The Fakeland Bestseller - David Scott - E-Book

The Fakeland Bestseller E-Book

David Scott

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Beschreibung

Angst breitet sich auf den Gesichtern der Raumschiffcrew aus. Das Ziel, der Asteroid JANUS, erscheint auf sämtlichen Monitoren. Das düstere Geheimnis der Space Mining Company kommt unaufhaltsam und bedrohlich auf sie zu. Die junge Robotik-Spezialistin Rea und der findige Planetologe Todd kämpften vor Monaten noch um den Job ihres Lebens. Sie wollen zu den Pionieren gehören, die fremde Himmelskörper erobern. Ihre Mission wird zu einem Abenteuer auf Leben und Tod.

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David Scott

THE

FAKELAND

BESTSELLER

Inhaltsverzeichnis

Titel

Disclaimer

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Kapitel 73

Kapitel 74

Kapitel 75

Kapitel 76

Kapitel 77

Kapitel 78

Kapitel 79

Kapitel 80

Kapitel 81

Kapitel 82

Kapitel 83

Kapitel 84

Kapitel 85

Kapitel 86

Kapitel 87

Kapitel 88

Kapitel 89

Kapitel 90

Kapitel 91

Kapitel 92

Kapitel 93

Kapitel 94

Kapitel 95

Kapitel 96

Kapitel 97

Kapitel 98

Kapitel 99

Kapitel 100

Epilog

Impressum

Disclaimer

 Handlung, Orte und Personen in diesem Science-Fiction Thriller sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten, Namen und lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Prolog

 Die Angst zeigt dir den dunklen Abgrund der menschlichen Seele. Nicht jeder überwindet dieses bodenlose Nichts. Sei bereit, zu springen, bevor dich das unheimliche Dunkel verschlingt.

Kapitel 1

In der endlosen Finsternis des Weltalls blinkten die leuchtend roten Positionslichter der Basisstation. Gespenstisch und bizarr zugleich krallte sich eine spinnenartige Kontruktion auf der mit Kratern übersäten Asteroidenoberfläche fest. Ein großes Monster, mit gleißend hellen Augen, schien hier auf seine Opfer zu lauern. Jederzeit könnte es aufwachen.

Was war das? Da, ein Stück weiter ... Etwas bewegte sich in der von Dunkelheit eingehüllten Einöde. Ein kleiner krabbenartiger Roboter tastete bedächtig über die leblose Oberfläche. Der helle Suchstrahl der Basisstation erfasste die Abbaukrabbe und gab ihre wertvolle Fracht preis. Die Krabbenbeine bewegten das kleine Monster vorsichtig vorwärts. Eine kleine Unachtsamkeit genügte, um in die Unendlichkeit zu triften. Jede Sekunde konnte eine Gravitationsanomalie zur tödlichen Falle werden. Spürte niemand die dunkle Bedrohung, die den eiskalten Hauch des Todes verbreitete?

Die kleine Abbaukrabbe kam näher und ihre Scheinwerfer blendeten den Betrachter. Im Innern befand sich jemand, ein Mensch vielleicht oder ...? Es ließ sich nicht eindeutig erkennen. Am Horizont verschwand langsam die Aussicht auf Sterne und Planeten. Bemerkte niemand den aufsteigenden Dämon? Die Abbaukrabbe wandte sich dem Dämon zu. Huldigte sie einem unbekannten Schöpfer? Die hellen Scheinwerfer erfassten das Geheimnis der Space Mining Company. Die kleinste Unaufmerksamkeit würde jetzt das Ende der Abbaukrabbe bedeuten.

Kapitel 2

Aus den Kopfhörern dröhnte Musik. Die kleine Abbaukrabbe schaufelte die letzten Gesteinsproben an Bord. Plötzlich durchschnitt ein hässlich kreischendes Geräusch das Kommandomodul. Eine monotone Computerstimme meldete eine Fehlfunktion … Fehlfunktion … Verdammt noch mal! Das Ding wollte wieder nicht. Ennie zog ungehalten am Steuerhebel für den Greifarm. Ich verliere gleich die Geduld, du Roboterbiest, dachte sie verärgert. Auf dem Bedienpult blinkte provokativ eine rote Sicherheitslampe. Ennie versuchte, vergeblich den Steuerhebel zu bewegen. Und wieder meldete diese nervige Computerstimme eine Fehlfunktion … Fehlfunktion … Fehlfunktion. Es hatte alles keinen Zweck. Der Bordcomputer überprüfte die Betriebsfunktion der Steuereinheit. Die Luft in der Kabine roch abgestanden.

Auch das noch, eine Sicherung war durchgebrannt. Ennie fühlte Wut in sich aufsteigen. Wo hatte George die Sicherungen versteckt? Nie konnte er Ordnung halten. Hastig durchwühlte sie die verglaste Kabine der Abbaukrabbe. Der Raumanzug schränkte die Beweglichkeit ein. Verärgert zog Ennie einen Handschuh des Raumanzuges aus, der bei der Suche behinderte. Langsam tastete ihre Hand unter der Sitzfläche entlang. Endlich berührten die Finger die gesuchte Reparaturbox. Aus der geöffneten Reparaturbox starrte ihr die gleiche Unordnung entgegen. Ennie kramte zwischen alten Kaugummis und Werkzeugen. Auf dem Grund befand sich endlich die gesuchte Sicherung. Noch mal Glück gehabt. Erleichtert baute sie die neue Sicherung ein. Okay, keine Panik aufkommen lassen. Auf der Checkliste stand … aha … und ... Reset-Taste für den Greifer drücken. Ihre Augen starrten gebannt auf das Systempanel mit der Fehlermeldung. Nach einem Moment der Spannung meldete sich die monotone Computerstimme. Das Reset wurde erfolgreich abgeschlossen. Erleichterung machte sich breit. Die Anzeige auf der Konsole wechselte von Rot zu Grün.

Ennie war mit Leib und Seele Spaceminerin. In dieser Einöde ging ihr so schnell keiner auf die Nerven. Na ja, abgesehen vom Funkkontakt mit der Basisstation. Aber Boris, ihr Commander, nahm es nicht so genau. Ab und zu erinnerte er sie, den Zeitplan einzuhalten. Ein schrilles Signal schreckte Ennie erneut aus ihren Gedanken. Das Protokoll der Abbaukrabbe meldete die erfolgreiche Beendigung des Abbauvorganges. Der Systemmodus zeigte Stand-by. Die Abbaukrabbe hatte die letzte Materialprobe in den Auffangbehälter verstaut. Auch das noch. Auf dem Display meldete sich die Basisstation.

››Hier Commander Boris. Ennie kommen. Over.‹‹

Ennie stoppte missmutig ihre Musik und schaute auf den Arbeitstimer.

››Ennie an Basisstation. Ich beende in fünf Minuten meine Schicht im Patch 4A. Over.‹‹

››Ist alles in Ordnung? Du bist spät dran. Over.‹‹

››Der Hebel für die Schürfvorrichtung klemmte wieder. Over.‹‹

››Basisstation an Ennie. Brauchst du Hilfe? Over.‹‹

››Nein. Ich komme klar. Danke! Ennie over.‹‹

Niemand konnte die unbekannten Gefahren vorhersagen, die beim Abbau der Rohstoffe auf die Spaceminer warteten. Der Asteroid JANUS erinnerte an einen großen unförmigen Klumpen aus Gestein. Auf der trostlosen Oberfläche verteilten sich unzählige Einschlagkrater unterschiedlichster Ausmaße. Auf den ersten Blick erschien JANUS leblos und dennoch barg er ungeahnte Rohstoffschätze. Das ferne Licht der Sonne erhellte einige Bereiche. Andere verschwanden im Dunkel der Nacht. Begeistert beobachtete Ennie die sich verändernden Schattenmuster, die manchmal Dämonen ähnelten.   

Die anstrengende Schicht ging zu Ende. Ein prüfender Blick fiel auf das Display mit dem Sauerstoffvorrat. Okay, alles im grünen Bereich. Die nächste lokale Gravitationsanomalie befand sich dreißig Meter von der Abbaukrabbe entfernt. Ennie verfluchte die ständigen Schwankungen der Schwerkraft. Im Patch 4A gab es mehrere heimtückische Bereiche. Sie bereute den Tausch. Wie konnte sie sich von George und seinen bettelnden Hundeaugen überrumpeln lassen? Stopp! Keine Gefühle hochkommen lassen, dachte sie sich. 

››Sonst mache ich einen Fehler und das kann mir teuer zu stehen kommen.‹‹ 

Sie musste sich beruhigen. Jetzt führte sie schon Selbstgespräche. Mein Helm beschlägt gleich wieder. Ennie gingen die absurdesten Gedanken durch den Kopf. Warum wollte George die Schicht tauschen? Was war so wichtig? Diese Geheimniskrämerei sah ihm nicht ähnlich. George wusste, dass er nichts vor ihr verbergen konnte.

Routiniert programmierte Ennie den Heimweg zur Basisstation ein. Die Enge ihres Raumanzuges behinderte jede Bewegung. Diese dünne Hülle trennte den Körper im Notfall von der todbringenden Umgebung des Asteroiden. Ein unangenehmes Gefühl schlich sich hinterhältig in ihr Gehirn. Niemand würde in der Stille des Weltalls ihre Schreie hören. Auf der Erde könnte sie ans Land schwimmen. Im All blieben ihr maximal zwanzig Sekunden, bevor sie der Tod ereilte. Schnell verwarf Ennie diese unangenehmen Überlegungen. Im Innern besaß die Abbaukrabbe eine schützende Atmosphäre. Die Vorschriften verlangten eine doppelte Absicherung. Verdammt! Einige ihrer langen blonden Haare verfingen sich immer vor dem Gesicht. Ennie öffnete den Helm, um sich die Haare aus dem Gesicht zu streichen. In diesem Moment fühlte sie, dass etwas Dunkles den Nacken emporkroch. Eine unerklärliche Angst fesselte ihre Gedankenwelt.

FAKELANDS Schatten betrat die Bühne. Schwarz wie die Nacht und echt dämonisch spiegelte sich seine Erscheinung in Ennies Helm. Gegen das schwarze Weltall war er kaum auszumachen. Lautlos stieg FAKELAND am Horizont auf. In der durchsichtigen Kabine bemerkte Ennie plötzlich ein Blinken. Täuschten die Sinne ihre Wahrnehmung? Ennie schloss den Helm und drehte die Abbaukrabbe in Richtung FAKELAND. Aber die Scheinwerfer erreichten den gesuchten Bereich nicht. Und da! Es blinkte erneut. Was konnte das sein? Ihre Augen starrten hypnotisiert auf … ja auf was? Dort gab es sonst nichts, nur Dunkelheit. Tauschte George die Schicht aus Angst?

FAKELAND, eine verbotene Zone, durfte nicht betreten werden. Und wenn schon, überlegte Ennie kurz. Sie hatte noch für eine Stunde Luft. Was blinkte da? Der Abstand von JANUS zu FAKELAND betrug nur wenige Meter. Die Entfernung würde sie mühelos im Sprung überwinden. Wo lag das Sicherheitskabel? Ach da! Unter der Abdeckung hatte sich das Ding versteckt. Das schwarze Objekt füllte inzwischen den gesamten Blickwinkel in ihrem Helm aus. Jetzt oder nie, überlegte Ennie. Ich brauche nur einige Minuten. Die Abbaukrabbe agierte im Notfall autark und könnte das Rettungskabel einholen. Ich muss es wissen, drängte die Neugier. Das Blinken intensivierte sich mit jeder Minute. Ennie starrte hypnotisiert auf das mysteriöse Signal. Irgendetwas zog sie magisch an. Wie von selbst, in den Händen die Kabeltrommel haltend, stieg Ennie aus. Ich muss das erkunden. Das Kabel reicht bestimmt, hämmerte es in ihrem Kopf. Ennie koppelte das Kabel an die Abbaukrabbe. Sie drückte auf den Startknopf der Kabeltrommel. Sie würde es schaffen und keiner bekäme etwas von dem kleinen Abenteuer mit. Ennies Verstand wurde von einer unbändigen Neugier überrollt. 

Mit großen Sprüngen hüpfte sie auf FAKELAND zu. Nach dem Absprung von JANUS bot sich zwischen beiden Himmelskörpern eine unbeschreibliche Aussicht auf die Unendlichkeit mit ihren unzähligen Sternen. Im Flug über dem Abgrund, zwischen JANUS und FAKELAND, erkannte ihr Verstand den groben Leichtsinn. Plötzlich nahm die Geschwindigkeit unkontrolliert zu. Die zunehmende Schwerkraft von FAKELAND erfasste den hilflos ausgelieferten Körper. Der Irrwitz einer unbändigen Neugier forderte seinen Tribut. In der Aufregung vergaß Ennie, sich auf den Aufprall vorzubereiten. Ihr Körper stürzte unkontrolliert, mit voller Wucht, auf die instabile Oberfläche von FAKELAND. Der heftige Aufprall vergrößerte einen vorhandenen Spalt. Ennie konnte nicht schnell genug reagieren. Der Untergrund gab nach und sie rutsche metertief in einen dunklen Abgrund. Die scharfkantigen Ränder der Spalte boten keinen Halt, um sich festzuhalten. Plötzlich riss das bis Anschlag gespannte Kabel. Das Kabelende verwandelte sich in eine Peitsche, die in Zeitlupe auf sein Opfer einschlug. Makaber, kein Laut drang davon in Ennies Helmmikrofon. Hilflos schrammte Ennie, in ihrem Raumanzug gefangen, die glatten Wände in der Spalte hinunter. Die Wände verschoben sich langsam gegeneinander. Ihr Helm prallte heftig gegen einen Vorsprung und bekam einen Riss. Sofort meldete ihr Raumanzug Sauerstoffverlust. Sauerstoffniveau kritisch, noch vierzig Sekunden … noch dreißig Sekunden.

Unter Schock bemerkte Ennie die zunehmende Schwerkraft, die sie gnadenlos in die Tiefe zog. Alle verzweifelten Versuche, sich zu befreien, scheiterten. Ennie begriff jetzt die volle Tragweite ihres Leichtsinns. Das Funkgerät könnte sie retten. Aber sie bekam keine Verbindung. Ennie schrie verzweifelt in ihr Mikrofon.

››Basisstation kommen!‹‹

Aber es gab keine Antwort. Das Relais in der Abbaukrabbe musste den Notruf doch empfangen.

››Wieso hört mich keiner?‹‹ 

Ennie brüllte verzweifelt.

Der Spalt verjüngte sich nach unten hin und klemmte ihren linken Fuß ein. Der untere rechte Ärmel des Raumanzuges wurde aufgeschlitzt. Das Blut entwich durch die Öffnung ins Weltall. Unerträgliche Angst peinigte sie. Sie war in dieser tödlichen Einöde allein. Die Gedanken ergaben keinen Sinn mehr.

››Hört mich denn niemand?‹‹, röchelte Ennie mit letzter Kraft in das Mikrofon. ››Antwortet doch endlich!‹‹

Tränen liefen über ihr Gesicht. Nach sechs Sekunden ließ der Druckverlust Ennies Blut kochen. Sie hatte keine Chance. In der Tiefe schien sich die Glut der Hölle zu öffnen. Dabei war es das Blut, welches über ihr Gesicht herunterlief und durch die Helmbeleuchtung seltsam die Sicht versperrte. Der rote Lebenssaft schwebte aus dem zerschmetterten Helm und besiegelte ihr Ende. Das Gehirn formte einen letzten Gedanken. Ich bin in der Hölle. Welche Ironie? Ihr letzter Blick fiel auf das seltsame Blinken, bevor sie nach fünfzehn Sekunden das Bewusstsein verlor. Die instabilen Wände der Spalte bewegten sich erneut gegeneinander und der zunehmende Druck zerquetschte langsam ihren Körper. Niemand hörte Ennies letzten Todesschrei.

Seltsam ... Unbeteiligt stand die Abbaukrabbe auf ihrem Platz. Die Scheinwerfer erhellten den letzten Akt dieser blutigen Szene. Schlaff hing das andere Ende vom Sicherungskabel an der Abbaukrabbe herunter. Der Asteroid JANUS zog weiter seine Bahn, als wäre nie etwas geschehen. FAKELAND versank lautlos hinter dem Horizont.

Kapitel 3

››Hier ist Dian Hunting für MNC-TV. Wir befinden uns vor dem Firmengebäude der Space Mining Company, einem futuristisch anmutenden Gebäude. Große Glasfassaden dominieren den Eingangsbereich. Vor dem Eingang dieses Gebäudes erkennen sie eine würfelartige Skulptur, die das SMC Logo trägt. Dieses Logo steht für Space Mining Company und ist den meisten Zuschauern bestens bekannt. Neben mir steht Peter, ein bekannter Asteroidenforscher und engagierter Mitarbeiter der Space Mining Company. Peter! Erzählen sie unseren Zuschauern etwas über ihre bedeutende Entdeckung.‹‹

Dian hielt Peter ihr Mikrofon entgegen. Peter fummelte nervös an seiner Brille. Verlegen räusperte er sich. Der Frosch in seinem Hals schien zu wachsen. Vor ihm stand sein Idol. Peters Stimme drohte vor Aufregung zu versagen. Die Beine wurden weich und wollten ihm vor Anspannung den Dienst verweigern. Unbeholfen machte er vorsichtig einen kleinen Schritt auf sein Idol zu.

Dian ermutigte Peter, indem sie ihm ihre gepflegte Hand entgegenstreckte.

››Peter! Nicht so bescheiden. Kommen sie zu mir.‹‹

Dian setzte jetzt ihr gewinnendes Lächeln auf.

››Hallo Dian‹‹, erwiderte Peter vertrauensvoll. Seine Augen warfen ihr einen schmachtenden Blick zu.

››Mein Spezialgebiet betrifft ... äh ... ja ... die Suche nach den sogenannten NEOs.‹‹

Dian sah Peter interessiert an.

››Peter, erklären sie unseren Zuschauern, was unter dem Begriff NEO zu verstehen ist.‹‹

Peter entspannte sich etwas, da es um fachliche Dinge ging.

››Es handelt sich um Near Earth Objects, die zwischen Erde und Mars ihre Bahn um die Sonne ziehen. Meine Entdeckung erhielt den Namen JANUS. Die genaue Bezeichnung finden sie in den wissenschaftlichen Veröffentlichungen. Dieser Asteroid umkreist die Sonne auf einer relativ stabilen Umlaufbahn. Im Infrarotbereich können Astronomen auch Objekte mit sehr geringer Helligkeit aufspüren. Die Spektralanalyse verrät uns die Zusammensetzung auf der Oberfläche. So können die Wissenschaftler auf mögliche Rohstoffe schließen.‹‹

Peter schaute bescheiden nach unten. Damit bedeutete er, dass sein kleiner Vortrag beendet war. Dian lächelte in die Kamera. 

››Danke für die Ausführungen Peter. Und da kommen wir zum Kern unseres Beitrages. In den nächsten Wochen berichtet Media News Channel TV über neue Technologien in den angesagtesten Unternehmen unserer Stadt. Die Menschheit bereitet sich vor, ihre Kinderstube zu verlassen. Erobern sie mit Media News Channel TV die Zukunft und entdecken sie neue Welten. Machen sie sich bereit! Die Unternehmen suchen nach jungen innovativen Menschen, die sich den Pionieren anschließen wollen.

Liebe Zuschauer! Ich verrate ihnen jetzt die Breaking News. Der erste Event findet in diesem schönen Gebäude der SMC statt. Genau, in zwei Tagen startet hier unsere Eventserie. Erleben sie die Zukunft schon heute und lassen sie sich inspirieren. Und ... Ja? Wie jedes Jahr verleiht Media News Channel TV den begehrten Preis für das beste Projekt, über welches sie abstimmen können.

Die Space Mining Company wartet auf sie. Kommen sie zum Event. Mehr Informationen erhalten sie in unserer Mediathek unter MNC-TV. Sie erreichen uns in allen Sozialen Netzwerken.‹‹

Während die Kamera einen Rundumschwenk machte, entdeckte sie eine größere Traube von begeisterten Menschen. Die Zuschauer applaudierten und riefen nach Dian Hunting. Einige hielten ihre Autogrammkarten hoch. Bitte ein Autogramm Dian. Andere Zuschauer wollten ein Selfie mit ihrem Medienstar. In der Menge stand, etwas unbeholfen, Rea, eine junge Spezialistin für Robotik. Sie suchte einen neuen Job, der ihr Leben verändern könnte. Die Medienkampagne von Dian Hunting versprach neue Möglichkeiten. Das würde ihrem Leben einen gewaltigen Schub in eine neue Richtung geben. Ihr kurzer, frech geschnittener blonder Bob ließ sie jünger aussehen. Sie könnte eine von den Studentinnen sein, die nach ihrem Idol riefen. Einige benutzen Selfie-Stangen, um ihre Smartphones in die Höhe zu halten. Die rechts neben ihr stehende Studentin flüsterte aufgeregt.

››Das ist sie, hautnah … Ich klappe gleich ab.‹‹

Rea wollte gerade fragen. Da stieß sie ihre aufgeregte Nachbarin an.

››Na du weißt schon. Dian Hunting! Sie ist wundervoll. Gehst du auch zu diesem Event in zwei Tagen? Wir besorgten uns bereits gestern Karten.‹‹

Eine andere junge Frau kicherte. Sie winkte einer entfernt stehenden Freundin zu. 

››Schau dir den Astronomen mit seinen langen braunen Haaren an. Da werde ich sogar neidisch.‹‹

Eine andere flüsternde Stimme erhob sich im Hintergrund der Menge.

››Er erinnert mich an den Typen aus diesem Survival-Magazin. Der könnte mir auch gefallen.‹‹

Dann lachten sie und winkten Dian zu. Ein Student drängte sich mit seiner Autogrammkarte an ihnen vorbei. Sie ist die beste Journalistin, hörte Rea von allen Seiten. Die Masse wogte im Takt und hing regelrecht an jedem Wort, welches ihr Idol verkündete. Besser konnte es für die Jägerin nicht laufen. Dian lächelte zufrieden und gab geduldig Autogramme. Zum Abschied drehte sich Dian noch einmal frontal der Kamera zu.

››Danke liebe Zuschauer. Ich bin Dian Hunting und berichte für MNC-TV.‹‹

Eine leichte Brise krönte diesen sonnigen Frühlingsmorgen. Auf dem Platz vor dem Gebäude standen große Laubbäume. Das leise Rauschen der noch jungen Blätter machte das Interview perfekt. Die Traube der Fans löste sich langsam auf.

››Wir haben alles im Kasten‹‹, rief Assistent Dan Henning, der neben dem Kameramann stand.

Peter stand noch immer wie angewurzelt und himmelte sein Idol an. Dian nutzte die Situation und nahm Peter beiseite.

››Hier ist meine Autogrammkarte mit einer ganz persönlichen Widmung, nur für sie. ‹‹

Peters Augen strahlten.

››Peter, kommen sie an meine Seite. Wir machen ein gemeinsames Selfie für alle Follower.‹‹

Der schüchterne Astronom glaubte, den Sternenhimmel zu erobern. Das Media News Channel TV-Team verabschiedete sich von Peter. Der winkte zum Abschied überglücklich seinem Idol zu.

Im Übertragungswagen wendete sich Dian ihrem neuen Assistenten, Dan Henning, zu. Frisch vom College entsprach er genau den Vorstellungen von einem perfekten Sklaven. Dian drängte Dan.

››Beeile dich mit der Medienpräsenz. Wir brauchen noch mehr Follower.‹‹

Danach griff sie in die Frischhaltebox und holte die bereitgestellte Flasche Mineralwasser heraus. Sie dachte, Reporter können nie genug Verbündete und Informationsquellen besitzen. Das sagte schon mein Vater, ein alter Hase in diesem Geschäft. Dann ließ sie sich das bereitgestellte Mineralwasser genüsslich schmecken. Ah, das tat gut. Gerade stieg der Kameramann in den Übertragungswagen von MNC-TV.

››Hast du das Equipment verstaut? Dann los. Worauf warten wir noch? Ab in die Redaktion.‹‹

Der Übertragungswagen entfernte sich vom Schauplatz des Interviews. 

Peter betrachtete im Gehen den Schatz, worauf sein Idol zu sehen war. Beflügelt und leichten Schrittes hüpfte Peter vor Freude. Zurück in seinem Büro, sah er sich das kostbare Geschenk noch mal an. Das Foto sollte einen gebührenden Rahmen bekommen. Er würde es auf seinen Schreibtisch stellen. Gut sichtbar für jeden, der das Büro betrat.

Peters Gedanken schweiften ab. Er erinnerte sich noch genau an diese entscheidende Nacht im Observatorium. Es war vor fast vier Jahren. Auf den Monitoren zeigte sich nichts Interessantes. Die Enttäuschung, im ausgewählten Bereich nichts zu finden, ließ ihn müde werden. Plötzlich kreisten seine Gedanken um die geheime Reserve in einer der Schubladen. Seine Hände kramten zwischen alten Aufzeichnungen und anderen Büroutensilien. Da, ich wusste es. Er zog zwei Powersnacks hervor. Der eine sah angeknabbert aus. Macht nichts Peter. Es war immerhin sein Lieblingsgeschmack. Hungrig biss Peter hinein und seine Gehirnzellen nahmen langsam wieder ihre Tätigkeit auf. Einige Krümel fielen herunter und er wollte sie von der Hose wischen. Da sah er es ...! Auf dem rechten Monitor tat sich ein Wunder auf. Sein Gehirn sprühte regelrecht Funken. Peter konnte es nicht fassen. Seine Berechnungen bestätigten sich. Die Finger flogen gewandt über die Tastatur, um die Daten zu sichern. Peter glaubte zuerst nicht, was seine Augen im Infrarotbereich sahen. Ein riesiges NEO, ein Geschenk des Himmels, prangte auf dem Monitor. Diese Nacht sollte alles verändern.

Die nächsten Tage suchte Peter in anderen Datenbanken. Jede Verwechslung musste ausgeschlossen werden. Er überprüfte die Werte immer wieder. Sein Herz schlug schneller, ein Asteroid vom Typ Amor. Die Spektralanalyse ergab Anzeichen für einen hohen Anteil metallischer Elemente. Die Spektrallinien zeigten noch etwas, vermutlich Wassereis. Peters Puls beschleunigte. Er hyperventilierte beinahe. Die Umlaufbahn erschien recht stabil. Komisch, dass den noch keiner entdeckt hatte. Die ersten Berechnungen ergaben einen Durchmesser von mindestens vierhundert Kilometern. Wow!

Peter war sich seiner Sache sicher und nahm das Telefon. Am anderen Ende meldete sich eine männliche Stimme. Peters Worte überschlugen sich regelrecht. Er sprach aufgeregt in das abhörsichere Telefon.

››Sir! Ich habe es gefunden. Ich sende ihnen die verschlüsselten Daten.‹‹

››Danke Peter. Ich melde mich bei ihnen‹‹, antwortete der Unbekannte am anderen Ende der Leitung.

Kapitel 4

Das Interview vor dem Gebäude der SMC war beendet und der weiträumige Platz mit den schattenspendenden Bäumen leerte sich. Erst jetzt nahm Rea die große Glasfassade wahr, in der sich der großzügig angelegte Vorplatz mit seinen Bäumen spiegelte. Einen Moment ließ Rea die Harmonie der Baukonstruktion auf sich wirken. So viel Leichtigkeit in der Architektur belebte den Wunsch einzutreten. Dieses Mal würde sie alles richtigmachen, ganz bestimmt. Rea gehörte zu den Menschen, die um jeden Erfolg kämpfen mussten. Die Erkenntnis, dass allein Leistung nicht ausreichte, kam mit ihren siebenundzwanzig Jahren etwas spät. Sie wollte Roboter bauen und ihnen Intelligenz einhauchen. Das Berechenbare im Leben erschien ihr heute wichtiger als alles andere. Ihre blonden Haare und die blauen Augen schoben sie leider in eine Kategorie Frau, die besonders Männer in speziellen Magazinen erwarteten.

Endlich ... Rea stand vor der großen Informationstafel am Eingangsbereich des Gebäudes. Sollte sie zu diesem Medienevent gehen? Sie musste sich entscheiden. Überwinde deine Ängste, hämmerte es in ihr. Etwas schüchtern betrat Rea eine lichtdurchflutete Eingangshalle, die sich über zwei Etagen erstreckte. Die großzügige Verglasung der Außenwände reichte vom Fußboden bis zur Decke. Überall standen schön dekorierte Grünpflanzen und verschieden gruppierte Sitzgelegenheiten, die zum Verweilen einluden. Beeindruckt blieb die Robotik-Spezialistin kurz stehen. Ah, da auf der rechten Seite stand eine Vitrine. In der wurden echte Fundstücke eines Asteroiden ausgestellt. An der Rückwand zeigten riesige Werbeflächen Roboter auf einem Asteroiden. Rea zog es zu den Werbeflächen. Das musste sie sich genauer ansehen. Das Foyer fasste mindestens dreihundert Leute. Erst jetzt bemerkte sie die anderen Menschen um sich herum. Ein geschäftigeres Treiben könnte es in einem Bienenstock auch nicht geben.

Im mittleren Teil des Erdgeschosses befand sich der Informationsbereich. Dort standen bereits andere Hilfesuchende. Da werde ich mich jetzt ganz entspannt hinbegeben, dachte Rea. Keiner wird mir etwas tun. Noch fest von innerer Anspannung umklammert, stand sie vor dem Tresen. Die freundliche Empfangsassistentin Linda sah die schüchterne Rea an.

››Sie sind nicht von hier? Das sehe ich ihnen an. Die Tickets für diesen Event sind leider ausverkauft.‹‹

Rea ließ traurig ihren Kopf sinken und war den Tränen nahe. Sie stand Mitleid erregend vor dem Tresen. Linda verkündete gerade ihren Tod. Von rechts kam ein fülliger Mann der Security auf sie zu. Das Gesicht umrahmten wilde braune Haare. Durch seine Brille sah er Rea mitfühlend an.

››He Mädchen! Du siehst aus, als könntest du Hilfe gebrauchen. Linda schau im Computer nach. Wir haben bestimmt noch einen Platz am Rand.‹‹

Linda sah ihren Security Chef fragend an. Dann wandte sie sich dem Computer zu.

››Oh ja! Ich glaube, da ist tatsächlich noch ein Plätzchen frei.‹‹

Rea konnte ihr Glück kaum fassen und lief im Gesicht prompt rot an.

››Ich danke ihnen vielmals.‹‹

Linda reichte ihr das Ticket für einen Eventplatz. Am liebsten wäre Rea vor Freude hochgesprungen.

››Danke, danke. Sie machen mich sehr glücklich.‹‹

Linda lächelte sanft.

››Du bist heute ein Glückskind.‹‹

Rea drehte sich zu Ben Cutters, dem Security Chef, herum. Der war bereits verschwunden. Ihr Glücksbringer hieß heute Ben. Beschwingt und voller Freude verließ Rea das Foyer. Heute war sie der glücklichste Mensch auf Erden. Ihr Gesicht strahlte und die Ängste der Vergangenheit verschwanden für einen Moment.

Kapitel 5

Auf der Brücke der Basisstation JANUS rekelte sich Commander Boris behaglich in seinem Commandersessel. Auf den Monitoren gab es nichts Aufregendes zu sehen. Walt beendete seine Schicht im Patch 2B. Abbauroboter ließen die Asteroidenoberfläche vibrieren. Die Sammelbehälter der Abraumeinheiten füllten sich mit wertvollen Seltenen Erden. Im Patch 4A beobachtete er gerade Ennies Abbaukrabbe, die wieder Probleme zu machen schien. Ennie konnte das Problem jedoch allein lösen. Erleichtert nahm Commander Boris das Logbuch und vermerkte einen Auftrag zur Durchsicht der Abbaukrabbe.

Seine Hände tasteten die Sitzfläche ab und fischten den geliebten Urlaubsprospekt hervor. Gähnend sank sein Körper tiefer in den bequemen Sitzplatz. Sein Blick fiel auf das Bild mit der traumhaften Palmeninsel. Die eintönigen Geräusche der Lüftung ließen Commander Boris in einen Tagtraum wegdämmern. Sein Unterbewusstsein glaubte, den Ozean zu hören. Die Erinnerung führte ihn an einen weißen Sandstrand, der von Palmen gesäumt wurde. Am azurblauen Himmel zogen weiße Wattewölkchen entlang. Eine leichte Brise umschmeichelte seinen Körper. Sein Geist vernahm das sanfte Rauschen der Palmwedel. Die kahle Welt von JANUS driftete davon. Am Strand tummelten sich leicht bekleidete Badenixen, die ihm zuwinkten. Weit entfernt schwamm ein Segelboot. Seine bunten Segel spiegelten sich im Wasser. Auf einem kleinen Tisch standen kühle exotische Getränke. Gerade schien sein Tagtraum vom Urlaub perfekt zu sein. Da wurde Commander Boris jäh in die Realität zurückgeholt. Tajana, verantwortlich für Kommunikation, polterte durch die Tür der Brücke.

››Commander, ich brauche noch ein paar Angaben für den Bericht an die Space Mining Company, unsere geliebte SMC.‹‹

Noch ganz benommen sah Commander Boris Tajana frustriert an.

››Was hast du gesagt?‹‹

Seine Hände hielten krampfhaft den geliebten Urlaubsprospekt fest.

››Wo hast du die Unterlagen für den Bericht?‹‹

Tajana drängelte ungeduldig. Sie sah Commander Boris mit ihren großen honigfarbenen Augen und einem unschuldigen Lächeln fragend an.

››Sieh auf deinen Platz nach Tajana‹‹, erwiderte er barsch.

››Oh, hatte ich gar nicht gesehen Boss. Sorry.‹‹

Bald nervst du jemand anderen, dachte Commander Boris. In absehbarer Zeit genieße ich meinen wohlverdienten Urlaub auf der Erde. Er ging jetzt auf die fünfzig zu. Für ihn bedeutete ein Junggesellenleben, ohne Verpflichtungen, Freiheit. Die SMC schätzte Commander Boris. Er brachte langjährige Erfahrungen von der Mondstation mit. Aber noch wertvoller wog seine Verschwiegenheit. In kniffligen Situationen behielt er den Überblick. Arbeitsbedingt sammelten sich im Laufe der Jahre einige Pfunde in der Rettungsringebene an. Aber das störte ihn nicht.

Die Erinnerung an die Landung der Basisstation auf JANUS kam ihm ins Gedächtnis. Käpten Josua und er mussten sich erst zusammenraufen, bevor sie Freunde wurden. Ach ja, wie konnte er seinen Freund Dr. Keno vergessen. Seine ruhige Ausstrahlung half ihnen, manche schwierige Situation zu überwinden. In den letzten Jahren wuchs ihre Freundschaft mit den Herausforderungen.

Commander Boris hielt noch immer seinen abgenutzten Prospekt in den Händen. Da durchfuhr die Basisstation, ohne Vorwarnung, ein heftiges Gravitationsbeben. Die Schwerkraftanzeigen hüpften regelrecht auf dem Anzeigendisplay. Ein schriller Alarm weckte jeden auf der Basisstation JANUS auf.

››Computer! Schadensmeldung!‹‹, schrie Commander Boris.

Tajanas Hände umklammerten krampfhaft den Haltegriff vor der Arbeitskonsole. Ihr ganzer Körper zitterte von Angst gepeinigt. Die gesamte Basisstation vibrierte. Dr. Keno stolperte, von Walt gefolgt, durch die Tür der Brücke. Ein neuer Schwerkraftimpuls drückte Commander Boris fast aus seinen Commandersessel. Die abrupte Bewegung ließ den geliebten Urlaubsprospekt langsam zu Boden segeln.

››Diese verdammten Gravitationsschwankungen.‹‹

Commander Boris schaute genervt auf sein Display.

››Irgendwann bekomme ich davon einen Herzinfarkt.‹‹

Unbeteiligt meldete sich die monotone Computerstimme der Basisstation. Ein Gravitationsimpuls der Stärke zwei hatte die Basisstation JANUS getroffen.

››Walt! Schadensbericht. Halten die Verankerungen der Stationsarme?‹‹

Walt hechtete zur vorderen linken Konsole. Schnell aktivierte er den Statuscheck der Verankerungen. Er starrte gebannt auf die Anzeige.

››Sämtliche acht Verankerungen auf JANUS halten Boss. Keine akute Gefahr zu verzeichnen.‹‹

››Alarm beenden Walt.‹‹

Das nervende Geräusch der lauten Sirene hörte endlich auf. Die Schwerkraft verringerte sich auf das übliche Niveau. Commander Boris hangelte nach seinem Urlaubsprospekt und verlor dabei fast das Gleichgewicht. Ungeschickt fuchtelten seine Arme in der Luft, um das Gleichgewicht wieder zu erlangen. Wie ein Anfänger! Verärgert nahm er das Missgeschick hin. Dr. Keno musste grinsen.

››Boris, Alter schützt vor Torheit nicht. Brauchst du Hilfe?‹‹

››Nein, geht schon‹‹, maulte Commander Boris zurück.

Er schob den Urlaubsprospekt mit seinem Fuß unter den Commandersessel.

››Walt, die Gravitationsschwankungen häufen sich. Wir sollten neue Messungen vornehmen.‹‹

Tajana hatte ihre Stimme wiedergefunden.

››Boss, Messungen in der verbotenen Zone?‹‹

››Wir könnten, entlang der Grenze von Patch 4A, einige Messbojen aufstellen‹‹, schlug Walt vor.

››Die Space Mining Company wartet auf die Rohstofflieferung. Wir gehen der Ursache nach der Frachtabsendung auf den Grund‹‹, entschied Commander Boris kurz.

Die monotone Stimme des Bordcomputers überbrachte eine weitere schlechte Nachricht. Die Abbauroboter im Patch 2B hatten eine Fehlfunktion. Der Rohstoffabbau wurde gestoppt.

››Wir benötigen dringend Ersatzteile für die Roboter‹‹, warf Walt ein. ››Boss? Ich sehe gerade einen Ausfall der Fördereinheit eins im Patch 2B.‹‹

››Wo stecken eigentlich Ennie und George? Keno, hast du die beiden gesehen?‹‹

Alle sahen sich jetzt fragend an. Dr. Keno überprüfte an der Konsole die Biochips der Crew. Er checkte die Daten zweimal. Dann sah er seinen Freund Boris an.

››Ennie und George befinden sich nicht in der Basisstation.‹‹

››Ja klar!‹‹ Ein Unglück kommt selten allein, dachte Commander Boris. ››Checke alle Roboter im Patch 2B Walt. Tajana zeig mal den Schichtplan her.‹‹

Bange Minuten vergingen mit Angstgefühlen. Commander Boris gehörte mit seinen Erfahrungen zu den besten Spaceminern. Immer, wenn Ärger im Anmarsch war, strich er sich durch seinen Vollbart, der in den letzten Jahren ergraute. Er hatte die Verantwortung für seine Mitarbeiter. George, mit seinen schlappen sechsunddreißig, musste noch Erfahrungen sammeln. Die jüngere Ennie unterschätzte manche Gefahr.

Dr. Keno registrierte erleichtert, dass die Basisstation nicht mehr bebte.

››Boris! Gibt es Verletzte?‹‹

››Wir checken gerade die Überwachungssysteme.‹‹

Auf den Monitoren erschienen die Abbaukrabben von Ennie und George. Die Aufnahmen zeigten nichts Ungewöhnliches. Die Abbaukrabben sendeten korrekte Positionskoordinaten. Der Bordcomputer wertete noch die Telemetriedaten der Station aus. Zwei Verankerungen zeigten eine unwesentliche Abweichung von ihrer Position. Die Station hatte sich durch das Beben um mehrere Zentimeter verschoben. Commander Boris fluchte innerlich.

››Boss! Wahrscheinlich müssen wir für ein Spinnenbein eine neue Verankerung setzen.‹‹

Commander Boris wusste es von Anfang an. Das kleine schwarze Objekt ist instabil und wir spüren seine Auswirkungen. George hatte mit seiner Hypothese recht. Der verstärkte Abbau von Rohstoffen veränderte den Asteroiden JANUS.

››Computer, zeige mir die astrometrischen Daten von beiden Objekten.‹‹

Auf dem Monitor erschien eine aktualisierte Statistik über Bahndrehimpuls, Gravitation und Magnetfeld. Die monotone Computerstimme der Station ertönte. Alle Bahnparameter lagen innerhalb zulässiger Wertebereiche. Der Spin von FAKELAND ergab eine geringfügige Abweichung, vielleicht durch unbekannte thermische Aktivitäten. Wie beruhigend, dachte Commander Boris ironisch.

››Die Reparatur der Verankerungen hat Priorität Walt. Um die defekten Abbauroboter im Patch 2B kümmern wir uns später.‹‹

Commander Boris kannte solche heiklen Situationen. Das Wichtigste war, Ruhe zu bewahren. Er musste die eigenen Ängste für sich behalten. Die Basisstation konnte nur vom Asteroiden JANUS abheben, wenn alle acht Beine korrekt ausgerichtet waren. Eine Kollision mit dem anderen Objekt würde zu einer unkontrollierten Situation führen. Walt eilte bereits im Raumanzug zur Schleuse, um die Verankerungen der Basisstation zu überprüfen.

››Walt an Commander. Ich befinde mich jetzt bei den Verankerungen und beginne mit den Arbeiten. Over.‹‹

››Roger Walt.‹‹

Walt reparierte routiniert die beschädigten Verankerungen der Basisstation. Er sprach nicht viel. Das Wort Privatleben kannte er wahrscheinlich nicht. Niemand wusste Näheres über Walts Vergangenheit. Wenn da nicht eine geheime Akte in Dr. Kenos Computer schlummerte. Das Gravitationsbeben ging noch mal glimpflich aus. Der Abbauprozess wurde nur geringfügig gestört. Nach dem Beben gingen alle wieder ihren alltäglichen Aufgaben nach. Tajana klebte an der Kommunikationskonsole und tippte den Bericht für die SMC.

››Autsch, mein schöner Fingernagel‹‹, jammerte sie plötzlich.

Für Tajana kam dieses Missgeschick einem schlimmen Unfall gleich.

Commander Boris, der Tajanas Missgeschick wahrnahm, dachte sich seinen Teil.

››Tajana, mach mal etwas schneller. Der Bericht muss heute noch raus.‹‹

Commander Boris genoss die kleine Abwechslung. Dafür erntete er von Tajana einen bösen Blick.

››Du weißt gar nicht, wie viel Arbeit so ein neuer Fingernagel macht‹‹, jaulte Tajana und drehte sich wieder ihrer Tastatur zu.

George trudelte spät im Hangar der Basisstation ein. Die Rastersuche im Patch 3A versprach Erfolg. Endlich gab es eine Spur, Lanthan zu finden. Zur bevorzugten Beschäftigung von George gehörte es, supraleitende Werkstoffe zu erforschen. Das Gravitationsbeben am Vormittag verlief besorgniserregend. Gut, dass seine Abbaukrabbe solche Vorkommnisse wegsteckte. George fühlte sich dennoch ausgelaugt. Ennie kam meist zuletzt rein. So achtete George nicht sonderlich darauf, dass die andere Abbaukrabbe fehlte. Seine Gedanken drehten sich nur noch um den neuen Fund.

Kapitel 6

Am nächsten Morgen kam George wieder mal zu spät zum Schichtdienst. Gut, dass Commander Boris mit diesem Prospekt beschäftigt schien. Der Inhalt des Urlaubsangebotes nahm ihn voll in Anspruch. George trug sich schnell in den Dienstplan ein. Schlafende Hunde sollte man nicht wecken, dachte George. Leise schlich er von der Brücke. Seine Gedanken drehten sich nur um die Entdeckung von Lanthan. George nahm den Lift zur unteren Ebene und ging zu den Raumanzügen. Der Raumanzug von Ennie fehlte. Bestimmt jagte sie einer neuen Entdeckung nach. Ihre Sammlung an Seltenen Erden konnte sich sehen lassen. Jeder Planetologe wäre stolz darauf. Sie vergaß öfter die Zeit, wenn etwas Interessantes ihre Aufmerksamkeit herausforderte. Der Asteroid JANUS stellte eine echte Fundgrube dar. Die Space Mining Company entschied sich für diesen Asteroiden, da gefrorenes Wassereis entdeckt wurde. Das sicherte auf diesem öden Felsen ihre Existenz. Nicht weit von der Basisstation entfernt lag ein Bereich im ewigen Dunkel.

Die Spaceminerin Ennie und George standen für alle Pioniere, die unbekannte Welten erforschten. Die Arbeit gestaltete sich oft gefährlich. Jederzeit konnten sie zu Tode kommen. Während George an Ennie dachte, zwängte er sich in seinen Raumanzug. Er glaubte, in Ennie eine Begeisterung zu entdecken, die er bereits vor Jahren verlor. Wenn sie ihre langen dunkelblonden Haare so herumwarf. Wow! Ihr schwungvoller Gang und das herzliche Lachen steckten an. Nur die Manie für Oldie-Musik konnte George nicht teilen. Na ja. Keiner ist perfekt. Irgendwann würden sie wieder auf die Erde zurückkehren und die Sonne genießen. George vermisste den Garten seiner Großmutter, in dem er in Kindertagen so oft gespielt hatte. Im Haus der Großmutter duftete es immer nach frisch gebackenen Kuchen und heißer Schokolade.

George warf einen Blick auf seinen Arbeitsplan. Patch 3A wartete. Da kam ihm dieses schwarze Monster, das er so hasste, nicht nahe. Das Ding klebte regelrecht am Asteroiden JANUS. Im Hangar wartete bereits die Abbaukrabbe auf ihn. Sein Unterbewusstsein nahm das Fehlen der anderen Abbaukrabbe wahr, hielt die Information aber nicht für wichtig. Er kletterte in seine Maschine und gab den Startmodus ein.

››Computer, Patch 3A.‹‹

››Bestätige, Patch 3A George. Schnallen sie sich an.‹‹

Die kleinen Abbaukrabben waren innen recht komfortabel. Jedenfalls gab es ein Notfallsystem und eine Überlebensbox.

››Alles roger. Es kann losgehen.‹‹

Die Abbaukrabbe bewegte sich vorsichtig in Richtung Patch 3A. In weiter Ferne sah George den kleinen Begleiter am Horizont untergehen. Irgendwie gespenstisch, registrierte sein Gehirn. Die freie Sicht auf das Abbaugebiet verbesserte die Laune. In der Ferne des Weltalls leuchtete ein kleiner bläulicher Punkt, die Erde. Die Sonne erhellte den Asteroiden hier draußen bescheidener. Die Temperaturen schwankten von einem Extrem in das andere. George sehnte sich danach, barfuß durch den Sand zu laufen oder auf einer Wiese im Gras zu liegen. Insgeheim verstand er Boris sogar. Die Computerstimme der Abbaukrabbe riss ihn aus seinen Gedanken. 

››Zielkoordinaten erreicht, Abbauvorrichtung auf Stand-by. Sie können das Programm für die Probenentnahme starten.‹‹

George startete sein Arbeitsprogramm und der Roboterarm setzte das Bohrgerät auf die Oberfläche. Auf der Erde würde das richtig Krach machen. Hier spürte sein Körper nur die Vibrationen der Abbaukrabbe. Nach einigen Minuten stockte die Bohrausrüstung.

››Analysiere abgebautes Gestein. Warten sie einen Augenblick.‹‹

George holte sein Notizheft heraus. Darin vermerkte er seine geheimen Aufzeichnungen. Der Computer konnte abstürzen. Wo hatte er den verdammten Stift? Der lag natürlich wieder am Boden. Das bedeutete abschnallen. Na los, motivierte sich George.

Auf der Brücke der Basisstation zeichneten die Überwachungssysteme sämtliche Außenarbeiten auf. Vielleicht würde dieser Tag mal ohne größere Überraschungen zu Ende gehen, dachte Commander Boris hoffnungsvoll.

››Tajana, der Außenmonitor eins funktioniert wieder nicht. Sage Walt Bescheid.‹‹ 

Commander Boris nervten diese Überraschungen.

››Ich gehe etwas essen.‹‹

››Mache ich Boss.‹‹

Durch ihre Lektüre abgelenkt, vergaß Tajana den Auftrag. Sie schwelgte in Gedanken an die neuen Kleider und High Heels. High Heels in allen Farben prangten auf dem Display. Walt betrat die Brücke, um die Ergebnisse des Rohstoffabbaus abzurufen. Die Werte waren schnell in den Bericht an die SMC eingetragen. Er fühlte sich müde, obwohl sein Körper durchtrainiert war.

››Gute Nacht, Tajana.‹‹

››Nacht Walt.‹‹ 

Tajana vertiefte sich wieder in ihr Modejournal. Walt fuhr mit dem Lift nach unten. Im Labor brannte noch Licht. George und Dr. Keno diskutierten über irgendetwas. Schnell noch ein paar Kraftübungen und dann schlafen.

Im Hangar fehlte Ennies Abbaukrabbe. Aber sein Unterbewusstsein war zu müde, um dem Instinkt zu folgen. Heute nicht Walt, sagte er sich. Es war ein harter Tag da draußen.

Kapitel 7

Die Zukunftswochen boten jedes Jahr allen teilnehmenden Unternehmen Gelegenheit, sich und ihre neuesten Innovationen zu präsentieren. Einen positiven Nebeneffekt bildeten die heiß begehrten Jobangebote für Bewerber aus der ganzen Welt. Der Tag des Medienevents rückte heran. Bei der Space Mining Company, kurz SMC, lief alles auf Hochtouren. Ein Fremder könnte meinen, dass die SMC den Präsidenten erwartete.

Jack Coldman, Manager der Space Mining Company, stand im Erdgeschoss vor der Glasvitrine mit den öffentlichen Auszeichnungen. Im letzten Jahr schnappte ein anderes Raumfahrtunternehmen der SMC den begehrten Eventpreis vor der Nase weg. Beide Unternehmen erhielten die meisten Stimmen. Am Ende waren es nur wenige Stimmen, die über Sieg und Niederlage entschieden. Jack Coldman dachte an seinen Schwiegervater. Die hämischen Bemerkungen über Unfähigkeit nervten. Das durfte dieses Jahr nicht noch mal passieren. Er wollte den freien Platz in der Trophäensammlung ausfüllen. Und das um jeden Preis, wenn es sein musste.

››Guten Morgen Mr Coldman‹‹, hörte er die bekannte Stimme seines Security Chefs.

››Hallo Ben, alles gut vorbereitet? Wir eröffnen dieses Jahr als erstes Unternehmen die Innovationswochen.‹‹

Ben beeilte sich, Mr Coldman beizupflichten.

››Sie können sich voll auf meine Abteilung verlassen. Meine Agenten stehen Gewehr bei Fuß.‹‹

Mr Coldman nickte zufrieden. Jedenfalls machte es bei Ben Cutters den Eindruck.

Eigentlich wollte er den Lift nehmen. Seine Entscheidung fiel dann aber auf die geschwungene Treppe im Foyer, die zum Obergeschoss führte. Von oben konnte er noch einmal seinen Blick schweifen lassen, dass wirklich alles seinen Vorgaben entsprach. Bevor er die Treppe hinaufstieg, blieb er vor dem Empfangstresen im Mittelteil des Erdgeschosses stehen. Ah! Da entdeckte er Linda, die bereits geschäftig mit den Werbeartikeln hantierte.

››Guten Morgen Mr Coldman. Kann ich etwas für sie tun?‹‹

Jack Coldman lächelte kurz.

››Nein, nein Linda. Heute Abend erwarten wir das Fernsehteam von Media News Channel TV und diese Mrs Hunting. Grace gibt dir nachher die Liste mit den persönlichen Anforderungen von Mrs Hunting.‹‹

››Ja Mr Coldman. Der Lieferservice kommt zehn Uhr und bringt die Petit Fours.‹‹

››Linda achte darauf, dass unser SMC Logo perfekt zu lesen ist.‹‹ 

Mr Coldman trat hinter den Tresen. Alles musste blitzen. Seinen aufmerksamen Augen entging nichts.

››Wir wollen den Medienpreis gewinnen.‹‹

››Selbstverständlich Boss.‹‹

››Und Linda. Achte auf die Uniformen unserer Servicekräfte.‹‹

››Sir! Sie können sich voll auf mich verlassen.‹‹

Jack wollte schon gehen. Da bemerkte er, dass Linda etwas auf dem Herzen hatte. Er blieb stehen und sah seine Mitarbeiterin auffordernd an.

››Boss, ich würde gern ein Autogramm von Mrs Hunting bekommen. Ist das möglich?‹‹

Jack nutzte die Gelegenheit, den guten und fürsorglichen Boss zu geben. 

››Aber sicher Linda. Gib mir deine Autogrammkarte.‹‹

››Danke Mr Coldman, vielen Dank.‹‹

Linda wirbelte geschäftig davon. Jack Coldman hatte seine Mitarbeiter im Griff. Er wollte heute nichts dem Zufall überlassen. Er ging die große Treppe hinauf und prüfte dabei gleich den Handlauf auf Schmutz und Fingerabdrücke. Es sollte alles perfekt sein, wenn sich die Kameras auf Dian richteten. Kein Stäubchen sollte seine Augen trüben. Oben angekommen, führte ihn der Weg direkt zu seinen Büroräumen. Im Vorraum fiel sein Blick sofort auf die Besucherecke. Dort lagen die Zeitschriften. Seine Finger ballten sich zur Faust.

››Grace!‹‹ Mr Coldman wurde ungehalten. ››Wo steckst du?‹‹

Aus dem benachbarten Raum, einer Pantry, erschien seine Assistentin Grace. Sie hielt seine Kaffeetasse in der Hand.

››Soll ich noch ein Sandwich besorgen?‹‹

››Nein, nicht nötig.‹‹

Jack sah ärgerlich in Richtung Besucherecke. 

››Ordne lieber die Zeitschriften auf dem Tisch. Unser Journal liegt immer oben auf. Wenn der Gast Platz nimmt, haben die Journale so zu liegen, dass der Gast das Heft nicht drehen muss, um es zu lesen.‹‹

››Ja Boss. Ich achte darauf.‹‹

››Mach das sofort Grace. Es ärgert mich.‹‹

››Ach Boss!‹‹

Grace tippelte auf ihren Boss zu. In der Hand schwenkte sie einen kleinen Zettel.

››Das hätte ich beinahe vergessen. Hier ist noch ein Memo. Ihre Frau wünscht sie dringend zu sprechen. Es geht um die Afterparty heute Abend, bei ihrem Schwiegervater.‹‹

››Danke Grace, das erledige ich selbst.‹‹

Jack ging zielstrebig auf sein Chefzimmer zu und schloss sorgsam die Tür hinter sich. Jetzt konnte er ausatmen. Bevor er sich an seinen teuren Schreibtisch begab, musste er Luft reinlassen, viel Luft. Er öffnete das Fenster und die milde Frühlingsluft strömte durch seine Lungen. Er sog die frische Luft tief ein, um die unangenehme Angelegenheit hinter sich zu bringen. Seine Frau Cori anzurufen, gehörte zu den lästigen Pflichten. Am Schreibtisch stehend hielt er kurz inne. Seine Augen betrachteten wohlwollend den neuen Designersessel. Das weiße Leder fühlte sich weich an. Jack streichelte sanft über die gepolsterte Rückenlehne mit dem goldenen SMC Logo. Erst jetzt spürte seine Nase den belebenden Duft des Kaffees. Platz genommen, nahm er einen Schluck aus der Porzellantasse, die gleichfalls das SMC Logo schmückte. Danach wählte er die private Nummer seiner Frau.

››Cori, hier ist Jack …‹‹ Weiter kam er nicht.

››Ich kenne deine Stimme Jack … Blabla … Blabla.‹‹

Jack hielt kurz den Hörer vom Ohr weg.

››Was hast du mein Schatz?‹‹, erwiderte er mit gefasster Stimme.

Wieder kam seitens seiner Frau nur ... Blabla ...

Jack kochte innerlich.

››Du machst das sehr gut Cori‹‹, hörte er sich nach einer Weile sagen. ››Dein Vater wird zufrieden sein. Oh Schatz, mein Meeting wartet. Wir sehen uns heute Abend, nach dem Event.‹‹

Er wollte schon auflegen. Da schoben sich seine Ohren fast durch die Telefonleitung. Am anderen Ende plapperte Cori aufgeregt weiter …

››Und Mr Smith kommt auch.‹‹

››Okay Cori, bleib ganz cool. Ich muss jetzt los.‹‹

Er legte den Hörer auf. Verdammt! Das fehlte ihm noch. Sein Schwiegervater, dieser hinterhältige Strippenzieher! Jack stand auf und ging zur Anrichte, die sich rechts neben seinem Schreibtisch befand. Er brauchte dringend einen Whisky. Mit dem Kristallglas in der Hand setzte sich Jack wieder in seinen weißen Chefsessel und starrte auf das kleine Bild vor ihm. Darauf war er mit seiner Frau Cori zu sehen. Seine Hand schob das in Glas gefasste Bild langsam zum Rand des Schreibtisches. Der Mittelfinger schnipste unvermittelt dagegen. Ups! Da flog es auf den Fußboden. Das fragile Hologlas zersprang in mehrere kleine Stücke. So ein Pech aber auch. Jack überkam Zufriedenheit.

››Grace!‹‹

Aus dem Vorzimmer tippelte seine Assistentin herein. Sie bemerkte sofort die Scherben auf dem Fußboden.

››Mr Coldman! Haben sie sich verletzt? Ich hole den Staubsauger-Roboter.‹‹

Grace tippelte eilig davon. Sekunden später kam sie mit dem flachen Roboter zurück. Der entfernte die Scherben.

››Grace! Rufe den Innenarchitekten an, diesen Deko-Messias. Du weißt schon wen. Es hat keine Eile.‹‹

Jack fühlte sich befreit. Coris Anblick ging ihm für den Rest des Tages nicht mehr auf die Nerven.

››Und Grace! Ich benötige die Unterlagen, du weißt schon welche.‹‹

Grace hatte verstanden und entfernte sich leise. Jack aktivierte den großen Fernseher, der die Wand gegenüber von seinem Schreibtisch schmückte. Da stand sie, Dian und ihr Fernsehteam von MNC-TV. Peter hielt sich an seine Anweisungen.

Er zappte gelangweilt durch die Programme. Ah, es gab eine Dokumentation über die Erde des ausgehenden einundzwanzigsten Jahrhunderts. Da sollte er mal reinhören. Ein Bericht über Space Resource Mining weckte sein Interesse. Die Reportage berichtete über den rücksichtslosen Kampf um die letzten Bodenschätze auf der Erde, der sich rapide verschärfte.

Die Idee des Space Resource Mining löste einen neuen, nie geahnten, Goldrausch aus. Die zukünftigen Goldgräber schürften nicht mehr auf der Erde nach Schätzen. Sie eroberten fremde Himmelskörper. Mit der Aufbruchstimmung schossen Unternehmen wie Pilze aus dem Boden. Die schwammigen Gesetze der Länder verstärkten den Run. Bergbau auf Asteroiden, Monden und Planeten versprach privaten Raumfahrtunternehmen satte Gewinne und die Vorherrschaft bei der Eroberung neuer Welten. Von diesem neuen Goldrausch beflügelt, entwickelten findige Ingenieure und Wissenschaftler fantastische Technologien. Die neue Robotergeneration durchlief eigene Lernprozesse für ihre Optimierung. Die Auftraggeber verlangten nach Menschen mit neuen Fähigkeiten.

Oh! Der Kommentator berichtete über sein Unternehmen, die SMC. Jack Coldman stellte den Ton lauter. Die junge Space Mining Company wurde unter Insidern bereits jetzt als Geheimtipp gehandelt, eine der erfolgreichsten Unternehmen der Branche zu sein. Bewerber standen jedes Jahr Schlange. Jeder wollte zu den Pionieren der Zukunft gehören. Die Space Mining Company stand für diesen Zukunftstraum der menschlichen Zivilisation. Blabla Junge. Du sagst mir nichts Neues.

Jack drückte auf die Mute Taste und lehnte sich zufrieden zurück. Er lag genau richtig mit seiner Vision. Niemand sollte ihm seine Beute abjagen. Jack brauchte dazu die Foundation, seinen Hauptinvestor. Ohne die Raumschiffsparte wäre die Lizenz, zum Abbau von Bodenschätzen auf fremden Himmelskörpern, witzlos. Und da alles seinen Preis im Leben hatte, musste er notgedrungen Kompromisse eingehen. Jack ahnte, dass es noch ein weiter Weg war. Vielleicht gehörte er irgendwann dazu.

Jack Coldman stand für den neuen Typ Manager, der über diese magische Ausstrahlung verfügte. Den findigen Wirtschaftsexperten zeichnete ein Gespür für innovatives Management aus. Ein ausgezeichneter Stratege wusste die richtigen Knöpfe zu drücken. Seine Werbeplattform, passende Mitarbeiter zu finden, machte sich bezahlt. Jeder hatte ein Preisschild um den Hals, sogar seine Frau Cori, die ehemalige Schönheitskönigin.

Im Verborgenen hatte Jack Coldman eine andere Seite, die eines machthungrigen Psychopathen. Diese ließ ihn mitunter seine menschliche Seite vergessen. Seine narzisstische Ader schreckte auch nicht vor illegalen Aktionen zurück.

Der Minderwertigkeitskomplex gegenüber seinem Schwiegervater bereitete ihm oft schlaflose Nächte. Seine Frau Cori wusste diese empfindliche Schwachstelle geschickt auszunutzen. Sie hielt ihm ständig die Erfolge ihres Vaters vor. Jack flüchtete sich in Affären. Mit seiner unberechenbaren Frau Cori war es kompliziert. Jack versuchte, das zu kompensieren. Vor zwei Jahren erschien Dr. Suki auf der Bildfläche. Sie brachte seine Vorstellungen von der Zukunft auf den Punkt. Das erregte ihn regelrecht. Sie verstand es, sich unentbehrlich zu machen. Nur gut, dass Dr. Suki nichts von Jacks Schachfiguren ahnte, die er jederzeit zu opfern bereit war.

Der Tag neigte sich dem Abend zu. Bodenseitig erleuchteten farbige Laserspots das Gebäude der Space Mining Company. Auf dem großen Vorplatz, vor dem Haupteingang, drehte sich das SMC Logo. Jack wusste, dass sich der Platz vor dem Gebäude mit Gästen füllen würde, die keine Eventkarte hatten. 

Er ließ vor dem Haupteingang eine Projektionswand aufstellen. Der Service wurde angewiesen, kostenlos Getränke und Süßigkeiten mit dem SMC Logo zu verteilen. Die ersten Gäste lobten die einladende Idee und gingen mit hohen Erwartungen in das gläserne Foyer. Leise Musik empfing die Besucher. Linda achtete penibel darauf, dass jeder von ihnen eine kleine Aufmerksamkeit bekam. Jack wusste, kleine Geschenke bewirken eine wohlwollende Einstellung. Jede Stimme zählte heute und er wollte sie alle.

Im Foyer der SMC drängten sich die Besucher. Die Fläche füllte sich zunehmend bis zum letzten Platz. Verschiedene Medienvertreter hatten sich bereits, mit ihrem Equipment ausgerüstet, in Stellung gebracht. Einer der Reporter zeigte auf eine beschäftigte Brünette im Raum.

››He! Das ist Dian Hunting von MNC-TV. Immer bekommt sie das Sahnestück. Einige Kollegen nennen sie deshalb auch die scharfe Zunge, ha ... ha.‹‹

››Lass gut sein. Morgen kommt unser Auftritt bei …‹‹

Dian sonnte sich gern in der Öffentlichkeit. Heute bekam die bekannte Journalistin die Chance, eine der erfolgreichsten Unternehmen der Space Resource Mining Branche vorzustellen. Jack Coldman, ein charismatischer Mittvierziger, vertrat die SMC. Seiner gewinnenden Ausstrahlung konnte sich niemand entziehen.

Goldgräberstimmung war nichts gegen die Erwartungen der Menge. Die Fans wollten neuartige Technologien aufsaugen. Jeder versuchte, einen guten Platz zu finden. Auf den Medienwänden liefen bereits die ersten Werbesequenzen der SMC.

Da betrat sie das Podium, die ultimative Jägerin der heißesten Stories. Applaus übertönte alle anderen Geräusche in der Eingangshalle. Die Fans tobten regelrecht. Dian hatte immer etwas Besonderes im Gepäck. Die gierige Menschenmenge wollte, Raubtieren gleich, gefüttert werden. Unter den Besuchern brodelte es. Smartphones und Handpads blitzen auf. Die Besucher versuchten, alles genau festzuhalten. Und da, ein tosender Applaus durchflutete das Foyer. Jack Coldman, der Frauenschwarm, sprang elegant mit einer pantherartigen Bewegung auf das Podium.

››Willkommen! Herzlich willkommen alle zusammen. Dian! Danke für deine Unterstützung.‹‹

Er nahm ihren freien Arm und erhob ihn gemeinsam mit seinem zum Gruß. Der Boxring wurde freigegeben. Der Applaus steigerte sich zum Exzess. Pfiffe und Fingerlichter durchwogten das Foyer.

Dian erhob ihre klare Stimme und der Applaus ebbte langsam ab.

››Hallo Jack, schön dich zu begrüßen. Wir alle warten gespannt auf die Neuigkeiten der SMC.‹‹

Begeisterte Stimmen der Fans drangen zum Podium, welches vor der Hauptvideowand aufgebaut stand.

››Jack, Jack, Jack‹‹, begann ein Sprechchor zu rufen.

Das Publikum hing regelrecht an seinen Lippen. Jack nutzte den Moment geschickt aus, um den Propheten zu geben. Er erhob beide Arme. In Erwartung der Dinge wurde es in der großen Eingangshalle leiser. Die VIP Gäste schauten von der oberen Etage beeindruckt auf die tosende Menschenmenge hinunter.

››Danke für euer Kommen und danke an die begeisterten Fans vor unserem Gebäude.‹‹

Draußen und drinnen gab es anhaltenden Beifall und Begeisterungsrufe.

››Heute stelle ich das neueste Projekt der SMC vor. Unser Raumschiff, die MININGSTAR BX2, startet in einigen Wochen mit einer neuen Mission.‹‹

Dian wandte sich Jack zu.

››Was ist das Besondere an der Mission?‹‹

››Dian! Gut das du fragst. Lassen sie sich in der nächsten Stunde überraschen. Es erwarten sie neuartige Technologien. Diese werden die Arbeit auf Asteroiden erleichtern und sicherer machen. Wir bieten jedem Mitarbeiter einen sicheren Job und überdurchschnittliche Bezahlung.‹‹

Jack zeigte auf die linke Videowand.

››Mit unseren neuen Robotern und verbesserten Abbaumethoden erhöhen wir die Sicherheit unserer Mitarbeiter. Die Zukunft beginnt … jetzt!‹‹

Die Menschenmasse flippte vor Begeisterung regelrecht aus. Die neuen Abbautechniken beeindruckten jeden. Besonders die neuen Abbaukrabben standen für ein umwerfendes Ingenieurdesign. Der stürmische Applaus riss alle Anwesenden mit, in eine Zukunft der Superlative zu blicken. Dian erhob erneut ihre klare Stimme.

››Jack, es bleibt ein gefährliches Unterfangen, im Weltraum zu arbeiten.‹‹

Genau auf diese Frage wartete Jack Coldman.

››Welcher Wissenschaftler oder Ingenieur träumt nicht das Abenteuer seines Lebens?‹‹

Jack trat nach vorn und verteilte Gutscheine für Praktika.

››Außerdem! Die SMC bietet interessante Jobs auf der Erde. Diese Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen bilden mit unseren Spaceminern ein Team. Sie arbeiten gemeinsam, Hand in Hand. Nur im Team sind wir stark!‹‹

Neuer Applaus durchströmte die Eingangshalle und den Vorplatz vor dem Gebäude.

Dian wieder am Ball, strahlte.

››Jack! Was ist das Credo heute?‹‹

Jack fügte eine kurze Pause ein. Jeder sollte die Bedeutung seiner Worte erfassen.

››Wer möchte nicht die Entdeckung seines Lebens machen? Die SMC bietet die Voraussetzungen dafür.‹‹

Auf der Videowand erschienen jetzt die Auszeichnungen von Wissenschaftlern und Ingenieuren, die bei der Space Mining Company arbeiteten.

››Was haben sie heute für uns bereit Jack?‹‹

››Die SMC plant eine neue Mission zu unserer Basisstation auf dem Asteroiden JANUS. Sie können die Station hinter mir sehen.‹‹

Ein Raunen ging durch Menge. In der 3-D Wiedergabe sahen die Gäste eine riesige spinnenartige Konstruktion.

››Die Basisstation verfügt über die Eigenschaften eines Raumschiffes. Sie kann den Asteroiden jederzeit verlassen und zu einer neuen Rohstoffquelle aufbrechen. Wir sind unabhängig und planen nachhaltig.‹‹

Applaus erfüllte die Eingangshalle. Wow! Das war wirklich ein neues Konzept. Rea kam etwas spät. Eingezwängt stand sie am äußeren Rand. Einem Hering gleich konnte sie kaum atmen. Plötzlich attackierte ein Ellenbogen ihre rechte Seite. Rea wollte schon heftig protestieren.

››Eh, geht es noch?‹‹

Der freche Anrempler lachte auch noch.

››He, Rea bist du das?‹‹

Sie drehte sich in Richtung des Anremplers.

››Dan? Dan Henning aus der High-School. Ich erinnere mich.‹‹

Dan war damals ihre heimliche Liebe.

››Schon etwas her. Wie geht es dir?‹‹

Dan Henning lachte breit.

››Was machst du hier Rea? Dein Interesse galt früher doch diesem Grünzeug?‹‹

››Na ja. Ich stehe jetzt auf Roboter.‹‹

Es klang nach einem unsicheren Murmeln.

››Kurz gesagt. Ich suche einen neuen Job, der mein Leben verändert. Sag! Was machst du hier?‹‹

››Ich bin Dian Huntings neuer Assistent, der Wasserträger sozusagen.‹‹

Rea staunte nicht schlecht über Dans Entwicklung.

››Wow, echt cool deine Karriere.‹‹

››Dian ist mein großes Vorbild‹‹, schwärmte Dan.

Da ertönte erneut Jacks kräftige Stimme von der Plattform des Podiums, das in blaues Licht getaucht wurde. 

››Heute haben wir noch eine Überraschung. Grace meine Glücksfee, komm auf das Podium.‹‹

Umgehend erschien eine lächelnde Rothaarige, die anmutig das gelockte lange Haar schwenkte. Dan applaudierte begeistert.

››Grace ist meine Verlobte. Siehst du sie, Rea?‹‹

Grace begeisterte in erster Linie die Männer. In ihren High Heels und dem engen weißen Kostüm sah sie einfach umwerfend aus. Jack notierte zufrieden den männlichen Zuspruch. Einigen männlichen Gästen blieb der Mund offen. Sie blendete jetzt die Kontaktparameter der SMC ein. Ihre reine, engelsgleiche Stimme hauchte in das Mikrofon.

››Registrieren sie sich bei der SMC unter dieser Medienadresse. Ihre Zukunft wartet.‹‹

Ein Engel hätte es nicht besser gemacht.

Dan beugte sich zu Rea.