The Homelanders 3: Tödliche Wahrheit - Andrew Klavan - E-Book

The Homelanders 3: Tödliche Wahrheit E-Book

Andrew Klavan

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Beschreibung

Waterman. Der Mann ohne Gesicht. Er hat den Schlüssel zu meinen Erinnerungen. Doch kann ich ihm wirklich vertrauen? Charlie West hat nur eine Chance: Er muss endlich herausfinden, was vor einem Jahr wirklich passiert ist. Warum sein bester Freund Alex tot ist. Und warum nicht nur die Terroristen, sondern auch die Cops so erbarmungslos Jagd auf ihn machen. Der einzige Mann, der ihm dabei helfen kann, ist Waterman. Er sagt, er sei einer von den Guten. Aber Charlie ist schon so oft getäuscht worden ... Band 3 der spannenden Actionserie „The Homelanders“ Für alle Fans von 24, Prison Break, The Bourne Identity und Homeland.

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Autorenvita

© Thienemann Verlag GmbH

Andrew Klavan, geboren 1954, gilt in seiner Heimat USA als absoluter Thriller-Spezialist. Mehrmals gewann er den hoch angesehenen Edgar Award, die Top-Auszeichnung für außergewöhnlichen Thrill. Zwei seiner Romane wurden bereits verfilmt: True Crime mit Clint Eastwood sowie Don't Say A Word mit Michael Douglas und Brittany Murphy. Verfilmung der Homelander-Serie durch Summit Entertainment (Twilight) in Vorbereitung!

Buchinfo

Waterman. Der Mann ohne Gesicht. Er hat den Schlüssel zu meinen Erinnerungen. Doch kann ich ihm wirklich vertrauen?

Charlie West hat nur eine Chance: Er muss endlich herausfinden, was vor einem Jahr wirklich passiert ist. Warum sein bester Freund Alex tot ist. Und warum nicht nur die Terroristen, sondern auch die Cops so erbarmungslos Jagd auf ihn machen. Der einzige Mann, der ihm dabei helfen kann, ist Waterman. Er sagt, er sei einer von den Guten. Aber Charlie ist schon so oft getäuscht worden ...

Band 3 der spannenden Actionserie The Homelanders

Für alle Fans von 24, Prison Break, The Bourne Identity und Homeland.

TEIL EINS

 1 WATERMAN

Die Drehtür bewegte sich. Plötzlich war er da: Waterman.

Der Mann, der vielleicht die Antworten auf meine Fragen kannte und meinen Namen reinwaschen konnte. Er trat aus dem schwarzen Büroturm heraus, blieb im Dämmerlicht des spätherbstlichen Nachmittags stehen, knöpfte seinen Mantel zu und schaute hinauf in die wirbelnden Schneeflocken, die vom schiefergrauen Himmel fielen. Dann ging er über den Bürgersteig davon, reihte sich ein in die Menge der Berufspendler und der vielen Passanten, die Weihnachtseinkäufe machten.

Ich heftete mich an seine Fersen.

Lange hatte ich an einem Tisch am Fenster des Starbucks auf der gegenüberliegenden Straßenseite gewartet, mich an einem Erdbeer-Bananen-Smoothie festgehalten und Watermans Gebäude beobachtet. Jetzt saugte ich den letzten Rest des Safts mit einem schlürfenden Geräusch durch den Strohhalm, machte den Reißverschluss meiner schwarzen Fleecejacke zu und eilte nach draußen.

Zum ersten Mal, seit dieser Albtraum begonnen hatte, machte sich die leise Hoffnung in mir breit, dass ich tatsächlich mein Leben zurückbekommen und wieder nach Hause gelangen könnte. Waterman war vielleicht der Einzige, der erklären konnte, wieso ein ganzes Jahr dieses Lebens aus meiner Erinnerung verschwunden war. Wieso ich eines Abends in meinem eigenen Bett eingeschlafen und in den Fängen von Terroristen, den Homelanders, wieder aufgewacht war – und noch dazu wegen des Mordes an meinem besten Freund von der Polizei gesucht wurde!

Während ich mir einen Weg durch die Menschenmenge bahnte, blieb ich ungefähr einen Block hinter Waterman zurück. Der große Mann, der bis auf einen dünnen silbernen Haarkranz kahl war, überragte die anderen Menschen auf dem Gehsteig und war leicht im Blick zu behalten.

Aber obwohl mein Herz von Hoffnung erfüllt war, raste es dennoch vor Angst.

New York City war in diesem Moment nur ein paranoider Albtraum für mich. Die aus dem Boden ragenden Wolkenkratzer und Bürogebäude, die mich umschlossen, ließen oben zwischen den Dächern nur einen kleinen grauen Streifen Himmel frei. Die Straße am Fuß der steilen Wände war wie eine schmale Schlucht zwischen Türmen aus grauem Gestein. Die Menschen und Autos, die sich Schulter an Schulter, Stoßstange an Stoßstange durch diese Schlucht schoben, wurden in einem wilden Chaos aus Stahl und Glas zusammengepfercht. Ständig wurde gehupt, alle paar Minuten ertönte eine Sirene und Presslufthämmer dröhnten ohrenbetäubend, wo Arbeiter den Straßenbelag aufrissen. Der Krach war überwältigend.

Überall Gesichter und Augen. Sie gehörten zu ganz normalen Leuten, die auf dem Weg von der Arbeit nach Hause oder zum Einkaufen waren. Zu schleichenden, finsteren und verdächtigen Gestalten, die meine Feinde sein konnten – oder einfach nur Kriminelle. Sie gehörten zu Polizisten, die scheinbar an jeder Straßenecke standen oder in Streifenwagen am Bordstein saßen und die Passanten beobachteten.

Für jeden anderen mochte das alles aufregend, schillernd und voller Energie erscheinen, aber jeden Moment konnte sich eines dieser Augenpaare auf mich richten und mich erkennen, konnte einer der Passanten mit dem Finger auf mich zeigen und ausrufen: »Da ist Charlie West! Schnappt ihn!«

Weiter vorn bog Waterman um eine Ecke und verschwand aus meinem Blickfeld. Aus Angst, ihn zu verlieren, drängte ich mich schneller durch die Menge. Ich glitt zwischen Körpern hindurch, die von schweren Mänteln und Daunenjacken gepolstert waren, streifte Aktenkoffer, Umhängetaschen und mit verpackten Geschenken gefüllte Einkaufstüten. Schließlich erreichte ich eine Kreuzung und schaute mich um. In der Seitenstraße, in die Waterman eingebogen war, herrschte weniger Betrieb, sodass er gleich auszumachen war.

Ich eilte zwei Blocks hinter ihm her. Je weiter er sich vom Stadtzentrum entfernte, desto weniger Menschen und Autos waren unterwegs und desto schwerer, ja fast unmöglich wurde es, mich zu verstecken. Ich konnte nur hoffen, dass Waterman sich nicht umdrehte und mich entdeckte. Auch wenn er vielleicht den Schlüssel zum Geheimnis meines fehlenden Jahres besaß, wusste ich nicht, ob er mein Freund oder mein Feind war. Vielleicht würde er sich abwenden und weglaufen, wenn ich ihn auf der Straße ansprach, mich womöglich angreifen oder an die Polizei ausliefern. Ich wusste es einfach nicht. Also beschloss ich, ihm eine Weile zu folgen und mehr über ihn herauszufinden, bevor ich mich zu erkennen gab. Ich wollte die Zeit und den Ort unserer Begegnung selbst bestimmen.

Es war Ende November, kurz vor Thanksgiving. Die Läden waren weihnachtlich geschmückt und in einigen Schaufenstern sah man aufwendige Dekorationen. Ich hastete an einer Szene aus viktorianischer Zeit vorbei, wo kleine elektronische Schlittschuhläufer über einen zugefrorenen See glitten, vorbei an einer Darstellung des Gedichts The Night Before Christmas, wo der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten gerade auf einem Dach landete. Als meine Augen über die sich bewegenden Figuren wanderten, stellte ich mir vor, wie es wäre, an den Feiertagen zu Hause zu sein, bei meiner Mutter und meinem Vater. Bei meiner Freundin Beth, um unser erstes gemeinsames Weihnachten zu verbringen ... Jedenfalls das erste gemeinsame Weihnachten, an das ich mich erinnern konnte.

Als ich aus diesem Tagtraum erwachte und die Straße hinunterschaute, bemerkte ich zu meinem Entsetzen, dass Waterman verschwunden war.

Ich blieb stehen und sah verzweifelt nach rechts und links. Die Straße war von Backsteinhäusern gesäumt. Altmodische vierstöckige Wohnhäuser, in einer langen Reihe zusammengedrängt und alle mit einer Steintreppe versehen, die zur Eingangstür hinaufführte. Meine Augen suchten die Treppen ab, wanderten von Tür zu Tür. Er war nirgends zu sehen!

Ich ging weiter, rannte fast, bis zu der Stelle, wo ich ihn zuletzt beobachtet hatte.

In diesem Augenblick bemerkte ich die Gasse.

Es war eher ein betonierter Durchgang zwischen zwei Backsteinmauern, der an einer fensterlosen Mauer endete. Für einen Wagen war er zu schmal, und außer ein paar Mülleimern war dort nichts zu sehen.

Bis auf Waterman.

Regungslos stand er fast am Ende der Gasse, die Hände in den Manteltaschen, und wartete.

Auf mich.

Ich starrte ihn an und schluckte. Vermutlich hatte er die ganze Zeit gewusst, dass ich ihn verfolgte. Er hatte unseren Treffpunkt bestimmt.

Wie auch immer, ich konnte daran nichts mehr ändern. Entweder redete ich mit ihm oder ich verschwand. Aber nachdem ich ihn so lange gesucht hatte, kam es gar nicht infrage, jetzt einfach abzuhauen.

Wild hämmerte der Puls in meinem Kopf, als ich langsam die Gasse hinunterging. Zitternd vor Kälte blieb ich auf halbem Weg stehen. Mein Atem gefror in der eisigen Luft.

»Hallo, Charlie«, sagte Waterman. Er sprach im weichen, näselnden Tonfall eines Südstaatlers.

Noch einmal musste ich schlucken, bevor ich antworten konnte. »Sie sind Mr Waterman.«

»Richtig.«

»Und Sie kennen mich. Sie wissen, wer ich bin.«

Er lächelte kurz mit zusammengekniffenen Lippen. »Ich kenne dich, Charlie. Ich weiß, wer du bist. Und ich weiß, was mit dir passiert ist. Ich kann dir alles erklären.«

Was ich in diesem Augenblick fühlte, lässt sich kaum beschreiben. Erleichterung und Hoffnung stiegen in mir auf – wie ein riesiger Vogel, der plötzlich seine Schwingen ausbreitet.

Gab es wirklich eine Chance, dass ich nicht mehr davonlaufen, nicht mehr allein sein, keine Angst mehr haben musste?

Bestand wirklich die Möglichkeit, mein Leben zurückzubekommen?

»Sagen Sie es mir«, forderte ich ihn auf. »Erzählen Sie mir alles.«

Wieder lächelte Waterman kurz, schüttelte aber den Kopf. »Tut mir leid«, sagte er. »So einfach ist das nicht.« Er schaute an mir vorbei zum Ende der Gasse.

Ich sah über die Schulter zurück. Ein Mann war in die Gasse getreten. Er war groß und breitschultrig und unter seinem grauen Mantel wölbte sich ein dicker Bauch. Auf dem Kopf trug er eine Baseballkappe der LA Dodgers, die er in sein aalglattes, nicht unattraktives Gesicht gezogen hatte: volle Lippen, Adlernase, tief liegende Augen.

Verwirrt schaute ich wieder zu Waterman, der jedoch unverwandt den Mann mit der Dodgers-Kappe anstarrte.

Dann sagte er: »Schieß!«

Ich wirbelte herum und sah gerade noch, wie der Mann mit der Dodgers-Kappe eine Pistole hob und auf meine Brust zielte. Ich konnte nicht ausweichen, konnte mich nirgendwo verstecken.

Er drückte ab.

Ich hörte das Wispern der Waffe, sah den Rauch, spürte den Schlag auf meiner Brust.

Dann stürzte ich in vollkommene Dunkelheit.

 2 ALLES NUR EIN TRAUM

Ich war wieder zu Hause, hatte ein weiches Kissen unter dem Kopf, die warme Decke bis zu den Ohren hochgezogen, und fühlte mich sicher. Unten von der Treppe rief meine Mutter, es sei Zeit für die Schule ...

Aber ich ging nicht zur Schule, sondern lief in meiner Heimatstadt Spring Hill am Spring River entlang, Hand in Hand mit Beth. Die Blätter der Birken rings um uns leuchteten orange und gelb vor der weißen Borke und rauschten im Wind. Beth schaute mich mit ihren blauen Augen an. In ihrem lockigen, honigbraunen Haar, das ihr sanftes Gesicht umrahmte, spielte der Wind. Voller Sehnsucht schaute ich zu ihr hinab. Ich wünschte mir verzweifelt, mich erinnern zu können. Aber das alles gehörte zu diesem fehlenden Jahr.

Ich spürte einen Ruck und plötzlich war Beth nicht mehr da, ebenso wie der Fluss und die Birken. Mit einem Mal bewegte ich mich schnell. Vor mir sah ich ein Gesicht. Mike! Sensei Mike, mein Karatelehrer. Er verpasste mir Schläge und schnelle Hiebe mit der Faust. Zu schnell, um sie abzublocken. Sie trafen mich an der Brust und an der Schulter, rüttelten mich durch. Mikes Gesicht sah so aus wie immer: lang und schmal, mit gemeißelten Zügen unter dem ordentlich gekämmten Haar, auf das er so stolz war, und einem großen schwarzen Schnauzbart.

Er hatte mich gelehrt, niemals aufzugeben.

Aber sie waren hinter mir her. Ich war im Wald. Um mich herum dunkle, pechschwarze Nacht. Überall heulten Hunde, ertönten Sirenen, näherten sich Schritte. Es waren Homelanders, eine Gruppe von islamistischen Terroristen aus dem Mittleren Osten, die nach mir suchten. Sie hassten unser Land. Genauso wie die Überzeugung, dass Menschen frei sein sollten, zu entscheiden, wie sie leben und was sie glauben wollen. Es waren auch Amerikaner unter ihnen, Verräter, die von den Terroristen rekrutiert wurden, weil sie sich unauffälliger im Land bewegen und Angriffszielen nähern konnten.

Die Homelanders hielten mich für einen von ihnen, für einen ihrer amerikanischen Verbündeten. Allerdings dachten sie, ich hätte sie ebenfalls verraten. Deshalb jagten sie mich, waren mir dicht auf den Fersen.

Plötzlich blendete mich grelles rot-blaues Licht, das durch die dunkle Nacht wirbelte. Ich befand mich nicht mehr im Wald, sondern auf einer Straße, in einer Stadt. Die Polizei verfolgte mich. Streifenwagen rasten von allen Seiten, aus jeder Straße auf mich zu. Sie glaubten, ich hätte meinen besten Freund, Alex Hauser, umgebracht! Ich war vor Gericht gestellt und verurteilt worden. Man hatte mich ins Gefängnis gesteckt. Aber ich war ausgebrochen ...

An nichts von alldem konnte ich mich erinnern. Genauso wenig wie daran, dass ich mich in Beth verliebt und mich mit den Homelanders eingelassen hatte. All das gehörte zu diesem fehlenden Jahr, diesem Stück Erinnerung, das irgendwie verschwunden war.

Wieder spürte ich einen Ruck – jetzt hatten sie mich! Die Polizei hatte mich verhaftet, ich stand unter Arrest. Detective Rose – der Mann, der mich wegen des Mordes an Alex festgenommen hatte und mich noch immer gnadenlos jagte – führte mich in Handschellen zu dem Streifenwagen, der mich wieder ins Gefängnis bringen sollte. State Troopers hatten mich umringt, drängten und schubsten mich. Die geöffnete Tür des Streifenwagens kam immer näher. Die State Troopers würden mich in den Wagen verfrachten, und dann würde man mich zurück ins Gefängnis bringen. Aber eine Stimme flüsterte in mein Ohr: Du bist ein besserer Mensch, als du denkst. Finde Waterman.

Finde Waterman ...

Noch ein Ruck.

Ich öffnete die Augen.

Ich war wach. Mein Herz hämmerte – und es hämmerte schneller, als mir klar wurde, dass ich noch immer von absoluter Dunkelheit umgeben war.

Bin ich tot?, schoss es mir durch den Kopf.

Aber nach einem weiteren Ruck prallte ich heftig gegen etwas und spürte einen pochenden Schmerz im Kopf. Oh Mann, tat das weh! Wenn ich solche Schmerzen hatte, konnte ich zumindest nicht tot sein.

Aber wo war ich?

Ich streckte die Hände aus und tastete den Raum um mich herum ab: Metall, Plastik, irgendein wattiertes Material und stark isolierte Kabel.

Ein Motor, rauschender Wind, Autobahngeräusche ...

Platzangst überfiel mich.

Ich war im Kofferraum eines fahrenden Wagens eingesperrt!

Meinem ersten Instinkt folgend hätte ich am liebsten gegen den Kofferraumdeckel gehämmert und geschrien: »Hilfe! Lasst mich raus! Lasst mich raus!« Was natürlich ziemlich dämlich gewesen wäre. Ich wusste das, aber in meiner Panik war das Bedürfnis, um Hilfe zu rufen, fast überwältigend und nur mit größter Mühe zu unterdrücken. Ich zwang mich, langsam und tief zu atmen und nachzudenken: In welcher Situation befinde ich mich? Wie bin ich hierhergekommen? Was ist mit mir passiert?

Dann erinnerte ich mich: Waterman!

Wieder spürte ich einen Ruck, als der Wagen über eine unebene Stelle fuhr. Ich zuckte zusammen, denn der Schmerz schoss wie ein gezackter Blitz durch meinen Kopf. Au! Dann kam alles zurück: Waterman in der Gasse, der Mann mit der Dodgers-Kappe, die Pistole ...

Rasch fasste ich mir an die Brust, fühlte die Verletzung, den stechenden Schmerz unter meiner Fleecejacke, wo der Schuss mich getroffen hatte.

Aber mehr fühlte ich nicht. Nichts Feuchtes, kein Blut. Außerdem war ich am Leben, was bedeutete, dass nicht mit einer Kugel auf mich geschossen worden war. Eine Kugel hätte mit Sicherheit mein Herz getroffen und mich getötet, überall wäre Blut gewesen. Meine rasenden Kopfschmerzen ließen mich wiederholt zusammenzucken. Es war keine Kugel, sondern ein Pfeil mit irgendeinem Gift gewesen. Der Mann hatte mit einer Betäubungspistole auf mich geschossen und mich außer Gefecht gesetzt.

Aber ich war nicht verletzt. Ich lebte.

Das also war der Stand der Dinge. Ich war am Leben, das war gut. Aber der Tatsache, dass ich in den Kofferraum eines Wagens eingesperrt war, konnte ich beim besten Willen nichts Gutes abgewinnen.

Als ich mir dessen bewusst wurde, machte sich wieder Panik in mir breit.

Erneut zwang ich mich, tief zu atmen. Gib niemals auf. Niemals, niemals, niemals, niemals.

Steif und benommen lag ich in dem engen Kofferraum, in dem ich mich kaum bewegen konnte. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich sah, dass ich nach hinten gewandt lag. Mühsam versuchte ich, mich umzudrehen, um nach vorn zu schauen, aber dadurch wurde meine Platzangst nur noch größer. Es kam mir vor, als würde ich in einem Sarg liegen. Lebendig begraben. Wirklich kein schönes Gefühl.

Trotzdem gelang es mir, mich zuerst auf den Rücken und dann auf die andere Seite zu drehen. Jetzt konnte ich die Abtrennung zwischen Kofferraum und Rücksitz erkennen. Das brachte mich auf eine Idee. Mühsam robbte ich näher an die Abtrennung heran und presste mein Ohr dagegen.

Tatsächlich: Ich hörte Stimmen aus dem Wageninneren! Die Abtrennung und das Rumpeln des Wagens machten es zuerst schwer, etwas zu verstehen. Aber wenn ich ganz still lag und so flach wie möglich atmete, konnte ich das eine oder andere aufschnappen.

»Wir haben kaum eine Wahl. So oder so, wir müssen handeln.«

Diesen letzten Satz konnte ich ganz deutlich hören. Das musste Waterman gewesen sein, ich erkannte den näselnden Tonfall des Südstaatlers, den ich in der Gasse gehört hatte.

Jemand antwortete ihm, allerdings mit sehr gedämpfter Stimme.

Dann sagte Waterman: »Nein. Und es wird nicht schön sein, es herauszufinden. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit. Sie sind uns auf der Spur. Wir können nicht einfach abwarten und hoffen.«

Dieses Mal war die andere Stimme deutlicher: »Er könnte uns auch so noch immer von Nutzen sein.« Das musste der Typ mit der Dodgers-Kappe sein.

»Dazu ist schon zu viel passiert, Jim«, entgegnete Waterman. »Im Moment ist er nur eine Belastung.«

Wieder konnte ich die Antwort nicht verstehen.

Ich fuhr mir mit der Zunge über meine trockenen Lippen und starrte in die Dunkelheit des Kofferraums. Redeten sie über mich? Darüber, was sie mit mir tun sollten? Wahrscheinlich.

Dann sagte Waterman rundheraus: »Nun, dann müssen wir ihn loswerden.«

Ich spürte wieder einen Ruck, wieder diesen stechenden, blitzartigen Schmerz in meinem Kopf.

Dann müssen wir ihn loswerden.

Das hörte sich ganz und gar nicht gut an ... Der Wagen änderte jetzt die Richtung und wurde langsamer. Vermutlich bog er vom Highway ab und näherte sich seinem Ziel. War dies der Ort, an dem sie mich loswerden wollten?

»Ich weiß nicht«, entgegnete die zweite Stimme, die von Jim. »So oder so, wir haben doch eine gewisse Verantwortung –«

»Nein«, unterbrach ihn Waterman. »Das war Teil der Vereinbarung. Wir wussten von Anfang an, was das bedeutet.«

Danach verstummten die Stimmen für eine Weile. Ich bewegte mich wieder und tastete den Kofferraum ab, suchte nach einer Möglichkeit, den Deckel zu öffnen, nach irgendeiner Waffe, die ich benutzen konnte, vielleicht ein Wagenheber. Aber da war nichts. Das Schloss des Kofferraums war in die Karosserie des Wagens eingelassen und die einzigen Gegenstände um mich herum waren isolierte Kabel, wahrscheinlich Starthilfekabel. Damit konnte ich nichts anfangen.

Ich musste warten und es drauf ankommen lassen. Vielleicht würden sie den Kofferraum öffnen und mich sofort erschießen. Aber vielleicht brachten sie mich auch zuerst an einen abgelegenen Ort. Sensei Mike hatte mich gut in Karate trainiert. Ich war ein ausgezeichneter Kämpfer, hatte sogar den Schwarzen Gürtel. Vielleicht gab es eine Chance, diesen Kerlen zu entkommen und zu fliehen, sei sie auch noch so klein.

Ich betete um Zuversicht und Mut. Und während ich wartete, versuchte ich nachzudenken.

Wer waren die beiden? Wer war Waterman? War er ein Homelander? Ich hatte keinerlei Anhaltspunkte. Als ich verhaftet wurde, hatte mir jemand ins Ohr geflüstert: »Finde Waterman.« Aber ich wusste nicht, ob es ein Freund oder ein Feind gewesen war. Wenn es Waterman nur darum ging, mich »loszuwerden«, warum hatte er es dann nicht schon in der Gasse getan? Warum hatte er mich nicht einfach erschossen und dort zurückgelassen?

Vielleicht brauchen sie etwas von mir? Vielleicht glauben sie, dass ich wichtige Informationen besitze.

Es wird nicht schön sein, es herauszufinden.

Hatten sie etwa vor, mich zu foltern? Hing mein Leben von den Antworten ab, die ich ihnen gab? Verstanden sie denn nicht, dass ich nicht wusste, was passiert war? Dass ich mich nicht erinnerte?

Der Wagen fuhr immer weiter und bog irgendwann wieder ab. Die Straße wurde holpriger, wahrscheinlich war sie nicht befestigt. Ich wurde heftig im Kofferraum hin und her geworfen, als wir uns immer weiter vom Verkehr entfernten. Und damit von anderen Menschen.

Wieder hörte ich die Stimmen von vorn. Sie waren jetzt besser zu verstehen, da der Wagen auf der holprigen Straße langsamer fahren musste.

»Wo willst du es tun?«, fragte der Typ namens Jim.

»Vielleicht im Bunker. So können wir sicher sein, dass niemand die Schreie hört.«

Na toll. Schreie. Daran war nur selten etwas Positives. Waterman sprach eiskalt und nüchtern darüber. Mich zu foltern und loszuwerden, war für ihn scheinbar nur ein Geschäft, das es zu erledigen galt.

Es entstand eine kurze Pause, bevor Jim sagte: »Armer Junge.«

»Wie gesagt«, erinnerte ihn Waterman, »so war die Vereinbarung.«

»Ja. Trotzdem ... armer Junge.«

Mir drehte sich der Magen um und ich muss gestehen, dass ich Angst hatte. Ich war den Terroristen und auch der Polizei entkommen. Aber etwas an diesen Typen hier war anders. Sie klangen so entspannt, so professionell. Ihr Tonfall schwächte meine Zuversicht und gab mir das Gefühl, dass ich gegen sie keine Chance hatte.

Der Wagen wurde noch langsamer und hüpfte leicht, als würde er über eine Schwelle fahren. Dann kam er zum Stehen, und der Motor wurde ausgeschaltet.

Die Türen gingen auf. Schritte waren zu hören. Ich hielt den Atem an.

Dann plötzlich Watermans Stimme direkt vor dem Kofferraum: »Bringen wir es hinter uns.«

Der Kofferraum wurde geöffnet.

 3 MILTON ZWEI

Nach so langer Zeit in der Dunkelheit musste ich die Augen im fahlen Abendlicht zusammenkneifen und blinzeln. Dann erkannte ich Waterman, dessen Gestalt sich als Silhouette gegen das Licht abhob. Er stand über mir und drückte den Kofferraumdeckel nach oben. Jim – der Mann mit der Dodgers-Kappe – stand direkt hinter ihm, die Hände in den Manteltaschen vergraben.

Lesen Sie weiter in der vollst?ndigen Ausgabe!

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