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Persönliche Betrachtungen ganz unterschiedlicher Regionen . Und dann: sehr unterschiedliche Reisestile: Radtouren in Deutschland, Frankreich und Italien; Bahnfahren in Deutschland, Roadtrip durch Südafrika.
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Seitenzahl: 54
Veröffentlichungsjahr: 2024
Gerhard Sauer
Geboren 1957 in Altenhundem im Sauerland/NRW, lebt in Berlin und in der Uckermark und schreibt seit vielen Jahren. Die „Unterwegsbetrachtungen „Strauße, wilde Würste und ein Dom“ sind die mittlerweile vierte Buchveröffentlichung.
Wenn man eine Reise tut, dann kann man viel erzählen.
Gerhard Sauer
Strauße, wilde Würsteund ein Dom
Unterwegsbetrachtungen
© 2022 Gerhard Sauer
Druck und Distribution im Auftrag des Autors: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland
ISBN
Paperback
978-3-347-78721-6
Hardcover
978-3-347-78723-0
e-Book
978-3-347-78724-7
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Inhaltsverzeichnis
Vor und hinter Minden
Köln – ein eigenes Universum
Unterwegs zwischen Feldern, Grachten und Fietsen
Eine andere Hauptstadt
Wilde Wurst
Genuss, Geschichte und Wiener Schmäh
Semana Santa
…und immer wieder mal: Venedig!
Von steilen Felsen, grünen Bananen und furchtlosen Fahrern
Cuculus und Ciconia – zwei selten gewordene Wegbegleiter
Radeln und relaxen. Trampeln und genießen
2200 Kilometer, ein Auto, zwei Leute, ein Flug und unzählige Erlebnisse
Vor und hinter Minden
Bin ich eigentlich jemals in Minden gewesen? Diese Frage ging mir neulich durch den Kopf, als ich mal wieder mit dem ICE der Deutschen Bahn vom Rheinland ins mittlerweile heimatliche Berlin unterwegs war. Minden. Der Teutoburger Wald, die Porta Westfalica liegen dann schon hinter uns, aber immer noch ist hier Westfalen, auch Nordrhein-Westfalen. Der Hermann, eigentlich Cherusker, aber heute Symbol für westfälische Stur- und Pfiffigkeit, steht nicht weit entfernt mit Schwert und Helm auf seinem Sockel.
Minden. Schon früh tauchte das Wort auf, der Ortsname, stand er doch auf übergroßen Meilensteinen an der Bundesstraße 55, die an den Orten meine Kinder- und Jugendzeit vorbeiführte. Zwar führte ebenfalls die Bundesstraße 236 durch unseren Sprengel, aber die ging nach Dortmund, das wusste man einfach und dort war man auch schon früh gewesen. In der schwarz-gelben Metropole, dem Herz, nicht der Hauptstadt Westfalens. Hauptstadt ist Münster. Weiß man doch.
Aber Minden? Wo sollte das sein? Der Ort war immer irgendwie außerhalb unseres Vorstellungsraumes. Heimatkundeunterricht und spätere eigene Recherchen hellten dann allerdings das Geheimnis etwas auf.
Die Streckenführung der heutigen B 55, die von Jülich nur noch bis Rheda-Wiedenbrück führt, deckt sich zwischen Warstein und Lennestadt-Grevenbrück weitgehend mit dem mittelalterlichen Heerweg, der zugleich auch ein Pilgerpfad der Jakobus-Pilger von Paderborn nach Köln war, und deckt sich bis Olpe auch gleichzeitig mit der Streckenführung der alten Koblenz-Mindener Landstraße. Zwischen 1816 und 1828 gebaut, sollte diese Landstraße die beiden Preußischen Garnisonsstädte auf kürzestem Weg miteinander verbinden. Daher, so ging mir später auf, waren die Entfernungsanzeigen auf den fast vier Meter hohen Obelisken auch in Meilen angegeben.
Minden also. Ehemals Garnisonsstadt. Verhinderter Sitz der Bezirksregierung für Ostwestfalen nach der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen 1947. Heute noch Kreisstadt des Kreises Minden-Lübbecke, des Mühlenkreises. Partnerkreis des Landkreises Uckermark in Brandenburg.
Hier ist also noch Westfalen, aus rheinischer Sicht das Ende NRWs - kurz vor Berlin oder kurz vor Warschau. Und irgendwie kann man sich, wenn man die vorbeifliegende Landschaft aus dem Zug beobachtet, des Gefühls schlecht erwehren, irgendwie ist hier hinter dem Wiehengebirge schon eher Niedersachsen.
Minden. Welche Bilder sind da im Kopf? Vielleicht sollte ich mal aussteigen. Also vor Minden, in Bielefeld, den Regio Richtung Hannover nehmen, und mir das Städtchen anschauen. Mal schauen, was sich hinter dem Ende einer preußischen Landstraße so verbirgt. Aussteigen und nachschauen, ungefähr auf der Hälfte der wöchentlichen Strecke zwischen dem Rheinland und der Hauptstadt des alten Preußen, die auch die heutige Hauptstadt ist. Wie man überhaupt vielleicht mehr aussteigen sollte auf den wöchentlichen 1000 Kilometern Bahnfahrt.
In Rheda-Wiedenbrück, zum Beispiel, mit Schloss Rheda, oder in Hamm, mit dem größten und dazu noch gläsernen Elefanten mit dem Palmengarten im Kopf. Bückeburg rauscht immer vorbei, Bad Oeynhausen auch. Hameln liest man auf den vorbei huschenden Straßenhinweisschildern. Auch Lemgo, Detmold, Lippstadt, später Springe, Hildesheim, Celle.
Kurz vor Minden überquerten wir die Weser, nach Rhein und Ruhr einer der bekanntesten Flüsse des Landes - nicht nur wegen des Weserberglandes, früher hieß auch eine WDR-Abendsendung „Zwischen Rhein und Weser“. Aber das nur am Rande.
Irgendwann wird im Laufe der Fahrt auch noch die Elbe überquert. Die Sonne scheint von links, also Westen, am Abend schräg herein und unterwegs wird alles aufgeboten, was heimatkundlich Rang und Namen hat. Traumhaft. Das wäre doch auch mal eine Geschichte wert. Beizeiten, ja ja. Alsbald aber mal: Minden.
Köln – ein eigenes Universum
Quälend langsam schleicht der Zug über die immer noch nach der Familie des letzten deutschen Kaisers benannte Brücke. Vor über hundert Jahren während dessen Regentschaft erbaut, führt sie heute ins Zentrum der einzigen Millionenstadt am Rhein. Gebogene Stahlträger scheinen stabil und unverwüstlich, zeugen sie doch auch gleichzeitig von Ingenieurskunst und Zukunftsideen.
Die Stadt selbst wähnt sich auch einerseits mit noch weiter zurückreichenden Wurzeln im Römerreich, und gleichzeitig moderne Metropole mit Zukunft zu sein. Warum jedoch immer noch an alten Bezeichnungen dubioser Herrscherfamilien festgehalten wird, mag sich nicht allen Betrachtern und Betrachterinnen erschließen. Modernität könnte hier schon dem auswärtigen Gast beim Hineingleiten in die Stadt demonstriert werden - demokratische Heroen gab es zu allen Zeiten auch im Rheinland.
Quietschend schieb sich der 200 Meter lange Koloss im Schritttempo weiter. Fahrgäste wähnen sich bald am Ziel, packen Taschen und Koffer, rempeln sich gegenseitig im Gang und stehen erwartungsvoll vor den Türen. Es wird noch dauern, so viel weiß der erfahrene Mitfahrer.
Lastkähne, Tankschiffe, Flusskreuzfahrtschiffe und Ausflugsboote ziehen ihre Bahn auf dem Wasser unterhalb der Brücke, die Stahlträger erlauben nur einen kleinen schmalen Blick. Ein reges Gewimmel auf den Fußgängerwegen am äußeren Rand weist auf den nahen Abend hin. Feierabendwütige, nach Hause strebende, den Abend genießende Junge und Alte eilen von der Altstadt auf die Schälsick und umgekehrt. Dort wo ein freier Blick möglich wäre, sind hunderte, ja tausende Vorhangschlösser an den Gittergeländern befestigt. Wer auch immer diesen Unsinn begonnen hat und wer auch immer diesen Unsinn weiter betreibt - dies scheint eine unerklärliche Verhaltensweise bestimmter Menschengruppen zu sein, die bisher noch viel zu wenig von der forensischen Psychiatrie, Verhaltensforschern oder Anthropologen erforscht wurde.