Tanz der Frösche - Ulf Spiecker - E-Book

Tanz der Frösche E-Book

Ulf Spiecker

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Beschreibung

Als Robert Ekkheim beim Mähen der Wiese seines Ferienhauses in Südschweden einen Koffer findet, entdeckt er darin auch ein Smartphone. Von da an bekommt er Anrufe einer Frau, die ihm vorwirft, sie vor vielen Jahren auf Nimmerwiedersehen verlassen zu haben. Nun wird das eher beschauliche Leben von Robert Ekkheim auf den Kopf gestellt: Unbekannte fotografieren sein Haus, ein uraltes Foto von ihm erscheint in einer überregionalen Tageszeitung und er wird entführt. Als er mit Hilfe eines Freundes und der Kommissarin Signe Berglund versucht die Geschehnisse aufzuklären, stößt er immer wieder auf das Kinderlied små grodorna, das Lied der kleinen Frösche, das traditionell zum Midsommarfest gesungen wird.

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Seitenzahl: 368

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Als Robert Ekkheim beim Mähen der Wiese seines Ferienhauses in Südschweden einen Koffer findet, entdeckt er darin auch ein Smartphone. Von da an bekommt er Anrufe einer Frau, die ihm vorwirft, sie vor vielen Jahren auf Nimmerwiedersehen verlassen zu haben. Nun wird das eher beschauliche Leben von Robert Ekkheim auf den Kopf gestellt: Unbekannte fotografieren sein Haus, ein uraltes Foto von ihm erscheint in einer überregionalen Tageszeitung und er wird entführt. Als er mit Hilfe eines Freundes und der Kommissarin Signe Berglund versucht die Geschehnisse aufzuklären, stößt er immer wieder auf das Kinderlied små grodorna, das Lied der kleinen Frösche, das traditionell zum Midsommarfest gesungen wird.

Ulf Spiecker, Jahrgang 61, ist gelernter Landschaftsgärtner und studierter Stadtplaner. Er hat unter anderem aber auch in den Schulferien als Maurer gejobbt, neben der Lehre an Autos geschraubt, im Urlaub Ziegen gemolken, während des Studiums mit Verkehrsdaten jongliert, Kindererziehung mit der Herstellung von Graved Lachs verknüpft und ehrenamtlich viel Zeit in Schulbibliotheken verbracht.

Ulf Spiecker lebt und arbeitet in Hamburg-Bergedorf – und immer wieder gerne auch in Schweden.

Ulf Spiecker

Tanz der Frösche

Roman

© 2016 Ulf Spiecker

Umschlag, Illustration: Ulf Spiecker

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

2. aktualisierte Auflage

Paperback

ISBN 978-3-7345-5617-3

Hardcover

ISBN 978-3-7345-5618-0

e-Book

ISBN 978-3-7345-5619-7

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Mein besonderer Dank gilt,

• für die ebenso angenehmen wie anregenden Gespräche, die Korrekturen, Anmerkungen, Anregungen, Bedenken, die konstruktive Kritik, die Lachsbrötchen und all den Kaffee: Margret Günther,

• für die freundliche Genehmigung zur Nutzung des Bildes der Skulptur Tanzende Frösche:Meyer´s göttliches Meublement, Neuendorfer Str. 64 – 69, 13585 Berlin,www.mgm-berlin.de

• für die großzügige Möglichkeit, in seinem Ferienhaus seit über 10 Jahren immer wieder Kraft und Ruhe tanken und die schwedische Form des Savoir-vivre genießen zu können:Michael Rädler

• für die Geduld und die Nachsicht in den letzten Jahren: meiner Familie

I

Ein ohrenbetäubendes Scheppern ließ ihn aus dem Schlaf fahren. Erschreckt blickte er um sich. Dem Erschrecken folgte Erkennen, dann Irritation. Was machte er hier? Und was war mit dem Lago Maggiore?

Langsam kam die Erinnerung zurück: Erst spät am gestrigen Abend war er hier angekommen; wieso er gerade noch von einer Bootsfahrt auf dem knapp 1.400 Kilometer Luftlinie weiter südlich gelegenen Lago Maggiore geträumt hatte, fand er im wahrsten Wortsinn etwas abwegig.

Robert Ekkheim lag im Schlafzimmer seines Hauses in Schweden, das er vor vielen Jahren und noch bevor er mit seiner jetzigen Ex-Frau Susanne zusammengekommen war, von einer kleinen, unverhofften Erbschaft spontan aus einer Laune heraus und recht unbedarft, aber günstig erworben hatte. Er hatte dann viel gewerkelt und inzwischen war das Haus gut in Schuss und ihm für mehrere Monate im Jahr eine zweite Heimat geworden. Es stand am Rande eines kleinen Dorfes, das als einzige Infrastruktur noch eine alte Kirche mit Friedhof, einen Hembygdsgården – einen Garten mit Festwiese und Nachbarschaftscafé vom Heimatverein, einen Briefkasten und eine gerade mal zweispurige Durchgangsstraße besaß. Diese verband, nach deutschen Maßstäben, nur wenige ernstzunehmende Ortschaften miteinander und egal ob man sie rechts oder links herum fuhr, der nächste Laden war geringstenfalls zehn Kilometer entfernt. Und auf dieser Straße kamen sie, mit Vorliebe früh morgens, dann auch immer wieder durch das Dorf gefahren: Autos mit Anhängern, auf denen meist metallene Bordwanderhöhungen aufgesteckt waren, sodass sich trefflich Brennholz oder Rasenmäher mit ihnen transportieren ließen.

Über die zahlreichen kurzen Bodenwellen vor seinem Haus wurde noch mit den bis dahin erlaubten 70 km/h gefahren, woraufhin einerseits die Bordwanderhöhungen in ihren Einschubhülsen fürchterlich schepperten und andererseits Rasenmäher oder Brennholz gegen die gitterne Wandung polterten. Erst einige Meter dahinter stand dann das Schild, das die ortsüblichen 50 km/h anmahnte und das dazu führte, dass die Geschwindigkeit sofort drastisch reduziert wurde und das Ladegut durch die ihm innewohnende Trägheit ein letztes Mal an die Gitterwand knallte. Danach war es wieder still. Still wie jetzt.

Eigentlich war es noch zu früh um aufzustehen. Aber da er nun schon mal wach war, genoss er es auch heute, sein Kopfkissen zu zerknautschen und es sich so unter den Kopf zu schieben, dass er vom Bett aus durch das Fenster die in die ersten Sonnenstrahlen getauchten hellbraunen Stämme der beiden Kiefern und den schief gewachsenen weiß-schwarzen Stamm der alten Birke sehen konnte. Wenn dann noch, so wie heute, blauer Himmel durch die grünen Baumkronen schimmerte, war der Blick für ihn perfekt. Robert Ekkheim genoss diese frühmorgendliche Stille. Ab und zu zwitscherte ein Vogel, aber im Sommer war das große Vogelkonzert schon um drei oder halb vier Uhr morgens und damit längst vorbei.

Durch das geöffnete Fenster strömte frische Morgenluft, es roch nach Wald, Wiese und Sommer. Robert Ekkheim reckte sich und atmete tief ein. Er überlegte, noch ein wenig im Bett zu bleiben, ein bisschen zu lesen und immer mal wieder aus dem Fenster zu schauen. Er hatte sich ja schließlich ganz fest vorgenommen, die ersten Tage tatsächlich mal nur Urlaub zu machen. Aber dann dachte er wieder an all das, was er eigentlich noch zu tun hatte.

Als er gestern Abend hier ankam, war er mit seinem Škoda durch eine gut einen Meter hohe Wiese gepflügt. Die musste als erstes runter, schon wegen der Mücken. Und der verdammten Zecken natürlich. Das bedeutete immer mindestens zwei bis drei Tage Arbeit, denn die Wiese erstreckte sich über 2.000qm Buckelland, garniert mit eingestreuten Felsen und einigen Obstbäumen. Gut, dass er sich letztes Jahr endlich eine vernünftige Motorsense geleistet hatte. Im Schuppen neben dem Haus lag zwar auch noch ein nur grob zersägter Baum der darauf wartete, zu Brennholz für den übernächsten Winter zerkleinert zu werden, aber der konnte noch warten. Die Wiese nicht. Robert Ekkheim stand auf.

Nach einer sehr kurzen Dusche – der Boiler hatte es noch nicht geschafft, das Wasser seit gestern Abend auf seine persönliche Wohlfühltemperatur zu bringen – und einem kritischen Blick auf seine eher barocken Körperformen, kurz, nach einer guten Stunde und zwei Bechern Kaffee stand Robert Ekkheim nun vor seinem Schuppen. In dem weißen Maler-Einwegoverall, die Kapuze hatte er über den Kopf gezogen, und den gelben Gummistiefeln sah er zwar eher aus wie ein Katastrophenschutzhelfer, war aber gut gegen Zecken und Mücken geschützt. Er blickte über sein Grundstück. Es sah aus wie ein Meer aus sich im leichten Morgenwind wogenden Halmen, Blüten und Rispen. Neben Grün waren Gelb, Weiß und Lila die vorherrschenden Farben und die ersten Schmetterlinge gaukelten träge in der Morgensonne von Blüte zu Blüte. Es sah friedlich aus und Robert bedauerte es, gleich Lärm und Betriebsamkeit verbreiten zu müssen.

Also, ran an die Arbeit, dachte Robert und riss energisch am Starter der Motorsense. Wider Erwarten sprang sie nach all den Monaten sofort an. Laut und schrill tönte der Motor durch den Morgen. Robert setzte die Schutzbrille auf und machte sich an die Arbeit. Jeder konnte nun sehen, dass hier kein Schwede am Werke war. Schweden tragen, sobald irgendein Motor läuft, der nicht von mindestens fünf Seiten gedämmt ist, Ohrenschützer. Dafür verzichten sie auf die Schutzbrille. Seit ihm aber ein paar Mal zerschnittene Schnecken um die Ohren – und eben auch in die Augen – geflogen waren und diese mit ihrem Schleim seine Augen für Stunden hatten tränen und brennen lassen, trug Robert stets eine Schutzbrille. Seine Ohrenschützer hingegen lagen, wie immer griffbereit aber verwaist, in seiner Hamburger Garage.

Langsam aber stetig fraß sich nun der geflochtene Nylonfaden durch die Wiese. Immer wieder wickelte sich das abgeschlagene harte und teilweise trockene Gras um die Achse und würgte den Motor ab. Dann musste Robert die Halme mühsam entfernen und den Motor neu starten. Das war, wenn der heiße Motor unter Last so abrupt gestoppt worden war und Robert die Motorsense auch noch auf den Kopf stellen musste, um besser an die Achse oder die Fadenspule heranzukommen, nicht immer ganz einfach. Auch heute hatte er schon den Luftfilter demontieren müssen, damit das überflüssige Benzin im Vergaser schneller verdunsten konnte. Und auch der Nylonfaden, der aufgrund der harten Halme und der Felsen des Öfteren abschlug, war von ihm schon mehrfach wieder verlängert worden.

Als Robert nach zwei Stunden eine Pause machte, hatte er wenigstens einen schmalen Fahrweg von der Straße zum Haus freigeschnitten. Nach weiteren zwei Stunden hatte die Sonne die letzte Morgenfrische vertrieben und es wurde langsam heiß, was der kleine, von Robert zu Höchstleistung getriebene Motor noch verstärkte. Der Einwegoverall klebte an Roberts Körper und er hatte das Gefühl, dass seine Füße in den Gummistiefeln schwammen. Aber die Wildnis wich – langsam aber stetig. Irgendwann machte Robert eine kurze Pause, trank einem halben Liter Wasser und machte sich erneut an die Arbeit. Wieder fraß sich die Motorsense durch die Wiese, schlug Halm um Halm ab. Plötzlich stutzte er. Was war das denn da? Einen größeren Stein so nahe am Haus hatte er nicht in Erinnerung. Robert stellte die Maschine ab und bückte sich.

Vor ihm lag ein Koffer. Nicht viel größer als der Koffer, den sein Sohn früher zum Spielen hatte, nur dieser war nicht mit so fröhlich bunten Tiermotiven bedruckt. Und aus Pappe war er auch nicht. Robert nahm den Koffer, schüttelte ihn und wischte die zahlreichen Ameisen ab, ging zur Terrasse und setzte sich auf die Stufen. Merkwürdig, dachte er und blickte über das Grundstück zur Straße. Nee, dachte er, um aus dem Auto geworfen worden zu sein, lag der Koffer viel zu nah am Haus, außerdem ist die Grundstücksmauer von der Straße aus so hoch, dass man mindestens einen dieser modischen hochbeinigen Autozwitter zwischen Kombi und Trecker bräuchte, um den Koffer darüber zu werfen, dachte er. Und diese Zwitter gab es eher in der Stadt als auf dem Land. Hier fuhr man Trecker oder Kombi.

Robert sah sich den Koffer an, hellbraunes Kunstleder, am Griff schon etwas rissig, zwei silberne Schnappschlösser mit Schlüsselloch und zwei Scharniere – für die Koffergröße viel zu groß und klobig. Robert meinte sich daran zu erinnern, dass man in den 1970er Jahren solche Koffer hatte. Er schüttelte ihn noch einmal. War da überhaupt etwas drin? Hören konnte er nichts, aber spürte er da nicht etwas? Ja, da schien tatsächlich irgendetwas drin zu sein, aber das, was er zu erspüren glaubte, ließ keinerlei Rückschlüsse auf den Inhalt des Koffers zu. Vorsichtig ließ er die Schlösser aufschnappen. Der Koffer war also nicht abgeschlossen. Noch vorsichtiger öffnete er ihn und sah hinein.

Åke, dachte Robert zuerst, typisch Åke, schmeißt einfach weg, was sich doch nicht zu Geld machen lässt. Åke war das Unikum des ganzen Landstrichs, ein Meister des Überlebens, ein Jäger und Sammler von allem, was sich irgendwie zu Geld machen ließ, ein wahrer Künstler, wenn es darum ging, den Leuten, den letzten Trödel aufzuschwatzen. Aber dieser Koffer mit den alten Arbeitshandschuhen, der dunkelblauen Wollmütze und den Papierschnipseln ließ sich wohl nicht mal von Åke zu Geld machen. Also, folgerte Robert sofort, wird er ihn mit einem kräftigen Schwung auf das Grundstück geworfen haben, wo der Koffer jetzt wer weiß wie lange schon im hohen Gras gelegen hatte.

Robert Ekkheim nahm die alten Handschuhe aus dem Koffer. Normale Arbeitshandschuhe, wie man sie in jedem Baumarkt bekam. Diese hier waren sichtlich länger gebraucht worden. Sie waren hart und sandig und überdies an den Daumen durchgescheuert, wie es auch bei seinen Arbeitshandschuhen früher oder später passierte. Robert schüttelte weitere Ameisen ab und betrachtete die Papierschnipsel. War wohl mal ein Foto, überlegte er und versuchte erfolglos ein paar Teile zusammenzufügen. Die Ameisen hatten ganze Arbeit geleistet. Und die Wollmütze sah auch so aus, als hätte sie schon bessere Zeiten gesehen. Robert drehte sie in den Händen und schmunzelte als er sich daran erinnerte, auch mal so einen 'Eierwärmer', wie seine damalige Freundin Dagmar seine geliebte Mütze respektlos genannt hatte, besessen und fast nur zum Schlafen abgenommen zu haben.

Als Robert den Koffer ganz aufklappte entdeckte er die kleine Tasche im Futteral des Kofferdeckels. Er griff hinein und zog ein Smartphone heraus. Das hätte Åke sicherlich auch entdeckt – und sofort zu Geld gemacht. Er fiel damit eindeutig als Kofferwerfer aus. Robert blickte sich unwillkürlich um, aber natürlich war niemand da. Er untersuchte das Smartphone und natürlich war es ein iPhone. Na klar, was auch sonst. Wenn er hier in Schweden überhaupt mal ein anderes Fabrikat gesehen hatte, war dieses meist im Besitz von Touristen gewesen. Die eigentliche Bestimmung der Schweden des einundzwanzigsten Jahrhunderts, so schien es Robert, ließ sich trefflich mit dem Satz 'Born to use an iPhone' zusammenfassen: Die Dinger waren allgegenwärtig, in Restaurants und Cafés, überall wurde darauf getippt, gescrollt, gewischt, damit gefilmt und fotografiert, seltener telefoniert, eher schon Musik gehört.

Der Versuch, das iPhone zu starten scheiterte. Entweder war der Akku leer, oder das Gerät war kaputt. Unschlüssig blickte er auf den Koffer und auf die angefangene Arbeit. Robert beschloss, wenigstens zweioder dreimal rund um das Haus zu mähen und dann für heute erst einmal Schluss zu machen.

Während er weiter die Wiese mähte, kreisten seine Gedanken um den Koffer und seinen Inhalt. Das iPhone machte ihn neugierig. Er würde heute noch nach Kalmar fahren und ein passendes Ladekabel kaufen. Das Ladekabel seines Uralt-Handys war natürlich nicht kompatibel.

II

Es war bereits Nachmittag, als Robert Ekkheim, frisch geduscht und in leichter Sommerkleidung, auf dem Weg nach Kalmar war. Die Straße schlängelte sich aus seinem Dorf durch die Wälder, vorbei an Lichtungen, die auch mehr als zehn Jahre nach dem schweren Orkan Gudrun Zeugnis davon ablegten, mit welcher Wucht Småland getroffen worden war. Hier erholte sich der Wald nur langsam. Nur wenige kleinere Bäume wuchsen zwischen den verstreut herumliegenden großen Felsbrocken und den Unmengen von Totholz, das als Windwurf noch immer den Boden bedeckte. Robert hatte die Fenster seines Wagens auf, roch den Duft des Sommers und spürte den warmen Fahrtwind im Gesicht. Er hatte es nicht eilig, fuhr gemächlich mitten auf der Straße. Er schwelgte im satten Grün der Wiesen, dem leuchtenden Gelb des Löwenzahns, dem Grau der Feldsteine, die durch vergangene Generationen mühsam aus dem Ackerboden geklaubt und anschließend zu diesen imposanten Mauern aufgestapelt worden waren, die bis heute Felder und Wiesen säumten. Darüber war das dunkle Grün der Eichen und der strahlend blaue Himmel, getupft mit einigen weißen Wolken. Mehr Sommer geht nicht, dachte Robert, lächelte unwillkürlich und atmete tief ein.

Ab und zu tauchte an seinem Weg auch ein Bauernhof auf, der dann so typisch schwedisch aussah, wie seit Astrid Lindgrens Bullerbü Generationen von Kindern und Erwachsenen sich Schwedenhäuser vorstellten: falunrotes Holzhaus und ebensolche Schuppen und Scheunen mit weiß abgesetzten Dacheinfassungen, Fenstern und Türen und selbstverständlich fehlte auch nicht die überdachte Veranda, die natürlich auch weiß gestrichen und zudem mit allerlei Holzapplikationen verziert war. Fast immer stand neben dem Wohnhaus noch ein hoher Fahnenmast, meist mit einer glänzenden Messingkugel an der Spitze. Darunter tanzte stets die schwedische Fahne im Wind, mal als langer fröhlicher Wimpel, mal königlich-repräsentativ als Flagge.

An einem großen Verkehrskreisel bog Robert auf die Autobahn, nahm wenige Kilometer später die Abfahrt 'Kalmar City' und befand sich auf einer mehrspurigen Einfallstraße, die an zweckmäßigen Industrieund Handelsbauten und riesigen Parkplätzen vorbeiführte. Menschen waren kaum zu sehen. Warum nur, fragte er sich, leisten sich fast alle Städte ein so trostlos-eintöniges Entree? Es ist ja fast so, als wenn die Städte einen auf die Probe stellten und ihre attraktiven Seiten erst nach geduldig ertragener Durchquerung der baulich-räumlichen Tristesse offenbaren wollten!

Je näher Robert Ekkheim, den Hinweisschildern zum Zentrum folgend, der eigentlichen Innenstadt kam, um so mehr änderte sich das Bild. Große Bäume säumten die Straßen, er fuhr an stattlichen weißen Gründerzeithäusern vorbei und an ockergelben Wohngebäuden, die noch aus einer Zeit stammten, in der es keine Supermärkte gab und in deren Erdgeschosszonen sich noch immer einige kleine Obst- und Gemüsegeschäfte, Bäckereien, Buch- und Zeitungsläden fanden – und überall sah er lebendiges Treiben und Menschen, die ohne Laufschritt ihren Verrichtungen nachgingen.

Robert freute sich auf Kalmar und bog in den Ölandskajen ein, dessen Verlängerung direkt zu den Parkplätzen vor der imposanten Wallanlage der Altstadt führte. Er parkte seinen Škoda gut gelaunt direkt gegenüber der Marina zwischen der Einkaufspassage Baronen und der Stadtmauer. Sorgfältig achtete er darauf, dass der Parkschein gut sichtbar an der Frontscheibe klemmte, obwohl er zufrieden registriert hatte, dass die Stadt ihre Parkplätze offensichtlich wieder selbst bewirtschaftete und sie nicht mehr an Firmen vermietete, die dies dann auf eigene Rechnung taten. Sollte an den Gerüchten bezüglich dieser Firmen, so fragte sich Robert, tatsächlich was dran gewesen sein? Sind ausländische Touristen wirklich, trotz eines gültigen Parkscheins, mit kompliziert formulierten schwedischsprachigen Formularen bedacht worden, deren Inhalt sich ohne entsprechende Sprachkenntnisse nicht erschloss, was – wie wohl auch beabsichtigt – zum Versäumen der Einspruchsfrist und in der Folge zu drastisch formulierten Zahlungsaufforderungen geführt hatte? Und ganz offenbar auch zu Beschwerden, dachte Robert ein bisschen schadenfroh, hatte er doch noch letztes Jahr stets plakativ und wie zufällig, einen schwedischsprachigen Roman aufs Armaturenbrett gelegt. Zu gerne hätte er jetzt im Nachhinein gewusst, ob ihm diese Sicherheitsvorkehrung tatsächlich eine zeitaufwendige und nervtötende Auseinandersetzung erspart hatte.

Nachdem Robert seinen Wagen abgeschlossen hatte, ging er quer über den Parkplatz an der großen roten Granitkugel vorbei, die sich auf einem hauchdünnen Wasserfilm langsam auf ihrem Sockel drehte. Er schaffte es auch heute nicht vorüberzugehen, ohne zu versuchen, die Kugel mit dem Zeigefinger zu stoppen, was ihm natürlich auch diesmal nicht gelang. Erst jetzt bemerkte er den kleinen Jungen, der ihm interessiert zusah und seinen Arm jetzt auch Richtung Kugel ausstreckte. »Constantin-Emanuel«, ertönte es in diesem Moment schrill und durchdringend auf Deutsch, »komm da sofort weg! Du machst dich ja ganz nass und das Wasser ist bestimmt ganz dreckig! Da kann man ganz doll krank von werden!«

Die Eltern standen gut zwanzig Meter entfernt und rauchend neben einem schweren, chromblitzenden SUV. Na, dachte Robert, das passt ja prima zusammen! Er fand SUVs, außer wenn man eine schwere Zugmaschine brauchte, ein Trecker nicht zur Hand oder einfach zu langsam war, oder man die seitens der Autoindustrie unterstellte maximale Körpergröße des durchschnittlichen Fahrzeuglenkers deutlich überschritt, ziemlich überflüssig. Er verlängerte für sich die Abkürzung nicht mit 'Sport Utility Vehicle', sondern nach ihrem gefühlten örtlichem Hauptvorkommen abschätzig als 'Suburban Vehicle'. Die Eltern sahen jetzt aufgeregt zu ihrem Sohn. Der war zwischen Gehorsam und der Versuchung der Kugel hin und hergerissen. Robert wischte seine nassen Finger in der Hose trocken, zwinkerte dem Jungen zu und sagte: »Wenn du es versuchen willst, musst du hinter die Kugel gehen, da sehen sie dich nicht!« Er winkte ihm noch einmal und ging dann deutlich vernehmbar härkommer-Pippi-Långstrump-tjola-hopp-tjola-hej-tjolahopp-san-sa singend an den ihm empört hinterherschauenden Eltern vorbei.

»Constantin-Emanuel!«, ertönte es hinter ihm mit Nachdruck. Als er sich umdrehte, sah er einen äußerst zufrieden aussehenden kleinen Jungen hinter der großen Granitkugel hervorkommen und auf seine Eltern zugaloppieren.

Robert überquerte die Skeppsbrogatan, erstand im Baronen ein Ladekabel und ging, nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass die riesigen Oleanderbüsche in den mächtigen Pflanzkübeln entlang der Straße auch dieses Jahr voller Knospen waren, durch eines der alten Stadttore in die Fußgängerzone. Es war ein herrlicher Tag, warm und hell und die Menschen um ihn herum waren entsprechend sommerlich gekleidet und gut gelaunt. Man genoss allgemein den Tag, jeder für sich, in trauter Zweisamkeit oder familiärer Verbundenheit. Hektik und Eile sah oder fühlte er nirgends. Die weitgehend geschlossen erhalten gebliebene historische Stadtbebauung strahlte nicht nur die gespeicherte Wärme der letzten Tage ab, sondern eben auch ansteckende Ruhe und Gemütlichkeit.

Robert überlegte erst nachzuschauen, ob im Schatten des mächtigen barocken Doms heute Wochenmarkt sei – dann könnte er sich einen Salat kaufen. Andererseits sah er jetzt schon die roten Geranien in den Blumenkästen vor den weit nach außen geöffneten Fenstern des ältesten Cafés der Stadt. Damit war die Entscheidung für ihn gefallen. Robert schlenderte die Kaggensgatan hinunter und steuerte sein Lieblingscafé an.

Robert stieg die gewundene, steile Holztreppe hinauf in den ersten Stock, wo sich das Café über viele Zimmer und Nischen erstreckte. Er bestellte am Tresen den hausgemachten Blaubeerkuchen mit Eis und Kaffe med påtår. Diese schwedische Sitte, Kaffee zum selber Nachschenken, sozusagen als Kaffeeflat, anzubieten, fand Robert großartig.

Mit seinem Tablett ging er durch das Café, vorbei an einem Sammelsurium mehr oder weniger antiker Tische, Sofas, Sessel und Stühle. Trotz eines stilistischen Durcheinanders von Biedermeier, Gründerzeit, Jugendstil und Art Déco folgte alles einer gewissen Ordnung und bildete so optisch in sich abgeschlossen wirkende Sitzecken, die alle von den unterschiedlichsten Gästen besetzt waren. Er blickte auf seine Uhr. Hauptkaffeezeit! Er ging weiter, überlegte, ob er sich vielleicht irgendwo dazusetzen könne und fand dann im letzten Zimmer doch noch einen kleinen freien Tisch in einer Nische, die sogar ein Fenster hatte – und eine Steckdose. Er holte das iPhone aus der Tasche und schloss es an. Nach ein paar Minuten leuchtete das Display auf, anscheinend war das iPhone nicht kaputt, sondern nur leer. Seine Spannung stieg und er hoffte, dass der Akku ihm gleich tat. Noch reagierte der Touchscreen nicht, wahrscheinlich musste der Akku erst noch ein bisschen laden. Robert zwang sich zu Geduld, beobachtete durch das geöffnete Fenster das Treiben in der Fußgängerzone, all die flanierenden Menschen, die Landesfähnchen aus aller Herren Länder, die fröhlich an langen Seilen zwischen den Häusern im lauen Sommerwind flatterten und die Möwen, die kreischend ihre Bahnen zogen.

Er genoss wie immer die Caféhaus-Atmosphäre, seinen Kuchen und den Kaffee. Ab und zu sah Robert neugierig zum Handy hin, ob sich schon etwas tat. Nichts. Nach einer guten halben Stunde probierte er es noch einmal. Der Touchscreen reagierte und das Menü ließ sich öffnen – das iPhone war also nicht gesperrt! Und anscheinend hatte es auch eine Sim-Karte! Er öffnete das Telefonbuch – leer. Ebenso leer waren alle anderen Ordner und Speicher. Seltsam, dachte Robert und besah sich das Gerät noch einmal. Neu war es nicht, es gab deutliche Gebrauchsspuren, die sicher nicht nur von der Zeit im Koffer stammten. Irgendwer musste alle Daten auf dem Gerät gelöscht haben. Aber warum? Und warum nur ließ man dann die Sim-Karte im Gerät stecken? Und warum packt man dann das Handy in einen Koffer, legt noch alte Arbeitshandschuhe, eine ebenso alte Mütze und ein Foto oder Ähnliches dazu und schmeißt alles weg?

Robert Ekkheim stutzte. Genau genommen, überlegte er, ist es ja gar nicht wirklich weggeworfen worden! Wenn irgendjemand es hätte wegschmeißen wollen, dann wäre es vielleicht in den Wald geworfen, oder mit Steinen beschwert in einen See, oder in Papier gewickelt in einen Mülleimer, oder es wäre vielleicht zur Miljö-Station gebracht worden, wo die Kommunen alle recycelfähigen Materialien sammelten. Es war ja eigentlich klar, sagte er sich, dass der Koffer bei ihm auf dem Grundstück über kurz oder lang gefunden werden würde! Und die Chance, dass er ihn persönlich finden würde, war hoch. Aber was um alles in der Welt bedeutete das? Robert Ekkheim musste mit jemandem reden.

III

Wie immer wenn Robert Ekkheim von Kalmar nach Hause fuhr hatte er das Gefühl, dass der Heimweg viel länger war. Und wie immer schaltete er den Tempomat ein, als er die Landstraße erreicht hatte und fuhr mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 80km/h gemächlich durch die sonnenbeschienene Landschaft. In wenigen Minuten müsste er sich entscheiden, welchen der beiden möglichen Wege er nun fahren wollte. Den, den er gekommen war oder über die autobahnähnlich ausgebaute 25. Landschaftlich war dies die weniger interessante Strecke, aber praktisch, wenn ihm unterwegs doch noch etwas einfiel, was er dann problemlos noch auf dem Weg in Nybro besorgen konnte.

Robert hing seinen Gedanken nach. Er empfand es wieder mal als Glück, dass sein Haus in der Nähe zu Kalmar lag; er hatte beim Kauf des Hauses jedenfalls nicht darüber nachgedacht. Er mochte Kalmar nicht nur wegen der hübschen alten Innenstadt, dem Schloss mit Gamla Stan, dem mittelalterlichen Stadtkern, sondern auch deshalb, weil die Stadt alles bot, was man seiner Meinung nach zu einem angenehmen Leben brauchte: Es gab ein Theater, Museen, eine Kunsthalle, Kinos – übrigens auch das älteste noch in Betrieb befindliche Kino Schwedens, diverse Restaurants, Cafés, Bars und Einkaufsmöglichkeiten – und das alles in fußläufiger Entfernung und direkt am Wasser. Bei diesen Gedanken nahm er sich vor, bei Gelegenheit zu schauen, ob das neue Stadtquartier Varvsholmen auf der ehemaligen Werftinsel jetzt langsam fertig werden würde. Von da aus hatte man einen wundervollen Blick über den Sund auf Öland und Kalmar. Und dann, dachte er, wollte er auch noch nach Stensö, denn auch wenn Stensö ein sehr beliebtes Naherholungsgebiet direkt vor den Toren Kalmars war, war es trotzdem sehr idyllisch. Und selbstredend würde er auch nach Öland fahren – spätestens, wenn das Wetter hier auf dem Festland zu wünschen übrig ließ, denn dann hatte man auf Öland die Chance, dass dort die Sonne schien. All das war eine willkommene Abwechslung zu seinem doch eher beschaulich-verschlafenem Dorf.

Obwohl es langsam Abend wurde, stand die Sonne noch immer hoch am Himmel und Robert freute sich darauf, nachher, wenn die Uhr längst den späten Abend anzeigte, in der Sonne auf seinem Balkon zu sitzen und die Stille zu genießen. An einem der nächsten Abenden würde er bestimmt auch noch mal zum Angeln gehen, vielleicht auch mit dem Boot auf den Hultebräan hinausfahren.

So mäanderten Roberts Gedanken durch seinen Kopf und fast wäre er vor Schreck von der Straße abgekommen, als das iPhone auf dem Beifahrersitz läutete.

Robert machte eine Vollbremsung und hatte Glück, dass niemand hinter ihm fuhr. Er starrte auf das iPhone, das noch immer lautstark einen eingehenden Anruf meldete. Zögernd nahm Robert das Handy, drückte nacheinander irgendwelche Tasten auf dem Display und meldete sich dann mit einem schwedentypischen »Jahaa?« Ganz entfernt hörte Robert eine Melodie, die ihn an irgendetwas erinnerte. Er kam nur nicht darauf, an was.

»Välkommen till sverige!«, sagte eine weibliche Stimme, »Willkommen in Schweden! Schön, dass du noch lebst! Und mal wieder Zeit gefunden hast herzukommen! Ich habe dich ja ewig nicht mehr gesehen!« Robert Ekkheim war so verblüfft, dass er nichts zu sagen wusste. Und das war selten bei ihm. Abgesehen davon, waren seine Schwedenkenntnisse plötzlich wie weggeblasen. Auch das war selten bei ihm, sprach er die Sprache doch inzwischen wirklich weitestgehend fließend, wenn auch nicht ganz akzentfrei. Und dass er, wie in Schweden generell üblich, geduzt wurde, erstaunte ihn schon lange nicht mehr, er hatte sich längst daran gewöhnt.

»Ja«, stammelte Robert und brauchte gefühlte hundert Minuten, bis es ihm gelang zu fragen: »Wer ist da? Mit wem spreche ich?« Statt einer Antwort ertönte ein Lachen, das nicht wirklich dazu angetan war, ihm seine Irritation zu nehmen. Obwohl es eigentlich ein freundliches Lachen war. Aber vielleicht gerade deshalb. Robert schluckte, als die Stimme nun »Du weißt wirklich nicht, wer ich bin?« fragte und tatsächlich enttäuscht klang. Dann forderte ihn die Stimme auf zu überlegen.

Robert Ekkheim mochte solche Spiele schon zu Kindheitstagen nicht und seit er als Student bei irgendeiner Feier bei einem Paarspiel mal seine damalige Freundin nicht erkannt hatte, sich so dem Gespött der ganzen Runde und besonders den langanhaltenden Vorwürfen von Dagmar ausgesetzt sah, hasste Robert sie sogar. Immerhin gab ihm das die Kraft zu antworten. »Nein, das weiß ich nicht! Woher auch? Das muss eine Verwechslung sein! Oder sage mir bitte, wer du bist und was du willst!« Es hörte sich noch schroffer an, als er beabsichtigt hatte und diesmal klang das Lachen aus dem Handy eher resigniert, was durch ein »Schade, ich hatte so gehofft, dass du mich noch kennst!« unterstrichen wurde. Dann war es still. Robert Ekkheim hörte entfernt wieder die Melodie, die dann aber abrupt abbrach. Im selben Moment ertönte ein Geräusch, als wenn ein Motor gestartet wurde, dann eine Lautsprecherdurchsage, viel zu weit entfernt, als dass er sie verstehen konnte. Dann war die Leitung tot.

Robert starrte minutenlang das Handy an, in seinem Kopf spielte sich ein bunter Bilderreigen ab, in dem vorzugsweise Frauen eine Hauptrolle spielten – inklusive einiger skurriler Gestalten, die vor einigen Jahrzehnten in seiner Lieblingskneipe auf dem Hamburger Kiez wie er zu den Stammgästen zählten. Robert dachte an Uschi und musste trotz seiner anhaltenden Verwirrung grinsen. Uschi war an die zwei Meter groß, hatte ein Kreuz wie ein Schrank, Hände wie Schaufeln, eine Stimme wie ein Bär und ebensolche Körperbehaarung und man musste sie mit ihrer blonden Perücke, den tiefroten Lippen und ihren Pumps in Größe achtundvierzig einfach erlebt haben. Aber sie war einer der nettesten und hilfsbereitesten Menschen, denen er je begegnet war. Oder Monika, die ihre wahre weibliche Bestimmung so konsequent um- und durchgesetzt hatte, dass sie heute in der medialen Öffentlichkeit ohne Wenn und Aber und vor allem ohne anzügliche Bemerkungen als Frau wahrgenommen wurde. Aber weiter brachten ihn seine Erinnerungen alle nicht. Wer hatte ihn da angerufen? Er tappte absolut im Dunkeln. Auch eine Sache, die er seit Kindertagen hasste.

Es dauerte noch einige Zeit bis Robert das Gefühl hatte, weiterfahren zu können. Hier täuschte er sich, aber glücklicherweise kam er, obwohl er diverse Kurven in Ideallinie durchfahren, auch auf gerader Strecke mehrfach seine Spur nicht gehalten und zudem den teilweise unbefestigten Fahrbahnrand benutzt hatte, wohlbehalten zu Hause an. Dass er die sonst eher stoischen schwedischen Autofahrer zu Hupkonzerten und teilweise abrupten Ausweichmanövern veranlasst hatte, war nicht in sein Bewusstsein vorgedrungen. Auch die småländische Tierwelt war ohne Verluste und Blessuren geblieben, sieht man mal von dem Schrecken ab, den ein Reh vor dem Staub aufwirbelndem Auto bekam, das da auf dem Seitenstreifen auf es zuraste und es veranlasste, panisch zurück aufs Feld zu fliehen. All das tangierte in keiner Weise Roberts verzweifelte Bemühungen, Licht ins Dunkel zu bringen Er hatte seinen Wagen rein mechanisch gefahren und hätte später nicht einmal mehr sagen können, welchen der beiden möglichen Wege nach Hause er genommen hatte.

IV

Obwohl die Uhr bereits späten Abend anzeigte, tauchte die Sonne noch alles in ein sommerliches Licht, hatte selbst knapp über den Baumwipfeln des Waldes stehend noch genug Kraft, um eine angenehme Wärme zu verstrahlen. Robert Ekkheim liebte diese hellen und warmen Nächte um den 21. Juni herum, der Sonnenwende, dem Midsommar, dem eigentlichen Sommer- und Ferienanfang in Schweden. Gern ließ er sich von der in ganz Schweden herrschenden Vorfreude auf die kommenden hellen und warmen Sommertage anstecken. Diese angenehmen Empfindungen standen allerdings im krassen Gegensatz zu den – wenn auch lückenhaften – Erinnerungen an sein erstes und bislang auch letztes Midsommar-Fest, die ihn unweigerlich jedes Jahr um diese Zeit wieder ansprangen.

Robert war damals, drei Wochen bevor ihn seine damalige Clique hier besuchen wollte, vorgefahren, um in Ruhe noch einige Dinge reparieren zu können und um unter anderem die Veranda zu streichen. Dass er anlässlich dieses Besuches mit Susanne, seiner zukünftigen Ex-Frau, zusammenkommen würde, wusste er damals natürlich nicht. Wie schon so häufig war er also am Freitagabend hier angekommen, nicht ahnend, dass dieser ausgerechnet der Midsommarafton, also der Abend vor dem eigentlichen Midsommarfest war, das, ihm damals noch unbekannt, am Samstag zwischen dem 20. und 26. Juni gefeiert wird. Und prompt hatten die Nachbarn ihn dann am Samstag abgeholt und zum Festplatz am anderen Ende des Dorfes mitgenommen.

Widerstrebend und auch nur unvollständig erinnerte er sich an all die Fettnäpfchen, in die er in den folgenden Stunden hineingetappt – oder besser hineingestürmt war: Auf dem Festplatz stand bereits die mit Blumen, Birkenzweigen und blau-gelben Schleifen reich geschmückte Majstång. Stolz wurde sie ihm präsentiert – und er fragte den ihm damals noch unbekannten Mann neben ihm feixend, ob man denn hier den Monat verwechselt hätte. Sein jetziger guter Freund Jonte hatte ihn entgeistert angesehen und ihm dann kopfschüttelnd erklärt, das 'maj' hier doch auf das alte Verb 'maja' zurückging, also 'mit Blumen schmücken' und mitnichten den Monat angab!

Aber das war noch lange nicht die letzte Peinlichkeit des Abends. Auch seine belustigten Bemerkungen über die Kinder, die den Tanz der kleinen Frösche tanzten, den små grodorna, blieben ihm im Hals stecken. Wenige Augenblicke später fand er sich nämlich auf und ab hüpfend und abwechseln neben den Ohren und hinter dem Rücken mit den Händen wedelnd, in einer langen und heiteren Reihe großer und kleiner Frösche wieder, die alle ein Lied sangen, von dem er zwar damals nicht alles verstand, das aber fröhlich klang und wohl ziemlich albern war.

Später dann, beim Essen, hatte Robert gern und reichlich den ihm angebotenen Wein und auch schon den einen oder anderen Schnaps getrunken. Noch später hatte er dann auch das Schnapslied helan går gesungen und folgsam bei jedem 'helan går' seinen Schnaps auf ex hinuntergestürzt. Auf den Gedanken, dass vielleicht auch von ihm erwartet wurde, zumal er in seiner Heimat ja vergleichsweise billig an Alkohol kam und auch bestimmt die eine oder andere Flasche mitgebracht hatte, wie alle anderen etwas zu diesem Fest beizusteuern, war er nicht gekommen. Und während Robert sich den schwedischen Schnaps hatte schmecken lassen, immer fröhlicher und sangesfreudiger wurde, war sein reichlicher Alkoholvorrat in der Speisekammer unangetastet geblieben.

Das Nachhausekommen war ihm am nächsten Morgen rätselhaft gewesen, er hatte, was ewig nicht mehr vorgekommen war, einen kapitalen Filmriss gehabt. Wie viele Stunden und Erlebnisse im Nebel des Alkohols verschluckt worden waren, konnte er nie ergründen; es müssen aber etliche gewesen sein. In seinem Kopf hatte es gedröhnt, ihm war schrecklich schlecht und sein Bett war zerwühlt gewesen wie noch nie. Seine Kleidung hatte im großen Bogen um das Bett verstreut gelegen, die Wände små grodorna getanzt und die Sonne grell und gnadenlos durch die Fenster geschienen. Die Sonnenstrahlen waren auch auf eine halb geleerte Rotweinflasche neben dem Bett gefallen, was Roberts Magen sofort wieder in gefährliche Schieflage gebracht hatte. Anscheinend hatte er zuhause tatsächlich noch weitergesoffen.

Er hatte dann den ganzen Midsommardag gebraucht, sehr viel Wasser und mehrere Kopfschmerztabletten, um am darauffolgenden Tag wenigstens so weit wiederhergestellt zu sein, dass er einen Spaziergang durch das Dorf machen konnte. Obwohl dieser eigentlich seiner Rekonvaleszenz dienen sollte, fühlte er sich danach fast noch schlechter als am Vortag: Nach den teils süffisanten, teils amüsierten Bemerkungen und Aussagen der Nachbarschaft hatte er auf der Midsommar-Feier wohl mächtig über die Stränge geschlagen. Immer wieder hatte er den små grodorna angestimmt und versucht zum Tanz zu animieren und, als das nicht klappte, weil die anderen längst zum ruhigeren und gemütlicheren Teil übergegangen waren, hatte er wie ein Derwisch alleine um die Majstång getanzt.

In den frühen Morgenstunden dann, als die Älteren bereits gegangen waren und einige der Jüngeren wieder zu leiser Musik ein wenig geschwoft hatten, hatte es nachher wohl keine Frau gegeben, mit der er nicht wenigstens ein- oder zweimal wild und bar jeglichen Rhythmusgefühls über den Platz gefegt war. Er meinte sogar verstanden zu haben, dass er sich von einigen gar nicht mehr hätte trennen wollen. Und dann irgendwann, auf dem Weg nach Hause, soll er sogar im Duett mit jemanden abwechselnd små grodorna und helan går mehr gegrölt denn gesungen haben. Begleitet wurden diese Informationen stets mit einem unverhohlen anzüglichen Grinsen, was die Peinlichkeit für ihn ins Unermessliche hatte steigen lassen.

Nie wieder hatte er sich danach auch nur annähernd so gehen lassen und war froh, dass diese Episode im Dorf vergessen schien. Einzig sein Freund Jonte konnte es nicht lassen, ihn hin und wieder damit aufzuziehen.

V

Robert schüttelte die unerfreulichen Erinnerungen an dieses peinliche Midsommar-Fest ab und genoss die Abendstimmung auf seinem Balkon. Die Tannen und Kiefern auf der anderen Seite der Straße hoben sich schwarz vom inzwischen rötlich gefärbten Himmel ab und es roch würzig und frisch. Die Hitze des Tages wich jetzt angenehmeren Temperaturen. Die merkwürdige Sache mit dem Koffer und dem Handy war in den Hintergrund getreten. Robert Ekkheim hatte vorhin zu Hause angerufen und wider Erwarten war nicht Jo, sondern sein Sohn Markus ans Telefon gegangen. Er hatte also die Musikanlage von Robert nur so laut aufgedreht, dass das Klingeln des Telefons zu ihm durchgedrungen war. Keine Selbstverständlichkeit, wenn niemand sonst im Haus war.

Markus war mit fünfzehn Jahren zwar mitten in der Pubertät, tat und sagte manchmal Dinge, die man der Nachwelt nicht zwingend überliefern musste, insgesamt aber fand Robert seinen Sohn auch in dieser Entwicklungsphase großartig und sah bestätigt, dass sich jede Minute, die man mit seinem Kind verbrachte, irgendwann positiv auszahlen würde. Auch dass Markus sich mit der neuen Familiensituation problemlos abfand, ihr sogar durchaus positive Aspekte abgewinnen konnte, rechnete Robert diesem Umstand zu. Jedenfalls hatten Vater und Sohn lange miteinander telefoniert. Markus erzählte, dass er mit seiner Mutter Stress hatte, weil die im Job Druck hätte und deswegen wenig 'gechillt' war und er deshalb bei Robert und Jo in der Wohnung sei. Sonst sei aber niemand da. Jo sei wohl noch in der Agentur arbeiten.

Jo und Robert waren seit gut drei Jahren liiert, sie hatten sich, Jo eher ratlos, Robert eher planvoll, vor einem Regal in einem Baumarkt getroffen. Robert hatte auf charmante Weise spontan sein profundes Heimwerkerwissen angebracht, Jo zeigte sich beeindruckt und dann hatten sie einen Kaffee miteinander getrunken. Sie verstanden sich auf Anhieb und ein paar Tage später half Robert beim Renovieren ihrer Wohnung. Was anschließend passiert war, hatte Robert später als 'Urknall der Gefühle' bezeichnet. Und das, obwohl er nach der Trennung von Susanne beschlossen hatte, sich nicht noch einmal zu verlieben. Schließlich hatte er ja mit den Jahren einen Kreis guter und verlässlicher Freundinnen und Freunde um sich herum versammelt! Und Sex, so redete er sich ein, würde eh total überbewertet werden. Inzwischen lebten er und Jo nun schon seit fast eineinhalb Jahren in einem gemeinsamen Haus am Stadtrand, aber – das war Robert wichtig – noch innerhalb der Stadtgrenzen Hamburgs.

Robert hatte Markus von seinem Fund und dem merkwürdigen Anruf erzählt. Und Markus hatte, nachdem er sich vorher ausgiebig über die Ungerechtigkeit ausgelassen hatte, dass er zur Schule musste während er, sein Vater, in Schweden 'chillen' konnte, still zugehört. Markus stellte dann die Frage, die maßgeblich dafür verantwortlich war, dass das Geschehen jetzt etwas in den Hintergrund getreten war: »Woher weißt du denn eigentlich, dass du überhaupt gemeint bist? Ist dein Name genannt worden? Vielleicht ist das eines dieser blöden neuen Spiele, bei dem es diesmal nicht darum geht, irgendwo in der Pampa irgendeinen Blödsinn zu suchen, sondern jemanden zu verarschen!« Robert hatte dagegengehalten, dass ein iPhone und eine Sim-Karte wohl ein etwas hoher Einsatz für irgendein Spiel wäre, was sein Sohn verächtlich lachen ließ: »Quatsch! So'n Handy ist irgendwann einfach ziemlich auf, egal ob iPhone oder sonst etwas, auch wenn du das erst merken würdest, wenn gar nichts mehr geht. Wahrscheinlich ist der Akku mau und er lässt sich ja bei dem alten Ding nicht wechseln. Jedenfalls nicht mal eben so. Und du weißt doch selbst, was eine Sim-Karte in Schweden kostet. Wahrscheinlich ist das eh eine Prepaid-Karte die kurz vorm Ablaufen ist!«

Auch wenn sich Robert Ekkheim prinzipiell von seinem Sohn gerne etwas ernster genommen fühlen würde, musste er ihm Recht geben. Und je länger er darüber nachdachte, umso logischer schienen ihm die Worte von Markus. Dieser wollte dann noch die Nummer des Handys haben, weil er versuchen wollte, irgendetwas Erhellendes herauszubekommen und hatte ihm per Fernanweisung gesagt, wie er an die Nummer ran kam. Dann hatte Markus sich mit den Worten verabschiedet: »So Papa, mach dir keinen Kopf und genieße deine Zeit!«

*

Robert saß jetzt unbeschwert in der Sonne und genoss den Abend. Oder seine Zeit, wie sein Sohn gesagt hatte, obwohl er fand, dass da immer etwas von Endzeit mitschwang. Er freute sich über die sehr positive Reaktion auf die Frage, ob Markus nicht Lust hätte, sich Jo anzuschließen, um ihn in den Ferien in Schweden zu besuchen. Robert würde sie dann in Nybro vom Bahnhof abholen, sie würden vielleicht noch ein paar Leckereien einkaufen und diese dann gemeinsam in der warmen Abendsonne genießen. Er freute sich schon auf die gemeinsamen Wochen in Schweden. Wer weiß, überlegte er, wie lange Markus überhaupt noch Lust haben würde, mit seinem Alten und dessen Liebe zusammen Urlaub zu machen?

Robert dachte an Susanne, mit der er viele Abende auf diesem Balkon verbracht hatte, bis Susanne sich auf einer Fortbildung erst verguckt und dann auf einer Dienstreise verliebt hatte. Nach langem und quälendem Hin und Her hatten sie sich dann einvernehmlich getrennt.

Am Anfang hatten sie nur um ihres Sohnes Willen Kontakt gehalten, mit der Zeit merkten sie aber, dass sie immer unverkrampfter und offener miteinander umgingen, begannen, sich auf die Zusammentreffen zu freuen. Irgendwann waren sie wie selbstverständlich dazu übergegangen, sich auch ohne äußere Notwendigkeiten zu verabreden und auch wenn ihre Liebe nicht wieder aufflammte, genossen sie doch die Vertrautheit und Verbundenheit der vielen gemeinsamen Jahre. Lachend hatten sie bei einem gemeinsamen Spaziergang festgestellt, dass sie sich vielleicht viel früher hätten trennen sollen. Ihr Verhältnis war so entspannt, dass Susanne und Lutz letztes Jahr sogar auf einer Durchreise nach Stockholm bei ihm und Jo einen Zwischenstopp gemacht und sie zu viert einen wirklich netten Abend verbracht hatten. Ja, Robert Ekkheim war mit seinem Leben und der Entwicklung der Dinge wirklich zufrieden. Plötzlich und ohne jeglichen Bezug platzte in diese Zufriedenheit die Erkenntnis: Die Melodie, die er vorhin im Hintergrund gehört hatte, war die des Tanzes der kleinen Frösche, jenes Liedes also, das traditionell zum Mittsommerfest gesungen wurde. Robert Ekkheim war ebenso verblüfft wie ratlos.

*

Die nächsten Tage verbrachte Robert Ekkheim damit, sein Grundstück etwas auf Vordermann zu bringen. Nachdem die Wiese gemäht war, kümmerte er sich um die Beete, siebte den Kompost und richtete endlich die schmiedeeiserne Gartenpforte, die seit einigen Jahren etwas schief in den Angeln hing und sich dadurch nur halb öffnen ließ. Zwischendurch fuhr er nach Påryd und gönnte sich zur Belohnung ein Stück Kuchen und einen Kaffee. Er traf sich auf einen Kaffee mit Freunden, half seiner alten Nachbarin beim Reparieren ihres Schuppendaches, angelte hin und wieder oder saß auf der Veranda und las oder schrieb. Kurz – er genoss sein Schweden! Das iPhone und den Koffer, der zwischen Staubsauger und Wischeimer im Kabuff stand, hatte Robert schon fast vergessen.

Nach einer knappen Woche regnete es zum ersten Mal. Es war ein typischer småländischer Landregen, der Himmel war aschgrau und keinerlei Farbnuance ließ einzelne Wolken erahnen. Es regnete nicht stark, aber dafür stetig. Das würde erfahrungsgemäß wohl den ganzen Tag so weitergehen und Robert überlegte deshalb in den Schuppen zu gehen und Holz für den Winter zu machen. Andererseits könnte er auch mit einem Tee oder Kaffee gemütlich am Küchentisch sitzen und schreiben. Oder sich mal wieder mit seinem Freund Jonte treffen. Dadurch, dass er hier nur wenige Monate im Jahr wohnte, sah er ihn ja selten genug. So beschloss er, den Tag genau in dieser Reihenfolge zu verbringen und ging also erst einmal in den Schuppen.

Als er abends, viel später als er eigentlich gewollt hatte, nach einem wirklich gelungenem Abend wieder nach Hause kam, war er noch immer zu aufgekratzt um ins Bett zu gehen. Das lag nicht daran, dass er Jonte von seinem Fund und dem merkwürdigen Anruf erzählt hatte, sondern eher daran, dass sie beide, nach einem ebenso ausgiebigen wie traditionellen Essen aus Pellkartoffeln, Heringen mit viel saurer Sahne und eben soviel Schnittlauch auch einige Flaschen Bier geleert hatten. Dabei hatten sie ein anregendes Gespräch über Gott und die Welt geführt, hatten viel gelacht und Robert war jetzt gut gelaunt und ein klein wenig beschwipst. Er musste wieder einmal feststellen, dass auch Folköl mit seinen zwischen 2,25% und maximal 3,5% Alkohol duhn macht – wenn man nur genug davon trinkt. So beschwingt fiel ihm wieder das gefundene iPhone ein. Er zerrte den Koffer aus dem Kabuff, kramte es heraus und schaltete es ein. Das Display leuchtete auf und meldete vierzehn Anrufe in Abwesenheit.

Robert Ekkheim starrte gebannt auf das Display. Das leichte und durchaus auch angenehme Gefühl des beschwipst Seins war verschwunden, schlagartig fühlte er sich nüchtern. Er öffnete das Menü in der Hoffnung, die Nummer angezeigt zu bekommen aber da stand vierzehn Mal nur 'anonym'. Scheiß Spiel, dachte Robert und ging zum Telefon. Diesmal nahm niemand bei ihm ab, wahrscheinlich schliefen sie schon. Oder Markus schlief schon und Jo war noch in der verdammten Redaktion.

Robert ging ins Wohnzimmer und lümmelte sich in seinen Sessel. Wer um alles in der Welt versuchte da mit ihm Kontakt aufzunehmen? Er machte den Fernseher an und zappte sich lustlos durch die Programme, von irgendwelchen mehr oder weniger gekonnt moderierten Talkshows zu tagesaktuellen Belanglosigkeiten, zu Dauerwerbesendungen oder den x-ten Wiederholungen irgendwelcher Sitcoms, die er auch nach diesem x-ten Mal nicht lustiger finden .