Theaterstücke - Charlotte Birch-Pfeiffer - E-Book

Theaterstücke E-Book

Charlotte Birch-Pfeiffer

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Beschreibung

Dieser Band enthält die folgenden THeaterstücke der in Stuttgart geborenen Schriftstellerin: In der Heimath Johannes Guttenberg Vatersorgen Die Walpurgisnacht Pfeffer-Rösel Die Grille

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Theaterstücke

Charlotte Birch-Pfeiffer

Inhalt:

Charlotte Birch-Pfeiffer – Biografie und Bibliografie

In der Heimath

Personen.

Erster Act

Zweiter Act

Dritter Act

Vierter Act

Fünfter Act

Johannes Guttenberg

Erste Abtheilung.

Zweite Abtheilung.

Dritte Abtheilung.

Erste Abtheilung - Guttenberg in Straßburg

Erster Akt

Zweite Abtheilung - Guttenberg in Mainz

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

Dritte Abtheilung - Guttenberg am Wanderstabe

Erster Akt

Vatersorgen

Personen.

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

Die Walpurgisnacht

Personen.

Erster Act

Zweiter Act

Dritter Act

Vierter Act

Pfeffer-Rösel

Personen.

Erster Aufzug

Zweiter Aufzug

Dritter Aufzug

Vierter Aufzug

Fünfter Aufzug

Die Grille

Personen.

Erster Aufzug.

Zweiter Aufzug.

Dritter Aufzug.

Vierter Aufzug.

Fünfter Aufzug.

Theaterstücke, C. Birch-Pfeiffer

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849605100

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Dieses Werk bzw. Inhalt und Zusammenstellung steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. Die Details der Lizenz und zu der Weiterverwertung dieses Werks finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/de/. Der Inhalt wurde der TextGrid-Datenbank entnommen, wo der Inhalt ebenfalls unter voriger Lizenz verfügbar ist. Eine bereits bestehende Allgemeinfreiheit der Texte bleibt von der Lizensierung unberührt.

Charlotte Birch-Pfeiffer – Biografie und Bibliografie

Schauspielerin und dramatische Schriftstellerin, geb. 23. Juli 1800 in Stuttgart, gest. 24. Aug. 1868 in Berlin, Tochter des Domänenrats Pfeiffer, der 1806 nach München übersiedelte, betrat bereits in ihrem 13. Lebensjahr das Münchener Hoftheater und bildete sich unter Zuccarinis Leitung mit großem Erfolg aus. Nach 1818 erhielt sie das ganze Fach der tragischen Liebhaberinnen übertragen und erntete auch auf Kunstreisen in Deutschland vielen Beifall. 1825 heiratete sie den auch als Schriftsteller, besonders als Verfasser des Werkes »Ludwig Philipp der Erste, König der Franzosen« (Stuttg. 1841–43, 3 Bde.; 3. Aufl. 1851) bekannten Christian Birch aus Kopenhagen (gest. 29. Aug. 1868 in Berlin). Ihre Kunstreisen erstreckten sich seitdem bis nach Petersburg und Pest sowie bis Amsterdam. 1837 übernahm sie die Direktion des stehenden Theaters in Zürich, das sie mit großer Umsicht leitete. Nachdem sie 1843 dieselbe niedergelegt, wurde sie 1844 am königlichen Theater zu Berlin für ältere Rollen engagiert, wo sie bis zu ihrem Tode verblieb. Ihre zahlreichen, meist nach Romanen bearbeiteten Bühnenstücke, die fast auf allen deutschen Theatern heimisch wurden, zeugen von dramatischer Anlage, namentlich aber von Kenntnis der Bühneneffekte sowie des vorherrschenden Geschmacks des Theaterpublikums, lassen aber künstlerische Durchbildung meist vermissen. Den meisten Beifall fanden: »Pfefferrösel« (zuerst ausgeführt 1828), »Hinko« (nach L. Storchs »Freiknecht«), »Die Günstlinge«, »Der Glöckner von Notre-Dame« (nach V. Hugos Roman), »Rubens in Madrid« (1839), »Scheibentoni«, »Die Marquise von Villette« (1845), »Dorf und Stadt« (1848). Letzteres, einer Erzählung Auerbachs nachgebildet, verwickelte sie in einen Prozeß, der aber zu ihrem Vorteil ausschlug. Von ihren vielen spätern Stücken haben sich auf der Bühne nur noch »Die Waise von Lowood« (1855, nach dem Roman »Jane Eyre« der Charl. Bronte) und »Die Grille« (1857) erhalten. Auch in Novellen versuchte sie sich. Ihre »Gesammelten dramatischen Werke« erschienen in 23 Bänden (Leipz. 1863–80), ihre gesammelten Novellen und Erzählungen in 3 Bänden (das. 1863–65). – Ihre Tochter ist die Romanschriftstellerin Wilhelmine v. Hillern.

In der Heimath

Original-Schauspiel in fünf Acten

Personen.

Graf Conrad von Hohenfels, Gesandter

Graf Adolph von Hohenfels, sein Neffe, Attaché

Leblanc, Banquier

Charles,

Denise, seine Kinder

Amélie,

Fleure, Pensionairinnen

Veit Werninger, Sonnenwirth und Holzhändler im Kinzigthal im Schwarzwald

Gertrud, seine Frau

Rosalie (Rosel),

Dorothea (Dorle), beider Töchter

Bastian Leuthard, sein Geschäftsführer

Steffen Kirchberger, Hofbauer von Simonswalde, Dorotheas Bräutigam

Lisbeth1 Maierin, eine junge Wittwe, seine Schwester

Peter,

Michel, Knechte im Sonnenwirthshaus

Kathrin, Magd

Ein Diener Leblancs

Mehrere junge Herren

Erster Act

Eichengetäfeltes Zimmer im Sonnenwirthshaus, mehr ländlich als städtisch gehalten, durchaus aber kein Bauernzimmer. Rohrstühle von geschnitztem Eichenholz, in der Mitte ein großer runder Tisch mit einem Tyroler Teppich bedeckt, zu den Möbeln passend, links ein Fenster mit kurzen Gardinen von buntem Kattun, auf dem Fensterbrette eine Reihe Blumen, dicht davor ein Tisch, mit Schreibpult und Stuhl. Rechts ein Lehnstuhl und ein Arbeitstischchen, worauf Näharbeit und einige Bücher liegen. Rechts und links Seitenthüren, im Hintergrund eine offene Thüre und ein breites Fenster, durch welches man in einen Baumgarten sieht. Alles deutet auf Wohlstand. Auf dem Tisch steht eine hohe buntgemalte Holzkiste, die voll Wäsche liegt, der Deckel steht offen.

Rechts und links vom Schauspieler.

Erste Scene

Gertrude. Dore.

GERTRUDE im reichsten Kostüm der Schwarzwälder Bauern, den Arm auf die offene Kiste gelehnt. Sechs große Tafeltücher nebst Servietten, zwölf kleine zu zwölf Personen, zehn Dutzend Handtücher – hast Du's?

DORE gleichfalls im Bauernkostüm, aber ohne Mütze, das Haar in Flechten um den Kopf gelegt, und mit einem silbernen Pfeil im Nacken festgesteckt, sitzt an dem Schreibpult und notirt Alles in einem langen Comptoirbuch. Hab Alles, Mutter. Sind wir nun endlich fertig?

GERTRUDE. Will's Gott! Ist ja die dreizehnte Kiste mit Leinwanden, die wir gepackt haben!

DORA schlägt das Buch zu, lachend. Wo denkt Ihr auch hin? Kann ja das Zeug mein Lebtag nicht verbrauchen!

GERTRUDE. Ach du Kindskopf! Probir's nur, führ' erst zehn Jahr Wirthschaft und dann sieh zu, was von dem Ueberfluß da übrig ist! Schlägt den Deckel zu, schließt die Kiste und legt den Schlüssel neben Dore auf das Pult, ruft. Michel! Peter! Ist denn keiner von den Hausknechten um den Weg? He! Peter! Michel!

PETER UND MICHEL Bauernknechte, stürzen schnell herein, von rechts. Frau!

GERTRUDE befehlend. Die Kist' da zu den andern. Sind die Wägen gepackt?

PETER. Ja Frau! Alle bis auf die vierte Fuhr. Beide ab mit der Kiste.

GERTRUDE. Gottlob! Das wär' geschehen! Jetzt fehlt nichts mehr als die Brautkron', die uns die Lisbeth aus der Stadt mitbringen will.

DORE sieht links durch das Fenster. Nein, alle die Kisten! Der Vater steuert mich ja aus wie eine Prinzeß'!

GERTRUDE setzt sich müde in den Lehnstuhl. Ist nur seine Schuldigkeit. Hat Dich lang genug warten lassen auf die Hochzeit. Da hat der Steffen erst seinen eigenen Hof haben müssen, und wär' sein Vater nicht gestorben, Ihr könntet warten bis zu grauen Haaren!

DORE nachdenkend. Hör', die Mutter, ich will Ihr was sagen, Recht hat der Vater, es thut kein gut, wenn ein reiches Mädel nicht in eigenen Hof hinein heirathet! Wir haben's geduldig drei Jahr ausgehalten mit Warten – und jetzt ist der Lohn da! – Wenn ich an die Hochzeit denk', und daß es nur noch sechs Tag' hin sind – so überrieselts mich vor Freud' völlig kalt und heiß. Ach wenn nur die Rosel schon von Paris da wär'!

GERTRUDE sorgenvoll. Ja, wenn sie nur nicht ausbleibt!

DORE erschrocken. Die Schwester! Sag' die Mutter so was nicht!

Zweite Scene

Vorige. Lisbeth.

LISBETH in demselben Costüm wie Gertrude, nur eine ganz kurze Jacke darüber, die Haube wie Jene. Junge Frau, drall, lebhaft, heiter. Trägt eine Schachtel, worin eine glänzende Brautkrone nach Bauernart. Grüß Gott bei 'nander! Da wär' ich – und mein Schatz! Hält die Schachtel empor.

DORE froh. Jetzt das ist brav, Lisbeth! Schön Dank! Nimmt ihr die Schachtel ab, und setzt sie auf den runden Tisch.

GERTRUDE steht auf. So, Lisbeth! Jetzt sind wir fertig.

LISBETH stolz. Solch' eine Brautkron' wie ich Dir bestellt hab', Dore, hat noch kein Schwarzwälderkind gesehen! Nimmt den Deckel ab. Da, schau nur!

DORE faltet die Hände und betrachtet die Krone mit Ehrfurcht. Herr Jeh! Ist das eine Pracht!

LISBETH vergnügt. Nicht wahr, He? Gottlob! Jetzt fehlt nichts mehr zur Hochzeit! Mein', ich könnt' sie kaum mehr abwarten!

GERTRUDE. Na Lisbeth, Sie thut ja grad' als wenn's Ihre Hochzeit wär'!

LISBETH. Das kann mir Keiner verübeln, daß ich mich freu' die Wirthschaft los zu werden, die ich seit meines Mannes Tode führen muß für den Steffen; den Querkopf bringt nur das Dorle zurecht, und ich bin doch nicht willens ledig zu bleiben.

GERTRUDE lachend. So, so ist's? Die Lisbeth hat auch Heirathsgedanken?

LISBETH. HAB' ich, ja Frau Gertrud! Warum nicht? Bin seit zwei Jahr Wittib – und das ist ein elendig's Ding! – Sobald die Hochzeit vorbei ist, schau' ich mich einmal wieder beim Vetter Bäcker in Zülichau und auf dem Wald um. – Jetzt aber Dorle, mußt mir die Brautkron gleich probiren! Faßt in die Schachtel und nimmt die Krone heraus. Komm her.

DORLE fährt zurück. Nein, Lisbeth – um's Leben nicht! die kommt nicht auf meinen Kopf, ehe sie mir die Rosel nicht aufsetzt.

LISBETH gedehnt, indem sie die Krone in die Schachtel legt. So? – Na – da kannst noch eine Weil warten mit dem Heirathen! – der gefallt's zu gut bei ihrem reichen Herrn Pathen in Paris, die denkt nicht heim! –

DORE sieht sie groß an. Ja, was willst damit sagen?

LISBETH. Kein Mensch in der Gegend glaubt, daß Euer Rosel noch einmal in den Schwarzwald kommt. – Hoff' nicht daß auf die gewartet werden soll! – Jetzt nehm' ich, mit Verlaub, einen kleinen Imbiß, bis der Bruder vom Pferdemarkt kommt, er will mit mir heimfahren. Der wird Dir's Warten schon vertreiben! Paß auf! Ab, wo sie kam.

DORE steht in tiefen Gedanken. Mutter! Könnt' das möglich sein, daß die Schwester nicht käme?

GERTRUDE. Ich weiß nicht – aber ich mein' – sie müßt längst da sein, wenn sie kommen wollt! Nicht weil's die Lisbeth sagt, aber mir ist's schon länger so schwer um's Herz als käm' die Rosel nimmermehr über die Schwell!

Dritte Scene

Veit. Vorige.

VEIT von rechts. Mann von einigen Fünfzig, halb bäurisch, halb städtisch gekleidet, eine Sammetmütze auf dem Kopf, eine kurze Meerschaumpfeife rauchend. Wer sollt nimmermehr über unsre Schwell' kommen?

DORE. Die Mutter meint' – die Rosel!

VEIT. Du faselst Alte.

DORE mit unterdrückter Angst. Ja, und die Lisbeth sagt auch, sie käm' nicht wieder!

VEIT. Aus der red't der Neid. Aber wie kommst Du auf solchen Unsinn, Frau?

GERTRUDE. Kann's nicht sagen. Fliegt mich oft so an, weiß nicht, wo's herkommt.

VEIT. Ich aber weiß es! Das kommt von dem ewigen Lamento um das Mädel. Möchtest lieber den Jammer ausstehen daß sie ausblieb', nur um Recht zu behalten. Gemüthlich schmauchend, setzt sich. Schau Gertrud, Du bist das gescheidteste Weib im ganzen Schwarzwald, bist die beste Wirthin im Land, weißt jedes Geschäft am rechen End anzupacken, nur auf Deine Kinder hast Dich nie verstanden! Die da hätt'st dem Steffen schon geben als sie ihm nur die erste Magd werden konnte – statt wie jetzt, die Haus frau zu sein; und die Rosel hätt' ich mit dem Gevatter Leblanc ums Leben nicht in's Frankreich hineinlassen sollen, daß sie was Rechtes lernt, und weiß doch so gewiß, daß sie das treuste Schwarzwälder Herz hat; für die ganze Welt giebt die ihre Heimath nicht hin.

GERTRUDE kopfschüttelnd. Kann's nicht recht denken, daß es Einem, der drei Jahr in Paris gelebt hat, noch in unsern Bergen gefallen sollt!

VEIT. Nachher g'rad erst recht! Bin ich nicht alle Jahr zweimal fort? Im Elsaß, zu Paris oder Amsterdam, und gefallt mir's wo besser als bei uns? Es ist gar ein eigen Ding um die Heimath! Schmunzelnd. Hätt'st sie nur gesehen, als ich um Weihnacht im Pensionat zu Paris war, wie sie mir um den Hals fiel und gejubelt und nach Allem gefragt hat! Mit verklärtem Gesicht. Sag Dir, das Mädel ist bildsauber, und nett und ehrbar, daß Einem das Herz lacht wenn man sie nur anguckt! – Wart' Du nur, Du wirst Augen machen wenn sie jetzt heim kommt und Du siehst, wie sich die Rosel herausgewachsen hat – und wie sie mit Franzos und Engländer in seiner Muttersprach schwätzen kann; der Theobald erst und die Gäst' werden Mund und Nas aufreißen über ihren prächtigen Gesang, und wie sie das Klavier schlagt! Donnerwetter! Da sollst Du sehen –

GERTRUDE. Daß Du verplatzen wirst vor Hochmuth und Eitelkeit auf das Kind, das nicht Fisch noch Fleisch sein wird im Sonn'wirthshaus! Ja, das werd' ich sehen! Hab' ich mein Lebtag ein ander's Wort als ehrliches Deutsch mit den vornehmsten Leuten geredt, hab ich Triller und Klavier geschlagen, und ist unser Haus nicht das gesuchteste im ganzen Schwarzwald? Die Gäst' wollen Alles gut und prompt haben was sie brauchen, und kriegen sie das recht, so verstehen sie's in allen Sprachen; ich mein', Du bist nicht arm worden bei meiner deutschen Wirthschaft! Meinst nicht auch, Sonn'wirth?

VEIT kleinlaut, rückt etwas zurück mit dem Sessel. Na, na! Ich sag' ja nichts gegen Dich, wenn ich die Rosel ein Bissel – ein Bissel neumodischer möcht', als es eben damals der Brauch war, wo sie Dich aufgezogen haben.

GERTRUDE dichter vor ihn hintretend. Neumodischer? – Jetzt laß mich ausreden – mich druckt's im Herzen, es muß einmal 'raus! Gott geb', daß Du Recht behältst mit der neuen Mode und daß ich's nicht verstanden hab' als ich Dir damals sagte: ein Bauernkind kann keine Pariser Erziehung verbrauchen, das geht krumm! Wann's g'rad' geht, soll's mir lieb sein! Aber ich wollt' – Du hätt'st niemals einen Baum an den Herrn Gevatter Leblanc nach Paris verkauft, und hätt'st Dein Geld lieber ohne Zins im Kasten liegen lassen, als daß Du's für 5 Procent bei ihm angelegt hast, denn wär' er dazumal nicht im Haus gewesen als wir die Rosel tauften, hätt' sich nicht zum Pathen antragen können, und ohne sein Zureden wären Dir mein Lebtag die Mucken nicht in den Kopf gekommen das Mädel auf französisch verziehen zu lassen; nachher wär mir mein liebes Kind nicht durch drei Jahr' Trennung so fremd worden, daß ich jetzt, statt mit Freuden, mit Herzklopfen an's Wiedersehen denken muß. So ist's und so sollt's nicht sein! Und das sag' ich Dir, – wenn das Mädel jetzt kommt und ist Dir vielleicht zu neumodisch worden und Du hast Dir genug singen und französisch welschen hören, und sie rührt Dir kein Glas und kein Teller an, und Du willst wettern und fluchen mit ihr, so bin ich ihr Advokat und leid's nicht, denn nachher kann sie nichts dafür, und dann sollst die Gertrud Werningerin kennen lernen, Alter! Verstehst? Ab zur rechten Seite.

VEIT sehr verblüfft. Na na! Kenn' Dich schon lang genug – verlang mir nicht mehr von Dir! – Hat ein höllisches Maulwerk Deine Mutter, wo sie nur den Athem herkriegt? Mit Schwätzen kommt der Pfarrer nicht gegen sie auf! – Steht auf, gewichtig.  Ist aber doch die gescheidtste Frau im Schwarzwald, allen Respect vor ihr, hörst Dorle? Kannst sie nicht genug estimiren; Leiser. nur Ein's brauchst ihr nicht nachzumachen: das Rechthaben! Verstehst? – Muß ihr doch nachsehen, sie meint sonst ich ließ' ihr das letzte Wort – und das darf ein rechter Mann seinem Weib niemals nicht lassen. Das wär' weit gefehlt! Merk's! Folgt Gertrude, ab.

DORE allein, hat während des Streits an dem Arbeitstische Platz genommen und genäht. Ob die Rosel sich wirklich so verändert hat, wie die Mutter meint? Kann's nicht glauben. Ihre Brief' sind so lieb! Nein, ich fürcht' mich nicht vor ihrer Heimkehr, ich sehn' mich danach, recht arg sehn' ich mich – und mein', ich könnt' sie nicht länger entbehren!

Vierte Scene

Dore. Graf von Hohenfels.

GRAF ist während des vorigen Monologs im Baumgarten sichtbar geworden, tritt jetzt durch die offene Thüre im Hintergrunde ein. Mann von einigen Fünfzig, hoch, schlank, ganz Aristokrat, er trägt ein leichtes modernes Reisekleid, wie bei Sommertouren im Gebirg üblich. Für sich. Hier finde ich endlich Jemand allein. Dore beobachtend. Wahrscheinlich ein Dienstmädchen? Vielleicht wäre von ihr zu erfahren was mir zu wissen nöthig. Kommt näher, laut. Guten Morgen, mein Kind.

DORE aus Gedanken. Ah? der Fremde von gestern. Schönen Dank, Herr! Steht auf. Sie kommen schon aus dem Baumgut, da sind Sie früh auf; wünschen gewiß Ihr Morgenbrod?

GRAF nickt.

DORE höflich. Dann muß ich Sie schon bitten in's Gast-Zimmer zu gehen, hier ist die Hausstube.

GRAF näher kommend. Ah, also ein Privatzimmer?

DORE geht wieder zum Tischchen. Zu dienen.

GRAF sich umsehend. Es ist so frisch und wohnlich hier, ist es nicht erlaubt ein wenig zu plaudern?

DORE. Wenn Sie sonst nichts zu thun haben, warum nicht? Rückt einen Stuhl zu dem runden Tisch. Nehmen Sie immer Platz. Setzt sich wieder.

GRAF sich setzend. Danke!

DORE nimmt die Arbeit wieder auf, ihn von der Seite scharf ansehend. Aber, was kann ein Bauernkind wie ich, mit so einem Herrn schwätzen?

GRAF. O recht viel, Kleine! Kannst mir erzählen von dem Viehstand, der Weinlese – von – den Nachbarn im Thal –

DORE wie oben. Und das wär' was für Sie? – O geh'n Sie doch!

GRAF. Gewiß ist's für mich. Ich komme zum ersten Mal von Baden herüber in diese Berge, mir ist Alles hier neu. – So war ich gestern droben an dem Schluchsee überrascht von dem herrlichen Ausblick.

DORE hat genäht. Und wie gefallt Ihnen der Weg über die Steig, nicht wahr, der ist schön?

GRAF. Ja, wunderbar schön! Wem gehört doch die Alm mit der großartigen Meierei und dem prächtigen Vieh?

DORE. Links, wenn man von oben 'runter kommt?

GRAF. Richtig.

DORE einfach. Die gehört meinem Vater.

GRAF. Ei? Das ist wohl die schönste im Schwarzwald?

DORE wie oben. O nein, wir haben noch drei andere, die viel größer sind. –

GRAF verwundert. Da ist Dein Vater ein großer Bauer?

DORE lachend. Die Leut' sagen's.

GRAF. Und Du kennst gewiß die ganze Gegend, und wirst mir auch zu sagen wissen, welchem Holzhändler die vielen Schneidemühlen gehören, die an dem reißenden Waldbach liegen?

DORE. Ein paar davon gehören meinem Vater, die andern –

GRAF seine Spannung mühsam verbergend, unterbricht sie rasch. So handelt Dein Vater auch mit Holz?

DORE. Das will ich meinen! – Bis in's Frankreich hinein und zur Nordsee hinauf; Schiffsholz heißt man das, Herr.

GRAF. So wäre er also Gutsbesitzer und Holzhändler zugleich?

DORE lachend. Und Sonnenwirth dazu, das ist gewiß!

GRAF frappirt. Ah so – da bist Du – da sind Sie die Tochter vom Haus? Verzeihen Sie – ich wußte das nicht; Ihre Tracht –

DORE. Ist die mir gehört, und mir von Allen am besten gefallt; ich bin ein Bauernkind, heirath' einen Bauern und will mein Lebtag nichts anderes sein.

GRAF. Das ist verständig – und wäre zu wünschen, daß alle Leute in der Gegend so dächten. –

DORE sieht ihn groß an. Ja – wollen denn die was anders sein als wir? Solche kenn' ich nicht.

GRAF. Aber es giebt doch einen Holzhändler hier herum – der eine Tochter im theuersten Pensionat zu Paris, wo sogar adliche Fräulein ausgebildet werden, erziehen läßt?

DORE springt auf. Was? Wie heißt die? –

GRAF. Den Familiennamen kann ich nicht genau angeben, in der Pension nennt man sie nur Rose!

DORE athemlos. Das ist meine Schwester Rosalie! Unsere Rosel! Ja gewiß.

GRAF steht rasch auf. Wie? Es wäre Ihr Vater, der –

DORE. Ja, ja, mein Vater ist's, der sich von dem Herrn Leblanc die Rosel hat abschwätzen lassen, denn der hat sie über die Tauf' gehalten, und war schon ganz vernarrt in sie wie sie noch ein Kind war. Ja, kennen Sie sie denn?

GRAF. Meine Tochter, die in derselben Pension erzogen wird, erzählte mir viel von ihr; sie soll sehr schön und geistig begabt sein, alle Welt liebt sie.

DORE außer sich. O, wie mich das freut! Ich könnt Ihnen gleich um den Hals fallen! Ach, es ist ja bei uns g'rad so, alle Menschen haben die Rosel immer gern gehabt – und sauber war sie schon mit fünfzehn Jahr', ein Gesicht wie Milch und Blut, und goldige Haar und Augen wie die Stern am Himmel, gerad' wie die wunderthätig Mutter Gottes in Einsiedel.

GRAF sehr unruhig. Dann wundert es mich sehr, daß der Vater sie dem verderbten Pariser Leben preisgab, worin sie gar leicht untergehen könnte.

DORE sieht ihn groß an, mit tiefem Ernst. Die Rosel ist so fest in der Frömmigkeit, daß sie durch alle Verderbniß hinwandeln kann, wie der Engel Gabriel durch den Schwefelpfuhl, an dem seinem Flügel bleibt auch nichts kleben. Das ist's nicht was mir Angst macht! Aber ich fürcht – es könnt ihr bei uns nicht mehr gefallen, das ist's.

GRAF rasch. Bleibt sie denn nicht für immer in Paris?

DORE ernst. B'hütes! In der Woch' noch kommt sie heim, denn Sonntag Selig vergnügt. ist meine Hochzeit.

GRAF. Sind Sie gewiß, daß sie kommt?

DORE. Und wenn die ganze Welt Nein sagen thät, ich weiß es so gewiß, als daß die Sonn' am Himmel steht!

GRAF mit einem tiefen Athemzug. Das ist recht erfreulich für Sie! – Aber was soll sie denn nun in der Heimath mit all' ihrer Bildung anfangen, Kind?

DORE. Heirathen soll sie, Herr. Der Theobald Stricker von Offenburg ist ihr verlobt von Kind auf, und wartet getreulich auf sie, wie's bei uns Brauch ist; sein Vater hat ein großes Gasthaus in Baden für ihn gekauft, dort kehren die vornehmsten Herrschaften ein, da kann sie ihre Bildung schon an Mann bringen – das wissen Sie ja!

GRAF sehr heiter und sichtlich erleichtert. Dort ist sie allerdings am rechten Platz! Aber hatten Sie denn nie Lust Welt und Menschen kennen zu lernen, wie die Schwester?

DORE trocken. Nein, niemals. Der Rosel wär's auch nie eingefallen, wenn's der Vater nicht befohlen hätt'. Zu was denn auch? Kann die Welt irgend wo schöner sein als im Badener Land? Kommen Sie und Tausende nicht alljährlich her um sich bei uns umzuschauen? Sie dürfen mir's glauben: ich kenne Welt und Menschen, wenn ich auch die Nas nie weiter über die Heimath hinaus gestreckt hab' als bis Carlsruh, oder in's Albthal 'nunter. Sieht ihn schelmisch an. So wollt' ich's gleich dem Herrn auf's Düpfele hin sagen, wer er ist.

GRAF frappirt. Wie so? – Wer sollt' ich denn sein?

DORE bestimmt. Sie sind ein vornehmer Herr, so, wie man sagt »was Recht's!«

GRAF lächelnd. Und woraus schließen Sie das?

DORE ihn fest ansehend. Sie riechen nicht auf zehn Schritt nach Patschuli; Sie tragen keine goldene Kette um den Hals, und haben die Finger nicht voll Ring'; aber Ihre Wäsch' ist so fein wie Spinnweb' und Ihre Händ' sind so glatt und weiß, daß man ihnen ansieht, sie geben sich mit keiner Arbeit ab, aber um so mehr – mit Glace-Handschuh' und Postpapier.

GRAF etwas verlegen. Diesmal täuscht sich Ihre Menschenkenntniß, Kind, denn ich bin kein vornehmer Herr, ich bin –

DORE unterbricht ihn. Sagen Sie mir's lieber nicht, denn ich seh's Ihnen an, Sie wollen mir was weiß machen, und zwei Ding' kann ich nicht vertragen: ich mag nicht bestohlen und nicht belogen sein, man kommt sich nachher so dumm vor, wenn man's erst merkt, und schämt sich für sich und den Andern. Behalten Sie's für sich; Lachend. es läßt mich schon schlafen, wenn ich auch nicht weiß wie Sie sich schreiben, gewiß! Jetzt will ich Ihnen um ein Frühstück sehen. Geht.

GRAF für sich. Originelles Geschöpf! Wenn die Schwester ihr gleicht – so hat Felden recht, dann könnte die Sache ernsthaft werden.

Fünfte Scene

Vorige. Steffen von links.

STEFFEN junger, frischer Bauer, gut gekleidet, tritt eben ein, als Dore aus der Thüre will, und faßt sie in die Arme. Ach Wetter, Du herzlieb's Dorle! Gott grüß' Dich! Mein' immer, es sei nicht recht Tag, wenn ich Dich nicht seh!

DORE ihn abwehrend. Na, na! Was fährst Du gleich zu als wär' ich von Holz, Du wilder Bursch! Meinst wir sind allein auf der Welt?

STEFFEN nach dem Vorgrund kommend. Ja so! Den Hut ziehend. Guten Tag, Herr! – Nichts für ungut, bin's nicht gewohnt in der Hausstube Gäste zu finden und hab' mein Mädel drei Tage nicht geherzt! Da kann's Einem schon geschehen, daß man nichts anderes sieht – Mit leuchtenden Augen auf Dore. als eben sie!

GRAF. Das begreift sich. Habt keine Entschuldigung nöthig, Lächelnd. und der Jungfer wohl Dinge zu sagen, die nicht für Jedermanns Ohren sind, da störe ich nur. Geht.

DORE. Nein, Herr; was wir Zwei zusammen schwätzen, kann die ganze Welt hören. Der wilde Bursch da ist der Steffen Kirchberger von Simonswald, seit drei Jahr' mein Bräutigam, und am nächsten Sonntag Hält Steffen die Hand hin, der sogleich einschlägt. können Sie unser Hochzeitsgast sein, wenn Sie so lang da bleiben.

GRAF. Leider muß ich heute noch reisen. Mögen Sie recht glücklich sein!

DORE sich verneigend. Schön Dank, Herr! Das haben wir Zwei sehr im Sinn, gelt Steffen? Glücklich wollen wir sein.

STEFFEN hält noch immer ihre Hand fest und schlenkert sie jetzt hin und her. Glücklich wie die Engel im Himmel! Denn im ganzen Land giebt's kein zweites Mädel, so ehrbar, bildsauber und grundbrav wie mein Dorle, und kein' Burschen der sein'n Schatz so treulich gern hat, und so estimirt wie ich's thue; solch eine Ehe soll der Schwarzwald noch nicht gesehen haben, wie wir eine führen werden, in Züchten und Frieden. Gelt Dorle, Du weißt was sich für eine rechte Frau gehört!

DORE. Das hoff ich! Hab's von meiner Mutter lernen können.

STEFFEN stirnerunzelnd. Na, hör'! – Alles mußt ihr doch nicht nachmachen! Die Alt' will allemal Recht haben!

DORE gereizt. Freilich, ja, weil sie allemal Recht hat.

STEFFEN läßt ihre Hand los. Du, bei mir thät's mit dem Rechthaben kein gut; denn mein Kopf ist härter als der vom Sonnenwirth. Das weißt.

GRAF für sich. Der eheliche Frieden beginnt schon wie mir scheint. Geht nach dem Hintergrund.

DORE. Ja das weiß ich; ich weiß aber auch wie rechtschaffen Du bist, Reicht ihm plötzlich die Hand. und will schon mit Dir zurechtkommen. Schau, ich mein' immer: in einer richtigen Eh' muß der Mann der Kopf der Frau, und die Frau das Herz des Mannes sein, nachher mags kommen wie's will, es geht Alles gut – Zärtlich. Meinst nicht auch, Du Hitzkopf Du? –

STEFFEN ihre Hand schüttelnd. Ja Du herzliebes Mädel, Du Hex Du, so mein' ich's auch.

GRAF für sich. Welch ein Mädchen! Ich wünschte die Schwester wäre schon hier, statt in Paris!

Sechste Scene

Vorige. Veit. Gertrude. Lisbeth wo sie abgingen. Bastian.

VEIT athemlos hereinstürzend, einen Brief in der Hand. So wollt' ich doch, daß ein heiliges Kreuz Donnerwetter drein schlüg'!

GERTRUDE ihm folgend. Fluch nicht so gotteslästerlich, Mann, ich leid's nicht! Sag lieber endlich was es ist!

VEIT. Ein Brief ist's vom Gevatter Leblanc. Zu Bastian. Gieb ihn der Dore, Bastian!

BASTIAN älter als Veit, sehr ergraut, in einem städtischen Ueberrock, reicht Dore den Brief.

VEIT fortfahrend. Da steht's drin, daß die Alte Recht gehabt hat. Die Rosel kommt nicht zur Hochzeit!

DORE entsetzt. Vater! Öffnet rasch den Brief.

GERTRUDE. Da hast Du's!

STEFFEN. Das wäre des Gukuks!

LISBETH leise zu Steffen. Hab's gewußt! –

GRAF im Hintergrund für sich. Was höre ich da?

GERTRUDE. Aber – warum – was schreibt denn der Leblanc?

VEIT. Frag' den Bastian, mir ist gleich das Blut in die Augen gestiegen vor Wuth, der hat mir ihn gelesen.

BASTIAN. »Er hab' die Rosel jetzt erst aus der Pension in sein Haus genommen, sie müßt' noch einen Cursus im Englischen beenden, seine Tochter sei krank, sie könnt' nicht leben ohne die Rosel und die wolle selbst nicht fort – es wäre allerlei zu ihrem Glück im Gang« –

GRAF für sich. Ha! – Meine Ahnung!

VEIT zornig. »Darum könnt' er sie jetzt nicht weglassen, in ein paar Wochen wollt er sie selber herbringen« – und was das vertrackte Zeug's mehr ist. – Kurzum – sie will nicht her!

LISBETH halblaut. Das hat sich Jeder denken können!

BASTIAN schüttelt den Kopf. Ich kann's nicht glauben!

GERTRUDE. Ich schon, leider Gott! Ich hab's gewußt, in allen Adern hab' ich's gespürt, daß das Kind uns nicht wieder kommt!

LISBETH. Hab's immer gesagt: Die bleibt in Paris!

GRAF für sich. Das wird noch zu verhindern sein!

VEIT wüthend. Sie soll her wohin sie gehört. In vierzehn Tag ist das Floßholz für Holland zum Transport fertig, mein' Contrakt muß ich einhalten, aber nachher bin ich frei und kann fort – dann soll's die nichtsnutzige Dirn erfahren, Hebt den Arm auf. ob das Kind gehorchen muß, wenn der Vater befiehlt! 

DORE die den Brief las, dann in tiefem Sinnen stand, den Kopf erhebend, ruhig. Vater, schimpft mir die Schwester nicht, ich kann's nicht hören! Der Herr Pathe liebt die Rosel wie sein eigenes Kind – der will sie nicht lassen und d'rum hat er ihr den Brief von mir gar nicht gegeben, denn die hätt' kein Mensch gehalten, wenn sie ihn gelesen hätt', das weiß ich gewiß!

GRAF für sich. Ha! Um so besser! Geht rasch, aber vorsichtig, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, in den Baumgarten ab.

BASTIAN. Das sag' ich auch, die Dore trifft allmal das Rechte!

VEIT aufhorchend. Meinst, Bastian?

GERTRUDE. O, wenn's doch so wär'!

DORE. Es ist gewiß so, die Mutter kann's glauben.

VEIT. Ja, ja, möcht's selber sagen! Aber was hilft's, die Hochzeit muß jetzt doch ohne sie sein!

DORE energisch, aber ruhig. Nun und nimmermehr ohne die Rosel!

LISBETH. Oho!

STEFFEN auffahrend. Was? Was wär' das? Dorle! Sag mir das nicht noch einmal!

DORE wie oben. Mußt's doch noch einmal hören. Wenn die Rosel mich nicht als Brautjungfer zum Altar führt, so geh' ich nicht! Wir waren von Kind auf eine Seel und ein Herz! Sie hat mich aufgehalten wie sie acht Jahr alt war, als ich auf dem Hirschensprung droben in's stürzen kam, und der Abgrund hätt' mich verschlungen, wenn ihre schwachen Arme nicht worden wären wie Eisen, und sie mich nicht umklammert und gerufen hätt', bis die Leut' von der Alm her uns zu Hülf kamen. Wir haben ein Gelöbniß drauf gethan, daß Keine ohne die Andere vor den Altar tritt, und wenn ich das brechen thät, und sie mir die Brautkron' nicht aufsetzt, so hab' ich kein Glück und kein Stern' in der Eh'! Sich plötzlich zu Steffen wendend. Steffen, schau nicht so finster in die Ecke, Legt ihm beide Hände auf die Schultern. schau mir in die Augen! Du weißt wie gern ich Dich hab. Du hast Jahre lang geduldig auf mich gewartet – jetzt wart' in Gottes Namen noch acht Tage länger, und thu's mir zu Lieb. Die Rosel muß her! Wart sie ab.

STEFFEN finster. Da kann ich warten bis der hohe Knibis einfällt; die kommt doch nicht mehr!

DORE mit leuchtenden Augen. Sie kommt – wenn der Vater mich nach Paris läßt – so kommt sie!

VEIT verblüfft. Was nicht noch!

LISBETH erschrocken. Aber – Dore!

GERTRUDE Das Herz hättest Du?

STEFFEN ausbrechend. Ja, für die Rosel hätt' sie's schon, aber nicht für mich! Hör Dorothee, der Kirchberger ist kein Bub' mehr, paß' auf, er sagt Dir ein ernstlich's Wort, und dabei bleibt's! Ich hab' Dich lieber als mich selber, das weißt, und ich estimir Deinen Willen, wenn ich einseh, daß es zu Deinem Glück und meinem ehelichen Frieden gut ist! Schwer. Die Gäst sind zur Hochzeit geladen, die Lisbeth hat den Hof aufputzt, wie zur Weihnacht, Alles ist für Dich parat und draußen packen sie das Heirathsgut schon auf! Aber – Du bittest mich – – Mit Entschluß. laßt ausspannen Sonnenwirth, ich will den Kram noch nicht im Haus – will warten mit der Hochzeit bis in die dritte Woch' von heut! Mehr kannst nicht fodern und weiter bin ich Dir nicht zu Willen. Die Stimme erhebend. Thust Du mir aber die Schand an und laufst der Rosel selber nach in's Frankreich hinein, daß alle Welt erfahrt: wie Dir die Schwester lieber ist als Dein Schatz, und ich zum Gespött im Schwarzwald werd' – so wahr ich ein ehrlicher Mann bin, Vater und Mutter sind Zeugen, ich nehm Dich nicht mehr, und wenn sie Dich in Gold einwickeln thäten bis zum Hals! Das ist mein letztes Wort und jetzt, thu was Du willst. Lisbeth, Du kommst mit. Kein Mensch soll ihr zureden, wenn sie sich nicht selber  findet. Ade beisammen! Ab, wo er kam.

LISBETH eilig zu Dore. Dore! Um Gotteswillen! Bedenk's! Dem Steffen ist's Ernst! Du kennst ihn. Folgt ihm.

VEIT, RECHT hat er!

GERTRUDE. Ja wohl! Ist g'rad so Einer – wie Du! Wenn wir sie fortließen, er wär's im Stand und ließ das Kind sitzen, nachdem sie Jahr und Tag mit ihm gegangen ist!

DORE stand mit gesenkten Augen, die Hand auf's Herz gedrückt, in sich hinein. Ja – er thät's, Mutter! Sein Wort ist so fest wie's Freiburger Münster, wär's nicht so mit ihm, ich möcht ihn nicht!

GERTRUDE. O über die starrköpfigen Mannsleut!

VEIT. Hättest nicht vielleicht Lust die Dore laufen zu lassen?

GERTRUDE. Warum auch nicht? Wär's eine Sünd, wenn die Schwester die Schwester heim holt, oder ein' Schand, wenn sie den alten Bastian mitnähm'?

DORE fährt zusammen. Den Bastian? Vater! Mutter! Die Rosel kommt ohne mich Plötzlich ganz heiter. wenn Ihr den Bastian nach Paris schickt. Er war oft genug dort im Geschäft, kann mit den Leuten reden und thut's gern, nicht so Bastian?

BASTIAN froh. Ja, das thu' ich gern, viel lieber als ich Dich gehen sähe, Dorle, und ich bring' sie heim, das weiß ich gewiß!

DORLE ganz Leben. Ja freilich bringt Ihr sie heim! Wenn sie Euer treues gutes altes Gesicht sieht, so geht ihr das Herz weit auf, – und wenn sie erst von Euch hört, daß ich mein Gelöbniß halte, und nicht vor den Altar trete ohne sie, dann hält sie keine Mauer mehr zurück.

GERTRUDE. Das Kind hat Recht, ich glaub's selber!

VEIT der nachdenkend zuhörte und zuweilen wie fragend auf Bastian blickt. Der Bastian soll heut' noch fort.

BASTIAN zieht eine goldene Uhr hervor. Heut' ist's zu spät, vor zehn Minuten muß die Post nach Offenburg durchgefahren sein, ist ja morgen auch noch Zeit, – ist heut noch viel Arbeit auf dem Neubau.

VEIT. Hast Recht, Bastian. Na Frau, so geh' zur Casse und hol' Geld für den Alten, ich geh' noch mit ihm zum Bau. Sollst Deinen Willen haben Zu Dore. Du schlaue Wetterhex, Du! Ab mit Bastian, durch den Baum-Garten, man steht ihn an den Fenstern vorüber rennen.

GERTRUDE im Abgehen. Jetzt glaub' ich selber, daß die Rosel kommt. Geht rechts ab.

DORE allein. Das hat mir der liebe Gott eingegeben. Ich spür's erst jetzt, wie gern ich den Steffen hab', und hab' gemeint, daß mir die Kniee einbrächen, wie ich ihn so gehört hab, denn ich möcht ja nicht leben und wenn die Welt noch zehnmal schöner wär' als sie Gott erschaffen hat – wenn der Steffen nicht für mich drinn wär! Geht.

Siebente Scene

Dore. Kathrin.

KATHRIN Bauernkostüm wie Dore, nur nicht so reich. Der fremde Herr der auf Nro. Zwölf geschlafen hat, ist schon fort.

DORE sich umsehend. Herr Jeh! den hab' ich ganz vergessen! Der war ja eben noch hier?

KATHRIN. Ja, die Post von droben 'runter hat g'rad angehalten, da hat er ein Goldstück auf den Zahltisch gelegt, war wie der Blitz d'rin, und es ging gleich fort! Und jetzt kommt der Martin aus der Remis' und bringt die Brieftasch' – Zieht eine sehr elegante Brieftasche unter der Schürze hervor. Die hat er in der leichten Chais' gefunden, in der er gestern den Herrn nach dem Schluchsee gefahren hat, er sagt: der müßt' sie verloren haben, und es sei viel Geld drin; da ist's; ich hab's abgeliefert. Ab.

DORE nimmt die Brieftasche. Die muß man untersuchen, da wird's schon drin stehen, wer er ist, und wohin man's ihm nachschicken kann. Oeffnet die Brieftasche. Ein paar Briefe. Legt die Briefe auf den runden Tisch und sieht die Adresse der Reihe nach an, lachend. Wenn die Alle französisch sind wie die Adressen, da werde ich nicht viel d'raus verzählen. Zieht ein Päckchen feines Papier heraus, das sie sorglich wieder hineinsteckt. Ein paar Tausendfrancsbillets! Na, Reis'geld hat der g'nug, wenn er das nicht vermißt hat! Und da – noch ein Brief? Aha! Endlich eine deutsche Schrift. Liest. »Seiner Excellenz« Potz tausend! »dem Herrn Grafen von Hohenfels, Hochgeboren – Baden-Baden!« Richtig da hab' ich wieder einmal recht. Hab's ihm doch gleich angesehen, daß er was »Hochgebornes« ist. Indem sie den Brief aus dem Couvert nimmt. Na, da kann man vielleicht was erfahren über die verkappte Excellenz! Liest, im Anfang ganz gleichgültig. »Da Euer Hochgeboren den Grafen Adolph wie einen Sohn lieben, so halte ich es für Pflicht Sie zu benachrichtigen, daß derselbe, seit Sie von Paris abgereist – Hochdero Fräulein Tochter in dem Pensionat selten nachfragt, da die bewußte junge Deutsche dasselbe verlassen hat, und zu Euer Excellenz Banquier, dem Herrn Leblanc gezogen ist.« Was, was wäre das? Fährt sich über die Augen als sähe sie nicht und liest hastig weiter. »in dessen Hôtel unser junger Herr jetzt fast täglich zu finden ist. Während er sich sonst von bürgerlichen Coterien fernhielt, scheint er jetzt intim mit dem lockern Sohn Leblancs, zieht sich dagegen aus den höheren Kreisen zurück, geht weder in den Jockeyclub zum Spiel, noch bekümmert er sich um den Sport – und hat sogar seiner kleinen Tänzerin plötzlich den Abschied gegeben. Erschreckt über diese Umwandlung, erlaubte ich mir Graf Adolphs Schreibtisch zu durchsuchen und fand dort ein feuriges Gedicht: »An die schönste Rose Deutschlands«, das nach einem fermen Heirathsantrag aussieht. Ob dasselbe nur Entwurf ist, ob es wirklich abgesandt worden, weiß ich nicht. Alles was ich erfahren konnte, ist: daß das Mädchen ungewöhnlich schön, aus der Gegend von Baden daheim, die Tochter eines Holzhändlers ist und sich Rose Wernik nennt. Schreit auf. Himmlischer Vater! Es ist die Rose! »Wernik«, die Franzosen haben unsern ehrlichen Namen: Werninger, in ihr Latein übersetzt! Liest. »Da Excellenz jetzt quasi in loco befindlich, so dürfte es rathsam sein, dort persönlich den Familienverhältnissen dieser jungen Person nachzuforschen, da sich vielleicht Umstände finden ließen, sie dem jungen Grafen verächtlich, oder mindestens sie lächerlich zu machen.« – O diese Schelme! Darum also war der Herr hier, darum hat er sich eingeschlichen und ist davon gegangen wie der Marder vom Taubenschlag? Desperat. und ich war auch so dumm und hab' ihm richtig Alles aufgebunden, was er wissen wollte! Hin und hergehend. Die Rosel! Unsere Rosel – und ein junger Graf? Herr Gott, hilf ihr! Horch – die Stimme der Mutter! Steckt rasch den Brief in die Tasche. die darf's nicht erfahren! Fest, mit Entschluß. Niemand darf's wissen – als ich, Niemand auf der Welt, nicht einmal der Bastian. Den Kopf senkend. Hat sie den Grafen gern, so ist's ein Unglück, aber das kann kein Mensch mehr ändern, denn man kann ja doch nur Einen gern haben sein Lebtag – und hat sie ihn nicht gern, so schlag' ich umsonst Lärm, und der Vater schreit Feuer, und verunehrt das eigene Kind. Sich aufrichtend. Der Mosje soll seine Sachen redlich wieder haben, aber den Brief Zieht ihn wieder hervor. schick' ich der Rosel als Wegweiser, wenn sie in der Irre gehen sollt'; das ist gewiß keine Sünd', denn dazu hat ihn der liebe Gott g'rad mir anvertraut. Wenn sie den Grafen gern hat – so kommt sie  nicht – Mit zitternder Stimme. und nachher verzeih' ich's ihr – da kann sie nichts dafür, denn die Lieb' zieht stärker als die Heimath! Geht mit gesenktem Haupt zum Tisch, nimmt die Brieftasche mit den Papieren rasch auf, und geht damit ab.

Der Vorhang fällt.

Zweiter Act

Eleganter Salon, glänzend erleuchtet, elegantes Ameublement, rechts in der zweiten Coulisse ein Flügel, in der ersten Coulisse links ein Divan, ein Tisch mit Albums, Zeitschriften und Büchern. Alles reich und geschmackvoll. Im Hintergrund ein Bogen der in andere Zimmer führt, rechts und links von diesem, Blumen-Stellagen. Rechts und links Seitenthüren mit Portièren.

Anmerkung für die Regie: Rose wird immer französisch: Ros ausgesprochen.

Erste Scene

Charles. Gleich darauf Adolph.

CHARLES in Gesellschafts-Toilette, kommt aus dem Bogen links. Ah! das Musikzimmer ist leer. Hier endlich kann ich mich erholen von dem Schrecken den mir unser alter Buchhalter einflößte! – Man flüstre sich im Comptoir zu: diesen Abend sollte meine Verlobung mit Rose proclamirt werden! – Wie kommen unsere Leute zu diesem Unsinn? – Wer mag dies Gerücht ausgesprengt haben? – Führte mein Vater wirklich eine solche Zwangsmaßregel im Schilde? Ah, das wäre perfide und forderte energischen Widerstand! Bleibt stehen. Aber – meine Schulden! Verwünschter Block an meinen Füßen! – Und mein gräflicher Pylades bleibt heute aus! Sollte er mir noch entschlüpfen nachdem es schien, er habe den Köder bereits verschlungen? Diese Deutschen sind wie die modernen Geldschränke, man muß das Wort kennen das sie öffnet. Ich werde ihm endlich mein Geheimniß enthüllen müssen, denn wenn er mir nicht aus dem Dilemma hilft – was dann?

ADOLPH junger Mann von den schönsten Formen, fein, aristocratisch vornehm, sich fühlend, aber immer verbindlich zu Charles, tritt rasch ein, Seitenthüre links. Guten Abend, Charles.

CHARLES. Ah, Sie kommen wirklich noch, Graf Adolph!

ADOLPH befremdet. Wissen Sie denn noch nicht, daß mein Oheim gestern Abend ganz plötzlich angekommen?

CHARLES unangenehm überrascht. Wie? Schon von Baden zurück?

ADOLPH. Ohne seine Rückkehr vorher anzuzeigen. Er hielt mich den ganzen Tag in Athem, bis vor einer halben Stunde, wo er zu einer Parthie bei Rothschild fuhr. Bitter. Wie konnten Sie glauben, daß ich an Ihrem Festabend hier fehlen würde?

CHARLES. Was meinen Sie? Ich weiß von keinem Fest.

ADOLPH gereizt. Sie sind ein Heuchler, Charles! Bekennen Sie doch endlich Ihre Verlobung mit Rose, die ja heute gefeiert wird, wie aus Ihrem Comptoir verlautet –

CHARLES. Wer sagt das?

ADOLPH. Meines Oheims Factotum, der alte Felden; weshalb leugnen Sie Ihr Glück? Gezwungen lachend. Das soll uns nicht hindern Freunde zu bleiben.

CHARLES. Sie nennen mich Heuchler, und haben in diesem Augenblick keinen glühenderen Wunsch als mir den Hals zu brechen, während ich Ihnen mein Glück von Herzen gern abträte, wenn ich nur wüßte – daß Sie Rose wirklich lieben –

ADOLPH heftig bewegt. Charles!

CHARLES plötzlich ernsthaft. Und daß Sie als Ehrenmann den Muth haben sie zu heirathen. –

ADOLPH fährt zusammen, in sich hinein. Heirathen? –

CHARLES trocken. Ja heirathen, Graf Adolph! Ihre Liebe kann mir nichts helfen, da diese Verlobung wie ein Damoklesschwerdt, wenn es auch nicht heute schon fällt, dennoch unausbleiblich über meinem Haupte schwebt! – Nur ein Mann, kein Anbeter kann es den Händen meines zärtlichen Papas entwinden.

ADOLPH sieht ihn durchbohrend an. Also ist es wahr! Rose ist für Sie bestimmt. Und Sie, frei, reich und selbstständig – Sie sollten wirklich dieses Glück von sich weisen?

CHARLES in komischem Ernst. Wirklich, Graf, wenn auch schweren Herzens! Aber ich muß wohl, denn Sich zu seinem Ohr neigend, halblaut. meine kleine Frau ist eifersüchtig wie Othello!

ADOLPH fährt zurück. Wie, Sie wären verheirathet? –

CHARLES sich umsehend. St! St! Um Gotteswillen! Verfährt ein Diplomat so mit Staatsgeheimnissen? Leise. Verheirathet seit vier Monaten mit der ärmsten und reizendsten jungen Polin, die je einen Leichtsinnigen zur Vernunft gebracht hat. Allein mein Vater darf nicht eher erfahren, daß ich seinen Lieblingswunsch zerstörte, als bis seine schöne Pathe an den Mann gebracht ist – sonst bezahlt er meine Schulden nun und nimmermehr, und meine süße Valesca wird mit mir darben. Rose  selbst muß sich für mich unmöglich machen! Begreifen Sie nun?

ADOLPH seine innere Bewegung mit Mühe bemeisternd. Alles! Und kann nur schmerzlich bedauern, daß ich der Mann nicht sein darf, der Sie aus diesem Dilemma rettet. Ich bin nicht selbstständig, und mein Oheim hat Plane, wie Ihr Vater, nur mit dem Unterschied, daß Sie ein Geschäfts mann sind, und die Ansprüche des einzigen Sohnes für sich haben, während ich, ohne die Großmuth meines Oheims – auf mein Einkommen als Bitter. Attaché angewiesen bin, und auf ein Majorat in weitester Ferne. –

CHARLES. Pah – man kann sich auch als Attaché heimlich verheirathen, in Paris lassen sich derlei romantische Streiche ohne Risiko wagen, und hat man erst die Frau – das Weitere findet sich!

ADOLPH verächtlich. Sie sind wahnsinnig Charles!

CHARLES für sich. O über dieses träge deutsche Blut!

Dritte Scene

Vorige. Denise, gleich darauf Leblanc.

DENISE in Balltoilette heiter, frisch, anmuthig und unbefangen. Aber Charles – Sieht Adolph. Ah Graf Adolph! Sie sind endlich da – und verstecken sich in das leere Musikzimmer? Das ist abscheulich! Und es ist so hübsch heute, so sehr hübsch, wissen Sie; wir können tanzen so viel – und schwatzen mit wem wir wollen, Mit strahlendem Gesicht. denn Madame Armande hat glücklicherweise ihre Migraine, und mußte oben bleiben. Ach und ein Thé dansant mir zu Ehren, all meine Pensionsfreundinnen dazu, Papa mit den alten Herrn am Spieltisch, und keine Gouvernante als Polizei hinter uns, so stelle ich mir die Zustände im Paradiese vor!

CHARLES. Das heißt – in dem Paradies der Backfische, die sich außer Athem schwatzen und doch nichts sagen. Was willst Du denn eigentlich, daß Du uns hierher nachläufst?

DENISE schmollend. Nichts von dem ungezogensten aller Brüder, ich wäre Dir auch nicht nachgelaufen, wenn Rose mich nicht geschickt hätte Dich zu fragen: wo Graf Adolph bleibt, den wir so sehr vermissen.

CHARLES spöttisch. Sie hören es Graf, Sie werden vermißt.

ADOLPH. Denise scherzt nur.

DENISE. Nein, nein, es ist mein voller Ernst. Wer auch tanzt die Francaise wie Sie? Wissen Sie, Rose hat noch keinen Schrit getanzt –

ADOLPH rasch. Wie? Das wäre –

DENISE. Die Wahrheit! Kein Tänzer convenirt ihr, o sie ist so eigensinnig, so eigensinnig – als wären wir noch in der Pension! Plötzlich verklärt. Horch – da fängt die Musik an – hören Sie?

ADOLPH zerstreut. Ich höre nichts!

CHARLES. Wer könnte die paar Instrumente durch acht Zimmer bis hierher hören?

DENISE ganz Leben. O Tanzmusik würde ich durch den Kanonendonner einer Schlacht hören! Horchend, singt. Trala, trala! Ach, es ist eine Polka! Kommen Sie, geschwind, geschwind, Graf Adolph! Hängt sich an seinen Arm. Ich halte das nicht aus. Eine Polka! Eine Polka! Zieht ihn fort.

ADOLPH im Gehen. Reizende Libelle! Sie könnten einen Cato zum passionirten Tänzer machen! – Beide stoßen im Abgehen auf Leblanc.

Vierte Scene

Vorige. Leblanc.

LEBLANC fünfziger. Ah! Herr Graf – wohinaus Kleine?

DENISE ohne sich aufhalten zu lassen. Zur Polka, Papa! Halten Sie uns nicht auf – wir haben keinen Augenblick zu verlieren! Ab mit Adolph wo sie kam.

LEBLANC sieht ihnen nach. Hm! Ein hübsches Paar! Hast Du wirklich Hoffnung für Denise, Charles?

CHARLES. Die gegründetste! Sie sahen es eben, er hat stets nur Augen für sie.

LEBLANC bedenklich. Aber der alte Graf ist ein eingefleischter Aristokrat! Wird er die Verbindung mit dem Hause seines Banquiers zugeben?

CHARLES sarkastisch. Warum nicht! Adolph ist ja nur sein Neffe, und für diese deutschen Zöpfe ist Paris die beste Schule; Sie haben täglich das Beispiel vor Augen, wie schnell ihre Millionen Banquierstöchter in Fürstinnen verwandeln, wie hochgeborene Damen ihr altes Wappen bereitwillig gegen das kolossale neue Vermögen eines Börsenspeculanten eintauschen, und wie die gute Gesellschaft durchaus keinen Anstoß nimmt an dieser Verschmelzung des Kapitals mit der Noblesse des zweiten Kaiserreichs. Das gewöhnt sich nach und nach. Sein Sie unbesorgt, Graf Adolph ist ohne Vermögen, Denise ist eine Parthie – das wird sich machen. Allein – bei Rose zeigt sich noch keine Spur von Hoffnung für mich!

LEBLANC. Und dennoch neigt sie sich Dir mehr und mehr zu – allein sie ist ein eigenthümliches Wesen und will eigenthümlich behandelt sein. Lerne Rose verstehen, zeige ihr Dein Herz – und sie wird Dich lieben.

CHARLES kalt. Ich werde es versuchen, weil es Ihr Wunsch ist, allein –

LEBLANC ihn rasch unterbrechend. Es ist mein Befehl, Charles! Vergiß nicht, daß ich dieses seltene Mädchen wie mein eigenes Kind liebe, daß auch Rose Leiser. eine Parthie ist, und daß –

CHARLES ihn trocken unterbrechend. Und daß Sie durchaus keine Lust haben, daß große Capital des alten Bauers zurückzuzahlen, das in unserem Geschäft mit arbeitet!

LEBLANC mit unterdrücktem Zorn. Zur Lust dazu, dürfte mir vielleicht in diesem Augenblick die Kraft fehlen, da der Leichtsinn meines Sohnes anfängt auch meinen Credit zu bedrohen. Ich freue mich jedoch, daß Dir die Vorheile dieser Heirath endlich klar geworden sind. Geh nun hin und handle nach dieser Einsicht!

CHARLES verbeugt sich und geht hinter den Bogen links ab.

LEBLANC unruhig ihm nachsehend. Was ist's mit ihm! Wäre es denn möglich daß mein liebster Wunsch, der Erfüllung so nahe, noch jetzt an seinem stummen Widerstand scheitern könnte? Nur eine Frau wie diese kann den Leichtsinnigen vor dem Ruin retten!

Fünfte Scene

Leblanc. Graf. Diener Seitenthür links.

DIENER tritt vor ihm ein, und öffnet ihm die Thüre. Ich werde sogleich Herrn Leblanc – Geht sogleich ab, da Leblanc vortritt.

LEBLANC wendet sich rasch, erstaunt. Excellenz! – Sie beehren mich? Welche Ueberraschung!

GRAF in feiner Gesellschaftstoilette, den Annen- Orden um den Hals, mehrere Orden und einen Stern auf der Brust, scheinbar eilig, mit herablassender Höflichkeit, ihm die Fingerspitzen reichend. Ah, mein lieber Leblanc, ich treffe Sie ohne Zeugen? Sehr erwünscht! Sie entschuldigen doch meinen späten Besuch?

LEBLANC deutet auf den Divan. Excellenz sind in meinem Hause zu jeder Stunde willkommen. Wäre mir bekannt geworden, daß Sie schon zurück sind –

GRAF unterbrechend. Seit gestern erst, und ich würde Ihre Zeit nicht schon heute für meine Geschäfte in Anspruch nehmen, wenn nicht Gefahr im Verzug wäre, und meine Nachricht auch Ihre Interessen berührte. Ich komme direct von Rothschild, wo ich zufällig durch einen Vertrauten Foulds den Wink erhielt, daß morgen gegen Mittag, Credit Mobilier entschieden fallen – und Nordbahn fabelhaft steigen wird. Da mein Mann ein Wissender ist, so verließ ich eiligst das Souper um Sie zu bitten: daß Sie allen Credit Mobilier, den Sie von mir in Händen haben, morgen sogleich bei Eröffnung der Börse losschlagen, und mir Nordbahn dagegen austauschen lassen.

LEBLANC ganz Leben. Mit Vergnügen, Excellenz, ich selbst werde den Umsatz besorgen, und bin Ihnen für diesen wichtigen Wink hochverpflichtet.

GRAF steht auf. Somit wäre unser Geschäft abgethan, und will ich Sie Ihren Gästen nicht länger vorenthalten. – Sie feiern ja eben, wenn mein alter Secretär recht gehört, die Verlobung Ihres Sohnes mit einer reizenden jungen Deutschen. Es soll ein ganz ausgezeichnetes Mädchen sein, man darf Ihnen also Glück wünschen! –

LEBLANC der anfangs sehr verwundert ist, sich sammelnd. Ein Glückwunsch – der leider eben so verfrüht ist, Excellenz, als das Gerücht von dieser Verlobung, dessen Entstehung ich mir nicht erklären kann.

GRAF. Wie? – So wäre davon nicht die Rede?

LEBLANC. Wenn ich auch nicht leugnen will, daß diese Verbindung mein Lieblingswunsch ist, so hat doch meine Pathe bis jetzt keine Ahnung davon, und soll meine Absicht auch nicht eher kennen lernen, als bis ihr Herz unsre Wünsche erräth und theilt.

GRAF sarkastisch. Eben so delicat – als romantisch, Herr Leblanc – ich bewundre Ihre Geduld.

LEBLANC achselzuckend. Meine Mündel ist ein so zartfühlendes und zugleich energisches Wesen, daß es keinen anderen Weg zu unserem Ziel giebt.

GRAF. Ah, Sie machen mich wahrhaftig neugierig sie kennen zu lernen, und wenn ich nicht fürchten müßte aufdringlich zu erscheinen, so würde ich Sie bitten, mir einen Blick in den Ballsaal zu gestatten.

LEBLANC sich verbeugend. Excellenz beehren mich; doch muß ich zum Voraus bemerken Lächelnd. daß keineswegs von einem Ball, sondern nur von einem einfachen Thé dansant die Rede ist. Beide gehen.

LEBLANC. Horch – Stimmen – Gelächter! Ah, da ist sie ja selbst. Sieht links hinein.

GRAF rasch. O bitte – lassen Sie uns die heitere Gesellschaft vorerst nur von ferne betrachten, ich will durchaus nicht stören. Er tritt rasch zu der Blumenstellage links von dem Bogen.

LEBLANC tritt befremdet an seine Seite.

Sechste Scene

Vorige. Charles. Denise, Rose. Adolph. Amélie. Fleure.Zwei junge Herren aus dem Bogen links.

DENISE hält Rose bei der Hand, zieht sie nach sich. Nein, nein, Du mußt! Mir zu Liebe mußt Du das deutsche Lied singen!

ROSE Balltoilette, elegant, nicht prächtig aber geschmackvoll und gracieuse, Blumen im Haar, ihr Gesicht strahlt von Heiterkeit. Ich muß nichts, Denise! Laß mich los!

DENISE ihre Hand mit beiden Händen festhaltend. Gewiß mußt Du, weil ich es wünsche! O wer Dich das deutsche Lied nicht singen hörte, kennt Deinen höchsten Reiz nicht!

ROSE lachend. Was schwatzt die kleine Elster! Singen müssen – gefangen singen Deutet auf ihre Hand, die Denise nicht los läßt. wie ein Kanarienvogel im Bauer, nein, Denise, das kann ich nicht! –

DENISE läßt ihre Hand los, und schlingt ihr die Arme um den Hals. So, du Eigensinn! Nun bist du frei.

ROSE umschlingt sie, zärtlich. Und doch gefangen!

DENISE froh. Aber nun sollt Ihr hören wie sie singt!

CHARLES öffnet das Clavier. Wir sind ganz Ohr!

ADOLPH in ihren Anblick versunken. Das deutsche Lied, von der Alpenrose am Bergesrand, nicht wahr, Rose?

ROSE plötzlich ernst. Nein – nein, das nicht!  Gewiß nicht!

DENISE. Aber gerade das singt sie so reizend!

AMÉLIE. FLEURE umringen sie. Bitte, bitte, Rose! das Lied! das deutsche Lied!

ROSE ungeduldig. O diese Quälgeister! Ich will Euch spanische Romanzen, ja, die Cavatine aus Dinorah und den Walzer aus Faust singen, wenn Ihr sie fordert – nur das Lied nicht – ich kann es nicht!

ADOLPH verletzt. Weil ich es wünsche?

ROSE mit Vorwurf. O Herr Graf!

ADOLPH. Aber warum denn g'rade heute so unerbittlich?

ROSE. Weil ich gerade heute einmal wieder so heiter, so froh, so glücklich bin, und mir diese Stimmung nicht selbst zerstören will; Zu Adolph gewendet. sehen Sie, nur der Gedanke an das Lied bringt mir fast Thränen in die Augen; es ruft das schlummernde Heimweh, die Sehnsucht nach all den Meinen so schmerzlich in mir wach; Tief bewegt. wie mit einem Zauberschlag liegt der ewig grüne Schwarzwald, das liebe Vaterhaus, unsere Felsen und unsere Thäler, mit den lustigen Bergwassern und den weidenden Heerden im Sonnenschein vor mir, und ich habe ein Gefühl, als umwehte mich plötzlich der frische Athem unserer Höhen, als müßten sich mir Schwingen an den Schultern entfalten, die mich forttragen aus der schwülen Luft dieses Häusermeers, in die helle, schöne Heimath!

ADOLPH bewegt. O, dann singen Sie das Lied niemals wieder!

DENISE. Nein, nein, ich will es nicht mehr verlangen, denn du darfst uns nicht fortfliegen, Rose, das könnte ich nicht überleben.

GRAF der sichtlich immer unruhiger wurde, laut zu Leblanc. Bitte Herr Leblanc, stellen Sie mich den jungen Damen vor.

ALLE wenden sich rasch nach dem Grafen um.

LEBLANC befremdet. Zu Befehl! Vorkommend. Seine Excellenz, der Herr Graf von Hohenfels. Allgemeine Verbeugung.

ADOLPH fährt überrascht zurück. Mein Oheim!

GRAF geht gerade auf Rose zu. Ich freue mich zu hören, daß Demoiselle Rose ihrer Heimath noch so lebhaft gedenkt, so darf ich hoffen, ihr ein willkommener Bote von dort zu sein!

LEBLANC erschrickt, und wirft einen raschen Blick  auf den Grafen.

ROSE sich mit Grazie verbeugend, sieht den Grafen fragend an.

ADOLPH ihm näher tretend. Sie hier, mein Oheim?

GRAF sehr freundlich. Leider nur durch einen Zufall in diesen bezaubernden Kreis geführt, in welchem Du Glücklicher, ganz heimisch zu sein scheinst.

ADOLPH bestimmt. Ich schmeichle mir von Herrn Leblanc und den Seinigen als Freund des Hauses betrachtet zu werden.

LEBLANC verbeugt sich.

ROSE hat keinen Blick von dem Grafen verwandt. Verzeihung, mein Herr! Hatten Sie nicht die Güte von einer Botschaft zu sprechen? –

GRAF freundlich nickend. Gewiß, ich stellte mich Ihnen als Bote aus der Heimath vor.

LEBLANC heftig erschrocken, für sich. Was – was?

ROSE ganz Freude. Oh! Was sagen Sie? Fast athemlos. Bringen Sie mir vielleicht einen Brief? Ich habe so lange nichts von den Meinen gehört!

GRAF gedehnt. Wirklich? Das wäre seltsam. Ich bringe Ihnen keinen Brief, aber sichere Nachrichten von den Ihrigen. Ich komme so eben aus dem Schwarzwald zurück.

ROSE in zitternder Freude. Und haben die Meinen gesehen, gesprochen?

GRAF. Sogar bei ihnen gewohnt.

ROSE. O wirklich, wirklich?

GRAF mit einem Seitenblick auf Adolph. Und war vortrefflich aufgehoben. Kein Gasthaus in der ganzen Gegend vergleicht sich dem Ihres Vaters, obschon es eigentlich nur eine Bauernwirthschaft ist, findet man doch jeden Comfort dort, der billigerweise auf dem Lande zu fodern ist.

ADOLPH fährt zusammen, und sieht den Grafen staunend an.

DENISE leise zu Charles. Was sagt er da?

CHARLES zieht die Schultern.

DIE MÄDCHEN stecken verwundert die Köpfe zusammen.

ROSE sah ihn fest an, während der ganzen Rede, vollständig unbefangen, fast stolz. Dafür ist unser Haus auch bekannt. Ganz Freude und Leben. Aber erzählen sie mir doch! War der Vater daheim, haben Sie meine prächtige Mutter »die Frau Sonnenwirthin« gesehen, vor der der ganze Schwarzwald Respect hat? Und meine Dorothee, die Schwester Kindlich heiter. man nennt sie »das Dorle« daheim! Mein liebes liebes Dorle! bringen Sie mir auch von ihr Nachricht?

GRAF. Eben von ihr, von ihr vor Allen.

ROSE. Aber warum schreibt sie nicht – warum hat sie mich so lange vergessen! –

GRAF kopfschüttelnd. Ich verstehe Sie nicht mein Kind. Niemand hat Sie vergessen!

LEBLANC hat in der äußersten Unruhe zugehört. O, Herr Graf! –

CHARLES die Verlegenheit Leblancs beobachtend, ruft. Die Musik, meine Damen!

AMÉLIE UND FLEURE laufen rasch ab, die zwei Herren folgen ihnen.

GRAF ohne auf Leblanc zu achten. Ihr Vater hat Sie verlangt, Sie zu der Hochzeit Ihrer Schwester nach Hause gerufen und Sie – Mit einem scharfen Seitenblick auf Leblanc. verweigerten es zu  kommen.

ROSE die ihn gespannt anstarrt. Was, was? Dorothee hat endlich Hochzeit – und sie hätten mich gerufen?

GRAF. Das wüßten Sie nicht?

ROSE energisch. Ich weiß nichts – als daß Niemand mich hier gehalten hätte, wenn ich es gewußt!

GRAF. Dann hat man Ihnen den Brief aus der Heimath unterschlagen. –

LEBLANC rasch einfallend. Oder – er ist verloren worden.

GRAF leise zu Leblanc. Ah! Ich verstehe! Laut. Ganz gewiß ist er von der Post verloren, aber die Sache bleibt für Sie Zu Rose. dieselbe. Ihre Familie ist in Verzweiflung, vor Allem Ihre Schwester, die trostlos ist, daß sie Hochzeit haben soll, ohne Sie.

ROSE hastig. Wann – wann ist die Hochzeit?

GRAF. Nächsten Sonntag. Sie haben noch zwei Tage Zeit. –

ROSE. Zwei Tage! O Gott sei Dank! Fliegt auf Leblanc zu. Wenn ich morgen mit dem Frühzug reise, so bin ich zum Abend in Straßburg, und am andern Morgen daheim. Wenn die Glocken zur Kirche läuten, die Böller donnern, die Kranzjungfern aufziehen, trete ich vor mein Dorle hin, und wir fassen uns in die Arme, wir weinen und lachen, ich drücke ihr die Brautkrone auf das liebe Köpfchen, bete das Ave mit ihr, und wir gehen selbander zum Altar, wie wir es uns gelobt! Ach Pathe, lieber, theurer Pathe, geben Sie mir Ihren Segen und lassen Sie mich ziehen!

LEBLANC in sichtlicher Bewegung. Du wolltest – Du könntest uns verlassen?

ROSE tritt einen Schritt zurück und sieht ihn groß an. Könnte ich bleiben? Haben Sie denn nicht gehört: der Vater ruft mich heim, der Ehrentag der Schwester fodert mich! Könnte ich zweifeln was ich soll? Ich reise! Und Sie mein väterlicher Freund, Sie werden mich nicht halten. Nicht wahr, Pathe?

LEBLANC wendet sich, heftig bewegt, ab.

GRAF. Wie können Sie fürchten mein Kind, daß Herr Leblanc Sie abhalte? Scharf. Er kennt die Rechte eines Vaters, der Ihrige verlangt Sie, Herr Leblanc wird nicht anstehen, seine Pflicht zu thun.

LEBLANC mit Würde. Gewiß nicht. – Du wirst morgen reisen, und Charles wird Dein Begleiter sein; ich halte Dich nicht.

CHARLES erschrickt, für sich. Was! Was?

ROSE innig. Ich danke Ihnen, Pathe, ich wußte es ja! –

DENISE an Roses Hals fliegend. Rose, Du gehst wirklich?

ROSE. Ich komme wieder, Denise, gewiß. –

DENISE. Ach nein – nein! Du kehrst nicht wieder! Haben sie Dich erst, so lassen sie Dich nie wieder los.

GRAF für sich. So hoffe ich! Laut. Es dürfte doch gerathen sein, wenn Herr Leblanc die Ihrigen durch ein Telegramm noch diese Nacht beruhigen wollte.

ROSE. Ach ja, ja theuerster Pathe! Nehmen Sie den Zweifel von den Meinen.

LEBLANC vollständig gefaßt. Das soll augenblicklich geschehen. Carles, entschuldige mich bei der Gesellschaft, und dann Mit Nachdruck. erwarte ich Dich im Comptoir – Zum Grafen.