Sylter Sünden - Ben Kryst Tomasson - E-Book
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Sylter Sünden E-Book

Ben Kryst Tomasson

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Beschreibung

Möwen, Meer und ein toter Ehemann.

Auf einem Golfplatz auf Sylt hat ein Unbekannter auf Möwen geschossen und dabei ein Kind verletzt. Kari Blom, die mit Kommissar Jonas Voss mitten in den Hochzeitsvorbereitungen steckt, soll den Täter ausfindig machen. Sie arbeitet undercover im Restaurant des Golfclubs, wo ebenfalls eine Hochzeit stattfindet – bis der Bräutigam mitten in der Nacht ermordet wird. Als Kari zu ermitteln beginnt, ahnt sie nicht, dass es bald eine weitere Leiche geben wird – und dass plötzlich auch ihre eigene Hochzeit auf dem Spiel steht ... 

Sehnsuchtsort Sylt – ein Kriminalroman voller Inselflair und liebenswerter Figuren.

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Seitenzahl: 482

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Über das Buch

Im Golf-Resort auf Sylt nimmt eine Hochzeitsfeier ein jähes Ende, als spät am Abend der Bräutigam tot aufgefunden wird – erschlagen mit seinem eigenen Golfschläger. Kari Blom, die mit Kommissar Jonas Voss selbst in Hochzeitsvorbereitungen steckt, ist auch bereits vor Ort. Sie ermittelt undercover als Kellnerin, nachdem jemand auf dem Golfplatz mit illegalen Waffen ein Kind verletzt hat. Zusammen mit Jonas übernimmt sie auch den Mordfall, aber bald entbrennt zwischen ihnen ein heftiger Streit. Denn Jonas hat einen ungeheuerlichen Verdacht, den Kari nicht wahrhaben will. Und während die alten Damen von der Häkelmafia die Ermittlungen mal wieder ordentlich aufmischen, kommen Kari plötzlich Zweifel – am Tathergang, aber auch an der Beziehung zu Jonas ...

Über Ben Kryst Tomasson

Ben Kryst Tomasson, geboren 1969 in Bremerhaven, ist Germanist, Pädagoge und promovierter Diplom-Psychologe. Er hat einige Jahre in der Bildungsforschung gearbeitet, ehe er sich als freier Autor selbstständig gemacht hat. Seine Leidenschaft gehört den Geschichten, die das Leben schreibt, den vielschichtigen Innenwelten der Menschen und dem rauen Land zwischen Nordsee und Ostsee. Wenn er nicht schreibt, verbringt er seine Zeit am liebsten mit einem guten Buch am Meer.

Mit der verdeckten Ermittlerin Kari Blom sind im Aufbau Taschenbuch bisher erschienen: "Sylter Affären", "Sylter Intrigen", "Sylter Blut", "Sylter Gift", "Sylter Lügen" und "Sylter Schuld".

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Ben Kryst Tomasson

Sylter Sünden

Kriminalroman

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

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Es ging alles so schnell

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Danksagung

Impressum

Wer von diesem Kriminalroman begeistert ist, liest auch ...

Es ging alles so schnell, dass sie kaum begriff, was geschah. Eben war sie noch gut gelaunt an der Wasserkante entlanggeschlendert, nachdem sie ihr Rad auf dem Parkplatz beim Leuchtturm abgestellt hatte. Schon von Weitem hatte sie das Lagerfeuer gesehen, verboten natürlich, doch hier oben am Ellenbogen war es nachts so einsam, dass sich niemand daran störte.

Sie hatte die Schuhe ausgezogen und war barfuß durch den feinkörnigen Sand gelaufen, der immer noch warm war. Es war ein heißer Tag gewesen, und erst jetzt, nachdem die Sonne im Nordwesten im Meer versunken war, kühlte es ein wenig ab. Über dem Strand und der Wasserfläche, auf der sich sanfte Wellen kräuselten, schwebte noch die Abendröte. Ein lauer Wind wehte herüber und brachte den salzigen Geruch nach Freiheit mit, die Freude auf das ganze lange Leben, das vor ihr lag.

Die Angreifer mussten irgendwo in den Dünen gelauert haben. Sie hatte keine Schritte gehört und spürte ihre Anwesenheit erst, als ihr jemand von hinten die Hände in den Rücken stieß. Der Schrei löste sich wie von selbst von ihren Lippen, während sie die Arme reflexhaft nach vorn streckte, um den Sturz abzufangen.

Der Sand glitt ihr durch die Finger, und ein kurzer, scharfer Schmerz schoss ihr in die Handgelenke. Sie fiel auf den Bauch, konnte aber zumindest die Hände noch schützend vors Gesicht reißen. Die Luft wurde aus ihren Lungen gepresst, ein kurzer, gequälter Seufzer drang aus ihrem Mund.

Für eine Sekunde war sie erleichtert. Dann fielen sie über sie her.

Die Hände waren überall, zerrten ihr die Arme auf den Rücken und fesselten ihr die Handgelenke mit einem rauen Seil. Sie verbanden ihr die Augen und verschlossen ihr den Mund mit einem festen Klebeband. Anschließend zogen sie sie auf die Füße und trieben sie mit unsanften Stößen vor sich her.

Sie taumelte, unsicher, und heulte auf, weil ihr eine Muschelschale in die linke Fußsohle schnitt. Die Angreifer drängten sie weiter, zehn oder zwanzig Meter vielleicht, bis der Sand unter ihren Füßen fester und kühler wurde. Griffen dann plötzlich nach ihrer Schulter, damit sie stehen blieb.

Ein paar endlose Sekunden lang geschah überhaupt nichts. Dann schlossen sich zwei Paar kräftige Hände rechts und links um ihre Oberarme. Die beiden Angreifer hoben sie hoch und trugen sie zwei, drei Schritte, ehe sie sie wieder hinunterließen. Doch dort, wo der feste Sand unter ihren Füßen hätte sein sollen, war nichts mehr.

Panik überschwemmte sie. Sie strampelte mit den Beinen und erhielt als Antwort einen Schlag gegen die Schienbeine, mit einem Stock vielleicht, einem Besenstiel oder auch einem Baseballschläger. Der Schmerz war so heftig, dass ihre Beine erschlafften.

Die Finger der Angreifer bohrten sich in ihre Achselhöhlen, während sie immer tiefer ins Nichts sank. Ihr Gehirn versuchte vergeblich, die Informationen, die ihr Körper ihr lieferte, zu einem stimmigen Ganzen zusammenzusetzen. Sie konnte sich nicht mit den Füßen unterhalb der Strandfläche befinden. Oder doch?

Endlich spürte sie wieder festen Boden unter den Fußsohlen. Die Hände der Angreifer lösten sich von ihren Oberarmen. Sie hörte das Geräusch von Schaufeln. Gleich darauf spürte sie, wie Sand von allen Seiten auf sie herabrieselte. Er fiel auf ihre Füße, sammelte sich um ihre Beine herum und türmte sich schließlich weiter über Hüften und Oberkörper bis zum Hals. Dabei verdichtete er sich immer mehr, als würde der Raum um sie herum ausgestopft.

Mit einem Mal wusste sie genau, was geschah.

Die Angreifer buddelten sie in einem Loch im Sand ein. Aber warum?

Das Schaufeln und Rieseln hörte abrupt auf. Jemand riss ihr das Klebeband vom Mund und entfernte die Augenbinde. Sie versuchte, den Kopf zu wenden, konnte ihn aber nicht weit genug drehen. Die Angreifer befanden sich in ihrem Rücken, und den leisen Schritten im Sand nach zu urteilen, entfernten sie sich.

Sie richtete den Blick wieder nach vorn.

Das Abendrot war verschwunden; lediglich ein dünner, hellblauer Streifen Tageslicht lag noch über dem Meer. Die Wasserkante war nur ein paar Meter von ihr entfernt – und sie befand sich auf Augenhöhe. Die Angreifer hatten sie tatsächlich eingegraben. Sie steckte bis zum Hals im Sand und konnte sich nicht rühren.

Ihre Gedanken begannen zu rasen.

War gerade Ebbe oder Flut? Kam das Wasser auf sie zu, oder entfernte es sich? Und wenn es kam – wie lange würde es dauern, bis es sie erreicht und ihren Kopf überspült hätte?

Magensäure schoss in ihrer Kehle nach oben, und ihr ganzer Körper wurde heiß vor Panik. Sie begann zu schreien, obwohl sie wusste, dass niemand außer ihren Peinigern sie hören würde.

Eine Welle rollte heran und leckte über den Sand; deutlich näher, als es bei den vorhergehenden der Fall gewesen war. Der nächste Schrei blieb ihr in der Kehle stecken, weil sie das Bild plötzlich ganz klar vor Augen hatte. Am späten Nachmittag war Niedrigwasser gewesen. Jetzt kam die Flut.

Die Angst schnürte ihr die Luft ab. Ihr Puls hämmerte, das Blut rauschte in ihren Ohren.

War das hier schon das Ende?

Sie war doch viel zu jung. Sie wollte noch nicht sterben.

1. Der Nebel war so dicht, dass man kaum die Hand vor Augen sah. Nur schemenhaft war die Umzäunung des Golfplatzes zu erkennen, dahinter eine einzelne Metallstange mit einem roten Fähnchen, die aus dem Boden ragte. Jasper blieb stehen und schüttelte den blonden Lockenkopf.

»Das hat keinen Sinn«, sagte er. »Da passiert heute nichts.«

Lukas stimmte ihm sofort zu. Leonie verdrehte die Augen.

»Nun sind wir hier«, widersprach sie. »Lasst uns wenigstens eine Runde um den Platz gehen. Wozu sind wir sonst die ganze Strecke gefahren? Und was sollen wir stattdessen machen? Der Film geht bis sechs, vor halb sieben brauchen wir nicht nach Hause zu kommen.«

Sie hatten ihren Eltern gesagt, sie würden ins Kino gehen, waren aber nicht nach Westerland geradelt, sondern nach List. Auf dem Gelände zwischen dem Ort und der Wanderdüne war vor zwei Jahren ein neues Golf-Resort entstanden. Jaspers Schwester Finja hatte sich oft darüber aufgeregt. Es gab bereits mehrere Golfplätze auf Sylt. Ihrer Meinung nach hätte die Inselverwaltung den Antrag ablehnen und dem Naturschutz den Vorzug geben sollen.

Jasper, Lukas und Leonie waren allerdings aus einem anderen Grund hergekommen. Vor ein paar Tagen hatten sie in der Zeitung gelesen, dass der Schauspieler Mike Förster, für den Leonie schwärmte, im Golf-Hotel abgestiegen sein sollte, und sie hatten gehofft, sie könnten vielleicht einen heimlichen Blick erhaschen. Weil sie nicht bei den Reportern vor dem Eingang hatten herumlungern wollen, waren sie am Zaun entlanggegangen. Vielleicht spielte Förster ja eine Runde Golf?

Den Schauspieler hatten sie nicht entdeckt. Stattdessen hatten sie einen grausigen Fund gemacht.

Eine tote Möwe mit blutigen, verklebten Flügeln.

Sie hatten einen Zweig genommen und versucht, die Ursache für das Blut zu finden, jedoch ohne Erfolg. Jasper hatte das Tier mit dem Handy fotografiert und die Bilder seinem Vater gezeigt.

Jonas Voss hatte auf einen Kampf mit einem Artgenossen oder einen Angriff durch einen Raubvogel getippt. Doch Jasper war mit der Erklärung nicht zufrieden. Je öfter er mit seinen Freunden darüber diskutiert hatte, desto sicherer waren sie sich geworden: Jemand hatte die Möwe abgeschossen!

»Diese reichen Schnösel auf dem Golfplatz«, hatte Leonie gesagt und dabei vergessen, dass auch Mike Förster dazugehörte. »Die glauben doch, sie könnten sich alles erlauben.«

Also hatten sie beschlossen, Beweise zu suchen. Leonie hatte nicht viel tun müssen, um die beiden Jungen zum Mitkommen zu bewegen. Sie war ein echter Kumpel und gleichzeitig ein tolles Mädchen. Jasper wäre ihr blind überallhin gefolgt.

»Also gut«, sagte er, und die kleine Gruppe setzte sich wieder in Marsch.

Lukas seufzte, widersprach aber nicht. Das tat er nie. Seit einiger Zeit war er ständiger Gast im Hause Voss und bemühte sich um Jaspers Freundschaft. Jasper hatte schnell begriffen, dass es dabei nicht in erster Linie um ihn, sondern um seine Schwester Finja ging. Lukas war total verknallt in sie.

Jasper, der Finja sein ganzes Leben lang kannte, hatte Mühe, sie mit anderen Augen als denen des Bruders zu sehen, doch vermutlich hatte Lukas recht. Seine Schwester war hübsch, mit ihren glänzenden schwarzen Haaren, den dunklen Augen und dem ernsten Gesicht. Aber natürlich hatte Lukas keine Chance bei ihr. Finja wurde in diesem Sommer achtzehn, Lukas war gerade erst fünfzehn, genau wie Jasper und Leonie.

Doch auch, wenn es nur in zweiter Linie um ihn ging, war Jasper froh, dass Lukas sein Freund geworden war. Er mochte den schmalen, stillen Jungen. Und Lukas’ Anwesenheit sorgte dafür, dass die Leichtigkeit zwischen Leonie und Jasper nicht verlorenging. Leonie war schon seit dem Kindergarten Jaspers Freundin, doch in den letzten Monaten hatte sich etwas verändert. Plötzlich war da ein Knistern, das ihm Unbehagen bereitete. Jasper wollte das nicht. Es sollte einfach alles so bleiben, wie es war. Und solange Lukas dabei war, passierte auch nichts.

Ihre Freundin legte ein schnelles Tempo vor. Jasper und Lukas mussten sich beeilen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Mit ihrer Tarnjacke und der Khaki-Hose drohte Leonie, optisch mit dem kleinen Gehölz zu verschmelzen, durch das sie sich bewegten. Das rotblonde Haar, meist ebenso verstrubbelt wie Jaspers Locken, hatte sie unter ein schwarzes Basecap gestopft.

Jasper fand ihren Look cool, auch wenn er selbst lieber bei T-Shirt, Jeans und Turnschuhen blieb. Lukas dagegen trug nur schwarze Sachen, Hemd, Stoffhose und Boots. Mit seinem modisch geschnittenen dunklen Haar sah er aus wie ein trauriger Dichter. Wäre er ein bisschen älter, würde er wirklich gut zu Finja passen. Aber seine Schwester interessierte sich bisher ebenso wenig für das andere Geschlecht wie Jasper. Sie hatte ihren Naturschutz, er seinen Fußball.

Rasch erreichten sie die Stelle, an der vor ein paar Tagen der blutige Tierkadaver gelegen hatte, doch die tote Möwe war verschwunden. Beseitigt von den Menschen, die sie abgeschossen hatten? Oder aufgefressen von Raubvögeln oder anderen Tieren?

Leonie duckte sich plötzlich hinter einen Baum und hob die Hand. Rasch verbargen sich Jasper und Lukas ebenfalls. Leonie deutete über das Grün des Golfplatzes.

In einiger Entfernung schälten sich Schemen aus dem Nebel; drei Personen, die sich durch das dichte Grau in Richtung Zaun bewegten. Sie verharrten, und Jasper sah, das sie etwas in die Luft reckten. Waren das Gewehre?

Jaspers Herzschlag beschleunigte sich, und seine Hände wurden feucht. Hektisch fummelte er das Smartphone aus der Hosentasche. Die Sicht war so schlecht, dass man auf den Bildern vermutlich nichts erkennen würde, aber er musste es zumindest versuchen.

Über ihnen in den Ästen raschelte es. Ein Vogel flog auf. Im selben Moment zerriss ein Knall die Stille. Im Abstand von ein paar Sekunden folgte ein zweiter, dann ein dritter. Wieder raschelte das Laub, die Zweige knackten, und ein lebloser dunkler Vogelkörper landete direkt vor Jaspers Füßen. Gleichzeitig hörte er ein paar Meter hinter sich einen Aufschrei.

Erschrocken fuhr er herum und sah, wie sich Lukas den Arm hielt. Blut spritzte zwischen seinen Fingern hervor. Sein Gesicht war leichenblass. Im nächsten Moment verdrehte er die Augen und stürzte zu Boden.

Wieder ertönte ein Schrei. Dieses Mal war es Leonie.

»Ihr verdammten Schweine!«, brüllte sie. »Ihr habt Lukas erschossen.«

Einen Augenblick lang verharrten die Schemen auf dem Golfplatz in ihren Bewegungen, ein Standbild, wie in Eis gegossen. Dann kam Bewegung in die Gruppe, und die Gestalten liefen eilig davon.

Jaspers Puls raste. Er konnte kaum atmen. Mit einem Gefühl, als würde er durch Morast waten, taumelte er zu Lukas und fiel neben ihm auf die Knie. Er rüttelte seinen Freund an den Schultern und rief seinen Namen, bis Lukas die Augen öffnete. Einen Moment lang irrten sie orientierungslos umher, dann fiel Lukas’ Blick auf seinen blutenden Arm, und er begann zu schreien.

Jasper legte ihm die Hände auf die Schultern. »Keine Panik. Ich helfe dir.«

Lukas biss tapfer die Zähne zusammen. Jasper konzentrierte sich. Er knöpfte das schwarze Hemd auf und zog es Lukas von den Schultern. Aus der Wunde am Oberarm sprudelte das Blut. Jasper nahm den Stoffgürtel aus seiner Jeans und band damit Lukas’ Arm ab, so wie er es von seinem Vater gelernt hatte. Anschließend sah er zu Leonie auf.

»Wir müssen ihn zum Parkplatz bringen«, sagte er so ruhig, wie er konnte. »Einen Krankenwagen rufen. Und die Polizei.«

Leonie hatte bereits ihr Handy in der Hand. Ihre Augen funkelten.

»Die kriegen wir«, versprach sie Lukas, der sich mit Jaspers Hilfe vorsichtig aufsetzte. »Dafür werden sie büßen.«

Eine Woche später

2. »Ist das nicht wunderschön?«

Lydia Cordes, seit einigen Tagen die neue Arbeitskollegin von Kari Blom, schaute verträumt auf die weiße Kutsche, die vor dem Restaurant vorfuhr. Zwei hübsche Apfelschimmel waren davor gespannt, mit sorgsam gestriegelten Mähnen, in die bunte Perlen eingeflochten waren. Der Mann auf dem Kutschbock trug einen Frack, eine violette Fliege und einen schwarzen Zylinder. Er gab ein leises »Brrr« von sich, und die Pferde blieben stehen.

Der Wirt sprang herbei und öffnete die Tür der Kutsche. Das Brautpaar kletterte heraus, sie im aufwendigen weißen Kleid mit Schleier und Schleppe, er im vornehmen dunkelgrauen Cut mit hellgrauer Hose und Weste. Sein Zylinder war dem des Kutschers nicht unähnlich, hatte aber sicher ein Vielfaches gekostet.

»So möchte ich auch heiraten«, fuhr Lydia fort, ohne eine Antwort abzuwarten. Kari meinte, einen feuchten Schimmer in ihren Augen zu sehen.

Sie betrachtete die Kellnerin von der Seite. Lydia war einunddreißig, das wusste Kari aus den Unterlagen, die ihr Chef im Landeskriminalamt für ihren Einsatz zusammengestellt hatte. Eine kleine Frau mit Rundungen an den richtigen Stellen, herrlichen dunklen Locken und einer ausgesprochen sinnlichen Ausstrahlung. Seltsam, dass sie noch keinen Partner gefunden hatte, dachte Kari. Die Männer müssten sich doch um sie reißen. Aber vielleicht suchte Lydia etwas, das es nicht gab.

Das Hupkonzert, das die Ankunft des Gespanns begleitet hatte und schon lange vorher zu hören gewesen war, verstummte nach und nach. Die Gäste stellten ihre Autos auf dem Parkplatz ab und umringten den Zweispänner. Robin Pohl, der Wirt, dirigierte das Brautpaar zu zwei Holzböcken, auf denen ein kleiner Baumstamm lag. Er war ein großer, schlanker Mann Anfang dreißig mit modisch geschnittenen blonden Haaren, bekleidet mit weißem Hemd und schwarzer Hose und Weste. Kari wusste bereits, dass er die Braut und den Bräutigam gut kannte, ebenso wie seine Kellnerin. Sie kamen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, waren aber alle vier gemeinsam zur Schule gegangen.

Pohl reichte dem Brautpaar eine lange Säge mit Griffen an beiden Enden und forderte sie auf, den Stamm gemeinsam durchzusägen. Unter dem Beifall der Gäste machten sich die frisch Vermählten ans Werk. Sie brauchten eine Weile, um einen Rhythmus zu finden; das Sägeblatt verhakte sich mehrfach. Die Miene des Bräutigams wurde ungeduldig, während die Braut herzlich lachte. Dann kamen die beiden in Schwung; die Säge arbeitete sich Zentimeter für Zentimeter in den Stamm, und das Gesicht des Bräutigams hellte sich wieder auf.

»Du nicht?«, bohrte Lydia.

Kari schaute in ihre warmen braunen Augen, die sie neugierig musterten. Von Anfang an hatte sie zu der zehn Jahre jüngeren Frau eine seelische Verbindung verspürt. Etwas, das Kari selten passierte. Sie war rational, verließ sich lieber auf ihren Verstand als auf ihre Gefühle und mochte es nicht, die Kontrolle abzugeben. Aber Lydia hatte bei ihr eine Tür eingerannt, die Kari seit dem Tod ihres Mannes fest verschlossen geglaubt hatte.

Vielleicht lag es daran, dass Lydia sie so sehr an ihre beste Freundin aus der Mittelstufe erinnerte. Maja war ein Wirbelwind gewesen, abenteuerlustig, wo Kari zauderte, überschwänglich, wo Kari sich zurückhielt. Sie hatte ebenso herrliche dunkle Locken gehabt wie Lydia und ein ebenso strahlendes Lächeln.

Maja hatte sie mitgerissen und ihre Jugend lebendig und aufregend gemacht. Kari war sich sicher gewesen, dass sie bis ins hohe Alter beste Freundinnen sein würden.

Aber das Leben hatte ihre Pläne durchkreuzt. Maja hatte an Asthma gelitten, und kurz vor ihrem neunzehnten Geburtstag war sie bei einem Anfall gestorben, weil sie ihr Spray nicht dabeigehabt hatte.

»Ich weiß es nicht«, erwiderte sie auf die Frage nach der Traumhochzeit und fixierte einen Punkt hinter Lydias Kopf. »Bisher habe ich den Richtigen noch nicht gefunden.«

Es fiel ihr schwer, Lydia etwas vorzumachen. Doch natürlich konnte Kari ihr nicht verraten, dass sie in wenigen Tagen tatsächlich heiraten würde.

Ihr Blick schweifte über den Platz vor dem Restaurant und blieb an den Einsatzkräften hängen, die sich dort abseits der Gästeschar versammelt hatten. Zur anstehenden Feier wurden hochrangige Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik erwartet, und neben Beamten der Schutzpolizei und einem privaten Sicherheitsdienst waren auch die Kollegen der Sylter Kriminalpolizei für die Veranstaltung abgeordnet worden.

Kriminalhauptkommissar Jonas Voss war unter den Uniformierten leicht auszumachen, mit seinen Chinos, der abgewetzten braunen Lederjacke, bei der er wie immer die Ärmel bis zu den Ellenbogen hochgeschoben hatte, und den verwuschelten braunen Locken. Sie waren seit mittlerweile vier Jahren ein Paar, doch Karis Herz machte immer noch einen Satz, wenn sie ihn sah. Seine Lebensfreude, seine entspannte, ehrliche Art und nicht zuletzt seine Geduld, obwohl sie sich seinem Wunsch nach Nähe immer wieder entzog, hatten eine tiefe Liebe in ihr wachsen lassen. Im letzten Sommer hatte er ihr einen Antrag gemacht, und sie hatte ihn angenommen, obwohl sie furchtbare Angst davor hatte, sich noch einmal so tief auf einen Menschen einzulassen wie auf Björn, der viel zu früh verstorben war und eine schreckliche Leere hinterlassen hatte.

Es würde keine große Hochzeit werden, denn wenn sie weiterhin in ihrem Job als Undercover-Ermittlerin arbeiten wollte, durfte niemand etwas davon wissen, schon gar nicht auf Sylt. Sie würden sich in Karis Heimatstadt Kiel standesamtlich trauen lassen und nur im kleinsten Kreis feiern. Nach außen hin würde sich nicht viel verändern. Sie würden weiterhin an getrennten Orten leben und ihre Beziehung verheimlichen. Aber es ging ja auch nicht um die Öffentlichkeit, sondern um das Bekenntnis zueinander. Und das würde sehr wohl etwas ändern.

»Ich schon«, sagte Lydia in ihre Gedanken hinein. »Ich habe den Richtigen gefunden. Aber er hat sich für eine andere entschieden.«

»Das tut mir leid.« Kari legte der Kellnerin spontan die Hand auf den Arm. Es war wirklich ein Jammer, dass Lydia Teil ihres aktuellen Falls war. Wie oft traf man Menschen, mit denen man komplett auf einer Wellenlänge war?

Nachdem Jaspers Schulfreund Lukas von einem Querschläger am Arm getroffen worden war, hatten Jonas und seine Kollegin Hannah Behrends umgehend die Ermittlungen aufgenommen. Zunächst hatten sie zusammen mit den Kollegen vom Festland alle offiziellen Schützenvereine und sämtliche Sportschützen auf Sylt und in der Region Nordfriesland überprüft. Dabei hatte sich schnell herausgestellt, dass die Schuldigen nicht aus diesem Kreis stammen konnten. Die Waffen waren offenbar illegal, und alle Spuren führten hierher, zum Golf-Resort List. Jonas und Hannah hatten daraufhin im Golfclub nach dem Schützen und nach Waffen gesucht; jedoch ohne Erfolg. Der Besitzer und der Vorstand des Clubs hatten sich von allen Vorwürfen distanziert. In ihrem Verein wurden Bälle geschlagen und kultivierte Gespräche geführt. Man schoss nicht auf Vögel und erst recht nicht auf Menschen, und selbstverständlich gab es auch keine illegalen Waffen. Jonas und Hannah hatten die Beteuerungen nicht geglaubt, doch sie waren nicht weitergekommen. Weil der Schuss auf den Schüler hohe Wellen schlug, hatten sie das Landeskriminalamt eingeschaltet, und dort hatte man rasch entschieden, dass die Sache ein Fall für Kari Blom war.

Da im Hotel-Restaurant des Golf-Resorts für die anstehende Hochzeit zusätzliches Personal gesucht wurde, war es kein Problem gewesen, sie einzuschleusen. Entdeckt hatte sie bisher allerdings nichts. Aber vielleicht würde die Feier neue Erkenntnisse bringen.

...

Jonas Voss strich sich eine widerspenstige Locke aus der Stirn und schaute versonnen über den Hotelvorplatz. So eine Kutsche würde ihm auch gefallen, und der dunkelgraue Cut des Bräutigams sah wirklich adrett aus. Aber Kari hatte darum gebeten, die Vermählung bescheiden zu halten. Kein weißes Brautkleid, keine kirchliche Trauung, keine pompöse Feier. Sein Hochzeitsanzug war ebenfalls grau, jedoch ohne jeglichen Schnickschnack. Karis Kleid hatte er selbstverständlich noch nicht zu Gesicht bekommen, aber von ihrer besten Freundin gehört, dass es schlicht war, in einem dezenten Cremeton. Sie hatte auch versichert, dass Kari umwerfend darin aussah. Jonas war überzeugt davon, dass es stimmte.

Er betrachtete die Frau, die er in wenigen Tagen heiraten würde. Im Augenblick trug sie die Kellnerinnen-Uniform des Hotel-Restaurants, einen mehr als knielangen schwarzen Rock und eine weiße Bluse mit Rüschen an Ausschnitt und halben Ärmeln; dazu ein weißes Häubchen auf dem Kopf. Vermutlich fühlte sie sich nicht sonderlich wohl darin. Kari bevorzugte einen dezenten Stil. Von Schmuck und Accessoires hielt sie nicht viel, von Pailletten, Rüschen oder Glitzersteinen erst recht nicht. Tatsächlich hatte die Uniform etwas leicht Gestriges, was vermutlich ebenso am Alter der Besitzer – beide um die siebzig – wie auch an der gediegenen Klientel des Golfclubs lag. Trotzdem, fand Jonas, stand seiner zukünftigen Ehefrau das Outfit. Es betonte ihre gute Figur, und das Häubchen saß keck auf der blonden Kurzhaarfrisur.

»Freust du dich?«, fragte Kriminalkommissarin Hannah Behrends, die neben ihm stand.

Jonas wandte sich ihr zu. Hannahs blaue Augen leuchteten, und auf ihren Lippen lag ein Lächeln. Die Zeiten, in denen sie gehofft hatte, aus Jonas und ihr könnte ein Paar werden, waren zu seiner großen Erleichterung vorbei. Sie hatten sich ausgesprochen, und Hannah war mittlerweile seit zwei Jahren mit Maximilian zusammen und offensichtlich glücklich. Jonas und sie waren nur noch Arbeitskollegen – und Freunde.

»Ja. Sehr«, sagte er und spürte, wie sich etwas Warmes von seiner Brust aus in seinem gesamten Körper ausbreitete.

Lange genug hatte er gewartet. Schon bei ihrer ersten Begegnung hatte er sich in Kari verliebt, doch sie war wie ein Schmetterling, der sich nicht fangen lassen wollte. Als er sie im letzten Jahr gefragt hatte, war er nicht überrascht gewesen, dass sie seinen Antrag zunächst abgelehnt hatte. Wirklich verblüfft war er gewesen, als sie schließlich doch Ja gesagt hatte.

Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Brautpaar, das sich mit der Säge und dem Baumstamm abmühte. Die Kräfte schienen nachzulassen; der Rhythmus, den sie nach anfänglichen Schwierigkeiten gefunden hatten, ging verloren. Ein ums andere Mal verhakte sich das Sägeblatt, und das Gesicht des Bräutigams nahm wieder einen grimmigen Ausdruck an. Die umstehenden Gäste begannen zu klatschen und feuerten die beiden an.

Jonas überlegte, wie ihm selbst dieses Spiel gefallen würde. Es war eine erste Bewährungsprobe für das frischgebackene Ehepaar, eine Schwierigkeit, die es gemeinsam zu meistern galt. Schon auf diesen ersten Metern der Ehe könnte sich abzeichnen, ob es gelingen würde, mit Konflikten umzugehen. Ob es gut war, das ausgerechnet am Hochzeitstag zu erfahren?

Er schielte zu Kari, die den beiden mit einem feinen Lächeln zusah. Vermutlich machte sie sich ähnliche Gedanken. Schließlich war ihre Mutter Psychotherapeutin, und Kari konnte gar nicht anders, als immer auch hinter die Fassade zu sehen.

Braut und Bräutigam legten sich noch einmal ins Zeug, und endlich durchtrennte das Sägeblatt die letzten widerspenstigen Holzfasern. Der Stamm zerfiel in zwei Teile, die von den Böcken auf den Boden polterten. Die Miene des Bräutigams entspannte sich. Er nahm seine Frau in die Arme und küsste sie.

Jonas betrachtete das Paar, den Mann mit den blonden Haaren und der verwegenen Tolle, die ihm in die Stirn fiel, und die deutlich kleinere und ebenfalls blonde Frau. Eine Schönheit war sie nicht, eher ein wenig unscheinbar. Sie hatte ein Gesicht, das man schnell wieder vergaß, dazu glatte, halblange Haare. Der Mann dagegen war ein Frauentyp; seine selbstbewusste Präsenz war sogar auf die zwanzig Meter Entfernung zu Jonas spürbar. Aber das Aussehen war ja auch nicht alles.

Erst recht nicht in diesem Fall, wusste Jonas. Adrian Hoffmann, der Bräutigam, war der jüngere Sohn des Bauunternehmers Hans-Peter Hoffmann, der vor zwei Jahren das Golf-Resort List gegründet hatte. Und die Braut Sarah Jessen war die Tochter von Dorothea Jessen, Besitzerin eines erfolgreichen Baustoffhandels. Die Ehe verband also nicht nur persönliche, sondern auch wirtschaftliche Interessen. Doch das musste ja nicht bedeuten, dass nicht trotzdem echte Liebe im Spiel war und die beiden glücklich wurden.

Wieder wanderte Jonas’ Blick zu Kari. Bei ihnen war es genau andersherum. Ihre Berufe verboten eigentlich eine Beziehung. Kari durfte als Undercover-Ermittlerin auf keinen Fall mit einem Kriminalbeamten wie ihm in Verbindung gebracht werden. Das war einer der Gründe, warum sie sich so lange gegen ihre Gefühle für ihn gewehrt hatte. Aber die Liebe war stärker gewesen.

Jonas merkte, dass sich ein entrücktes Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete, und bemühte sich rasch wieder um eine angemessene Miene. Immerhin war er dienstlich hier. Die Familien Hoffmann und Jessen hatten Verbindungen, und entsprechend exklusiv war die Gästeliste. Als Vertreter der Staatsgewalt hatte er Seriosität auszustrahlen. Schlimm genug, dass er nicht einmal zu diesem Anlass auf seine geliebte Lederjacke verzichtet hatte, aber wenn er Ruhestörer oder Paparazzi jagen sollte, brauchte er Bewegungsfreiheit. Hannah dagegen hatte sich für einen dunklen Hosenanzug entschieden, der ihr sehr gut stand. Mit ihrem frisch geschnittenen blonden Bob und dem dezenten Make-up hätte sie auch eine Mitarbeiterin des Landeskriminalamts oder der Staatsanwaltschaft sein können.

Der Applaus verebbte, das Brautpaar ging Hand in Hand ins Hotelrestaurant, gefolgt von den Gästen und Angestellten. Jonas sah zu, wie Kari mit dynamischen Schritten durch die Tür verschwand. Hannah und er würden zusammen mit den anderen Sicherheitskräften draußen bleiben. Im Inneren drohte keine Gefahr. Es galt, die Umgebung zu beobachten und zu verhindern, dass sich Journalisten oder politische Fanatiker hineinschlichen.

Es war auch eine gute Gelegenheit, das Vereinsgelände erneut unter die Lupe zu nehmen. Bei ihren Ermittlungen zum illegalen Schusswaffengebrauch hatten sie auf Granit gebissen. Der Vorstand des Golfclubs hatte ihre Arbeit nur widerwillig unterstützt und ihnen auch eine Durchsuchung verweigert. Ob aus Borniertheit oder weil eines der Vorstandsmitglieder selbst etwas mit den Schüssen zu tun hatte, wusste Jonas nicht. Er hatte gehofft, dass der zuständige Staatsanwalt einen Durchsuchungsbeschluss erwirken könnte, doch der Amtsrichter hatte abgelehnt. Die Beweislage sei zu dünn, hieß es in der Begründung. Jonas argwöhnte, dass der Bauunternehmer Hans-Peter Hoffmann in irgendeiner Weise seine Finger im Spiel gehabt hatte. Auf der anderen Seite stimmte es natürlich, dass das Gelände zwar umzäunt, aber nicht abgeriegelt war. Prinzipiell könnte sich jeder auf den Golfplatz begeben und von dort auf Möwen schießen, nicht nur die Mitglieder des Golfclubs.

Sie hatten die betreffenden Personen trotzdem befragt und ein paar Tage lang sogar das Golf-Resort beobachten lassen. Jonas war davon überzeugt, dass die Waffen zusammen mit anderen Lieferungen an das Hotel-Restaurant oder den angegliederten Golf-Shop aufs Gelände kamen, weil sie sich auf diese Weise am besten tarnen ließen, aber er konnte es nicht beweisen. Stichprobenartige Fahrzeugkontrollen waren ergebnislos geblieben. Kein Wunder; wenige Tage, nachdem Lukas von einer Kugel am Arm getroffen worden war, hielten die Verantwortlichen natürlich die Füße still.

Jonas war froh, dass Kari jetzt vor Ort war. Wenn es etwas zu entdecken gab, würde sie es finden. Trotzdem konnte es nicht schaden, wenn auch Hannah und er sich noch einmal umsahen.

3. Zwei Stunden später taten Kari nicht nur Arme und Beine, sondern auch die Ohren weh. Der Geräuschpegel im großen Saal des Hotel-Restaurants war hoch, es wurde laut geredet und gelacht, Besteck und Porzellan klirrten, und dazu kam die Musik, die der DJ an der Rückseite des Raums auflegte. Wenn sie geglaubt hatte, eine Feier bei den Schönen und Reichen laufe gesetzter und dezenter ab als in anderen Bevölkerungsschichten, so hatte sie sich getäuscht. Eher war das Gegenteil der Fall.

Ihre Kollegin Lydia hetzte mit hochrotem Gesicht an ihr vorbei.

»An Tisch fünf fehlt Rotwein«, rief sie. »Und die Herrschaften möchten Espresso.« Kurz blieb sie stehen. »Den Zucker nicht vergessen!« Sie blinzelte Kari zu und verschwand in der Küche.

Kari atmete einmal tief durch. Sie hatte als Undercover-Ermittlerin schon in den verschiedensten Jobs gearbeitet, aber keiner davon war auch nur annähernd so anstrengend gewesen wie dieser. Mühsam verbiss sie sich eine gequälte Grimasse und lächelte freundlich, während sie den Dessertwagen weiterschob und den Nachtisch verteilte. Nötig wäre es nicht gewesen. Niemand beachtete sie oder erwiderte die Geste – nur die Besitzer der Gaststätte, die hinter der Theke standen, Bier zapften und die Arbeit des Personals mit Argusaugen überwachten.

Es war die perfekte Tarnung; Kari hätte unbemerkt sämtliche Gespräche belauschen können – wenn sie eine Sekunde Zeit dafür gehabt hätte. Doch genau die gab es nicht. Wie sollte sie auf diese Weise etwas über die illegalen Waffen im Golfclub herausfinden? Sie konnte nur hoffen, dass es nach dem Essen ruhiger wurde und sie sich unauffällig unter die Gäste mischen könnte.

Wie in einem Tunnel eilte sie von Tisch zu Tisch, räumte schmutziges Geschirr ab, nahm Getränkewünsche entgegen und gab sie an die Gastwirte weiter. Sie bugsierte den vollen Wagen in die Küche und schnappte sich einen neuen, belud ihn mit Tassen und Gläsern und lief zum wer weiß wievielten Mal durch den großen Saal. Nur am Rande registrierte sie, dass ihre Füße mittlerweile wie Feuer brannten und sich in ihren Waden ein Krampf ankündigte. Dabei hatte sie immer geglaubt, hervorragend in Form zu sein; schließlich joggte sie jeden Tag eine Stunde lang. Aber das hier war eine andere Art von Belastung, auf die ihr Körper ganz offensichtlich nicht vorbereitet war.

Wieder kam Lydia an ihr vorbei, in den Händen ein großes Tablett mit Sektgläsern, das sie geschickt balancierte. Kari sah ihr nach, wie sie sich leichtfüßig zwischen den Tischen hindurch schlängelte, und verspürte einen Anflug von Verzweiflung. Würde sie die Feier überhaupt durchstehen? Wenn sie hier eine schlechte Figur machte, würden die Gastwirte sie nach der Hochzeit womöglich nicht weiter beschäftigen. Wie sollte sie dann herausfinden, wer hier im Golfclub auf Möwen schoss?

Aber noch war es ja nicht so weit.

Sie konzentrierte sich ganz auf die Arbeit und versuchte, alles andere auszublenden, den Lärm, die schlechte Luft und ihre schmerzenden Waden. Selbstdisziplin war schon immer ihre Stärke gewesen. Sie konnte sich gut fokussieren, und es gelang ihr auch jetzt. Irgendwann war der letzte Kaffee ausgeschenkt, das letzte Dessert aufgegessen und der letzte Ruf nach einer neuen Flasche Wein verstummt.

Der DJ unterbrach seine musikalische Untermalung. Ein Mann betrat die Bühne, die an der Rückseite des Raums aufgebaut war. Er war groß und schlank, hatte volle, gewellte graue Haare, eisblaue Augen und ein schmales Gesicht mit einer geraden Nase. Der maßgeschneiderte dunkelgraue Anzug saß perfekt und unterstrich seine distinguierte Ausstrahlung. Es war Hans-Peter Hoffmann, der Vater des Bräutigams. Der Bauunternehmer hob nur knapp die Hand, und sofort wurde die Hochzeitsgesellschaft still.

Hoffmann war ein eindrucksvoller Charakter. Er wirkte ein wenig unnahbar und kühl, nicht untypisch für einen erfolgreichen Geschäftsmann, aber Kari wusste, dass es auch einen großen persönlichen Schmerz hinter der Fassade gab. Hoffmanns Frau war vor fünfzehn Jahren früh gestorben, mit Mitte fünfzig. Der Bauunternehmer war allein geblieben mit seinen beiden Söhnen Hendrik und Adrian, die damals neunzehn und sechzehn waren. Er hatte nie wieder geheiratet, und dem Material zufolge, das Karis Chef beim LKA ihr zu Verfügung gestellt hatte, besuchte er immer noch zwei- bis dreimal die Woche das Grab seiner Frau.

Das berührte Kari. Auch sie ging noch oft zu Björn auf den Friedhof, und sie trauerte nach wie vor, aber nach sechs Jahren hatte sich der Schmerz abgeschliffen. Sie war eine neue Beziehung eingegangen, und in wenigen Tagen würde sie wieder heiraten.

War das richtig? Oder verriet sie ihren verstorbenen Mann damit?

Kari schob den Gedanken beiseite, als Hans-Peter Hoffmann ans Mikrofon trat und das Wort an die Hochzeitsgäste richtete. Niemand rührte sich; es war kein Geräusch mehr zu hören, weder das Rascheln von Kleidung noch das Klirren von Gläsern oder leises Gemurmel. Die gesamte Aufmerksamkeit war gespannt auf den Vater des Bräutigams gerichtet. Hoffmann genoss offensichtlich bei allen Gästen hohen Respekt.

Mit tiefer, sonorer Stimme beglückwünschte er das Brautpaar und erzählte ein paar Anekdoten aus dem Leben von Adrian und Sarah. Die beiden frisch Vermählten lächelten. Adrians Bruder Hendrik dagegen, ein schmaler, blasser Mann mit schütterem blonden Haar, sah mit verkniffener Miene zu seinem Vater auf. Vom Äußeren her kam man nicht auf den Gedanken, dass die beiden Männer Brüder waren – Adrian, der fast wie ein Model aussah, und Hendrik, den Kari ohne Kenntnis der Familienverhältnisse für einen langjährigen Angestellten gehalten hätte, der aus Höflichkeit eingeladen worden war.

Hans-Peter Hoffmann wartete den Beifall und die Lacher ab, die der Erzählung von einem gekenterten Segelboot bei einem romantischen Rendezvous des Paares folgten, und wechselte dann vom leichten zum ernsteren Teil seiner Rede.

»Vor zwei Jahren habe ich das Golf-Resort List aufgebaut«, erklärte er. »Es ist, wenn ich das in aller Bescheidenheit sagen darf, eine großartige Anlage geworden. Die Krönung des jahrzehntelangen Schaffens unseres Unternehmens, das seit Generationen in Familienbesitz ist.« Er lächelte leicht. »Meine Söhne glauben vermutlich, dass ich die Firmenleitung bis zu meinem Tod nicht aus der Hand gebe, aber ich beabsichtige, meinen Lebensabend zu genießen. Deshalb werde ich noch in diesem Jahr die Firma an die nächste Generation übergeben.«

Kari sah, wie sich Hendrik Hoffmann auf seinem Stuhl aufrichtete. Er war der ältere der beiden Söhne, arbeitete seit vielen Jahren als Buchhalter in der Firma seines Vaters und war als studierter Betriebswirt der perfekte Kandidat für den Vorstandsvorsitz, während sein jüngerer Bruder Adrian als Architekt vermutlich in der Exekutive tätig sein würde.

Hans-Peter Hoffmann schaute zu Adrian und Sarah.

»Das ist mein Hochzeitsgeschenk für euch«, erklärte er. »Ab dem nächsten Ersten wirst du, Adrian, die Leitung der Hoffmann Bau AG übernehmen. Dein Bruder wird dich als Chef der Buchhaltung unterstützten. Ich selbst ziehe mich aus der Firma zurück und werde mich in Zukunft ausschließlich dem Grün auf unserem Golfplatz und meinem Handicap widmen.«

Er erntete Applaus und Gelächter. Adrian und Sarah sahen sich an, erst ungläubig, dann strahlend. Sie fielen sich in die Arme. An den Tischen standen die Gäste auf, kamen auf sie zu und gratulierten. Nur einer blieb stocksteif auf seinem Stuhl sitzen, während die Feiernden um ihn herum wogten wie die Wellen einer stürmischen See, die ihn verschlingen wollte.

Hendrik Hoffmann war kreideweiß im Gesicht. Sein Blick war starr auf seinen jüngeren Bruder gerichtet, seine Augen waren dunkel, fast schwarz vor Enttäuschung und Wut. Sein geöffneter Mund formte stumme Worte, doch Kari brauchte sie auch nicht zu hören. Sie konnte sehen, dass der vermeintliche Thronfolger bis ins Mark getroffen war, weil man ihn übergangen hatte.

...

»Möchten Sie nicht kurz hereinkommen?«

Die Frau, die in der Tür des Restaurants stand und zu ihnen herübersah, war Dorothea Jessen, die Baustoffhändlerin und Brautmutter. Eine hagere Frau im flaschengrünen Kostüm mit passenden Pumps und kurzen, blondierten Haaren, die in Wirklichkeit vermutlich längst grau waren. Ihr Gesicht war von einer dicken Schicht Make-up bedeckt, die Haare wirkten wie festbetoniert von einer großen Menge Haarspray. Eine Frau, die auf ihr Äußeres achtete und sich eine jugendliche Ausstrahlung erhalten wollte, für Jonas’ Geschmack mit ihren übertriebenen Bemühungen aber eher das Gegenteil erreichte.

Dabei war sie gerade erst zweiundsechzig. Jonas erinnerte sich, dass die Sylter Nachrichten ein Foto von ihr abgedruckt hatten, als das Golf-Resort List vor zwei Jahren eröffnet worden war. Ihre Firma war maßgeblich an den Bauarbeiten beteiligt gewesen, und die Feier fiel mit ihrem sechzigsten Geburtstag zusammen. Auf dem Bild hatte Hans-Peter Hoffmann ihr einen riesigen Blumenstrauß überreicht.

Dorothea Jessen kam mit energischen Schritten auf Hannah und ihn zu, die Schultern gerade, das Kinn leicht gehoben. Eine Frau, die es gewohnt war, Befehle zu erteilen und die sich auch in einer Männerdomäne durchzusetzen wusste. Jonas schämte sich plötzlich für seine abgewetzte Lederjacke. Vielleicht hätte er doch auf Kari hören und sich einen neuen Anzug anschaffen sollen, nachdem der alte, den er zu sämtlichen feierlichen Anlässen getragen hatte, einer unsachgemäßen Reinigung zum Opfer gefallen war. Aber er hatte gerade erst den Hochzeitsanzug gekauft, den er anschließend zu diesen Gelegenheiten nutzen konnte, und einen zweiten wollte er nicht.

Die Baustoffhändlerin sah über sein Outfit hinweg.

»Ich habe Ihren Kollegen von der Schutzpolizei gesagt, dass sie Feierabend machen können«, erklärte sie. »Die Reporter sind alle gegangen, und falls sich doch noch jemand draußen herumschleicht, wird der Sicherheitsdienst damit fertig.«

Jonas stimmte ihr zu. Es war alles bestens organisiert gewesen. Einige ausgewählte Journalisten hatten die Trauung und den Beginn der Feier begleitet. Es gab Bilder aus der Kirche und von der Kutsche, ebenso wie vom Zersägen des Baumstamms. Anschließend hatte der private Teil der Feierlichkeiten begonnen. Die Zeitungen und das Regionalfernsehen hatten sich zurückgezogen, und Störenfriede waren keine aufgetaucht. Inzwischen waren auch die hochrangigen Politiker und Wirtschaftsvertreter gegangen. Übrig war nur noch die übliche Sylter Klientel. Es bestand kein Anlass mehr für verstärkte Sicherheitsmaßnahmen. Zwischenfälle waren nicht zu befürchten, schließlich verkehrten auf Sylt ständig Prominente. Man war daran gewöhnt, das Besondere hatte sich verloren.

Jonas schaute über das weitläufige Grün nach Norden. Die Sonne war bereits untergegangen, nur ein zart rosafarbener Wolkenschleier schwebte noch über dem Land. Auf der anderen Seite war es bereits dunkel.

»Ich denke, wir fahren nach Hause«, sagte er. »Wir möchten Ihre Feier nicht stören.«

»Das tun Sie nicht.« Dorothea Jessens Lächeln wirkte künstlich, doch ihre Worte schienen ehrlich gemeint. »Wir wissen es zu schätzen, dass Sie heute Abend hier waren. Lassen Sie sich als kleinen Dank zumindest ein Bier zapfen. Alkoholfrei, wenn es sein muss.«

Jonas wechselte einen Blick mit Hannah, die ihm zunickte. Wann hatte man schon die Gelegenheit, bei einer Hochzeitsfeier der High Society dabei zu sein, wenn auch nur als Zaungast? Außerdem konnte er auf diese Weise Kari bei der Arbeit zusehen, ohne dass sie ihm einen Vorwurf machen konnte, und auch dieser Gedanke gefiel ihm.

»Also gut«, stimmte er deshalb zu. »Danke für die Einladung.«

Dorothea Jessen nickte knapp und machte auf dem Absatz kehrt. Offensichtlich war sie keine Freundin großer Gesten.

Jonas und Hannah folgten ihr in den großen Saal des Hotel-Restaurants, und Jonas stellte fest, dass sich eine Hochzeit bei den Schönen und Reichen in keiner Weise von anderen Feierlichkeiten dieser Art unterschied.

Die Luft war dick, erfüllt von lauten Stimmen und Musik, dem Geklirr von Gläsern und dem Duft schwerer Parfüms und teurer Zigarren. Da es eine private Feier war, griff das Rauchverbot in Gaststätten nicht, und einige ältere Herren hatten es sich mit ihren Tabakwaren in einer Ecke des Raums gemütlich gemacht, unter ihnen Hans-Peter Hoffmann, der Vater des Bräutigams, und Günther Pohl, der Besitzer des Hotel-Restaurants, ein stämmiger und handfest wirkender Mann, der ebenso wenig wie Jonas zu den vielen schick gekleideten Menschen passte, sich aber dennoch wohl zu fühlen schien. Er hob sein Glas, in dem sich eine braun schimmernde Flüssigkeit befand, und prostete Hoffmann zu, der die Geste erwiderte.

Die jüngeren Gäste vergnügten sich auf der Tanzfläche, und als plötzlich Kari ganz in seiner Nähe mit einem Tablett voller Sektgläser vorbeilief, erfasste ihn eine schmerzliche Sehnsucht. Wie schön wäre es, wenn sie einfach zu den Gästen der Feier gehören würden und die ganze Nacht hindurch tanzen könnten. Er lachte überrascht auf, als ihn Hannah spielerisch in die Seite boxte und ihm ihre Hand hinhielt.

»Los. Zieh deine Jacke aus«, forderte sie ihn auf und hängte ihren schwarzen Blazer über eine Stuhllehne. »Das ist mein Lieblingslied.«

Jonas kam ihrer Bitte nach, und gleich darauf mischten sie sich unter die Tanzenden. Hannahs blaue Augen strahlten, und ihr blonder Bob schwang im Rhythmus der Musik um ihren Kopf. Wie einfach mit ihr alles war, und wie schwierig mit Kari. Aber Kari war nun einmal die Frau, die er liebte.

Als der DJ eine Pause machte, ging Jonas mit Hannah an die Bar. Es waren nur drei Lieder gewesen, doch er war bereits ins Schwitzen geraten und stürzte das alkoholfreie Bier, das ihm serviert wurde, in einem Zug hinunter. Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich eine Seitentür des Gastraums öffnete und drei Personen eintraten, die von Kopf bis Fuß in weiße Gewänder gehüllt waren und aussahen wie Mitglieder des Ku-Klux-Klans.

Alarmiert stellte er sein Glas beiseite. Seine Hand zuckte zu seiner Dienstwaffe. Er wollte aufspringen und auf die drei zustürzen. Hannah erwischte ihn in letzter Sekunde am Arm.

»Setz dich wieder hin«, raunte sie.

Jonas schaute auf ihre Finger, die sich in seinen Hemdsärmel krallten.

Hannah lachte. »Das gehört zur Feier dazu«, klärte sie ihn auf. »Die Entführung der Braut.«

»Okay.« Jonas ließ sich zurück auf den Barhocker sinken. Von diesem Brauch hatte er selbstverständlich gehört, auch wenn er noch nie auf einer Hochzeit gewesen war, bei der so etwas stattgefunden hatte. Trotzdem war er misstrauisch. »Woher weißt du, dass es nicht irgendwelche Störenfriede sind?«

Hannah deutete auf die Schuhe, die unter der weißen Baumwollkleidung der Eindringlinge hervorsahen. Ein Paar Herrenschuhe aus Lackleder, ein Paar derbe schwarze Boots und ein Paar dunkelblaue Pumps mit einer silbernen Schleife.

»Wem die Lackschuhe gehören, weiß ich nicht«, sagte Hannah. »Aber der Mann mit den Dockers ist Robin Pohl, der Wirt, und die blauen Pumps trägt seine Frau Denise. Die beiden sind mit dem Brautpaar befreundet. Und wozu sie sich verkleidet haben, ist nicht schwer zu erraten.«

Jonas entspannte sich wieder. Hannah war eine gute Beobachterin und eine hervorragende Polizistin. Trotzdem hatte sie sich getäuscht. Die Person, die unter großem Gejohle und Applaus der Gäste vom Tisch der Familie entführt wurde, war nicht die Braut, sondern der Bräutigam. Die weiß gekleideten Gestalten zogen den bereits etwas angetrunkenen Adrian Hoffmann vom Stuhl hoch, verbanden ihm die Augen und trieben ihn mit recht unsanften Stößen aus dem Saal. Einige Gäste machten Anstalten, der kleinen Gruppe zu folgen, doch die Person mit den Lackschuhen blieb mit ausgebreiteten Armen in der Tür stehen und hinderte sie daran.

»Nicht jetzt«, sagte der Mann mit tiefer Stimme. »Gebt uns ein bisschen Zeit. Wir wollen noch etwas vorbereiten. In einer Stunde könnt ihr euch auf den Weg machen und nach ihm suchen.«

Die Neugierigen zogen sich bereitwillig zurück, und die Tür fiel hinter dem letzten Entführer ins Schloss. Jonas bestellte ein weiteres alkoholfreies Bier.

»Was meinst du?«, fragte er seine Kollegin. »Wollen wir nach dem Drink nach Hause fahren? Oder sollen wir uns später an der Suche beteiligen? Vielleicht gibt es ja etwas zu gewinnen?«

»Nein«, erwiderte Hannah und lachte. »Zu gewinnen gibt es nichts. Aber ich bleibe gerne hier. Das wird sicher noch ein interessanter Abend.«

...

Plötzlich waren alle weg. Der große Saal war beinahe leer. Nur ein paar Betrunkene hingen noch auf ihren Stühlen. Günther und Ilse Pohl, die Besitzer des Hotel-Restaurants, beide solide, bodenständig und stämmig, räumten zusammen mit einigen Aushilfskellnerinnen die Tische ab. Lydia war verschwunden; wahrscheinlich hatte sie sich zusammen mit ihren alten Schulfreunden auf die Suche nach dem Bräutigam gemacht.

Kari zögerte nur kurz. Dann ging sie in den Raum hinter den Toiletten, der dem Personal vorbehalten war. Sie tauschte die Pumps, mit denen sie in den vergangenen acht Stunden ihre Füße malträtiert hatte, gegen ihre bequemen Laufschuhe. Anschließend nahm sie ihre leichte Windjacke aus dem Spind, steckte ihr Smartphone ein und trat durch die Hintertür ins Freie.

Es war eine helle, sternenklare Nacht. Ein leichter Wind wehte vom Meer herüber und brachte die salzige Luft mit, die Kari so liebte. Über dem Golfplatz stand ein Halbmond, die Umrisse so klar, als hätte ihn jemand mit einer Schablone ausgestanzt. Das milchige Licht schimmerte auf dem gepflegten Rasen.

Überall auf dem Gelände waren Menschen unterwegs. Kari sah Paare und kleinere Gruppen, die mit Taschenlampen oder Handys leuchteten. Sie blieb stehen und dachte nach. Wo würde sie den entführten Bräutigam verstecken? Es gab zahlreiche Möglichkeiten auf dem riesigen 18-Loch-Platz, Schuppen und Unterstände, kleine, bewaldete Flächen und dichtes Gebüsch, dazu mehrere sogenannte Bunker, mit Sand gefüllte Senken, eine besondere Herausforderung für den Golfer, dessen Ball dort landete.

Die Entführer hatten das Resort sicherlich nicht verlassen; das Gelände war ringsherum von einem stabilen, zwei Meter hohen Zaun umgeben, gekrönt mit drei Reihen Stacheldraht, die ungebetene Gäste abschrecken sollten. Die Prominenz, die hier spielte, legte Wert darauf, unter sich zu sein.

Bei Menschen, die sich verbergen wollten, gab es im Grunde nur zwei bevorzugte Strategien. Entweder, man wählte einen Platz, der möglichst weit vom Ort des Verschwindens entfernt war – oder man blieb bewusst ganz in der Nähe, weil dort erfahrungsgemäß als Letztes gesucht wurde. Den Bräutigam in seinem teuren Anzug würde man überdies wohl eher in einem geschützten Gebäude als in einem Gebüsch unterbringen.

Also nahm sich Kari zunächst die Schuppen und Gerätehäuser rings um das Clubhaus, das Hotel-Restaurant und den Golf-Shop vor. Auch das Clubhaus selbst käme natürlich in Frage, doch sämtliche Türen waren verschlossen, und Kari konnte im Inneren keinen Lichtschein ausmachen.

Vor dem Gebäude, in dem sich die Golfcarts befanden, entdeckte sie Jonas und Hannah, die sich offenbar dieselben Gedanken gemacht hatten wie sie. Kari zögerte nur kurz. Dann ging sie in die andere Richtung davon. Die Gefahr war zu groß, dass irgendjemand sie beobachtete, wenn sie mit Jonas und Hannah sprach, und daraus seine Schlüsse zog.

Ein paar dünne Wolken zogen über die Insel und schoben sich vor den Mond. Der silbrige Glanz auf dem Rasen verschwand, und um sie herum wurde es finster. Kari tastete nach ihrem Smartphone und schrak zusammen, als sich plötzlich direkt vor ihr die Umrisse eines Unterstands aus dem Dunkel schälten. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass ihr gar nicht aufgefallen war, wie weit sie sich von den Lichtern und den anderen Suchenden entfernt hatte.

Sie aktivierte die Taschenlampenfunktion ihres Telefons und leuchtete die offene Hütte aus, doch außer einem Tisch, zwei massiven Holzbänken und einem gemauerten Grill gab es nichts zu sehen. Stattdessen bemerkte sie auf der anderen Seite des kleinen, mit dichten Büschen bewachsenen Waldstücks hinter dem Unterstand mehrere helle Punkte, die sich bewegten, und der Wind trug leise Stimmen zu ihr herüber.

Kari lächelte. Offenbar hatte sie den Bräutigam und seine Entführer entdeckt.

Sie schaltete die Taschenlampe aus, bahnte sich einen Weg durch das Unterholz und schlich sich an die Gruppe heran. Es waren drei Personen, die Golfkappen trugen, an denen sie Stirnlampen befestigt hatten. Ein paar Meter weiter blieben sie stehen, und eine der Gestalten hob ein längliches Objekt mit einer klobigen Spitze. Im selben Moment verschwanden die Wolken, und Kari sah die Personen deutlich im Mondlicht. Der Gegenstand, den der Mann über den Kopf erhoben hatte, war ein Golfschläger, den er jetzt im eleganten Boden schwang. Ein kleines, rundes weißes Objekt flog davon.

Kari lachte auf. Sie hatte nicht die Entführer entdeckt, sondern die Brauteltern, die eine nächtliche Golfpartie austrugen.

Ihr Lachen machte die drei auf sie aufmerksam. Dorothea Jessen drehte sich um und winkte ihr zu.

»Hallo! Sie sind doch eine der Kellnerinnen?«

»Ja.«

Kari ging auf die Gruppe zu. Hans-Peter Hoffmann, der den Ball geschlagen hatte, spähte mit zusammengekniffenen Augen ins Dunkel. Er schien nicht recht zufrieden mit seinem Schlag. Der Dritte im Bunde war Albert Franke, Hoffmanns Fahrer, den man Kari bereits vorgestellt hatte. Wie immer trug er seine schwarze Chauffeurs-Uniform, nur die Schirmmütze hatte er durch die Golfkappe ersetzt. Von Lydia wusste Kari, dass er bereits achtundsiebzig war, aber trotzdem noch für den Bauunternehmer arbeitete, so wie er es seit fünfzig Jahren tat, seit der damals zweiundzwanzigjährige Hoffmann ins Baugeschäft seines Vaters eingestiegen war. Soweit das aufgrund ihrer unterschiedlichen Stellung möglich war, waren die beiden Freunde, doch die Distanz und die Förmlichkeit waren geblieben.

»Seien Sie so gut und bringen uns etwas zu trinken«, sagte Dorothea Jessen. »Eine Flasche Champagner und ein paar Gläser.« Höfliche Worte, doch ihr Tonfall machte unmissverständlich klar, dass es keinesfalls eine Bitte, sondern ein Befehl war.

Kari hätte beinahe geknickst.

»Selbstverständlich«, sagte sie und begab sich auf den Weg zurück zum Restaurant. Die gewünschte Bestellung bedeutete einen erheblichen Fußmarsch, den sie sich nach dem langen Abend gerne erspart hätte. Aber mit dem Vorstand des Golf-Resorts durfte sie es sich auf keinen Fall verderben. Eine Frau wie Dorothea Jessen würde sicher umgehend für ihre Entlassung sorgen, wenn sie mit ihrer Arbeit nicht zufrieden war, und dann wäre ihr Einsatz vorbei, ehe sie auch nur den Hauch einer Spur zu den Waffenlieferanten und Möwenjägern entdeckt hatte. Also tat Kari das, was sie auch machte, wenn ihr beim Marathon die Beine schwer wurden. Sie verengte den Blick, fokussierte sich auf das Ziel und blendete die Schmerzen aus. Ihr Hang, alles kontrollieren zu wollen, hatte schließlich auch seine Vorteile.

Sie war bereits ein gutes Stück von dem kleinen Gehölz entfernt, als in ihrem Rücken ein gellender Schrei ertönte. Kari blieb stehen. Das war keine wütende Reaktion auf einen misslungenen Schlag, auch kein plötzlich ausgebrochener Streit. Was sie hörte, waren Angst und Entsetzen.

Kari machte auf dem Absatz kehrt und rannte den Weg zurück, den sie gerade gekommen war. Sie sah die drei Gestalten mit den Stirnlampen, erstarrte Silhouetten im fahlen Mondlicht. Zu ihren Füßen lag ein dunkles Bündel auf dem Grün.

Nein, kein Bündel, ein menschlicher Körper, erkannte Kari, als sie näher kam. Ein Mann, gekleidet in einen dunkelgrauen Cut mit Weste und Krawatte. Den Zylinder hatte er bereits abgenommen, als er nach dem Zersägen des Baumstamms mit seiner Braut ins Restaurant gegangen war, und die Entführer hatten ihn ohne Kopfbedeckung mitgenommen.

Jetzt klaffte dort, wo bei der feierlichen Kutschfahrt der Zylinder gesessen hatte, ein Loch. Die Augen des Bräutigams waren weit aufgerissen und blicklos in den Sternenhimmel gerichtet. Neben seinem Kopf lag ein Golfschläger, der mit einer rötlich-braunen Flüssigkeit verschmiert war.

Kari spürte, wie sich ihr Herz verkrampfte. Sie eilte zu dem Mann am Boden, kniete sich neben ihn und tastete nach seinem Puls. Als sie nichts fand, aktivierte sie die Taschenlampe ihres Handys und leuchtete ihm in die Augen. Sie waren stumpf und leer. Kari legte trotzdem noch die Finger an seine Halsschlagader und hielt ihr Ohr über seinen Mund, doch es war kein Lebenszeichen mehr zu spüren. Adrian Hoffmann, frischgebackener Ehemann und designierter Firmenchef der Hoffmann Bau AG, war tot.

Kari stand auf und trat ein paar Schritte zurück. Sie wollte etwas sagen, doch ehe sie dazu kam, ertönte ein schriller Schrei neben ihr. Etwas Weißes flog an ihr vorbei wie ein riesiger, aufgescheuchter Vogel. Es war die Braut, Sarah Jessen. Sie warf sich über den toten Bräutigam, presste seinen zerschmetterten Kopf an ihre Brust und weinte laut und herzzerreißend.

Kari brauchte einen Moment, um wieder zur Besinnung zu kommen. Dann trat sie zu dem engumschlungenen Brautpaar und löste Sarahs Finger vorsichtig vom dunkelgrauen Cut des Bräutigams.

»Bitte«, redete sie auf die völlig aufgelöste Frau ein. »Tun Sie sich das nicht an.« Sanft half sie ihr auf die Füße und führte sie von dem Toten weg. Sie empfand tiefes Mitgefühl für die Braut, doch zugleich arbeitete ihr professioneller Verstand auf Hochtouren. Dies hier war ein Tatort, und sie musste dafür sorgen, dass keine Spuren zerstört wurden.

Die drei nächtlichen Golfer lösten sich aus ihrer Starre, und Dorothea Jessen zog ein Mobiltelefon hervor.

»Ich rufe die Polizei«, sagte sie mit tonloser Stimme.

Sarah Jessen schluchzte auf. Kari zog sie weiter und drehte sich erst zu ihr um, als sie einen Unterstand erreicht hatten, neben dem eine Laterne brannte.

In ihrem Beruf hatte sie schon viel Schreckliches gesehen, doch nie zuvor hatte ein Anblick sie so tief berührt wie dieser: die Braut in ihrem weißen Kleid, dessen Vorderseite komplett mit Blut verschmiert war. Beginn und Ende einer Hoffnung, eines Lebens, zu einer grausigen Momentaufnahme geronnen.

Sie war froh, als hinter ihr Stimmen laut wurden.

Hendrik Hoffmann kam mit großen Schritten auf den Unterstand zu und nahm seine Schwägerin in die Arme.

»Danke, dass Sie sich um sie gekümmert haben«, sagte er zu Kari und wies auf die Personen, die ihm gefolgt waren. »Die Herrschaften sind von der Kriminalpolizei«, erläuterte er. »Sind Sie so freundlich …« Seine Stimme brach, er musste sich ein paarmal räuspern. »Zeigen Sie ihnen, wo Sie meinen Bruder gefunden haben?«

»Selbstverständlich.« Sie wandte sich Jonas Voss und Hannah Behrends zu, die hinter Hendrik standen.

»Kommen Sie«, sagte sie und lief den beiden wie in Trance über das kurz geschnittene Grün voraus.

Warum konnte Kari nicht ein einziges Mal auf Sylt ermitteln, ohne dass es einen Toten gab?

4. Sarah Jessen saß wie versteinert auf der Bank in einem der Unterstände, die es überall auf dem Golfplatz gab. Die Rettungssanitäter, die kurz nach Jonas und Hannah am Tatort eingetroffen waren, hatten ihr eine Rettungsdecke umgelegt. Das matte Licht der unter der Decke montierten Lampe spiegelte sich darin. Es war ein verstörender Anblick, die hübsch herausgeputzte Braut mit ihrem aufwendigen Hochzeitskleid und dem goldenen Umhang, der an eine Königin erinnerte, dazu ihr entsetztes Gesicht und das Blut, mit dem der weiße Stoff besudelt war. Jonas Voss konnte sich an keinen Fall erinnern, bei dem Freud und Leid so dicht beieinander gelegen hatten.

Dorothea Jessen, die Mutter der Braut, hatte neben ihrer Tochter Platz genommen. Jonas registrierte, dass in der dicken Make-up-Schicht auf ihrem Gesicht keine Tränenspuren zu sehen waren und das flaschengrüne Kostüm noch immer keine einzige Falte hatte. Spontan schoss ihm der Begriff »Contenance« in den Sinn. Besser ließ sich die Ausstrahlung der hageren Frau mit den kurzen, blondierten Haaren kaum beschreiben.

Es irritierte ihn, dass Sarah und Dorothea Jessen stocksteif auf der Bank saßen, ohne einander zu berühren. Er selbst hätte seiner Tochter in einer solchen Situation den Arm um die Schultern gelegt oder zumindest ihre Hand gehalten. Aber er hatte schon des Öfteren erlebt, dass Dinge, die ihm selbstverständlich erschienen, in der besseren Gesellschaft anders gehandhabt wurden. Dort fand man es wichtig, Haltung zu bewahren. Die glänzende Fassade war ein Teil der Identität und durfte nicht beschädigt werden. Auch dann nicht, wenn dahinter alles in Trümmern lag.

Für Hans-Peter Hoffmann galt wohl dasselbe. Der große, schlanke Mann mit den eisblauen Augen hatte zusammen mit seinem Fahrer auf der Bank Platz genommen, die sich im rechten Winkel zum Sitzplatz der beiden Frauen befand. Sein dunkler Anzug saß ebenfalls tadellos, und auch seine Miene hätte besser zu einer schwierigen Vorstandssitzung als zum tragischen Tod seines Sohnes gepasst. Auf dem Golfplatz, beim Anblick des Toten, hatte Jonas noch Entsetzen in den Augen des Vaters gesehen, doch jetzt schien es, als hätte Hoffmann eine zentimeterdicke Plexiglasscheibe hochgefahren, die kein Gefühl mehr durchdringen konnte. Seinem Fahrer Albert Franke dagegen, der neben ihm Platz genommen hatte, war der Schock nach wie vor deutlich anzumerken. Die Mundwinkel des beinahe kahlköpfigen Mannes zuckten, und seine Hände zitterten.

Voss blieb in der Mitte der offenen Schutzhütte stehen, weil es nur die fest an den Wänden montierten Bänke gab, keine Stühle, die man verrücken könnte. Er wollte nicht so weit von den Zeugen entfernt sein. Hannah nahm an der Wand den Frauen gegenüber Platz und zog ihr Tablet hervor.

»Ich möchte Ihnen mein tief empfundenes Beileid aussprechen«, eröffnete Jonas das Gespräch.

Hans-Peter Hoffmann neigte den Kopf. »Danke.«

Sarah schluckte und senkte den Blick. Ihre Mutter faltete die Hände auf den Knien. Albert Franke fuhr sich mit dem Handrücken über die Augen.

»Es tut mir leid, dass wir Sie in Ihrem Schmerz stören müssen«, fuhr Jonas Voss fort. »Aber bei Mord kommt es auf jede Stunde an. Je schneller wir uns einen Überblick verschafft haben, desto größer ist die Chance, den Täter zu finden.«

»Fragen Sie nur.« Dorothea Jessen hob das Kinn. Ihre Lippen waren ein schmaler Strich. Offenbar gab es doch Gefühle hinter der starren Maske, doch noch gelang es ihr, sie in ihrem Inneren zu verschließen.

»Sie haben den Toten gefunden. Können Sie uns bitte schildern, wie es dazu kam?«, meldete sich Hannah zu Wort.

Dorothea Jessen warf ihr einen missbilligenden Blick zu.

»Der Tote heißt Adrian Hoffmann«, sagte sie dezidiert.

»Natürlich. Verzeihen Sie.«

Die Baustoffhändlerin winkte ungeduldig ab.

»Schon gut. Ich erwarte nicht, dass Sie unsere Bestürzung nachvollziehen können.«

Hannah verzog das Gesicht, erwiderte aber nichts, sondern warf nur Jonas einen bedeutungsvollen Blick zu. Voss hob beschwichtigend die Hand. Natürlich entging ihm nicht, dass Dorothea Jessen seine Kollegin von oben herab behandelte, doch er wollte die angespannte Stimmung nicht weiter aufheizen.

»Bitte. Erzählen Sie«, sagte er ruhig.

Dorothea Jessen gestikulierte.