicherheit gleichzusetzen war – und viel weniger noch mit Überlegenheit. Hier und jetzt machte der Durchmesser von drei Kilometern die Rendite zu einem Ziel, das man gar nicht verfehlen konnte.

»Schilde nur noch knapp über vierzig Prozent.«

»Vierlingslaser eins bis vier reagieren nicht mehr«, fügte der Sullustaner hinzu. »Die Sternenjäger konzentrieren ihr Feuer auf den Deflektorschildgenerator und die Antriebsreaktoren.«

Dofine presste vor Wut die fleischigen Lippen aufeinander. »Befehl an den zentralen Kontrollcomputer: Er soll alle Droiden und alle Verteidigungssysteme des Schiffes aktivieren. Wir müssen uns darauf vorbereiten, einen Enterversuch zurückzuschlagen.« Seine Stimme war schrill. »Nur über meine Leiche wird Captain Cohl einen Fuß auf diese Brücke setzen.«

Im steuerbordwärtigen Hangarflügel hatte Cohls Team gerade das große Tor durchquert, als plötzlich jedes technische Gerät in Zone drei zum Leben erwachte und versuchte, sie vom Schacht des Beschleunigungskompensators fernzuhalten, der das Kernschiff mit den äußeren Armen verband.

Kräne ließen ihre Haken von der Decke herabfallen; Drehtürme kippten in ihren Weg; binäre Lastenheber verfolgten sie wie mechanische Alptraumgeschöpfe; das Sauerstoffniveau sackte ab; und sogar die Arbeitsdroiden gingen auf die Eindringlinge los und schwangen ihre Fusionsschneider und Energiekalibratoren, als wären es Flammenwerfer und Vibroklingen.

»Der Kontrollcomputer macht das gesamte Schiff gegen uns mobil«, rief Cohl.

Rella feuerte mehrmals auf eine Gruppe von PK-Droiden, die mit erhobenen Hydrospannern auf sie zustampften. »Was hast du erwartet, Cohl, einen königlichen Empfang?«

Cohl bedeutete Rella, Boiny und dem Rest seines Teams, zur letzten Tür vorzurücken, die noch zwischen ihnen und den Turbolifts zum Kernschiff lag. Das Heulen und Jammern der Sirenen erfüllte die dünne Luft, und die Blasterstrahlen, die von Metall und Maschinen abprallten, erzeugten ein Feuerwerk, das selbst der Parade am Tag der Republik auf Coruscant würdig gewesen wäre.

Cohl schoss um sich, während er rannte, und bald konnte er schon nicht mehr sagen, wie viele Droiden er bereits zu Boden geschickt und wie viele Gasmagazine er in seine Waffe gerammt hatte. Zwei seiner Männer waren von den anderen abgeschnitten worden, und nun nagelten die Droiden sie mit ihrem Blasterfeuer fest. Weder Cohl noch die anderen konnten ihnen helfen, aber mit ein wenig Glück würden die beiden es dennoch zum Treffpunkt schaffen – selbst, wenn sie dorthin kriechen mussten.

Verfolgt von drei binären Lastenhebern rannten die verbliebenen Mitglieder des Teams durch die letzte Tür, dann schossen sie sich einen Weg zum nächsten Turbolift frei.

Die Luke, die zu den Transportröhren führte, war verschlossen.

»Boiny!«, rief Cohl.

Der Rodianer steckte seinen Blaster weg und eilte nach vorne. Er beäugte erst die Luke und dann die Kontrolltafel, die in die Wand eingelassen war. Um seine Hände zu lockern, bevor er das Schloss knackte, rieb er die Handflächen aneinander und streckte seine langen Finger mit den Saugnäpfen. Er wollte sich gerade über die Knöpfe auf der Tafel beugen, als Cohl ihm auf den Hinterkopf klopfte.

»Was, ist heute etwa die Nacht der Amateure?«, fragte er mit einem drohenden Funkeln in den Augen. »Jag das Ding in die Luft!«

Dofine stapfte gerade auf dem Mittelgang auf und ab, als die Luke der Brücke plötzlich von einer Explosion nach innen gedrückt wurde. Ein ebenso kurzer wie lähmender Sturm versengender Hitze heulte durch den Raum und riss den Neimoidianer von den Beinen.

Cohls sechsköpfige Truppe stürmte herein, umwogt von einer wallenden Rauchwolke und dank ihrer Tarnanzüge selbst vor den polierten Wänden der Brücke kaum zu sehen. Schnell und effizient entwaffneten sie den Gran, dann setzten sie die Droiden mit Betäubungsschüssen in die Brustplatten außer Gefecht.

Cohl winkte einen seiner Männer an die Kommunikationsstation.

»Nimm mit der Fledermausfalke Verbindung auf und sag ihnen, dass wir die Brücke übernommen haben. Die Sternenjäger sollen in Verteidigungsformation gehen und sich bereithalten, unseren Rückzug zu decken.«

Einem zweiten seiner Leute bedeutete er, die Konsole des Gran zu bemannen. »Befiehl dem zentralen Kontrollcomputer, die Verteidigungsmaßnahmen einzustellen. Er soll alle Luken in den Hangarflügelarmen öffnen.«

Der Mensch nickte und sprang vom Mittelgang zur Konsole hinunter.

Nun tippte Cohl einen Code in sein Arm-Komlink. »Basis-Team«, sagte er, nachdem er es an die Lippen gehoben hatte, »wir haben die Brücke. Landet mit eurer Kapsel in Zone drei, so nah wie möglich am Hangartor an der inneren Wand. Wir sind gleich bei euch.«

Während er das Komlink deaktivierte, ließ er seinen Blick über die Gesichter der fünf lebenden Gefangenen schweifen, dann richtete er die Augen auf Dofine. Er zog seinen Blaster.

Der Neimoidianer hatte die Arme in einer Geste der Aufgabe weit ausgebreitet, und als der Terrorist auf ihn zutrat, machte er erschrocken zwei Schritte nach hinten. »Sie würden doch kein unbewaffnetes Wesen töten, Captain Cohl!«

Cohl drückte Dofine den Lauf der Waffe gegen den Brustkorb. »Einen unbewaffneten Neimoidianer würde ich ohne Weiteres töten – das würde mir keine schlaflosen Nächte bereiten.«

Einen Moment noch starrte er Dofine hasserfüllt an, dann steckte er den Blaster wieder ins Halfter und wandte sich dem rodianischen Mitglied seines Teams zu. »Boiny, mach dich an die Arbeit … und beeil dich gefälligst!« Anschließend drehte er sich erneut zu Dofine herum. »Wo ist der Rest der Besatzung, Commander?«

Der Neimoidianer musste erst schlucken, ehe er seine Stimme wiederfand. »Sie waren auf Dorvalla. Ihr Shuttle ist noch nicht zurückgekehrt.«

Cohl nickte. »Gut. Das macht die Sache einfacher.«

Indem er ihm mehrmals mit dem Finger gegen die Brust tippte, trieb er Dofine den Mittelgang entlang, bis sie den Sitz des Steuermanns erreicht hatten. Ein letztes Tippen, und der Neimoidianer fiel von dem erhöhten Gang in den Sessel hinab.

Der Mensch sprang ebenfalls hinunter. »Wir müssen über die Fracht sprechen, Commander.«

»Die Fracht?«, stammelte Dofine. »Wir haben Lommit geladen – es soll nach Sluis Van.«

»In die Tiefen des Alls mit dem Erz!«, schnappte Cohl. »Ich rede vom Aurodium.«

Dofine versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, doch seine roten Augen traten deutlich hervor, und die Nickhaut zuckte. Er blinzelte mehrmals. »Aurodium?«

Cohl beugte sich über ihn. »Aurodiumbarren im Wert von zwei Milliarden Credits sind hier an Bord.«

Unter dem Blick seiner stechenden Augen versteifte Dofine sich. »Sie … Sie müssen sich irren, Captain. Die Fracht der Rendite besteht nur aus Erz.«

Cohl richtete sich zu voller Größe auf. »Ich werde es noch einmal wiederholen. Hier sind Aurodiumbarren an Bord – Zahlungen, die von Welten in den Äußeren Randgebieten erpresst wurden, damit die Handelsföderation diese Planeten weiterhin beliefert.«

Trotz seiner Furcht schnaubte Dofine abfällig. »Sie sind also auf Geld aus. So oft habe ich gehört, der berüchtigte Captain Cohl wäre ein Idealist, aber nun sehe ich, dass Sie nichts weiter sind als ein gemeiner Dieb!«

Beinahe hätte Cohl gegrinst. »Nur, weil euresgleichen sich auf Verträge und Bestimmungen beruft, wenn ihr anderen Geld abnehmt, heißt das nicht, dass ihr nicht auch Diebe seid.«

»Die Handelsföderation greift nicht auf Gewalt und Mord zurück, Captain.«

Cohl packte Dofine an der reich verzierten Robe und riss ihn halb aus dem Stuhl hoch. »Noch nicht.« Er ließ den Neimoidianer wieder zurücksacken. »Aber darüber können wir uns ein andermal unterhalten. Jetzt sollten wir erst einmal wieder auf das Aurodium zurückkommen.«

»Was, wenn ich mich weigere, es Ihnen zu übergeben?«

Ohne die Augen von ihm abzuwenden, deutete Cohl auf den Rodianer. »Boiny hier wird gleich einen Thermaldetonator am Treibstoffleitungssystem der Rendite anbringen. Die Explosion würde das gesamte Schiff zerstören … Wie hast du den Zeitzünder eingestellt, Boiny?«

»Sechzig Minuten, Captain«, rief Boiny, während er eine metallisch glänzende Kugel von der Größe einer Stinkmelone in die Höhe hielt.

Cohl zog einen Gegenstand aus der Hüfttasche seines Tarnanzugs und klatschte ihn Dofine auf den linken Handrücken, wo er haften blieb. Der Neimoidianer sah, dass es ein Timer war. Er hatte bereits begonnen, von sechzig Minuten herunterzuzählen. Dofine blickte hinauf in Cohls stählerne Augen.

»Was ist nun mit den Barren?«, fragte der Anführer der Eindringlinge.

Der Kommandant nickte. »Schon gut, schon gut – aber Sie müssen versprechen, dass Sie mein Schiff verschonen.«

Cohl lachte kurz. »Die Rendite ist Geschichte. Aber du hast mein Wort, dass ich dein Leben verschone, wenn du tust, was ich sage.«

Wieder nickte der Neimoidianer. »Dann werde ich kooperieren – aber nur, damit ich später bei Ihrer Hinrichtung zusehen kann.«

Cohl zuckte mit den Schultern. »Man kann nie wissen, Captain.« Er richtete sich auf und grinste zu Rella hinüber. »Was hab ich dir gesagt? Ein Kindersp…«

»Captain«, unterbrach ihn der Mann, der die Kommunikationsstation übernommen hatte. »Ein Schiff taucht aus dem Hyperraum auf. Laut Authentifikator ist es ein Frachter der Handelsföderation, die Acquisitor.«

Rella stieß zischend den Atem aus. »Was wolltest du gerade sagen, Cohl?«

Überrascht blickte der Söldner zu Dofine hinab. »Du bist also gar nicht so dumm, wie du aussiehst«, sagte er, dann sprang er hinauf auf den Mittelgang und blickte durch die Sichtfenster. Rella trat neben ihn.

»Die Situation hat sich geändert«, rief Cohl, laut genug, dass alle ihn hören konnten. »Die Acquisitor wird ihre Sternenjäger losschicken, sobald sie in Reichweite ist. Gebt der Fledermausfalke Befehl, den Frachter anzugreifen.«

Dofine gönnte sich ein selbstgefälliges Lächeln. »Vielleicht bekommen Sie den Schatz nun doch nicht in ihre schmutzigen Hände, Captain Cohl.«

Dieser warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ich werde dieses Schiff nicht ohne das Aurodium verlassen – und du auch nicht!« Er packte den Neimoidianer am linken Handgelenk und beäugte den Timer. »Noch fünfundfünfzig Minuten.«

»Cohl«, sagte Rella mit einem herrischen Unterton.

Er sah sie mit geneigtem Kopf an. »Kein Aurodium, keine Bezahlung. Hast du das etwa vergessen, Liebling?«

Sie saugte die Unterlippe zwischen ihre perfekten Zähne. »Nein. Aber was nutzen uns die Credits, wenn wir tot sind?«

Er schüttelte den Kopf. »Niemand wird hier sterben.«

In diesem Moment verging dicht vor den Sichtfenstern einer der Sternenjäger der Nebelfront, von Strahlen tödlicher Energie getroffen, in einem Ball aus weißglühendem Gas und Trümmern.

»Die Acquisitor hat das Feuer eröffnet«, meldete einer der Söldner.

Plötzliche Besorgnis grub sich in Rellas Züge.

Cohl ignorierte den Blick, den sie ihm zuwarf. Er packte Dofine und hob ihn vom Kommandosessel auf den Mittelgang hinauf, dann stieß er ihn vor sich her zur zerstörten Brückentür.

»Beeilung, Commander! Unser Zeitfenster ist gerade kleiner geworden.«

3. Kapitel

Bei dem Chaos, das sich in der Düsternis des steuerbordwärtigen Hangarflügels ausgebreitet hatte, fiel kaum auf, dass eine letzte Kapsel mit Repulsorliftantrieb einer der Andockbuchten in Zone drei entgegenschwebte. Ihre Form erinnerte an eine Rübe, und sie war größer als die meisten der anderen Kapseln in diesem Teil des Hangars, wenn auch deutlich kleiner als die Erzbarken oder auch nur die Kapsel, mit der die Nebelfront an Bord gelangt war. Ebenso wie bei dieser gab es jedoch auch hier nichts, was verraten hätte, dass sich im Innern Lebewesen befanden.

Rücken an Rücken auf ihren Sitzen festgeschnallt saßen zwei Menschen in der Spitze der Kapsel. Ihre Kleidung war das genaue Gegenteil der protzigen Roben von Daultay Dofine: helle, weit sitzende Tuniken und Hosen ohne jede Verzierung, dazu kniehohe Stiefel aus Nerfleder. Die beiden Männer trugen weder eine Kopfbedeckung noch Schmuck.

Diese Schlichtheit machte ihr verstohlenes Eindringen auf dem Frachter nur noch mysteriöser.

Die umgebaute Frachtkapsel hatte keine Sichtfenster, aber in der Hülle versteckte Kameras übertrugen das Bild des Hangars auf mehrere Schirme im Innern des Gefährts.

Als er die Spur der Verwüstung sah, die die Nebelfront hinter sich hergezogen hatte, meinte der junge Mann auf dem vorderen Sitz mit nasaler Stimme: »Es sollte nicht schwer sein, Captain Cohl zu folgen, Meister.«

»Da magst du recht haben, Padawan. Aber der Weg, auf dem man den Wald betritt, ist nicht immer der Weg, auf dem man den Wald wieder verlässt. Strecke deine Sinne aus, Obi-Wan.«

Der ältere der beiden war auch der größere; wie eingeschnürt kauerte er auf seinem Stuhl. Ein Vollbart bedeckte sein breites Gesicht, und das lange, dichte Haar, das bereits erste graue Strähnen zeigte, war nach hinten zurückgebunden und gab den Blick frei auf die erhabene Stirn. Seine Augen leuchteten in durchdringendem Blau, und sein Nasenrücken war platt gedrückt, ganz so, als hätte er sich die Nase so schlimm gebrochen, dass nicht einmal eine Bacta-Behandlung alle Spuren beseitigen konnte.

Dieser Mann hieß Qui-Gon Jinn.

Sein Begleiter, der die Kontrollen der Kapsel bediente, war Obi-Wan Kenobi. Er hatte ein jugendliches, glatt rasiertes Gesicht mit einem Grübchen am Kinn und einer hohen, geraden Stirn. Sein braunes Haar war kurz geschnitten, abgesehen von einem kleinen Pferdeschwanz am Hinterkopf und einem dünnen Zopf, der hinter dem Ohr auf die rechte Schulter hinabfiel – das Zeichen eines Padawans. Insbesondere in dem Orden, dem sowohl Qui-Gon als auch Obi-Wan angehörten, bedeutete das Wort so viel wie Lehrling oder Schützling.

Dieser Orden war bekannt als die Jedi-Ritter.

»Meister, könnt Ihr irgendwo das Schiff der Nebelfront sehen?«, fragte Obi-Wan über die Schulter.

Qui-Gon drehte sich auf seinem engen Sitz herum und deutete auf den oberen linken Schirm vor Obi-Wan, wo eine offene Kapsel zu sehen war.

»Da! Sie haben vermutlich vor, den Frachter durch das Hangartor am inneren Rand zu verlassen. Lande in der Nähe der Luke hinter der Kapsel. Aber tu es unauffällig. Cohl hat sicherlich Wachposten aufgestellt.«

»Würdet Ihr lieber das Steuer übernehmen, Meister?«, fragte Obi-Wan gereizt.

Qui-Gon Jinn lächelte schmal. »Nur, falls du dich überfordert fühlst, mein junger Padawan.«

Obi-Wan presste die Lippen zu einem weißen Strich zusammen. »Ich fühle mich keineswegs überfordert, Meister.« Einen Moment lang musterte er die Bildschirme. »Ich habe einen geeigneten Platz gefunden.«

So, als würde sie noch immer von den Droiden an der Kontrollstation gesteuert, setzte die Kapsel auf ihren vier scheibenförmigen Landestützen auf. Schweigend beobachteten die beiden Jedi an Bord ihre Bildschirme. Nach ein paar Sekunden tauchten zwei Menschen vor Cohls Kapsel auf, mit Atemmasken auf dem Gesicht und Disruptorgewehren im Arm.

»Ihr hattet recht«, meinte Obi-Wan leise. »Cohl wird berechenbar.«

»Hoffen wir es, Obi-Wan.«

Einer der Wachposten ging um die Kapsel herum, dann kehrte er zu der offenen Luke zurück, wo sein Kamerad wartete.

»Das ist unsere Chance«, flüsterte Qui-Gon. »Du weißt, was …«

»Ich weiß, was zu tun ist, Meister. Aber ich verstehe nicht, warum wir Cohl nicht hier und jetzt stellen. Das Überraschungsmoment ist auf unserer Seite.«

»Die Basis der Nebelfront zu finden ist wichtiger, als Cohl gefangen zu nehmen, Padawan. Wir werden den Verbrechen des Captains ein Ende setzen – aber nicht jetzt.«

Qui-Gon steckte sich ein kleines Atemgerät in den Mund und drückte den Knopf, der die runde Bugluke öffnete. Eine Kakofonie aus schrillen Sirenen hieß die beiden Jedi willkommen, als sie in das rote Glühen der Notbeleuchtung hinauskletterten.

Kein Gegenstand war untrennbarer mit den Jedi-Rittern verbunden als die polierten Zylinder, die Qui-Gon und Obi-Wan an den Ledergürteln um ihre Mitte trugen. Angesichts der zahlreichen Ausrüstungstaschen des Gürtels hätte ein Unwissender diese Röhren vielleicht für eine Art Werkzeug gehalten – und tatsächlich betrachteten die Jedi diese Gegenstände als genau das: ein Werkzeug. Eigentlich handelte es sich dabei aber um Waffen des Lichts, im übertragenen wie im wortwörtlichen Sinne. Seit tausenden Generationen setzten die Jedi sie schon für ihre selbstauferlegte Aufgabe ein, der Galaktischen Republik als Hüter von Frieden und Gerechtigkeit zu dienen.

Doch waren diese Lichtschwerter, deren Funktionsprinzip auf dem Einsatz von Fokussierkristallen basierte, nicht die Quelle der Macht der Jedi. Vielmehr entsprang ihre Stärke einem allgegenwärtigen Energiefeld, das alles Leben durchdrang und die Galaxis zusammenhielt – ein Energiefeld, das die Jedi die Macht nannten.

Zehntausende Jahre hatte der Orden sich bereits der Erforschung der Macht und der Reflexion über ihre Natur gewidmet, und als Nebenprodukt dieser Hingabe hatten seine Mitglieder Fähigkeiten erworben, die über das Potenzial gewöhnlicher Lebewesen weit hinausgingen: die Fähigkeit, Dinge allein durch Gedankenkraft zu bewegen, die Gedanken schlichter Gemüter zu vernebeln, in die Zukunft zu blicken – und vor allem die Fähigkeit, im Einklang mit allem Leben zu sein und dadurch Teil der Macht selbst zu werden.

Leiser und geschickter als irgendein anderes Wesen dazu in der Lage gewesen wäre, näherte Qui-Gon sich Cohls Flugkapsel, wobei er so oft es ging die anderen Transportvehikel als Deckung benutzte. Sein Lichtschwert hielt er fest in der Rechten. Bei all dem Lärm im Hangar würde es gar nicht so leicht sein, die beiden Wachen abzulenken, das wusste er, aber er musste Obi-Wan zumindest ein paar Sekunden verschaffen.

Der zerfetzte Oberkörper eines Kampfdroiden lag mit ausgebreiteten Armen und schief herabhängendem Kopf auf dem geschwungenen Bug einer Frachtkapsel ganz in der Nähe. Den Blick auf Cohls Wachen gerichtet, drückte Qui-Gon den Aktivatorknopf über dem geriffelten Handgriff seines Lichtschwerts.

Eine Lanze aus heller, grüner Energie zischte aus dem Heft des Schwertes und summte leise, als sie mit der dünnen Luft in Kontakt kam. Mit einem einzigen, einhändigen Hieb der Klinge hackte Qui-Gon dem Droiden den Kopf vom Hals. Gleichzeitig hob er den linken Arm, die Handfläche nach vorne gestreckt, dann ließ er den Maschinenschädel mit einem Machtstoß durch den Hangar segeln. Keine fünf Meter von der Stelle entfernt, wo die beiden Terroristen standen, prallte der Kopf mit einem lauten Scheppern auf dem Boden auf.

Der Laut ließ die Männer mit erhobenen Waffen herumfahren.

Im selben Augenblick rannte Obi-Wan los. Seine Bewegungen verschwammen und lösten sich auf, als er auf Cohls Kapsel zuraste.

Auf der mittleren Ebene des runden Kernschiffs starrten Cohl, Rella, Boiny und der Rest der Truppe mit großen Augen und offenen Mündern auf den Berg aus Aurodiumbarren, der vor dem gesicherten Frachtraum liebevoll auf einem Repulsorschlitten aufgestapelt worden war. Das Edelmetall war in seiner Schönheit regelrecht hypnotisierend und leuchtete von innen heraus in allen Farben des Regenbogens.

Selbst Dofine und seine vier Brückenoffiziere konnten den Blick nicht von den Barren abwenden.

»Bei den Dschungeln von Kowak«, stieß Boiny hervor. »Das ist unglaublich!«

Cohl riss sich aus seiner Bewunderung und blickte zu Dofine hinüber. Die dünnen Handgelenke des Commanders waren mit glänzenden Elektroschellen gefesselt.

»Wir sind euch zu Dank verpflichtet. Die meisten Neimoidianer wären nicht so entgegenkommend gewesen.«

Dofine starrte ihn finster an. »Sie treiben es zu weit, Captain.«

»Das Direktorat der Handelsföderation wird das sicher gerne hören«, entgegnete Cohl mit einem gleichgültigen Zucken seiner breiten Schultern.

Er nickte Rella zu, und während sie daran ging, den Schlitten in Bewegung zu setzen, nahm er Boiny bei der Schulter und führte ihn zu einem Kontrollfeld an der Wand.

»Klink dich in den zentralen Kontrollcomputer ein und sag ihm, er soll mit einer Überprüfung der Treibstoffleitungen beginnen. Sobald er den Thermaldetonator entdeckt, wird er die Evakuierung des Schiffes einleiten.« Boiny nickte verstehend. »Und überrede ihn dazu, sämtliche Frachtkapseln und Barken aus den Hangars zu schicken.«

Dofines Augen weiteten sich plötzlich. »Dann ist Ihnen also wenigstens das Lommit nicht gleichgültig …«

Cohl wandte sich zu ihm um. »Als ob mir nicht vollkommen egal ist, was die Handelsföderation von der Nebelfront hält.«

Dofine wirkte verwirrt. »Warum retten Sie dann die Fracht?«

»Die Fracht retten?« Cohl stemmte die Hände in die Hüften und lachte laut. »Ich sorge nur dafür, dass die Acquisitor jede Menge Ziele vor der Nase hat, Commander, das ist alles.«

Mit derselben übernatürlichen Geschwindigkeit, die ihn zur Kapsel der Terroristen gebracht hatte, kehrte Obi-Wan zum Gefährt der Jedi zurück.

»Alles ist vorbereitet, Meister«, sagte er, gerade laut genug, um die heulenden Sirenen zu übertönen.

Qui-Gon winkte ihn zur Luke, doch der Padawan hatte noch keinen Schritt getan, da schwebten plötzlich alle Kapseln in dem gewaltigen Hangar in die Höhe und richteten sich auf die Portale aus.

»Was geschieht hier?«

Qui-Gon blickte sich mit leichter Verwirrung um. »Sie werfen die Fracht über Bord.«

»Das ist wohl kaum das Werk von Terroristen, Meister.«

Der ältere Jedi runzelte nachdenklich die Stirn. »Der Kontrollcomputer würde eine solche Maßnahme nur einleiten, wenn der Frachter sich in großer Gefahr befindet.«

»Vielleicht ist er ja in Gefahr, Meister.«

Qui-Gon nickte. »In jedem Fall sollten wir in die Kapsel zurückkehren. Falls Cohl mit seinem Plan Erfolg hatte, wird er bald wieder hier auftauchen.«

Cohls Bande hatte Schwierigkeiten, mit dem barrenbeladenen Repulsorschlitten Schritt zu halten, als sie den breiten Korridor hinabhasteten, der sie zum vereinbarten Treffpunkt im Frachtraum an Steuerbord führen würde. Die Brückenoffiziere der Rendite trotteten in ihrer Mitte dahin, und obwohl sie Sauerstoffmasken trugen und die Terroristen sie regelmäßig mit den Läufen ihrer Blaster zur Eile antrieben, fielen sie immer wieder zurück. Zu beiden Seiten des Korridors schwebten Frachtkapseln und andere Transportvehikel auf die inneren und äußeren Hangartore zu.

Als sie Zone drei und die wartende Kapsel schließlich erreicht hatten, war selbst Cohl außer Atem. Nur ein Mitglied des anderen Teams – ein Bothaner mit blondem Fell – hatte es zurückgeschafft, doch der Anführer der Nebelfront weigerte sich, jetzt über das Schicksal der anderen nachzudenken. Jedes Mitglied, das sich für diese Mission gemeldet hatte, war sich der Risiken bewusst gewesen.

»Verladet das Aurodium!«, rief er Boiny über den Kommunikator des Sauerstoffgerätes zu. »Rella, zähl unsere Leute ab und schaff sie an Bord.«

Daultay Dofine blickte besorgt auf den Timer hinab, der noch immer an seinem Handrücken klebte. »Was wird aus uns?«, schrie er.

Einer der Menschen aus Cohls Gruppe deutete auf eine große Kapsel, die noch nicht abgehoben hatte. »Ich schlage vor, ihr entladet diese Kapsel und zwängt euch in den Frachtraum.«

Dofine blinzelte ihn voller Panik an. »Wir werden da drinnen sterben!«

Der Mensch lachte hämisch. »Na, das hoffe ich doch.«

Dofine wirbelte zu Cohl herum. »Sie haben Ihr Wort gegeben …«

Der Terrorist neigte den Kopf, um die Anzeige des Timers abzulesen, dann blickte er Dofine in die Augen.

»Falls ihr euch beeilt, schafft ihr es vielleicht noch rechtzeitig zu einer Rettungskapsel.«

4. Kapitel

Obi-Wan wartete, bis der Transporter der Nebelfront sich vom Deck gelöst hatte, dann aktivierte er den Repulsorliftantrieb. Neben den gewaltigen Portalen an den Enden der Hangarflügelarme hatten sich mittlerweile auch zahlreiche kleinere, magnetisch abgeschirmte Portale entlang der inneren Wölbung der Arme geöffnet. Die Frachtkapseln und Barken strömten zu Dutzenden auf diese Öffnungen zu, und trotz der Versuche des zentralen Kontrollcomputers, die Evakuierung zügig durchzuführen, bildeten sich bald schon Schlangen vor diesen Flaschenhälsen.

Obi-Wan wusste: Falls sie nicht rechtzeitig eines dieser Portale erreichten, mussten sie sich einen anderen Weg suchen, um den Frachter zu verlassen. Doch der junge Jedi war äußerst methodisch, und nachdem er den Fluss der Frachtvehikel mit einem langen Blick studiert und dabei berechnet hatte, wo es vermutlich zu den größten Stauungen kommen würde, entschied er sich für einen Kurs.

Der Kurs führte sie erst steil nach oben, hinauf zu den Kränen und Aufzügen an der Hangardecke, und dann ebenso steil wieder nach unten, auf das große Portal von Zone drei zu. Während des Sinkfluges streiften sie drei andere Kapseln, als Obi-Wan einer Barke ausweichen musste, die sich bullig auf die Öffnung zuschob.

Cohl hatte den Hangar bereits vor Minuten verlassen, doch dank des Senders, den Obi-Wan angebracht hatte, konnten sie die Kapsel der Nebelfront noch immer von all den anderen Transportgefährten unterscheiden, die aus dem Schiff strömten wie ein aufgeschreckter Vogelschwarm.

»Wir haben sie, Meister«, meldete er Qui-Gon, der sich über die hinteren Kontrollschirme gebeugt hatte. »Sie fliegen direkt auf das Kernschiff zu. Ich bin mir nicht sicher, ob sie darüber hinweg oder darunter hindurch wollen, aber sie beschleunigen jedenfalls.«

»Folge ihnen, Obi-Wan. Aber halte einen sicheren Abstand ein. Sie sollen uns noch nicht entdecken.«

Vor ihnen ragte die knochenweiße Sphäre des Kernschiffs auf, auf beiden Seiten eingefasst von den gewaltigen, gewölbten Armen. Der innere Teil des ringförmigen Frachters war wahrlich ein beeindruckender Anblick, vor allem, wenn – wie jetzt – Vehikel aller Formen und Größen aus den Hangars trieben. Doch die unberechenbaren Bewegungen dieser Kapseln und Barken gaben Obi-Wan kaum Gelegenheit, den Ausblick zu bewundern. Ein Teil seiner Aufmerksamkeit galt dem blinkenden Umriss von Cohls Kapsel auf seinem Frontsichtdisplay, während er gleichzeitig die anderen Schirme im Auge behielt, die ihm zeigten, was rings um die Kapsel vor sich ging.

Die meisten der anderen Transporter hielten auf die untere Hälfte des Kernschiffs zu, und in diesem Rudel konnte selbst ein leichter Zusammenstoß eine verheerende Kettenreaktion auslösen. Viele der Kapseln schlingerten bereits außer Kontrolle umher, und ein paar Barken befanden sich gar auf Kollisionskurs mit den Hangarflügelarmen.

Dieses Chaos erinnerte Obi-Wan an eine Übung, der man ihn während seiner Jugend im Jedi-Tempel auf Coruscant unterzogen hatte. Dabei musste der Schüler sich auf eine Aufgabe konzentrieren, während fünf Lehrer rings um ihn standen und alles in ihrer Macht Stehende taten, um ihn abzulenken.

»Achtung, Padawan!«, warnte Qui-Gon. »Hinter uns.«

Eine Kapsel raste unter ihnen empor und streifte dabei ihr Heck. Um zu verhindern, dass der modifizierte Transporter sich wild überschlug, gab Obi-Wan mehr Energie auf die vorderen Steuerdüsen. Gerade noch rechtzeitig gelang es ihm, die Kapsel zu stabilisieren. Doch der Zusammenstoß hatte sie von ihrem Kurs abgebracht, und nun flogen sie plötzlich direkt auf das Segment zu, das das gewaltige Kernschiff mit den Hangarflügelarmen verband.

Obi-Wan blickte auf das Frontsichtdisplay, doch die leuchtende Silhouette war verschwunden.

»Meister, ich habe sie verloren.«

»Konzentriere dich, Obi-Wan. In welche Richtung möchtest du fliegen?«, fragte Qui-Gon mit ruhiger Stimme. »Vergiss den Bildschirm. Lass dich von der Macht leiten.«

Der Padawan schloss einen Moment lang die Augen, dann folgte er seinem Instinkt und änderte den Kurs. Als er wieder auf die Schirme linste, konnte er Cohls Kapsel rechts vor ihnen ausmachen.

»Ich sehe sie, Meister. Sie fliegen über das Kernschiff hinweg.«

»Captain Cohl hat es nie lange in der Herde ausgehalten.«

Obi-Wan zündete die Steuerdüsen, und nachdem er den Kurs ein zweites Mal korrigiert hatte, erschien wieder die beruhigend blinkende Silhouette auf dem Display.

Das runde Kernschiff füllte die Bildschirme, die mit der Bugkamera verbunden waren, inzwischen völlig aus – Ebene um Ebene an Räumen, die einst Konferenzzimmer und Mannschaftsquartiere gewesen waren, bis die Handelsföderation einen Großteil ihrer Angestellten durch Droiden ersetzt hatte. Sie hatten beinahe die Spitze der riesigen Sphäre erreicht, als ein einsamer Sternenjäger über einen der Schirme huschte und dabei aus seinen Doppellaserkanonen auf ein Ziel schoss, das außerhalb des Erfassungsbereiches lag.

»Ein Manteljäger der Nebelfront«, sagte Qui-Gon. Er klang nur ein wenig überrascht.

Manteljäger waren robuste, unauffällige Kampfmaschinen mit nach unten geneigten Flügeln und eigentlich für Atmosphäreneinsätze entworfen. Doch diesen Jäger hatte die Terroristengruppe mit Steuerflossen am Heck und einem aufgeschnallten Hyperantrieb ausgestattet.

»Worauf schießen sie?«, wunderte sich Obi-Wan. »Cohls Piloten sollten die Maschinen der Rendite schon längst zerstört haben.«

»Ich vermute, wir werden es bald erfahren, Padawan. In der Zwischenzeit sollten wir uns auf unsere Aufgabe konzentrieren.«

Obi-Wan versteifte sich ein wenig, aber er wusste, dass dieser milde Tadel berechtigt war. Er hatte die Angewohnheit, immer nach vorne zu blicken, statt sich wie sein Meister auf den Moment zu konzentrieren und auf die Lebendige Macht, wie die Jedi es nannten.

Hoch über der kahlen Krone des Kernschiffs und den klobigen Scannern, die auf dem Kontrollturm des Frachters thronten, gewann Cohls Kapsel rasch an Geschwindigkeit. Mit waghalsigen Manövern brach sie aus der Wolke der anderen Vehikel hervor, in der sie sich bislang versteckt hatte. Obi-Wan erkannte, dass sie Gefahr liefen, zu weit zurückzufallen, und so gab er ein wenig mehr Energie auf die Antriebsdüsen.

Als ihre Kapsel kurz darauf über den winzigen Horizont des Kernschiffs hinwegsauste, hatten sie den Abstand stark verringert, und Obi-Wan traf schon Vorbereitungen, Cohl in den leeren Raum zu folgen, als ein weiterer Sternenjäger, ein modifizierter Z