State Of The Art: - Jonas Kolb - E-Book

State Of The Art: E-Book

Jonas Kolb

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Beschreibung

"STATE OF THE ART: Der Spinne Menschwerdung" ist eine außergewöhnliche und extrem liebevoll aufbereitete Textsammlung aus dem Schaffen von Jonas Kolb / MACHYYRE. Das Buch beinhaltet viel Material, das teilweise noch nie das Tageslicht erblickt hat oder nur in früheren, bereits ausverkauften Büchern zu finden war. Was sich aneinander gereiht findet, sind Gedichte, Kurzgeschichten und Songtexte aus fast 13 Jahren kreativer Arbeit. Zum Teil wurden die einzelnen Verse und Zeilen etwas aufgehübscht und an den modernen und aktuellen Stil des Autors angepasst. Das Buch ist schließlich ein "state of the art". Andere Werke bleiben in ihrer rohen Gewalt komplett in ihrer originalen Fassung, da sie den langen Weg symbolisieren, den ein Künstler im Laufe seiner Entwicklung geht. In mir schwillt der Wahnsinn, wie ein Chor von Kinderstimmen, und tastet still sich vorwärts und will meines Thrones Sims erklimmen. Zulange, hielt ich dieses Tier aus Schmerz in einem Vers versteckt und langsam kriecht's zurück zu mir, verkehrt wie ein Reverse-Effekt. Zuerst ist da kein Licht gewesen, immer ging's um Lippenlesen - auf den Lidern, in der Mimik, war klar meine Schrift zu lesen! Mit den Jahren, die nun verstrichen, hab' ich die meine Art begriffen und durch die Hand des Splitterwesens, ja, in seinem Griff zerbricht die Feder.

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Seitenzahl: 247

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State Of The Art:

ImpressumDer Spinne MenschwerdungKannibalenDie TotenDas Spannen des AmorbogensGeistgeflechteDer anatomische GartenDer Exorzismus von Pippi LangstrumpfAlltagFRIIIKEin Hauch von Erinnern im Vorhof zur HölleElegie: Der Pakt (für André Hebig)Ode auf deine PonyfrisurSie, Koma, Punkt.ChimärenAmmer Wilhelm GaskIn-Trümmer-FrauEin altes Weib; die ApokalypseTotenuhrDas Mädchen, das die Welt schriebVulcanoOlymp: Die Götter der Wut - Prometheus und die invalide AliceDer Sohn des UhrmachersSeelenarchitekturWillenbrechender PuppenkieferWir. Werden. ArsenDie Guten gehen (mit guten Genen)MessergottIch male Fräulein HenkeFreund VerstümmelungThe Berenice Soundproject: Chats.VierwänderegenElizabeths TraumEntfremdet (für Sebastian Bergmann)Ein Freund der Dinge, die schweigenGeisteralphabetSagenhaftungWer bringt uns Sturm?Machyyres PuppenwerkstattAlpha & OmegaCelsius.Verendung I - FeuerCelsius.Verendung II - EisMachyyre - Verkümmerungskreis (Zyklus von 7 Liedern)Geweihter GrundPegasus Ex MachinaJe suis BereniceZyn.SoldatDie kleine Raupe KummersattVanished Into SepiaIlona Anja (für meine Mutter)Immer wieder AlptraumVerschollener BriefTagebuch eines Hochstaplers: Ich bin das Licht, ich bin das FeuerJot: TriadeSie ging in den ParkGanz leise verbunden...PoltergeisterSymbole der ZerstörungDer Fischer BabylonsNihil is(s)t AscheAkazienholzDer Fall des Fallens: Ein Brief von Sturm und StillstandNachtfeindDas Bett erhöhter VerseBerenice und ein Gespenst namens VerzweiflungAlaska Bonus Track*Dort obenOhne TitelIch habe AnstandSt. Valentin und eine Hochzeit unter KrähenDragonladyVernichtende ObsessionDehydrationBibelpuppeSanctumHölle auf zwei BeinenDer, den die Nebel sandtenWieg mich in WinterGlieder eines HeiligenDie Beisetzung: Und sogar Herr Janosch kamUnreines SchattensonettDämonenState Of The Art

© 2018 Jonas Kolb

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN: 9783748199113

Herstellung und Verlag: BoD - Books on Demand, Norderstedt

Der Spinne Menschwerdung

Versuch missglückt: Mein eigenes Selbst als Festung, als Schutz vorm Riss meiner Identität. So starb ich dann noch weit vor meiner Rettung, gespalten, gleich wenn Blitze niedergehen. Die Magenkuhle bildet Katakomben, aus deren finsteren Ecken kein Entkommen möglich ist, der Radius einer Bombe erlaubt mir nicht, dich je wiederzusehen. Denn kaum sind alle Flammen um mich erloschen und während noch die letzten Reste glimmen, krönt deine Brust auf Höhe einer Brosche bereits das Auge einer Menschenspinne. Sag, war ich nicht die Summe meiner Teile? Was fehlt mir, dass ich so an Hunger leide?

Jorōgumo

Oder warum meinem Schädel stets Beine wachsen, die ihn noch tragen wollen...

Piss-Machyyre. Fettsau-Jonas. Sadist-Machyyre. Missgeburten-Jonas. Ich bin nichts und will was werden. Ich bin ich, das reicht zum Sterben. Meine Knochen sind Drahtgestelle, in denen sich Vögel Nester bauen, die meine Kindheit fressen. Mama, bleib weg aus meinen Träumen. Bleibt alle fort aus meinem Kopf, denn dieses Haus hat viele Fallen und meine Liebe ist ein verfaulter Köder. Ja, ich bin wie ein jaulender Köter, der sich selbst den Schwanz abreißt, aus Angst vor einer schönen Tochter. Kommt, ihr Vögel, fresst den Köter ganz, die Mama und das Kind.

Kannibalen

Das ist Bloodrayne-Massaker, wir sind China-Kannibalen, wir ziehen allen deinen Göttern ihre Nieren durch die Nasen. Ihre Priester wollen blasen, seperiert sind die Organe, wie bei alten Pharaonen, in vier mit Tieren verzierten Vasen. Du kannst den Liebesknochen halten und wie Motten und wie Falter um das Negativ der Sonne, einem Schwarzen Loch, im kalten Winter deines Lebens, nach dem Erscheinen meiner Gestalt, tot und gänzlich klein geschnetzelt in drei Regentonnen verweilen.

Die Toten

In den Nebelnfetzen auf den Feldern, auf dem Grund der kalten, weiten Seen, im Geäst von tausend stummen Wäldern, da hängen sie, die alten, bleichen Seelen. Aus dem Zwilicht gieren sie nach Leben, verpesten Pflanzen, Pilze und Getier. Bis alles fault, noch schmierig und verklebt zu Angstgespinsten tief im Schlick mutiert. Fast gelbsüchtig in eines Hirsches Augen, mustern ihre Blicke dann auch uns. Wie Maden süß in Kirschen oder Pflaumen, nach etwas dürstend, ein Gesicht im Dunst. Doch dieses birgt noch ungezählte Schlünde, zwischen gelb-rot Äpfeln, liderlos. Man sagt, die Toten quälen unsere Sünden, doch Wahrheit ist, wir werden sie nicht los. Ich will sie nicht an ihren Gräbern suchen, lasst ihre Tempel ungestört im Sand. Macht eher Kerben noch in jede Buche, für jeden, den ihr löscht aus dem Verstand. Warum noch ihre Namen rezitieren? Hinweg mit Kulten, Teelichtern, dem Schrein! Fallt nicht in ihre Arme, denn zu frieren ist Teil sie zu vernichten und des Seins. Sie werden noch durch alte Fotos flüstern, nach Blumenschmuck und Gottesdiensten betteln. Doch weht nur Fäulnis wie durch Chronos Nüstern, drum sag ich euch, lernt wieder zu vergessen!

Das Spannen des Amorbogens

Wie sie dort lag und provokant mit ihrer Kälte gespielt hat, als wüsste dieser Abgrund, wem er den Tod bringt. Ich habe ein Weltenende vor mir ausgebreitet, es in mein Haus eingeladen und ihm die Blüten meines Gartens zum Geschenk ins Haar geflochten. Nun lockte sie, schämte sich nicht ihrer gespaltenen Zunge und ich legte mich an ihre Seite, so wie ein Mann, der im Seidenbett selbst das eigene Grab ausgehoben hat. Die Säule im Rücken und auf ihr das Dach des Palastes. Wir bewegten uns, einander nur erahnend, in dichten Kreisen um dieses Zentrum. Gebunden wie Teilchen und, unter vorsichtigen Schritten, eine Geschichte in Blindenschrift dem Fußboden anvertrauend. Immer voneinander weg. Dich nicht zu sehen, war mit Blindsein gleichzusetzen und mehr noch als an der Funktion meiner Augen, zweifelte ich daran, was vorgab ihnen Licht zu spenden. War es auch keine Dunkelheit, die uns hier umgab, so wähle ich mir den Umstand noch selbst zur Nacht, da er mich – wie ein bitterer Traum – dem Erwachen in Ketten nur bis zum Augenaufschlag fernhielt. Und ihre Strähnen fielen in mein Gesicht, dann Blüten und vor Anbruch des Tages wollte ich aus ihrem Schoße auferstanden sein und in satte Augen blicken, die meine glänzende Haut wie Stein wirken lassen. Lazarus. Medusa. Unmoralische Selbsterhöhung, es reicht an Mutation heran, denn mir entspringen Glieder und Flügel: Der Ikarus unter den Spinnen. Aus bleichen Fingerknochen und Stahl habe ich mir jene Krone geformt, die für meinen Kopf passend, aber für mein Herz zu schwer war. Und ihr Gewicht dröhnt wie der Schlag einer Glocke im Kirchturm, auf dass meine Marter der ganzen Stadt verkündet werde! Splitter von gebrochenem Holz ragen aus dem Gebälk meiner Schädeldecke und mein Rücken ist krumm geworden. Ich erhebe den Finger um Gott zu lästern, doch den Blick nach oben, den schaffe ich nicht, ohne mich danach reumütiger wieder zu beugen. Meine Last ließ mich altern und unter ihr breche ich, wie Lawinen vom Berghang. Lasst meine Gebeine und den Staub vor meinem Thron aufgebahrt und kommt ein Narr vorbei, so soll er sich eine eigene Krone aus meinem Wahnsinn machen. Ich will das Sinnbild einer Geometrie, seiner Überspitzungen und der, dem Himmel so nahe, Schlussstein dieser Pyramide werden. Oben angekommen. Keine Geräusche des Windes und doch der Sicht durch die Nacht gänzlich ausgeliefert. Nicht im Wissen um das Bauwerk, das mir zu Füßen liegt, am Ende des schwarzen Sandes und am Beginn einer Apokalypse, die in den Auswüchsen ihrer ganz eigenen, physikalischen Erscheinungen sichtbar, aber nicht verständlich wird. Das Fallen einer Feder hatte eine seismische Welle zur Konsequenz. Alles, was zuvor geschehen war, tut mir unsterblich leid und ließ meine Vernunft zerbersten. Ihretwegen.

Geistgeflechte

Gespenster die Gespinste weben, wie wehmutsvolle Weberknechte und Maschen ziehen durch die Geflechte, als teilten fein sie Gitterstäbe, und schaffen Türen ohne Schlösser, wie Heerscharen ohne Schwert und Rösser, deren Reihen schier undurchdringlich von schwarzen Wellen unbezwinglich, kannst du den Zellen nicht entschweben. Wie vernahm ich zartes Klicken als ein Regen und Bewegen, jener schweren Schwergebärden von Maschinengliedern, die dann wie Lawinen wieder, dort von hohen Hängen nieder, mit schweren Schlägen schlagen werden. Und ein monotones Brummen, als hörte man die Elektronen, laut wie ein Hornissensummen, von verhöhnenden Phantomen, die drohend nistend, Dasein fristend, zwischen diesen Kammern wohnen und königlich in Kerkern thronen. Jeder Mut der mich verlässt wenn sie verzehrend in Palästen mit Fangzähnen von Knochenresten feine Streifen Lebens ziehen. Bald nur noch schwache Silhouetten und Leichensaft auf einer Bare, wenn Kräfte weichen über Jahre, von mir fallen wie Haut und Haare, um mich auf stahlblauem Skelette dem Fährmann gänzlich auszuliefern. Dann bin auch ich nur noch Phantom, bekleide stumm den Schattenthron und brech' mein Herz als wär' es Schiefer.

Der anatomische Garten

Am Ende der Dinge steht jemand und wartet. Am Ende der Straße steht und wartet ein altes Haus, dessen verfallene Fassade dem Trostsuchenden spottet, das kein Licht hergibt und den Regen in sich aufnimmt. Der Putz bröckelt und es fallen große Stück der einst stolzen Platten auf das weitläufige Gartengrundstück zu seinen Füßen. Wenn vereinzelte Sonnenstrahlen, einer Waise gleich, einsam im Grün des Frühjahres darin spielen, dann bildet man sich manchmal ein, die Vögel zu hören, die sich selbst an den stillen Wasserspiegeln tränken. Wie der Herzschlag des Hauses schmutziges Blut durch seine Adern pumpt und unter der Last der Ewigkeit ab und an kaum vermerklich stöhnt. Dann bin ich hier und höre die Bäume erschreckend laut seufzen, das Tuscheln ihrer Blätter und eine ferne Wehklage aus dem Schilf nahe des kleinen Teichs. Etwas daran gibt mir Ruhe, lässt mich zu mir finden und wenn ich meine Augen schließe, dann spüre ich wie verspielter Efeu an meinen Armen empor klettert. Wie lange ich hier teilweise bin, bemerke ich erst, wenn die Sonne über den Dächern der fernen Stadt ihren Rückzug antritt. Doch auch dann mag ich noch nicht gehen, denn etwas hält mich hier, etwas lockt mich, völlig unaufdringlich, zu sich hin. Einmal habe ich mir eingebildet, dass ein Klavier am Grund des Teiches nur für mich spielt und ich lauschte seinen verzerrten Tönen, die sich durch die grünen und algenschwangeren Gewässer empor zur Oberfläche kämpfen mussten, um dann einem Ohr zu schmeicheln, das scheinbar alles hört und in sich aufnehmen möchte. Man weiß fast gar nichts über die Menschen, die hier einst gewohnt haben müssen. Nirgendwo finden sich Namen, niemand wusste etwas und wenn doch, so sprach er nicht darüber. Bei vielen bin ich mir nicht mal sicher, dass sie um die Existenz dieses Hauses überhaupt wissen. Ich kann jedoch nicht sagen, dass dieser Gedanke mich je negativ tangiert hätte. Ganz im Gegenteil: Hier herrscht das höchste Maß an Ruhe, fern ab von Trubel und Hektik einer Großstadt. Hier, wo der Schlamm an klammen Tagen durch die unterirdischen Rohre gurgelte und das Grundstück ein Asyl für lichtscheue Kreaturen und seine ganz eigene, irgendwie groteske, Fauna zu bieten hatte. Nachdem die Nacht Einzug erhalten und sich die Sterne am Himmel entzündet hatten, wirkte es hin und wieder so, als würde ihr Licht durch mehrere Lagen Milchglas ganz zähflüssig heruntersickern, bevor es – leicht verfälscht und weniger intensiv – den Garten ringsherum erhellte. Unter diesen Voraussetzungen habe ich sie, vor circa einem Monat, das erste Mal um mich herum wahrgenommen. Sie funkelten traut aus den Büschen, schienen – in mir nicht erkennbaren Mustern – manchmal bis hin zum Haus zu führen und machten selbst vor einigen Pflanzen nicht halt. Überall erkannte ich ihre kleinen messingfarbenen Konturen: Wo ich schaute, sah ich kleine Zahnräder. Sie bewegten sich langsam und völlig geräuschlos. Mal griffen sie ineinander und mal drehten sie sich unabhängig voneinander in Rythmen, die nicht aufeinander abgestimmt waren. Nach und nach schien es mir dann, als würde die Umgebung wanken, als würde sich hier und da ein Spalt auftun, weil die einzelnen Elemente des Grundstückes anfingen, sich um sich selbst zu drehen. Es war, als würde ich augenblicklich zu schaukeln anfangen. Da jedoch ein jeder Meter Erde sich diesem Zwang beugte und die Umgebung zu weitläufig war, um sie von hier oben ganz im Blick zu behalten, fragte ich mich bei Zeiten, ob alles oder nichts gerade in Bewegung war. Als ich schon fast nicht mehr daran glaubte, hörte ich es wieder. Unter der Wasseroberfläche klang etwas hervor, stieg auf in die feuchte Luft und trug sich hin bis zu meinen Ohren. Dieses kontinuierliche Pochen, gedämmte Trommelschläge, schwanger von einer Unterschwelligkeit, so vertraut und doch nicht recht einzuordnen. Dieses Geräusch wollte und wollte mir keine Ruhe lassen, wälzte sich durch leere Gedankengänge und verpestete dort die Böden mit all seinem Unrat. Obwohl ich mir einbildete, dass es von Mal zu Mal lauter werden würde, sah ich mich nicht dazu imstande, diesem Grundstück den Rücken zu kehren. Diesen Ort umhüllte etwas, dass ihn für Außenstehende fast unsichtbar machte, ihn abschottete von der Welt und sich nur entpuppte, wenn man lang genug dazu bereit war, sich dieser eigentümlichen Magie hinzugeben. In meiner Verlorenheit fing auch ich an, mich langsam aber sicher um mich selbst zu drehen und den Boden unter meinen Füßen zu verlieren. Wieder sah ich sie, wieder funkelten sie in der Nacht: Zahnräder. So schwerelos und doch gebunden, wie ich mich gerade fühlte, war es kaum möglich zu sagen, wie lange ich für eine viertel oder halbe Drehung um mich selbst gebraucht hatte. Ich schwankte hin und her, fühlte kurzzeitigen Schwindel und als ich gänzlich zum Halten kam, blieb mir die Luft im Halse stecken. Tote Augen glotzten mir weit aufgerissen aus einem der Fenster im oberen Geschoss entgegen. Die Höhlen dieser Augen waren fast komplett leer und nur Rudimente ihrer Augäpfel verblieben stierend darin. Dieser schreckliche Anblick ließ mich in mir erschaudern, doch konnte ich mich nicht sofort abwenden, da ich nicht Herr über meinen eigenen Körper zu sein schien. Unter unsagbarem Kreischen schienen sich nun die Zahnräder zu bewegen und immer lauter und lauter zu werden. Als ich mit aller Macht, wenig erfolgreich, versucht hatte, mir die Ohren zu zuhalten, fand ich mich selbst – im Wissen mich nicht vom Fleck bewegt zu haben – oberhalb des Hauses wieder und erblickte eine Frau so schön, dass sie nur Teil einer Halluzination sein konnte. Sie saß, die Beine übereinander geschlagen, auf einem kleinen Hocker und bürstete ihr langes und tiefschwarzes Haar, das ganz sacht auf ihre weichgezeichnete Haut herunterfiel. Sie selbst nahm mich nicht wahr, denn da ich genau hinter ihr stand, hätte sie mich im Spiegel erblicken müssen, doch nicht mal ich sah mich dort. Mein Innerstes fand darin noch mehr Bestätigung für diesen absolut unwirklichen Traum, den ich gerade durchleben musste. Mit einem lauten Schwung knallte die Tür auf und ein kleiner Junge, gefolgt von seiner größeren Schwester, wie es mir schien, kam in den Raum getollt und warf sich an den Rockzipfel der Frau, die sich soeben als als seine Mutter offenbart hatte. In den Augen ihrer beiden Kinder nistete etwas Naives und gleichsam Trübes. Der Junge machte mit seiner bleichen Haut einen furchtbar kränklichen Eindruck, wohin gegen sie seiner Schwester die kühle Schönheit der Mutter auf das junge Gesicht legte. Ein großer Mann betrat energischen Schrittes den Raum, ging an der Schwester vorbei und beugte sich zu dem Jungen herunter. Was er genau sagte, konnte ich nicht verstehen, doch der Klang seiner Stimme jagte eiskalte Schauer durch mich, ohne dass ich hätte sagen können, dass ihr etwas Ungeheueres innewohnen würde. Mein Sichtfeld begann vor meinen Augen erneut zu verschwimmen und wieder hörte ich den Lärm der Zahnräder, der nun wesentlich schriller und furchteinflößender geworden war, als ich mir selbst eingestehen wollte. Das war eindeutig Schnee, den ich da auf mir spüren konnte. Noch immer stellte sich kein Erwachen ein und zu meinen Füßen, ich musste gut drei bis vier Meter über dem Geschehen schweben, kniete die Frau, die einen Moment zuvor noch vor dem Spiegel gesessen hatte. Die Luft war eisig und wehte mir unbarmherzig mitten ins Gesicht. Meine Hände waren taub und so konnte ich mich vor der zunehmenden Kälte nicht schützen. Die Frau, die dort im Schnee kniete schien zu weinen und als ich genauer hinsah, was mir unerklärlicherweise von Sekunde zu Sekunde schwerer fiel, sah ich auch wovor. Der Wind jagte heulend am Grund um zwei Grabsteine, die sich wie schiefe graue Schneidezähne in die Höhe stellten und innerhalb des Gartens nun, von oben aus betrachtet, wie eine teuflische Fratze wirkten, deren Augen die zwei kleinen und bereits gefrorenen Teiche nahe der Vogeltränke bildeten, die ich sofort aus meinen Erinnerungen wiedererkannte. Erst als der Mann von vorhin, nun sichtlich ergraut, neben sie trat und versuchte ihr einen Mantel überzulegen, den sie mit aller Kraft von sich stieß, dämmerte mir, dass sie dort den Tod ihrer beiden Kinder betrauerte. Es fiel kein Wort aus ihrem Mund, es rannen nur die Tränen über ihren schmalen Mund und kamen mit so einer überraschenden Wucht im Schnee auf, dass es dumpfen Trommelschlägen gleichkam. Mit einer verächtlichen Geste wusste sie auf jeden Annäherungsversuch des Mannes zu reagieren und als er die Hand ausstreckte um ihr aufzuhelfen aus dem Schnee, da schlug sie sie weg, hämmerte mit ihren Fäusten gegen die Grabsteine (einen kühnen Moment fragte ich mich wirklich, ob ihnen das ihre leichte Neigung nach hinten gegeben hatte) und wippte danach, von der eigenen Kraft verlassen, hypnotisch und paralysiert auf der Stelle hin und her. Plötzlich war der Schnee einem hölzernen Boden gewichen und wo sich gerade noch die grauen Grabsteine in die Luft geschraubt hatten, dort stand jetzt ein Bett vor einem weit geöffneten Fenster. Im Rahmen des Fensters stand die Frau barfuß. Sie trug nun äußerlich auch ihre Trauer auf der Haut, denn diese war aschgrau, zeigte sich verzerrt und unterhalb der Augen aufgeschwämmt. Sie hatte sich Büschel ihrer Haare ausgerissen und spielte damit zwischen ihren Fingern, während sie sich die Lippen blutig biss. Das Schlafzimmer war das, in dem sie einst gesessen und sich die Haare gebürstet hatte, als ich sie das erste Mal gesehen habe. Jetzt lagen die schwarzen Strähnen auf dem Boden und wenn der Wind sie anhob und dabei sein trauriges Lied heulte, dann sahen sie aus wie kleine Schlangen, die ihrem Beschwörer lauschten und für ihn tanzten. Der Spiegel, vor dem sie gesessen hatte, war zerschlagen und den kleinen Narben und teilweise noch offenen Wunden nach, hatte sie es mit den bloßen Händen getan.

Von der anderen Seite der Tür war ein Poltern zu hören, während es auf einmal hier drin gänzlich still geworden war. Der Wind wehte immer noch und doch wirkte es fast, als hätte jemand absichtlich den Ton aus dieser Kulisse herausgenommen. Etwas stieß heftig gegen das Holz der Tür und brachte es an einer kleinen Stelle zum Knirschen und Ächzen, bevor das Schloss samt der Klinke hinausgebroche wurden, die Tür gegen den kleinen Tisch innerhalb des Raumes krachte und den Blick auf die hagere und klägliche Gestalt freigab, die einst ihr stolzer und vitaler Mann gewesen sein musste. Auf seinem Gesicht lag, ähnlich wie auf ihrem, ein sich bewegender Schatten, der die Haut – je nach Blickwinkel – mal stärker und mal schwächer aschgrau färbte. Der Mann schrie etwas, noch immer konnte ich ihn nicht verstehen, und machte sich an, den Raum zu durchschreiten, während seine Frau am Fenstersims sich nicht einmal die Mühe machte, sich zu ihm umzudrehen. Als er fast nahe genug dran war um seine Hand um den Hals seiner Frau zu legen, stieß sie sich mit aller Kraft ab und sprang mehrere Meter in die Tiefe. Schlagartig riss es auch mir den Boden unter den Füßen weg und ich sah mich in einer Art dunstigen Röhre gefangen, deren Seitenwände aus dunklem Rauch bestanden und etwas, dass sich rasend schnell, in einem Gemisch aus Rot und Schwarz, dahinter bewegte. Ich sah an mir herunter und erblickte die fallende Frau. Der Rauch schien aus ihrem Mund zu kommen und sich von dort aus, zylinderförmig um uns herum, auszubreiten. Auf Augenhöhe entdeckte ich nur unsichere Schemen und Konturen, die vorbeirasten, die sichtbarer wurden und dann wieder zu verschwimmen drohten. Es machte keinen Sinn sich zu fragen, wie hoch ich noch steigen könnte und was mich zog, denn dies schien eine Ausgeburt von Traum zu sein, die keine Regeln der Logik zu achten schien und mich gleichzeitig doch, auf schrecklich infantile Art und Weise, an sie appellieren ließ. Das Haus und das Gartengrundstück wandelten sich und wurden nach und nach in diesen vernichtenden Strudel mit hineingesaugt. Inzwischen konnte ich mit einer schauerlichen Gewissheit sagen, dass das farbige Gemisch hinter dem Strom, welches immer wieder von schwarzen Blitzen durchzuckt wurde, eindeutig Blut sein musste, dass die losen Haarbüschel der jungen Frau insich trug. Der Geruch von Eisen stieg mir in die Nase und bestätigte mich in meiner Annahme. Weit von mir entfernt sah ich, wie der Leib der Frau auf der ruhigen Eisdecke des Teiches aufschlug und diese unter ihrer Last krachend nachgab. Die verwitterten Grabsteine wankten im Wind als wären sie Grashalme, wurden ruckartig aus der Erde gerissen und bewegten sich, wie von Geisterhänden gezogen, auf das klaffende Loch im Eis zu, bevor der Teich auch sie beide verschluckte. Just in diesem Moment brach der Mahlstrom ab, das Blut regnete hernieder und platschte in Kaskaden auf den Boden, bevor es im Nu auf den noch schneebedeckten Rasenflächen zu versickern begann. Ich selbst fiel wie in Zeitlupe hinterher, wurde von einem der nahen Bäume jedoch ausgebremst und kam genau an der Stelle wieder an, an der ich diese starrenden Augenhöhlen vorhin gesehen hatte. Die Taubheit in meinem Körper schien, auch wenn es paradox klingen mag, überwältigend. Meine Beine und meine Arme wollten keinem Kommando mehr folgen, es war so, als wäre ich eine Marionette am Strick, die versucht, vor ihrem Puppenspieler davon zu laufen. Ich wollte weg, nur noch weg doch ich konnte es nicht und verkrampfte dabei nicht einmal. Es liegt schwer auf meiner Brust, ich kann nicht atmen, denn ich erinnere mich wieder an alles, was hier geschehen war. Weißt du, was man sich über dieses Haus und das Grundstück sagt? Es lastet ein schrecklicher Fluch an seinen porösen Wänden und schlingt sich wie Efeu um jede Steinbank und jedes Vogelbecken. Was du da hörst, das sind keine Vögel. Nie gewesen. Vor über 100 Jahren lebte eine stolze Magnatenfamilie auf diesem Grund, doch keiner wusste, dass ihr Reichtum nicht mehr als Lüge und ihr Einfluss weniger ihr eigener, sondern der des Teufels persönlich war. Der Vater, der nur wenige Jahre zuvor aus einem fernen Land, mit nichts als seiner Kleidung am Leibe, hier hergekommen war, beschwor sich den Antichristen, damit dieser ihm seine finanziellen Sorgen nahm und die Liebe einer Frau zu Teil werden ließ. Da las der Teufel eine Hand voll Dreck vom Boden auf und formte diese zu einem prächtigen weiblichen Leibe. Das Loch, das seine klauenbestückte Hand hinterlassen hatte, gab einen Blick auf den brodelnden Pfuhl der Hölle frei, der sich, wie eine feurige Schlange, direkt unter ihnen, aufgerollt und bedrohlich züngelnd, erstreckte. Ein tiefes Einatmen der schwefeligen Dämpfe ließ den Verführer eine dünstige Seele ausspucken, die er, in der fleischernen Haut, der aus Erde gemachten Frau, einsperrte. Der Spalt ins Fegefeuer blieb bestehen, denn auf diesem errichtete der Teufel, mit schwarzen Hölzern und funkelnden Zahnrädern, das Haus und den Garten. Was hier in den darauffolgenden Jahren wachsen sollte, war so wenig natürlich wie die Liebe, die durch alles versenkende Flammen ans Licht gezogen wurde. Um den Pakt zu besiegeln, setzte der Teufel als erster seinen Pferdefuß auf die Türschwelle und machte sich den verblendeten Mann ganz und gar zu Willen. Die Menschen aus der nächsten Stadt mieden das Haus und das junge Paar, denn eine seltsame Aura umgab es, verzerrte es und machte es angsteinflößend. Diese Aura war, wenn auch nur vorerst, für die Besitzer nicht wahrnehmbar, weshalb zehn Jahre des Glücks zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen, hervorbrachten. Doch dieser extreme Verstoß gegen die göttliche Ordnung der Natur wurde mit Krankheit und Tod bestraft, weshalb beide Kinder, kurz nacheinander, vom Teufel geholt und in jenen Grund gebettet wurden, aus welchem ihre Mutter gemacht war. Keine Seele wurde ihnen bei der Geburt geschenkt, denn auch die der Mutter war nur der Hölle entliehen und ihr Vater trug den Untergang selbst zur Schwelle hinein, gekennzeichnet als Verdammter in der Gunst finsterer Mächte. Als die Kinder starben, brach der Winter ein. Jedoch nur über dem Haus, denn es war allmählich an der Zeit, die noch ausstehende Schuld einzulösen. Aus dem Höllenloch stahl sich der Frost und seine scharfen Kristalle schnitten die Haut der aus Staub gemachten Mutter und wühlten sich durch ihr Fleisch, hinab zu dem Ort, wo die Seele verankert sein sollte. Dort blieben sie haften, die tropfenden Tauboten aus dem Fegerfeuer, der graue Schnee, den man aus zermahlenen Knochen machte und der sich bald ganz um ihr hohles Herz gelegt hatte. Er flüsterte: "Gib auf und komm heim!" Innerhalb weniger Wochen wurde die Mutter wahnsinnig, stieß ihren Ehemann von sich und erlag mehr und mehr der Hölle, aus der ihr Glück vor Jahren gekommen war. So falsch, so widernatürlich und sie schmeckte den Schnee in ihrem Mund, wie er ihren ganzen Leib ausfüllte und sie klumpiges und dickflüssiges Blut erbrechen ließ. Der Teufel zog den Sack nun zu und sie, wie an seine Fäden gebunden, einer Puppe gleich zum Fenster heraus. Dort sah ihr Mann sie zum letzten Mal und mit dem Kreischen der Zahnräder versank sie in dem Teich und der darunter liegenden Hölle, aus der sie kam. Keine weitere Nacht hielt der Mann sich aufrecht unter der Glocke aus Schmerz, die sich lautlos und schleichend über ihn gestülpt hatte. Er dachte dem Spuk ein Ende bereiten zu können und hängte sich, an einem der mächtigsten Bäume im Garten, auf. Jedoch entlässt einen der Teufel nicht so voreilig aus seinem Dienst. Darum belegte er den Mann mit einem viel schlimmeren Fluch und machte ihn Zeuge seiner Verdammung und des hohen Preises, den er nun für sein einstiges Glück zahlen müsste. Von diesem Tage an sollte er jeden Morgen, im Unwissen über die Geschehnisse, aus seinem Totenschlaf erwachen und sich an der wunderlichen Umgebung erfreuen. Er soll ihm lauschen, dem Gurgeln unter dem Haus und nicht wissen, dass es der Feuerstrom ist, der sich direkt unter dem Haus entlang bewegt und in den alles gestürzt war, was er zu besitzen glaubte. Er soll ins Grübeln über sie kommen, über all die Zahnräder, die sich zwischen den Büschen und Pflanzen drehen und nicht wissen, dass sie der Motor einer ablaufenden Todesuhr sind. Sie ziehen im Uhrwerk seinen Strick aufwärts und sind bereit, wenn die Abendstunden einbrechen. Dann soll er empor gezogen werden, zu jenem Fenster, aus dem seine geliebte Frau einst den Schritt zurück ins Reich der Toten gewagt hat und in der Reflexion der Glasscheibe soll er sich sehen und über den Anblick seines faulenden Leibes so entsetzt sein, dass er die Stationen seines Unterganges noch einmal mitverfolgen kann. Dann, wenn er sieht, wie die Liebe seines Lebens die Hölle ihm vorzieht, da sie an ihrer falschen Existenz zerbricht, dann soll ihm der Atem im Halse stecken bleiben und er soll durch den Strom der Hölle empor steigen und hängen, während sein Glück unter ihm zwischen Blut und glühenden Kohlen versickert und sich erinnern, bis ein neuer Tag anbricht. Lausche und höre, wie der Teufel sich erhebt und seine Schuld einfordert, wenn der Winter kommt und wie er mit seinen Klauen an die Pforte klopft und auf der Schwelle den Abdruck seines Pferdefußes hinterlässt. Jetzt weißt du endlich, welches Mysterium sich um dieses Grundstück legt, welcher Fluch auf ihm lastet und dass die Vögel, die zu Anfang sangen, niemals Vögel gewesen sind. Doch was sie wirklich sind, das möchte ich dir jetzt lieber ersparen.

Der Exorzismus von Pippi Langstrumpf

Vati betrügt Mutti im Büro mit der Sekretärin unterm Tisch und auf dem Klo. Beide machen keinen Hehl draus, denn der Plan geht ja auf. Von 8 bis 16 Uhr lässt er Lilith Würmer fressen, denn er schätzt der Schönheit Qualen so sehr. Und reckt sie sich dann zum analen Verkehr, quillen Käfer aus dem Samenerguss und bilden einen Darmverschluss, an dem die Dame sterben muss. Der liebe Sohn verweigert die Pflicht, ist faul und fett, schwänzt gern den Unterricht. Sozial weiß er nichts zu bewegen, doch wenn er Schläge kassiert, was fast täglich passiert, dann will sich ihm etwas regen. Weißt du, was er erregend fände? Viele scharfe Gegenstände, die in seiner Lendengegend sich langsam auf und ab bewegen. Dann würde er aus seiner Haut einen schönen Kranich falten. Doch er wird und wird nicht halten, zu instabil ist er gebaut. Vielleicht noch etwas Fettgewebe, womit man dessen Flügel klebe. Der Lendenvogel regt sich nicht, denn Origami klebt man nicht. Auch die Unschuld vergisst sich, wenn sie die Umstände sieht und irgendwo schallt es: Flieg, Vogel, flieg! Menschsein bedeutet in der heutigen Zeit sich zu beugen, zu versklaven, zu kastrieren und absolute Enthaltsamkeit von allem und nix. Mode bestimmt über König und Pöbel, selektiert und degradiert – es ist Macht! Es macht kaputt im Kopf. Mein Kopf ist wie Afghanistan, seh' Menschen sterben, Panzer fahren. Trag' lyrische Ergüsse nieder und höre dann die Schüsse wieder. Ich schlug die Augen auf, blickte weit hinaus über den Tellerrande. Doch was sich mir bot in dieser Not, war moralischer Tod und Schande! Heute ist Ende im Gelände und die Pistole ist schon scharf, weil sie gleich an alle Wände mein Gehirn verteilen darf.

Alltag

Schlag um Schlag, völlig erschöpft, doch nun sind die Augen auf und starr zur Decke gerichtet. Zu behaupten Sie wären wach ist jedoch falsch. Gedanken sortieren sich und liegen wie ein unfertiges Puzzle zwischen Ihnen und dem morgendlichen Weg ins Badezimmer. Langsam, ganz langsam bewegen Sie sich wie an Schnüren gezogen durch das eigene Haus, ein Tanz der Hilflosigkeit und doch schaffen Sie es trotz abstrakter Bewegungen zum täglichen Todesmarsch aus dem kommerziellen Radio, den Körper unter die Dusche zu bewegen. Das kalte Wasser peitscht und prasselt auf Sie nieder, jetzt erst setzt der Prozess des Erwachens ein. Peng! Überschlag… nicht Sie, nein Ihre Stimmung. Verschlafenheit und Desinteresse an Sorgen wandeln sich in die alten Probleme, ich halte es nicht für nötig Sie Ihnen aufzulisten, Sie kennen Ihre Furcht ja besser als ich und sind wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht selber schuld an ihnen. Zitternd greift ein Fremder mit Ihrer Hand an den Wasserhahn und stellt ihren flüssigen Sorgenwecker ab, öffnet dann die Tür der Duschkabine und tastet im grellen Raum nach einem Handtuch. Ihr fleischliches Verlies, welches unter Lasten auch von außen gegen den Verfall zu kämpfen hat, ist nun trocken und unter den Schichten Ihrer 08/15-Kleidung verdeckt. Nun kommt für Sie das Beste am Tag. Sie sitzen einen Moment in der, nach kalter Zigarettenasche stinkenden, Küche vor einer lauwarmen Tasse schwarzem Kaffee. Sie sind schon so auf den restlichen und furchtbar öden Tag eingestellt, dass Sie nicht mal merken, dass gerade Asche von der Beruhigungskippe in die Tasse gefallen ist. Wie jeden Morgen gehen Sie aus dem Haus ohne die Zeitung gelesen zu haben, das heben Sie sich für den Abend auf, um die Probleme der Außenwelt sich nicht schon in Ekstase mit Ihren privaten Problemen paaren zu lassen. Vorwärts, den Hausflur