Tanja - mein Leben mit Dompfaff (Pferd & Liebe) - Gabi Lohmann - E-Book

Tanja - mein Leben mit Dompfaff (Pferd & Liebe) E-Book

Gabi Lohmann

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Beschreibung

Tanja ist sich sicher: Mit Männern will sie nichts mehr zu tun haben! Aber dann lernt sie über ihre Freundin und Arbeitskollegin Katja einen umwerfenden Typ der Gattung "Mann" – und dessen Pferd Dompfaff kennen. Soll sie es noch einmal riskieren sich zu verlieben? Zu schmerzlich sind ihre Erfahrungen auf beiden Gebieten! Aber für einen Mann wie Markus und ein Pferd wie Dompfaff lohnt es sich, das Risiko einzugehen …

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Seitenzahl: 479

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Gabi Lohmann

Tanja - mein Leben mit Dompfaff (Pferd & Liebe)

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Lebensweisheit:

Einleitung

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

52. Kapitel

53. Kapitel

54. Kapitel

55. Kapitel

56. Kapitel

57. Kapitel

58. Kapitel

59. Kapitel

60. Kapitel

61. Kapitel

62. Kapitel

Epilog

Danksagung

Weitere ebooks des Autors

Koppelgeschichten – von und mit Pferd –

Vier Hufe für Dich: – Band 1 – Eine schwere Entscheidung

Vier Hufe für Dich: – Band 2 – Ein Zuhause für Mercury?

Impressum neobooks

Lebensweisheit:

Verliere Dich nicht in der Trauer

um einen geliebten Freund,

sondern erinnere Dich

an die glücklichen Momente

zusammen mit Ihm!

Einleitung

Traurig lehnte Tanja am Koppelzaun, ihren Blick auf den braunschwarzen Wallach gerichtet. – Dompfaff – wie hatte er doch ihr Leben verändert! Ein Arm legte sich tröstend um ihre Schultern.

„Na, nimmst du Abschied?“, Jürgen drückte sie kurz an sich. Jürgen – auch ihn hätte Tanja ohne Dompfaff nie kennengelernt. Langsam rannen ihr die Tränen aus den Augen. Jürgen reichte ihr sein Taschentuch.

„Hey, nicht traurig sein. Denk an die schöne Zeit mit Dompfaff, an Eure Ausritte, an sein Toben, als er das erste Mal hier auf die Koppel durfte. Er hatte eine schöne Zeit mit Dir – aber jetzt ist es Zeit, ihn gehen zu lassen.“

Jürgen konnte nicht mehr weiter reden, denn jetzt heulte Tanja wie ein Schlosshund. Ihr brauchte niemand zu sagen, was sie an diesem herrlichen Pferd gehabt hatte! Das wusste Tanja selbst, und Tanja wusste auch, dass diese Zeit nun vorbei war. Wenn Dompfaff wenigstens ein altes Pferd gewesen wäre, aber 12 Jahre waren viel zu jung …

Tanjas Gedanken gingen vier Jahre zurück, in die Zeit, als sie Dompfaff kennen gelernte hatte.

************

1. Kapitel

„Hey, Tanja“, Katja ihre Freundin und Arbeitskollegin, beugte sich über Tanjas Schreibtisch. „Wie sieht es bei dir am Wochenende aus, schon was vor?“

„Nee du, vielleicht ins Schwimmbad oder etwas shoppen – keine Ahnung. Warum fragst du?“ Tanja hatte sich erst vor zwei Wochen von ihrem Freund getrennt und wusste mit ihrem Single-Leben noch nicht so richtig etwas anzufangen.

„Schwimmen, shoppen, das kannst du doch jedes Wochenende machen!“ Katja war richtig gut gelaunt und energiegeladen. „Du kommst einfach mit mir aufs Reitturnier!“ Erwartungsvoll strahlte sie Tanja an.

„Reitturnier!??? Wie kommst Du denn jetzt da drauf. Seit wann hast du denn etwas mit Pferden am Hut?“ Katja war zwar sportlich, aber Pferde gehörten bisher nicht zu ihrem Themenkreis.

„Tja, ich habe dir doch von dem tollen Typ in der Bar letzte Woche erzählt.“ Katja druckste ein bisschen herum. „Ja und der, der reitet. Und zwar diese Woche in Merklingen auf dem Turnier. Und da möchte er, dass ich zuschaue. Und da ich von Pferden keine Ahnung habe …“

‚Nachtigall, ich hör dir trapsen! Daher wehte der Wind!‘, dachte Tanja. Laut sagte sie, „und dann hast du dich erinnert, dass ich früher mal geritten bin.“

„Ja!“ Jetzt war Katja wieder oben auf. „Und bei dem tollen Wetter möchtest du mich gaaanz bestimmt zum Turnier begleiten! Außerdem lernst du dann gleich den süßesten Typen aller Zeiten kennen. Toby ist so was von toll!“

Au nein, nicht schon wieder! Seit einer Woche hatte Tanja das Vergnügen, sich die Lobeshymnen über diesen Toby, alias Tobias Bergmann, anzuhören. Muss Liebe schön sein! Tanjas Liebesleben köchelte gerade auf Sparflamme. Vor zwei Wochen hatte sie ihren damaligen Freund Stefan mit ihrer bis dahin besten Freundin Inga zusammen im Bett erwischt. Die beiden waren jetzt fest zusammen – und Tanja um zwei Freunde ärmer. Gegenwärtig versuchte Tanja erst mal, als Single ihr Leben wieder in den Griff zu kriegen. Das sollte ihr mit 24 Jahren eigentlich nicht allzu schwer fallen – so hoffte Tanja jedenfalls.

Sie war in ihrem Leben noch nie lang allein gewesen: Bis zwanzig hatte Tanja entweder im Internat oder bei ihrem Vater gewohnt. Nach ihrer Ausbildung war sie direkt mit Peter, ihrem ersten Freund zusammengezogen. Leider zeigte es sich, dass sie für ein Zusammenleben absolut ungeeignet waren. Zum Schluss waren es tatsächlich so lächerliche Kleinigkeiten wie eine offene Zahnpastatube, die das Fass zum Überlaufen brachten. Peter zog aus. Aber nach fast zwei Jahren des Zusammenlebens schafften sie es immerhin, Freunde zu bleiben. Kurz danach lernte Tanja Stefan kennen und lieben. Aber wie schon erwähnt, liebte Stefan leider nicht nur sie, sondern auch ihre ‚beste‘ Freundin …

Jetzt hatte Tanja die Wohnung wieder für sich allein – und am Wochenende nichts vor, was sprach also dagegen, Katja aufs Turnier zu begleiten?!

„… ist die SMS nicht einfach süß!“ Katja hielt Tanja ihr Handy hin und schaute sie treuherzig an. Ups, da war sie in Gedanken mal wieder ganz woanders gewesen. Aber Katja fiel das Gott sei Dank nicht weiter auf. „Und was ist nun? Kommst du mit? Ich hole dich auch ab.“

„Okay, wann geht es denn los? Ich sollte auf jeden Fall vorher noch zum Einkaufen.“ Das war ein Nachteil am Single-Leben, denn um die Einkäufe hatte sich bisher immer Stefan gekümmert.

„Kein Problem! Toby reitet irgend so ein größeres Springen. Da ist Samstagnachmittag die Qualifikation und am Sonntag die Endausscheidung. Hat er mir zumindest so erklärt. Ich soll am Samstag direkt zum Turnierplatz kommen. Er trifft sich mit mir um 15.00 Uhr am Getränkestand.

Mann, das finde ich so Klasse, dass du mitkommst – kannst Du mir bis dahin noch etwas ‚pferdisch’ beibringen?“

Katja war manchmal aufgedreht wie ein Teenager. Sie war einfach an allem interessiert. Dagegen fühlte sich Tanja richtig alt: Bei ihr musste alles immer gut überlegt sein. Spontanität war nicht so ihre Sache, auch mit Gefühlen war Tanja eher vorsichtigr, aber scheinbar nicht vorsichtig genug, wie die Sache mit Stefan und Inga gezeigt hatte.

###

2. Kapitel

Samstagnachmittag stand Katja schon um 13.00 Uhr vor Tanjas Tür. Das Telefonat am Abend zuvor hatte seine Wirkung bei Katja nicht ganz verfehlt. Statt Sandalen und Mini-Rock hatte Katja sich für Chucks, Leggins und einen absolut heißen Pulli entschieden. Der Pulli schmiegte sich eng an ihre Figur und der Ausschnitt ließ erahnen, dass Katja einiges zu bieten hatte. Naja, wer hat, der hat. Hoffentlich konnte Toby nach dem Anblick noch reiten!

„Wow, Katja, komm rein. Du bist aber ganz schön früh dran!“ Tanja öffnete die Wohnungstür.

Katja trat ein, in der Hand eine Tüte schwenkend. Sie stellte sich vor Tanjas Graderobenspiegel. „Meinst du, das geht so? Ich war mir nicht sicher. Deshalb habe ich vorsichtshalber noch etwas anderes zum Anziehen mitgebracht.“ Katja zupfte etwas an ihrem Pulli.

Tanja musterte Katja kritisch. „Also, normalerweise würde ich zu einem Turnier T-Shirt, Jeans und feste Schuhe anziehen. Etwas Unempfindliches, bei dem es nichts ausmacht, wenn es schmutzig wird. Aber irgendwie passt das nicht zu dir.“ Tanja versuchte Katja mit den Augen eines Mannes zu betrachten und musste schlucken. „Weißt du was – ich finde dein Outfit genau richtig! Es wird Toby umhauen!“

„Gut“, Katja bewunderte sich selbst noch einmal im Spiegel. „Genau das ist ja auch das Ziel des Ganzen!“ Dann drehte sie sich schwungvoll zu ihrer Freundin um. „Und jetzt schauen wir mal, was dein Kleiderschrank so hergibt! Jeans, T-Shirt! Das ist ja wohl nicht dein Ernst. Du bist wieder auf dem Markt, also zeig, was du zu bieten hast!“ Katja stürmte ins Schlafzimmer und machte sich über Tanjas Kleiderschrank her.

Tanja schmunzelte im Stillen. Sie war sich sicher, dass Katja bei ihr nicht fündig werden würde. Ihre Kleider waren allesamt „vernünftig“. „Aufbrezeln“ war so gar nicht ihr Stil. Entweder man mochte Tanja, wie sie war – oder man ließ es bleiben. Tanja folgte Katja langsam. An der Schlafzimmertür blieb sie abrupt stehen. Katja hatte es tatsächlich in kürzester Zeit geschafft, Tanjas gesamten Kleiderschrankinhalt auf dem Boden zu verstreuen. Auf dem Bett lag eine Kombination aus Shirt, Cardigan und Röhren-Jeans, die Tanja im Leben noch nie gesehen hatte. Zweifelnd schaute Tanja Katja an. „Wo hast du denn die Klamotten gefunden?“

Katja strahlte sie an. „Siehst du, wie gut, dass ich noch ein paar Sachen von mir dabei habe.“ Sie schüttelte missbilligend den Kopf. „Wir müssen unbedingt mal zusammen einkaufen gehen. In deinem Zeug wirkst du ja wie deine eigene Putzfrau! Los – anziehen!“

Ehe Tanja sich versah, steckte sie in Röhrenjeans und Shirt und sie musste feststellen: Es sah richtig gut aus. Der Ausschnitt war für sie zwar ziemlich gewöhnungsbedürftig. Aber, was soll’s? Es stand ihr richtig gut! Verblüfft über ihr schickes Aussehen, ließ Tanja es sogar zu, dass Katja sie schminkte.

„So!“ Katja räumte den Lidschatten zur Seite. „Ich habe dir schon oft gesagt: Bei deinem Gesicht musst du gar nicht viel machen. Ein bisschen Wimperntusche, ein bisschen Kajal, ein wenig Puder und schon siehst du grandios aus. Tatatata“, Katja gab den Blick auf den Spiegel frei. „Und, was sagst du jetzt?“

Ungläubig schaute Tanja in den Spiegel. Ihre Freundin hatte den Beruf verfehlt. Sie hätte Modeberaterin oder Kosmetikerin werden sollen! Tanja war sprachlos, eigentlich sah sie aus wie immer, nur viel besser!

„Mensch, Katja! Wie hast du das hinbekommen?“ Tanjas blaue Augen leuchteten viel intensiver als sonst. Die blonden langen Haare fielen in weichen Wellen über die Schultern, ihr Mund zuvor schmal und unscheinbar, wirkte nun verlockend. Tanja gefiel sich richtig gut!

Auch Katja lächelte sehr zufrieden. „Hab ich dir doch schon immer gesagt: Lass mich mal machen! Aber du bist ja so fürchterlich misstrauisch. Auf jetzt! Wir müssen los, ich will zu meinem Date nicht zu spät kommen!“

###

Tanjas Styling hatte Zeit gekostet, aber sie schafften es rechtzeitig zum Turnierplatz. Tief sog Tanja den Geruch von Pferden, Würstchenbuden und Leder ein. Diesen Geruch hatte sie in all den Jahren vermisst. Als Kind war Tanja mit ihren Turnierambitionen zwar nicht weit gekommen, aber die A-Dressuren und E-Springen hatte ihr damals riesigen Spaß gemacht. Vor ihren Augen erschien das Bild eines keck blickenden Fuchsponys. Tanja schluckte hart und verdrängte das Bild in den hintersten Winkel ihres Gedächtnisses.

Inzwischen hatte Katja sie bis zum Getränkestand gezogen. „Hier“, sie drückte ihr ein Mineralwasser in die Hand. Als Tanja nach ihrem Geldbeutel kramte, winkte Katja großzügig ab. „Fürs Mitkommen! Immerhin bist du nur wegen mir hier!“ Aufgedreht blickte sie um sich. „Man ist hier was los. Woher wissen die nur alle, wer wann wohin muss?“

„In dem man sich ganz auf seinen Begleiter verlässt!“ Unbemerkt war ein wirklich gut aussehender Mann hinter Katja getreten und umarmte sie. „Hallo, meine Süße.“ Katja drehte ihren Kopf der Stimme entgegen und überließ sich einem leidenschaftlichen Kuss.

Nach einer Weile räusperte sich Tanja. Immerhin waren sie hier an einem Samstagnachmittag auf einem Turnierplatz. Tanja war die Küsserei ziemlich peinlich!

Katja löste sich von dem Mann, gab ihm noch schnell einen Kuss auf die Nase und stellt ihn Tanja zufrieden lächelnd vor. „Toby, darf ich dir meine Kollegin und beste Freundin Tanja vorstellen. Tanja, das ist Tobias!“

Tanja reichte Tobias ihre Hand. Er sah wirklich toll aus. Groß, sehr männlich und muskulös. Volle dunkelbraune Haare und dazu hellblaue Augen, eine attraktive Mischung. Allerdings gefiel ihr nicht der taxierende Blick, mit dem er sie musterte. Sein Händedruck dagegen war angenehm fest.

„Hallo, Tanja!“ Seine Stimme klang samtweich. „Schon viel von dir gehört!“ Sein Blick schweifte zu Katja. „Ihr beide seht toll aus!“ Er zwinkerte mit den Augen. „Kommt, ich möchte euch mein Pferd zeigen. Mein Freund Markus wartet mit unseren Pferdepflegerinnen am Abreiteplatz.“

Tanja folgte den beiden mit gemischten Gefühlen. ‚Schon viel von dir gehört’ - so ein Schleimer! Er kannte Katja doch gerade mal eine Woche. Und dann der Blick – so ein richtiger Macho! Solche Typen hatte Tanja gefressen!

###

Auf dem Abreiteplatz war die Hölle los. Das Turnier sollte bald beginnen und die meisten Reiter waren dabei, ihre Pferde aufzuwärmen. Immer wieder hallte der Ruf „Sprung frei“ über den Platz. Wie man bei dem Getümmel springen konnte, war Tanja schleierhaft. Bei den Turnieren, an denen sie teilgenommen hatte, war viel weniger los gewesen.

„Tanja!“

Suchend blickte Tanja sich um. Von den vielen Eindrücken abgelenkt, hatte sie Katja und Toby aus den Augen verloren.

„Tanja!“ Tobias Stimme trug weit über den Platz. Er streckte seine Hand hoch. Schnell winkte Tanja zurück und drängelte sich durch die Menschenmasse in die angegebene Richtung.

Tobias stand zusammen mit einem jungen Mann am Rand des Abreiteplatzes, und wenn Tobias schon gut aussah – der Typ, der war einfach umwerfend: Hoch gewachsen, breite Schultern, schmale Taille und sein knackiger Po sah in den knallengen Reithosen klasse aus! Einige Mädchen umringten die beiden Männer und himmelten sie regelrecht an. Katja, Toby und der klasse Typ blickten in Tanjas Richtung – und dann lächelte der Kerl sie an. Tanja blieb die Luft weg!

„Hi! Ich bin Markus und du musst Tanja sein“, begrüßte er sie. Ehe Tanja sich versah, hatte der Mann sie an sich gezogen und ihr einen Kuss auf die Wange gedrückt. Hatte sie der Blick von Toby gestört, so genoss sie jetzt, die Art, wie Markus seine Augen über ihren Körper wandern ließ. Doch schon war der Augenblick vorbei. Was blieb, war ein angenehmes Kribbeln in ihrem Körper.

Markus wandte sich an Toby. „Ich glaube, es wird langsam Zeit nach unseren Rössern zu sehen. Wo sind die Gören mit den Pferden hin.“ Markus und Toby blickten suchend über den Abreiteplatz. Dann stieß Toby einen lauten Pfiff aus. Zwei Reiterinnen reagierten sofort und wendeten ihre Pferde in Tobys Richtung.

Beim Anblick der Tiere bekam Tanja große Augen. Ein Schimmel und ein Schwarzbrauner bewegten sich auf sie zu. Beide Pferde waren etwa gleich groß, beide kräftig und muskulös. Während der Schimmel einen großen grobschlächtigen Kopf hatte, blickte der Schwarzbraune mit wachen Augen keck unter seinem dicken Schopf hervor. Wow, war das ein Pferd!

Tanjas Augen fixierten den Schwarzbraunen: Ein kleiner trockener Kopf mit konkavem Profil, ein Hechtkopf wie bei einem Araber, dazu dieser Blick aus großen dunklen Augen – Tanja und der Schwarzbraune blickten einander an. Augenblicklich verlor sie ihr Herz an den hübschen Wallach!

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Die beiden Mädchen parierten die Pferde vor Markus und Tobias durch und ließen sich aus den Sätteln gleiten. Beide Mädchen versuchten gleichzeitig, ihre Eindrücke vom Abreiten der Tiere an Toby und Markus weiterzugeben. Eine wahre Flut von Wörtern ergoss sich über die beiden Männer. Markus und Tobias verdrehten die Augen, hörten überhaupt nicht zu.

„Jetzt seid mal still und gebt die Gäule her!“ Markus klang genervt. „Wir wissen schon, wie unsere Tiere geritten werden müssen.“

Die beiden Reiterinnen schwiegen abrupt. Der einen traten Tränen in die Augen, was sie geschickt zu verbergen versuchte. Tobias und Markus schwangen sich in die Sättel. Markus suchte mit seinem Blick Tanja. Seine Augen schweiften zu ihrem Körper. Was er sah, schien ihm zu gefallen.

„Lauf nicht weg, meine Schöne!“, rief er ihr zu und strahlte sie an. „Drück mir die Daumen.“ Dann gab er seinem Pferd die Sporen und galoppierte davon.

Katja stieß Tanja an. „Hey, Tanja. Da hast du jemanden schwer beeindruckt.“ Sie grinste. „Übrigens - wie gefällt dir mein Tobias?“

Tanja beschloss die giftigen Blicke der Mädchen um sich herum zu ignorieren und hängte sich bei Katja ein. „Hm, der Toby scheint ein ganz Netter zu sein und aussehen tut er richtig gut – aber für mich wäre er nichts. Er tut so, als gehöre ihm die ganze Welt, und vor allem die Frauen dieser Welt!“ Vorsichtig musterte Tanja ihre Freundin aus den Augenwinkeln. Hoffentlich nahm sie ihre Ehrlichkeit nicht krumm!

Aber da kannte Tanja Katja schlecht. Sie lachte nur und spottete: „Klar glaubt er das und darf es auch, aber nur so lange, wie er sich brav um mich bemüht und die Finger von den anderen Weibern lässt!“ Mit geringschätzig herabgezogenen Mundwinkeln nickte Katja in Richtung von Tobys und Markus Fan-Gemeinde. „Die Teenies sind für mich eh keine Konkurrenz! Das ist der reinste Kindergarten. Von denen kann er sich ruhig anhimmeln lassen. Wie heißt es so schön: ‚Appetit holen darf man sich überall – aber gegessen wird zuhause!‘“ Katja musste lachen.

Die Freundinnen suchten eine Stelle, von der man sowohl den Abreiteplatz als auch den Springparcours gut einsehen konnte. Tanja hatte auf der Tafel am Abreiteplatz gelesen, dass 34 Reiter an dem Springen teilnahmen. Markus startete im Mittelfeld, Tobias war am Anfang dran.

Der Parcours schien ausgesprochen anspruchsvoll zu sein. Von den ersten sechs Teilnehmern blieb keiner unter zwei Abwürfen. Dann war Tobias an der Reihe. Katja krallte vor Aufregung ihre Finger in Tanjas Arm. Toby ließ seinen Schimmel in einem großen Kreis um die Hindernisse herum galoppieren und wartete auf das Startsignal.

Der Parcours bestand aus acht Hindernissen mit elf Sprüngen. Für Tanja wirkten sie riesig und die Abstände innerhalb der Kombinationen stellten eine zusätzliche Herausforderung dar. Dann ertönte die Startglocke. Toby ritt das erste Hindernis an. Der erste Sprung war für seinen Schimmel kein Problem. Schwungvoll stieß er sich ab und kam mit sehr viel Luft über den Sprung.

Wider Erwarten hatte auch Tanja das Reitfieber gepackt. Ihr Oberkörper wippte im Takt des Galopps und kippte bei jedem Sprung leicht nach vorn. Zugleich quetschte Katja ihr bei jedem Sprung den Arm. Als beim letzten Sprung die Stange fiel, waren die beiden genauso enttäuscht wie Tobias.

Toby klopfte seinem Pferd den Hals und ritt im Schritt zum Abreiteplatz. Über Lautsprecher hörte man: „Die Nummer 234 Tobias Bergmann auf Landor vier Fehlerpunkte und somit zurzeit der erste Platz“. Applaus brandete nach der Lautsprecherdurchsage auf und schon ritt der nächste Teilnehmer in den Parcours.

„Nächster Teilnehmer Jürgen Niermann auf Nixe!“, schallte es aus dem Lautsprecher.

Tobias tauchte hinter Katja und Tanja auf und legte seinen Arm besitzergreifend um Katja. Seine Aufmerksamkeit galt dem Reiter in dem Parcours. „Jetzt bin ich mal gespannt, was der abreißt.“ Aufmerksam verfolgte er jede Bewegung von Pferd und Reiter.

Tanja schaute sich suchend um. „Was ist mit deinem Pferd?“

„Mein Pferd?“ Tobias Augen wichen nicht von dem Pärchen auf dem Springplatz. „Um das prügeln sich gerade vier Mädels. Das braucht mich nicht! Jetzt lasst mich mal schauen, wie die Nixe heute geht.“

Nixe war ein mittelgroßer Schimmel. Sie wirkte ungeheuer geschmeidig und biegsam, ganz anders als Landor mit Tobias. Sie sprang wie ein kleiner Gummiball über die Hindernisse, ungeheuer harmonisch – und vor allen Dingen fehlerfrei! Der Reiter wurde mit viel Applaus belohnt.

„Wie macht der Kerl das nur?“ Tobias wirkte ungehalten. „Der Gaul stand vor drei Monaten noch bei uns im Stall. Den hat niemand auch nur über ein Cavaletti gekriegt – und hier geht der fehlerfrei über einen S-Parcours.“ Tobias blickte dem Reiter nach. „Jetzt muss Markus sich anstrengen. Dem Kerl gönne ich den Sieg nicht!“

Und wie sich Markus anstrengte! Er ritt konzentriert und taxierte die Sprünge passgenau an. Dompfaff, so hatte der Stadionsprecher das Pferd angekündigt, hatte nicht die enorme Leichtigkeit von Nixe, aber er war ungeheuer kräftig und er meisterte die Höhe der Sprünge fantastisch. Tanja, Katja und Toby applaudierten begeistert, als das Paar den Parcours fehlerfrei verließ. Markus klopfte Dompfaff zufrieden den Hals und sprang auf dem Weg zum Abreiteplatz aus dem Sattel. Zwei Null-Fehler-Ritte, Dompfaff und Nixe würden im Stechen gegeneinander antreten müssen. Das Mädchen, das vor dem Ritt auf Dompfaff gesessen hatte, nahm Markus das Pferd ab.

„Wirf ihm `ne Abschwitzdecke über und halte ihn in Bewegung. Der muss gleich nochmal zum Stechen“, wies Markus das Mädchen an. Dann wandte er sich an Tanja. „Na, das konnte man sich doch mal ansehen. Tolles Pferd – nicht wahr!“

Tanja blickte Dompfaff sehnsüchtig hinterher. Gern hätte sie sich jetzt um den hübschen Braunen gekümmert. Markus legte wie selbstverständlich den Arm um Tanja. „Na, gefällt dir mein Dompfaff? Ist er nicht ein Schicker! Hast du schon mal auf einem Pferd gesessen?“

„Ja!“ Tanja schaute zu Dompfaff. „Ich bin früher mal geritten“, fuhr sie fort.

„Früher mal geritten …“, mischte Katja sich in das Gespräch ein. „Tanja untertreibt mal wieder! Ein eigenes Pferd hatte sie früher und ist auf Turnieren gestartet! Nicht wahr, Tanja!“

„Naja.“ Beim Zurückdenken an ihre Turnierzeit musste Tanja lächeln. „Ich bin auf ganz kleinen Turnieren geritten, aber es hat riesigen Spaß gemacht!“

„Na dann ist doch alles geschwätzt!“ Markus ließ noch einmal seinen Blick über ihren Körper wandern. „Dann kommst du nächste Woche zum Reitstall und reitest meinen Dicken.“

Tanja war noch dabei, Markus Blick zu verdauen. Ihr war warm und kribbelig geworden. Seine locker dahingesagte Einladung, sein Pferd zu reiten, warf sie vollkommen aus der Bahn. Sie sollte dieses herrliche Tier, das eben fehlerfrei durch einen S-Parcours gegangen war, reiten dürfen! Sie schluckte trocken.

„Ist das dein Ernst? Ich darf Dompfaff reiten? Du weißt doch gar nicht, ob ich für ihn gut genug bin.“ Tanjas Augen ruhten fassungslos auf Markus.

„Ach, jetzt mach dir darüber keinen Kopf.“ Markus wirkte völlig zufrieden mit sich. „Ich bin ja dabei und passe auf.“

Einsetzender Applaus brachte sie in den Turnieralltag zurück. Ein weiterer Reiter war fehlerfrei über den Parcours gekommen.

„Bis jetzt sind es vier im Stechen.“ Tobias hatte aufgepasst und mitgezählt. „Du, Rita mit ihrem Satan, Nina auf Amadeus und der Jürgen mit der Nixe.“

„Was! Jürgen ist mit der Nixe über diesen Parcours gekommen?“ Markus wirkte fassungslos. Er hatte das Ergebnis des Konkurrenten nicht mitbekommen. Toby quittierte Markus Reaktion mit einem trockenen Lachen.

„Tja, da guckst du! Keine Ahnung, wie der Kerl das hingekriegt hat, die Dame ist gesprungen, wie in früheren Zeiten!“ Markus und Toby blickten zum Abreiteplatz. Dort war es leer geworden. Nixe und ihr Reiter waren leicht auszumachen. „Das gibt es doch gar nicht.“ Markus klang mürrisch. „Ein halbes Jahr lang habe ich alles probiert und das Vieh nicht in die Nähe eines Sprungs bekommen.“

Toby wandte sich erklärend an Katja und Tanja. „Die Nixe war früher mal ein sehr erfolgreiches Springpferd. Dann ist sie in einem Springen schwer gestürzt. Damit war ihre Karriere erst einmal beendet. Ein paar Mal hat sie den Besitzer gewechselt, bis Markus es mit ihr probiert hat. Sie sollte das Zweitpferd zu Dompfaff werden. Aber Markus hatte auch kein Glück mit ihr und hat sie dann vor drei Monaten an den Händler zurückgegeben.“

Toby schlug Markus mit der Hand auf die Schulter. „Gott sei Dank hat dich das Tier nicht viel gekostet!“

„Schwacher Trost! Der Kerl hat den Gaul bestimmt für `nen Appel und `en Ei bekommen.“ Mürrisch starrte Markus Pferd und Reiter hinterher.

„Musst du nicht zu Dompfaff?“, wagte Tanja einwerfen. Das Springen neigte sich langsam dem Ende zu.

Markus winkte ab. „Keine Hektik. Sabine hält Dompfaff warm.“ Markus gute Laune schien vorübergehend verloren gegangen zu sein. „Wie hat der Kerl das Tier nur wieder zum Springen gebracht …?“ Kopfschüttelnd ging Markus zum Abreiteplatz, um Dompfaff auf das Stechen vorzubereiten.

###

„… und jetzt bitten wir zur Ehrenrunde im Galopp!“ Mit dem Einsetzen der Musik galoppierte Markus Dompfaff an. Stolz reckte er seine Faust in die Höhe und winkte den Zuschauern zu. Sein Gesicht strahlte und seine Freunde applaudierten stürmisch. Markus hatte es geschafft. In einem Wahnsinnstempo war er über die Hindernisse geprescht und in der schnellsten Zeit fehlerfrei geblieben. Auch Tobias mit seinem Landor hatte noch eine Platzierung ergattert. Er schien mit seinem siebten Platz zufrieden zu sein. Mit strahlendem Gesicht reihte er seinen Schimmel in die Reihe der Sieger und Platzierten ein.

Tanja und Katja lehnten an der Parcoursumzäunung. „Na, das wird heute Abend eine tolle After-Parcours Party geben.“ Katjas Augen leuchteten vor Begeisterung. „Der Erfolg muss gefeiert werden! Du bist doch auch dabei - oder?“ Rhythmisch klatschte Katja zum Klang der Musik.

„Schau’n wir mal.“ Tanja war skeptisch. Ihr ging das alles zu schnell. Zugegeben, Markus gefiel ihr äußerst gut und seine Blicke lösten prickelnde Gefühle in ihr aus. Aber: Der Mann war ein Macho – und auf Machos stand Tanja überhaupt nicht!

###

Die After-Parcours Party war ein Knüller. Die Reiter hatten ihre Turnierkleidung gegen Jeans und Shirts ausgetauscht – es herrschte eine tolle, ungezwungene Stimmung. Eine Liveband spielte – und die Sängerin war richtig gut! Katja und Tanja standen mit Markus, Tobias und ein paar anderen aus deren Clique zusammen. Das Hauptthema war allerdings nicht Markus Turniersieg, sondern Jürgen Niermann und Nixe.

„Habt ihr gesehen, wie die Graue über die Hindernisse geflogen ist.“ Bernd, einer aus Markus Clique bekam richtig glänzende Augen, als er an das Stechen zurückdachte. „Und dann pariert Jürgen sie vor dem letzten Sprung durch, nur weil er meint, sie würde nicht klar laufen. Den einen Sprung hätte sie mit Sicherheit noch geschafft. Ich konnte kein Lahmen erkennen!“ Bernd stieß Markus in die Seite. „Der Kerl hat dir den Sieg geschenkt!“

„Na, geschenkt würde ich nicht sagen, aber verdammt knapp wäre es schon

geworden.“ Markus schaute nachdenklich in sein Bier. „Hätte mich interessiert, ob Nixe Dompfaffs Zeit unterboten hätte. Vom morgigen Springen hat er auch zurückgezogen. Schade, eigentlich!“

„Es ist doch gut, wenn er sein Pferd schont“, wagte Tanja einzuwerfen. „Falls die Stute sich vertreten hat, kann doch sonst was passieren, wenn er sie weiter reitet.“

Markus legte seinen Arm um Tanja. „Diese besorgten Frauen.“ Sein Ton klang schrecklich gönnerhaft. „Du hast Bernd gehört: Es war keine Lahmheit zu erkennen. Aber der Jürgen war schon immer so ein Weichei. Kaum meint er irgendetwas Ungewohntes zu spüren, schon springt er aus dem Sattel.“

Tobias lachte. „Gut für uns! Stellt euch vor, ich habe Gerüchte gehört, dass er nicht nur seine Nennung für morgen zurückgezogen hat. Er will die Nixe völlig aus dem Turniersport nehmen. Die Stute im Turniersport wäre eine harte Konkurrenz geworden. Jetzt soll sie Freizeitpferd werden und Fohlen bekommen – was für eine Verschwendung!“

Katja stieß ihren Freund in die Seite. „Du, auch wenn ich nur zwei Beine habe und nicht wiehere, könnte ich vielleicht trotzdem dein Interesse erregen? Komm tanzen!“ Damit zog Katja Tobias auf die Tanzfläche. Die anderen schlossen sich nach und nach an.

Markus war ein begnadeter Tänzer. Er bewegte sich rhythmisch zu der Musik. Seine Hände lagen warm und fest auf Tanjas Taille. Es fühlte sich richtig gut an! Ein leiser Seufzer entwich Tanja. Darauf schien Markus gewartet zu haben. Langsam bewegten sich seine Hände an Tanjas Seite entlang, strichen sanft über Tanjas Körper. Sie spürte seine Lippen auf ihrem Kopf. Langsam setzte bei ihr das Denken aus. Sie genoss es einfach nur noch, als Markus sich bei einem langsamen Tanz dicht an sie schmiegte. Sein Körper war warm und fest. Vorsichtig schob sich seine Hand unter ihr Kinn und hob ihren Kopf an. Entspannt schloss Tanja die Augen, als seine Lippen ihren Mund berührten. Markus küsste sie sacht und zärtlich. Er knabberte vorsichtig an ihrer Lippe. Die Musik drang nur noch aus weiter Ferne zu ihr durch. Erst als sich Markus Hände langsam unter ihr Shirt schoben, klingelte eine Alarmglocke in ihrem Kopf. Geschickt hatte Markus es geschafft, sie von der Tanzfläche in eine dunkle Ecke zu manövrieren. Während sich seine Hände zu ihrem Busen hocharbeiteten, kam Tanja langsam wieder zu sich.

So nicht! Seufzend trennte sie ihre Lippen von seinem Mund. Wie konnte der Mann küssen! Kurzzeitig hatte sie alles um sich herum vergessen! Energisch legte Tanja ihre Hände auf Markus Brust und schob ihn von sich.

„Was ist los?“ Markus versuchte, sie wieder an sich zu ziehen.

„Was los ist?“ Typisch Mann, dachte Tanja. „Wir sind hier mitten auf einer Party!! Nee Du, so etwas ist nicht mein Ding. Küssen ok, aber mehr ist nicht!“

„Hm“, Markus fuhr mit seiner Zunge über Tanjas Lippen. „Dann fahren wir doch zu mir!“, murmelte er.

Für Tanja war der Bann gebrochen. Obwohl ihr Körper von Markus Küssen glühte – sofort beim ersten Treffen mit einem Mann ins Bett – nein, das ging bei ihr gar nicht.

Entschlossen drückte sie Markus von sich weg. „He, ich hab Nein gesagt! Das geht mir alles viel zu schnell. Lass uns zu den anderen gehen und zusammen Spaß haben.“

Widerstrebend brachte Markus Tanja zu ihrem Tisch zurück. Katja lächelte sie wissend an. Auch an ihr schien der Blues von vorhin nicht spurlos vorübergegangen zu sein. Ihre Lippen wirkten gut durchblutet – und wenn Tanja nicht alles täuschte, bildete sich an Katjas Hals gerade ein kleiner Knutschfleck.

Die beiden Frauen hatten in der Gruppe eine Menge Spaß an diesem Abend. Es wurde viel gelacht und es freute Tanja, dass Markus sie mit Argusaugen beobachtete, wenn ein anderer Mann mit ihr tanzte.

Es war weit nach Mitternacht als Markus sie mit seinem Auto nachhause brachte.

„Und, sehen wir uns heute noch?“ Markus legte die Hand auf ihren Oberschenkel und begann vorsichtig ihn zu streicheln. Tanja küsste Markus und fing seine Hand auf dem Weg nach oben ab. „Ich habe leider schon eine Verabredung!“ In ihren Kopf prüfte Tanja kurz, ob sie ihrem Vater und ihrer Stiefmutter nicht absagen konnte. Die beiden waren auf der Heimreise und wollten auf dem Weg bei ihr vorbeischauen. Wenn Tanja ihnen so kurzfristig absagen würde, wären die beiden wahrscheinlich beleidigt. Tanja sah sie sowieso sehr selten, denn sie wohnten fast 500km entfernt in Norddeutschland.

„Und die kann ich nicht verschieben“, fügte Tanja seufzend hinzu.

„Dann lass mich jetzt mit nach oben kommen!“, schmeichelte Markus. Seine Hand versuchte, sich weiter nach oben zu schieben. Tanja wurde sauer. Ein ‚Nein’ war schließlich ein ‚Nein’. Aber Markus war Zurückweisungen anscheinend nicht gewöhnt.

Tanja befreite sich aus seinen Armen. „Nee, Du. Ich habe da meine Prinzipien! Und eine davon ist: nie beim ersten Kennenlernen!“

Markus rückte von ihr ab. Abwehrend hob er seine Hände. „Schon gut, schon gut. Aber es bleibt dabei: Unsere Verabredung steht. Du kommst nächste Woche in den Stall und reitest meinen Dicken – und dann lernen wir uns besser kennen. Du weißt, wo der Stall ist?“

Tanja nickte. Katja hatte sie ausführlichst informiert.

Markus gab ihr einen kleinen Kuss. „Bis nächste Woche – ich bin abends immer ab 19.00 Uhr im Stall und hier“, er nahm eine Visitenkarte aus seinem Geldbeutel, „ist meine Telefonnummer. Falls noch etwas ist.“

Tanja nahm seine Visitenkarte und atmete tief durch. Manchmal waren Prinzipien echt störend. Sie stieg aus dem Auto und ging zu ihrem Hauseingang. An der Haustür schaute sie noch einmal zurück und winkte dem fortfahrenden Wagen hinterher.

‚Tanja’, sagte sie zu sich, ‚Mach jetzt ja keinen Scheiß!’ Aber was soll man machen, wenn man sich verliebt hat …

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3. Kapitel

Der Sonntag mit Katharina, ihrer Stiefmutter, und ihrem Vater verlief harmonisch. Tanja ertappte sich mehrmals dabei, dass ihre Gedanken zum Turnierplatz wanderten. Ihr Vater bekam wie so oft nicht mit. Nur Katharina schaute Tanja nachdenklich an.

Am Abend telefonierte Tanja mit Katja. „Und wie war’s?“, legte Tanja ohne jede Begrüßung los.

Katja lachte. „Dich hat es ja voll erwischt. Da pass mal gut auf dich auf. Der Typ ist noch schlimmer als Tobias. Der Markus, der hat mehr Ex-Freundinnen, als ich Mädchen kenne!“

„Jetzt übertreibst du“, unterbrach Tanja den Redefluss ihrer Freundin. „So schlimm ist er bestimmt nicht. Hast du gesehen, wie eifersüchtig er mich gestern beobachtet hat, als ich mit einem anderer getanzt habe!“ Innerlich fühlte Tanja sich immer noch geschmeichelt.

„Schon. So selbstsicher, wie der Markus ist, geht er davon aus, dass du ihn zum Freund willst. Aber wie lange er dich will, das kann sich bei solchen Kerlen schnell ändern. Pass auf dich auf!“

Katja hatte gut reden! Wie passte man auf sich auf, wenn die Hormone im Achteck sprangen.

Auf dem Turnier hatte Tanja nicht viel verpasst. Der Sonntag war für Tobias und Markus nicht erfolgreich gewesen. Beide hatten im ersten Umlauf so viele Abwürfe, dass es nicht zum Stechen gereicht hatte.

Tobias hatte wenig Zeit für Katja gehabt, sodass sie sich langweilte. Katja klang im nach hinein noch sauer. Abends war nach den verpatzten Ritten eine Turniernachbesprechung vom Trainer angesetzt worden. So war Katja ohne Weiteres mit Tobias abzumachen direkt nachhause gefahren.

„Und jetzt warte ich auf die Entschuldigung! Bin mal gespannt, was er sich einfallen lässt!“, empörte sich Katja. „Ein ganzer Sonntag für die Katz – da erwarte ich, eine Menge Fantasie, um das gut zu machen. Das habe ich Tobias in aller Deutlichkeit gesagt!“ Katja klang ausgesprochen selbstzufrieden.

Tanja konnte die Aufregung ihrer Freundin nachvollziehen. Dass ein Reiter auf einem Turnier nicht viel Zeit für seine Freunde hatte, war doch klar. Und Trainertermine gingen vor – oder?

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4. Kapitel

Entgegen Katjas ausdrücklichem Rat stand Tanja am Montagabend pünktlich um 19.00 Uhr im Reitstall. Innerlich verwünschte Tanja ihre Pünktlichkeit. Das war schon immer so gewesen. Ihre innere Uhr hasste Unpünktlichkeit, sowohl ihre eigene als auch die von anderen.

Katja hatte ihr empfohlen bis Mittwoch zu warten und sich auf keinen Fall vorher telefonisch bei Markus zu melden. Es hatte sie erbost zu erfahren, dass Markus Tanja nicht nach ihrer Telefonnummer gefragt hatte. Tanja versuchte sich herauszureden: Ihr ginge es nicht um Markus, sondern um Dompfaff. Diese Aussage war Katja keinen Kommentar wert – ihr Blick sprach Bände!

Im Reitstall war jetzt am Abend jede Menge los. Tanja kam sich fehl am Platz vor. Sie traute sich nicht in die Ställe, denn überall prangten ihr Schilder mit einem ‚Unbefugten ist das Betreten verboten’ entgegen. Tanja beschloss, auf der Tribüne nach Markus Ausschau zu halten.

In der Reitbahn sah sie zu allererst Dompfaff. Auf seinem Rücken saß das Mädchen vom Samstag. Tanja kramte in ihrem Gedächtnis. Richtig, Sabine hieß sie. Jetzt schaute Sabine zur Tribüne hoch und entdeckte Tanja. Sie unterhielt sich mit jemand, den Tanja von ihrem Platz aus nicht sehen konnte. Dann zeigte Sabine mit der Hand auf Tanja.

Kurz darauf polterten Tritte die Tribünentreppe hinauf und Markus erschien lächelnd in der Tür. Oh, schei.. wie hatte Tanja ihn vermisst!

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„Hey, das finde ich aber süß, dass du so schnell gekommen bist.“ Markus nahm Tanja in die Arme und küsste sie. Es fühlte sich fantastisch an! „Schau mal“, Markus deutete auf Dompfaff in der Reitbahn. „Es ist wie verabredet: Mein Dicker wartet schon auf dich.“ Markus nahm Tanja an die Hand und führte sie die Treppe hinunter zur Reithalle. Auf sein energisches „Tür frei“ kam postwendend ein „Tür ist frei“ zurück. Markus öffnete den Zugang zur Reitbahn. Sabine hatte Dompfaff auf dem Zirkelmittelpunkt angehalten und wartete dort auf Markus und Tanja.

Dompfaff sah, wenn man direkt vor ihm stand, noch imposanter aus. Er drehte den Kopf zu Tanja. ‚Was für liebe Augen er hat‘, fuhr es Tanja durch den Kopf. Tanja hielt ihm ihre Hand hin und er fuhr mit seinem weichen Maul vorsichtig darüber. Mit der anderen Hand suchte Tanja in ihrer Jackentasche nach den Möhrenstücken, die sie extra mitgebracht hatte.

„Nein, lass“, Markus fing ihre Hand ab. „Domm wird nicht aus der Hand gefüttert. Tut mir leid, Tanja. Ich hasse diese ewige Bettelei, die daraus entsteht. Das Pferd bekommt sein Futter in der Box und gut ist. Nach der Arbeit kannst du ihm die Karotten in seinen Trog schütten.“

Tanja wusste nicht, wer tiefer enttäuscht war: Dompfaff, der seine Leckereien in Tanjas Tasche verschwinden sah oder Tanja, die ihn nicht verwöhnen durfte.

Früher hatte für Tanja ‚reiten‘ nicht nur das Arbeiten mit dem Pferd bedeutet, sondern auch Verwöhnen und Schmusen. Letzteres sogar mehr, als das Reiten an sich. Bei einem Sportpferd war das scheinbar anders. Deshalb begnügte Tanja sich damit, Dompfaff über den Hals zu streichen. Sein tiefbraunes Fell schimmerte und fühlte sich weich an. Selbst im Stand sah man, wie die Muskeln unter seinem Fell spielten.

Sabine sprang vom Pferd und Markus zog den Steigbügelriemen zum Verstellen nach unter. „Dann lass mal abmessen, ob die Länge stimmt.“ Markus schob Tanja näher zu Dompfaff.

Richtig, Tanja erinnerte sich: Steigbügel unter die Achselhöhle und dann Finger bis zur Steigbügelaufhängung. Das gab das ungefähre Maß der benötigten Bügellänge. Sabine hatte offenbar viel längere Beine als Tanja. Markus schnallte die Riemen um zwei Löcher kürzer. Dann nahm er Sabine das Pferd ab.

„Binchen, könntest du mal bitte in der Sattelkammer nach einem geeigneten Reithelm schauen. Da liegen doch immer ein paar herum. Sicher ist sicher.“ Markus musterte Tanjas Kleidung mit kritischem Blick. „Naja, für heute geht es. Wir müssen unbedingt zusammen shoppen gehen. Reithosen, Stiefel, Handschuhe und Helm sollten sein, wenn du wieder reiten willst.“ Auch Sabine ließ ihren Blick über Tanjas Kleidung streifen. Sie enthielt sich jeden Kommentars und verschwand, um nach einem Reithelm zu suchen.

„Jetzt lass mich erst mal wieder auf einem Pferd sitzen“, wehrte Tanja unsicher lachend ab. „Für den ersten Versuch müssen Jeans und Gummistiefel reichen.“ Tanja lächelte Markus – wie sie hoffte - verführerisch an. „Und wenn alles klappt, darfst du mich gern neu einkleiden!“

Markus schmunzelte und gab ihr einen Klaps auf den Po. „Ok, dann rauf mit dir!“ Tanja stellte einen Fuß in den Steigbügel und Markus gab ihr einen Schubs, der sie direkt in den Sattel beförderte. Schnell fing Tanja sich mit Knie und Händen ab, um Dompfaff nicht zur Begrüßung direkt in den Rücken zu plumpsen. Markus nickte zufrieden. Tanja angelte mit dem Fuß nach dem anderen Steigbügel, aber erst als Markus die Riemen um ein weiteres Loch verkürzte, passte es für sie.

Tanja griff nach den Zügeln und stutzte. Auf Dompfaffs Hals lagen zwei Zügelpaare! Tanja schaute zu Dompfaffs Kopf. Dompfaff trug eine normale Trense, wie Tanja sie von früher kannte. Zusätzlich waren noch längere Zügel durch das Gebiss gezogen und zwischen seinen Beinen hindurch am Sattelgurt befestigt worden. „Was ist das denn?“ Tanja hob den langen Zügel an.

Markus reagierte überrascht. „Du kennst „Schlaufis“ nicht?“

Tanja schüttelte den Kopf. Markus wirkte ob ihrer Unwissenheit verständnislos.

„Schlaufis oder besser Schlaufzügel helfen dir, das Pferd besser unter Kontrolle zu halten. Die wirken wie ein Flaschenzug: Du hast viel mehr Kraft. Und wenn dein Pferd gegen den Zügel zieht, kannst du es viel einfacher unter Kontrolle bringen“, erklärte er ein wenig von oben herab. „Domm kann mächtig aufpacken! Und wenn der seine Kraft einsetzt, muss man etwas haben, um ihn halten zu können. Hier, ich zeige dir mal, wie man die Zügel am besten hält.“

Markus legte ihr die beiden Zügel korrekt zwischen die Finger. Ein Blick auf Tanja und er fuhr beruhigend fort. „Nachdem unser Dicker ein anstrengendes Wochenende hatte, wirst du die Schlaufis gar nicht brauchen. Aber mir ist wohler, wenn die Dinger drin sind, wenn eine von den Mädels den Dicken reitet – sozusagen als Notbremse. Ah, da kommt der Helm.“

Markus nahm Sabine die Reitkappe ab und das Mädchen verschwand wortlos Richtung Tribüne.

Verwundert blickte Tanja Sabine nach. Schon auf dem Turnier hatte Tanja sie kein Wort sprechen hören. Und jetzt führte sie alle Anweisungen von Markus aus, ohne einen einzigen Kommentar dazu abzugeben. Eigentlich hätte sie Dompfaff doch reiten sollen. Und jetzt sagte sie nichts, wenn ihre eine Fremde so mir nichts dir nichts vor die Nase gesetzt wurde?

„Ähm, Markus. Kann es sein, dass ich dem Mädel gerade das Pferd wegnehme?“ Markus schaute Tanja verständnislos an.

„Wie kommst du da drauf? Dompfaff ist mein Pferd und ich entscheide, wer ihn reitet. Sabine hilft mir bei Turnieren oder wenn ich mal keine Zeit habe. Dafür darf sie Dompfaff ab und zu reiten, mehr aber auch nicht. Also mach dir keine Gedanken und stell dir erst einmal den Helm richtig ein. Er hat hinten so ein Rädchen, mit dem du die Weite verstellen kannst. Zunächst führe ich dich eine Runde.“

Tanja blickte zweifelnd in Sabines Richtung. Sie war sich sicher: Sie an Sabines Stelle würde sich zurückgesetzt und ausgenutzt fühlen! Seufzend griff sie nach dem Helm.

Sabine hatte einen guten Blick, denn der Helm passte nach kurzer Feinjustierung wie angegossen. Tanja fasste nach den Zügeln und versuchte Markus Anweisung umzusetzen. Wie hielt man die verschiedenen Zügel noch gleich? Keine Chance – bevor Tanja sich total verhedderte, ließ sie die Schlaufzügel auf Dompfaffs Hals fallen und nahm die normalen Zügel locker in die Hand. Markus führte Dompfaff an.

Hey, das fühlte sich gut an. Dompfaff hatte einen weichen raumgreifenden Schritt. Tanjas verklärtes Lächeln sah für andere vermutlich reichlich dämlich aus, aber Tanja konnte es einfach nicht unterdrücken: Sie saß auf einem Pferd und es fühlte sich einfach nur genial an!

Markus hielt sich in der Bahnmitte, um die anderen Reiter nicht zu stören. Rund herum wurde kräftig gearbeitet und es herrschte eine energiegeladene Stimmung in der Halle. Markus schaute in Tanjas verklärtes Gesicht.

„Hey, du lächelst wie ein Honigkuchenpferd!“ Markus war stehen geblieben. „Wusste ich doch: Wer einmal auf einem Pferd gesessen ist, der will immer wieder! Du sitzt schön locker, das gefällt mir! Jetzt nimm´ mal die Zügel etwas kürzer und reite den Dicken ein paar Runden im Schritt, damit ihr zwei euch aneinander gewöhnt. Ich bleib in der Mitte stehen und sag dir, wenn du antraben kannst.“

Selbstbewusst fasste Tanja die Zügel nach und lenkte Domm auf den vierten Hufschlag. Hier würden sie niemanden behindern. Gemütlich ließ Tanja sich durch die Halle tragen. Markus kritischen Blick ignorierte Tanja. Sie genoss die Bewegung des mächtigen Tieres unter ihr. Viel zu schnell gab Markus das Kommando: Zügel aufnehmen und antraben.

Wie, sie sollte die Zügel noch kürzer fassen? Schon jetzt hatte Tanja das Gefühl Dompfaffs Kopf zu tragen! Tanja seufzte und vertraute auf Markus Erfahrung. Sie korrigierte das Zügelmaß und drückte Domm die Wade an den Bauch. Gehorsam trabte der Wallach an - aber mit was für Tritten! Der Schwung warf Tanja gefühlte 50cm aus dem Sattel und mit genauso viel Schwung knallte Tanja dem armen Dompfaff bei der Landung in den Rücken. Krampfhaft hielt Tanja sich an den Zügeln fest – wohl wissend, dass dies beim Reiten eine absolute Todsünde ist! Ihre Schenkel umklammerten Dompfaffs Bauch und der Wallach rettete sich in den Galopp. Dies war auch Tanjas Rettung, denn Dompfaffs Galopp war butterweich und geschmeidig. Tanja schaffte es, ihre Beine locker zu lassen, sodass Dompfaff nicht noch schneller wurde. Der Lederriemen vorn am Sattel berührte ihre Hand und sie griff danach. Langsam begann Tanja sich sicherer zu fühlen und jetzt drang auch Markus Stimme an ihr Ohr. „Ola, Domm! Terrab Dicker!“

Die anderen Reiter hatten Tanjas Probleme mitbekommen und ihre Pferde angehalten. Nachdem Tanjas Hände durch den Sattelriemen fixiert wurden und Dompfaff nicht mehr ständig im Maul rissen, war das Pferd bereit auf seinen Besitzer zu hören. Dompfaff fiel in einen ruhigen Trab und Tanja zog sich mithilfe des Lederriemens fest in den Sattel. Auf Markus Stimme hin pariert der Braune brav zum Schritt durch und blieb endlich bei Markus stehen.

Markus griff nach den Zügeln und kratzte sich am Nacken. „Welches Schaukelpferd hast du denn früher geritten.“ Er schüttelte den Kopf. „So geht das gar nicht.“

Verlegen wollte Tanja aus dem Sattel rutschen. Markus hielt sie zurück. „Nee, nee, bleib mal sitzen.“ Er führte Domm zur Hallentür. „Tür frei bitte!“

„Tür ist frei.“ Die anderen Reiter ließen ihnen Platz, um die Halle zu verlassen.

„Sabine!“ Wie durch Zauberhand stand der dienstbare Geist vor ihnen. „Besorg mal eine Longe. Wir gehen auf den Longierzirkel!“

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Als Tanja schließlich abstieg, tat ihr jeder Knochen im Leib weh. Markus hatte Dompfaff Runde um Runde traben lassen und Tanja war sich vorgekommen, wie die berühmte Butter auf der heißen Kartoffel. Ihre Finger taten ihr weh vom krampfhaften Festhalten am Lederriemen. Ihre eigene Meinung von ihrem reiterlichen Können war in die tiefsten Tiefen gerutscht. Wie hatte sie nur jemals beim Turnier eine Schleife gewinnen können. Markus bestätigte Tanja in ihrer Einschätzung.

„Na, da musst du aber noch ne Menge lernen.“ Er drückte Sabine das Pferd in die Hand. Tanjas Chance jemals wieder auf Dompfaff zu sitzen, waren wohl gerade gegen null gesunken. Tanja griff nach den Zügeln. „Lass mich Dompfaff wenigstens in seine Box zurückbringen. Ich glaube, das bin ich ihm schuldig.“

„Ach Quatsch – komm mit ins Reiterstübchen. Ich geb´ dir einen aus. Sabine kümmert sich schon um das Pferd.“ Markus wandte sich zum Gehen.

Zögernd ließ Tanja die Zügel los. „Aber ich möchte eigentlich dabei helfen.“ Tanjas Blick haftete auf Dompfaff. Markus zuckte die Schultern.

„Na, wenn du unbedingt willst, dann geh halt mit. Wir treffen uns dann im Reiterstübchen!“ Damit drehte er sich um und ging. Unglücklich schaute Tanja Markus hinterher. Sie hatte das sichere Gefühl, dass Markus überhaupt nicht verstand, wieso es ihr wichtig war, das Pferd hinterher selbst zu versorgen. Hoffentlich nahm er ihr das nicht übel!

Tanja folgte Sabine zu Dompfaffs Box. Die Box war geräumig und hatte einen kleinen Paddock, sodass Dompfaff, wenn er wollte, an der frischen Luft stehen konnte. Sabine zog Dompfaff die Trense aus und ein Halfter an. Dann band sie ihn an die Gitterstäbe seiner Box.

„Hier halt mal!“ Sabine drückte Tanja die Trense in die Hand und machte sich an dem Sattel zu schaffen. Also konnte die Kleine doch sprechen. Ohne Markus wurde sie sogar richtig gesprächig. „Ich hatte früher auch erst Probleme Domm zu sitzen.“ Sie strich dem Braunen über den Hals. „Aber man gewöhnt sich dran. Allerdings – Leichttraben konnte ich ihn sofort! Sie sind bestimmt lange nicht mehr geritten.“

„Du kannst ruhig ‚Du’ zu mir sagen“, warf Tanja ein und kraulte Domms Stirn. Sabine hatte inzwischen den Sattel heruntergenommen.

„Komm mit. Ich zeige dir, wo Dompfaffs Sachen hinkommen.“ Sabine zeigte Tanja, wo sie das Trensengebiss abwaschen konnte und gemeinsam brachten sie die Sachen in die Sattelkammer. Auch hier war alles hell und geräumig.

„Ich habe eben bestimmt furchtbar ausgesehen.“ Tanja seufzte. „So schwierig hatte ich das gar nicht in Erinnerung.“

„Haben Sie – ehm, hast du wirklich schon mal ein Turnier gewonnen?“ Sabine drückte ihr eine Bürste in die Hand und gemeinsam begannen sie, Domm abzubürsten.

„Ja. Sogar mehrere E-Dressuren und auch das eine oder andere Springen. Ich hatte ein eigenes Pony. Caruso war bildschön und superleicht zu reiten.“

„Und jetzt wollen … willst du wieder anfangen?“ Sabine unterbrach ihre Arbeit und schaute Tanja an. Tanja strich Dompfaff nachdenklich über den Rücken. Ihr taten alle Knochen weh und sie begann schon jetzt Muskeln zu spüren, deren Existenz sie lange vergessen hatte. Aber ja, es hatte irgendwie auch Spaß gemacht!

„Ja, ich glaube, ich möchte wirklich wieder anfangen.“ Tanja fuhr Dompfaff ein letztes Mal mit der Bürste über den Rücken. „Auch wenn Domm wohl nicht mehr zu meinen Reitpferden zählen wird.“

Sabine überlegte und schien ein bisschen mit sich zu ringen. Dann machte sie Tanja ein absolut selbstloses Angebot: Sabine wollte Markus fragen, ob sie Tanja auf Dompfaff an der Longe unterrichten dürfe. Tanja war sprachlos. Wie konnte jemand so uneigennützig sein?

„Du, Sabine. Das kann ich nicht annehmen. Selbst wenn Markus uns sein Pferd dafür überlässt. In der Zeit könntest du den Dompfaff doch selbst reiten.“

Sabine lächelte Tanja etwas unsicher an. „Schon. Aber du magst den Dompfaff doch auch sehr gern. Und ich glaub, Markus gibt uns den Domm schon ein paar Mal die Woche. Und nach deinem Unterricht kann ich mich nochmal kurz draufsetzten, um ihn wieder locker zu reiten. Das würde mir auch Spaß machen.“

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„Dompfaff als Longenpferd! Wie habt ihr euch das denn gedacht?“ Markus saß mit seinen Kumpeln im Reiterstübchen zusammen und schaute Sabine und Tanja verständnislos an. „Wenn der die ganze Zeit im Zockeltrab im Kreis läuft, verliert er doch seinen ganzen Vorwärtsgang.“ Markus schaute Tanja an und registrierte deren unglücklichen Gesichtsausdruck. Schnell lenkte er ein. „Naja, vielleicht ein- zweimal die Woche …“ Auf Tanjas Gesicht bereitete sich ein hoffnungsvolles Lächeln aus. „… aber nur Leichttraben, nicht aussitzen“, schränkte Markus sein Angebot direkt wieder ein. „Tanja, dafür hat mein Pferd einfach zu viel Schwung für dich. Und wenn du ihm dann immer in den Rücken knallst ...“

Tanja musste schlucken. „Ist schon in Ordnung. Ich bin ja froh, wenn ich Dompfaff überhaupt wieder reiten darf.“

Markus lächelte Tanja gönnerhaft an. „Aber klar doch. Wirst sehen, du kommst schnell wieder rein. Sabine, du weißt ja, wann ich trainiere. Nicht, dass ihr mir mit meinen Trainingszeiten in die Quere kommt!“

Sabine nickte. „Ist kein Problem. Ich werde darauf achten.“ Jetzt zusammen mit Markus war Sabine wieder die schüchterne graue Maus. Sie kritzelte ihre Telefonnummer auf einen Bierdeckel und reichte ihn Tanja. „Wir telefonieren dann.“ Sie lächelte Tanja unsicher an und nickte Markus zu.

Markus beachtete Sabine schon gar nicht mehr. Er legte seinen Arm um Tanjas Taille und zog sie auf seinen Schoss. Schnell rutschte Tanja auf den Platz neben ihm. Plumpe Vertraulichkeiten in der Öffentlichkeit waren ihr ja so etwas von peinlich!

Markus schob ihr ein Bier zu. „Hier, hab schon für dich bestellt. Oder hättest du lieber einen Schnaps nach der Reitstunde?“ Markus und seine Freunde grinsten. Etwas pikiert schob Tanja das Bier von sich.

„Könnte ich bitte ein Glas Mineralwasser bekommen?“ wandte sie sich an die Bedienung. Die Frau reichte es ihr. Dankbar griff Tanja nach dem Glas und trank in langen Zügen. Das Reiten hatte ganz schön durstig gemacht.

Markus zog das verschmähte Bier zu sich hinüber. Dann legte er seinen Arm um Tanja und drückte sie an sich. „Hey“, flüsterte er zärtlich. „Verstehst du keinen Spaß? War doch nicht böse gemein. Und den Dompfaff lernst du auch noch reiten. Ist gar nicht so schwer. Du brauchst nur etwas Übung.“

„Nee, du, ist schon ok. Ich mag nur kein Bier. Ist mir einfach zu bitter. Und danke, dass du mich dein Pferd weiter reiten lässt!“ Tanja lehnte ihren Kopf kurz an Markus Schulter. „Es hat bestimmt furchtbar ausgesehen.“ Tanja seufzte.

Markus lachte nur und drückte Tanja noch einmal kurz. „Komm trink aus. Ich lade dich auf eine Pizza ein, dann kommst du auf andere Gedanken!“

Eigentlich wollte Tanja gar nicht auf andere Gedanken kommen. Am liebsten wäre sie jede einzelne Minute ihres Rittes auf Dompfaff noch einmal mit Markus durchgegangen, aber der hatte daran leider überhaupt kein Interesse. Markus interessierte sich mehr für die nächsten Turniere. Dies schien auch das Thema in der Reiterrunde gewesen zu sein, bevor Tanja hinzukam. Jetzt wandte sich Markus direkt an sie.

„Du hast den Dompfaff ja springen sehen. Meinst du nicht auch, wir sind langsam bereit für die nächsten Herausforderungen? Ich muss langsam wegkommen von diesen ländlichen Turnieren. Und ein zweites Pferd brauche ich auch. Wie sieht es aus. Hast Du Lust mit mir Pferde anzuschauen? Ich könnte einen Glücksbringer brauchen?“

Markus küsste Tanja leicht auf die Wange. Ihr blieb die Luft weg. Sie sollte mit aussuchen dürfen! Dass Markus sie nur als „Glücksbringer“ brauchte, überhörte sie geflissentlich. Sie fühlte sich geehrt. „Aber klar doch Markus. Gern komme ich mit. Aber meinst du wirklich, ich bin dir dabei eine Hilfe?“ Markus musterte Tanjas Körper. „Mit dir wird es auf jeden Fall nicht langweilig werden“, meinte er hintergründig.

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Die Pizzeria war ein nettes kleines Lokal direkt in der Nachbarschaft des Reitvereins. Spontan schlossen sich einige von Markus Freunden an. Bernd kannte Tanja noch von der „After-Parcour-Party“. Die anderen waren ihr unbekannt. Markus stellte sie als Lars und Torben vor. Noch nie hatte Tanja in einem Reitstall so viele reitende Männer gesehen. „Tja, das liegt halt daran, dass Springen bei uns ganz groß geschrieben wird!“, erklärte Markus ihr. „Dafür haben Frauen ganz einfach nicht die Nerven. Bei den kleinen Hüpfern, da sind die Mädels noch dabei, aber wenn es dann ernst wird, sind wir Männer doch unter uns.“ Markus Kumpel stimmten begeistert zu.

„Und was ist mit Meredith Michaels-Beerbaum?“ wagte Tanja einzuwerfen.

„Ach die“, tat Markus mit einem Schulterzucken ab. „Die ist die eine Ausnahme von der Regel.“

Es wurde ein ganz netter Abend. Tanja wäre zwar lieber mit Markus allein gewesen, aber sie hörte auch gern zu, wie über die Pferde und deren Aussichten diskutiert wurden. Sie nahm sich vor, sich besser über den Springsport zu informieren, damit sie das nächste Mal auch mitreden konnte.

Markus war den ganzen Abend sehr aufmerksam zu ihr. Immer wieder legte er den Arm um sie und lächelte sie an. Tanja fühlte sich richtig geborgen in seiner Nähe. So war sie fast enttäuscht, dass Markus sich nur mit einem Kuss von ihr verabschiedete. „Gute Nacht, meine Schöne“, flüsterte Markus Tanja ins Ohr. „Sehen wir uns am Wochenende?“ Tanja zog Markus näher an sich.

„Warum erst am Wochenende“, Tanja knabberte zärtlich an Markus Lippe. „Wir könnten doch“, Tanja überlegte kurz, „Mittwochabend ins Kino gehen. Da läuft ein Abenteuerfilm. Der soll richtig gut sein.“

Markus zog Tanja in eine Nische zwischen Pizzeria und dem Nachbarhaus. Langsam strichen seine Hände an Tanjas Körper entlang und schoben sich unter ihr Shirt. In Tanjas Bauch begann es zu prickeln. Einerseits hatte sie Angst vor einer Entdeckung, andererseits wollte sie auch nicht, dass Markus aufhörte. Markus Hände strichen über Tanjas Busen und Tanja hörte sich selbst seufzten. Markus Küsse wurden leidenschaftlicher. Dann löste er sich plötzlich von ihr. Tanja hörte Markus schwer atmen. Auch ihn schien das kleine Intermezzo nicht kalt gelassen zu haben. Markus gab Tanja einen kleinen Kuss.

„Tut mir Leid, meine Schöne“, murmelte er. „Aber ich bin die Woche geschäftlich unterwegs. Freitagabend komme ich wieder zurück. Wenn der Film dann noch läuft …“

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5. Kapitel

„… und wir sehen uns Freitagabend“, beendete Tanja ihre Erzählung vom gestrigen Tag. Katja hatte aufmerksam zugehört.

„Ich finde immer noch, dass es ein Fehler war, schon am Montag zum Stall zu gehen. Solche Männer wie Markus und Tobias muss man immer schön etwas auf Abstand halten. Die brauchen doch ständig das Gefühl, dich erobern zu können.“

Marlies, die Dritte und Älteste in ihrer kleinen Abteilung, brummte missbilligend. „Was ist denn das für eine Beziehung, in der man den Partner immer auf Abstand hält. Entweder ich habe einen Partner und dann lasse ich mich auch auf ihn ein oder nicht.“

„Ach Marlies“, Katja lachte fröhlich. „Das war vielleicht zu deiner Zeit so. Aber heute …“

Marlies schüttelte den Kopf. „Nein, heute ist das noch genauso. Ihr Küken müsst euch halt die richtigen Männer aussuchen. Die, die sich wirklich für euch interessieren – nicht nur euren Körper wollen.“ Marlies hatte leider eine sehr direkte Art sich auszudrücken. Mit etwas über fünfzig Jahren war sie die älteste der kleinen Abteilung und fühlte sich manchmal für die jüngeren Frauen verantwortlich.

„Bei dir, Katja, mag das mit dem Abstand halten ja funktionieren. Du hast ein Selbstbewusstsein für zehn. Aber die Tanja, die braucht einen ganz anderen Mann!“ Marlies wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. „Aber auf mich hört ihr ja sowieso nicht.“

Das stimmte nicht ganz. Tanja dachte sehr wohl über Marlies Worte nach. In einem hatte Marlies absolut Recht: Markus war ganz anders alle ihre früheren Freunde. Und mit Vernunft betrachtet nie der Typ Mann, den sie sich als Partner aussuchen würde. Aber irgendetwas faszinierte Tanja an Markus. Sie wollte ihn unbedingt wieder sehen – und vermisste ihn schon jetzt. Tanja seufzte. Ihr Verstand sagte ganz klar: ‚Lass die Finger von dem Macho’, aber ihr Herz … Tanja atmete tief durch. Das Leben ließ sich halt nicht mit dem Verstand planen. Manchmal musste frau einfach leben und schauen, was draus wurde.

„Erde an Tanja! Huhu, Tanja!“ Katja fuchtelte Tanja mit der Hand vor der Nase herum. Tanja war so in Gedanken versunken, dass sie regelrecht aufschreckte.

„Ja, was? Hast du was gesagt? Ich war gerade in Gedanken ganz wo anders.“

„Hab ich gemerkt.“ Katja grinste. „Ich will gar nicht wissen, wo! Aber eines musst du mir noch verraten: Wie geht es denn jetzt mit Markus Pferd weiter? Steht diese Sabine zu ihrer Abmachung?“

„Du, ich kann das selbst nicht glauben! Sabine hat mich noch am Abend angerufen. Und sie will mich wirklich an die Longe nehmen! Und das Beste: Sabines Arbeitszeit beginnt erst um 10.00 Uhr und bei meiner Gleitzeit können wir morgens schon um 7.00 Uhr in die Reithalle. Da ist noch niemand dort und wir sparen uns eine Menge blöder Kommentare. Und dem Markus kommen wir auch nie in die Quere, da der erst abends reitet. Morgen Früh treffen wir uns zum ersten Mal, und wenn alles klappt, dann wieder am Freitag. Jetzt muss ich mir nur noch überlegen, was ich ihr für ihre Hilfe geben kann. Geld will sie nämlich keins.“

„Da mach dir doch jetzt noch keinen Kopf. Lern’ sie einfach besser kennen, dann merkst du ja, worüber sie sich freuen würde. Und wenn du willst, kann ich den Tobias auch mal fragen. Er kennt das Mädchen ja auch schon länger.“

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6. Kapitel

Am Dienstag fuhr Tanja schon um 6:30 Uhr auf den Reiterhof. Sie wollte unbedingt Dompfaff selber putzen und richten. Sabines Fahrrad lehnte schon im Fahrradständer. Sie musste wohl noch früher aufgestanden sein. Als Tanja Dompfaffs Stallgasse betrat, holte Sabine das Pferd gerade aus der Box. „Komm, Dicker. Genug gefrühstückt. Hafer gibt es nach der Arbeit.“

„Hallo, Sabine. Jetzt habe ich mich so beeilt und bin doch nicht die Erste.“ Tanja trat näher und begrüßte zuerst Dompfaff. Vorsichtig hielt sie dem Wallach ihre Hand hin und strich ihm dann sanft über die Nase. „Hallo Du“, flüsterte sie leise. „Willst du es heute noch einmal mit mir versuchen?“

Sabine lachte. „Da fragen wir ihn besser gar nicht. Dompfaff hasst es nämlich, an der Longe zu gehen. Aber da muss er jetzt durch! Dafür darf er heute Abend mit mir ins Gelände. Wenn sie den Dompfaff mal richtig genießen sehen wollen, müssen sie übrigens hier“, Sabine zeigte Tanja eine Stelle am Hals, „kräftig schubbern. Das mag er richtig gern!“ Tanja legte ihre Hand an die angegebene Stelle und begann den Wallach kräftig zu kraulen. Dompfaffs Hals wurde lang und länger. Er streckte seinen Kopf nach vorn und seine Oberlippe schob sich über die Unterlippe. Dann begann Dompfaff mit der Oberlippe Kraulbewegungen in der Luft zu machen.