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"Das Leben sucht man sich nicht selber aus. Das Leben ist mächtiger." Eine Einladung, die nicht so gemeint war, zu einem Fest, was keines sein soll. Und eine Familie, die schon lange lieber keine mehr ist. Dabei könnte alles so schön sein, gemeinsam, friedlich, geborgen. Großmutter hat sich auf den Weg nach Deutschland zu ihrer geschiedenen Tochter und deren inzwischen erwachsenen Töchtern gemacht. Nachdem Großvater in der alten Heimat für immer eingeschlafen ist, ist sie nun da. Für das Fest, das Neubeginn und Hoffnung zelebriert. Und sie ist da, um nicht zu sterben. Aber es wird ihr nicht leicht gemacht. Zu weit entfernt haben sich die vier Frauen, die drei Generationen. Voneinander, vom Glück, von der Liebe, von einer Tradition, von Lebensträumen. Von etwas Gemeinsamen, was sie trägt und sie weich und schützend umgeben könnte. Stattdessen Unmut, Erwartungen, die permanent enttäuscht werden, Spitzen, die schmerzen, aber keine neuen Wunden mehr reißen. So verletzend und quasi nackt sind auch Reihaneh Youzbashi Dizajis Dialoge. Kein Wort zu viel werfen sich die vier an die Köpfe. Und doch kommen die fast ausgehungerten, mageren Sätze reich daher, unterfüttert mit alten Verletzungen, Vorwürfen und Sehnsüchten, die schmerzhaft unter der Haut und auf der Hand liegen. Wie die Riten und Traditionen von Generation zu Generation überliefert werden, so wird auch der ewige Vorwurf weitergereicht. Ein bitterböser Schlagabtausch, der von sehnsüchtig-verletzt bis undankbar-ironisch alle Schattierungen zu zeigen vermag. Ein Konflikt, der nach Auflösung sucht und ein unerwarteter Moment, der die vier Frauen aus diesem statisch, starr und stur gewordenem Tableau vielleicht doch noch erlösen kann ... Kraftvoll poetisch und gleichsam bissig und "stets mehrdeutig schillernd", ein "schräg-scharfes Familienbild" (Tagesspiegel). Tableau entstand 2015 für das Ballhaus Naunynstraße. Mit dem Stück gab die Autorin ihr Regiedebüt.
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Seitenzahl: 34
Veröffentlichungsjahr: 2020
Reihaneh Youzbashi Dizaji
Tableau
FELIX BLOCH ERBEN
Verlag für Bühne, Film und Funk
Inhaltsverzeichnis
Title Page
Personenverzeichnis
Szene 1
Szene 2
Szene 3
Szene 4
Szene 5
Szene 6
Szene 7
Szene 8
Szene 9
Szene 10
Szene 11
Szene 12
Szene 13
Szene 14
Szene 15
Szene 16
Szene 17
Szene 18
Szene 19
Szene 20
Szene 21
Szene 22
Szene 23
Szene 24
Szene 25
Szene 26
Szene 27
Szene 28
Szene 29
Über die Autorin
Über das Stück
Impressum
GroßMutterTochTer
Groß, Mutter, Toch, Ter
GROSSDu bist ...
MUTTER, TOCH, TERMutter.!?
Mutter würgt Groß. Sie lassen sich los.
Groß, Mutter, Ter
GROSSWas ist los?
MUTTERIch habe geträumt.
GROSSMächtig.
MUTTERHab ich gesprochen?
GROSSGeschrien.
MUTTERPassiert. Mir. (Ter tritt auf.) Schau ... wer,
Groß stürzt auf Ter, küsst sie wild geworden.
... da ... ist.
TEROma ... oh, bitte!
GROSSDu bist groß geworden.
TERAlt!
GROSS(zu Mutter) Alt ist sie.
TERGraues Haar und 30, dieses Jahr.
GROSSKomm her. (Groß drückt Ter.)Meine allerliebste Lieblingsenkelin.
TERDu hast nur zwei.
GROSSDich hab ich aufgezogen.
TERWie war die Reise?
GROSSAn – streng – end, dieses Land lässt uns nicht in Frieden sein.
TERDu hast dich nicht verändert.
GROSSHundert will ich werden.
TERWie lange bleibst du?
GROSSBis man mich raus schmeißt!
TERWir freuen uns alle, Papa lässt dich grüßen.
GROSSTut er das?
TERIch denke schon.
GROSSHat er eine neue Frau?
TERJa.
GROSSWie alt ist sie?
TERNicht alt.
MUTTERWann kommt sie?
TERWer?
MUTTERWen erwarten wir denn?
TERIst deine Tochter.
MUTTERIst deine Schwester.
GROSSKomm her. (drückt Ter)
TERWarum hast du Opa nicht mitgebracht?
still
GROSSEr ist ..., letztes ...
Ter rennt weg.Groß schaut Mutter an.
Toch, Groß, Mutter
TOCH(brüllt) Mutter! Du bist so dreckig.
MUTTERHat sie wieder gepetzt?
TOCHSchlimm. (sieht Groß, stürzt auf sie, umarmt sie)
GROSSDu bist groß geworden.
TOCHAch.
GROSSWann wirst du heiraten?
MUTTERIch werde nicht umarmt.(Toch schweigt.)Ich wollte nur Tränen er...sparen.
TOCHDu bist das Letzte.
GROSSSprich nicht so ... mit ihr.
TOCHDu hast sicher gedacht ...
GROSSIch hatte keine Lust zu denken.
TOCHWie geht es dir? (drückt Groß)
GROSSIch bin hier, das Fest zu feiern, hol deine Schwester.
TOCHSie kommt wieder.
MUTTERDie sind komisch, da lieb lieb und da 4 Monate Funkstille.
GROSSWir auch.
MUTTERWir sind keine Schwestern.
GROSSWas ist besser?
Mutter und Toch spielen.
MUTTERHilf mir, ich klebe.
TOCHZeig.
MUTTERHier schau, ich bekomme sie nicht aus...einander.(Toch zieht an ihren Fingern.) Fester, du musst fester ziehen. (Toch verzweifelt)Zieh. Schaffst es nicht.(Toch versucht unermüdlich weiter)Bist zu schwach, nur zu schwach.
TOCHHilf mit.
MUTTERDu schaffst es nicht.
Mutter lächelt, Toch wütet vor Verzweiflung, Mutter löst die Finger.
Toch, Groß
GROSSEr schläft. Ich mach Mittag, er schläft, er ist erschöpft. Ich treffe ein paar Freunde, komme wieder um zu erzählen, das Essen hat er nicht angerührt. Hirnschlag, ohnmächtig, zu lang.
TOCHIch muss gehen.
GROSSGehst du zu deiner Schwester?
TOCHIch habe ein eigenes Leben.
GROSSIch kann nicht schlafen. Seit ich 19 bin, schläft er neben mir.Jünger als du noch. Viel zu jung. Hast du einen Mann?
TOCHEinen Freund meinst du?
GROSSIst er kein Mann?
TOCHDoch ja, Mann, nicht mein Mann, nicht (einmal) mein Freund.
GROSSLass ihn gehen, er ist es nicht.
TOCHWenn das so leicht wäre.
GROSSDu bist groß geworden.
TOCHWie du das nur meinst!
GROSSGeh in dein Eigenleben, ich halt dich nicht auf.
TOCHBleib hier, bleib, geh nicht mehr zurück, was hält dich dort? Schlaf hier in Europa.
GROSSDein Großvater hätte das nicht gern gesehen.Sehen wir, was das Fest uns bringt.
TOCHIch werde nicht bleiben. Ich ertrag sie nicht.
GROSSIch bin doch da.
TOCHWas rettet das?
GROSS(und) Deine Schwester?