Super-Pulp 18: The Nazi Island Mystery - r. evolver - E-Book

Super-Pulp 18: The Nazi Island Mystery E-Book

r.evolver

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Beschreibung

"Die SUPER PULP Mondo Fiction is back … und mit ihr ein Klassiker der deutschsprachigen Pulp-Literatur. Das mittlerweile zum Kult avancierte erste Abenteuer der ungewöhnlichen MI6-Agentin Kay Blanchard läßt es nicht an Sex & Drugs & Rock ’n’ Roll fehlen … Europa, zwanzig Minuten in der Zukunft. Das Vierte Reich regiert mit eiserner Hand – und ist zugleich eine absurd-surreale Entertainmentfabrik. UFO-Mutterschiffe besuchen die Erde nur, um für intergalaktische Fernreisen zu werben. Aliens fechten auf unserem Planeten mit Laserpistolen den Wettstreit der Ideologien aus. Und auf einer mysteriösen Nazi-Insel im Mittelmeer machen Sado-Lederbräute und verrückte Wissenschaftler gefährliche Experimente. Im allgemeinen Irrsinn gibt es nur eine, die Freiheit und Demokratie retten kann: Kay Blanchard, Agentin des britischen MI6, sex- und drogensüchtig und mit einer ungesunden Vorliebe für Mord im Staatsauftrag … Ein trashiger Spionage-Thriller im Stil von Modesty Blaise, Nick Carter und Protoagent John Eagle. Die Exklusive Sammler-Ausgabe als Taschenbuch ist nur auf der Verlagsseite des Blitz-Verlages erhältlich!!!"

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Ähnliche


SUPER PULP Mondo Fiction

– der abgeschlossene Roman

Band 18 – The Nazi Island Mystery

In dieser Reihe bereits erschienen

 

3601 – Suicide New!

3602 – Yellow Cab From Hell

3603 – Die heilige Hure

3604 – Easy Money

3605 – Notruf aus dem Scherbenviertel

3606 – Feed Me!

3607 – Der Komplex

3608 – Wolf und die Zombie-Insel

3609 – Nedylenes Todesschwadron

3610 – Girls! Girls! Girls!

3611 – Fleischwölfe

3612 – Überfall im Boudoir

3613 – Der heraufschauende Drecksköter

3614 – Hard Boiled

3615 – Transformation

3616 – Gegen das Ende

3617 – Fatality

3618 – The Nazi Island Mystery

3619 – Pol Pot Polka

3620 – Surfin’ Saigon

 

THE NAZI ISLAND MYSTERY

von r.evolver

 

 

 

 

 

 

 

 

 

IMPRESSUM

© 2024 Blitz Verlag,

Hurster Straße 2a, 51570 Windeck

Titelbild: Arthur Alexander

Lektorat: Peter Hiess

Produktion: Robert Draxler

Alle Rechte vorbehalten

www.blitz-verlag.de

ISBN 978-3-95719-998-0

 

Terror, Trips & tote Tiger

Ein Vorwort von Peter Hiess

 

Haben Sie in letzter Zeit einen Krimi gelesen? Na grüß Gott …

Es muss ja nicht einmal einer von diesen skandinavischen Kriminalromanen sein, die aus unerfindlichen Gründen immer noch angesagt sind – diese unwahrscheinlich öden Berichte aus der Psyche des Nordmenschen, in der noch dazu die gesamte Umgebung des Ermittlers, ob urban oder ländlich, bis in die kleinste Einzelheit beschrieben wird. Und auch keine Donna Leon, deren behäbiger Commissario Brunetti nur mehr ein Held für alternde Grüne und Sozialdemokraten ist, die zum Sterben in die Toskana gehen.

Es genügt schon der durchschnittliche europäische Kriminalroman, der sich gern als Literatur verkleidet und unseres angeblichen Alltags annimmt, zumindest so, wie das Autor_in ihn sieht. Besagter Alltag hat aber im Regelfall leider gar nichts mit der potenziell spannenden Korruption und endlosen Perversion der Mächtigen in Brüssel zu tun, auch nicht mit echter Wirtschaftskriminalität, der Ostmafia oder der von oben verordneten Hilflosigkeit der Polizei – und schon gar nicht mit dem realen Kleinkrieg in den Städten unseres alten Kontinents, der mit Gewalt zu einem neuen umgeformt werden soll.

Nein, nein, das wäre ja alles politisch unkorrekt, käme nie in den einer staatlichen Förderung und würde vom Feuilleton bestenfalls ignoriert werden. Da befasst man sich als hoffnungsvoller Kriminalautor doch lieber mit dem, was man aus dem Fernsehen und den Illustrierten kennt. Soll heißen: In jedem Heuschober werden Kinder geschändet und traumatisiert, in großbürgerlichen Villen misshandelt immer irgendeiner Frauen und traumatisiert sie noch schwerer, sogar die Serienkiller haben alle ihr Psycho-Packerl zu tragen – und hinter jedem Strauch lauert irgendein alter Nazi, oder auch ein neuer, oder gar eine ultrarechte Verschwörung, die unbedingt das zwölfjährige Reich wieder zurückbringen will.

Und das, meine Damen und Herren, war schon am Anfang ein bisschen öd, wird aber in der x-ten Wiederholung mehr als langweilig.

Die Amerikaner haben es da viel leichter: sie müssen sich nicht ewig mit demselben winzigen Ausschnitt der Geschichte herumschlagen, sondern dürfen sich im Krimi mehr erlauben. Deshalb kommen aus den USA – neben Schema-F-Schnitzeljagden à la Dan Brown – auch realistische Großstadtschilderungen, packende Agententhriller, großartige Serien über einsame Ex-Militärpolizisten und exzentrische FBI-Agenten, herrlich ungute Geschichten aus dem Hinterland und ebenso schnell wie glaubwürdig geschriebene Romane über versoffene Privatdetektive, knallharte Bullen und romantische kleine Gauner.

Warum das so ist? Weil man sich in den Vereinigten Staaten nicht für seine Pulp-Vergangenheit geniert – im Gegensatz zu unsereinem, der durch allerlei „Schmutz & Schund“-Kampagnen und die abfällige massenmediale Betrachtung der „Trivialliteratur“ geschädigt ist. Die Amis sind mit Comics und absurden Fernsehserien aufgewachsen. Sie haben billige Taschenbücher verschlungen, auf deren Cover immer ein harter Hund mit Hut und Pistole sowie eine leicht bekleidete Femme fatale zu sehen sein mussten. Und wenn in ihrer Popkultur Nazis vorkamen, dann nur in der Hogan’s Heroes-Variante: böse und doch irgendwie saublöde Deutsche in schwarzen Uniformen, die dauernd „Jawoll, mein Führer!“ oder „Schneller, Shveinhundt“ sagen und bei ihren Welteroberungsplänen gern mit verrückten Wissenschaftlern zusammenarbeiten. Wie im wirklichen Leben halt …

Genauso geht es auch in r.evolvers Roman „The Nazi Island Mystery“ zu. Natürlich gibt’s darin jede Menge Nazis, das kündigt ja schon der Titel an, und die haben – zehn Minuten in der Zukunft – auch ihr Viertes Reich, aber das ist eigentlich nicht mehr als eine Dauerwerbe-Show mit blutigen „pseudohistorischen“ Spektakeln, Doppelgängern längst verstorbener Prominenter und schmierigen Typen, die sich am liebsten zu noch schmierigeren Exploitation-Pornos selbst befriedigen. Hitlerland, sozusagen; ein direkter Abkömmling unserer gegenwärtigen Entertainment-Industrie, das überzogenste Reality-TV seit Caligula. Dass diese üblen Charaktere auf ihrer streng geheimen Insel was besonders Hinterhältiges aushecken, ist klar und gehört auch in so einen Roman; dass die Leiterin des dort ansässigen Labors eindeutig nach dem Muster der legendären Ilsa (She Wolf of the SS) geschnitten ist, freut wiederum den Fan trashiger Spezialitäten.

Auch die Feinde der Science-Fiction-Faschisten überwinden bei r.evolver locker alle hochkulturellen Geschmacksgrenzen. Sie sind nämlich keine Churchills und Roosevelts, sondern bolschewistische Werwölfe von einem fernen Planeten – oder auch Disco-Mutanten aus dem All, die mit Rollschuhen und Laserstrahlen das Ewiggestrige auch übermorgen noch auslöschen wollen. Und dann gibt es noch eine ganz besondere Gegnerin, die dem braunen Pack das Genick brechen wird; eine Frau, die im knappen Lederdress daherkommt wie eine etwas übergewichtige Version von Emma Peel; eine Agentin des britischen Geheimdiensts, die mit Stilettos so perfekt umgehen kann wie mit ihrem tödlichen silbernen Stilett.

Sie heißt Kay Blanchard und ist die Heldin von „Nazi Island Mystery“. Sie ist launenhaft und wirft jede Droge ein, die sie in die Finger kriegen kann – weshalb sie auch kapitelweise halluziniert wie in einem Sixties-Streifen über die Wunder und Gefahren von LSD. Sie hat eine dreckige Fantasie, locker-lüsterne Finger und immer Lust auf Sex, ob mit Männern oder Frauen, Karate-Girls oder Gestaltwandlern, Mad Scientists oder Monstern. Und sie ist unglücklich in ihren Chef verliebt, wie sich das gehört.

Kay killt gern, oft und effizient. Natürlich immer im Auftrag des Guten, obwohl sie den manchmal vergisst, weil die Welt um sie herum so irrsinnig ist. Das gilt auch für die Verschwörung, die sie in ihrem Debütroman aufdeckt: Der Plot ist so ausgeklügelt verwirrend, dass man sich als Leser schon manchmal fragt, warum sichs die Bösen nicht endlich einmal ein bisschen einfacher machen – aber genau das macht ja guten Pulp aus.

Jedenfalls, was ich eigentlich sagen wollte: So muss ein guter Krimi heutzutage aussehen. Und so sieht auch ein Buch aus, mit dem man eine Reihe eröffnet … oder abschließt. Sonst lässt man’s lieber ganz bleiben.

 

PS.: In „The Nazi Island Mystery“ kommen übrigens weder Tiger noch Terroristen vor. Abr in den Titel dieses Vorworts passten sie viel zu gut, um ganz auf sie zu verzichten …

Prolog

 

Nationalsozialistische Europäische Konföderation/Viertes Reich – Operation „Sophie Scholl“, Secret Intelligence Service

 

Who dares wins. Einen ewigen Augenblick lang freier Fall. Dann öffnete sich der Fallschirm automatisch. Es schien, als würde mich ein gewaltiger Ruck in den nächtlichen Himmel hinaufkatapultieren. In Wahrheit schwebte ich bereits hinter feindlichen Linien dem gottverdammten Erdboden entgegen. So wie auch Angel und Walter, die vor mir gesprungen waren. Drei Figuren aus der Spielzeugbox des Premierministers, drei kleine Punkte am Nachthimmel, die in wenigen Minuten vielleicht schon unsanft landen würden. Und alles nur, weil unter ihren Füßen ein verdammter Kontinent in brauner Scheiße versank.

Der Erfolg der Operation war vom perfekten Zusammenspiel dreier Menschen abhängig. Vor meinem geistigen Auge tauchte Walters Gesicht auf. Ein intensives Wetterleuchten in der Dunkelheit. Wieder spürte ich seine warmen Lippen, seine fordernden Berührungen, seinen heißen Atem auf meiner Haut … Die angenehme Erinnerung wurde durch eine weniger angenehme zerstört. Angels unterkühltes Verhalten vor dem Start der Maschine hatte mir verraten, dass sie Walter und mich in der Nacht zuvor beobachtet haben musste. Ich versuchte jede Gefühlsregung auszublenden, mich in 4000 Fuß Höhe wieder ganz auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Aber da war dieses Gefühl der Ungewissheit, das sich nicht vertreiben ließ. Konnte ich mich heute Nacht auf Angel verlassen? Es blieb keine Zeit, mich weiter mit der Frage zu beschäftigen, weil die nächsten Aktionen totale Konzentration erforderten: Beine anwinkeln, landen, Schirm zusammenraffen, Nachtsichtgerät herunterklappen, dann der Versuch, mich zu orientieren – und weiter: in der verdammten Dunkelheit auf den verdammten Sammelpunkt zusteuern, die entsicherte Maschinenpistole im Anschlag. Leise atmen, nur ja kein Geräusch verursachen!

Aber selbst wenn ich wie King Kong übers Feld getrampelt wäre, hätte es niemand wahrgenommen. Über meinem Kopf war ein anfänglich leises Grollen zu einem ohrenbetäubenden Getöse angeschwollen. Dann knipste Gott das Licht an. Tausende Spots tauchten die Umgebung in unnatürlich grelles Licht. Der übernatürliche Schein ging von einer Scheibe aus, die wie aus dem Nichts gekommen war und jetzt am Firmament hing wie das Frisbee des Allmächtigen. Eines war sicher: Das Ding war in keiner terrestrischen Werft zusammengeschweißt worden. Es musste einen Durchmesser von der Größe Londons haben. Kein Wunder also, dass im kosmischen Flutlicht der riesigen Flugscheibe alle irdischen Beteiligten ratlos nach oben glotzten – die dreiköpfige britische Spionageeinheit und die SS-Männer, die in sicherer Deckung schon auf sie gewartet hatten. Sieh einer an, irgendwer musste die Aktion verraten haben.

Einige Meter neben mir stand Walter. So wie alle anderen war er offensichtlich völlig verwirrt. Auch sein Blick hing, wie von einer telepathischen Kraft gelenkt, an der Unterseite des rotierenden UFOs. Dort hatten sich unzählige runde Lichter zu einer unglaublichen Botschaft gruppiert: „Mit uns ins All und wieder zurück – Hypertorus-Tours. Die Welt ist größer, als du denkst!“ Mit einem lautem „Ssssuuuup!“ blendete das Ding aus einer anderen Welt seine intergalaktisch übersetzte Werbebotschaft aus und brach dann mit voller Schubkraft zur nächsten Zielgruppe auf. Es kümmerte sich nicht um internationale Krisen, Invasionen und geheime Operationen im Feindesland – und schon gar nicht um das Inferno, das unten am Boden in der abrupt zurückgekehrten Nacht losbrach.

Ein Streifschuss riss meinen Schädel zur Seite. Der Helm verabschiedete sich, landete irgendwo in der Dunkelheit, und mit dem Helm auch gleich das Nachtsichtgerät. Ich suchte im Unterholz Deckung, wartete bange Minuten, die gut genug für die Ewigkeit waren. Gewehrsalven. Schreie, gefolgt von tödlicher Stille. Und dann hörte ich dieses leise Geräusch. „Losung?“, flüsterte ich, aber da kam nichts zurück, bis auf dieses bedrohliche Rascheln. Das übrige erledigten Reflexe: Arme leicht anwinkeln und ohne Vorwarnung feuern. Tactactac! Das Feuer erweiterte sich im Kopf zu einem seltsamen Kanon des Todes, wurde lauter, duplizierte sich zeitversetzt … und so mußte Walter Piercy dran glauben.

Kämpfen. Überleben. Kämpfen. Abkratzen. Warum eigentlich nicht? Irgendwie ist ja doch alles eine Illusion. Ein riesengroßer Beschiss. Die ganzen Atome und so. Eigentlich bestehen sie nur aus Zwischenräumen. Und wir bestehen aus Atomen. So betrachtet sind wir nichts anderes als eine gewaltige Ansammlung von lächerlich unwesentlichen Zwischenräumen, die eine lächerlich unwesentliche Rolle im Universum spielen.

Verlustschmerz und Selbstvorwürfe plagten mich lange Zeit. Nachdem der Ausgang der Operation intern untersucht worden war, landete die „Sophie Scholl“-Aktion als eine der größten Pleiten in der Geschichte des MI6 unter Verschluss. Angel wechselte in den Innendienst. Und obwohl ich schuld an Walters Tod war, blieb ich dem operativen Feld treu. Wenigstens hab’ ich eines bis heute konsequent durchgezogen: Ich will den Atem des Gegners im Gesicht spüren, bevor ich ihn töte … mit dem Stilett. Andere Waffen sind indiskutabel.

Die Spur

 

Lernen Sie im ersten Kapitel die garantiert unkonventionellste Mitarbeiterin des britischen Geheimdienstes kennen und erfahren Sie, wie die Roten sie behelligen. Special Surprise: Selbst Bond-Fans und -Kenner werden darüber staunen, dass der MI6 eigentlich in Legoland beheimatet ist. Soundtrack-Empfehlung für dieses Kapitel: „Kick Out The Jams“/MC5 …

 

9 Jahre nach der Operation „Sophie Scholl“ – Flug 505 von Madrid nach London

 

Regel Nr. 1: Heb nie das Telefon ab, wenn du auf einem Trip bist. Regel Nr. 2: Steig nie in ein Flugzeug, wenn du schwebst! Regel Nr. 3: Steck dir deine Regeln in den Arsch, wenn deine Königin dich ruft! Ich hatte also das Telefon abgehoben und war dem Ruf der Krone gefolgt, mit dem Endergebnis, dass ich jetzt in einem Airbus A380 der British Airways neben einem Kerl saß, der aussah wie Goofy. Mir war gar nicht gut. Die Roten zeigten einmal mehr ihre fatale Wirkung, die sich jedes Mal einstellte, wenn ich vor lauter Stress irgendwo zwischen Rausch und Realität hängen blieb. Im Augenblick war es kaum auszuhalten. Die Schlapperohren von Goofy wuchsen ins Unermessliche, und er sah so furchtbar traurig aus.

Alles explodierte. Zuerst mein Gehirn, unmittelbar darauf die Maschine. Sie verabschiedete sich samt dem Kapitän, den drei oder vier Flugbegleitern und den Dutzenden Passagieren, wurde eins mit dem zentralen Gedankengebäude eines übergeordneten Organismus, dessen Aufgabe es war, Triebwerke irdischer Flugmaschinen zu schlucken und wiederzuverwerten. Sogar die Satelliten über uns, irgendwo weit oben im Orbit, lösten sich in ihre Atome auf. Hinten, im letzten Winkel meines Bewusstseins, spielten sich unglaubliche Szenen ab. Scharlachrote Mösen fraßen das ganze Universum. Schmatzend schluckten ihre gefräßigen Lippen die Zeit, die Unendlichkeit. Mein Magen rebellierte. Irgendwie schaffte ich es, aufzustehen und mich – ohne allzu viel Aufsehen zu erregen – in den hinteren Teil der Maschine zum Bord-WC zu schleppen.

Nach ungefähr zehntausend Jahren öffnete sich endlich die schmale Klotür. Eine blondierte Business-Fotze stiefelte, das Wall Street Journal wichtig unter den Arm geklemmt, aus der engen Kabine, in der es nach Scheiße und Chanel roch. Das mit dem Journal war natürlich Show – nie und nimmer hatte es die Tussi geschafft, das Monsterblatt auf dem engen Lokus zu entfalten. Mit einem ungelenken Tritt wummerte ich die Tür in die Angel und kippte keine Sekunde zu spät vor der Schüssel auf die Knie. Während der Kapitän über die Bordlautsprecher seine Standardstory über Flughöhe und Wetter herunterleierte, kotzte ich eine braunrote Suppe aus. Für den Bruchteil einer Sekunde erhellte das Blitzlicht der Vernunft den düsteren Horizont: Es musste eine andere Möglichkeit geben, in dieser verkehrten Welt zu sich selbst zu finden. Yoga vielleicht, oder Schokolade mit echten Mandelstücken?

Mein Magen indes kümmerte sich nicht um derlei Fragestellungen. Er reagierte, einem Quecksilberthermometer nicht unähnlich, indem er die Säure auf- und absteigen ließ, bis sie sich, mal tröpfchenweise, mal in einem Schwall, in die weiße Kunststoffschüssel vor mir verabschiedete. Schwerelosigkeit. Vielleicht war die Maschine in ein Luftloch – oder wie die das nannten – abgesackt? Irgendwann musste ich mir wohl den Kopfhörer des Walkman heruntergerissen haben, denn ganz weit weg kreischte Rob Tyner einen Song, soweit ich’s beurteilen konnte, in Moll. Und doch schien nun alles wieder so einigermaßen in Ordnung zu sein. Wieder zurück neben Goofy, setzte dieses eigenartige Bohren in der Magengegend ein. Die Maschine befand sich im Landeanflug. Ich warf noch schnell einen Blick in den Taschenspiegel, wischte mir verstohlen einen einsamen Schweißtropfen von der Schläfe. Dann schwebte ich zur Abwechslung über Gatwick. Es war beängstigend.

 

Unten erwarteten mich das graue Förderband und mein brauner Lederkoffer, draußen dann das schwarze Metrocab. Der grelle Radarhimmel zog sich über den gesamten Asphaltdschungel, überdachte ihn von Ost bis West, von Nord bis Süd. Er ließ das urbane Dickicht heller aussehen, als es eigentlich war. London hatte mich wieder, und die Gewissheit, dass ich Georg sehen würde, rief sogar so etwas wie Vorfreude hervor.

Während der Fahrt spuckte Mr. Cabdrivers Radio den schlechtesten aller Post-Electric-Mixes aus wie Säure und mir ins Gesicht. Gefangen. London – das hieß jetzt zuerst einmal jenen Augenblick überleben, den ich ein bisschen dramatisch die „schlimmste Sekunde meines Lebens“ nannte. Davon abgesehen würden die nächsten vierundzwanzig Stunden mindestens so angenehm verlaufen wie ein nikotinfreier Tag im Leben eines Kettenrauchers. Eigentlich könnte ich genau jetzt in meinem Apartment in Conde de Orgaz den Sonnenaufgang genießen. Vielleicht mit einem Cocktail in der Hand, ein bisschen Amphetamin im Blut, oder noch besser mit einem Lover im Bett? Ich fing an zu lachen. Na und? Aus dem Autoradio made in China lachte es schon die ganze Zeit heraus – Harharharharharhähähächichichi! Der Taxifahrer war der einzige, der die Klappe hielt. Ein glücklicher Mann.

Vauxhall Cross, Western London. Zentrale des Military Intelligence 6. Zurück in Legoland. Meine Schritte waren noch immer eine Spur zu unsicher. Kunststück, der Boden unter meinen Füßen fühlte sich an wie ein wabernder See aus Pudding. Trotzdem gelang es mir, das Foyer nicht wie eine Spastikerin zu betreten. Der Fette mit dem glänzenden Gesicht lächelte hinter seinem Glasverhau, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Seine Dienstkappe saß eine Spur zu keck im Nacken. Nicht ganz korrekt. Unter dem Schaltpult pixelte eine heiße X-rated-Sache über eines dieser sauteuren Flexi-Displays. Er hatte sich das Ding auf den Oberschenkel geklebt. Keine besonders gute Deckung für eine Wichsvorlage. Ich warf einen neidischen Blick auf die straffen Titten eines Girlcops mit Spiegelbrillen. Sie ließ sich gerade von einem Afro-Hengst mit übermächtigem Gehänge die Möse lutschen. Jetzt war endlich klar, wer hier die Herrenrasse stellte.

In der Toilette im Erdgeschoß wusch ich mir schnell das Gesicht. Die mittlere Kabine war besetzt. Jemand urinierte, ließ lautstark einen fahren, betätigte dann die Spülung. Der Mann, der aus der Kabine trat, kam mir bekannt vor. Ich hatte ihn schon mal irgendwo gesehen. War das nicht der Typ aus der Dechiffrierabteilung? Keine Ahnung. Der bekannte Unbekannte machte sich mit hochrotem Gesicht am Waschbecken zu schaffen. Seine Empörung war unschwer zu erkennen. Konsequent wich er meinem Seitenblick aus und schüttelte dabei kaum merklich den Kopf. Wie unverschämt, dass eine Frau sich ausgerechnet dann aufs Männerklo verirrte, wenn er in der Kabine einen abdrückte. Wäre ich ein Kerl gewesen, hätte ihn das alles nicht berührt.

Der Aufzug ließ mich wieder in eine Art Schwerelosigkeit eintauchen. Seine magischen Zahlen blinkten, leuchteten mir den Weg, den es zu gehen galt. Irgendwie schien der ganze Gebäudekomplex von Gott persönlich erschaffen worden zu sein – am sechsten Tag vielleicht, während der Mittagspause. Legoland: ein vollendeter Organismus aus Beton und Stahl, ausgestattet mit einem lustigen Spitznamen und garniert mit intelligenten Menschen und hübschen Möbeln im Bauhausstil. Fantastisch, das alles, und vor allem unerklärlich. Hastig warf ich einen letzten Kontrollblick in den Taschenspiegel, trat dann hinaus auf den Flur. Ich ließ meine Schuhsohlen absichtlich über den Kunstfaserteppich schleifen und berührte ein Metallprofil an der Wand. Kindisch freute ich mich über den elektrostatischen Funken, der übersprang. Vor Georgs Büro atmete ich noch einmal kurz durch, zählte bis drei und riss dann, ohne vorher zu klopfen, die Tür auf.

„Kay!“ Angel Wells wirbelte überrascht um ihre eigene Achse. Eine gewaltige Herausforderung für den Gleichgewichtssinn. Der Rocksaum ihres hautengen rosa Lederkostüms lag wie eine Fessel an den Oberschenkeln. Der Rest des Teils wirkte auch nicht viel bequemer. Er schmiegte sich wie eine zweite Haut an beneidenswert atemberaubende Formen. Keine Frage, Angels Maße trieben Männern ohne nennenswerte Verzögerung den Saft in die Hose und Frauen die ohnmächtige Wut ins Herz. Wieder begriff ich ihre alles verschlingende Existenz. Und in diesem Augenblick tickte der Zeiger der Uhr auf die „schlimmste Sekunde meines Lebens“. Warum hatte Gott ausgerechnet dieser gehirnamputierten Schlampe die vollkommene Figur geschenkt? Und warum musste sie ausgerechnet Sir Georg Wolffs Assistentin sein? Warum nicht die von dem Typen, der unten im Klo gefurzt hatte? Nein, dieses penetrante Miststück hockte bei jenem Mann, nach dessen Nähe ich mich schon sehnte, wenn ich noch nicht einmal zur Tür hinaus war.

„Kaffee?“ Ohne meine Antwort abzuwarten, berührten Angels Hände zärtlich den Ladehebel der kleinen Nespresso. Sie hatte wirklich großes Talent, jede noch so banale Bewegung wie ein laszives Vorspiel zu inszenieren. Ich mochte mir gar nicht ausmalen, wie es war, wenn sie einmal Kunststoff zwischen den Fingern hatte. Aber natürlich drängte sich das Bild ins Hirn wie eine überdimensionale Leuchtreklame. Verzweifelt versuchte ich es wegzudrängen, an etwas anderes zu denken. In der Zwischenzeit setzte Angel noch eins drauf. Mit sinnlich geöffneten Lippen schob sie die Kaffeekapsel in den Slot, und sie schaffte es tatsächlich, das alles aussehen zu lassen, als würde sie ein Kondom über eine Latte ziehen. Über Georgs Latte zum Beispiel. Noch bevor mich eine heftige Eifersuchtsfantasie zum Wahnsinn treiben konnte, traten zur Abwechslung meine Finger in Aktion. Sie strichen über das glatte Leder ihres engen Oberteils. Es war höchste Zeit für einen gezielten Erstschlag: „Wow, sieht ja fast aus wie Jitrois! War aber eher billig, oder? Woher hast du’s?“

„Wien.“ Angel wandte sich ab, so schnell es ihr kriminell enger Rocksaum zuließ. Wahrscheinlich wäre sie mir am liebsten an die Gurgel gesprungen. Das rosa Lederzeug war billiger Fake. Außerdem passte es nicht zu ihren roten Haaren. Genau hier lag Angels verwundbarste Stelle, die ich punktgenau getroffen hatte. Ja, sie mochte einen unschlagbar geilen Body haben … aber nicht die Spur von Geschmack.

„Wo ist Georg?

---ENDE DER LESEPROBE---