Teufelsgut Engelsböse Nr. 8 - Sabine Benda Thomas Benda - E-Book

Teufelsgut Engelsböse Nr. 8 E-Book

Sabine Benda Thomas Benda

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Beschreibung

»Du kannst den zusätzlichen Auftrag nicht einfach ablehnen.« Paradies. Mittagsstunde in der Ewigkeit. Samuel, der Gärtner Gottes hatte Alexandra an den feinsandigen Strand zu einem »Mitarbeitergespräch« eingeladen. Beide standen sich in weißen Gewändern und Riemensandalen gegenüber. Zwei uralte Engel: Samuel und Alexandra. »Du weißt, dass ich persönliche Gründe habe, den Schutzauftrag abzulehnen«, erinnerte Alexandra ihren Vorgesetzten und klang sehr entschlossen dabei. Samuel meinte daraufhin ziemlich unwirsch: »Ach, nur weil dieser Bodyguard ein Atheist ist, stellst du dich so sperrig an? Du klingst ja fast schon so selbstherrlich wie ein Mensch.« Alexandra blieb unverrückbar bei ihrem Statement. »Ich werde keinen Gottlosen behüten. Punkt, Schluss!« Das Böse auf Erden war potenter denn je! Manchmal war es nicht einfach, ein guter Gärtner zu sein. Gut und Böse - wie kam beides in die Welt? Und sind wir gänzlich frei von diesen beiden Mächten, wenn wir es uns lange genug einreden? Es ist mühsam darüber nachzudenken, denn es gibt für uns alle Pläne, die älter sind als die Menschheit selbst, geschrieben vor langer Zeit … und sie erfüllen sich jetzt … in diesem Augenblick … für uns alle.

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Teufelsgut Engelsböse

Nr. 08: Dunkelblut

von

Sabine & Thomas Benda

1. Mein Name ist ...

2. Monster

3. Ungewöhnliche Dinge und Ereignisse

4. Sitz- und Stehpinkler unter sich

5. Und was nun?

6. Alter ist relativ

7. Chili con Carne

8. Vor der Reise

9. Begegnungen im Park

10. Wieder mal Bock

11. Zwei oder drei Männer

12. Strichgespräche

13. Verlieren steht niemals zur Debatte!

14. Pure Fassungslosigkeit

15. Willenlos dunkel

16. Die Hure und der Mercy-Sucher

17. Der Stein

18. Abreise

19. Was Ansgar hasst

20. Die Mistress

21. Tucker

22. Der Kummer eines Mannes

23. Zweideutiges

24. Die Dame

25. Margarete Gräfin von Weystedt

26. Eine irre Mischung

27. Trotz alledem

28. So jemand darf niemals wieder zurückkehren!

29. Der Grund

30. Blut und Schmerz

31.) Im Violetten Salon

32. Keine Kontrolle mehr

33. Charmeure

34. Der Größte, der Härteste und der Schönste

35. Ganz dringend, herzensnah und geduldig

36. Die Waagschale

37. Kalt und unberechenbar

38. Heidelberg, Untere Straße

39. Angst

40. Die Prophetin der Letzten Tage

41. Ein anspruchsvolles Bettgespräch

42. Sexuelle Ausrichtung

43. Einwechselspieler

44. Kabesi

45. Erlebnispark

46. Tresengespräch

47. Eine kleine Nachtmusik von Wolfgang Amadeus Mozart

48. 268 Jahre, 8 Monate und 2,5 Wochen

49. Heißhunger

50. Die Muse

51. Der Keil

52. Allmenhausen

53. Männer im Bett

54.) Wenn die Nacht kommt

55. Blutwurst

56. Zeltgedanken

57. Handfeste Lügen und Erste Güteklasse

58. Der Junge namens Samothaa

59. Toran

60. Heidelberger Altstadtgass'

61. Sudoku mit Kaffeebad

62. Wenn man auf seinen Schöpfer trifft

63. Grünes Glück

64. Extra dick und Mintgrün

65. Erkenntnisse und keine Zweifel

66. Yasul

67. Alles wird gut

68. Yamina rannte

69. Der Karton

70. Manchmal ist es unvermeidlich

71. So wundervoll und so wunderschön

72. Die Bestimmungen

73. Der Dreckarsch

74. Lob von einer Kollegin

75. Wofür ich dankbar bin

76. Der Tod im Tal der Klagen

77. Völlig haarsträubend und unglaublich

Vorschau: Teufelsgut Engelsböse Nr. 9, Kapitel 1. Vom Flehen einer Auserwählten

Über die Autoren

Unsere Romane sind nur für Erwachsene geeignet!

Hinweis der Autoren: Unsere Romane sind nur für Erwachsene geeignet!

© 2024 Sabine Benda, Thomas Benda

Korrektorat/Lektorat: Sabine Benda

Coverdesign: Sabine Benda

Druck und Distribution im Auftrag der Autoren:

tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte

sind die Autoren verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig.

Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autoren, zu erreichen unter:

Sabine & Thomas Benda, Josef-Schemmerl-Gasse 16, 2353 Guntramsdorf, Austria.

Teufelsgut Engelsböse – eine abgeschlossene Serie in 25 Teilen:

Teufelsgut Engelsböse Nr.01: Straßenblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.02: Palmenblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.03: Dreierblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.04: Sumpfblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.05: Krähenblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.06: Höllenblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.07: Jugendblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.08: Dunkelblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.09: Vaterblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.10: Hochzeitsblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.11: Kannibalenblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.12: Racheblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.13: Opferblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.14: Gassenblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.15: Togenblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.16: Italienblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.17: Schwesternblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.18: Hüterblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.19: Betrügerblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.20: Liebesblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.21: Hexenblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.22: Mutterblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.23: Amokblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.24: Fingerblut

Teufelsgut Engelsböse Nr.25: Aus…geblutet

1. Mein Name ist ...

Mein Name ist Marcy Bowlers.

Sie kennen mich als Mercy, die Straßenritze. Hure war ich und verliebt in mehrere Männer! Eine Auserwählte Gottes bin ich! Ich bin die Macht. Verdorben und vergiftet wurde ich in der Vorhölle der Dunklen. Der Saft des Verderbens lässt meine Wesensart schlecht werden. So versuchen die bösen Mächte Gottes Plan zu stören, denn ich bin wichtig. Laut Estelle Brukners Prophezeiung steht oder fällt das Schicksal der Welt ... mit mir!

Aber ich möchte mich nicht ständig in den Vordergrund bringen! Ja, ich weiß, das ist eine Schwäche von uns Frauen - oder ist es eine Stärke? Wie dem auch sei, ich will nun die anderen zu Wort kommen lassen! Diejenigen, die bei mir sind ... in diesem Kampf der Hellen gegen die Dunklen! Und so lasse ich sie reden ... diese Menschen! Menschen, die ich benötige, dringend brauche - und auch Menschen, die ich von ganzem Herzen liebe, sollen hier zu Wort kommen.

Ach ja, es sind ebenfalls Menschen, die für Ihr Wohl kämpfen! Möge Gott diese Menschen und Sie behüten! Allezeit, bis ans Ende der Welt.

Mein Name ist Karl Wisemeyer.

Es ist Mittagszeit, und ich sitze hier in unserer Hotelsuite herum und warte auf Lydia. Meine Süße ist zusammen mit Marc bei diesem Dr. Russler. Ich bin gespannt, was sie zu erzählen hat, wenn sie zurückkommt. Ob diese Hypnose- und Zusammenführungs-Sache funktioniert hat? Mal sehen.

Ach ja, vorhin hat ein gewisser Geoffrey Marcher angerufen. Er möchte sich gerne mit mir in der Lobbybar treffen und mich wegen der Ereignisse der vergangenen Monate befragen.

Lydia hat mir von diesem Autor erzählt. Er schreibt wohl im Auftrag von Estelle Brukner eine Art Bibel.

Ich bin überrascht darüber, dass ich so interessant bin, dass ich überhaupt in dieser Schrift erwähnt werden soll. Na ja, ich werd’s mal locker mit dem Schreiberling angehen. Vielleicht bekomme ich ja ein eigenes Kapitel in der neuen Bibel - was glauben Sie?

Mein Name ist Tobias Gradener.

Ich sitze hier im Spielzimmer bei der Stationsleitung der Intensivstation. Ansgar und Mercy sind bei Thomas Bendermann. Der alte Mann liegt noch immer im Koma. Das muss wohl so sein. Das sagt mir mein Gefühl.

Mit mir ist hier noch ein Mädchen. Sie heißt Julia und ist - wie ich - zehn Jahre alt!

Ihr Dad liegt ebenfalls auf der Intensiv und wird versorgt. Ihre Mom ist bei ihm, und Julia wartet hier auf sie.

Julia ist total niedlich. Sie hat zwei Zöpfe, die frech vom Kopf abstehen. Vorhin hat sie mir ein Herzchen auf einen Zettel gemalt und mir geschenkt. Rot ist sie dabei geworden - und ich auch!

Nein, Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen. Ich werde mich nicht mit dem Mädchen über Frauenthemen unterhalten! Mercy hat mir ja Ratschläge im Umgang mit Gleichaltrigen erteilt, und ich will diese unbedingt befolgen!

Julia hat so wunderschöne, braune Augen mit grünen Farbsprenkeln darin!

Schade, dass wir beide erst zehn sind!

Sehr schade!

Mein Name ist Lugerius. Auf Erden kannte man mich als Johannes.

Ich mache mir große Sorgen um Stephanie. Sie ist mit der Prophetin Estelle Brukner in die Sperrzone der Vorhölle gegangen, um den Druiden Gordon Blax zu finden. Blax ist der Einzige, der das Wissen besitzt, um die Auserwählte Mercy Bowlers von dem Saft des Verderbens zu heilen.

Der mächtige Dunkle wohnt im Tal der Klagen. Kein Engel Gottes ist aus diesem gefährlichen Tal je wieder zurückgekehrt! Die Angst um Stephanie frisst mich fast auf!

Sie ist meine große Liebe! Verstehen Sie?

Mein Chef Benston, der Diener des Ur-Bösen, verhält sich seit Tagen erstaunlich ruhig und hat sich in seine Büroräume zurückgezogen. Er lässt sich kaum blicken und will nichts von mir!

Seine Krähen haben ihm von dem blutigen Zwischenfall in Tokio berichtet. Watanabe ist tot! Diese Rossi hat ganze Arbeit geleistet!

Thomas Bendermann befindet sich noch immer in diesem rätselhaften komatösen Zustand. Drei Krähen sind vor dem Hospital stationiert.

Benston scheint abzuwarten und setzt alles auf eine Karte, denn wenn sich Mercy Bowlers’ Wesensart weiterhin zum Negativen verändert, stört dies Gottes Plan erheblich! Mercy ist die Schlüsselfigur in diesem Krieg vor dem großen Finale!

Was mir ebenfalls Kopfzerbrechen bereitet, ist Benstons Vorhaben, diese verrückte und hochgradig gefährliche Wanda Micker zu rekrutieren. Ich sehe damit enorme Probleme auf die Hellen zukommen! Diese Wanda ist unberechenbar und abgrundtief böse!

Mein Name ist Maurice Xavier - und ich bin der glücklichste Koch auf der Welt!

Bharati möchte meine Frau werden und wird ihr Leben als Engel aufgeben!

Sie hat alles gründlich durchdacht und ihr Herz erforscht - und meines scheinbar ebenfalls! Unsere Gefühle füreinander sind sehr tief!

Bharati möchte allerdings noch abwarten, bis sich die Prophezeiung von Lydia van Bush erfüllt hat! Danach braucht Lydia keinen Schutzengel mehr und steht direkt unter Gottes Schutz!

Können Sie sich mein Glück vorstellen? Meine Bharati gibt für mich ihr mächtiges Engelsleben auf - für mich! Für einen einfachen französischen Koch aus Paris!

Oh, wie sehr ich diese Frau liebe!

Mein Name ist Bharati.

Ich hoffe, dass sich die Prophezeiung für Lydia bald erfüllen wird! Im Augenblick sieht es gut aus, da sich Tim Schmitt durch Marc Bowlers offenbart hat!

Lydia, die Auserwählte Gottes, die Stimme, wird mein letzter Job als Engel sein!

Nach Erfüllung der Prophezeiung wird Liddi keinen Schutz mehr durch die Exekutive Gottes nötig haben. Sie wird unantastbar werden für die Dunklen, und ich kann endlich Mensch werden und meinen Maurice heiraten! Endlich, oh ja!

Mein Name ist Fay Fraser.

Früher war ich in Schottland auf einem kleinstädtischen Sozialamt tätig. Dann wurde ich von Menschenhändlern entführt und an Prinz Hidsaa von Hidsania verkauft - seitdem ist mein Leben viel besser geworden! Wirklich wahr! Das Palastleben hat seine Vorzüge. Und nach Auflösung des Lustgartens habe ich hier eine sehr gute Bürostelle angeboten bekommen und sofort zugegriffen! Büroarbeit bei schottischem Regenwetter oder Büroarbeit in einem Palast an einer wunderschönen Wüstenoase mit allen irdischen Annehmlichkeiten inklusive? Was hätten Sie gewählt? Ich musste nicht mal darüber nachdenken! Apropos irdische Annehmlichkeiten - die sind es natürlich nicht alleine! Samuel, der Gärtner, ein Engel, der Estelle Brukner zur Religionsgründerin ausbildet, ist mein heißblütiger Bettpartner. Noch Fragen, warum ich hier gerne in Hidsania bin? Nein? Dachte ich es mir!

Mein Name ist Yamina.

Ich bin sehr glücklich, da ich bald meinen lieben Limhaa heiraten werde! Er wird mich zu einer ehrbaren Frau machen! Ich schwebe über den Wolken! Aber ich finde auch genug Zeit, um für unsere Prinzessin Estelle zu beten! Sie befindet sich zusammen mit einer Engelsfrau auf einer gefährlichen Mission, um meine Freundin, meine ehemalige Madame Mercy, zu retten! Hoffentlich wird alles gut! Möge das Gute sie beschützen und ihre Wege ebnen!

Mein Name ist Limhaa.

Ich werde bald die wundervollste Frau der Welt heiraten! Doch mein Herz ist schwer und in einer Düsternis gefangen!

Ich liebe Yamina sehr und will sie unendlich glücklich machen! Sie träumt von vielen Kindern. Und ich hatte bisher noch nicht den Mut, ihr zu gestehen, dass ich unter Unfruchtbarkeit leide! Mein Samen wird keine Nachkommen hervorbringen. Ich muss ihr dies noch vor der Hochzeit gestehen, muss es ihr endlich sagen!

Ich habe Angst davor, meine schöne Yamina deswegen zu verlieren.

Allmächtiger über den Dingen, bitte gib mir die Kraft und den Mut für dieses Gespräch mit ihr! Bitte!

Mein Name ist Ansgar Gradener.

Meine Situation ist verwirrend - und das ist untertrieben! Thomas Bendermann ist mein Großvater! Ich liebe seine Verlobte Mercy! Und ich habe neuerdings einen himmlischen Sohn, Tobias genannt. Er war mein Schutzengel und hat mich von meinem schweren Kindheitstrauma geheilt. Er hat mich ins Reine mit meiner verschwundenen Mutter Gwen gebracht! Nun weiß ich, dass sie mich nicht einfach verlassen hat, sondern das Opfer des Nuttenmörders Benjamin Micker geworden ist! Die Wahrheit hat viel Entsetzen in mir ausgelöst und mich gleichzeitig gesund gemacht! Ja, so unvorstellbar, wie das hier klingt, ist es gewesen! Ich habe Mercy in mein Apartment geholt, damit ich sie besser unter Kontrolle habe! Das Böse in ihr wird von Tag zu Tag stärker!

Ich kann nur hoffen, dass die Hellen, die Engel oder wer auch immer auf Gottes Seite steht, wissen, was zu tun ist, um Mercy zu retten!

Mein Name ist Hidsaa.

Natürlich mache ich mir ständig Gedanken über meine hübsche Prinzessin!

Estelle ist mein Ein und Alles!

Samuel, der Gärtner, beruhigt mich sehr, und er will mit mir einen Tagesausflug in die Wüste Hidsanias unternehmen. Die Kräfte der Wüste sollen mich stärken und mir meine Sorgen nehmen, die mein Herz betrüben.

In drei Tagen habe ich weitere Gespräche mit den Investoren. Das Vorhaben soll gedeihen, in Hidsania touristische Zentren zu erbauen. Selbst Samuel bejaht den Bau von Hotelanlagen und hält diese für ratsam und richtig! Er sagt, dass zukünftig viele gläubige Menschen aus aller Welt hierher pilgern würden - wegen Estelle! Darauf müssen wir entsprechend vorbereitet sein! Mehr darüber will Samuel mir in der Wüste erzählen! Schon verrückt: Ich werde mit einem Engel in die Wüste gehen und über die Zukunft meines Königreiches smalltalken!

Oh, Estelle! Ich bete zum Allmächtigen über den Dingen, dass es dir gut geht, Liebes!«

Mein Name ist Mathew Bowlers. Wie ich mich fühle? Fragen Sie nicht! Meine Tochter Marcy, eine ehemalige Prostituierte, die von allen Mercy genannt wird, ist eine Auserwählte Gottes geworden, die von einem bösen Zauber heimgesucht wurde! Und mein homosexueller Sohn Marc ist die Reinkarnation der Jugendliebe der prominenten Rocksängerin Lydia van Bush! Haben Sie da wirklich noch Fragen, wie ich mich fühle? Aber ich will ein guter Vater und ein guter Mann sein, so wie ich es immer war.

Ich sitze hier zusammen mit meiner Frau Madeleine am Krankenbett von diesem Thomas Bendermann. Meine Tochter haben wir zusammen mit Ansgar Gradener heimgeschickt. Die Kleine muss sich mal ausruhen.

Es will mir nicht in den Kopf, warum sie diesen alten Mann heiraten möchte, heiraten muss! Aber ich will nicht am Plan Gottes Zweifel hegen!

Selbst Madeleine hat sich damit abgefunden. Sie ist felsenfest davon überzeugt, dass wir alle einem detaillierten Plan unterworfen sind! Ob wir daran glauben oder nicht, scheint völlig gleichgültig zu sein! Der Plan ist einfach der Plan, und der sogenannte freie Wille ist meines Erachtens nach mehr als nur fraglich geworden! Wie es für uns alle weitergeht? Ich habe leider keinen Plan – der Himmel sicherlich schon!

2. Monster

Wer kennt sie nicht - die furchterregenden Monster der Kindheit?

Was fürchteten wir damals mehr als die Gestalt im Wandschrank oder den Schatten unter dem Bett? Sie lauerten scheinbar überall im Halbdunkeln vor dem Schlafen gehen. Sie waren unberechenbar - diese geisterhaften Wesen oder gierigen Monster, die nur darauf warteten, dass das schwache Licht der Nachttischlampe endlich verlischt, damit sie aus der Dunkelheit hervorkommen konnten, um zuzupacken, zu erschrecken oder zu verschlingen.

Im Schutze der Schwärze würden sie ihre bösen Taten vollbringen: die Monster.

Das Monster, das Estelle Brukner an ihrem elften Geburtstag heimsuchte, kam nicht in der Nacht. Nein, es kam am helllichten Tage, an einem warmen, sonnigen Sonntagmorgen, kurz vor dem Kirchgang. Das Monster hieß Elmar und war ihr eigener Vater.

»Lass Mom in Ruhe! Du verdammter Dreckskerl!« Das blondhaarige Mädchen schrie aus Leibeskräften und schlug vergeblich mit seinen geballten Fäusten auf den breiten Rücken des Mannes ein.

Der großwüchsige Vater, in einem bieder wirkenden Sonntagsanzug, dessen Hosenbund geöffnet war, drehte sich um und schlug Estelle die Männerpranke ins hübsche Gesicht. Die Wucht des Schlages ließ ihr Antlitz augenblicklich taub werden. Benommen und geschockt spürte das Mädchen, wie es von den Beinen gerissen wurde. Der zierliche Körper stürzte seitlich durch das Schlafzimmer der Eltern. Die hölzerne Kante der Kommode raste auf sie zu, doch sie konnte nichts dagegen tun. Alles ging viel schnell für die Elfjährige.

Ein dumpfer Schlag, dann ein beißender Schmerz, schließlich Blut, sehr viel Blut.

Während alles um sie herum in Unklarheit versank, konnte Estelle gerade noch erkennen, dass ihr Dad von ihrer Mom abgelassen hatte und sie nicht mehr gewaltsam bedrängte.

Diesmal hat er dich nicht bekommen, dachte Estelle voller Genugtuung und fiel in eine tiefe Benommenheit.

Später nähte ein befreundeter Arzt, der keine Fragen stellte, die Platzwunde des blonden Mädchens mit 16 Nadelstichen.

Eine weiße Narbe - direkt unter dem blonden Haaransatz - würde Estelle Brukner bis an ihr Lebensende begleiten.

Diese eine sichtbare Narbe und unzählige unsichtbare Narben in ihrem Mädchenherzen würden sie zu der Frau heranreifen lassen, die sie werden musste.

Häusliche Gewalt - ein Thema, das damals keiner bei der Familie Brukner hinterfragt hatte.

Estelles Vater, ein reicher Weinbauer, hatte Einfluss und Macht und viele offizielle und viele nebulöse Kontakte zu anderen Machtmenschen. Keiner im Verwandten- oder Freundeskreis der Familie widersprach ihm.

Er war ein unantastbarer Patriarch.

Estelle Brukner war elf Jahre jung, als sie sich wünschte, dass der Teufel ihren brutalen Vater holen sollte.

Ein Wunsch, der sich einige Zeit später wirklich erfüllte.

Ja, es gab und es gibt Monster für Kinder auf dieser Welt.

Manche dieser Monster waren oder sind Väter.

Väter, wie Elmar Brukner einer war.

3. Ungewöhnliche Dinge und Ereignisse

»Was sagst du da? Tim spricht durch Marc?«

Karl Wisemeyer, der in seiner weiten Jogginghose und dem legeren Kapuzensweatshirt überhaupt nicht nach einem smarten Bodyguard aussah, konnte nicht fassen, was seine Verlobte Lydia van Bush gerade berichtet hatte.

Ja, die Hypnose- und Zusammenführungs-Sitzung in der Praxis des renommierten Psychotherapeuten Dr. Russler war erfolgreich gewesen - jedoch anders als erwartet.

Tim Schmitt, der verstorbene Jugendfreund Lydias, der durch Marc Bowlers wiedergeboren wurde, hatte nicht nur eine Nachricht für seine ehemalige Teenie-Freundin aus Heidelberg. Nein, er selbst war die Nachricht.

Lydia van Bush, die in ihrem blau-beigefarbenen Norweger-Pullover unfassbar altbacken wirkte, saß auf dem bequemen Zweiersofa im Wohnbereich ihrer Hotelsuite und futterte vor Nervosität Salzstangen in sich hinein.

Salzstangen waren für die schwangere 45-Jährige zu einer Alternative fürs Zigarettenrauchen geworden.

»Ja«, bestätigte sie das unglaublich Klingende. »Dr. Russlers Methode hat dazu geführt, dass Tim nun eigenständig durch Marc kommunizieren kann. Das Ganze ist im ersten Augenblick noch unheimlicher, als du vielleicht annimmst.«

Karl glotzte wie ein Fisch, den man überraschenderweise ans trockene Ufer geworfen hatte.

»Als ich annehme?«, wiederholte er aufgebracht und verstört zugleich. »Aber hallo? Erst muss ich mir monatelang anhören, dass Marc die Reinkarnation deiner unvergesslichen Jugendliebe ist. Und jetzt ist dein verstorbener Tim auch noch verbal anwesend! Das ist unfassbar!«

Lydia nahm einen Schluck Mineralwasser und antwortete dann abwiegelnd: »Ach, wir haben in der letzten Zeit schon Ungewöhnlicheres erlebt, oder?«

Ja, das hatten sie. Beide hatten sie das.

Karl Wisemeyer dachte sofort an Alexandra, seinen weiblichen Schutzengel. Alexandra, die wie eine erwachsene Version der kleinen Tabitha aussah.

Tabitha, die blonde Fünfjährige, die sich durch eine magische Krähenfeder in etwas Dämonisches verwandelt hatte und auf eine stark befahrene Verkehrsstraße in Dubai gerannt war. Karl hatte die Kleine mit einer beherzten Aktion retten können. Danach hatte das Dunkle und Bösartige das Mädchen wie durch einen Zauber verlassen. Jedoch war durch diesen mysteriösen Vorfall eine düstere und schreckliche Offenbarung in ferner Zukunft geblieben, dass Karl sterben würde, wenn er Tabitha als erwachsene Frau ein zweites Mal vor dem Tod bewahrte.

Irgendwie schon selbstredend, wenn man all diese übernatürlichen Ereignisse betrachtete, war auch Alexandras rätselhafte Andeutung, dass Tabitha wiederum wichtig für die Welt der Gläubigen werden würde.

Nicht zuletzt gab es das oft zitierte Sahnehäubchen an Mysteriösem obendrauf: Karl selbst war ein sogenannter besonderer Mensch, nämlich Spross einer ehemaligen Engelsfrau und eines Menschen.

Ganz nebenbei hatte Karl noch um Lydias Hand angehalten. Sie liebten sich und erwarteten ein gemeinsames Kind.

Und was war mit Lydia? Ach ja, die war nicht nur eine stimmgewaltige Rocklady mit wilden Tattoos am Leib. Nein, neuerdings befand sie sich - neben Estelle Brukner und Mercy Bowlers - auf einem Selbstfindungstrip zu einer Auserwählten Gottes, genannt: die Stimme.

Richtig, zog Karl beim Gedanken an diese Umstände ein eindeutiges Fazit für sich. Liddi hat vollkommen recht! In unserem Leben gibt es aktuell das Ungewöhnliche zum halben Preis und im Dutzend billiger - echt wahr!

Karl Wisemeyer konnte zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, dass sie erst am Anfang von noch ungewöhnlicheren Dingen und Ereignissen standen.

4. Sitz- und Stehpinkler unter sich

»Du sitzt beim Pinkeln?«

Eine simple Feststellung und die schlichte Wahrheit - und er konnte diese endlich aussprechen nach all der Zeit des Todseins. Die Behandlung bei Dr. Russler hatte dies möglich gemacht: Der vor 27 Jahren verstorbene Tim Schmitt konnte reden.

Ja, und er tut das ausgesprochen gerne, wie seine Wiedergeburt Marc Bowlers erschöpft feststellte.

»Natürlich sitze ich auf der Toilettenbrille«, entgegnete der Lockenkopf ein wenig gereizt, stand auf und zog sich geschwind den dunkelblauen Baumwollhipster über die Pobacken und die Stonewashed nach oben. Abschließend betätigte er die Spülung; es rauschte.

Tim übernahm wieder Marcs Stimme und seinen Mund: »Ich halte das Rumgehocke auf’m Klo für ziemlich mädchenhaft! Sag mal, liegt es daran, dass du ein Homo bist?«

Marc ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, denn er hatte ja schon einige Stunden mit seinem jungen Begleiter verbracht.

Exakt fünf Stunden und 37 Minuten, errechnete Marc aus dem Stegreif heraus, dann drehte er den Mischregler am Waschbecken an und wusch seine Hände.

»Ach, Marc! Komm! Rede mit mir - endlich kann ich wieder mit jemandem schwätzen! Bitte!«

Der Deutsche hatte dem Amerikaner schon auf dem Nachhauseweg von der Praxis von Dr. Russler erklärt, dass man in Deutschland gerne schwätzte, also, sich entspannt unterhielt.

Okay, dachte Marc. Tim gehört zu mir, dann soll er mich auch richtig gut kennenlernen! Er ist ja ein altmodisches Kind der 1980er-Jahre - und glücklicherweise kann er meine Gedanken nicht hören oder lesen!

Doch Tim kam dem jungen Bowlers brüsk zuvor, bevor dieser antworten konnte: »Ich hab immer im Stehen gepisst! Urtypisches Männerverhalten!«

»Das lag daran«, erklärte Marc in einer besonnenen Art, »dass du früh verstorben bist, mein lieber Tim!«

»Was hat mein Tod damit zu tun?«

»Dein Tod? Eigentlich nichts! Doch du hast niemals alleine gelebt - nur bei deiner Mom und deinem Dad, stimmt’s?«

»Korrekt! Aber wir sagen: Mama und Papa in Deutschland. Und ich war schließlich erst 19!«

»Genau!«, hakte Marc ein. »Denn: Nur wer sein eigenes Klo putzt, hockt sich zwangsweise darauf! So einfach ist die Magie des Sitzpinklers! Das erspart Arbeit - eklige Arbeit! Gerade bei uns Schwanzwedlern!«

»Gebongt!«, stimmte Tim Schmitt zu. »Das klingt jetzt mega einleuchtend. Wenn ich daran denke, wie die Klos in den Kneipen der Heidelberger Altstadt gestunken haben - echt ätzend! Bei gut besuchten Aufführungen haben sich dort die Toilettenräume in krasse Stinkkammern verwandelt!«

»Gut besuchten Auftritten?«, überlegte Marc hörbar und überprüfte dabei sein Aussehen im Badezimmerspiegel. »Ach, richtig! Du warst ja Gitarrist in einer Band - genau wie ich!«

»Astrein war ich das!«, sagte Tim. »Scheint mir, dass wir so einiges gemeinsam haben, nicht wahr?« Locker schob er nach: »Nur die Tatsache, dass du auf Männer stehst, finde ich sowas von abartig.«

»Mein biologischer Bauplan«, konterte Marc emotionslos. »Aus dieser Kiste komm ich genau so wenig heraus wie du aus deiner.«

»Cooler Spruch für ’ne Schwuchtel«, lachte Tim mit Marc Bowlers‘ Stimme.

»Könntest du bitte aufhören, mich Schwuchtel zu nennen, ja? Das ist beleidigend! War es übrigens auch schon zu deinen Lebzeiten!«

»He, sorry! Ich wollt‘ dich nicht anpissen, Marc!«, entschuldigte sich Tim Schmitt. »Ich hatte noch nie etwas mit ’nem Schwulen zu tun!« Schließlich fügte er eine Frage an: »Das Thema Homosexualität wird wohl heutzutage in der Gesellschaft lockerer gesehen, oder?«

Marc Bowlers lachte laut. »Schön wär’s!«, antwortete er. »Für manche Menschen sind wir noch immer Außerirdische oder Schlimmeres! Die Sichtweise hat sich in den letzten Jahrzehnten seit deiner Jugendzeit kaum verändert. Vorn herum gibt man sich halbwegs tolerant und politisch korrekt - doch hinter vorgehaltener Hand flüstert man noch immer verkrustete Parolen und Vorurteile gegen uns! Es ist zum Kotzen! Kann sein, dass das in Europa besser ist als in den Staaten. Liddi erzählte mir, dass die Europäer schon immer offener in ihrer Einstellung und Art und Weise waren.«

»Kann ich schlecht beurteilen, Marc. Ich bin zu früh gestorben! Aber ich hatte ’ne super Kindheit und Jugend! Meine Eltern haben mir viel erlaubt - und ich war ihnen sehr dankbar dafür.«

»Du Glücklicher«, meinte Marc Bowlers und rollte seine braunen Mandelaugen. »Mein Dad ist ein konsequent handelnder Highschool-Lehrer, meine Mom hat das Wort konservativ erfunden!« Der lockenköpfige Mann grinste frech sein Spiegelbild an. »War nicht immer leicht für eine Schwuchtel wie mich.«

Nun lachte Tim aus vollem Herzen. »Ich mag deinen trockenen Humor.«

Marc Bowlers' Magen grummelte. Der Hunger meldete sich, und er erinnerte sich, dass er seit der Sitzung bei Dr. Russlers nichts gegessen hatte. Wieder ertönte das Grummeln.

»Das hab ich gehört«, witzelte Tim Schmitt sogleich.

»Da kann ich Abhilfe schaffen. Gehen wir los? Ich stehe auf Burger mit doppeltem Käse.«

»Krasse Sache! Ich auch! Hab ich ewig nicht gefuttert!«

»Dachte ich es mir!«, antwortete Marc. »Ich ziehe mir nur noch schnell einen anderen Pullover über. Es ist saukalt geworden.«

»Aber bitte nicht zartrosa, ja?«, warf Tim Schmitt besorgt ein.

»Nein«, lächelte der junge Bowlers. »Das kuschelige Wollteil ist so gelb wie ein Küken. Also, deine und auch meine Lieblingsfarbe! Das weiß ich von Liddi!«

Kurzum verließen sie das modern eingerichtete Apartment, um ein Fastfood-Restaurant aufzusuchen und vielleicht nahmen sie auf dem Rückweg noch einen oder zwei Cocktails zu sich.

Sie waren eben zwei junge Männer im Körper eines einzelnen Mannes: ein 23-jähriger New Yorker und ein 19-jähriger Deutscher aus Heidelberg.

Einer stockschwul, der andere gewiss ein heterosexueller Stehpinkler.

Ja, das Leben kann so herrlich humorvoll sein.

Genau wie Gottes Plan.

5. Und was nun?

»Nein, Signora, ich bin nicht bevollmächtigt, diese Entscheidungen für Thomas Bendermann zu treffen. Sie müssen wohl oder übel abwarten, bis sich sein gesundheitlicher Zustand verbessert hat.«

Sandrina Rossi hatte nach dem erfolgreich verlaufenen Watanabe-Auftrag in Tokio mit dem Auftraggeber Thomas Bendermann telefonisch Kontakt aufgenommen und war nur auf dessen Assistenten Ansgar Gradener getroffen. Ansgar hatte ihr kurz und bündig erklärt, dass sein Boss in ein mysteriöses Koma gefallen war und stationär versorgt wurde. Die gedankliche rosarote Seifenblase von einem schnellen Vertragsabschluss war für die Italienerin mit einem nur für sie hörbarem Plopp geplatzt.

Die beiden Meilensteine in ihrem Lebensplan, die Gesichtsoperation auf Kuba und die eigene Privatinsel auf den Malediven, um sich würdevoll zur Ruhe zu setzen, waren in diesem Augenblick fraglich und unerreichbar geworden.

Die weltweit gesuchte ehemalige Auftragskillerin geriet wirklich in Sorge, dass sich ihre ersehnten Ausstiegsträume mit ihrem Freund Arthur McFadden nicht erfüllen könnten.

»Ich kann Ihnen allerdings versichern, dass Mr. Bendermann Ihnen gegenüber zu seinem Wort stehen wird.«

Falls er je wieder aufwachen sollte, dachte die Signora zynisch.

»Vielleicht sollten Sie die Zeit bis dahin für einen entspannten Urlaub nutzen, Rossi. Was meinen Sie?«

»Ich werde erst wieder Ruhe und Entspannung auf den Malediven finden, Mr. Gradener. Falls sich Bendermanns Status bessert, melden Sie sich bitte umgehend bei mir, ja? Und ... verscheißern Sie mich nicht, capito?«

»Das liegt mir fern, Signora. Sie haben solch einen widerwärtigen Ruf in der Branche. Ich komme Ihnen gewiss nicht in die Quere. Das ist auch nicht in Bendermanns Sinne.«

Ein widerwärtiger Ruf, sinnierte Sandrina. Was der liebe Gradener nicht weiß, ist, dass ich nun ein völlig anderes Leben führe! Aber egal! Ich lasse ihn in dem Glauben, dann werde ich auch sicherlich von ihm benachrichtigt, falls Bendermann wieder handlungsfähig wird!

Sodann verabschiedete sie sich mit einem hinreißenden italienischen Akzent auf den Lippen: »Ciao, Gradener! Und vergessen Sie mich bitte nicht, denn ich werde Sie nicht vergessen!«

Schließlich wurde das Telefongespräch zwischen Tokio und New York City beendet.

Zurück blieben zwei Menschen, die den gleichen Gedanken in sich trugen: Und was nun?

Ansgar Gradener beschloss, Bendermanns Penthouse in der Innenstadt zu verlassen und sein Apartment aufzusuchen. Mercy und Tobias warteten bestimmt schon auf ihn; die beiden hatten im Vorfeld versprochen, gemeinsam ein mexikanisches Gericht zu kochen.

Ansgars Magen grummelte, als er daran dachte, trotz der Sorge um die Gesundheit und das Schicksal seines Großvaters Thomas Bendermann.

Im fernen Japan lag Sandrina Rossi nackt auf einem Hotelbett und legte ihr abgeschaltetes Smartphone auf die glatte Oberfläche des Nachttisches ab.

Arthur McFadden, ebenfalls unbekleidet, lag neben ihr. Zärtlich küsste er sie auf die Schulter und strich mit seiner Nasenspitze über ihre samtene Haut.

»Und? Probleme mit Bendermann?«, wollte er wissen und streichelte dabei ihre Wange. Genießend schloss sie ihre Augen.

Er tut mir so gut!

»Die Malediven müssen leider noch warten, Art. Bendermann ist in ein unerklärliches Koma gefallen. Sowohl die Gesichts-OP auf Kuba als auch meine Ruhestandsresidenz verschieben sich zeitlich nach hinten.«

Sie schwiegen eine Weile ob der Worte, waren in ihren Gedanken.

»Ich sehe Gutes darin«, erklärte der dickliche Arthur plötzlich und strahlte seine Sandy mit fröhlichen Kleinjungen-Augen an. »Da bleibt mir dies bezaubernde Gesicht noch eine Weile erhalten.«

Sie knuffte ihn liebevoll in die speckige Seite.

»Ich werde danach auch noch umwerfend hübsch aussehen, du Sumpfmann!« Gespielte Trotzlippen zeigten sich im italienischen Antlitz. Arthur küsste sie ziemlich lange, bis sich ihre Zungenspitzen zu necken begannen.

Schließlich ergänzte er seine Worte um einen wesentlichen Teil: »Du solltest die gewonnene Zeit sinnvoll nutzen, um deine Eltern in Italien zu besuchen.« Er sah sie sehr eindringlich an, erreichte mit diesem Blick ihr Herz. »Sie müssen endlich die Wahrheit über dich erfahren, Sandy. Das ist nur mehr als fair und längst überfällig! Du hast beide zum Schutz vor den Dunklen in ein Kloster geschickt. Nun liegt es an dir, deine Familiengeschichte ins Reine zu bringen.« Wieder streichelte er ihr Gesicht. »Deine Seele wird dir dafür dankbar sein, wenn du das endlich machst. Befreie dich von der Bürde der vergangenen Lügen. Zeige allen, dass es dir ernst ist, den Weg der Guten dauerhaft zu gehen!«

Ja, Arthur McFadden, ein ehemaliger Tierfänger aus den Sümpfen Floridas und ein geborener Seelenspielspieler, hatte die göttliche Gabe in entscheidenden Momenten das Richtige zu sagen und zu raten.

Und Sandrina Rossi liebte ihn herzenstief dafür.

Und nicht nur für das.

Außerdem hatte Arthur nicht die leiseste Ahnung davon, dass in Italien auch jemand auf ihn wartete, weil dies dem Plan entsprach - Gottes Plan.

Es war Gina di Stefano, eine attraktive Contessa, die in einem barocken norditalienischen Schloss lebte.

Doch ... das ist eine andere Geschichte für später und nicht für heute.

Für viel später.

Arthurs Geschichte.

6. Alter ist relativ

Es herrschte ein schwüles Halbdunkel in dem orientalisch eingerichteten Schlafgemach. Ein angenehmer Duft, eine wohldosierte Mischung aus Minze und frischem Lavendel, durchströmte den Raum. Der kleine CD-Player, der auf einer dunkelbraunen Kommode mit aufwändigen Schnitzereien stand, spielte einen Sampler mit französischen Chansons.

Bei einer besonders gefühlvollen Liedzeile, drang Maurice Xavier in die langhaarige Bharati ein, nahm sie von hinten, anal. Die erregte Engelsfrau stöhnte ausgiebig und presste ihr verschwitztes, rot erhitztes Gesicht in das weiße Kopfkissen. Dann stemmte sie sich mit beiden Handflächen an die raue Zimmerwand, während ihr schwer atmender Freund die Lust mit einem gemächlichen Rhythmus entfachte.

Als es sie Minuten später im Rausch der Vereinigung erfasste, schrie sie ihre Wonne aus Leibeskräften hinaus und hoffte, dass niemand im Bendermann-Palast ihre Schreie hörte. Der Höhepunkt riss sie nieder, ließ ihre klaren Sinne schwinden.

Bharati liebte ihn so sehr - ihren Maurice.

Sein immer rascher stoßender Unterleib, sein gieriges Drängen, ließ sie heftig wimmern und sie verlor sich in warmen Wellen, die ihren Körper eroberten.

Schließlich kam er wild, fordernd und erfüllte sie ausgiebig, sodass ihr der heiße Samen heraustropfte und das helle Laken benetzte.

Erschöpft brach Maurice zusammen, und Bharati kuschelte ihren schweißnassen Engelsleib an ihn.

»Ich liebe dich so sehr, dass mein Herz beinahe zerspringen mag«, flüsterte sie ihm zu, und er nahm sie in seine starken Arme und zog sie dichter an sich heran.

Sie fühlten sich, sie rochen sich, sie spürten ihre wummernden Herzen der Liebe nahe, ganz nahe.

Bharati und Maurice, ein weiblicher Engel und ein Menschenmann, ein Liebespaar, voll tiefer Leidenschaft und einem noch tieferen Gefühl füreinander.

»Ich kann es kaum erwarten, endlich Mensch zu werden«, sagte sie, als sich ihre Körper nach der innigen Verschmelzung wieder beruhigt hatten.

Darauf küsste er sie sanft zwischen ihre festen Brüste, wie sie es gerne hatte und sichtlich genoss. Sie wuschelte dabei seine Haare und hatte ihre Engelsgedanken.

Ja, Gott hatte ihren Herzenswunsch genehmigt: Sie durfte eine Menschenfrau werden, eine Sterbliche an der Seite des französischen Kochs und ihn lieben, wie eine Irdische lieben kann.

Doch es gab auch zwei Bedingungen, die Bharati zu erfüllen hatte, denen sie verpflichtet war - in Gottes Namen verpflichtet war.

Zuerst musste sich für Bharatis Schützling, Lydia van Bush, die offenbarte Prophezeiung erfüllt haben. Und später musste Bharati als Menschgewordene ein Kind gebären, einen sogenannten besonderen Menschen, dem besondere Aufgaben in die Wiege gelegt werden.

Ein besonderer Mensch, ein Mensch, wie Karl Wisemeyer einer war oder auch wie der Sumpfmann, dieser Arthur McFadden.

»Ich muss in Bälde Lydia und Marc nach Deutschland geleiten«, erzählte Bharati ihrem Maurice, als dieser sich eine Zigarette anzündete und ihr den ersten Zug an der Filterlosen überließ.

»Wirst du lange weg sein?«, fragte er sie und spielte zärtlich mit einer langen Strähne ihres schwarz glänzenden Haares.

Bharati lächelte sanft, ihre tiefbraunen Augen funkelnden geheimnisvoll.

»Du wirst mein Fortgehen nicht bemerken, Darling. Für uns Engel gibt es andere Gesetzmäßigkeiten, was Raum und Zeit anbelangen.«

Maurice druckste ein wenig herum, wirkte kurz bekümmert. Bharati spürte seine Unruhe, etwas war für den Mann noch nicht ausgesprochen oder gänzlich geklärt worden.

»Als Mensch opferst du all deine Gaben, all deine himmlischen Kräfte ...«, meinte er gedankenversunken.

Sofort nahm sie sich seiner Bedenken an und streichelte mit ihrem Zeigefinger über seine Lippen.

»Unsere Liebe ist dies alles wert, liebster Maurice. Mach dir keine Gedanken darüber. Ich erhalte mehr, als ich aufgebe! Mein Herz hat diesen Entschluss schon gefasst, als ich dich am Taufbecken in Paris gesehen habe. Damals war mir schon bewusst, zu welch wundervollem Mann du eines Tages reifen wirst.«

Ein Schelm blitzte in seinen hellblauen Augen auf.

»Und? Bin ich schon fertig? Ich meine, qualitativ ansprechend gereift ... wie ein französischer Edelkäse?«

Bharati überlegte absichtlich lange und begutachtete sein markant geschnittenes Gesicht und seinen athletischen Körper. Sanft legte sie eine Handfläche auf sein Herz.

»Für mich bist du der liebevollste und schönste Koch auf Erden«, neckte sie ihn frech.

Er zwinkerte ihr zu.

»Aber - vergiss nicht, dass ich schon Mitte 50 bin, meine Schöne! Es gibt jüngere Vertreter meines Geschlechts da draußen ... in der Wildnis!«

Der weibliche Engel legte seinen Kopf schief und konterte fröhlich: »Ach, das Alter ist relativ! Frag mich mal, wie alt ich nach Menschenjahren bin - oh je, da kommt jede Menge zusammen!«

Ein ausgelassenes Engelslachen erschallte nach dem Gesagten, das Maurice angenehm warm durchdrang, seine Seele berührte.

»Nun aber ... im Ernst, Bharati. Du siehst keinen Tag älter aus als ... hmm ...« Er ließ sie absichtlich zappeln.

»Na?«, forderte sie ihn ungeduldig auf. »Nun sag schon!«

»Dreiß... äh ... Ende 20!«

Sie knuffte ihn ordentlich in die Rippen.

»He, aufpassen!«, protestierte er. »Ich bin sterblich!«

»Nur deine leckere französische Körperhülle, mon chéri«, witzelte sie mit der Wahrheit herum.

Nach einem heftigen Zungenkuss regte sich wie von Geisterhand seine stramme Männlichkeit.

»Oha, nicht schlecht für dein Alter!«, bewertete Bharati seine beginnende Erektion dreist.

Dann kam eines zum anderen, und sie fickten sich erneut die Seele aus dem Leib - was allerdings nur sprichwörtlich zu verstehen war.

7. Chili con Carne

Er wusste sofort, dass etwas nicht stimmte.

Es roch durchdringend nach Chili con Carne.

Ein aggressives Klopfgeräusch, jemand schlug wohl gegen eine Holztür, irritierte ihn sehr, versetzte seine Sinne gleichzeitig in Alarmbereitschaft.

Ansgar Gradener zog seine Pistole aus dem Schulterhalfter, das er unter seinem blauen Jackett verborgen trug. Er zog den Metallschlitten zurück und machte die Waffe schussbereit. Sein Blick blieb an einem umgeworfenen Stuhl in der Diele hängen; damit begann für den Bodyguard die optische Analyse der näheren Umgebung. Ein Radiosprecher schallte durch sein großes Apartment. Ein Topfdeckel lag in einer Ecke.

»Hallo? Hört mich jemand?«, hörte er einen Jungen energisch rufen.

Wieder das Klopfen.

Das ist Tobias, schnellte in Ansgar die Sorge um seinen Sohn hoch. Er hielt die Pistole im Anschlag, schlich weiter durch die Räume, schließlich kam er in der Küche an. Der Gasherd war angeschaltet. Ein großer Edelstahlkochtopf lag ausgeschüttet in einer dampfenden Pfütze Chili con Carne auf dem glatten Laminatboden.

Hatte hier ein Kampf stattgefunden?

Der angespannte Mann zielte in den Wohnbereich.

»Haaaaallooooo! Ich bin hier eingeschlossen!«

Ansgar war sich nun sicher, dass sich in der Wohnung kein Angreifer oder eine andere Gefahr mehr befand. Ein Fremder hätte sich längst gezeigt und ihn attackiert.

Der Mann drehte am Regler des Gasherdes. Nach einem Klicken erloschen augenblicklich die blauen Flämmchen. Er steckte die Waffe weg, bevor er die Holztür zu Tobias’ Zimmer aufschloss.

Jemand hatte den Jungen eingeschlossen - warum? Und wo war Mercy?

Ansgar riss die Tür auf und ließ Tobias frei.

Der zehnjährige Ex-Engel, in Jeans und Shirt mit einem Dino-Aufdruck, sah seinen Vater an.

»Na, endlich«, schnaufte er erleichtert. Der Kleine schien glücklicherweise unverletzt zu sein. »Ich war eine Ewigkeit da drinnen eingesperrt!«

»Was ist geschehen? Wo ist Mercy?«, drängte Ansgar.

»Es war seltsam. Ich wurde völlig überrascht!«, begann Tobias mit seiner Erzählung. »Zuerst war alles cool - wir kochten gemeinsam. Alles war locker und lustig! Es hat richtig Spaß mit Mercy gemacht! Doch dann ... hat Mercy plötzlich gesagt, dass sie nun eine ... Betty aufsuchen werde! Im nächsten Augenblick hat sie mich grob am Arm gepackt und in mein Zimmer gezerrt. Nachdem sie mich eingeschlossen hatte, habe ich noch gehört, wie sie wütend den Kochtopf auf den Boden gepfeffert hat! Mit einem lauten Rumms hat sie dann die Apartmenttür hinter sich zugeknallt!«

Tobias blickte besorgt auf das schmierige Chaos am Boden, sah den umgeworfenen Stuhl in Flur.

»Ich denke, die Flüsterer der Dunklen haben die Oberhand bekommen, Dad. Sorry, dass ich sie nicht aufhalten konnte!«

Ansgar legte eine flache Hand auf seine Schulter.

»Mach dir keinen Kopf, Toby. Du bist erst zehn - und Mercy eine willensstarke erwachsene Frau.«

»Dad?«, fragte Tobias. »Wer ist diese Betty, zu der Mercy möchte?«

Betty, Betty Nothing, schoss der Name durch Ansgars Gehirn.

»Das ist sie selbst«, antwortete er. »Es ist eine Art zweite Identität, wenn das Böse die Kontrolle über sie erlangt.«

Tobias weitete seine Augen. »Wie bei Jekyll und Hyde?«

Ansgar fand Tobias’ Vergleich sehr zutreffend. »Ja, genau wie bei dieser Horrorgeschichte und den Filmen dazu! Die Verwandlung von dem guten Dr. Jekyll in den bösen Mr. Hyde.« Ansgar kam nicht auf den Namen des Autors des weltbekannten Schauerromans.

»Stevenson«, meinte Tobias wissend. »Robert Louis Stevenson, nicht wahr?«

»Richtig, diese Story, meine ich.« Ansgar krauste die Stirn. »Wo kann sie hingegangen sein? Wo nur - mitten am helllichten Tag?«

»Sie sucht sich jemanden zum Ficken«, sagte Tobias kalt und klar.

Ansgar erschrak kurz, dann erinnerte er sich, dass sein zehnjähriger Sohn kein gewöhnlicher Zehnjähriger war, sondern ein uraltes Wissen und 2.000 Jahre alte Erfahrungen in sich trug.

»Das Dunkle will einen Keil zwischen euch beide treiben«, ergänzte der Junge. »Es will sie verderben! Und dich wollen sie so weit bringen, dass du dich von ihr abwendest, Dad! Fieses Gesocks!«

Betty Nothing will ficken, dachte Ansgar. Nur wo?

Tobias hatte einen Rat, der sehr einleuchtend klang:

»Du solltest es in der Bronx versuchen, Dad. An ihrer alten Straßenecke. Das ist Mercys Revier gewesen!« Der Junge blickte kopfschüttelnd auf das matschige Essen am Boden. »Ich räume inzwischen hier auf und wische die Sauerei weg. Mach dir keine Sorgen! Du kannst mich alleine lassen. Ich mache keinem Fremden auf - und werde später artig an meiner Videokonsole zocken.« Abschließend blickte der Kleine seinen Vater an, und seine Kleinbuben-Augen hatten einen ernsten und eisernen Blick erhalten.

»Und nun, Dad, versuch Mercy zu finden! Lauf los!«

Und das tat Ansgar Gradener dann, nachdem er Tobias auf die Wange geküsst und dessen Haar gewuschelt hatte.

Betty.

Betty Nothing.

Er musste sie finden.

Unbedingt.

8. Vor der Reise

»Du kannst unmöglich in ein Flugzeug steigen! Du bist in der zwölften Schwangerschaftswoche - und 45 dazu! Ich kann das nicht gutheißen, dass du dir den Stress eines Interkontinentalfluges nach Europa geben willst!«

Karl Wisemeyer klang eindeutig und klar.

Seine Verlobte Lydia van Bush hatte ihm von dem Vorhaben erzählt, in Heidelberg Tims Vater aufsuchen zu wollen.

»Wir werden in keiner Maschine fliegen. Alles wird ohne Stress und Hektik verlaufen.«

Der Schwarzhaarige in der Jogginghose glotzte verblüfft.

»Ihr wollt mit dem Schiff nach Deutschland ...?« Karl brach die Frage ab, weil sie mehr als nur irrwitzig war.

Lydia lächelte, war vom Sofa aufgestanden, zog ihren Norweger-Pullover über die Hüften glatt und schritt auf den Mann zu.

»Nein, wir bekommen einen exklusiven Engelsflug, in der ersten Klasse spendiert!«

»Bharati wird euch nach Deutschland hindenken, nicht wahr?«

»Ja, das ist der Plan, Karl. Du siehst - kein Stress für die Trächtigen!«

Karl schnaufte durch.

»Ich finde es trotzdem nicht gut!«, protestierte er und führte weiter aus: »Ein fremdes Land, eine deutsche Stadt - und ohne mich!«

Lydia versuchte, ihn zu besänftigen.

»Ich kenne Heidelberg in- und auswendig. Dort wird sich in den letzten 30 Jahren nicht groß was verändert haben, vermute ich mal. Die Heidelberger sind traditionell und bodenständig.« Unversehens küsste sie ihn. »Und dich kann ich nicht mitnehmen, weil ...« Lydia verstummte, schien nach Worten zu suchen. Etwas war noch nicht ausgesprochen.

Karl hatte sofort einen typisch männlichen Verdacht. »Es ist wegen Tim, nicht wahr? Er ist auf mich eifersüchtig, oder?«

Lydia lachte laut, was den Mann noch mehr aufbrachte.

»Steht Tim jetzt zwischen uns? Rede, Liddi!«

»Du bist ja so süß, wenn du so eifersüchtig reagierst. Andere Kerle in meinem Leben haben sich in der Hinsicht, wie totale Arschlöcher verhalten.«

Karl fragte sich gerade, wie diese Arschlöcher wohl bei der Konstellation reagiert hätten, wenn die eigene schwangere Verlobte gewissermaßen mit zwei jungen Männern, einem lebendigen Homosexuellen und einem längst verstorbenen Heterosexuellen, ins ferne Deutschland reisen gewollt hätte.

Die Story ist absolut filmreif, dachte er.

»Ich nehme dich nur aus einem einzigen Grund nicht mit«, riss ihn Lydia mit ruhiger Stimme aus seinen emotionalen Gedanken heraus. »Bharati hat mir gesagt, dass du hier gebraucht werden wirst - nur deswegen.«

Nun war Karl Wisemeyer gänzlich konfus.

»Hä? Bharati braucht mich hier ... in New York?«

»Das habe ich nicht gesagt. Du wirst gebraucht werden!«

»Und? Für was?«

Lydia zuckte mit beiden Schultern.

»Mehr hat die Gute nicht dazu gesagt.« Lächelnd fügte sie an: »Du weiß ja schon, dass die Himmelsboten die Menschen ziemlich ratlos zurücklassen können.«

»Meine Alexandra«, warf Karl hastig ein, »ist anders! Sie hat mich nicht mit Fragen zurückgelassen.«

»Ja, weil sie gewiss kein Verbot von oben hatte. Garantiert!«

Lydia kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, runzelte die Stirn. »Aha, jetzt ist es also schon ... meine Alexandra? So, so!« Die Braunhaarige streichelte unbewusst ihr Schwangerschaftsbäuchlein und spitzte bewusst ihre vollen Lippen zu einer Trotzschnute. »Läuft deine Alexandra eigentlich noch immer splitternackt herum, wenn sie mit dir in Kontakt kommt?«

»Nur wenn ich unter der Dusche stehe«, sagte er kalt.

Es dauerte drei Sekunden, ehe Lydia begriffen hatte, dass sie seinem Scherz aufgelaufen war.

»Oh, du Schuft!«, sagte sie übertrieben ärgerlich und boxte ihn leicht in seine abwehrenden Handflächen hinein, während er frech grinste.

Schließlich fanden sie sich zu einem lange andauernden Kuss.

»Und es gibt wirklich keine andere Möglichkeit ... für dich, Marc und ... auch für Tim?«, wollte er abschließend von ihr wissen.

»Leider nicht«, erklärte sie. »Wir müssen vor Ort. Tim hat wohl etwas mit seinem Vater zu regeln - und das wird wiederum für mich wichtig werden. Letztendlich wird dies auch wichtig für die Welt werden. So in etwa.«

»Für die Welt? Hast du eine Ahnung, um was es dabei gehen könnte?«

»Nicht die Bohne, Karl. Aber es wird bestimmt etwas fantastisch Großartiges sein.« Mit einem Zeigefinger zeigte sie auf sich. »Ich bin immerhin eine Auserwählte Gottes.«

Danach lächelte sie Karl mit einem Lydia-Lächeln an; er erwiderte dieses sofort.

»Mach dir keine Sorgen, Mr. Wisemeyer. Ich habe einen jungen New Yorker und einen Verstorbenen dabei, der zudem in Heidelberg aufgewachsen ist. Außerdem wird Bharati ein schützendes und wachendes Auge auf mich haben. Mir und dem Kind wird nichts geschehen. Versprochen. Ich will dich ja noch vor der Geburt unseres Sohnes heiraten.«

Karl nickte leicht und hoffte innerlich auf das Beste.

Schließlich zog sich Lydia ihren altbackenen Norweger-Pullover aus und stand im BH vor Karl.

»Mein Trolley ist rasch gepackt, der Reisepass liegt bereit - die Kreditkarten ebenfalls. In zwei Stunden geht die Reise los!«

Flott öffnete sie den Verschluss ihres BHs und entblößte schlagartig ihre stattliche Weiblichkeit. Frech grinste sie den verdutzten Mann an. »Und, Mr. Wisemeyer? Wie steht’s? Wie wär’s mit Duschen-Blasen-Lecken und Verstand rausficken, bevor ich den Abflug mache?« Sie zwinkerte. »Haben Karl und sein Karlchen Lust und Bock?«

Natürlich.

Natürlich hatten sie das beide: Karl und Karlchen.

9. Begegnungen im Park

Piep - Piep - Piep.

Der gleichmäßige Signalton hatte etwas Beruhigendes an sich, obwohl die äußeren Umstände alles andere als beruhigend waren.

Thomas Bendermann lag stationär auf der Intensivstation des St. Peter's Memorial Hospitals in Manhattan. Über einen Tropf versorgt und mit einer Sauerstoffmaske bestückt, ruhte der Grauhaarige in einem Zustand, dass die Fachärzte als unerklärliches Koma bezeichnet hatten. Dies bedeutete, dass es nach einer vollständigen Analyse der Laborwerte, nach diversen Ultraschall-, Röntgen- und MRT-Aufzeichnungen keine medizinische Erklärung gab, warum sich der Mann überhaupt in einem Koma befand. Körperlich und seelisch schien er altersentsprechend in Bestform zu sein. Bendermann erfreute sich tadelloser Gesundheit.

Was hatte dann seinen Verstand buchstäblich ausgeknipst?

Welche Ursache lag dem komatösen Zustand zugrunde?

Gab es überhaupt einen Grund hierfür?

Ja, natürlich gab es einen Grund; denn es gab immer einen - wenn auch keinen medizinischen.

Es war ganz einfach: Gott wollte es so.

Doch was waren seine himmlischen Beweggründe dafür?

Auch diese waren einfach: Thomas Bendermann, legaler Wirtschaftsboss und illegal agierender Menschenhändler, musste auf einen guten Weg geführt werden - und manchmal heiligt der Zweck eben die Mittel.

Ein zärtlicher Kuss weckte ihn.

Mara, seine längst an Krebs verstorbene Ehefrau hatte ihn geküsst.

Thomas Bendermanns Augenlider zuckten, dann öffnete er die Augen und erblickte einen fast schon kitschig blauen Postkarten-Sommersonnenhimmel über dem heimischen Central Park. Die fröhlichen Stimmen von Ball spielenden Kindern drangen an seine Ohren.

»Na, endlich wachst du auf, mein Lieber«, begrüßte ihn Mara Bendermann. Sie hatte sich ihre braunen Haare hochgesteckt und trug ein geblümtes Sommerkleid in zarten Gelb- und Grüntönen.

»Ich liege noch immer im Koma, richtig?« wollte er von ihr sogleich wissen. »Ich bin hier nicht in der Wirklichkeit, oder?«

»Kommt darauf an«, erklärte Mara, »was du so als Wirklichkeit definierst. Ich fühle mich jedenfalls wirklich bei dir, obwohl ich ja eigentlich tot und begraben bin.«

»Warum sind wir hier, Mara? Warum bist du hier?«

»Um dich zurückzuholen«, antwortete sie ihm unklar. »Du hast dich in deinem Leben verlaufen und verirrt, Thomas. Meine Aufgabe ist es, dich zur Vernunft zu bringen und dich auf den Weg der Hellen zurückzuführen.« Mara lachte plötzlich fröhlich, als hätte sie an etwas Witziges gedacht.

»Wie eine Hirtin, die ein verlorenes Schäflein wieder in die Sicherheit der Herde zurückbringt, verstehst du?«

Der grauhaarige Mann setzte sich hin und bemerkte irritiert, dass er in diesem geheimnisvollen Zwischenreich, in dem sich die Lebenden und die Toten begegnen durften, seinen teuersten Anzug einer italienischen Nobelmarke trug.

»Den habe ich dir zum 60. geschenkt«, meinte Mara. »Er passt dir noch immer - wie angegossen!«

Thomas Bendermann lächelte geschmeichelt.

»Du kennst doch noch meine Prinzipien, wenn es ums Essen geht, oder? Fettes Essen und das Männergetränk Bier gehörten noch nie zu meiner Nahrungskette.«

»Hört, hört!«, witzelte Mara und streichelte zärtlich seine Hand, was er als wunderschön empfand. »Nein, du futterst dich nur allzu gerne durch die leckere Palette deiner Gourmetpastetchen und kostest dazu edlen Roten, vorzugsweise aus Deutschland.«

Er grinste breit.

»Niemand kann seine Wurzeln leugnen - aber die Kalifornier haben ebenfalls anständigen Wein.«

»Ich denke«, maßte Mara sich spitzzüngig an, »dass dich deine junge Mercy zusätzlich fit hält. Liege ich da richtig?«

»Na ja, sie ist schon ein wenig - sagen wir mal - unkontrollierbar. Das macht mir hin und wieder ziemlich Stress - und dabei nehme ich eben nicht zu.«

Jetzt grinste Mara Bendermann. »Ja, ja ... die gute Mercy und ihr wildes Liebesleben. Und außerdem liebt sie deinen endlich von dir anerkannten Enkelsohn Ansgar.« Maras Grinsen reichte beinahe von einem Ohr bis zu anderen. »Ja, du bist schon zu bedauern, werter Gemahl. Gwen Gradener und ich sind jedes Mal erheitert darüber, was Gott sich für deinen Lebensweg so alles hat einfallen lassen.«

Bendermann gab sich überrascht.

»Gwen?«, fragte er stutzig. »Du kennst Gwen Gradener persönlich?«

»Aber natürlich kennen wir uns persönlich«, hörte der Mann plötzlich eine vertraute Frauenstimme sagen.

Bendermann blickte zur Seite - und da stand sie direkt bei ihnen: Gwen Gradener, seine langjährige Geliebte, die Mutter von Ansgar, der nie erwähnte One-Night-Stand seines Sohnes Richard Bendermann.

Da stand sie mit der flotten Kurzhaarfrisur, sah aus, wie er sie in Erinnerung hatte, und sie lächelte ihn wie früher an.

Dieses Lächeln hat niemals mein Herz verlassen, ging es ihm durch den Kopf.

»Hallo, Thomas!«, begrüßte sie ihn. »Gut siehst du aus.«

Bendermann wusste nicht, wie er reagieren sollte. Fast schon hilflos schaute er seine verstorbene Ehefrau an, die ihm ebenfalls leicht zulächelte.

»Ihr ... sprecht miteinander?«, fragte er erstaunt.

Zu Maras und Gwens Lebzeiten hatte er seine Affäre zehn Jahre lang geheim gehalten. Doch nun?

»Nun ... begrüß sie endlich, Schatz!«, forderte ihn Mara auf. »Gwen und ich gehören beide zu deiner Vergangenheit. Wir sprechen ständig über dich und dein Leben. Hier im Himmel sind wir gute Freundinnen geworden.«

»Beste!«, unterbrach Gwen sie heiter. »Beste Freundinnen sind wir geworden!«

Thomas Bendermann schaute die beiden verstorbenen Frauen an, wie sie da so gut gelaunt bei ihm waren, so unbeschwert miteinander umgingen.

Und er?

Er war innerlich gerade am Durchdrehen, am Überschnappen.

Ja, er war halt noch immer ein begrenzt denkender, dafür lebender Mensch.

Und für jene war solch eine übernatürliche Situation und Begegnung etwas schwierig zu verstehen.

Man konnte es ihm nicht verdenken.

10. Wieder mal Bock

»Hallo Betty! Lange nicht gesehen - wieder mal Bock auf die Show?«

Die mollige Kassiererin reichte Mercy ein rotes Armband. Es war die Farbe, die jedem Gast im Club signalisierte, dass man für das volle Programm beglichen hatte - und das bedeutete: Ich bin für alles offen - sprich mich an und mach mich an!

Mercy Bowlers war, nachdem sie Tobias Gradener in sein Zimmer eingesperrt hatte, fluchtartig aus Ansgars Wohnung gerannt. Die Flüsterer der Dunklen hatten sie dazu gebracht, hatten in ihr die maßlose Gier nach sündigem Verhalten entfacht.

In ihrem eigenen Apartment hatte sie sich hektisch geduscht, die authentisch aussehende schwarze Perücke mit den langen Haaren aufgesetzt und war in sexy Kleidung geschlüpft.

Danach hatte sie als Betty Nothing den ihr bekannten Sex-Club DARK CAVE in Brooklyn aufgesucht.

Nun war ihr nach Party - und sie konnte sich nicht dagegen wehren! Sie musste sich dem Flüstern beugen. Der Saft des Verderbens, eine Mixtur des Druiden Gordon Blax, wütete unaufhörlich in ihrem Körper, veränderte sie von Tag zu Tag mehr, machte sie böse und niederträchtig im Denken und Handeln. Moral, Sitte und Anstand waren Begriffe, die ihr in dieser Phase fern lagen.

»Sind heute leckere Typen dabei?«, wollte Mercy von der gepiercten Frau an der Kasse wissen.

Die blonde Mollige lachte laut, ihre glänzenden Pausbäckchen glühten regelrecht dabei. Mit den beringten Wurstfingern stopfte sie die Geldscheine in eine verschließbare Handkasse.

»Heute ist dein Glückstag, Süße«, meinte sie, und ihre Stimme hatte einen vulgär klingenden Unterton. »Ein paar Jungs aus einer kanadischen Rugbymannschaft wollen so richtig die Sau rauslassen. Stramme Muskeln, geile Ärsche in den Hosen!«

»Sind sie alle volljährig?«

Die Kassiererin lachte dreckig. »Mensch, Kleine! Sonst kommst du doch gar nicht in unseren Schuppen rein. Unser Türsteher hat da klare Anweisungen von der Mistress erhalten! Wenn er sich nicht dran hält, fliegt er schneller, als er dir auf deinen Arsch glotzen kann.«

»Mistress? Wer ist das?«

»Unsere Chefin, Isolde Goldberg! Der gehört das Ganze hier. Wir nennen sie hinter vorgehaltener Hand auch Grand Canyon. Und jetzt rate mal, warum?«