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Tirana erfährt an ihrem 18. Geburtstag, dass sie adoptiert wurde und flieht aus Überforderung in eine Bar. Dort trifft sie auf Tim, der sie verzaubert und hat eine unvergessliche Nacht mit ihm. Leider muss sie am nächsten Morgen erfahren, dass er an dem Tag heiraten wird und flieht erneut aus der Situation. Sie versucht ihn zu vergessen und weiterzumachen, aber das ist nicht so einfach, denn die Nacht hat Folgen. Mit Hilfe ihrer Eltern und Freundinnen stellt sie sich der Situation und eine Tag lang, Eriks Geburtstag, ist alles perfekt. Bis das Baby am nächsten Tag entführt wird. Sie versinkt in Depressionen, aber irgendwann spürt sie immer noch eine Verbindung zu ihrem Kind, wie eine nicht durchtrennte Nabelschnur. Und so macht sie sich selbst auf die Suche, aber leider bleibt die Jahrelang ohne Erfolg, bis sie den Kindsvater widertrifft. Sie lernt auch seine Frau kennen und erfährt die Geschichte hinter der Ehe. Zusammen machen sie sich erneut auf die Suche und werden bei Tims Großmutter fündig, die ihnen ihre eigen Geschichte und die Bestimmung ihres Kindes erzählt. Alte legenden werden wahr! Finden sie Erik? Was ist Eriks Bestimmung? Wer ist Toran? und was haben Shakespeare und die UN damit zu tun? lest es und findet es heraus.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Teil 1 - Tirana
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Teil 2 – Der Ruf des Drachen
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Epilog
Joshua
Louisa
Alle Rechte, Wort, Schrift und Bild liegen bei Emma Malen.
www.emmamalen.de
Email: [email protected]
Instagram: die_Emma_Malen
Impressum
Emma Malen
c/o AutorenServices.de
Birkenallee 24
36037 Fulda
Alle Handlungen und Personen sind frei erfunden und jegliche Übereinstimmungen sind zufällig.
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In Gedenken an Marcus
Ein Abschied, den ich nicht erwartet habe.
Eine tiefe Wunde, die sich noch immer nicht schließen will.
Warum konntest Du nicht daran glauben, dass das Glück hinter der nächsten Ecke auf Dich wartet?
Ich bin wütend auf Dich und vermisse Dich jeden Tag!
R.I.P.
Alles begann mit dem Öffnen einer Tür. Nicht irgendeine Tür, sondern einer Kirchentür und die Nonne, die sie öffnete, wäre beinah auf das Bündel getreten, dass dort lag. Und dann nahm sie den Fuß, den sie bereits erhoben hatte, zurück und schaute entsetzt auf den Haufen Decken, der dort lag.
Langsam ging sie in die Knie und hob eine Ecke der Decke an. Obwohl sie es sah, konnte sie es fast nicht glauben, und wir reden hier von einer Nonne. Sie bekreuzigte sich ein paar Mal.
Vorsichtig nahm sie das Baby hoch und die Decke fiel von den Ärmchen, die sich ihr entgegenstreckten. Zuerst hielt sie es weit von sich, um es einen Moment später an ihre Brust zu drücken. Sie schaute sich um. Aber so früh am Morgen war die Straße menschenleer. Die Gestalt, die sich im Schatten verbarg und das Ganze beobachtete, sah sie nicht.
Das Bündel Leben immer noch an ihre Brust gedrückt, drehte sie sich um und ging in die Kirche. Die Gestalt im Schatten lächelte. Es war ein Lächeln, dass Trauer, Freude und Hoffnung vereinte. Mit einem Seufzer drehte sie sich um und ging.
Währenddessen war die Nonne im Kloster angekommen und lief zum Büro der Oberin. Das Baby war wach und brabbelte, die kleinen Ärmchen bewegend, vor sich hin. Und damit erregte es Aufsehen und die Aufmerksamkeit jeder einzelnen Nonne an der sie vorbeikamen. Fragen wurden gerufen und einige folgten den Beiden, aber die junge Nonne ließ sich nicht beirren und lief weiter.
Als sie das Büro erreichte, klopfte sie an und wartete bis sie hereingebeten wurde. Als sie das Zimmer betrat, wand sich die Oberin ihr zu und wollte fragen was es gab, aber als sie den Mund öffnete um das zu tun, blieb er ihr offen stehen. Sie ging näher dran und starrte das brabbelnde Bündel, in den Armen der jungen Nonne, mit offenem Mund an. Vorsichtig hob sie die Decke an und sah in das kleine Gesicht. Große braune Augensahen sie an und es sah aus, als ob das kleine Geschöpf, dass aller Wahrscheinlichkeit nach erst ein paar Stunden alt war, alles wüsste, was passierte.
Langsam glitt der Blick der Oberin zum Gesicht der Nonne und bevor sie überhaupt fragen konnte, erzählte die junge Nonne, wie und wo sie das Baby gefunden hatte.
„Leg es auf die Couch“ sagte die Oberin und dann wickelten sie es aus. Es war ein kleines Mädchen und bei ihr lag ein Zettel: Passt Gut auf sie auf. Tirana ist etwas ganz Besonderes.
„Wir müssen die Polizei verständigen und einen Arzt und den Priester. Gott, ich dachte es wird ein ruhiger Tag.“ Seufzend ging die Oberin zu ihrem Schreibtisch zurück, aber bevor sie den Hörer abhob, schaute sie zurück zu der jungen Nonne.
„Lass sie hier und besorg bitte Windeln und was man sonst noch so braucht. Falls du Geld brauchst, frag Schwester Marie. Ein paar der Helferinnen haben Kinder, die können dir bestimmt helfen.“ Dann nahm sie den Hörer ab und fing an die notwendigen Telefonate zu führen, ohne Ihren Blick von dem Baby zu nehmen. Tirana lag auf der Couch, spielte mit ihren Fingern und brabbelte vor sich hin.
Stunden später war Tirana satt, gewickelt, hatte etwas an und schlief in einem Stubenwagen. Die Polizei und der Arzt waren schon wieder gegangen, aber der Priester und eine Frau vom Jugendamt standen mit der Oberin im Zimmer und diskutierten, wie es weitergehen sollte.
Am Ende einigte man sich darauf, dass Tirana erstmal ein paar Tage im Kloster bleibt, bis das Jugendamt eine passende Unterkunft gefunden hat. Außerdem musste die vorläufige Geburtsurkunde vom Arzt abgeholt werden und die Geburt registriert werden.
Durch diese ganze Sache hatte die Oberin die Gebetsstunden verpasst. Jetzt war es Zeit für das gemeinsame Abendessen und sie ließ Tirana unter der Aufsicht einer der Helferinnen in ihrem Büro zurück, um an diesem teilzunehmen.
Der sonst so ruhige Raum, summte vor Unruhe und so entschloss sich die Oberin, nicht bis nach dem Essen zu warten.
„Liebe Schwestern, wie die meisten von euch bereits wissen, wurde heute ein Baby vor unsere Tür gelegt. Es ist ein kleines Mädchen und Ihr Name, ist laut dem beiliegenden Zettel, Tirana. Ich hatte den ganzen Tag deswegen zu tun und entschuldige mich bei euch, dass ich bei den Gebeten nicht anwesend war. Mittlerweile sind alle Offiziellen wieder gegangen. Da die Situation eine ungewöhnliche ist, haben wir uns darauf geeinigt, dass das Kind erstmal in unserer Obhut bleibt, bis entweder die Mutter oder eine passende Unterkunft gefunden wurde. Ich vertraue darauf, dass ich auf eure Unterstützung zählen kann. Lasst uns für die arme Frau beten, die keinen anderen Ausweg sah, als ihr Baby vor unsere Tür zu legen.“ Während der Ansprache war es noch unruhiger geworden, besonders als klar wurde, dass das Kind erstmal bleiben würde. Nur während des Gebetes war es ruhig.
Die ersten 2 Tage waren etwas holprig, aber bald entwickelte sich im Kloster eine Routine in die Tirana nahtlos mit eingebunden wurde. Das war besonders dem Umstand zu verdanken, dass das Kind kaum schrie oder anderweitig Aufmerksamkeit forderte. Ihre klugen verfolgten das Geschehen und solang ihre Mahlzeiten nicht vergessen wurden, war sie ein ruhiges, fröhliches Kind.
Nach 3 Wochen kam jemand vom Jugendamt, um nach Tirana zu schauen und mit dem Kind und 2 Nonnen zum Kinderarzt, um sie untersuchen zu lassen. Der Arzt bestätigte, dass das Kind gesund und der Entwicklungsstand dem geschätzten Alter entsprach. Danach sprach er mit der Oberin. Das Jugendamt hatte Anzeigen in regionalen und einer überregionalen Zeitung geschaltet, um die Mutter zu finden, aber es gab, bis jetzt, keine Reaktion. Mittlerweile gab es auch 3 Paare, die Tirana erst in Pflege und später, falls sich die Mutter nicht meldete, auch adoptieren würden. Sie vereinbarten Termine, an denen die Paare und Tirana sich kennenlernen konnten.
Eine weiter Woche verging, bis das erste Paar kam. Sie saßen im Zimmer und unterhielten sich mit der Oberin, als es klopfte und Schwester Agathe mit Tirana in den Raum kam. Sobald die junge Nonne das Baby an das Paar übergeben hatte, fing Tirana an zu weinen und beruhigte sich, trotz aller Versuche, auch erst wieder. Als sie aus dem Zimmer gebracht wurde. Keiner konnte sich erklären, was in das Kind gefahren war, aber genau das Gleiche passierte ein paar Tage später bei dem nächsten Paar auch.
Am darauffolgenden Tag informierte das Jugendamt die Oberin, dass das 3. Paar seine Bewerbung zurückgezogen hatte, da die Frau schwanger war, aber es ein anderes Paar gebe, dass in Frage kommen würde.
Als eben dieses Paar ein paar Tage später im Büro der Oberin saß und wartete, bereitet diese sie auf Tiranas Aversion gegen Fremde vor. Dann Betrat Schwester Agathe mit dem Baby vorsichtig den Raum und bereitet sich auf das Geschrei vor, aber nichts passierte. Tirana gurrte fröhlich und als sie in die Arme der wartenden Frau gelegt wurde, lachte sie sie an und streckte ihre kleine Hand nach ihr aus.
Schwester Agathe und die Oberin tauschten erstaunte Blicke bevor sie anfingen zu lächeln. Tirana hatte sich entschieden.
Tirana - fast 18 Jahre später
Heute ist mein 18. Geburtstag und eigentlich wollten ich den Tag groß mit meiner Familie feiern, aber jetzt sind wir im Krankenhaus, weil mein kleiner Bruder Matteo eines meiner Geschenke geklaut hat und dann auf der Flucht vor mir, die Treppe runter gestürzt ist. Zum Glück hat er sich nur den Arm gebrochen und eine leichte Gehirnerschütterung. Leider ist es ein komplizierter Bruch, der operiert werden muss, so dass er im Krankenhaus bleiben muss. Mama bleibt bei ihm und Papa und ich kommen gerade zu Hause an.
Okay, mein Geburtstag wird also definitiv anders als gedacht.
Papa und ich sitzen zusammen im Wohnzimmer und wissen nichts so richtig mit uns anzufangen. Kennt ihr das Gefühl, wenn ihr einen Tag geplant haben und ihr euch dann total verloren fühlt, wenn es dann ganz anders kommt. Ich hing noch meinen Gedanken nach, als Papa sich räusperte.
„Ti, Mama und ich wollten dir an deinem 18. Geburtstag was sagen. Das wollten wir eigentlich zusammen machen, aber manchmal laufen die Sachen eben nicht so, wie man es sich vorstellt.“ Er macht eine Pause und ich habe keine Ahnung auf was er hinauswill. „Ti, du weißt, dass wir dich über alles lieben, aber es ist uns wichtig, dass du die Wahrheit kennst. An unseren Gefühlen wird sich nie etwas ändern und wir werden immer deine Eltern sein, wenn du das willst, aber wir sind nicht deine leiblichen Eltern. Wir haben dich im Alter von ein paar Wochen bei uns aufgenommen und als du ein Jahr wurdest, konnten wir dich adoptieren.“ Vor lauter Nervosität stolperte er fast über seine eigenen Worte, aber das war mir egal. Das was er gesagt hatte, schockierte mich zutiefst. Ich sprang auf und lief im Zimmer auf und ab, während ich mir ständig durch die Haare strich. Ich konnte es nicht glauben. War alles eine Lüge? Wer war ich? Wer waren meine Eltern? Warum wollten sie mich nicht?
„Wieso erzählst du mir das jetzt?“ ich wollte „Papa“ dranhängen, aber ich schluckte es runter, weil es sich plötzlich falsch anfühlte.
„Jetzt mit 18 darfst du deine Akte beim Jugendamt einsehen. Mama und ich haben oft diskutiert, ob wir es dir überhaupt sagen sollen, aber wir finden beide, dass du die Wahrheit verdient hast.“ Er holte tief Luft und es klang fast wie ein Seufzer, bevor er fortfuhr. „Leider wirst du dort nicht viel erfahren. Du wurdest vor die Tür der Kirche gelegt und eine Nonne hat dich gefunden. Das einzige, was dabei war, war ein Zettel mit deinem Namen und dass man sich gut um dich kümmern soll, weil du etwas ganz Besonderes bist. Dort in der Kirche bzw. im Kloster haben wir dich auch zum ersten Mal gesehen und uns sofort in dich verliebt. Und so, wie die Nonnen es uns erzählt haben, hast du dich auch für uns entschieden.“ Ich hatte ihn die ganze Zeit zornig angestarrt, aber jetzt war ich eher verwirrt.
„Wie meinst du das? Ich war ein Baby- ich konnte mich doch gar nicht entscheiden?“
Papa lächelte versonnen und sein Blick schien nicht mehr auf mich gerichtet zu sein, als er antwortete.
„Als wir darauf warteten, dass du von Schwester Agathe gebracht wurdest, bereitete uns die Oberin darauf vor, dass du die ganze Zeit weinen würdest. Sie erzählte uns, dass du normalerweise ein ruhiges und fröhliches Kind seist, aber sobald man dich in einen Raum mit potentiellen Eltern bringen würde, würdest du anfangen zu weinen und erst wieder aufhören, wenn du rausgebracht wirst. Also haben wir uns mental darauf eingestellt, aber zur Überraschung aller, hast du gelacht und sofort nach unseren Fingern gegriffen. Ti, das war magisch und wir wussten sofort, dass du zu uns gehörst.“
Ich höre ihn, aber es kommt nicht richtig an. Ich schaue aus dem Fenster in den Garten und der Raum, der eigentlich sehr groß ist, fühlt sich plötzlich zu klein an. Was bedeutet das jetzt alles für mich? Ich fühle mich unwohl.
Ich muss hier raus!
Abrupt drehe ich mich um und laufe aus dem Zimmer. Im Flur schnappe ich mir meine Tasche und, nach kurzer Überlegung, auch meine Jacke. Ich bin schon fast zur Tür raus, als ich ihn nach mir rufen höre. Ich zögere und drehe mich um.
„Ich muss raus. Ich brauche Abstand. Ich muss das alles erstmal verarbeiten. Ich bin bald zurück. Versprochen.“
Ich ziehe die Tür hinter mir zu und irgendwie fühlt es sich so an, als hätte ich nicht nur die Wohnungstür geschlossen. Ich bin so verwirrt und in Gedanken, dass ich gar nicht registriere wohin ich laufe. Als ich stehen bleibe, um mich zu orientieren, kommt der Bus in die Stadt und ich erkenne, dass ich an der Haltestelle stehe. Ich steige ein, weil es logisch ist das zu tun, nicht weil ich es bewusst entscheide. Als wir in der Stadt ankommen, habe ich immer noch dasselbe Problem. Ich weiß nichts mit mir anzufangen oder was ich machen soll, also laufe ich einfach los.
In meinem Kopf herrscht ein totales Durcheinander. Da sind so viele Gedanken, aber keiner bleibt lange genug, damit ich ihn zu fassen bekomme. Also herrscht auch irgendwie Leere.
Als ich aufblicke stehe ich vor einer Bar. Hier war ich schon mit meinen Freundinne, die alle älter sind als ich. Ohne groß darüber nachzudenken, ziehe ich die Tür auf und gehe hinein.
Tirana
Drinnen ist es dämmrig. Ich bleibe kurz stehen, bis sich meine Augen an das Licht gewöhnt haben und gehe dann zur Bar. Es ist noch nicht sehr voll, aber das ist auch nicht verwunderlich, da es noch sehr früher Abend ist. Der Barkeeper kommt zu mir und fragt mich, was ich haben möchte. Ohne groß zu überlegen bestelle ich einen Shot und ein Glas Chianti. Er schaut mich kurz an und verlangt dann meinen Ausweis. Ich hole meine Geldbörse aus der Tasche und reiche ihn ihm. Ein Blick darauf lässt ihn lächeln.
„Sollte man an seinem Geburtstag nicht fröhlich aussehen?“ fragt er mich, als er ihn mir zurückgibt. Ach ja, ich hatte ganz verdrängt, dass heute mein großer Tag ist. Ich schaue ihn an.
„Ja, normalerweise schon.“
Ich stecke den Ausweis wieder weg und er geht meine Bestellung holen. Als er die 2 Gläser vor mir abstellt, reiche ich ihm einen Schein, aber er lehnt ab.
„Die erste Bestellung geht aufs Haus. Herzlichen Glückwunsch.“ Ich schaue ihn erneut an und das erste Mal, seit das alles begonnen hat, stiehlt sich so etwas wie ein Lächeln auf meine Lippen.
„Danke.“ Er nickt und wendet sich einem anderen Gast zu.
Sofort kreisen meine Gedanken um das Gesagte. Verdammt, heute sollte ich feiern und nicht Trübsal blasen. Bei diesen deprimierenden Gedanken, hebe ich meinen Shot, proste mir selbst zu und trinke. Heute wollte ich mit meiner Familie feiern. Und was mach ich?! Erst war ich im Krankenhaus und jetzt sitze ich einsam in einer Bar. Und ob ich es schaffe morgen mit meinen Freundinnen zu feiern, steht auch noch in den Sternen.
Mein Handy klingelt wieder. Das war schon mehrmals der Fall, aber ich habe es ignoriert.
Aber diesmal nehme ich es aus der Tasche uns schau drauf. Verpasste Anrufe und
Nachrichten von meinen Eltern und Glückwünsche von meinen Freundinnen. Da ich aus Erfahrung weiß, dass sie nicht lockerlassen, verfasse ich einen kurzen Dank und schicke ihn in den Gruppenchat. Das sollte sie bis morgen ruhig halten und dann sehe ich weiter. In der nächsten halben Stunde hänge ich meinen Gedanken nach und trinke meinen Wein. Die Bar füllt sich langsam und ich bestelle nochmal dasselbe.
Ich habe gerade die Hälfte meines Glases getrunken, als sich jemand neben mich setzt. Aus reinem Reflex schaue ich rüber, um mich gleich wieder meinem Glas zu widmen. Aber irgendwas ist anders und langsam sickert es in mein benebeltes Hirn, dass ich gerade in die blausten Augen geschaut habe, die ich je gesehen habe. Aus irgendeinem, mir noch unbekannten Grund, setze ich mich gerader hin und hebe meinen Kopf. Vorsichtig schaue ich zur Seite und sehe, dass er mich immer noch anschaut. Abrupt schaue ich wieder auf das Glas in meiner Hand, aber nicht lange, denn ich kann mich nicht davon abhalten, wieder zu ihm rüber zuschauen. Er schaut mich immer noch an und ein süßes Lächeln liegt auf seinem Gesicht.
Diesmal schaue ich nicht weg, sondern betrachte ihn. Nicht nur seine Augen sind toll, sondern der ganze Kerl ist umwerfend. Jedenfalls das was ich von ihm sehen kann. Ein süßes Lächeln, ein markantes Kinn, eine Nase, die wie für ihn geschaffen ist und immer wieder diese Augen.
„Eine so hübsche Frau, sollte nicht so traurig aussehen. Meinst du, ich kann irgendetwas tun, um dich aufzuheitern?“ fragt er und legt dabei den Kopf leicht schief.
Himmel, Herrgott nochmal, gibt es irgendetwas an dem Kerl, was mich nicht anmacht? Diese Stimme! Nur um sie nochmal zu hören und weil ich gar nicht anders kann, antworte ich ihm.
„An was hast du denn gedacht?“ Er lacht und es ist das tollste Geräusch, was ich je gehört habe.
„Erwischt! Ich hatte gehofft, dass du eine Idee hast.“ Seine Stimme hat einen so verführerischen Klang, dass mir dabei sofort in den Sinn kommt, dass es mir bestimmt besser gehen würde, wenn er mich küsst. Und natürlich werde ich bei dem Gedanken rot. Sein Lächeln vertieft sich.
„1 Millionen Euro für deine Gedanken.“
„Heißt das nicht – einen Penny für deine Gedanken?“
„Ja, tut es, aber ich glauben, dass ein Penny deinen Gedanken nicht gerecht werden könnte.“
Natürlich vertieft sich meine Röte sofort, was ihn dazu bringt, sich zu mir rüber zu beugen.
„Und verräts du es mir?“ flüstert er mir ins Ohr.
Der Typ verwirrt mich total und ich kann nicht klar denken.
„Was soll ich dir verraten?“ flüstere ich zurück. Warum flüstere ich eigentlich?
„Was du gedacht hast, als du rot geworden bist.“
Natürlich kehrt die Röte mit aller Macht zurück. Was macht dieser Mann nur mit mir? Ich bin 18 Jahre und habe schon für einige Jungs oder besser gesagt Männer, geschwärmt, aber das was ich jetzt und hier empfinde, geht weit darüber hinaus. Ich kenne noch nicht einmal seinen Namen, aber es fühlt sich schon so vertraut an. Ich nehme einen Schluck von meinem Wein, um Zeit zu gewinnen.
„Nein, ich glaube das will ich nicht tun. Ich fände es besser, wenn du dir was einfallen lässt, ähh…. Wie war noch dein Name?“ Er lacht.
„Den habe ich dir noch nicht genannt. Wenn ich dir meinen verrate, erfahre ich dann auch deinen?“
„Vielleicht.“
„Ich heiße Tim. Na ja, eigentlich Timothy, aber so nennen mich nur meine Eltern. Verrätst du mir jetzt deinen?“
„Tirana, aber alle nennen mich Ti, auch meine Eltern.“
Tim, der Name passt nicht zu ihm. Nennt er mir einen falschen Namen oder hat er wirklich einen Namen, der so gar nicht zu ihm passt?
„Tirana ist ein ungewöhnlicher Name, aber irgendwie passt er zu dir.“
„Danke, aber das Kompliment geht dann ja wohl an meine Eltern. Wo kommst du her? Dein
Italienisch ist gut, aber es ist nicht deine Muttersprache, oder?“
„Indien.“
„Was machst du in Italien?“
„Urlaub, Sightseeing, feiern und eine wunderschöne Frau in einer Bar ansprechen.“ Ich schmunzle. Er ist mir eigentlich zu arrogant, aber verdammt, er verkauft sich wirklich gut. Und diese Augen! Jedes Mal wenn ich in sie schaue, komme ich mir vor, als würde ich fliegen. Mir wird ganz schwindlig dabei und ich schaue lieber wieder in mein Glas.
„Tirana.“ Er flüstert meinen Namen und mir läuft ein Schauer über den ganzen Körper. Es kommt mir so vor, als würde er mich streicheln. Gott hilf mir, aber ich will ihn berühren.
Ich habe es noch nicht ganz zu Ende gedacht, als er meine Hand nimmt und sie streichelt.
Langsam hebe ich meinen Blick und als ich ihn anschaue, hebt er meine Hand an seine Lippen und küsste jeden einzelnen Finger und meine Handfläche. Dabei wendet er den Blick nicht von mir ab.
Ich komme mir vor, als wären wir alleine in der Bar und ja, ich will alleine mit ihm sein. Noch nie hat jemand solche Gefühle in mir ausgelöst. Ich will und kann das Verlangen, alles von ihm zu spüren, nicht unterdrücken. Ich versuche zu überlegen, wie ich das rüberbringen kann, ohne wie ein Flittchen zu klingen, aber es ist verdammt schwer zu denken, wenn er mich berührt.
Er hält immer noch meine Hand, aber seine Lippen sind an meinem Ohr.
„Tirana, ich weiß nicht, ob du auch so fühlst, aber im Moment kann ich an nichts anderes denken, als dich zu berühren. Wenn du das nicht willst, ist das vollkommen okay, aber ich würde gern die Bar mit dir verlassen.“ Seine Lippen kehren zu seiner Hand zurück und eine Sekunde später nicke ich. Dass er es gesehen hat, merke ich daran, dass er meine Hand drückt.
Ich entziehe sie ihm und stehe auf, nehme meine Jacke und meine Tasche und gehe in Richtung Tür. Ich habe nicht in seine Richtung geschaut, aber als er plötzlich neben mir ist und meine Hand greift, sehe ich ihn an. Wenn seine Augen vorhin wie ein lauer Wind waren, der mich davongetragen hat, sind sie jetzt ein Sturm, der mich von den Füßen reißen will. Ich stolpere, aber er fängt mich auf.
Als wir vor der Bar stehen, geht er mit mir nach rechts, die Straße runter. Dann drückt er mich plötzlich an die Wand und steht vor mir. Seine Hände liegen neben mir an der Wand und er überragt mich, um fast einen Kopf. Kein Wort fällt, nur Blicke und dann ist sein Mund auf meinem. Ich habe schon einige Männer geküsst, aber sein Kuss fühlt sich anders an, intimer. Er ist zart und fordernd zugleich. Er schmeckt wie der Himmel und fühlt sich an wie die Sünde. Und ich will definitiv mehr.
Er löst sich von mir und sieht mich an. Er beugt sich runter und legt seine Stirn an meine. Dann fragt er leise, fast schüchtern.
„Kommst du mit mir?“
Da ist kein Zögern in mir, nichts was mich jetzt davon abhalten könnte. Ich lege meine Hände an sein Gesicht und küsse ihn sanft.
„Zeig mir den Weg.“
Hitze ergreift mich und ich fühle wie ein Schaudern durch ihn geht. Er greift erneut meine Hand und wir laufen schweigend, bis wir an seinem Hotel ankommen. Es ist noch nicht spät und die Lobby ist gut gefüllt. Er legt die Hand auf meinen Rücken und führt mich zu den Fahrstühlen. Wir schauen uns nicht an, denn uns ist beiden klar, dass es dann kein Halten mehr geben würde.
In dem Moment, als sein Zimmertür in Schloss fällt, ist die Beherrschung zu Ende. Meine
Tasche gleitet mir von der Schulter und landet auf dem Boden. Kurz darauf folgt meine Jacke, die er mir abstreift, während er mich küsst. Meine Hände wandern seinen Körper hinauf und auch seine Jacke landet auf dem Boden.
Ich nehme kaum wahr, dass wir uns durch den Raum bewegen, bis ich die Bettkante an meinen Beinen spüre. Ich lasse mich nach hinten sinken und er nutzt die Gelegenheit, um mir mein Shirt auszuziehen. Ich greife selbst nach hinten, um meinen BH zu öffnen und ihn langsam zu Boden gleiten zu lassen. Er schaut mir dabei zu und sein Blick wird noch stürmischer. Er zieht sein Shirt aus und wirft es hinter sich, bevor er sich zu mir runter beugt.
Ich rutsche auf dem Bett nach hinten, was ihm ein leises Knurren entlockt. Er lässt sich nach
vorne fallen und fixiert mich, mit seinem durchtrainierten Körper, auf dem Bett. Wieder küsst er mich stürmisch und lässt seine Hände über mich wandern. Als er meine Lippen freigibt, sind sie geschwollen und sein Mund wandert meinen Hals hinunter zu meinen Brüsten. Er nimmt beide in seine Hände und knetet sie, was mir ein Stöhnen entlockt. Er schaut kurz zu mir hoch, bevor er seinen Mund auf einer der Brustwarzen senkt und daran saugt. Er saugt sie in seinen Mund und knabbert etwas daran, was mich leise aufschreien lässt.
Noch nie hat sich etwas für mich so erotisch angefühlt. Sein Mund bleibt an meiner Brust, aber seine Hände streichen an meinem Körper nach unten bis zu meiner Hose. Er öffnet sie und hackt seine Finger in den Bund, um sie nach unten zu ziehen. Ich ziehe meine Beine unter ihm vor und winkle sie an, um meinen Po anzuheben, damit er sie mir ausziehen kann.
Mit einem leisen Plopp verlässt meine Brustwarze seinen Mund und er richtet sich auf. Ich folge ihm mit meinen Blicken. Er zieht mir die Hose aus und da er gerade steht, macht er das Gleiche mit seiner Hose. Mein Blick fällt auf seine Unterhose, die seine Erektion kaum noch halten kann. Ich schlucke schwer und mein Blick wird unsicher. Er kommt wieder aufs Bett und streichelt mich weiter.
„Wenn du dir nicht sicher bist, müssen wir das nicht machen.“
„Doch ich bin mir sicher. Es…. Es ist nur…“ ich wende mein Gesicht ab, aber er dreht es zärtlich so, dass ich ihn wieder anschaue.
„Sag es mir.“
„Es ist das erste Mal für mich“ antworte ich leise.
Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen und seine Hände halten inne. Will er mich jetzt nicht mehr, weil ich Jungfrau bin? Ich werde unsicher und Tränen sammeln sich in meinen Augen, aber ich will nicht, dass er das sieht, also wende ich mich wieder ab.
„Hey, schau nicht von mir weg.“ Seine Finger berühren meine Wange und drehen meinen Kopf wieder in seine Richtung.
„Ich will dich, aber jetzt muss ich mir noch sicherer sein, dass du das wirklich willst.“
Was genau ich jetzt gerade mache, weiß ich zwar nicht, aber ich drücke ihn aufs Bett und krabble über ihn. Ich richte mich auf und lasse meine Hände über seinen muskulösen Oberkörper gleiten. Ich nehme mir Zeit und betrachte ihn ausgiebig. Dann schaue ich ihm in die Augen und bevor ich mich zu ihm runterbeuge, um ihn zu küssen, antworte ich ihm.
„Ja, ich bin mir sicher.“
Ohne den Kuss zu unterbrechen dreht er uns wieder um, so dass ich unter ihm liege. Sein
Kuss wird immer fordernder und unsere Zungen duellieren sich regelrecht. Dann ist sein Mund weg und ich stöhne auf, als seine Zunge mein Ohr umkreis, dann meine Brustwarzen verwöhnt und weiter Richtung meines Slips wandert, der das einzige ist, was ich noch am Körper habe. Seine Finger streichen um den oberen Rand bevor sie sich einhacken und ihn nach unten ziehen. Er zieht ihn mir aus und drückt meine Beine weiter auseinander, um besseren Zugang zu meiner Mitte zu haben. Ich schließe meine Augen und lasse mich nach hinten aufs Bett sinken.
Als er meinen Kitzler berührte, ist er sehr vorsichtig und zart, aber es bringt mich trotzdem zum stöhnen. Als ich dann seine Zunge an der Stelle spüre, schnellt mein Becken in die Höhe und ich stoße einen erstickten Schrei aus. Dann fängt er an mich ausgiebig zu lecken und mit der Zunge über meine Lippen zu streichen. Ich winde mich auf dem Bett vor Vergnügen. Als er einen Finger in mich schiebt, merke ich, wie sich der Orgasmus immer weiter aufbaut.
„Oh Gott, ja bitte….“ Ich flehe ihn an, aber ich bin mir nicht sicher nach was. Seine Finger, seine Zunge, seinen Schwanz? Ich kann nicht mehr denken. Nur noch fühlen. Als er einen weiteren Finger in mich schiebt, komme ich. Mein Schrei bleibt mir im Hals stecken und ich winde mich zitternd unter ihm. Er krümmt sie in mir und mein Orgasmus erreicht ungeahnte Höhen. Ich stöhne hemmungslos und versuche mit den Bewegungen meines Beckens, seine Finger tiefer in mich zu bekommen. Als sich mein Körper entspannt, zieht er seine Finger aus mir raus und auch seien Zunge verschwindet. Ich öffne meine Augen und sehe, dass er sich über mir positioniert. Dann kann ich seinen steifen Schwanz an meiner vollkommen durchnässten Muschi spüren. Er bewegt ihn eine paar mal durch meine feuchte Spalte bevor er ihn mit seiner Hand an meinem Eingang festhält.
„Ich bin vorsichtig“ sagt er leise, bevor er langsam in mich eindringt. Ich ziehe meine Beine weiter auseinander und nach oben und öffne mich so etwas weiter für ihn. Trotzdem tut die Dehnung weh. Er ist sehr gut gebaut und sein Schwanz ist lang und dick. Ich habe zwar keinen Vergleich, da er ja mein Erster ist, aber ich glaube trotzdem, dass er größer, als der Durchschnitt, ist. Und obwohl es wehtut, ist es zur gleichen Zeit erregend und ich will ihn ganz in mir haben. Plötzlich stoppt er.
„Das wird jetzt etwas wehtun, aber es sollte gleich vorbei sein.“ Ich verarbeite seine Worte noch, als er heftig in mich stößt. Ein scharfer Schmerz zuckt durch mich und ich krampfe und schreie auf. Er beugt sich vor und küsst mich, so dass er meinen Schrei schluckt. Nach dem Stoß hält er jetzt still, aber als ich merke. dass der Schmerz weg ist, bewege ich meine Hüfte, um ihn dazu zu bringen, sich zu bewegen. Ich sehe das Grinsen in seinem Gesicht, als er wieder anfängt vorsichtig in mich zu stoßen. Bei jedem Stoß kommt er etwas tiefer. Mit der Zeit werden seine Stöße fester und es fühlt sich herrlich an. Genau die richtige Mischung zwischen Vergnügen und Schmerz.
„Gott, du bist so eng. Ich glaube nicht, dass ich lange durchhalte.“ Stöhnt er in mein Ohr, während er immer heftiger in mich stößt. Ich schlinge meine Beine um ihn und kann spüren, wie sich auch bei mir der nächste Orgasmus anbahnt. Mein Stöhnen grenzt schon an Lärmbelästigung, als mein Körper sich ergibt und ich meinen zweiten, viel heftigeren, Orgasmus habe. Er stößt hektisch noch ein paarmal zu, bevor er stöhnt und auf mir zusammensackt.
Tim rollt sich von mir runter und zieht mich an seine Seite, bevor er mich küsst. Schwer atmend liegen wir auf dem Bett nebeneinander. Langsam finde ich wieder zurück in die Realität und frage mich, wie es jetzt weiter geht. Ich habe keine Ahnung und bin unsicher, aber da er mich in seinen Armen hält und über meine Haare streichelt, fühlt sich das Ganze viel zu gut an und ich beschließe einfach nichts zu tun und abzuwarten. Während ich das tue, muss ich eingeschlafen sein, denn als ich die Augen wieder öffne, ist es draußen hell und jemand klopft an die Tür.
Das Bett neben mir ist leer, aber ich kann die Dusche hören. Wieder klopft es und ich denke, dass er vielleicht Frühstück bestellt hat. Also ziehe ich eines der Laken vom Bett und wickle mich darin ein. Dann gehe ich zur Tür und öffne sie.
Tirana
Die Tür ist kaum einen Spalt offen, als sie aufgestoßen wird und ein Mann ins Zimmer stürmt.
„Mann, Tim, willst du deine eigene Hochzeit verpennen?“
Ich stehe erstarrt hinter der Tür und schaue den fremden Mann an. Er bleibt stehen und schaut sich um. Als er mich erblickt, erstarrt auch er und bekommt große Augen.
„Was zum Teufel….“
Weiter kommt er nicht, da sich in dem Moment die Badezimmertür öffnet und Tim, nur mit einem Handtuch um die Hüfte, ins Zimmer kommt. Er bleibt stehen und schaut zwischen dem Fremden und mir hin und her. Das Ganze dauert nur Sekunden, aber mir kommt es so vor, als wären Minuten, wenn nicht sogar Stunden vergangen.
Der erste der was sagt ist Tim und es ist nur ein Wort, dass das Ganze aber auf den Punkt bringt.
„Scheiße!“
Dieses Wort reißt uns alle aus der Starre. Der Fremde dreht sich um und schließt die Tür, die immer noch offenstand. Ich will etwas sagen, aber es fühlt sich so an, als hätte mein Kopf vergessen, wie man Wort bildet. Mir bleibt nichts anderes übrig als zu warten, was als nächstes passiert. Ein Teil meines Gehirns klammert sich an die Hoffnung, dass der Mann sich in der Tür geirrt hat und alles ein Missverständnis ist. Diese Hoffnung zerbricht, als Tim anfängt zu sprechen.
„Jai, scheiße, ich … kannst du bitte gehen und das hier vergessen?“
„Tim, bist du irre? Was hast du getan? Du heiratest heute, Mann! Wer ist die Tussi?“
Darauf sollte ich etwas erwidern, denke ich noch, aber mein Körper übernimmt die Kontrolle und schaltet in den Fluchtmodus. Ich stürme in den Raum, sammle meine Sachen ein und renne ins Bad. Ich verriegle die Tür und kann mich gerade noch am Waschbecken festhalten, bevor ich auf dem Boden lande. Ich schaue auf und starre mich im Spiegel an. Das kann alles nicht wahr sein!
Die Stimmen der zwei Männer reißen mich aus meiner Trance. Ich würde nichts lieber tun, als zu duschen, aber ich muss schnellstens verschwinden. Ich lasse das Laken fallen, was ich die ganze Zeit krampfhaft umklammert habe und fange an, mich anzuziehen. Als ich damit fertig bin, versuche ich meine Haare zu bändigen und flechte mir schnell einen Zopf. Ein Haargummi habe ich nicht, aber es wird schon gehen. Noch ein Blick in den Spiegel, ein letzter tiefer Atemzug und dann öffne ich die Tür. Ohne die Männer zu beachten, nehme ich meine Tasche und meine Jacke und gehe zur Tür.
„Tirana, bitte, lass es mich erklären.“
Ich drehe mich nicht einmal um, als ich antworte. Ich kann es nicht.
„Kein Wort! Ich will nichts hören.“
Ich trete auf den Flur und da ich nicht auf den Aufzug warten will, nehme ich die Treppe. Als ich wieder in der Lobby ankomme, ist diese wieder voll und ich versuche nicht aufzufallen. In meinem Kopf herrscht eine Leere, die mir Angst machen würde, wenn ich irgendetwas empfinden könnte. Ich laufe einfach los, ohne darauf zu achten, wohin.
Ich bin zirka 5 Minuten unterwegs, als mein Handy klingelt. Bei dem Geräusch zucke ich zusammen und befürchte, dass er es ist. Aber das kann ja gar nicht sein, weil er meine
Handynummer nicht hat. Als ich mich endlich dazu durchringen kann, dass Handy aus der Tasche zu holen, dass es eine meiner Freundinnen war, die versucht hat mich zu erreichen.
Das ist so normal, dass es mir in meiner jetzigen Situation total absurd vorkommt. Ich bleibe mitten auf dem Bürgersteig stehen und fange an zu lachen. Kein fröhliches Lachen, sondern ein hysterisches. Die Leute schauen mich komisch an und machen einen großen Bogen um mich.
Ich kann erst aufhören zu lachen, als ich anfange zu schluchzen. Kurz danach bin ich ein heulendes Elend und schleppe mich zu einer Bank am Rande einer kleinen Grünfläche. Ich setzte mich hin und warte darauf, dass meine Tränen versiegen.
Was habe ich in den letzten 18 Jahren falsch gemacht, dass mir sowas passiert?
Nach einer ganzen Zeit habe ich mich endlich wieder gefangen. Ich versuche nicht an Tim und die letzte Nacht zu denken, sondern versuche meine Gedanken zu ordnen. Zuerst schreibe ich meinen Eltern, dass es mir gut geht und ich bald nach Hause komme. Dann bitte ich eine meiner Freundinnen , mit denen ich mich nachher treffen will, mir eine Powerbank und ein Ladekabel mitzubringen, da mein Akkustand bereits sehr niedrig ist. Ich bin zwar versucht das Treffen abzusagen, aber ich mache es nicht. Erstens wüsste ich gar nicht, wie ich das Ganze erklären sollte und ich brauche die Ablenkung und die Normalität, die mir dieses Treffen bietet. Ich brauche meine Freundinnen jetzt so dringend wie nie zuvor, aber ich weiß noch nicht, wie viel ich ihnen erzählen soll und will. Ich beschließe etwas von meinem gesparten Geld darauf zu verwenden, mich vorzeigbar zu machen.
Aber noch sitze ich hier auf der Bank und kann mich nicht dazu bringen aufzustehen. Ich schaue mich um, ohne wirklich was zu sehen. Als ein Auto zu nah am Bürgersteig lang fährt und mich anspritzt, ist das genau der Anstoß, den ich benötigt habe. Ich raffe mich auf, nehme meine Handtasche und mache mich auf in Richtung Innenstadt. Dabei mache ich einen Umweg, um nicht nochmal an dem Hotel vorbeizukommen. Ich benötige drei Anläufe, um einen Salon zu finden, der Zeit für mich hat.
Bei meinem langen, lockigen, roten Haar kann man nicht viel machen, aber allein, dass sie gewaschen und die Spitzen geschnitten werden und ich am Ende gestylt und mit frischem Makeup den Salon verlasse, lässt mich wie ein neuer Mensch fühlen. Und dieser neue Mensch lässt jetzt das Geschehen hinter sich, dass sie nach unten zu ziehen droht.
Ich mache einen Schaufensterbummel und treffe eine Entscheidung. Ich werde meinen Freundinnen von der Adoption, aber nicht von Tim, erzählen. Mit der Geschichte werden sie es mir nachsehen, wenn ich ab und zu wieder in eine depressive Stimmung abrutsche.
Ich schaue auf mein Handy und sehe, dass es fast Zeit ist, sich mit meinen Freundinnen zu treffen. Ich weiß nicht, was sie geplant haben, aber da wir uns in der Nähe einer unserer Lieblingsrestaurants treffen, nehme ich an, dass der Überraschungstag mit einem Mittagessen startet.
Als ich am Treffpunkt ankomme sind schon alle da und ich stolpere von einer Umarmung in die nächste. Ich werde beglückwünscht, geküsst, umarmt bis ich irgendwann lachend „stopp“ rufe. Und es ist ein echtes Lachen. Ich freue mich, sie zu sehen und ihre fröhliche Laune lässt keinen Platz für meine miese Stimmung. Wir beenden die Begrüßung und gehen in das Restaurant. Schon beim reinkommen weiß ich welcher Tisch unser ist, denn er ist schön dekoriert und es stehen Blumen drauf. Als wir uns hinsetzten versammelt sich ein Teil der Belegschaft um unseren Tisch und zu meinem Entsetzten fangen sie und meine Freundinnen an „Zum Geburtstag viel Glück“ zu singen. Einige andere Gäste stimmen mit ein und ich werde rot, aber ich bin auch gerührt.
Als ich mich bei allen, auch den anderen Gästen bedanke, macht meine Gesichtsfarbe immer noch einer reifen Tomate Konkurrenz, aber ich bekomme auch das Lächeln nicht aus meinem Gesicht und das fühlt sich nach den letzten 24 Stunden einfach toll an.
Als wir endlich sitzen, bekomme ich die Powerbank und das ist auch dringend nötig, da mein Akkustand bei nur noch 4% angekommen ist. Ich bedanke mich bei meinen Mädels und die Kellner beladen den Tisch mit leckeren Antipasti.
Während wir essen, erkundige ich mich, was denn noch geplant ist, denn schließlich wurde ich angewiesen mir den ganzen Tag frei zu halten. Gulietta erklärt mir, dass sie sich überlegt haben, mir statt eines Geschenks einfach diesen Tag zu schenken, was bedeutet, dass wir nach dem Essen shoppen gehen werden und dann, nach dem Abendessen, in einen Club gehen.
Ich schaue von einer zur anderen und breche in Tränen aus. Es ist eine Mischung aus Rührung und dem Hervorbrechen der Verletzungen des letzten Tages. Meine Freundinnen sind verwirrt und geschockt und versuchen mich zu trösten. Ich versuche mich zu beruhigen, nehme einen Schluck Prosecco, atme tief durch und fange an zu reden.
„Mädels, vielen Dank für alles, aber ich muss euch erst was erzählen. Ihr wisst, dass ich gestern mit meiner Familie feiern wollte. Leider kam es ganz anders, weil Matteo die Treppe runter gestürzt ist und wir mit ihm ins Krankenhaus mussten.“ An dieser Stelle werde ich von Fragen und Mitleidsbekundungen unterbrochen. Ich hebe die Hände und alle werden ruhig, aber da sie meine Tränen vorhin gesehen haben, befürchten sie wohl das Schlimmste.
„Es geht ihm, soweit, ganz gut. Er hat einen komplizierten Armbruch, der operiert werden muss und eine leichte Gehirnerschütterung.“ Ein allgemeines Aufatmen geht durch die Runde.
„Mama ist bei ihm geblieben und Papa und ich sind nach Hause gefahren. Dort hat mir meinVater dann erklärt, dass ich adoptiert wurde.“ Und plötzlich war es still. Nicht im ganzen Restaurant, aber an unserem Tisch hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Der Schock steht jeder Einzelnen ins Gesicht geschrieben.
„Er hat mir erzählt, dass ich am Tag meiner Geburt vor unserer Kirche abgelegt wurde und außer einer Decke und einem Zettel mit meinem Namen, war nichts dabei. Meine Eltern haben mich ein paar Wochen später aufgenommen und adoptiert, als ich ein Jahr alt war.“ Ich nehme einen Schluck Prosecco und lehne mich zurück. Langsam lässt die Schockstarre bei meinen Freundinnen nach und sie bombardieren mich mit Fragen, die ich nicht beantworten kann. Nach einer Zeit wird es ruhiger und Guiletta, die neben mir sitzt, legt ihre Hand auf meine und fragt mich, wie es mir geht.
„Das kann ich euch gar nicht genau sagen. Ich fühle mich nicht anders, aber irgendwie ist alles anders. Es sind immer noch meine Eltern und Matteo ist mein Bruder, aber da gibt es plötzlich eine Distanz. Und natürlich würde ich gern wissen, wer meine leiblichen Eltern sind und warum sie mich weggegeben haben.“
„Was willst du jetzt machen?“ fragt Alessia mich.
„Ich bin gestern abgehauen, weil ich Abstand brauchte und habe in einem Hotel übernachtet. Aber das ist keine Dauerlösung und ich will sie auch gar nicht verlieren. Sie sind meine Eltern und lieben mich, daran zweifle ich keine Sekunde. Und ich liebe sie. Dass ich nie auf den Gedanken gekommen bin, dass ich adoptiert wurde, spricht doch Bände, oder. Natürlich müssen wir reden und ich werde Zeit brauchen, aber eigentlich ändert sich gar nichts.“ Als ich es ausspreche, merke ich, dass es genauso ist. Sie sind meine Familie und ich liebe sie. Dass wir nicht biologisch verwandt sind, macht keinen Unterschied. Nicht für mich und ich glaube für meine Eltern schon gar nicht.
Ich schaue meine Freundinnen an.
„Ich glaube, ich könnte etwas Spaß und Ablenkungen gebrauchen. Also lasst uns feiern.“ Ich sage und meine es und vergrabe den kleinen Teil, der um Tim trauert, tief in mir.
Kurz darauf lachen und scherzen wir und nur selten trifft mich ein nachdenklicher Blick.
Nachdem wir fertig gegessen haben, machen wir uns auf ins Einkaufscenter. Die Mädels sind wild entschlossen mir ein sexy Outfit für den Abend zu verpassen und schleppen mich von einem Laden in den nächsten. Nach ein paar Stunden haben wir endlich alles was wir brauchen und sitzen in einem kleinen Eiscafé in der Sonne. Wir sitzen am Rand, gleich neben der Straße und genießen die Sonne, die Gesellschaft und unser Eis, als eine alte Frau auf der Straße anhält. Sie hält uns wortlos und mit einem bittenden Blick ein paar Armbänder hin. Sie sind sehr einfach, aber gerade darum irgendwie wunderschön. Ich nehme eines davon in die Hand und schaue es mir genauer an. Die Bänder sind weich, aber fest und die eingewobenen Perlen glänzen in der Sonne.
„Haben Sie 6 gleiche?“ frage ich sie. Sie nickt und kramt kurz in ihrer Tasche, bevor sie sie mir hinhält.
„Wieviel sollen die kosten?“ Mit einer rauen Stimme, die fast so klingt, als würde sie sie selten benutzen, antwortete sie, dass sie 15 Euro für alle haben möchte. Meine Freundinnen sind mittlerweile auch darauf aufmerksam geworden und wollen gerade ihr Geld rausholen, aber ich winke ab. Mir sind 15 Euro viel zu wenig für eine so filigrane und wunderschöne Arbeit und ich schaue nach meinem Geld. Ich habe noch 40 Euro in bar, aber ich hasse es gar kein Geld dabei zu haben, also nehme ich 25 Euro und gebe sie ihr. Ich schließe ihre Hand um das Geld und sie schaut mich kurz an, bevor sie nickt und weitergeht. Mit den Armbändern in der Hand, drehe ich mich zu meinen Freundinnen um.
„Ich habe sie gekauft, weil sie mich irgendwie an unsere Freundschaft erinnern. Wunderschön und fast unzerstörbar.“ Mit diesen Worten reiche ich jeder von ihnen eines und lege mir das letzte selber um. Alle schauen mich an. Einige lächeln und andere haben Tränen in den Augen. Ich will die rührselige Stimmung brechen, nehme einen Löffel voll Eis und halte ihn in die Mitte vom Tisch, als ob es ein Glas zum anstoßen wäre.
„Auf unsere Freundschaft!“ Alle Löffel gehen in die Mitte und unter Lachen stoßen wir an.
Danach laufen wir noch etwas rum, trinken Kaffee und machen uns irgendwann zu dem Restaurant auf, in dem wir Abend essen wollen. Der Tag war bis jetzt wunderschön und ich bin entspannt und freue mich auf den Rest.
Auf unserem Weg zum Restaurant, kommen wir an einem Tennisclub vorbei. Es ist eine schöne Anlage und wird oft für Feste gemietet. Auch heute hört man Musik und sieht festlich gekleidete Menschen, die lachen, tanzen und Spaß haben. Wir sind schon fast daran vorbei, als eine Braut aus der Tür tritt. Ich verkrampfe mich, schaue weg und laufe schneller. Vier meiner Freundinnen laufen vor mir, aber Isabella ist genau neben mir und ist sehr verwirrt über mein Verhalten. Normalerweise würden wir uns über das Brautkleid und alles andere unterhalten. Ich sehe, dass sie mich danach fragen will und komme ihr zuvor.
„Ich weiß nicht Bella, aber seit kurzem habe ich irgendwie eine „Hochzeitsallergie“.“ Erkläre ich ihr und versuche dabei ein albernes Gesicht zu machen, obwohl es mir bei dem Gedanken an eine andere, heutige Hochzeit, den Magen umdreht. Mein Versuch es ins lächerliche zu ziehen klappt und Bella lacht und wir gehen plaudernd weiter.
Ganz tief in mir drin, fragt sich der kleine Teil, der sich nach Tim sehnt, ob es seine Braut war.
Als wir am Restaurant ankommen, sehe ich, dass auch hier der Tisch festlich geschmückt ist und ich muss noch einmal die Peinlichkeit eines öffentlichen Geburtstagständchens über mich ergehen lassen. Aber diesmal kann ich darüber lachen, wenn auch mit hochrotem Kopf.
Wir haben viel Spaß und das Essen ist hervorragend. Als wir fertig sind, schicken mich meine Mädels mit einer Shoppingtüte auf Toilette. In der Tüte befindet sich eine Auswahl der neuen Sachen und eine Schere. Ich schneide die Etiketten ab und ziehe mich um. Dann packe ich meine alten Sachen in die Tüte und gehe zurück zum Tisch. Ich stehe nicht so gern im Mittelpunkt, aber mit meinen Freundinnen macht mir das nichts aus. Und so drehe ich mich, ein paar Meter vom Tisch entfernt im Kreis und frage lachend, ob sie mich so mitnehmen.
Wir haben genug getrunken, um albern zu sein und kichern die ganze Zeit. Als wir am Club ankommen, ist die Schlange schon ganz schön lang und wir wollen uns hintenanstellen, aber
Isabella hält uns auf. Sie war schon immer die forscheste von uns und geht direkt zum Türsteher. Das ist ein ziemlicher Schrank, aber sie lächelt ihn an.
„Hi, darf ich dich fragen, ob du uns vorlässt. Meine Freundin hier, feiert heute ihren 18. Geburtstag.“ Dabei deutet sie auf mich und ich winke verlegen.
„Weißt du eigentlich wie oft ich diese Geschichte an einem Abend höre?“
„Nun, ihre Geburtsurkunde hat sie nicht dabei, aber einen Ausweis. Lässt du uns rein, wenn es stimmt?“ Er schaut sie gelangweilt an, lässt den Blick über unsere Gruppe schweifen und winkt mich dann ran. Auf dem Weg zu ihm, hole ich meinen Ausweis raus und halte ihn ihm hin. Ich hoffe, dass es kein Problem ist, dass mein Geburtstag gestern war. Er wirft einen Blick darauf und dann auf mich. Dann lächelt er das erste Mal, seit wir angekommen sind und öffnet das Absperrband für uns.
„Viel Spaß und übertreibt es nicht.“ Sagt er, als er mir zuzwinkert.
Ich grinse ihn an und sage im Vorbeigehen „Danke, aber versprechen tu ich gar nichts.“ Meine Freundinnen folgen mir. Unserer Shoppingtaschen lassen wir an der Garderobe und stürzen uns ins Vergnügen.
Der Abend wird ausgelassen und feucht fröhlich und ich vergesse für ein paar Stunden meine Probleme. Gegen 3 Uhr sind wir uns einig, dass wir den Abend beenden wollen und Bella ruft ihren Vater an, der uns mit einem Van abholt. Beim Rausgehen kann ich es mir nicht verkneifen dem Türsteher zuzuzwinkern und er grüßt lächelnd zurück.
Tirana
Als ich zu Haus ankomme ist das ganze Haus dunkel und ruhig. Vorsichtig schleiche ich mich in mein Zimmer und lege mich, nach einer Katzenwäsche, ins Bett. Im Halbschlaf bekomme ich mit, dass irgendwann am nächsten Morgen, meine Tür leise geöffnet und geschlossen wird, aber ich drehe mich um und schlafe weiter.
Als ich das nächste Mal aufwache ist es bereits Mittag. Ich räkele mich in meinem Bett und bin versucht einfach liegen zu bleiben, aber irgendwann muss ich mich meinen Eltern stellen.
Seufzend schlage ich meine Decke zurück und stehe auf. Ich dusche und ziehe mich an.
Bevor ich nach unten gehe, stehe ich kurz am Fenster und nehme einen tiefen Atemzug. Dann schließe ich das Fenster, dass ich zum lüften geöffnet hatte.
Ich finde meine Eltern in der Küche. Als ich den Raum betrete, sehen mich beide an. Ich kann in ihren Gesichtern sehen, dass sie Angst haben. Ich bleibe in der Tür stehen.
„Guten Morgen. Ich weiß nicht genau, wie ich anfangen soll und es gibt bestimmt noch viel zu klären, aber ich möchte euch sagen, dass ihr immer meine Eltern sein werdet und dass ich euch liebe.“ Ich kann die Erleichterung auf ihren Gesichtern sehen und Mama springt auf und nimmt mich in den Arm. Sie will etwas sagen, aber als sie den Mund öffnet, kommt nur ein Schluchzen raus. Wir schauen uns an und müssen lachen. Ich löse mich von ihr, umarme Papa, dem die Rührung ins Gesicht geschrieben steht und setzte mich an den Tisch.
Während ich mir ein Brot mit Marmelade bestreiche, macht mir Mama einen Milchkaffee. Als ich dann nach Matteo frage, erfahre ich, dass er gestern operiert wurde und jetzt einen Gips hat. Er muss noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben, aber nur zur Beobachtung.
In einer Woche geht die Schule wieder los und er wird hingehen können, was er gar nicht toll findet. Zum Glück ist es sein linker Arm und er kann die meisten Sachen selbstständig machen. Bei der Erwähnung der Schule muss ich schlucken. Ich komme jetzt ins letzte Schuljahr und am Ende habe ich dann mein Abitur oder eben nicht. Das heißt aber auch, dass ich mir überlegen muss, was ich danach machen will. Chiara, die Einzige meiner
Freundinnen, die mit mir zusammen in die Klasse geht, weiß, zum Beispiel, ganz sicher, dass sie Jura studieren will. Und ich? Ich habe keine Ahnung, was ich mit meinem Leben anfangen will. Egal was ich mir anschaue oder überlege, nichts fühlt sich richtig an. Ich beneide Personen wie Chiara, die genau wissen, was sie mit ihrem Leben machen wollen.
So in Gedanken vertieft, esse ich und als ich aufschaue, sehe ich, dass mich meine Eltern beide anschauen.
„Tirana, wir sind gerade ziemlich unsicher und wissen nicht genau, wie wir dir helfen können. Du kannst jeder Zeit zu uns kommen, wenn du Fragen oder Sorgen hast.“
„Ach Mama, macht euch mal keine Sorgen. Macht einfach das, was ihr auch die letzten 18 Jahre getan habt. Ich werde bestimmt immer mal wieder komische Phasen haben, aber da ich ein Teenager bin, wird das ja wohl auch erwartet. In Gedanken war ich wegen der Schule. Ich weiß immer noch nicht, was ich danach machen will.“ Seufzend lehne ich mich zurück und schaue aus dem Fenster.
„Mein Schatz, du musst dich da gar nicht unter Druck setzten. Wenn du es in diesem Jahr nicht herausfindest, dann mach eben ein Jahr Pause und probiere alles Mögliche aus oder reise. Wenn man mal auf sich alleine gestellt ist, dann lernt man viel über sich selbst. Oder geh als Au-pair in ein anderes Land. Dir stehen alle Wege offen. Du weißt ja, dass dir deine
Großeltern Geld hinterlassen haben über das du jetzt, wo du 18 bist, frei verfügen kannst.“
Ich dachte über die Worte meiner Mutter nach und fühlte mich etwas leichter. Es nahm mir irgendwie den Druck und ich wusste, dass meine Eltern hinter mir standen, egal wie ich mich entscheide und das gab mir ein warmes Gefühl.
„Danke, Mama. Ich werde mal auf mein Zimmer gehen, meine Schulsachen kontrollieren und sehen ob ich noch was besorgen muss. Später treffe ich mich vielleicht noch mit Guilia oder Bella.“
Ich stehe auf, räume mein Geschirr weg und gehe auf mein Zimmer. Allerdings packe ich erstmal die Sachen aus, die wir gestern gekauft haben und breite sie auf dem Bett aus. Ich muss lächeln, als ich an den gestrigen Tag mit meinen Freundinnen denke und versuche mich, mit aller Macht, davon abzuhalten, daran zu denken, wie der Tag begonnen hat. Aber es nützt alles nichts. Sein Gesicht taucht vor meinem inneren Auge auf und ich setzte mich aufs Bett.
Ich kannte ihn nur ein paar Stunden und außer seinem Namen, weiß ich fast nichts von ihm, aber es kommt mir so vor, als wäre mir etwas gestohlen worden. Ich habe noch nie so für einen Mann empfunden und ich weiß einfach nicht damit umzugehen. Es zieht in meiner Brust und ich würde mich am liebsten zusammenrollen und weinen. Aber ich reiße mich zusammen, stehe auf und räume die Sachen in meinen Schrank. Dann nehme ich mir meine Schulsachen vor und schaue was ich noch brauche. Ich mache mir eine Liste und nehme mir vor, dass gleich Anfang der Woche zu erledigen, bevor der ganze Wahnsinn losgeht.
Dann packe ich das Ladekabel und Powerbank ein, die mir Guiletta geliehen hat in meine Tasche und gehe nach unten. Ich sage meinen Eltern kurz Bescheid und mache mich auf den Weg.
Bei Guilia angekommen, klingle ich und kurz darauf öffnet ihre Mutter die Tür. Sie erklärt mir, dass Guiletta keine Zeit hat, da sie Besuch haben, Ich gebe ihr die Sachen und bitte sie, sie Guilia zu geben. Dann verabschiede ich mich. Ich stehe unschlüssig auf der Straße. Ich könnte zu einer meiner anderen Freundinnen gehen, aber plötzlich kommt mir ein Gedanke und nach kurzer Überlegung, beschließe ich diesem zu folgen.
Tirana
Als ich vor der Kirche ankomme, stehe ich da und schaue auf die Stufen. Irgendwo hier habe ich vor 18 Jahren gelegen. Was muss in einer Frau vorgehen, die ihr Kind vor einer Kirche ablegt? Ich bin mir nicht sicher, wie ich mich, in Bezug auf meine Mutter, fühle. Sollte ich wütend oder traurig sein? Wenn ich in mich hineinhorche, ist da gar nichts.
Langsam gehe ich die Stufen hoch und gehe durch die offene Tür in die Kirche. Drinnen ist es dunkel und außer zwei Frauen, die vorne aufzuräumen scheinen, ist niemand da. Meine Eltern waren öfters mit uns hier. Sie sind zwar gläubig, aber keine besonders eifrigen Kirchengänger.
Langsam gehe ich nach vorne. Als ich näherkomme, sehe ich, dass eine der Frauen eine Nonne ist. Ich gehe auf sie zu und bleibe unschlüssig stehen. Sie dreht sich um und lächelt mich an, was ich unsicher erwidere. Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee war hierher zu kommen, aber jetzt bin ich nun mal hier.
„Hallo, kennen sie vielleicht eine Schwester Agathe?“ frage ich leise.
„Warum möchtest du das wissen?“ fragt sich mich, immer noch freundlich lächelnd.
„Ich möchte sie nur etwas fragen“ antworte ich und schaue unsicher auf meine Hände. Als sie eine ganze Zeit nichts sagt, schaue ich auf und sehe, dass sie mich beobachtet.
„Dann frag mich, junge Dame“
„Du… sie sind Schwester Agathe?“ frage ich stockend. Eigentlich weiß ich gar nicht, was ich fragen will, aber das ist der einzige Name, den mein Vater erwähnt hat.
„Ja, das bin ich. Was möchtest du denn wissen?“
„Ich bin Tirana Hofer“ bevor ich weitersprechen kann, sehe ich das Erkennen in ihren Augen und stocke.
„Oh ja, jetzt erkenne ich diese Augen. Die hattest du schon, als ich dich gefunden habe. So tief braun, wie frische Erde.“
Wir schauen uns an und ich muss lächeln. Die meisten vergleichen meine Augen eher mit Schokolade.
„Mein Vater hat mir an meinem 18. Geburtstag erzählt, dass ich adoptiert wurde und der einzige Name, den er erwähnt hat, war Ihrer.“
„Ja, ich habe vor zwei Tagen an dich denken müssen und eine Kerze für deine Mutter angezündet. Ich habe dich damals gefunden, aber alle zusammen haben wir uns, um dich gekümmert. In den paar Wochen, in denen du hier warst, gab es jeden Abend Diskussionen, in wessen Zimmer du die Nacht verbringst. Wir haben uns so für dich gefreut, als dich die Hofers adoptiert haben.“
„Ja, ich hatte viel Glück. Ich habe nie geahnt, dass ich adoptiert wurde. Als ich es erfahren habe, war es ein Schock, aber eigentlich ändert es gar nichts. Sie lieben mich und ich liebe sie. Ich wollte einfach nur mal herkommen und mir alles ansehen. Ich kenne die Kirche zwar, aber irgendwie ist es jetzt ganz anderes.“
„Möchtest du mal ins Kloster?“ fragte Schwester Agathe mich „Ein paar meiner Schwestern, die damals schon da waren, würden sich bestimmt freuen.“
Als ich nicke, läuft sie los und winkt mir, ihr zu folgen. Sie bleibt kurz stehen, um ein paar Worte mit der Helferin zu wechseln und geht dann weiter. Ich schaue mich um, während wir durch einen dunklen Gang laufen. Dann kommen wir zu einem Kreuzgang, der einen schönen Garten umgibt. Hier laufen einige Nonnen geschäftig hin und her und schauen uns neugierig an, ohne uns anzusprechen. Schwester Agathe führt mich weiter und wir kommen in eine geschäftige, heiße Küche.
„Schwester Marie, kannst du bitte ein Gedeck mehr zum Nachmittagstee aufdecken. Danke.“
Eine der Nonnen in der Küche winkt ihr kurz zu ohne dabei aufzuschauen oder etwas zu sagen. Aber das scheint Schwester Agathe zu reichen. Sie legt mir die Hand auf den Rücken und führt mich wieder raus.
„Zum Nachmittagstee treffen wir uns alle, um kurz inne zu halten und auch ein paar Sachen zu klären. Das ist der beste Zeitpunkt, dass ich dich vorstellen kann. Aber vorher müssen wir mit der Oberin reden.“
Während sie das sagt, kommen wir in einen großen, offenen Raum indem der größte Tisch steht, den ich je gesehen habe. Er sieht aus, wie ein riesiges „E“, aber ich kann nirgendwo Übergänge oder Verbindungen sehen. Er scheint aus einer einzigen, riesigen Holzplatte zu bestehen, obwohl das nicht möglich sein kann. Schwester Agathe führt mich in den Raum rein und zu einem Stuhl an der Seite, wo sie mich bittet zu warten. Dann geht sie und hilft den anderen Schwestern beim Tisch decken. Ich schaue ihnen fasziniert zu wie sie Hand in Hand arbeiten, ohne auch nur ein einziges Wort zu sprechen.
Nach und nach füllt sich der Raum. Als eine etwas anders gekleidete Nonnen den Raum betritt, geht Schwester Agathe zu ihr. Sie reden und dann zeigt sie auf mich. Beide schauen mich kurz an und ich glaube ein Lächeln auf dem Gesicht der anderen Nonne zu sehen.
Sie steht in der Mitte des Tisches und als alle sitzen, begrüßt sie sie und redet kurz über ein paar interne Sachen. Alle hören zu und es ist erstaunlich ruhig. Wenn ich nur mit meinen Freundinnen am Tisch sitze, ist es lauter und wir sind 6 und nicht 30-40.
Ich denke immer noch darüber nach, als ich sehe, wie mich Schwester Agathe zu sich winkt. Sie sitzt in der Nähe der Frau, die immer noch redet. Ich stehe auf und gehe langsam auf sie zu.
„Wie die meisten von euch mitbekommen haben, haben wir heute einen Gast. Für die von euch, die vor 18 Jahren noch nicht hier waren, ist sie eine Fremde, aber alle anderen, werden sich freuen sie wiedersehen. Liebe Schwestern, das ist Tirana.“
Als sie meinen Namen nennt, werden ungefähr zehn der Nonnen unruhig. Einige schlagen sich die Hand vor den Mund und andere erheben sich etwas, um besser zu sehen. Ich lächle verlegen und hebe die Hand zum Gruß etwas an.
„Liebe Mitschwestern, bitte beruhigt euch. Ihr habt nachher Zeit. Tirana bitte setz dich neben mich und sei unser Gast. Fr alle, die vor 18 Jahren nicht hier waren zur Erklärung. Ihr habt bestimmt einmal, davon gehört, dass damals ein Baby vor unserer Tür abgelegt wurde
und einige Wochen bei uns verbracht hat. Dieses Baby war Tirana.“ Jetzt erntete ich neugierige Blicke der übrigen Nonnen, was mich in meinem Stuhl etwas nach unten sinken ließ.
„Da diese Teezeit etwas aufregender als gewöhnlich war, plädiere ich dafür, dass wir uns alle noch etwas entspannen.“ Dann setzte auch sie sich endlich hin und trank ihren, mittlerweile kalten, Tee. Ich bin immer noch sehr unsicher und angespannt, aber alle lächeln mich freundlich an, so dass auch ich mich langsam entspanne.