Tinder Trubel - Erin Andrews - E-Book
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Erin Andrews

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Beschreibung

Anne, frisch getrennt, möchte von der Männerwelt nichts mehr wissen. Schließlich ist sie mit der Gründung ihres Bio-Ahornsirup Startups schon mehr als ausgelastet. Aber ihre beste Freundin und Geschäftspartnerin Julie lässt nicht locker, und so meldet sie sich doch noch bei Tinder an. Und dabei wollte sie niemals dort landen! Ein Match mit dem attraktiven Anwalt Hunter lässt sie dann alle Bedenken vergessen. Nie zuvor hat sie so locker und lustig mit einem Mann gechattet. Als sie Hunter dann in der Realität trifft, ist er so ganz anders als erwartet.

Eigentlich wollte Jonathan die Bitte seines Chefs direkt ausschlagen. In seinem Namen für ihn auf Tinder zu chatten, geht dann doch zu weit. Allerdings sind die Chats mit Hunters Match Anne so lustig, dass Jonathan gar nicht mehr aufhören kann, zu schreiben. Doch wie soll er Anne jemals in der Realität kennenlernen? Und dann arbeitet er auch noch ausgerechnet für den Konzern, der die Ernte von Annes Ahornsirup bedroht …

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Über das Buch

Anne, frisch getrennt, möchte von der Männerwelt nichts mehr wissen. Schließlich ist sie mit der Gründung ihres Bio-Ahornsirup Startups schon mehr als ausgelastet. Aber ihre beste Freundin und Geschäftspartnerin Julie lässt nicht locker, und so meldet sie sich doch noch bei Tinder an. Und dabei wollte sie niemals dort landen! Ein Match mit dem attraktiven Anwalt Hunter lässt sie dann alle Bedenken vergessen. Nie zuvor hat sie so locker und lustig mit einem Mann gechattet. Als sie Hunter dann in der Realität trifft, ist er so ganz anders als erwartet …

Eigentlich wollte Jonathan die Bitte seines Chefs direkt ausschlagen. In seinem Namen für ihn auf Tinder zu chatten, geht dann doch zu weit. Allerdings sind die Chats mit Hunters Match Anne so lustig, dass Jonathan gar nicht mehr aufhören kann, zu schreiben. Doch wie soll er Anne jemals in der Realität kennenlernen? Und dann arbeitet er auch noch ausgerechnet für den Konzern, der die Ernte von Annes Ahornsirup bedroht …

Über Erin Andrews

Erin Andrews ist 1988 in Aachen geboren. Nach einem Studium der Germanistik und Romanistik an der RTWH Aachen University lebt sie heute mit ihrer Familie in Sherbrooke, Kanada. Erin liebt lange Spaziergänge und alles, was den Alltag versüßt; dazu gehören gute Bücher, aber natürlich auch Ahornsirup.

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Inhaltsübersicht

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Impressum

Für Olpe, und für Richard, auf dessen echtem »tinder trouble« diese Geschichte basiert

1 Anne

Na, auch hier? ;)

Kurz checke ich die neue Tinder-Nachricht mit Blick auf mein Handy, die mir ein Typ namens »Terry Fied« geschickt hat, und frage mich, während ich so gut es geht mit der freien Hand weiterlenke, wann, wie und um Himmels willen wieso es zwischen uns zu einem Match kam. Wenn ich lange keinen Sex hatte, kommen mir auch die schrägsten Typen irgendwie »süß« vor, und ich wische ohne lange zu überlegen nach rechts, vor allem bei Nacht, vor allem nach Rotwein. Terri Fied ist das Ergebnis.

Auch ich bin jetzt leider terry-fied, und gerade als ich zu meiner Antwort ansetzen will – ich denke da vor allem an »Match aufheben« – muss ich feststellen, dass ich in Port Sydney wie automatisch nach rechts auf die Deer Lake Road abbiege. Erschrocken klatsche ich mir in Ermangelung einer freien Hand mit dem Handy gegen die Stirn, während ich versuche, die Straße vor mir im Blick zu behalten. »Lieblingsorte unbedingt meiden«, hat Julie mir geraten. Und was mache ich? Genau das Gegenteil.

Aber ich bremse nicht. Mache nicht kehrt. Ich fahre weiter. Der Schotter knirscht unter den Reifen, das kühle Blau des Devine Lake kommt in Sicht. Der See ist zu schön, als dass ich auf ihn verzichten könnte. Davon abgesehen: Wenn Julie alle Orte meiden würde, an denen sie mit ihren Exfreunden gewesen ist, wäre vermutlich ganz Ontario eine Tabuzone für sie. (Merke: Die beste Freundin nicht immer beim Wort nehmen.)

An diesem Morgen nieselt es ein bisschen, aber nicht so sehr, dass ich die Fensterwischer anstellen muss. Über dem See hängt der hellgraue Himmel, um ihn herum stehen die Fichten, Thuja- und Ahornbäume still da und ertragen das seichte Geprassel von oben.

Der Sommer ist vorbei – was mich jedes Jahr ein bisschen melancholisch stimmt. Ich liebe den Sommer, die Sonne, das Licht. Im See zu baden. Die Leichtigkeit, die bei allem mitschwingt. Der nächste Rotwein auf irgendeiner Terrasse über den Dächern Torontos, der nächste Kajak-Ausflug scheinen immer nur fünf Minuten entfernt. Und – wenn man nicht gerade vergeben ist (oder vielleicht selbst dann) – auch der nächste Flirt. Zu dumm, dass Cooper und ich uns gerade am Ende dieses langen Sommers getrennt haben. Bei den sinkenden Temperaturen bekomme ich nämlich gar keine Lust, mich in Schale zu schmeißen und feiern zu gehen. Mich vom Trennungsschmerz abzulenken, wie Julie es mir geraten hat. Im Gegenteil. Am liebsten würde ich mich eingraben. Genau hier. Dann kann meinetwegen ein Baum aus mir erwachsen. Ein glücklicher Single wird jedenfalls so schnell nicht mehr aus mir. Drei Jahre Beziehung gehen nicht spurlos an einem vorbei.

Aber die Zeit bleibt nicht stehen und nimmt auch keine Rücksicht auf meinen kleinen Seelenschmerz. Bald wird hier alles blutrot und leuchtend orange erstrahlen. Der Herbst wird kommen. Die Vorfreude auf ihn muntert mich wieder ein wenig auf.

Ich parke das Auto, steige – die Thermotasse mit dem warmen Kaffee in der Hand – aus und schlendere auf den See zu. Ignoriere das Holz-Schild, das den Weg zum Resort- und Spa-Hotel ausweist, für das ich noch einen Gutschein zuhause rumfliegen habe. Den hat mir Cooper geschenkt. Zum Valentinstag. (Merke: Dumme Erfindung, dieser Valentinstag!) Könnte ich die Zeit zurückdrehen, dann würde ich das tun, und zwar um genau fünf Wochen und zwei Tage, zu dem Tag, als Cooper und ich zum letzten Mal in diesen See gesprungen sind. Das haben wir in den warmen Monaten immer gemacht – auf dem Weg zur Sugarbush-Farm kurz abbiegen, noch im Auto entkleiden und dann blitzeschnell auf den See zurennen und einmal kurz ins Wasser hüpfen. Während ich hier stehe und auf den See starre, sehe ich uns förmlich vor mir, spüre, wie die lauwarmen Wellen meinen Körper umarmen, höre unser Lachen. Na ja. »Zu dumm«, wie Julie manchmal mit einem schadenfrohen Grinsen und zuckenden Schultern zu sagen pflegt, wenn die Dinge nicht so laufen, wie geplant.

Ja, zu dumm. Zu dumm, dass Cooper nach drei Jahren Beziehung für seinen Traumjob nach Vancouver gezogen ist, ohne das vorab mit mir zu besprechen. Und dann auf meine eher kokett gemeinte Frage: »Heißt das, dass wir uns trennen?«, tatsächlich mit »Ja« geantwortet hat. Und dass es bei diesem »Ja« auch bis heute geblieben ist. Wie oft habe ich mich gefragt, ob wir ohne meine dumme Frage wohl noch zusammen wären. Es war eindeutig die falsche Frage, im falschen Moment. Aber wahrscheinlich war da noch mehr. Irgendetwas, das im Innersten unserer Beziehung verdorben war und mir anscheinend entgangen ist. Eine schleichende seelische Inkompatibilität – wie ein Softwareprogramm, das jahrelang gut läuft und sich dann plötzlich nicht mehr öffnen lässt. Für Updates und Virenprogramme ist es dann schon zu spät. Und heulend auf die Tastatur einzuhämmern, bringt auch nichts mehr. (@Cooper: Sorry, dass ich gerade diesen herzlosen Vergleich zur Technik ziehe.)

Mein Handy vibriert.

Ich mag schüchterne Frauen. Dein Schweigen macht mich an, Babe.

Ich lese die Nachricht schmunzelnd. »Terry Fied« ist der Einzige an diesem Vormittag, der Zeit für die Liebe zu haben scheint. Ich trinke ein paar Schlucke Kaffee, klicke schließlich auf »Match aufheben« und schaue auf die Uhr: fast zehn. Julie und die Truppe von der Ahorn-Sirup-Farm – Maxime, Bonnie und ihre unfassbar süße Hündin Anouk – sind zwar ziemlich entspannt, aber pünktlich möchte ich trotzdem kommen. Wer weiß, vielleicht sitzen sie noch am Frühstückstisch und essen die letzten Stücke von Maximes himmlischem Pecan Cake. Maxime war früher Patissier in einem Sterne-Restaurant in Montréal. Ein toller Mann. Vor allem einer, der seiner Frau hinterherzieht anstatt meilenweit von ihr weg. Wenn ich schon kein Stück von der großen Liebe abbekomme, dann wenigstens eins vom Pecan Cake.

Also flitsche ich noch schnell einen Stein, beobachte die Wellen, die er hüpfend auf der Wasseroberfläche hinterlässt, und werfe einen letzten sehnsuchtsvollen Blick auf den See, bevor ich mich wieder ins Auto setze. Wenige Minuten später biege ich rechts von der Muskoka District Road auf den Schotterweg zur Farm ab. Das Auto fährt rumpelnd den Waldweg zur Anhöhe hinauf, und gleich darauf wird die hölzerne Farm mit ihrem rauchenden Schornstein sichtbar. Wäre jetzt Winter oder Frühling, könnte man in der Ferne die weißen Plastikeimer an den angezapften Ahornbäumen erkennen, und die davon abgehenden Schläuche, durch die der Ahornsirup ins Sugar-House abgeführt wird. Jetzt aber ruht die Produktion, der Ahornsirup fließt noch nicht durch die Bäume und kann deshalb auch nicht geerntet werden – erst die größeren Temperaturunterschiede, Kälte bei Nacht und Sonnenschein bei Tag, führen zu einem erhöhten Druck im Baum, der den Ahornsaft fließen lässt.

Das dunkelrote hölzerne Willkommensschild »Sugarbush Hill – Maple Farm«, begrüßt mich mit dem wohlbekannten Motto »Brighten your day!« Spätestens an dieser Stelle öffne ich das Fenster immer eine Handbreit, um die frische Luft mit dem Geruch brennenden Kaminholzes und ausgetretenen Harzes einzuatmen.

Julie ist schon da. Ihr grüner Landrover parkt vor dem Haus. Kaum habe ich mich neben ihr eingereiht und steige aus dem Auto, flitzt mir Anouk entgegen und springt an meinem Bein auf und ab wie ein großer Plüsch-Tennisball. Egal wie es um meine Stimmung steht – immer wenn mich Anouk so begrüßt, muss ich auflachen. Auf ihren kleinen Pfoten entfernt sich die weißgelockte Bichon-Frisé-Dame rasend von mir, springt über die Stufen auf die Veranda, erstarrt dort abrupt, schaut mich erwartungsvoll an und bellt aufgeregt, nur um kurz darauf wieder kehrtzumachen und erneut auf mich zuzufegen.

»Anne!« Bonnie tritt in dicken Stiefeln aus der Tür auf die Veranda. »Wie war die Fahrt?«

»Angenehm. Um die Uhrzeit ist unter der Woche ja meistens nichts los. Ich hatte quasi den ganzen Highway für mich allein.«

Wir umarmen uns, und ich folge ihr mit Anouk auf den Fersen ins warme Innere des Hauses.

»Hey du.« Julie lächelt mich an, rutscht ein Stück zur Seite und klopft einladend mit der linken Hand neben sich auf die Holzbank.

Ich gebe Maxime, der am Herd steht und einen frischen Kaffee aufsetzt, von hinten eine herzliche Umarmung.

»Coucou, meine Liebe«, sagt er und drückt mir ein Küsschen auf die Wange, bevor er ein bisschen gemahlenen Zimt in den Trichtereinsatz der Espressokanne drückt.

Ich lasse mich neben Julie auf die Bank plumpsen und umarme meine Freundin innig.

Auf dem Küchentisch steht, wie vorausgesehen, noch das Frühstück Pecan Cake inklusive …

»Madeleines?«, frage ich und versuche erst gar nicht zu verbergen, wie hoch mein Interesse an den muschelförmigen Gebäckstücken ist, die vor mir auf einem Serviertablett liegen und einmal pyramidenförmig gestapelt gewesen sein müssen.

»Nimm dir«, sagt Bonnie, die es sich gegenüber von mir mit Anouk auf dem Schoß gemütlich gemacht hat.

»Hmmm, danke.« Ein frisches Vanille- und Zitronenaroma steigt mir in die Nase, als ich hineinbeiße.

»Und?«, frage ich mampfend und mit Blick auf Julies aufgeklappten Notizblock. »Was gibt’s Neues?«

Maxime entfährt ein langer Seufzer. Er drückt mir eine Tasse mit dampfendem Kaffee in die Hand.

»C’est la crise totale!«, sagt er in einem theatralischen Tonfall und setzt sich an den Tisch. »Stimmt’s, Anouk?«

Anouk legt den Kopf schief und scheint genauso wenig zu verstehen wie ich.

»Die totale Krise? Wieso das denn?«, frage ich. »Habt ihr Schwierigkeiten, euch auf ein Logo zu einigen?«

Julie schüttelt den Kopf. »Wir machen uns Sorgen um die nächste Ernte. Wenn der Regen so sauer bleibt, heißt das nichts Gutes für den Wald.«

»Der Regen ist sauer?«

»Wegen der Zementfabrik«, schaltet sich Bonnie ein. »Seit sie wieder in Betrieb ist, beobachten Maxime und ich den Wald ganz genau. In der Nähe der Fabrik sterben die Bäume schon ab, die Blätter verlieren ihre Wachsschicht. Guck mal, die sind total befallen.« Sie liest ein paar lose Laubblätter vom Tisch auf und hält sie mir hin. Die Blätter sehen angegriffen aus – überall kleine, braune, löchrige Pünktchen.

»Sind daran nicht eher die Insekten schuld?«, frage ich, weiß aber eigentlich ganz genau, dass die Ursache nicht nur ein paar läppische Schädlinge sind.

Die Eröffnung unseres Ahornsirup-Stands in einem Torontoer Café steht kurz bevor, und nichts wäre schlimmer, als gleich im ersten Jahr eine Missernte zu haben. Nach einem Berg bürokratischen Papierkrams, den wir erfolgreich erklommen hatten, dachte ich eigentlich, dass die nächste Hürde das Marketing sei. Keine tonnenschwere Zementfabrik in Laufweite der Farm, die nach über zehn Jahren Stillstand wieder in Betrieb genommen wird und giftigen Rauch in die Atmosphäre pustet. Kein Multi-Milliarden-schweres Unternehmen, das im Falle eines Rechtsstreits am längeren Hebel sitzen würde. Ein tiefer Seufzer entfährt mir. Der Laden hat noch nicht einmal aufgemacht, und schon haben wir einen Klotz Probleme am Bein. Ich kann es einfach nicht glauben. Ich will nicht. Und deshalb sollen bitte die Insekten schuld sein.

»Das sind nicht nur ein paar Insekten, Anne«, sagt Bonnie und ich merke ihrer Stimme die Dringlichkeit an. »Wir sehen tagtäglich, wie hier alles eingeht. Auch unten am Fluss. Du hast es doch selbst gesehen – so viele tote Fische hatten wir noch nie.«

»Aber du hast doch selbst gesagt, dass wir einen viel zu heißen Sommer hatten. Die Fische hatten einfach nicht genügend Sauerstoff. Und woher wollt ihr wissen, dass die Bäume nicht wieder von diesen Raupen oder Birnenblasenfüßen befallen sind?«

»Anne, von Raupen und Birnenblasenfüßen befallene Blätter sehen vollkommen anders aus. Die Löcher sind größer, oder die Blätter sind stellenweise erst mal gelb verfärbt. Ich habe Fotos von Blättern gegoogelt, die von saurem Regen befallen wurden. Und die sind identisch mit dem, was du hier in meiner Hand siehst.« Bonnie holt zum Vergleich ihr Handy hervor und flippt mit dem Daumen durch die gespeicherten Bilder. Was ich sehe, bestätigt leider das, was sie sagt.

»Was sagt die Behörde? Hat sie schon auf unseren Brief reagiert? Die ganze Nachbarschaft wehrt sich gegen diese Fabrik, die müssen doch langsam mal reagieren.«

»Bis jetzt leider noch nicht«, sagt Julie.

»Und wie sieht es mit den Bäumen auf der Farm aus?«, frage ich. »Geht es denen wenigstens noch gut?«

»Also, unseren Bäumen geht es ganz wunderbar«, sagt Maxime.

»Wunderbar würde ich jetzt nicht sagen, aber okay«, sagt Bonnie, die stets etwas pessimistischer – vielleicht auch realistischer – denkt als Maxime. Verständlicherweise. Denn sie ist es, die den Kredit für die Farm aufgenommen hat und sich hauptsächlich für das Grundstück und das Geschäft verantwortlich fühlt. Sie ist es, die frühmorgens die streunenden Katzen der Nachbarschaft füttert, Anouk Freilauf verschafft und die Messgeräte in der Lagerhalle prüft. Die tagsüber das Holz hackt. Den Ahornsirup und Maximes Kuchen und Torten ausfährt. Abends die E-Mails beantwortet. Die Führungen organisiert. Während Maxime sich ganz auf seine Backkunst konzentriert – unter der Woche probiert er neue Rezepte aus, bäckt für die Cafés und Restaurants der Gegend und kümmert sich um den Haushalt, von Freitag bis Sonntag gibt er dann in der Stadt Patisserie-Workshops. Nebenbei arbeitet er an einem neuen Rezeptbuch, »Backen mit Ahornsirup«, das er uns zur Ladeneröffnung fürs Marketing schenken will. Bonnie und Maxime sind das perfekte Dream-Team, denn beide lieben, was sie tun. Sie ergänzen sich. Selbst wenn man sich von außen vielleicht manchmal fragen mag, was eine so starke burschikose Frau wie Bonnie an einem so großen, schlaksigen Mann wie Maxime findet, oder auch umgekehrt. Maxime taugt für erotische Phantasien um muskelbepackte Holzhacker jedenfalls wenig, und Bonnie würde nicht einmal aus einer Torte springen oder sich in eine Schürze schwingen, wenn man ihr eine Stange Gold dafür zahlte.

»Der Sommer war einfach viel zu heiß«, erklärt Bonnie. »Den Bäumen geht es gut, wenn man so will, aber die extreme Hitze hat ziemlich sicher dazu geführt, dass weniger Süße im Saft ist. Bei zu wenig Wasser nimmt die Produktion von Stärke in der Wurzel ab, was im Saft zu weniger Zucker führt.«

»Ja, chérie, aber der Sommer ist jetzt vorbei, und die paar heißen Tage werden unseren Sirup nicht verdorben haben«, sagt Maxime beschwichtigend.

Bonnie nickt. »Du hast recht. Aber wir sind vom Thema abgekommen. Das eigentliche Problem ist die Fabrik, und die zieht nicht so schnell ab wie eine Hitzewelle.« Sie legt gerne den Finger in die Wunde.

»Hat der Beauftragte von der Bio-Zertifizierungsstelle nicht gesagt, dass wir eine Pufferzone einrichten können?«, sage ich. »Falls die Fabrik wirklich zum Problem wird und euer Grundstück gefährdet, könnte man immer noch darauf ausweichen.«

»Die Pufferzone wird uns meiner Meinung nach bei saurem Regen nichts bringen. Je länger diese Fabrik aktiv ist, desto größer der Schaden, den sie verursacht. Und hierbei geht es um alle Bäume, nicht nur die Ahornbäume. Denkt daran, dass unser Biosiegel auch davon abhängt, dass wir mindestens fünfzehn Prozent anderer Baumspezies vor Ort haben. Und selbst wenn die Ahornbäume momentan noch keinen Schaden aufweisen – manche Bäume reagieren erst nach einer gewissen Zeit, und dann ist es vielleicht schon zu spät.«

»Musst du denn immer gleich den Teufel an die Wand malen?« Maxime schaut seine Frau halb amüsiert, halb vorwurfsvoll an und fügt mit Blick auf die Wanduhr hinzu: »Ich schlage vor, wir gehen eine Runde spazieren. Ein bisschen Luft schnappen, Energie tanken. Und dann setzen wir uns wieder zusammen und sprechen über das Logo. Krise hin oder her, wir müssen weitermachen. Stimmt’s oder habe ich recht, Anouk?« Anouk legt den Kopf schief.

»Gute Idee.« Julie seufzt. »Eine Pause wird uns guttun. Die Fabrik werden wir heute sowieso nicht mehr los.«

»Komm, meine Kleine, wir gehen spazieren«, sagt Maxime an Anouk gewandt, die uns auf dem Fuße folgt, als wir kurze Zeit später auf einem kleinen Waldweg über das Grundstück der Sugarbush-Farm spazieren.

Maxime und Bonnie laufen, offenbar in ein Gespräch vertieft, vorneweg, während sich Julie zu mir gesellt. Unter unseren Schuhen knistern Steine und Stöcke.

»Ach Mann. Gar nicht so einfach, das alles, wie?« Sie liest ein Stöckchen vom Boden auf und wirft ihn Anouk zu, die ihn zwischen ihre Beißer nimmt und über Moos und Laub in den Wald trägt.

»Was ist schon einfach«, sage ich mit einem Schulterzucken. »Ich habe den Eindruck, selbst Tinder ist eine Wissenschaft für sich.« Ich denke an »Terri Fied« und lache bei dem Gedanken an ihn auf.

»Du hast dich angemeldet?«

»Yep, habe ich. Bist du jetzt zufrieden?«

»Ja.« Julie grinst. »Du wirst schon sehen. Irgendwann ist Cooper vergessen. Und das hast du dann mir zu verdanken.«

»Was ist mit den Freaks, die ich mir gerade vom Leib halte – habe ich die auch dir zu verdanken?«

Julie lacht laut auf. »Erzähl!«

Ich berichte ihr von Terri Fied, aber auch von anderen Typen, die mich mit ihren Intros abgeschreckt haben (»Ficken? Jetzt?!«/»Wo wohnst du? Willst du ficken?« usw.)

»Wo ist der Charme geblieben? Ich will ja keine neue Beziehung, aber ein bisschen Charme macht die ganze Sache einfach schöner.«

»Kann es sein, dass du einfach bei den falschen Typen nach rechts wischst? Ich habe eigentlich nur nette Begegnungen auf Tinder gehabt bisher.« Julie macht ihre Romanzen nicht publik. Selten sehe ich sie mit einem Typen, dabei hat sie viele, parallel. Meine Freundin ist unbändig und erkundungsfreudig, dabei trägt sie ihre Wildheit aber nicht nach außen. Sie ist diskret, und rein äußerlich sieht sie aus wie die Unschuld vom Lande – süße, kinnlange Afrolocken und große braune Bambi-Augen. Außerdem riecht sie meistens nach irgendeiner Orangen- oder Lavendel-Handcreme oder Baby-Öl. »Es kommt wirklich nur auf deinen Fokus an. Du darfst dich von dem vielen Fleisch da draußen nicht von deinem Weg abbringen lassen.«

»Fleisch?«

Julie und ich kichern.

»Du klingst irgendwie wie ein Guru«, stelle ich fest. »Von meinem Weg abbringen … Ich habe keinen Weg. Ich will einfach nur guten Sex.«

»Einfach nur guten Sex? Dann hör auf eine, die guten Sex hat.«

»Aha. Ist da gerade jemand Besonderes in der Pipeline?«

»Immer. Aber lenk nicht ab. Hast du da wirklich nur Loser am Start? Kann ich mal sehen?«

Ich reiche Julie mein Handy. Für ein, zwei Minuten ist es still. Julie scrollt durch meine Männer-Liste, liest die Profile, die wenigen Chat-Nachrichten, die es da gibt, und begutachtet die Fotos.

»Wieso wartest du immer, bis dich der Typ anschreibt?« Julie schaut von meinem Handy auf. In ihrer Stimme schwingt Enttäuschung mit.

»Sag bloß, du bist enttäuscht von mir?«

»Doch, schon. Ein bisschen. Jetzt ernsthaft. Warum? Ist doch total altmodisch. Mach doch mal selbst ’ne Ansage. Hier, dieser Hunter, der ist doch ’ne ganz heiße Schnecke! Ich schreib dem jetzt.« Julie beginnt zu tippen.

»’ne heiße Schnecke? Julie … jetzt warte doch mal.« Ich versuche, ihr das Handy zu entreißen, aber Julie springt lachend von mir weg.

»Okay. Meinetwegen. Mach, was du willst. Aber schreib nichts Peinliches!«

»Keine Sorge«, sagt Julie. Ihr neckisches Lachen verheißt allerdings nichts Gutes …

»Kann ich jetzt mein Handy wiederhaben?«

Julie und ich stehen uns auf der Parkfläche der Farm gegenüber, um uns zu verabschieden. Nach unserem Spaziergang haben wir uns mit Maxime und Bonnie zusammengesetzt und das Logo für unseren Sirup besprochen – es soll ein hellgrünes Ahornblatt werden, als Symbol für den hundertprozentigen und biozertifizierten Ahorn-Sirup, mit einer weißen »Sugarbush Hill«-Inschrift innerhalb des Blattes. Jetzt müssen wir nur noch einen Grafikdesigner finden, der uns das professionell umsetzt.

Mit einem leichten Grinsen gibt mir Julie mein Handy zurück. »Hier.«

»Willst du sofort nach Hause fahren, oder wollen wir noch kurz irgendwo einen Happen essen?« Manchmal machen Julie und ich auf dem Weg zurück nach Toronto Rast in Washago, trinken einen Kaffee oder essen ein veganes Sandwich im Hooper’s. Danach trennen sich unsere Wege – sie nimmt die Country Road 169 nach Georgina, ich fahre weiter über den Highway 11 Richtung Downtown.

»Würde ich super gerne, aber ich habe dummerweise gleich im Anschluss hieran einen Termin.« Julie verzieht ihr Gesicht. Sie arbeitet momentan noch in einer Forst- und Landwirtschaftsberatungsfirma. Bis unser Laden eröffnet und angelaufen ist, wird sie diesen Job auch erst mal behalten. Bonnie und Maxime gehörten zu ihren ersten Kunden. Und ich war eine der ersten Käuferinnen von Bonnies und Maximes Sirup. Julie und ich sind uns zum ersten Mal bei einem Event während des Maple-Weekends in Ontario über den Weg gelaufen – ich war wegen meines lang gehegten Traums, einen eigenen Ahorn-Sirup-Laden zu eröffnen, dorthin gefahren, und wollte ein paar Farmprodukte vergleichen; und Julie hat sich bei neuen Farmbesitzern bekannt gemacht in der Hoffnung, neue Kunden zu akquirieren. Das war vor drei Jahren. Seitdem habe ich Julie längst mit meinem Traum angesteckt. An Tagen wie heute frage ich mich allerdings, ob das so eine gute Idee war. Ich hoffe, sie wird es nicht bereuen.

»Wohin musst du denn?«, frage ich.

»Uxbridge.«

»Vielleicht können wir uns Sonntag zum Brunch treffen? Bis dahin habe ich bestimmt schon ein paar Designer gesichtet.«

»Ja, lass uns das machen. Bis dahin hast du vor allem auch etwas von der Liebes-Front zu berichten – wahrscheinlich.« Julie zwinkert mir zu und umarmt mich zum Abschied.

Zurück auf der Autobahn schiele ich immer wieder auf meine Handytasche neben mir auf dem Beifahrersitz. Als ich auf der Zufahrt zur Innenstadt im Stau stecke, lange ich schließlich danach und überprüfe meine Nachrichten.

Klar, gerne, lese ich. Montagabend um 20 Uhr im Michael’s on Simcoe?

Hupen. Hupen, Hupen und noch mehr Hupen.

Gesendet von Hunter. Hunter, Hunter. Wer war noch mal Hunter?

Ich schaue vom Handy auf und in den Rückspiegel. Der Fahrer hinter mir schert aus … Vor mir ist alles frei.

Oh, Mist. Ich trete aufs Gaspedal und fahre, bis die nächste rote Ampel mich zum Anhalten zwingt. Dort scrolle ich bis an den Anfang »meines« Chats mit Hunter, um zu verstehen, wie ich in so kurzer Zeit in den Genuss eines Blind Date kommen konnte:

Hot.

Hi Anne. Schön, dass du schreibst. Kann ich nur zurückgeben!

Deine Krawatte …

?

… was würde passieren, wenn man dich an der ziehen würde?

»Man« oder du?

Ich.

Sorry, war kurz weg. Um deine Frage zu beantworten: Ich nehme an, du würdest das Risiko eingehen, mich zu strangulieren. Es hängt wahrscheinlich davon ab, wie fest du ziehst.

Hmm.

Bitte entschuldige die langen Pausen (mein Assistent ist unfähig, muss ihm ständig alles von vorne erklären) Fest oder nicht so fest? ;)

Wie hast du’s denn gerne?

O Gott, um Himmels willen, Julie!

2 Jonathan

In meinem ledernen Schreibtischsessel rolle ich zur verglasten Wand meines Büros im Hochhauskomplex an der 100 King Street West. Mit dem Rücken zur Tür tippe ich »meine« Antwort in den Chat:

Bitte entschuldige die langen Pausen (mein Assistent ist unfähig, muss ihm ständig alles von vorne erklären) Fest oder nicht so fest? ;)

Wie es wohl wäre, wirklich einen Assistenten zu haben? Bei der Vorstellung wird mir einfach nur warm ums Herz. Fast kommen mir die Tränen vor Glück. Fast vergesse ich, dass mir mein Chef mal wieder einen Stapel undefinierbarer Vertrags-Korrekturen vom Mandantentreffen zurückgebracht und auf den Schreibtisch gepfeffert hat. Und dass ich der Assistent bin. Na ja, genaugenommen bin ich Anwalt, Junior-Anwalt. Derjenige, der meinem Chef nicht nur ständig »asap« etwas zuarbeitet, sondern darüber hinaus auch noch seine Tinder-Chats in die Hand nimmt. Weil der Penner keine Zeit zum Chatten hat. Weil der Penner Partner ist und über eine halbe Millionen im Jahr verdient. In den sieben Monaten, in denen ich schon hier bin, habe ich wahrscheinlich mehr Frauenprofile für ihn gesichtet als Gesetzesunterlagen. Und ich dachte, die Berufsbezeichnung »Anwalt« sei geschützt.

Ich lache amüsiert auf, als ich Annes neue Nachricht lese:

Wie hast du’s denn gerne?

Du beflügelst meine Phantasie, schreibe ich und grinse.

Ach ja?

Ja.

Während Anne zu einer Nachricht ansetzt, klicke ich mich zum wiederholten Mal durch ihre Profilfotos: Das Ganzkörperfoto, auf dem sie in schmutzigen Gummistiefeln und engen Jeans vor einem See steht, gefällt mir besonders. Da lächelt sie süß, ihre kinnlangen haselnussbraunen Haare sind etwas zerzaust, und außerdem sieht man den Abdruck ihres BHs durch ihr weißes T-Shirt ziemlich deutlich.

Lange Rede, kurzer Sinn: Lust auf ein Treffen?

Klar, gerne, schreibe ich, während ich mich über ihre plötzlich so forsche Art wundere – wer hätte gedacht, dass die anfangs so zurückhaltende Anne doch noch reagieren würde? Montagabend um 20 Uhr im Michael’s on Simcoe?

Bingo. Kaum habe ich die Nachricht abgeschickt, wechsele ich in den Chat mit Cassy.

Cassy, Cassy …

Na, du?

Das war mal wieder eine Nacht!

Hättest ruhig noch mit zu mir kommen können ;)

Oh. Wusste gar nicht, dass der Chef nicht noch mit zu ihr gegangen ist. Das heißt jetzt wahrscheinlich für mich, dass ich mich auf schlechte Stimmung einstellen muss – wenn der Chef (guten) Sex hat, ist er wesentlich besser drauf, oder zumindest halbwegs gut. Bei einem Choleriker wie ihm macht das einen essenziellen Unterschied, ob er gut gelaunt ist oder nicht.

Nächstes Mal, Sweetheart.

Wie sieht’s denn bei dir am Wochenende aus?

Ein kurzer Blick in den Kalender meines Chefs verrät mir, dass er das morgige Mandantentreffen in New York mit einem dortigen Wochenendaufenthalt verbunden hat. Das erkenne ich daran, dass das gesamte Wochenende geblockt, der Termin aber als »privat« gekennzeichnet und daher für mich nicht einsehbar ist. Das kann nur eines heißen: Ein Wochenende mit seinem Sohn. Mein Chef ist geschieden, und ab und zu jettet er nach New York, um seinen kleinen Sohn zu sehen (ein pummeliger smartphoneabhängiger Siebenjähriger, der alle acht Wochen freitags mit uns beim Japaner luncht).

Da bin ich bei meinem Sohn. Frauen über fünfunddreißig mögen Männer, die Verantwortung jenseits des Berufs übernehmen. Laut Profil ist Cassy einundvierzig. Kinder … du verstehst. Aber wie wäre es mit – ich klicke im Kalender auf »Montag« und sehe, dass der Lunch-Slot noch frei ist – Montag, Lunch?

Du hast einen Sohn? Das wusste ich ja gar nicht.

Einen Sohn aus erster Ehe. Aber geschieden.

Aha.

Es gibt so vieles, was du noch nicht über mich weißt, Cassy …

Ach ja? :) :) :)

Ich bin ein Mann mit vielen Facetten.

Und vor allem gutem Geschmack. Das Abendessen gestern war wirklich vorzüglich. Danke noch mal für die Einladung. Lunch am Montag passt mir gut. Im Spring Sushi, 13 Uhr?

13 Uhr im Matisse.

Matisse? Ja, das geht auch.

Geht auf mich.

Ende der Leseprobe