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Stolz und Vorurteil E-Book

Jane Austen.

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Beschreibung

Der Roman spielt im England des frühen 19. Jahrhunderts und erzählt die Geschichte der fünf unverheirateten Töchter von Mr. und Mrs. Bennet, nachdem der reiche und heiratsfähige Mr. Bingley und sein standesbewusster Freund Mr. Darcy in ihre Nachbarschaft gezogen sind. Während Bingley sofort Gefallen an der ältesten Bennet-Tochter, Jane, findet, hat Darcy Schwierigkeiten, sich in die hiesige Gesellschaft einzufügen und gerät immer wieder mit der zweitältesten Bennet-Tochter, Elizabeth, aneinander. “Stolz und Vorurteil” übt nach wie vor eine große Faszination auf moderne Leser aus und findet auch bei Literaturwissenschaftlern große Beachtung. Das moderne Interesse an dem Buch hat zu einer Reihe von dramatischen Adaptionen und einer Fülle von Romanen und Geschichten geführt, die Austens denkwürdige Charaktere oder Themen imitieren. Die Geschichte um die fünf Bennet-Töchter hat sich zu einem der beliebtesten Romane der englischen Literatur entwickelt und ist mit über 20 Millionen verkauften Exemplaren eines der meistgelesenen Bücher der Welt.

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Seitenzahl: 611

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JANE AUSTEN

STOLZ UND VORURTEIL

 

 

ROMAN

 

 

Übersetzt von

Karin von Schwab

 

 

JANE AUSTEN

(nach einer Skizze ihrer Schwester Cassandra)

 

 

STOLZ UND VORURTEIL wurde im englischen Original (Pride and Prejudice) zuerst veröffentlicht im Jahr 1813 in London.

Diese Ausgabe wurde aufbereitet und herausgegeben von

© apebook Verlag, Essen (Germany)

www.apebook.de

2023

 

V 1.1

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Dieses Buch ist Teil der ApeBook Classics: Klassische Meisterwerke der Literatur als Paperback und eBook. Weitere Informationen am Ende des Buches und unter: www.apebook.de

ISBN 978-3-96130-399-1

Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de

Cover unter Verwendung eines Motivs von William Morris.

 

 

Books made in Germany with

 

 

 

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ROMANE von JANE AUSTEN

 

 

 

 

Verstand und Gefühl

 

Stolz und Vorurteil

 

Mansfield Park

 

Northanger Abbey

 

Emma

 

 

 

*

* *

 

 

 

HISTORISCHE ROMANREIHEN

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Die Geheimnisse von Paris. Band 1

 

Mit Feuer und Schwert. Band 1: Der Aufstand

 

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Inhaltsverzeichnis

STOLZ UND VORURTEIL

Impressum

1. KAPITEL

2. KAPITEL

3. KAPITEL

4. KAPITEL

5. KAPITEL

6. KAPITEL

7. KAPITEL

8. KAPITEL

9. KAPITEL

10. KAPITEL

11. KAPITEL

12. KAPITEL

13. KAPITEL

14. KAPITEL

15. KAPITEL

16. KAPITEL

17. KAPITEL

18. KAPITEL

19. KAPITEL

20. KAPITEL

21. KAPITEL

22. KAPITEL

23. KAPITEL

24. KAPITEL

25. KAPITEL

26. KAPITEL

27. KAPITEL

28. KAPITEL

29. KAPITEL

30. KAPITEL

31. KAPITEL

32. KAPITEL

33. KAPITEL

34. KAPITEL

35. KAPITEL

36. KAPITEL

37. KAPITEL

38. KAPITEL

39. KAPITEL

40. KAPITEL

41. KAPITEL

42. KAPITEL

43. KAPITEL

44. KAPITEL

45. KAPITEL

46. KAPITEL

47. KAPITEL

48. KAPITEL

49. KAPITEL

50. KAPITEL

51. KAPITEL

52. KAPITEL

53. KAPITEL

54. KAPITEL

55. KAPITEL

56. KAPITEL

57. KAPITEL

58. KAPITEL

59. KAPITEL

60. KAPITEL

61. KAPITEL

Eine kleine Bitte

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Zu guter Letzt

1. KAPITEL

Es ist eine Wahrheit, über die sich alle Welt einig ist, daß ein unbeweibter Mann von einigem Vermögen unbedingt auf der Suche nach einer Lebensgefährtin sein muß.

Welcher Art die Gefühle und Wünsche eines solchen Mannes im übrigen auch immer sein mögen, diese Wahrheit hat eine so unumstößliche Geltung, daß er schon bei seinem ersten Auftauchen von sämtlichen umwohnenden Familien als rechtmäßiger Besitzer der einen oder anderen ihrer Töchter angesehen wird.

 »Mein lieber Bennet«, sprach eines Tages Mrs. Bennet zu ihm, »hast du schon gehört, daß Netherfield Park endlich einen Mieter gefunden hat?«

Mr. Bennet erwiderte, er habe es noch nicht gehört.

»Trotzdem ist es so, wie ich sage«, beharrte Mrs. Bennet. »Mrs. Long war gerade hier und hat es mir erzählt – Willst du denn nicht wissen, wer der neue Mieter ist?« fuhr sie mit ungeduldiger Stimme fort.

»Du willst es mir doch gerade erzählen, und ich habe nichts dagegen.«

Einer deutlicheren Aufforderung bedurfte es nicht.

»Also, Mrs. Long erzählte, daß Netherfield von einem sehr wohlhabenden jungen Mann aus Nordengland gepachtet wurde. Er kam letzten Montag im Vierspänner an, um das Haus zu besichtigen, und er war so entzückt davon, daß er sogleich mit Mr. Morris abschloß. Noch vor Michaelis will er einziehen, und seine Dienerschaft soll zum Teil schon Ende dieser Woche herkommen.«

»Wie heißt er denn?«

»Bingley.«

»Verheiratet?«

»Aber nein! Unverheiratet! Natürlich unverheiratet! Ein steinreicher Junggeselle, mit vier-oder fünftausend Pfund im Jahr! Welch ein Glück für unsere Kinder!«

»Wieso? Wieso für unsere Kinder?«

»Du bist aber auch zu langweilig, mein Lieber. Verstehst du denn nicht, daß er vielleicht eine unserer Töchter heiraten wird?«

»Kommt er deshalb hierher?«

»Deshalb? Was redest du da? Unsinn! Aber es ist doch sehr gut möglich, daß er sich in eine von ihnen verliebt; und daher mußt du ihm einen Besuch machen, sobald er eingezogen ist.«

»Weshalb denn? Du kannst ja mit den Mädchen hinübergehen. Oder besser noch, du schickst sie allein; denn da du noch ebenso gut aussiehst wie jede von deinen Töchtern, würde sich Mr. Bingley vielleicht gar dich aus dem Schwarm aussuchen.«

»Ach, du Schmeichler. Gewiß, ich bin einmal recht schön gewesen, aber jetzt bilde ich mir nicht mehr ein, irgend etwas Besonderes vorzustellen. Wenn eine Frau fünf erwachsene Töchter hat, tut sie gut daran, alle Gedanken an ihre eigene Schönheit fallen zu lassen. Du mußt aber unbedingt Mr. Bingley aufsuchen, sobald er unser Nachbar ist.«

»Ich gebe dir heute nur die Versicherung, daß ich es dir nicht versprechen kann.«

»Aber denk doch an deine Töchter! Denk doch an die gesellschaftliche Stellung, die es für eine von ihnen bedeuten mag! Sogar Sir William und Lady Lucas sind fest entschlossen, ihm nur deshalb einen Besuch zu machen; du weißt, wie wenig sie sich sonst um Neuankömmlinge kümmern. Du mußt unter allen Umständen hingehen; denn wie sollen wir ihn besuchen können, wenn du es nicht zuerst tust?«

»Du bist viel zu korrekt; ich bin überzeugt, Mr. Bingley wird sich sehr freuen, euch bei sich begrüßen zu dürfen. Ich kann dir ja ein paar Zeilen mitgeben und ihm aufs herzlichste meine Einwilligung zusichern für den Fall, daß er sich eine von meinen Töchtern aussuchen und sie heiraten will. Für meine kleine Lizzy will ich dabei ein besonders gutes Wort einlegen.«

»Ich will sehr hoffen, daß du nichts dergleichen tust. Lizzy ist nicht einen Deut besser als die anderen. Im Gegenteil, ich finde sie nicht halb so hübsch wie Jane und nicht halb so reizend wie Lydia. Aber du mußt sie ja immer vorziehen.«

»Du hast recht. Wirklich empfehlen könnte ich keine von ihnen«, erwiderte Mr. Bennet. »Sie sind albern und unwissend wie alle jungen Mädchen; nur Lizzy ist wenigstens etwas lebhafter als ihre Schwestern.«

»Aber hör mal, wie kannst du deine eigenen Kinder so herabsetzen! Es macht dir offenbar Spaß, mich zu ärgern. Du hast eben gar kein Mitgefühl mit meinen armen Nerven!«

»Da verkennst du mich ganz und gar, meine Liebe. Ich hege die größte Achtung vor deinen Nerven. Seit zwanzig Jahren höre ich mir nun schon das mit deinen Nerven an; sie sind mir nun gute alte Bekannte geworden.«

»Ach, du ahnst nicht, wie sehr ich unter ihnen leiden muß!«

»Aber ich hoffe, du überstehst es auch dieses Mal und erlebst, daß noch viele andere junge Männer mit viertausend Pfund im Jahr sich in unserer Nachbarschaft niederlassen.«

»Und wenn zwanzig kämen, was nützt es uns, wenn du sie doch nicht besuchen willst?«

»Verlaß dich auf mich, meine Liebe: wenn es erst zwanzig sind, werde ich sie nacheinander aufsuchen.«

Mr. Bennet stellte eine so eigenartige Mischung von klugem Verstand und Ironie, von Zurückhaltung und Schalkhaftigkeit dar, daß eine dreiundzwanzigjährige Erfahrung nicht genügt hatte, um seine Frau diesen Charakter verstehen zu lassen. Ihre Gedankengänge zu ergründen war einfacher: sie war eine unbedeutende Frau mit geringem Wissen und unberechenbarer Laune. War sie mit etwas unzufrieden, liebte sie es, die Nervöse zu spielen. Ihre Lebensaufgabe bestand darin, ihre Töchter zu verheiraten. Besuche machen und Neuigkeiten austauschen war ihre Erholung.

 

2. KAPITEL

Mr. Bennet gehörte zu den ersten, die Mr. Bingley auf Netherfield begrüßten. Er war von vornherein entschlossen gewesen, den neuen Nachbarn aufzusuchen, so sehr er seiner Frau auch immer wieder das Gegenteil versicherte; und so wußte sie noch am Abend nichts von seinem Besuch am Morgen.

Mr. Bennet machte seiner Familie auf folgende Weise Mitteilung von seinem Antrittsbesuch: eine Weile sah er seiner zweiten Tochter Elisabeth zu, wie sie an einem Hut arbeitete, und sagte dann plötzlich: »Hoffentlich wird er Mr. Bingley gefallen, Lizzy.«

»Leider ist es uns ja nicht möglich, Mr. Bingleys Geschmack festzustellen«, sagte seine Frau vorwurfsvoll, »da wir ihn nicht besuchen können.«

»Du vergißt aber, Mama«, sagte Elisabeth, »daß wir ihn auf einem von den Bällen treffen werden. Mrs. Long hat versprochen, ihn uns vorzustellen.«

»Mrs. Long wird sich hüten! Sie hat ja selbst zwei Nichten. Mrs. Long ist eine selbstsüchtige und falsche Person, ich habe keine gute Meinung von ihr.«

»Ganz recht, ich auch nicht«, sagte Mr. Bennet. »Ich freue mich, daß du dich nicht auf ihre Gutmütigkeit verlassen willst.«

Seine Frau würdigte ihn keiner Antwort. Aber da nichts zu sagen über ihre Kraft gegangen wäre, fing sie an, eine ihrer Töchter zu schelten: »Hör um Himmels willen mit deinem Husten auf, Kitty! Nimm doch ein wenig Rücksicht auf meine Nerven – du zerreißt sie mir ja geradezu!«

»Kitty hustet ohne jedes Taktgefühl«, meinte ihr Vater, »sie hustet in einem sehr unpassenden Augenblick.«

»Ich huste nicht zum Vergnügen«, erwiderte Kitty störrisch. »Wann ist denn dein nächster Ball, Lizzy?«

»Morgen in vierzehn Tagen.«

»Richtig«, rief ihre Mutter, »und Mrs. Long kommt erst einen Tag vorher zurück; sie kann ihn euch also gar nicht vorstellen, denn sie wird ihn selbst noch nicht kennen!«

»Dann wirst du, meine Liebe, gegen deine Freundin großmütig sein können und Mr. Bingley ihr vorstellen.«

»Ausgeschlossen, Bennet, ganz ausgeschlossen! Ich kenne ihn ja auch nicht. Warum mußt du mich immer ärgern?«

»Deine Vorsicht macht dir alle Ehre. Eine vierzehntägige Bekanntschaft genügt allerdings kaum, um jemand kennenzulernen; man kann einen Menschen nach so kurzer Zeit noch nicht beurteilen. Aber wenn wir es nicht tun, dann tut es jemand anders; Mrs. Long und ihre Nichten müssen das Risiko eben auf sich nehmen. Wenn du also glaubst, es nicht verantworten zu können – Mrs. Long wird das sicherlich als einen besonderen Beweis deiner Freundschaft anerkennen –, dann will ich es übernehmen.«

Die Mädchen starrten ihren Vater an. Mrs. Bennet sagte bloß: »Unsinn, Unsinn!«

»Was willst du mit deinem ›Unsinn‹ sagen?« fragte Mr. Bennet. »Etwa, daß die Förmlichkeit des Vorstellens und das Gewicht, das man dieser Förmlichkeit beimißt, Unsinn ist? In dem einen Punkt müßte ich dann verschiedener Meinung mit dir sein. Was meinst du dazu, Mary? Du denkst doch, soviel ich weiß, tief über alles nach und liest dicke Bücher und machst dir Notizen und Auszüge.«

Mary hätte für ihr Leben gern etwas sehr Kluges gesagt, aber ihr fiel nichts Passendes ein.

»Während Mary ihre Gedanken ordnet«, fuhr ihr Vater fort, »wollen wir zu Mr. Bingley zurückkehren.«

»Ich kann den Namen nicht mehr hören!« rief seine Frau.

»Das täte mir wirklich sehr leid. Aber warum sagtest du es mir nicht eher? Hätte ich es heute morgen schon gewußt, wäre mein Besuch bei ihm bestimmt unterblieben. Zu schade –, aber nun ist es einmal geschehen, und wir werden uns seiner Bekanntschaft nicht mehr entziehen können.«

Das Erstaunen seiner Familie war so groß und so lebhaft, wie er es sich gewünscht hatte. Mrs. Bennet übertraf auch hierin die anderen, wenn auch nur um ein weniges. Nichtsdestoweniger erklärte sie, nachdem man sich wieder etwas beruhigt hatte, sie habe es sich schon die ganze Zeit gedacht.

»Das war einmal richtig nett von dir. Aber ich wußte ja, daß ich dich würde überreden können. Ich wußte ja, daß du deine Kinder viel zu lieb hast, als daß du eine solche Bekanntschaft vernachlässigt hättest. Wie ich mich freue! Und wie gut dir dein Scherz gelungen ist –, heute morgen bist du schon bei ihm gewesen, und jetzt erzählst du uns erst davon!«

»So, Kitty, jetzt kannst du husten, so viel es dir Spaß macht«, mit diesen Worten verließ Mr. Bennet das Zimmer, offensichtlich ziemlich mitgenommen von dem Begeisterungsausbruch seiner Frau.

»Ihr Mädchen habt einen einzigartigen Vater«, sagte sie, als die Tür sich geschlossen hatte. »Ich weiß nicht, wie ihr ihm je seine Güte werdet danken können – ich übrigens auch nicht. In unserem Alter ist es kein Vergnügen, kann ich euch versichern, täglich neue Bekanntschaften machen zu müssen. Aber für euch tun wir eben alles. Lydia, mein Liebling, du bist zwar sehr jung, aber ich bin fest davon überzeugt, daß Mr. Bingley auf dem nächsten Ball mit dir tanzen wird.«

»Och«, sagte Lydia stolz, »ich hab’ keine Angst. Ich bin wohl die Jüngste, aber auch die Größte von uns.«

Den Rest des Abends verbrachten sie auf das angenehmste damit, zu überlegen, wann wohl Mr. Bingleys Gegenbesuch zu erwarten sei und wann sie ihn dann zum Essen laden könnten.

 

3. KAPITEL

So sehr sich indessen Mrs. Bennet, eifrig von ihren fünf Töchtern unterstützt, darum bemühte, es war keine auch nur einigermaßen zufriedenstellende Beschreibung des neuen Nachbarn aus ihrem Mann herauszubekommen. Die Angriffe erfolgten von den verschiedensten Seiten, geradewegs als Fragen oder unter Harmlosigkeit getarnt oder wieder als scheinbar ganz fernliegende Andeutungen, aber er ließ sich in keine Falle locken. Zuletzt mußten sie sich mit dem zufriedengeben, was Lady Lucas ihnen aus zweiter Hand berichten konnte. Sir William war entzückt gewesen. Er sei noch sehr jung, ungewöhnlich gut aussehend, außerordentlich wohlerzogen, und, als Krönung des Ganzen, er beabsichtige, an dem nächsten Ball mit einer größeren Gesellschaft teilzunehmen … Wo konnte es da noch fehlen! Zwischen gern tanzen und sich verlieben war nur noch ein kleiner, ein fast unvermeidlicher Schritt! Mr. Bingleys Herz wurde Gegenstand der lebhaftesten Erörterungen und Erwartungen.

»Wenn ich es erleben darf, daß eine meiner Töchter als Herrin in Netherfield einzieht«, sagte Mrs. Bennet zu ihrem Mann, »und wenn es mir gelingen sollte, die anderen ebensogut unterzubringen, dann wird mir jeder Wunsch erfüllt sein.«

Nach einigen Tagen erwiderte Mr. Bingley Mr. Bennets Besuch und blieb mit ihm etwa zehn Minuten in der Bibliothek. Er hatte die leise Hoffnung gehabt, wenigstens einen Blick auf die jungen Damen werfen zu dürfen, von deren Schönheit er schon viel gehört hatte; aber der Vater war alles, was er zu sehen bekam. Die Damen selbst waren ein wenig mehr vom Glück begünstigt; gelang es ihnen doch, von einem Fenster im oberen Stock festzustellen, daß er einen blauen Mantel trug und ein schwarzes Pferd ritt.

Bald darauf wurde auch die Einladung zum Essen abgeschickt. Mrs. Bennet war sich schon über alle Gerichte und Gänge klar, mit denen sie hausfrauliche Ehre einzulegen gedachte; da kam seine Antwort und schob all die schönen Pläne auf unbestimmte Zeit auf. Mr. Bingley bedauerte sehr, am folgenden Tag nach London fahren und sich daher des Vergnügens berauben zu müssen, der Einladung usw. usw. Mrs. Bennet war ganz unglücklich. Sie konnte sich gar nicht denken, was das für eine Angelegenheit sein mochte, die ihn schon so bald nach seiner Ankunft in Hertfordshire nach London zurückrief. Der Gedanke, er könne vielleicht zu der Sorte junger Männer gehören, die ständig von einem Ort zum anderen flattern, anstatt sich mit einem festen Wohnsitz zu begnügen – in diesem Fall Netherfield –, wie es sich gehörte, begann sie ernstlich zu beunruhigen. Und sie schöpfte erst wieder ein wenig Mut, als Lady Lucas ihr gegenüber die Möglichkeit erwähnte, er sei doch vielleicht nur nach London gefahren, um seine große Ballgesellschaft nach Netherfield zu holen. Bald darauf verbreitete sich das aus sicheren Quellen stammende Gerücht, Mr. Bingley werde mit zwölf Damen und sieben Herren auf dem Fest erscheinen. Zwölf Damen! Die jungen Mädchen hörten diese Nachricht mit großer Besorgnis. Aber auch sie faßten wieder Mut, als die Zahl zwölf am Tage vor dem Ball auf sechs – fünf Schwestern und eine Kusine – berichtigt wurde. Die Gesellschaft, die tatsächlich den großen Festsaal betrat, war dann schließlich nicht zahlreicher als insgesamt nur fünf Personen: Mr. Bingley, seine beiden Schwestern, der Gatte der älteren und ein unbekannter junger Mann.

Mr. Bingley sah sehr gut aus und machte einen vornehmen Eindruck. Seine ganze Haltung und Art, sich zu geben, waren natürlich und von einer ungezwungenen Freundlichkeit. Die Schwestern waren mit gutem, eigenem Geschmack nach der letzten Mode gekleidet und mußten zweifellos zu den Schönheiten der Londoner Gesellschaft gezählt werden. Mr. Hurst, dem Schwager Mr. Bingleys, war die gute Familie anzusehen; mehr allerdings auch nicht. Mr. Darcy, der junge Freund, dagegen war bald mit seiner großen, schlanken Figur, seinem angenehmen Äußeren und seinem vornehmen Auftreten Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des ganzen Saales. Kein Wunder, daß in weniger als fünf Minuten die verbürgte Nachricht ihren Lauf über alle Lippen nahm, Mr. Darcy verfüge über zehntausend Pfund im Jahr. Die Herren gestanden ihm sein ungewöhnlich stattliches und männliches Wesen zu, die Damen versicherten, er sehe noch besser aus als Mr. Bingley, und die Blicke von jedermann folgten ihm bewundernd den halben Abend lang; dann aber wandelte sich die anfängliche Auffassung von der Vornehmheit seines Auftretens vollständig in das Gegenteil um, woraufhin die Hochflut der Achtung, die man ihm entgegengebracht hatte, rasch abzuebben begann. Denn man konnte nicht umhin, die Feststellung zu machen, daß Mr. Darcy hochmütig war, auf die anwesende Gesellschaft herabsah und an nichts Anteil nehmen wollte. Nichts, nicht einmal sein großer Grundbesitz in Derbyshire, war ein Ausgleich für sein abweisendes und wenig freundliches Benehmen. Jedenfalls konnte er in keiner Weise mit seinem Freund Mr. Bingley verglichen werden.

Mr. Bingley hatte sich bald schon mit all den vornehmlichsten Anwesenden bekanntgemacht. Er tanzte jeden Tanz, war lebhaft und aufgeräumt, ärgerte sich nur darüber, daß das Fest so früh zu Ende sein sollte, und sprach davon, einen Ball auf Netherfield zu geben. Solche Liebenswürdigkeit bedarf keiner weiteren Lobesworte. Welch ein Gegensatz zwischen ihm und seinem Freund! Mr. Darcy tanzte nur je einmal mit Mrs. Hurst und mit Miss Bingley und lehnte es ab, irgendeiner anderen Dame vorgestellt zu werden. Den größten Teil des Abends brachte er damit zu, im Saal herumzugehen und hin und wieder mit dem einen oder der anderen von seinen Bekannten ein paar Worte zu wechseln. Über seinen Charakter brauchte auch kein Wort mehr verloren zu werden. Er war der hochmütigste, unangenehmste Mensch auf der Welt, und man konnte nur hoffen, daß man ihn zum letzten Male gesehen hatte.

Seine heftigste Gegnerin war Mrs. Bennet; denn zu der allgemeinen Mißstimmung kam bei ihr ein persönlicher Grund hinzu, der ihre Abneigung noch bedeutend verschärfte: Mr. Darcy hatte eine ihrer Töchter beleidigt.

Da die Herren sehr in der Minderzahl waren, hatte Elisabeth zwei Tänze auslassen müssen; und in dieser Zeit war Mr. Darcy während seines gelangweilten Rundganges für einen kurzen Augenblick ihr so nahegekommen, daß sie nicht umhin konnte, ein Gespräch zwischen ihm und Mr. Bingley mit anzuhören; der hatte die Tanzenden verlassen, um seinen Freund aus seiner Interesselosigkeit zu reißen.

»Los, Darcy«, sagte er, »du mußt auch einmal tanzen. Es wird mir zu dumm, dich in dieser blöden Weise hier allein herumstehen zu sehen. Wenn du doch schon hier bist, ist es viel vernünftiger, du tanzt.«

»Alles andere lieber als das! Du weißt, wie sehr ich es verabscheue, mit jemand zu tanzen, den ich nicht kenne. Und in einer Gesellschaft wie dieser hier wäre es geradezu unerträglich. Deine Schwestern haben beide einen Partner, und außer ihnen gibt es auch nicht ein einziges Mädchen im ganzen Saal, mit dem sich zu zeigen nicht eine Strafe wäre.«

»Nicht für ein Königreich möcht’ ich solch ein Mäkler sein wie du!« rief Bingley aus. »Auf Ehre, ich hab’ noch nie so viele nette Mädchen auf einmal kennengelernt wie heute abend; viele sind sogar ganz ungewöhnlich hübsch.«

»Du tanzt ja auch mit dem einzigen Mädchen, das hier wirklich gut aussieht«, erwiderte Darcy und schaute gleichzeitig zu Jane hinüber.

»Ja, sie ist das wunderbarste Geschöpf, das mir je vor Augen gekommen ist! Aber gerade hinter dir sitzt eine ihrer Schwestern, die sehr nett aussieht und wahrscheinlich auch sehr nett ist. Ich werde meine Dame bitten, dich ihr vorzustellen.«

»Welche meinst du?« Darcy drehte sich um und betrachtete Elisabeth, bis sie unter seinem Blick hochsah. Daraufhin wandte er sich wieder an seinen Freund und meinte gleichgültig: »Erträglich, aber nicht genügend, um mich zu reizen. Außerdem habe ich heute keine Lust, mich mit jungen Damen abzugeben, die von den anderen Herren sitzengelassen worden sind. Kehr du nur wieder zu deiner Tänzerin zurück und sonne dich in ihrem Lächeln; bei mir vergeudest du doch nur deine Zeit.«

Mr. Bingley folgte seinem Rat, und Darcy nahm seinen Rundgang wieder auf. Elisabeths Ansicht über ihn war nicht sehr freundlich, aber nichtsdestoweniger berichtete sie ihren Freundinnen voll Humor ihr kleines Erlebnis; denn da sie selbst von Natur lustig und heiter war, lachte sie gern, auch wenn es auf ihre eigenen Kosten ging.

Im übrigen verlief jedoch der Abend zur vollsten Zufriedenheit der ganzen Familie. Mrs. Bennet hatte die Freude gehabt, ihre älteste Tochter von dem Netherfield-Kreis akzeptiert zu sehen: Mr. Bingley hatte zweimal mit ihr getanzt, und seine Schwestern zeichneten sie durch größte Zuvorkommenheit aus. Janes Freude und Stolz hierüber waren wohl nicht geringer als die ihrer Mutter, aber sie ließ es sich nicht so sehr anmerken. Elisabeth teilte als gute Schwester Janes Freude. Mary hatte sich Miss Bingley gegenüber als das gebildetste junge Mädchen aus der ganzen Nachbarschaft rühmen gehört. Und die beiden Jüngsten, Catherine und Lydia, konnten das unwahrscheinlichste Glück für sich in Anspruch nehmen, nicht einen einzigen Tanz ausgelassen zu haben, und das war das einzige, worauf es ihnen vorläufig bei einem Ball ankam.

Sie kehrten daher alle in bester Laune nach Longbourn zurück, dem Dorf, dessen vornehmstes Haus das ihre war. Mr. Bennet war noch auf. In Gesellschaft eines guten Buches vergaß er die Zeit. Am heutigen Abend kam noch ein gut Teil Neugierde hinzu, ihn wach zu halten; er wollte doch gern wissen, wie das Fest verlaufen war, das so viele Hoffnungen erweckt hatte. Im stillen hatte er wohl erwartet, die vorgefaßte Meinung seiner Frau über den neuen Nachbarn enttäuscht zu sehen; daß er sich seinerseits getäuscht hatte, darüber wurde er nicht lange im Zweifel gelassen.

»Wir haben einen herrlichen Abend verbracht.« Damit kam sie ins Zimmer. »Ein wundervoller Ball! Ich wünschte, du wärst dagewesen. Jane wurde bewundert – es ist gar nicht zu beschreiben! Alle sagten, wie gut sie aussehe; und Mr. Bingley fand sie wunderschön und hat zweimal mit ihr getanzt! Stell’ dir das bitte vor, mein Lieber! Zweimal hat er mit ihr getanzt! Und sonst hat er keine einzige zum zweitenmal aufgefordert! Zuerst forderte er Miss Lucas auf. Ich hab’ mich richtig geärgert, als er mit ihr tanzte; doch er hat sie gar nicht gemocht, na ja, weißt du, das wäre wohl auch schwer möglich gewesen. Aber schon während des ersten Tanzes schien ihm Jane aufzufallen; er erkundigte sich, wer sie sei, ließ sich vorstellen, und bat sie um den nächsten Tanz. Dann tanzte er den dritten mit Miss King und den vierten mit Maria Lucas und den fünften wieder mit Jane und den sechsten mit Lizzy und dann noch ein Boulangermenuett hinterher …«

»Um Gottes willen, ich will nichts mehr von Mr. Bingleys Tänzerinnen hören!« unterbrach Mr. Bennet sie ungeduldig. »Wäre er ein wenig rücksichtsvoller gegen mich gewesen, hätte er nur halb so viel getanzt. Schade, daß er sich nicht schon beim ersten Tanz den Fuß verstaucht hat.«

»Aber«, fuhr Mrs. Bennet fort, »ich bin ganz entzückt von ihm! Er sieht ungewöhnlich gut aus! Und seine Schwestern sind reizende Damen. Ihre Kleider waren das eleganteste, was ich je gesehen habe. Die Spitzen an Mrs. Hursts Kleid haben gut und gerne …«

Sie wurde wieder unterbrochen. Ihr Mann legte auf das energischste Verwahrung dagegen ein, jetzt einen Diskurs über Spitzen und Moden ertragen zu müssen. Sie sah sich daher gezwungen, das Thema in eine andere Richtung abzulenken, und berichtete mit ehrlicher Entrüstung und einigen Übertreibungen von dem unglaublichen Betragen des Mr. Darcy.

»Aber das weiß ich und das kann ich dir versichern«, schloß sie nach einiger Zeit, »Lizzy verliert nicht viel, wenn sie seinem Geschmack nicht entspricht; er ist ein ganz schrecklich unangenehmer, scheußlicher Mensch und gar nicht wert, daß man sich um ihn kümmert. Nicht zum Aushalten war es, wie hochmütig und eingebildet er hin-und herging und sich wunder wie

großartig vorkam! ›Erträglich – aber nicht genügend, um ihn zu reizen –!‹ Ich wünschte, du wärst dagewesen, mein Lieber, um ihn ein wenig zurechtzustutzen, du verstehst dich so gut darauf. Ich finde den Menschen abscheulich!«

 

4. KAPITEL

Als Jane und Elisabeth in ihrem Zimmer allein waren, vertraute die Ältere, die bis dahin kaum in die Lobpreisungen Mr. Bingleys eingestimmt hatte, ihrer Schwester an, wie sehr sie ihn bewundere. »Er ist alles, was ein junger Mann sein sollte«, sagte sie, »vernünftig und doch fröhlich und lebhaft; und sein Auftreten – ich hab’ noch nie so etwas erlebt: gleichzeitig so ungezwungen und so wohlerzogen!«

»Gut aussehen tut er auch«, erwiderte Elisabeth, »das kann einem jungen Mann ebenfalls nicht schaden. Also alles in allem, ein idealer Typ!«

»Daß er mich ein zweites Mal zum Tanzen aufforderte, das war doch sehr schmeichelhaft. Das hatte ich gar nicht erwartet!«

»Nicht? Ich ja. Das ist der große Unterschied zwischen uns: dich überrascht so etwas immer, mich nie. Was hätte selbstverständlicher sein können, als daß er dich noch einmal aufforderte? Es konnte ihm ja nicht gut entgangen sein, daß du mindestens fünfmal hübscher warst als alle anderen Mädchen im Saal. Nein, das war keine besondere Höflichkeit von ihm. Aber es stimmt, er ist wirklich sehr nett, und meinen Segen hast du. Dir haben schon ganz andere Hohlköpfe gefallen!«

»Aber Lizzy!«

»Ich weiß – du hast eine reichlich übertriebene Neigung, jedermann nett zu finden. Du entdeckst niemals einen Fehler an Menschen. Die ganze Welt ist in deinen Augen gut und schön. Ich glaube, ich habe dich noch nie über irgendwen etwas Unfreundliches sagen hören!«

»Ich möchte natürlich nicht unüberlegt und hastig urteilen; aber ich sage doch immer, was ich wirklich denke.«

»Eben, das weiß ich ja – das ist ja gerade das Wunder: so vernünftig zu sein, wie du es doch bist, und dabei so rührend blind gegenüber den Torheiten und der Dummheit deiner Mitmenschen! Gespielte Aufrichtigkeit ist eine gewöhnliche Erscheinung – man trifft sie überall. Aber Aufrichtigkeit ohne Hintergedanken oder Nebenabsichten, nur das Beste in jedem sehen und das noch verbessern, während man das Schlechte nicht beachtet, und das noch in aller Aufrichtigkeit – das kannst nur du! Seine Schwestern mochtest du also auch? Ganz so wohlerzogen wie er sind sie ja wohl nicht.«

»Das allerdings nicht, wenigstens erscheint es zunächst so. Aber die beiden sind ganz reizend, wenn man mit ihnen spricht. Miss Bingley wird auch auf Netherfield wohnen bleiben und ihrem Bruder das Haus führen. Es sollte mich sehr wundern, wenn wir in ihr nicht eine sehr angenehme Nachbarin bekämen.«

Elisabeth schwieg dazu; sie war davon nicht so überzeugt wie ihre Schwester. Das Auftreten der beiden Damen aus London war nicht danach gewesen, um ihr uneingeschränktes Gefallen zu erregen; sie beobachtete schärfer und war nicht so vorschnell in ihrem Urteil, zumal sie sich nicht, wie ihre Schwester, durch ein persönliches Interesse verpflichtet fühlte. Zweifellos, die beiden waren wirkliche Damen; sehr wohl in der Lage, in bester Stimmung zu sein, solange sie sich gut unterhalten fühlten, und freundlich, sobald ihnen so zumute war, aber zweifellos ebenso hochmütig und eingebildet. Sie sahen recht gut aus, hatten eine vortreffliche Erziehung in einer der vornehmsten Schulen Londons genossen, konnten über ein Vermögen von zwanzigtausend Pfund verfügen, waren gewohnt, mehr auszugeben, als ihrem Vermögen entsprach, und verkehrten in der besten Gesellschaft – kurz, sie hatten allen Grund, das Beste von sich selber und weniger gut von anderen zu denken. Außerdem gehörten sie einer angesehenen nordenglischen Familie an, eine Tatsache, die ihnen ständig mehr gegenwärtig zu sein schien als die andere Tatsache, daß das Familienvermögen aus Handelsgeschäften stammte.

Mr. Bingleys Vater, der immer den Wunsch gehegt hatte, sich einen Landbesitz zu kaufen, aber zu früh gestorben war, um sich seinen Wunsch erfüllen zu können, hinterließ seinem Sohn ein Erbe von nahezu einhunderttausend Pfund. Mr. Bingley beabsichtigte nun auszuführen, was seinem Vater versagt geblieben war; bald dachte er an diese Gegend, bald an jene. Aber da er jetzt ein schönes Haus in London besaß und dazu noch über Netherfield verfügen konnte, erschien es allen, die seine Genügsamkeit kannten, als höchst wahrscheinlich, daß er sich nun nicht weiter umsehen, sondern den Ankauf eines Landbesitzes der nächsten Generation überlassen werde.

Seine Schwestern waren nicht so genügsam und hätten es lieber gesehen, wenn ihr Bruder auf eigenem Grund und Boden säße. Das hielt aber keineswegs die jüngere davon ab, in dem nur gemieteten Netherfield dem Haushalt vorzustehen; und die ältere Schwester, Mrs. Hurst, die einen Mann in hoher gesellschaftlicher Stellung und in schlechten Vermögensverhältnissen geheiratet hatte, betrachtete dieses Netherfield nach Bedarf als ihr eigenes Heim.

Mr. Bingley hatte erst zwei Jahre die Freiheit des Mündigseins genossen, als eine zufällige Empfehlung ihm Netherfield House verlockend schilderte. Er fuhr hin, sah es sich eine halbe Stunde lang drinnen und draußen an, fand Gefallen an der Lage und den Räumlichkeiten und wurde mit dem Eigentümer sehr schnell einig.

Zwischen ihm und Darcy bestand, trotz der großen charakterlichen Verschiedenheit, eine langjährige, feste Freundschaft. Darcy schätzte an Bingley sein natürliches Wesen, seine Freimütigkeit und seine Lenkbarkeit – Eigenschaften, die in keinem größeren Gegensatz zu seinen eigenen hätten stehen können, obgleich er mit seinen eigenen gar nicht unzufrieden zu sein schien. Und Bingley seinerseits fand eine starke Stütze in der Achtung, die sein Freund ihm entgegenbrachte, und vertraute fest seiner überlegenen Menschenkenntnis und Welterfahrung. Darcy war auch der Intelligentere von ihnen; nicht, daß Bingley dumm war, aber Darcy war eben der Überlegenere. Gleichzeitig hatte Darcy aber einen Zug von Hochmut, Verschlossenheit und Verwöhntheit, und sein ganzes Wesen war, wenn auch nicht gerade unhöflich, so doch nicht sehr entgegenkommend. In dieser Hinsicht lief ihm sein Freund entschieden den Rang ab. Bingley war überall gern gesehen; Darcy eckte ständig an.

Die Art, in der sie sich über den Ball in Meryton unterhielten, war für beide bezeichnend. Bingley glaubte, noch nie nettere Leute und hübschere Mädchen gesehen zu haben; alle waren äußerst freundlich und zuvorkommend gegen ihn gewesen, keine Spur von Förmlichkeit oder Steifheit, er hatte sich gleich gut Freund mit allen Anwesenden gefühlt; und was Jane betraf, er hätte sich kein engelhafteres Wesen vorstellen können. Darcy dagegen hatte nur eine große Menschenmenge gesehen, die durch wenig Schönheit und viel Uneleganz auffiel, für die er beim besten Willen kein Interesse hatte aufbringen können und von der er weder Vergnügen gehabt noch Entgegenkommen erfahren hatte … Miss Bennet – ja, er gab zu, daß sie nett aussah, nur lächelte sie zu viel. Mrs. Hurst und ihre Schwester erhoben hiergegen weiter keinen Einspruch, aber sie gestanden ihre Zuneigung und Bewunderung für Jane ein und erklärten, sie sei ein liebes Mädchen, dessen Freundschaft sie nicht ungern weiter pflegen wollten. Damit war also Miss Bennet zum »lieben Mädchen« ernannt, und Bingley fühlte sich durch diese Empfehlung berechtigt, von ihr und über sie zu denken, wie es ihm beliebte.

 

5. KAPITEL

Nur einen kurzen Weg von Longbourn entfernt wohnte eine Familie, die zu den engeren Freunden der Bennets zählte. Sir William Lucas hatte früher ein Geschäft in Meryton geführt, das ihm zu einem annehmbaren Vermögen verholfen hatte. Eine Ansprache an den König während seiner Bürgermeisterzeit hatte ihm den Titel »Sir« eingebracht. Die Ehrung war ihm ein wenig zu Kopfe gestiegen; er faßte eine plötzliche Abneigung gegen das Geschäft und gegen sein Haus in dem kleinen Marktflecken, gab beides auf und bezog mit seiner Familie etwas außerhalb Merytons ein Landhaus, das von da an Lucas Lodge hieß. Hier konnte er zu seinem ständigen Vergnügen über seine eigene Bedeutsamkeit Betrachtungen anstellen und, ungehindert von jedweder Arbeit, sich damit beschäftigen, gegen die ganze Welt höflich zu sein. Denn wenn sein Titel ihn auch erhöht hatte, er machte ihn nicht hochfahrend; im Gegenteil, er war mehr denn je eines jeden gehorsamer Diener. Von Natur aus schon liebenswürdig, freundlich und gefällig, hatte seine Vorstellung bei Hofe ihn nur noch höflicher gemacht.

Lady Lucas war eine sehr gute Frau und nicht klug genug, um eine schlechte Nachbarin für Mrs. Bennet abzugeben. Die älteste von den Lucaskindern, Charlotte, eine ruhige, vernünftige junge Dame von siebenundzwanzig, war Elisabeths beste Freundin.

Es war natürlich unumgänglich notwendig, daß die Schwestern Lucas und die Schwestern Bennet den Ball gemeinsam durchsprachen. Am Morgen nach dem Fest erschienen jene in Longbourn, um zu hören und gehört zu werden.

»Du hast aber den Abend gut begonnen, Charlotte«, sagte Mrs. Bennet mit höflicher Selbstbeherrschung zu Miss Lucas. »Dich hat ja Mr. Bingley sich zuerst ausgesucht.«

»Ja, aber seine zweite Wahl schien ihm besser zu gefallen.«

»Ach so, du meinst Jane – weil er zweimal mit ihr getanzt hat; du hast recht, das machte allerdings den Eindruck, als ob er sie bevorzugte. Hm, weißt du, ich glaube, er zog sie den anderen tatsächlich vor; ja, ja, ich hörte so etwas, ich weiß nicht mehr genau was … irgend etwas von Mr. Robinson –«

»Sie meinen wahrscheinlich das Gespräch zwischen ihm und Mr. Bingley, das ich zufälligerweise mit anhörte; hab’ ich Ihnen noch nicht davon erzählt? Mr. Robinson fragte ihn, wie ihm unser Ball in Meryton gefalle und ob er nicht auch der Meinung sei, daß eine ungewöhnlich große Anzahl schöner Damen anwesend wäre; und dann fragte Mr. Robinson ihn noch, welche er denn am schönsten finde? Worauf er sogleich erwiderte: aber da gibt es doch gar keinen Zweifel, die älteste Schwester Bennet natürlich!«

»Was du nicht sagst! Das ist allerdings sehr deutlich.«

»Ich hab’ wenigstens etwas Nettes zu hören bekommen, Lizzy, wenn auch nur über andere«, sagte Charlotte zu ihrer Freundin. »Mr. Darcy zuzuhören lohnt sich nicht so sehr wie seinem Freund. Arme Lizzy, nur gerade noch erträglich zu sein!«

»Ich bitte dich, Charlotte, versuch nicht, Lizzy auch noch mit seiner Unhöflichkeit zu ärgern; er ist ein so scheußlicher Mensch, daß es geradezu ein Unglück wäre, ihm zu gefallen.

Mrs. Long erzählte mir, er habe eine halbe Stunde neben ihr gesessen, ohne ein einziges Mal den Mund aufzumachen.«

»Hat sie das gesagt, Mutter? Hat sie sich nicht vielleicht geirrt?« fragte Jane. »Ich sah genau, wie er zu ihr sprach.«

»Ja, da hatte sie ihn gerade gefragt, wie ihm Netherfield gefalle, und darauf mußte er ja wohl oder übel etwas sagen; aber sie sagt, er sei richtig wütend gewesen, angesprochen zu werden.«

»Miss Bingley erzählte mir«, sagte Jane, »daß er nie sehr viel redet außer im engsten Freundeskreis. Dann kann er ganz ungewöhnlich sympathisch und freundlich sein.«

»Ich glaube nicht ein Wort davon, meine Liebe. Wenn er das wäre, dann hätte er mit Mrs. Long gesprochen. Ich kann mir schon denken, was los war: alle Welt weiß, daß er vor Hochmut beinahe erstickt, und er hat wahrscheinlich von irgend jemand erfahren, daß Mrs. Long sich keinen eigenen Wagen halten kann und in einer Mietskutsche zum Ball gekommen war.«

»Daß er nicht mit Mrs. Long geredet hat, stört mich nicht weiter«, meinte Charlotte, »aber ich wünschte, er hätte mit Lizzy getanzt.«

»Ein anderes Mal, Lizzy«, sagte Mrs. Bennet, »würde ich nicht mit ihm tanzen, wenn ich du wäre.«

»Ich glaube, ich kann dir ziemlich fest versprechen, überhaupt nie mit ihm zu tanzen, Mutter.«

»Sein Hochmut verletzt mich nicht einmal so sehr, wie es sonst der Fall wäre«, sagte Charlotte, »denn er hat doch eine Art Entschuldigung dafür. Man kann sich eigentlich nicht darüber wundern, daß ein so stattlicher junger Mann von so vornehmer Familie und so großem Vermögen sich selbst sehr hoch einschätzt. Ich finde, er hat gewissermaßen ein Recht zum Hochmut.«

»Ganz richtig«, erwiderte Elisabeth, »ich könnte ihm seinen Hochmut auch leicht verzeihen, wenn er nicht meinen Stolz gekränkt hätte.«

»Stolz«, sagte Mary, die auf die Tiefsinnigkeit ihrer Gedanken stolz war, »gehört zu den verbreitetsten unter allen menschlichen Schwächen, wenn ich mich nicht irre. Denn nach allem, was ich bisher gelesen habe, bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß es so ist: Die menschliche Natur neigt überaus leicht dazu, diesem Übel zu verfallen, und es gibt nur wenige Menschen, die frei davon sind, aus diesem oder jenem, tatsächlichen oder eingebildeten Grunde ein Gefühl von Selbstgefälligkeit zu verspüren. Man muß auch Stolz und Eitelkeit auseinanderhalten, wenn die beiden Worte auch oft für ein und dieselbe Sache gebraucht werden: man kann stolz sein, ohne eitel zu sein. Der Stolz bezieht sich mehr auf unsere eigene Meinung von uns selbst, die Eitelkeit jedoch auf die Meinung, die wir gern von anderen über uns hören möchten.«

»Wenn ich so reich wäre wie Mr. Darcy«, rief der junge Lucas, der seine ältere Schwester begleitet hatte, in die achtungsvolle Stille, die nach Marys Allerweltsweisheit eingetreten war, »wenn ich so reich wäre, dann könnte ich gar nicht stolz genug sein! Ich würde Fuchsjagden reiten und jeden Abend eine Flasche Wein trinken.«

»Das wäre viel zu viel für dein Alter«, meinte Mrs. Bennet, »und wenn ich dich dabei träfe, würde ich dir die Flasche sofort wegnehmen.«

Der Junge trumpfte auf, das dürfe sie ja gar nicht; und sie bestand darauf, sie würde es doch tun, und das Hin und Her fand erst mit dem Besuch sein Ende.

 

6. KAPITEL

Die Damen von Longbourn machten bald darauf denen von Netherfield ihre Aufwartung, und der Besuch wurde in aller Form erwidert. Janes natürliches und freundliches Wesen gewann ihr schnell die Zuneigung von Mrs. Hurst und deren Schwester Caroline. Die Mutter Bennet war ja zwar kaum zu ertragen, und zu den beiden jüngeren Mädchen auch nur höflich zu sein, lohnte sich eigentlich nicht; aber mit den beiden älteren Freundschaft zu schließen, erschien ihnen wünschenswert. Jane erwiderte diesen Wunsch voller Dankbarkeit und aus ganzem Herzen; aber Elisabeth erkannte die Anmaßung, die allen Äußerungen der Damen in Netherfield zu Grunde lag, nicht zum wenigsten Jane gegenüber, und sie konnte es nicht über sich bringen, ihr anfängliches Mißtrauen fallen zu lassen; mochte ihre Freundlichkeit gegen Jane, wenn man es schon so nennen wollte, auch dadurch einen gewissen Wert annehmen, daß sie ihren Ursprung in der Bewunderung des Bruders, Mr. Bingley, hatte.

Daß eine solche Bewunderung wirklich bestand, war ganz unverkennbar, so oft sie zusammenkamen. Und für Elisabeth war es ebenso unverkennbar, daß Jane der Neigung, die sie von Anfang an für ihn empfunden hatte, nachzugeben begann und auf dem besten Wege war, sich gründlich zu verlieben. Der Gedanke, daß die anderen diesen Zustand nicht so bald würden entdecken können, war ihr eine große Beruhigung; denn Jane verband mit der Fähigkeit eines tiefen Gefühls eine Gleichmäßigkeit und ständige Heiterkeit, die sie vor Verdächtigungen und üblen Nachreden böser Zungen bewahrte. Sie sprach darüber mit ihrer Freundin Charlotte.

»Es mag schon nützlich sein«, meinte diese, »in solchen Fällen der Umwelt etwas vormachen zu können; aber es kann einem auch schaden, wenn man zu beherrscht ist. Wenn eine Frau dem Gegenstand ihrer Neigung ihre Gefühle ebenso geschickt verbirgt, wird sie sich leicht um die Gelegenheit bringen, diese Gefühle eines Tages ausdrücken zu dürfen; und der Trost, daß die Welt ja nichts davon erfahren hat, scheint mir sehr schwach zu sein. In fast jeder Liebe steckt ein kleiner Kern von Eitelkeit oder Dankbarkeit, und den sollte man nicht sich selbst überlassen. Wir machen alle den ersten Schritt ganz unbefangen – daß man einen Menschen einem anderen vorzieht, ist meist selbstverständlich; aber nur die wenigsten von uns haben ein Herz, das groß genug ist, um ohne Ermunterung und Nachhilfe zu lieben. In neun von zehn Fällen ist es ratsam für eine Frau, eher mehr zu zeigen, als sie fühlt. Bingley mag deine Schwester ganz ohne Zweifel; doch wenn sie ihm nicht weiterhilft, wird er vielleicht nie etwas anderes tun, als sie nur mögen.«

»Aber sie tut ja schon so viel, wie ihre Natur es ihr erlaubt. Wenn ich ihre Zuneigung entdecken kann, dann muß er schon sehr dumm sein, wenn er nicht dasselbe entdeckt.«

»Vergiß nicht, Lizzy, daß er Janes Art nicht so gut kennt wie du.«

»Wenn eine Frau einen Mann bewundert und ihre Bewunderung nicht bewußt verbirgt, dann muß er es schon selbst merken.«

»Vielleicht ja, wenn er sie oft genug zu sehen bekommt. Bingley und Jane kommen ja recht häufig zusammen, aber erstens niemals sehr lange auf einmal und dann auch nur auf großen Gesellschaften, und da kannst du nicht verlangen, daß sie jeden Augenblick nur miteinander reden. Jane sollte daher jede Viertelstunde ausnutzen, in der sie ein wenig ungestört sind. Ist sie seiner erst sicher, dann ist immer noch Zeit genug, um sich gründlich zu verlieben.«

»Der Plan ist nicht schlecht«, erwiderte Elisabeth, »aber nur für den Fall einer Heirat um jeden Preis; handelte es sich bloß darum, einen reichen Mann oder überhaupt einen Mann zu bekommen, dann würde ich wahrscheinlich auch nicht anders vorgehen. Aber so etwas steckt nicht hinter Janes Gefühlen; sie verfolgt keinen Zweck und keine Absicht. Bis jetzt weiß sie selbst wahrscheinlich nicht, wie weit ihre Neigung geht, und noch weniger hat sie über Vernunft oder Unvernunft nachgedacht. Sie kennt ihn erst seit zwei Wochen; sie hat viermal mit ihm in Meryton getanzt; sie war einmal bei ihm zu Hause und hat auf vier Abendgesellschaften mit ihm an einem Tisch gesessen. Das dürfte kaum genügen, um ihn näher kennen zu lernen.«

»Nein; wenigstens nicht, wenn es sich so verhielte, wie du eben sagtest. Hätte sie nur mit ihm zusammen gegessen, dann könnte sie heute bestenfalls etwas über seinen Appetit erfahren haben; aber sie haben ja vier ganze Abende miteinander in Gesellschaft verbracht – und vier lange Abende können manches zuwege bringen!«

»Sicher; die vier Abende haben ihnen Gelegenheit gegeben, ihre gegenseitige Vorliebe für ein bestimmtes Kartenspiel festzustellen. Aber was ihre sonstigen Charaktermerkmale anlangt, glaube ich nicht, daß sich sehr viel geklärt hat.«

»Nun, einerlei«, meinte Charlotte, »ich wünsche Jane von ganzem Herzen Erfolg; und ich glaube nicht, daß sie eine geringere Aussicht hat, glücklich zu werden, wenn sie ihn morgen heiraten sollte, als wenn sie seinen Charakter erst ein Jahr lang studieren wollte. Glück in der Ehe ist sowieso nur von Zufälligkeiten abhängig. Zwei Leute können sich noch so gut gekannt haben, können noch so viel miteinander gemein gehabt haben, auf das Glücklichwerden hat das nicht den geringsten Einfluß. Der eine oder andere von ihnen wird sich immer genügend verändern, um beiden ihr Teil Kummer und Ärger zu sichern; und da ziehe ich es doch vor, von vornherein möglichst wenig über die schlechten Eigenschaften des Mannes zu erfahren, mit dem ich mein ganzes Leben verbringen muß.«

»Das ist ein guter Scherz, Charlotte; aber ernst kann ich das nicht nehmen. Du kannst das doch selber nicht, und du weißt, daß du nie nach solchen Grundsätzen handeln würdest.«

Elisabeth war so eifrig damit beschäftigt, Mr. Bingley’s Aufmerksamkeiten gegen Jane zu beobachten, daß ihr das Interesse vollkommen entging, das sein Freund für sie zu empfinden begann. Anfangs wollte Darcy sie nicht einmal als hübsch gelten lassen; auf dem Ball hatte er sie voll Gleichgültigkeit angeschaut; und als sie sich danach wieder trafen, hatten seine Augen sie höchstens kritisch gestreift. Aber kaum war er sich darüber im klaren – und hatte er es seinen Freunden klargemacht –, daß sie ein fast völlig uninteressantes Gesicht besaß, als er entdeckte, daß dieses Gesicht ungewöhnlich intelligente Züge trug, die von dem wunderbaren Ausdruck der dunklen Augen noch unterstrichen wurden. Dieser Entdeckung folgten andere, ähnlich verdrießliche. Obgleich sein kritisches Auge mehr als ein Merkmal vermißt zu haben glaubte, das für eine vollkommene Körperharmonie unerläßlich war, mußte er sich jetzt eingestehen, daß ihre Figur schlank und ansprechend war; und wo er früher ihr ungewandtes Auftreten betont hatte, wurde er jetzt durch die natürliche Heiterkeit ihres Wesens angezogen. Aber hiervon wußte sie nichts; für sie war er ein Mann, der sich überall unbeliebt machte und der sie nicht für hübsch genug erachtet hatte, um mit ihr zu tanzen.

Er verspürte den Wunsch, sie näher kennenzulernen, und gleichsam als Vorstufe zu einer eigenen Unterhaltung mit ihr, fing er an, ihren Gesprächen mit anderen zuzuhören. Erst dadurch wurde ihre Aufmerksamkeit wach.

Das war auf einer großen Gesellschaft bei Sir William Lucas. »Was denkt sich denn dieser Mr. Darcy«, fragte Elisabeth ihre Freundin, »daß er sich herstellt und meiner Unterhaltung mit Oberst Forster zuhört?«

»Auf diese Frage wird dir wohl nur Mr. Darcy selbst antworten können.«

»Wenn er es wieder tun sollte, dann werde ich ihm zeigen, daß ich weiß, wofür ich ihn zu halten habe. Er hat einen schrecklich zynischen Ausdruck in den Augen, und wenn ich ihm nicht selbst zuerst meine Meinung sage, bekomme ich noch Angst vor ihm.«

Als er sich ihnen bald darauf näherte, ohne anscheinend jedoch etwas sagen zu wollen, forderte Charlotte ihre Freundin heraus, ihr Wort zu halten, und es bedurfte nur dieser Ermunterung, daß Elisabeth sich an ihn wandte und sagte: »Fanden Sie nicht auch, Mr. Darcy, daß ich mich soeben recht geschickt ausgedrückt habe, als ich Colonel Forster damit neckte, er müsse doch einen Ball bei sich veranstalten?«

»Nun, mindestens sehr deutlich – aber bei dem Thema werden Damen ja immer sehr deutlich.«

»Sie sind sehr boshaft gegen uns.«

»Jetzt bist du an der Reihe, geneckt zu werden«, unterbrach ihre Freundin. »Ich werde das Klavier aufmachen, und du weißt, was du dann zu tun hast.«

»Für eine Freundin bist du ein komisches Geschöpf – immer willst du, daß ich vor allen Leuten und bei jeder Gelegenheit singe und spiele! Wenn meine Eitelkeit musikalisch wäre, könnte ich ohne dich nicht auskommen; aber da sie es nun einmal nicht ist, würde ich mich wirklich viel lieber nicht vor eine Gesellschaft hinstellen, die nur den besten Künstlern zu lauschen gewohnt ist.« Da aber Charlotte darauf bestand, fügte sie hinzu: »Nun gut, wenn es sein muß, dann muß es wohl sein.« Und indem sie Darcy ernsthaft ansah: »Es gibt ein schönes altes Sprichwort, das Sie sicherlich gut kennen: Spar deinen Atem, um deine Suppe zu kühlen – ich muß meinen jetzt leider auf Gesang verschwenden.«

Ihre Kunst war annehmbar, aber keineswegs überragend. Nach ein, zwei Liedern und bevor sie den Bitten ihrer Zuhörer um eine Zugabe nachkommen konnte, löste ihre Schwester Mary sie etwas voreilig am Klavier ab.

Mary, die einzige von den Schwestern, die nicht gut aussah, hatte sich als Gegengewicht hierfür ein gewisses Können und Wissen sauer erarbeitet und war nun stets eifrig darauf bedacht, ihre Errungenschaften zur Schau zu stellen. Leider besaß sie weder Talent noch Geschmack; und obgleich Eitelkeit und Ehrgeiz ihr zu einer nicht geringen Fertigkeit verholfen hatten, sprachen diese beiden Eigenschaften so stark aus ihrer schulmeisterlichen Miene und ihrem eingebildeten Gebaren, daß selbst ein weit höherer Grad von Können, als sie ihn erreicht hatte, ihre Fehler nicht aufgewogen hätte. Dem anspruchslosen, ungekünstelten Spiel Elisabeths hatte man mit viel mehr Vergnügen zugehört als dem sehr viel besseren Marys. Sie konnte zufrieden sein, daß sie nach einem langen, schwierigen Klavierkonzert doch noch Lob und Dankbarkeit mit einigen schottischen und irischen Weisen ernten durfte, die ihre jüngeren Schwestern und ein paar tanzlustige Offiziere von ihr erbaten und dann auch eifrig am einen Ende des Saales ausnutzten.

Mr. Darcy hatte sich in der Nähe der Tanzenden aufgestellt und schaute ihnen voller Geringschätzung zu. Wie töricht, dachte er, den Abend in einer Weise zu verbringen, die von vornherein jede Möglichkeit einer vernünftigen Unterhaltung ausschließt. Er war so sehr in seine ärgerliche Betrachtung vertieft, daß er es nicht bemerkte, wie Sir William Lucas zu ihm getreten war, bis dieser ihn ansprach.

»Eine entzückende und harmlose Beschäftigung für junge Leute, finden Sie nicht auch, Mr. Darcy? Es geht doch nichts übers Tanzen; ich betrachte es immer als eine der vornehmsten Errungenschaften eines wirklich kultivierten Volkes.«

»Gewiß, Sir William – und außerdem hat es noch den Vorzug, auch bei weniger kultivierten Völkerschaften äußerst beliebt zu sein. Jeder Wilde kann tanzen.«

Sir William lächelte nur hierzu. »Ihr Freund ist ein ganz hervorragender Tänzer«, fuhr er nach einer Weile fort, als er sah, daß Bingley sich unter die Tanzenden begeben hatte, »und ich irre mich wohl nicht, wenn ich in Ihnen ebenfalls einen Meister dieser Kunst vermute, Mr. Darcy?«

»Sie haben mich ja in Meryton tanzen sehen, Sir William.«

»Das habe ich, und der Anblick hat mir nicht geringes Vergnügen bereitet. Tanzen Sie häufig bei Hofe?«

»Nie.«

»Wäre das nicht eine passende Ehrung für den hohen Ort?«

»Es ist eine Ehrung, die ich keinem Ort erweise, wenn ich es irgend vermeiden kann.«

»Ich nehme an, Sie besitzen ein Haus in London?«

Darcy nickte bejahend.

»Ich trug mich seinerzeit selbst mit dem Gedanken, meinen Wohnsitz in London aufzuschlagen, denn ich schätze den Umgang mit der guten Gesellschaft sehr. Aber ich konnte dann doch nicht meine Zweifel unterdrücken, ob die Londoner Luft auch meiner Frau bekommen würde.«

Er sah seinen Gast erwartungsvoll an; aber Darcy schien nicht die Absicht zu haben, das Gespräch fortzusetzen. Während Sir William noch über eine neue Anknüpfung nachgrübelte, entdeckte er Elisabeth nicht weit von ihnen entfernt, und er zögerte nicht einen Augenblick, sich als überlegenen Weltmann zu zeigen.

»Meine liebe Elisabeth«, rief er hinüber, »warum sehe ich Sie nicht unter den Tanzenden? Mr. Darcy, Sie müssen mir erlauben, Sie mit einer ganz reizenden Dame bekanntzumachen. Selbst Sie werden sich mit so viel Schönheit vor Augen nicht mehr sträuben können zu tanzen.«

Und damit ergriff er Elisabeths Hand, um sie Darcy zuzuführen, der zwar etwas erstaunt über den plötzlichen Überfall war, aber durchaus nicht abgeneigt schien. Elisabeth jedoch machte sich heftig frei und sagte in einigem Unwillen zu Sir William: »Ich bitte Sie, ich habe nicht die geringste Lust zu tanzen. Sie meinten doch hoffentlich nicht, ich sei auf dem Wege, um einen Tänzer zu suchen?«

Mr. Darcy bat sie in aller Form und mit größter Höflichkeit, ihm einen Tanz zu gewähren, aber umsonst, Elisabeth ließ sich nicht bewegen; auch Sir Williams Versuche, sie doch noch zu überreden, blieben erfolglos.

»Sie werden doch nicht so grausam sein, Elisabeth, mich um den Genuß zu bringen, Sie tanzen zu sehen; und wenn Mr. Darcy auch im allgemeinen dieses Vergnügen nicht sehr schätzt, er wird uns jetzt bestimmt nicht den Gefallen versagen können.«

»Mr. Darcy ist ein Vorbild der Höflichkeit«, sagte Elisabeth lächelnd.

»Das ist er wohl; aber wer wäre es nicht bei einer solchen Veranlassung?«

Elisabeth sah Darcy spöttisch an und wandte sich zum Gehen. Ihr Widerstand hatte ihn jedoch in keiner Weise zu kränken vermocht, und er ertappte sich dabei, daß der Gedanke an sie ihm eine gewisse Freude machte, als er sich plötzlich von Miss Bingley angeredet fand.

»Ich kann den Grund Ihrer Nachdenklichkeit erraten.«

»Das möchte ich bezweifeln.«

»Sie haben sich eben überlegt, wie unerträglich es sein müßte, noch viele Abende auf diese Weise zu verbringen – in solcher Gesellschaft! Ich muß gestehen, Sie haben recht. Ich habe mich noch nie so gelangweilt: diese Flachheit bei all dem Lärm, diese Hohlheit der Leute bei all ihrer Wichtigtuerei! Ich gäbe was drum, Ihre Meinung hören zu dürfen.«

»Ihre Annahme ist durchaus irrig, kann ich Ihnen versichern. Meine Gedanken waren sehr viel angenehmer beschäftigt. Ich dachte gerade darüber nach, wieviel Vergnügen einem ein paar dunkle Augen in einem schönen Frauenantlitz bereiten können.«

Miss Bingley sah ihn mit einem forschenden Blick an und wollte wissen, welche Dame sich rühmen dürfe, solche Gedanken erweckt zu haben.

Darcy erwiderte geradeheraus:

»Miss Elisabeth Bennet.«

»Elisabeth Bennet?« wiederholte Miss Bingley. »Ich staune. Seit wann datiert diese Vorliebe? Darf ich vielleicht schon bald Glück wünschen?«

»Die Frage hatte ich erwartet. Die Phantasie einer Frau kennt keine Hindernisse: aus Bewunderung macht sie Liebe und aus Liebe gleich Ehe. Ich wußte, daß Sie mich beglückwünschen wollten!«

»Aha, Sie verstehen schon keinen Spaß mehr; dann ist es ja so gut wie abgemacht. Sie werden eine entzückende Schwiegermutter mit in die Ehe bekommen, und ich bin überzeugt, Sie werden sich nicht darüber zu beklagen brauchen, daß Sie sie zu selten sehen.«

Er hörte ihr in völliger Gleichgültigkeit zu, während sie sich noch des längeren und höchst geistreich über dieses Thema verbreitete; und da sein Verhalten ihr die Versicherung gab, daß alles in Ordnung war, ließ sie ihren Geist immer witziger sprühen.

 

7. KAPITEL

Mr. Bennets gesamtes Vermögen bestand fast ausschließlich aus einem Landgut, das zweitausend Pfund im Jahre abwarf. Da die Erbordnung nur männliche Erben berücksichtigte, fiel einmal der Besitz nicht an seine Töchter, sondern an einen entfernten Verwandten. Und das Vermögen seiner Frau war, wenn auch an sich nicht klein, doch nicht groß genug, um diesen Verlust auszugleichen. Mrs. Bennets Vater war Anwalt in Meryton gewesen und hatte ihr viertausend Pfund vermacht.

Ihre einzige Schwester war mit einem Mr. Philips verheiratet, der Rechtsbeistand ihres Vaters gewesen war und nach seinem Tode die Praxis übernahm. Und ihr einziger Bruder lebte in London als vermögender Kaufmann.

Longbourn lag nur eine Meile von Meryton entfernt; eine sehr bequeme Entfernung für die jungen Mädchen, die wenigstens drei-bis viermal in der Woche unbedingt hinüber mußten, um ihre Tante zu besuchen oder die Schneiderin; die schräg gegenüber wohnte. Die beiden jüngsten, Catherine und Lydia, empfanden besonders häufig das Bedürfnis zu einem solchen Besuch; ihre Köpfe hatten noch weniger Raum für Gedanken als die ihrer Schwestern, und wenn sich nichts Besseres finden ließ, bot immer der Spaziergang nach Meryton einen Zeitvertreib für den Vormittag und ein Gesprächsthema für den Abend; es mochte noch so wenig Erwähnenswertes in der engeren oder weiteren Nachbarschaft vorgekommen sein, sie brachten es doch fertig, irgendeine Neuigkeit von ihrer Tante mit nach Hause zu bringen. Und gegenwärtig bot sich eine besonders reiche Ernte an Neuigkeiten aller Art und an Jungmädchen-Glückseligkeit dar; denn ein ganzes Regiment war vor kurzem in die Nachbarschaft gelegt worden, und Meryton beherbergte das Hauptquartier und damit die Offiziere.

Die Besuche bei Mrs. Philips wurden jetzt zu einem Quell ständig wechselnder und immer gleichbleibend spannender Mitteilungen. Kein Tag verging, der ihrem Wissen nicht einen neuen Namen, eine neue Wichtigkeit aus dem Offizierskorps hinzugefügt hatte. Wer bei wem wohnte, blieb ihnen nicht lange verborgen, und bald lernten sie die Offiziere auch selbst kennen. Mr. Philips machte bei allen einen Besuch, und dies eröffnete seinen Nichten Möglichkeiten, wie sie sie nie auch nur erträumt hatten. »Offizier« wurde ihr zweites Wort. Mr. Bingleys großer Reichtum, der ihre Mutter so sehr begeistern konnte, erschien ihnen im Vergleich mit einem bunten Rock völlig unbedeutend.

Nachdem Mr. Bennet sich eines Morgens die Ergüsse seiner beiden jüngsten Töchter eine Weile hatte mit anhören müssen, meinte er: »Soweit ich nach eurem Gerede schließen kann, dürftet ihr die beiden dümmsten Mädchen im ganzen Land sein. Den Verdacht hatte ich schon längere Zeit, aber jetzt weiß ich es mit aller Gewißheit.«

Catherine wurde verlegen und antwortete nichts darauf; Lydia dagegen ließ sich keineswegs in ihrem Vergnügen stören, unbekümmert weiter ihrer Bewunderung für Hauptmann Carter Ausdruck zu geben, zugleich mit der Hoffnung, ihn heute noch einmal zu treffen, da er morgen nach London fahre.

»Ich muß mich wundern, mein Lieber«, erwiderte Mrs. Bennet für ihre Töchter, »daß du so leichthin unsere Kinder für dumm erklärst. Wenn du schon von Kindern etwas Schlechtes denken mußt, warum fängst da dann bei deinen eigenen an?«

»Da meine Kinder aber nun einmal so beschränkt sind, würde ich ja selber dumm sein, wenn mir das nicht auffiele.«

»Sehr wohl – aber zufällig sind sie alle äußerst klug!«

»Das wäre dann der einzige Punkt, in dem wir nicht einer Meinung sind. So sehr ich es wünschte, daß wir in jeder Kleinigkeit übereinstimmten, ich muß in diesem Falle auf meiner Ansicht bestehen bleiben, daß meine beiden jüngsten Töchter ganz ungewöhnlich albern und töricht sind.«

»Mein lieber Bennet, du kannst nicht erwarten, daß Mädchen in diesem Alter die Vernunft ihres Vaters oder ihrer Mutter besitzen. Wenn sie in unser Alter kommen, dann werden sie schon ebensowenig an Offiziere denken wie wir. Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als ich selbst für bunte Röcke eine Schwäche hatte – und offen gestanden, daran hat sich auch heute noch nichts geändert. Sollte ein forscher junger Oberst mit fünf bis sechstausend im Jahr um die Hand einer meiner Töchter anhalten, ich würde nicht nein sagen. Oberst Forster sah doch neulich auf der Abendgesellschaft bei den Lucas sehr gut in seiner Uniform aus.«

»Mutter«, rief Lydia, »Tante erzählte uns, Oberst Forster und Hauptmann Carter seien nicht mehr so oft wie früher bei Miss Watson; sie hat die beiden letzthin häufiger in der Buchhandlung von Clark getroffen.«

Bevor Mrs. Bennet hierzu etwas erwidern konnte, betrat ein Diener das Zimmer und überreichte Jane ein Schreiben. Ein Bote von Netherfield habe es gebracht und warte draußen auf eine Antwort. Mrs. Bennets Augen leuchteten vor Vergnügen, und während Jane das Papier entfaltete, rief sie aufgeregt: »Nun, Jane, von wem ist es? Was steht darin? Was will er? Beeile dich, Jane! Mach doch schnell, Liebling!«

»Von Miss Bingley«, sagte Jane und las dann vor:

»Liebe Freundin!

Wenn Sie ein mitleidiges Herz besitzen, dann kommen Sie und speisen mit mir und meiner Schwester Louisa zu Abend; sonst laufen wir Gefahr, uns unser Leben lang zu hassen; Sie wissen, wenn zwei Frauen einen ganzen Tag miteinander verbringen, das muß zwangsläufig mit einem Streit enden. Kommen Sie, sobald Sie können. Mein Bruder und die beiden Herren sind bei den Offizieren zu Gast.

Es begrüßt Sie Ihre

Caroline Bingley«

»Bei den Offizieren?« rief Lydia erstaunt. »Merkwürdig, daß Tante uns das nicht erzählt hat!«

»Die Herren sind eingeladen«, meinte Mrs. Bennet, »so ein Pech!«

»Kann ich den Wagen bekommen?« fragte Jane.

»Nein, meine Liebe, ich finde, du reitest besser hin; es sieht nach Regen aus, und dann mußt du dort übernachten.«

»Eine großartige Idee«, sagte Elisabeth, »außer wenn es den Bingleys einfallen sollte, sie in ihrem Wagen nach Hause zu bringen.«

»Ach so – aber nein, die Herren werden ja in Mr. Bingley’s Wagen nach Meryton gefahren sein; und Mr. Hurst hat zwar einen Vierspänner, aber keine Pferde dazu.«

»Ich möchte aber viel lieber dorthin fahren, wenn es geht.«

»Unmöglich, Liebling, dein Vater wird die Pferde bestimmt nicht entbehren können. Sie werden doch bei der Feldarbeit benötigt, nicht wahr, Bennet?«

»Ich brauche sie dort sehr viel öfter, als ich sie von euch freibekommen kann.«

»Aber wenn du sie ausgerechnet heute brauchst«, sagte Elisabeth, »dann unterstützt du doch nur Mutters Plan.«

Es stellte sich dann aber heraus, daß die Pferde schon auf den Äckern bei der Arbeit waren, und Jane blieb nichts anderes übrig, als das Reitpferd zu nehmen. Ihre Mutter begleitete sie zur Tür und verabschiedete sich von ihr in der aufgeräumtesten Laune mit der Prophezeiung, daß es bestimmt bald anfangen werde zu regnen. Ihre Erwartungen wurden auch nicht enttäuscht: Jane war noch nicht lange unterwegs, als es vom Himmel herab zu gießen begann. Die Schwestern waren etwas in Sorge ihretwegen, aber Mrs. Bennet strahlte. Der Himmel machte keine Anstalten, freundlicher zu werden; Jane konnte bei dem Wetter unmöglich nach Hause kommen.

»Das war wirklich eine ganz vorzügliche Idee von mir«, sagte Mrs. Bennet mehr als einmal im Laufe des Abends; als ob der Regen ausschließlich ihr Werk sei.

Aber erst am nächsten Morgen durfte sie alle Früchte ihrer weisen Vorbedacht ernten. Man hatte gerade das Frühstück beendet, als ein kurzes Schreiben von Netherfield für Elisabeth gebracht wurde:

 

»Liebste Lizzy!

Mir geht es heute morgen gar nicht gut, wahrscheinlich, weil ich gestern bis auf die Haut durchnäßt hier ankam. Die lieben Freunde hier wollen von meiner Rückkehr nichts hören, bis ich mich nicht wohler fühle. Sie haben auch darauf bestanden,

Doktor Jones zu holen; beunruhigt euch also nicht, wenn ihr hört, er habe mich untersucht; bis auf ein wenig Hals-und Kopfschmerzen fehlt mir bestimmt nichts.

Deine Schwester J.«

 

 Elisabeth fühlte sich aber ernstlich besorgt und war fest entschlossen, zu ihrer Schwester zu gehen, obgleich der Wagen nicht zur Verfügung stand; und da sie nicht reiten konnte, hatte sie keine andere Wahl, als den Weg zu Fuß zu machen. Sie teilte ihrer Familie ihren Entschluß mit.