Todeswächter - Veit Etzold - E-Book

Todeswächter E-Book

Veit Etzold

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Beschreibung

Eine Serie rätselhafter Morde erschüttert Berlin. Zwischen den Opfern gibt es keine Verbindung - außer der Handschrift des Täters: Die Leichen wurden nach ihrem Tod auffällig in Szene gesetzt, in ihren Mundhöhlen findet die Polizei antike Münzen. Doch das Merkwürdigste: Es gibt eindeutige Hinweise darauf, dass der Täter sich über einen längeren Zeitraum bei den Opfern aufgehalten hat. Allerdings ist die an den Tatorten sichergestellte DNA jedes Mal eine andere. Sind hier womöglich mehrere Mörder am Werk?

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Inhalt

Cover

Über den Autor

Titel

Impressum

Widmung

Prolog

Erster Teil

1

2

3

4

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Zweiter Teil

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Dritter Teil

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Dank

Fußnoten

Leseprobe – Killer’s creek

Leseprobe – Im Keller des Killers

Über den Autor

Veit Etzold, geboren 1973 in Bremen, studierte Anglistik, Kunstgeschichte, Medienwissenschaften und General Management in Oldenburg, London und Barcelona. 2005 promovierte er zum Kinofilm »Matrix«. Während und nach seinem Studium arbeitete er für Medienkonzerne, Banken, in der Unternehmensberatung und in der Management-Ausbildung. Veit M. Etzold lebt in Berlin.

Veit Etzold

TODES-WÄCHTER

Thriller

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Originalausgabe

Ein Projekt der AVA international GmbH

Autoren- und Verlagsagentur

www.ava-international.de

Copyright © 2014 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Wolfgang Neuhaus

Titelillustration: © shutterstock/Fer Gregory;

© shutterstock/Yanush; © shutterstock/NickSorl

Umschlaggestaltung: Massimo Peter

E-Book-Produktion: Urban SatzKonzept, Düsseldorf

ISBN 978-3-8387-5401-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Für Saskia

Prolog

Ye subterraneous gods! Whose awful swayThe gliding ghosts, and silent shades obey:O Chaos hoar! and Phelethon profound!Whose solemn empire stretches wide around;Give me, ye great, tremendous powers to tellOf scenes and wonders in the depth of hell;Give me your mighty secrets to displayFrom those black realms of darkness to the day.

– Christopher Pitt, Aeneid VI, 371–378

Die Augen bewegten sich.

Doch die Frau, der diese Augen gehörten, konnte sich nicht bewegen.

Ihr brach der Schweiß aus. Anfangs war es nur ein dünner Film auf der Haut, dann liefen ihr dicke Tropfen übers Gesicht.

Der Mann wusste, warum sie schwitzte.

Er wusste auch, warum ihr Gesicht unter der Maske sich allmählich blau verfärbte. Er blickte in ihre weit aufgerissenen Augen – das Einzige, was er von ihrem Gesicht sehen konnte, weil alles andere von der schwarzen Maske verdeckt wurde. Wie bei einem chirurgischen Eingriff, bei dem nur der Operationsbereich zu sehen ist.

Der Druck in ihrem Schädel ließ die Blutgefäße platzen. Ihr Augenweiß färbte sich rot. Wie die Augen eines Dämons, dachte der Mann und beobachtete, wie sie sich mit aller Kraft gegen das Unvermeidliche auflehnte. Sie zerrte an den Fesseln, bis ihre Handgelenke blutig waren und rote Rinnsale an ihren Fingern hinunterliefen. Verzweifelt versuchte sie, den Körper anzuheben, doch die Fesseln hielten sie in unbarmherzigem Griff.

Entgeistert sah der Mann, wie ein Ausdruck des Begreifens in ihren Augen erschien, während Panik über ihr Gesicht huschte. Sie erkannte die Aussichtslosigkeit ihrer Situation.

Du wirst es nicht schaffen, dachte der Mann, auch wenn du es versuchst. Niemand kann sich gegen die Macht des Schicksals stemmen. Und niemand kann dir helfen.

Fassungslos schaute er zu, wie die Frau sich quälte. Er musste zuschauen, er konnte nicht anders. Er wartete auf jenen Augenblick, in dem es passierte. Deshalb nahm er keine Sekunde den Blick von den blutroten Augen, obwohl es besser gewesen wäre, sich dieses Bild zu ersparen. Aber manche Dinge tut man, obwohl man weiß, dass man sie nicht tun sollte. Auf gar keinen Fall. Wie bei einem Horrorfilm, bei dem man hinschaut, obwohl man weiß, dass man die ganze Nacht Albträume hat.

Aber das hier war kein Film. Das hier war Wirklichkeit.

Wie gebannt blickte er in die Augen der Frau. Blutrote Augen.

Dämonenaugen.

Wobei er nicht wusste, wer von ihnen beiden der Dämon war.

Mittlerweile zuckte die Frau in heftigen Krampfanfällen. Er hörte ihre verzweifelten Laute, dumpf, erstickt, weil ihr Mund und die Nase von der Maske verschlossen wurden.

Mit einem Mal bebte ihr Körper so heftig, als wollte sie den Tod abschütteln, der immer mehr, immer schneller Besitz von ihr ergriff.

Jetzt sind es nur noch Sekunden, dachte der Mann.

Die wenigen Sekunden, in denen der Überlebenswille sich noch gegen die Macht des Todes behaupten konnte.

Ein letztes qualvolles Stöhnen, dann brach der Blick der Frau.

Es war jener unbeschreibliche Moment, den zu erleben der Mann an diesen Ort gekommen war.

Der Moment, in dem er sich wünschte, selbst zu sterben.

Der Augenblick des Todes.

Doch es war noch nicht zu Ende.

Der Tod ist erst der Anfang, hatte man ihm gesagt.

Erster Teil

Mein Platz ist eine stinkende Vertiefung in einem alten Grab, als Schreibtisch dient mir die Rückseite eines umgestürzten Grabsteins, und mein einziges Licht ist das Licht der Sterne und einer hellen Mondsichel. Und doch kann ich so deutlich sehen, als wäre es heller Tag.

– H. P. Lovecraft, Die geliebten Toten

1

Ich bin in der Hölle.

Anders konnte Clara Vidalis sich ihre Situation nicht erklären.

Sie war nackt und gefesselt. Eine einzige Wunde. Geschändet und zerfleischt, Arme und Beine zerschnitten von einer riesigen Klinge, die sich langsam ihrem Hals näherte. Der blutige Stahl blitzte matt im Schein der Deckenleuchte wie das Licht über einem Sektionstisch.

Nur dass Clara nicht tot war. Vivisektion nannte man Obduktionen, bei denen der Mensch noch lebte. Im Zweiten Weltkrieg hatte man solche Experimente gemacht. Und gehofft, so etwas würde sich nie wiederholen.

Aber das Grauen lebte weiter. Es lässt sich nicht töten.

Auch Clara war nicht tot. Und wurde trotzdem seziert.

Vivisektion.

Der Begriff hallte in ihrem Kopf wie ein Echo aus der Hölle.

Du bist nicht tot. Und sie werden dafür sorgen, dass du noch lange nicht stirbst.

In jede Körperöffnung hatten ihre Peiniger etwas hineingeschoben, auch tief in den Rachen. Clara schluckte, würgte, keuchte. Ein grässlicher Gedanke durchfuhr sie: Wenn du dich jetzt übergeben musst, erstickst du am eigenen Erbrochenen.

Sie lag auf Nägeln und Klingeln. Geschmolzenes Plastik tropfte auf sie, hinterließ schwarzrote Spuren auf ihrer Haut. Sie war schweißgebadet. Oder war es kein Schweiß? War es ihr Blut, das an Armen und Beinen herunterströmte und ihre Augen verschleierte, sodass sie die Welt nur noch als blutrote Leinwand sah?

Eine Welt, in Blut gemalt.

Plötzlich wusste sie, was geschah.

Sie wurde gefoltert, zu Tode gequält von den Mördern, Vergewaltigern und Kinderschändern, die sie hinter Gitter gebracht hatte. Sie hatte diese Scheusale gejagt, damit sie niemanden mehr töten konnten, damit es keine weiteren Opfer mehr gab, kein weiteres Leid.

Nun aber hatten diese Ungeheuer den Spieß umgedreht. Nun war Clara selbst das Opfer. Und niemand wusste besser als sie, wozu diese Bestien fähig waren.

Sie, Clara Vidalis, Chefin der Abteilung für Pathopsychologie am LKA Berlin, hatte sich ihr halbes Leben lang mit Dämonen in Menschengestalt beschäftigt. Mit den gähnenden Abgründen ihrer Seele, den nachtschwarzen Schatten ihrer Persönlichkeit.

Nun war sie selber an diese Dämonen geraten, die sie hinunterzerrten in ihre Hölle aus Schmerz und Qual, um ihr die unaussprechlichen Dinge anzutun, mit denen sie all jene bestraften, die ihrem grausamen Treiben im Weg stehen.

Und sie würden entscheiden, wie lange Clara sich quälen musste.

Sie würden entscheiden, wie groß der Schmerz war.

Sie würden entscheiden, ob ihr Opfer Hoffnung schöpfen durfte und wann diese Hoffnung sich wieder zerschlug.

Sie würden entscheiden, wann Clara sterben musste und wie qualvoll. Sie wollten Kontrolle über ihr Opfer, sein Leben, sein Leiden.

Es würde so sein wie immer. Nur dass diesmal sie den Sieg davontragen würden. Diesmal war Clara in ihrer Gewalt.

Sabbernd, mit gierigen Blicken umstanden sie ihr nacktes Opfer und begafften es mit fiebrigen Augen.

Schaudernd blickte Clara auf die Werkzeuge ihrer Peiniger: Messer, Nadeln, Bunsenbrenner, Lötkolben. Das Handwerkszeug von Metzgern, Klempnern, Tischlern und Chirurgen, die hier eine ganz neue Verwendung fanden.

Die der Folter.

Der Schmerz war unerträglich, trotzdem war Clara bei vollem Bewusstsein und würde es bleiben. Diese Kreaturen würden unbarmherzig weitermachen. Wenn sie das Bewusstsein verlor, würden ihre Peiniger sie aufwecken und weiter foltern. Stundenlang, tagelang. Sie würden Clara spüren lassen, wer hier die Macht besaß.

Und je mehr Clara um Gnade flehte, je lauter sie schrie und weinte, betete und bettelte, umso mehr würde sie die düsteren Fantasien dieser Brut anheizen. Ihr Blut und ihre Tränen waren der Treibstoff, der die Foltermaschine am Laufen hielt.

Das ist die Quittung, dachte Clara. Die Quittung für zehn Jahre Jagd auf den schlimmsten und scheußlichsten Abschaum der Menschheit. Serienkiller. Kindermörder. Triebtäter.

Und wenn sie dann irgendwann nach ihrer Mama schrie wie ein achtzehnjähriger Soldat an der Front, würden ihre Folterer wissen, dass sie ihr Ziel erreicht hatten. Dann hatten sie ihr Opfer zerbrochen. Dann hatte das Böse doch noch gesiegt. Sie würden jubeln und grölen vor perverser Freude.

Und erst recht weitermachen.

Das Böse, ging es Clara verschwommen durch den Kopf, ist nicht fassbar. Nur in seinen Taten. Und in seinen Gesichtern.

Man hatte versucht, dem Bösen Gesichter zu geben. Satan, Luzifer, der Teufel – das waren die unsichtbaren Gesichter. Doch es gab auch sichtbare: Hitler, Stalin, Pol Pot.

Die wahren Gesichter des Bösen jedoch waren all jene, die nun auf die nackte, blutige Clara starrten und ihren Körper in eine einzige offene Wunde verwandelten.

Claras Herz schlug rasend schnell. Sie zuckte vor Schmerz zusammen, als ihr etwas Hartes, Spitzes tief in den Hals eingeführt wurde. Sie spürte, wie heißes Blut ihre Speiseröhre hinaufschoss, um dann träge an den Mundwinkeln hinunterzurinnen, während ihre Magensäure sich mit Blut vermischte, sodass sie in einem Hustenanfall schieren Ekels blutiges Erbrochenes ausspie.

Lieber Gott, betete sie, lass mich sterben. Lass mich das nicht zu Ende durchstehen müssen. Lass mich bewusstlos werden und sterben. Bitte, bewahre mich vor den Qualen der Hölle!

Doch die Qualen hielten an.

Ich muss schon in der Hölle sein, dachte Clara. Die Hölle, wenn es sie denn gibt, kann schlimmer nicht sein.

Dann sah sie das Licht – ein helles Licht, das sie von der Seite anstrahlte und sie mit lautem, rhythmischem Lärm begrüßte.

Bin ich endlich tot? Ist dieses Licht das Leben nach dem Tod? Ist es der Himmel?

Das Licht flackerte und wurde dunkler, im gleichen Rhythmus wie der seltsame Ton, der in stetem Wechsel anschwoll und verebbte, während die lüsternen Fratzen, die gaffenden Augen, die Folterinstrumente und das Blut langsam hinter einem Vorhang aus Stille verschwanden.

***

Das Licht des Displays pulsierte in der Dunkelheit, als das Handy schrill klingelte.

Clara schreckte schweißgebadet aus dem Schlaf. Das schwarze Haar klebte ihr am Kopf wie ein Helm, die Boxershorts und das T-Shirt hafteten wie eine zweite Haut an ihrem Körper. Ihr Atem, ein heiseres Stakkato, ging so schnell und laut, dass er selbst das Klingeln ihres Handys auf dem Nachttisch übertönte.

Panikerfüllt strampelte sie die Decke weg. Schaute auf ihre Beine. Ihre Arme. Zog das T-Shirt hoch und blickte über ihren Bauch und ihre Brüste. Tastete über die Haut auf ihrem Rücken.

Nichts.

Die Messer, Sägen, Bohrer, Lötkolben. Sie hatten nicht wirklich existiert.

O Gott, danke, es war nur ein Albtraum!

Aber er konnte wahr werden. Dinge verschwanden nicht, indem man sie verdrängte.

Clara nahm den Anruf an. Ihr Atem rasselte noch immer.

»Vidalis.«

»Guten Morgen, Señora«, sagte Kriminaldirektor Winterfeld, Claras unmittelbarer Vorgesetzter, seines Zeichens Leiter der Mordkommission 113 am LKA. Die Abteilung für die besonders schweren Fälle, in der auch Clara arbeitete.

Winterfelds Worte holten sie zurück in die Realität. Selten war sie so glücklich gewesen, seine Stimme zu hören.

»Wir haben einen Fundort, scheint aber eher ein Tatort zu sein. Hubertusallee. Eine Frau. Ermordet, wie es aussieht. Ein qualvoller Tod, meinen die Kollegen.«

»Was Sie nicht sagen.« Ein qualvoller Tod. Die Bilder des Albtraums erschienen wieder vor Claras Augen.

»Können Sie schon mal hin und die Spurensicherung überwachen?«, fragte Winterfeld. »Von Weinstein ist ebenfalls unterwegs. Ich komme so schnell wie möglich nach.«

»In Ordnung. Bis gleich.«

Clara beendete den Anruf und blinzelte in die Morgendämmerung.

Ein qualvoller Tod.

Diesmal war es kein Traum, es war Realität. Jeder Traum konnte Wirklichkeit werden, ganz besonders Albträume.

Clara schwang die Beine aus dem Bett, zog sich die schweißnassen Sachen aus und ging mit unsicheren Schritten in die Dusche.

2

Zwanzig Minuten später stieg Clara aus dem Wagen und blinzelte in den dunkelgrauen Morgenhimmel.

Es war sechs Uhr früh, und sie war noch nicht ganz wach.

Sie blickte zu dem Haus hinüber. Drei Polizisten standen mit dampfenden Kaffeebechern vor dem Eingang. Das Haus stand ein wenig abgelegen in einer der besseren Gegenden der Stadt. Es schmiegte sich an den Waldrand, als wollte es unbedingt erfahren, wie die Besucher auf die Schrecken reagierten, die es im Inneren bereithielt.

Eine der besseren Gegenden, dachte Clara. Das hatte nicht immer etwas zu bedeuten. Wie Kriminaldirektor Winterfeld sich auszudrücken pflegte: »Die schmutzigsten Leitungen führen durch die saubersten Viertel.«

Clara hatte schon so viele Tatorte gesehen, dass sie ein Gespür dafür entwickelt hatte, ähnlich ihrem sechsten Sinn für die Opfer selbst. So wie die Toten sie mit klagenden Augen anstarrten und durch ihre nächtlichen Träume geisterten, schienen auch die Tatorte zu Clara zu sprechen.

So wie dieses Haus.

Ich habe da etwas in meinem Bauch. Ihr werdet es finden, und ihr werdet es mitnehmen, und ich werde so sein wie vorher. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vielleicht werden Kinder schreien und Katzen miauen, wenn sie mich betreten, weil sie riechen, dass hier etwas Grauenhaftes geschehen ist. Vielleicht werden schmierige Makler in billigen Anzügen mich weitervermieten oder verkaufen und niemandem erzählen, was sich hier abgespielt hat. Das weiß nur ich. Und ich behalte es für mich, bis die Wahrheit ans Licht kommt und die Leute vor Angst schreien. Dann saugen meine Wände ihre Schreie auf. Denn ich war vor ihnen da und werde nach ihnen da sein.

Clara ging ein paar Schritte in Richtung Gartenpforte. Und ertappte sich dabei, wie sie mit dem Haus sprach: Was für Geheimnisse hast du, die nie jemand erfahren wird?

In einem der Zimmer brannte Licht. Ein schwaches Leuchten, das gegen die Dunkelheit der sterbenden Nacht ankämpfte, als würde das Haus selbst gerade erst erwachen.

Die Eingangstür stand offen. Die Bereitschaftspolizisten grüßten Clara mit einem Nicken. Auf den Take-away-Kaffeebechern, die sie in der Hand hielten, erkannte Clara das Logo der Bäckerei, an der sie vorhin vorbeigefahren war. Einen Moment ärgerte sie sich. Sie hätte sich auch einen Kaffee besorgen sollen, denn der Albtraum in der Nacht zuvor hatte ihr das letzte bisschen Schlaf geraubt. Sie war zum Umfallen müde.

»Hauptkommissarin Vidalis?«, fragte einer der drei Polizisten, drehte die Abdeckung seines Kaffeebechers nach vorne und nahm vorsichtig einen kleinen Schluck. Der Mann hatte einen beängstigenden Bauch. Clara fragte sich, wie es wohl aussah, wenn er jemanden verfolgte.

Sie nickte. »Die Kollegen?«, fragte sie dann.

»Sind schon drin.«

»Und?«

Der Dicke zuckte die Schultern und zupfte an seiner Dienstmütze. »Eine Tote.«

»Schlimm?«

»Sagen wir mal so«, antwortete der Dicke in gedehntem Berlinerisch und versuchte, den Bauch einzuziehen. »Eine hässliche Tat in schöner Umgebung.«

***

Das Zimmer war abgedunkelt, das Fenster gekippt. Ein Fliegenschwarm umschwirrte die Leiche, die in ein weißes Nachthemd gehüllt auf dem Bett lag. Auf einem weißen Laken. Clara trat näher und versuchte, den Geruch zu ignorieren, der sich bereits im ganzen Zimmer ausgebreitet hatte. Über dem Bett hing ein großformatiges Foto. Es zeigte eine etwa vierzigjährige Frau und einen Mann in ungefähr gleichem Alter, vielleicht ein bisschen älter. Waren das die Eheleute, die hier gewohnt hatten? Es war kein Hochzeitsbild, aber die Art Foto, die man beim Fotografen mit der Bemerkung »Es soll romantisch aussehen« in Auftrag gibt. Ob die Frau damals geahnt hatte, dass dieses Bild einmal auf ihre Leiche hinunterschauen würde? Claras Blick huschte vom Foto zu der Toten. Mit Sicherheit ein und dieselbe Frau, dachte sie.

Vor dem Bett ein Sessel.

Der Sessel war mit Absperrband markiert, denn es bestand die Möglichkeit, dass sich Spuren des Täters daran befanden. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Ermittler wichtige Spuren zerstörte, indem er sich unbedarft auf einen Sessel setzte.

»Weiblich, um die vierzig«, sagte von Weinstein, der seinen Dienstkoffer ausgepackt hatte und das Gesicht der Leiche untersuchte. Zwei Kriminaltechniker in weißen Papieranzügen stapften mit ihren ebenfalls weißen Überschuhen durchs Zimmer, klebten Faserproben ab, tupften mit Grafitpinseln auf der Oberfläche des Nachttisches und machten Aufnahmen. Die Blitze ihrer Kameras ließen Sterne vor Claras Augen tanzen.

Dr. von Weinstein war der stellvertretende Leiter des Instituts für Rechtsmedizin in Berlin. Sein gebräunter Teint und die silberne Designerbrille unter den gegelten Haaren entsprachen so gar nicht dem Klischee des graugesichtigen Rechtsmediziners, wie er häufig in Filmen auftaucht.

»Todeszeitpunkt?«, fragte Clara.

»Da ihre Körpertemperatur sich bereits der Umgebungstemperatur angeglichen hat«, antwortete von Weinstein, »lässt sich keine genaue Leichenliegezeit mehr berechnen.« Aus seiner rauen Stimme schloss Clara, dass auch er vor Kurzem erst aufgestanden war.

Sie verdrehte die Augen. »Wann ungefähr ist der Tod eingetreten?«

»Vor zwei bis drei Tagen. Der Körper weist bereits Grünfäulnis auf.« Grünfäulnis begann in der Regel als grünlicher Fleck im rechten Unterbauch, da hier der Darm direkt unter der Haut lag.

Clara fixierte das Bett, auf dem die Leiche lag, dann die Tote selbst. Die Augen waren rötlich und geweitet, das Gesicht blau angelaufen, was in bizarrem Kontrast zum knallroten Lippenstift stand, mit dem sie geschminkt war. Rechts und links neben der Toten standen große erloschene Kerzen. Clara stellte sich vor, wie sie noch gebrannt und den flackernden Schatten der Leiche an die Wände geworfen hatten, als würde die Seele der Frau im Zimmer umhergeistern und sich anschauen, was mit dem Körper geschehen war, den sie so lange bewohnt hatte.

Von Weinstein drehte mit einer Pinzette die Augenlider der Leiche um, sodass die Bindehaut sichtbar wurde.

»Petechien«, sagte er.

Punktblutungen, dachte Clara. Punktblutungen in den Augenbindehäuten, die dann auftraten, wenn hoher Druck auf die Gefäße ausgeübt wurde. Solche Blutungen an Prädilektionsstellen wie den Augenlidern, der Mundschleimhaut oder der Haut hinter den Ohren waren ein Hinweis darauf, dass jemand durch Gewalteinwirkung auf den Hals – zum Beispiel durch Erwürgen – ermordet worden war.

»Also ist sie …«, begann Clara.

»Entweder erstickt oder stranguliert worden.« Von Weinstein nickte. »Der Hals sieht allerdings unauffällig aus.«

Erstickt.

Der Tod der Frau musste qualvoll gewesen sein. Die Angst vor dem Ersticken ist eine tief sitzende Urangst. Wenn man kein Kohlendioxid mehr ausatmen kann, sodass der CO2-Gehalt des Blutes steigt, kommt es zur Panik, da das Gehirn auf einen CO2-Anstieg im Blut mit Todesangst reagiert. Wer so stirbt, leidet grausam, bis der Tod eintritt.

Clara riss sich von diesem Gedanken los und ließ den Blick wieder über den Tatort schweifen. Die Kerzen rechts und links, das weiße Nachthemd, der knallrote Lippenstift. Die Hände der Leiche waren zu beiden Seiten ausgestreckt und mit Fesseln fixiert.

Clara trat näher heran.

»Was ist da in ihrer rechten Hand?«

Von Weinstein folgte ihrem Blick. »Wie es aussieht, ein Handy.«

»Ein Handy?« Clara schaute auf die Leiche. »Ihr Handy?«

Von Weinstein zuckte die Schultern. »Hellsehen kann ich nicht.«

Clara streifte einen Handschuh über und hob die Hand der Toten ein paar Millimeter. »Hat sie versucht, jemanden anzurufen?«

Erneutes Schulterzucken seitens von Weinstein. »Möglich. Dann muss die IT das Handy knacken. Das könnte Hermann übernehmen.«

Hermann arbeitete ebenfalls mit Clara im LKA 113. Das Knacken von Passwörtern war eines seiner Hobbys.

Clara schaute wieder auf das Handy.

Jemanden anrufen, dachte sie. Aber wie hätte die Frau das anstellen sollen? Sie ist gefesselt. Wie soll sie da das Handy ans Ohr halten? Und warum sollte der Täter ihr das Mobiltelefon in die Hand legen?

Draußen an der Tür sah sie den dickbäuchigen Polizisten, ein Handy am Ohr. »Jawoll, Herr Winterfeld«, hörte sie ihn sagen, »sind alle schon da. Dann sehen wir uns in zehn Minuten.«

Clara trat einen Schritt zurück und wäre dabei fast über den seltsamen Ledersessel gestolpert, der vor dem Bett stand. Ein Gedanke schoss ihr durch den Kopf, der irgendwie mit dem Sessel zu tun hatte, aber er war sofort wieder verschwunden, verscheucht von der stillen und zugleich grässlichen Szenerie, die sie vor Augen hatte, und von den Bildern, die der Anblick in ihr auslöste.

Sie trat noch einmal näher an das Bett heran.

Es passte nicht zusammen.

Der grauenvolle Tod des Erstickens, gleichzeitig dieses friedliche, durch die Kerzen beinahe feierliche Herrichten der Leiche im Bett. Als wäre sie aufgebahrt worden.

Clara schaute in das Gesicht der Toten. »Könnte es sein, dass sie stark geschminkt ist?«

Von Weinstein nickte. »Ja, sieht so aus.«

»Könnte der Täter das getan haben?«

»Möglich.«

»Haben Sie eine Erklärung dafür?«, fragte Clara.

»Vielleicht wollte er seine Tat rückgängig machen, indem er die unnatürliche blaue Farbe aus dem Gesicht verschwinden ließ.«

»Die Blaufärbung der Haut, die durch den Erstickungstod hervorgerufen wurde?«

»Ganz recht.« Von Weinstein nickte erneut.

»Das hier lag unter dem Bett«, erklang die Stimme eines Kriminaltechnikers.

Clara blickte sich um. Ein Beamter von der Spurensicherung hatte einen schwarzen Gegenstand vom Boden aufgehoben. Jetzt hielt er ihn in seinen weißen Gummihandschuhen.

»Was ist das? Eine Kappe?«, fragte Clara.

Der Mann legte das formlose schwarze Etwas auf eine Asservatentüte. »Es hat einen Schlitz. Und unten zwei Löcher und noch einen Schlitz, aber die sind beide von der anderen Seite mit Plastikfolie zugeklebt. Nur der obere Schlitz ist offen.«

Clara blickte angestrengt auf das Latexgebilde.

»Das ist eine Maske«, sagte sie. »Wie man sie in SM-Kreisen findet.«

Auch von Weinstein betrachtete die Maske nun eingehend. »Ja, stimmt. Erinnern Sie sich an den Typen in dem Sexclub vor ein paar Monaten, der bei Würgespielen mit einer Domina draufgegangen ist? Der hatte auch so ein Ding.«

Clara erinnerte sich. Es war eine bitterkalte Winternacht gewesen. Und es hatte fast eine halbe Stunde gedauert, bis der Clubbesitzer endlich das UV-Licht aus- und das normale Licht eingeschaltet hatte. Im UV-Licht hatte der Boden an vielen Stellen weiß geleuchtet. Und da Clara wusste, um welche Art Club es sich handelte, war es nicht schwer zu erraten, was da leuchtete. Eiweißverbindungen kamen unter UV-Bestrahlung besonders gut zur Geltung.

Was ist dieses klebrige Zeug da auf dem Boden?, hatte einer der jungen Polizisten sie gefragt. Ist das Cola?

Ich glaube nicht, dass Sie diese Cola trinken möchten, hatte Clara geantwortet.

»Ja, der Mann damals hatte auch so eine Maske«, sagte sie nun. »Aber hier.« Sie zeigte mit der Linken, an der sie den Gummihandschuh trug, auf die Maske. »Hier wurden die Löcher für Nase und Mund zugeklebt. Das bedeutet, wenn man die Maske aufsetzt …«

Von Weinstein beendete den Satz. »Erstickt man, und zwar jämmerlich. Es sei denn, man setzt das Ding schnell wieder ab.«

»Könnte es sein, dass die Frau sich die Maske selbst aufgesetzt und dann die Polizei verständigt hat?«

»Der klassische Hilferufsuizid?«, fragte von Weinstein. »Wo jemand sich bei vollem Haus halbherzig die Pulsadern anritzt, damit alle wissen, wie dreckig es ihm geht?«

»Wäre doch möglich.«

»Die Frau selbst wird dazu kaum in der Lage gewesen sein.« Von Weinstein wies auf die Hände der Toten. »Die Fesselspuren sprechen dagegen.«

Clara biss sich auf die Lippe. »Dann hat sie sich die Maske nicht freiwillig aufgesetzt. Und«, sie versuchte, gleichzeitig die Leiche, das Handy, die Maske und die Kerzen im Blick zu behalten, »jemand wollte, dass das Ganze nicht so schrecklich aussieht, wie es gewesen ist.«

Allmählich wurde ihr klar, was hier passiert war. Sie trat einen Schritt zurück und hielt die schwarze Latexmaske in die Höhe. »Aber der Reihe nach. Das hier ist die Mordwaffe, richtig?«

Von Weinstein nickte. »Richtig. Der Mörder hat die Frau gefesselt, hat ihr die Maske aufgezogen, sodass sie keine Luft mehr bekam …«

»Und dann ist sie von alleine gestorben, ohne dass er noch Hand anlegen musste.« Clara blickte blinzelnd auf die Szenerie. »Aber warum dieser Aufwand? Er hätte sich die Sache doch viel leichter machen können.«

Von Weinstein zuckte die Schultern. »Vielleicht hat er sich nicht getraut, den Mord … nun ja, direkter, unmittelbarer zu begehen. So wie dieser Kerl vor drei Wochen, der den Besoffenen im Bett mit Benzin übergossen und Feuer gelegt hat und dann abgehauen ist.« Von Weinstein untersuchte im Licht der Taschenlampe die blutigen Handgelenke der Leiche und wandte sich dann wieder dem Gesicht zu. »Manche Täter wollen töten, ohne das Sterben mit ansehen zu müssen, auch wenn sie genau dafür verantwortlich sind.«

Clara konzentrierte sich auf die Szene vor ihren Augen. Die Frau auf dem Bett. Die Latexmaske. Die Kerzen.

Die Kerzen, dachte Clara. Friedlich, beinahe feierlich. Zugleich befremdlich und erschreckend in dieser Umgebung. So befremdlich und erschreckend wie die gesamte Szenerie.

Weshalb dann die Kerzen? Damit andere sahen, dass der Mord nicht so grausam hatte sein sollen? Dass es nicht so gemeint war? Dazu würde auch die Schminke im Gesicht passen, um die Blaufärbung der Haut zu übertünchen, so, als wollte der Mörder die Tat rückgängig machen.

Ein Wort ging Clara durch den Kopf.

Undoing.

Was nichts anderes bedeutete als den Versuch, eine Tat ungeschehen zu machen.

Die meisten Tötungsdelikte, das wusste Clara, geschahen nicht aus Berechnung, sondern aus Wut und Kontrollverlust. In fünfundneunzig Prozent der Fälle war der Täter nicht viel nervenstärker als sein Opfer. Fälle von Undoing hatte Clara schon öfter gesehen. Ein junger Mann, zum Beispiel, hatte seine Mutter im Streit erschlagen. Irgendwann wurde ihm bewusst, was er Schreckliches getan hatte. Daraufhin hatte er die Leiche seiner Mutter auf die Couch gelegt, auf ihr Lieblingskissen, hatte ihr ein Glas mit ihrem Lieblingstee hingestellt und die Fernbedienung dazugelegt, als wollte er sagen: »Ich hab’s nicht so gemeint.«

Undoing.

3

Der Regen prasselte auf die aufgeweichte Erde, als der Sarg an vier Seilen in die Tiefe gelassen wurde. Der kleine Junge, der an der Hand seiner Mutter neben dem Grab stand, blickte dem Sarg mit einer Mischung aus Furcht und Gleichgültigkeit hinterher, als sähe er etwas, das er zwar vermissen sollte, aber nicht vermissen würde.

Er schaute auf den Grabstein. Lesen hatte er gerade erst in der Schule gelernt.

Wach auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, las er.

Hoffentlich nicht, dachte der kleine Junge. Schlafen kannst du, aber wach ja nie wieder auf!

Es war sein Vater, der in dem Sarg lag. Und viel größer als die Trauer über den Tod dieses Mannes, den er nie geliebt hatte, war die Angst des Jungen, Papa könnte den Sarg öffnen und wieder zurückkommen. Aber das, so hatte seine Mama ihn gelehrt, war unmöglich.

Wenn die Eltern sterben, hatte sie ihm gesagt, ist man erwachsen.

Der kleine Junge hatte seine Zweifel, ob man überhaupt jemals erwachsen wurde. Vor allem, wenn sich die eigenen Eltern alles andere als erwachsen benahmen.

Sein Vater hatte getrunken, viel getrunken.

Er hatte Mama geschlagen. Und ihn.

Mit der Zeit war Papas Bauch angeschwollen. Immer mehr, jeden Tag, jede Woche. Keiner wusste warum. Und Papa hatte weitergetrunken.

Eines Tages hatten sie aus dem Badezimmer ein schreckliches Geröchel und Geschrei gehört. Papa hatte auf dem Boden gelegen und Blut gespuckt. Er lag in einer roten Pfütze und sah aus wie ein riesiger zappelnder Fisch, den man aus einem blutigen Ozean gezogen hatte. Es war, als hätte sich all der Alkohol, den er in den vielen Jahren in sich hineingeschüttet hatte, in Blut verwandelt. Er hatte geschrien und gezuckt, bis er irgendwann still in seinem eigenen Blut lag.

Es war dunkelrotes, von schwarzen Körnchen durchsetztes Blut. Papa hatte es in so hohem Bogen ausgespuckt, dass die weißen Fliesen des schäbigen Badezimmers wie die Kacheln an den Wänden eines Schlachthauses aussahen, wo man es mit der Hygiene nicht so genau nahm.

Eigentlich sollte ein kleiner Junge so etwas nicht sehen, aber es hatte ihn nicht allzu sehr gestört. Im Gegenteil. Er war beinahe froh, dass es so war.

Sein Vater war auf so schreckliche Weise gestorben, wie er gelebt hatte.

Nachdem die Ambulanz gekommen war, hatte der Junge seinen Vater auf der Bahre liegen sehen, so friedlich, als würde er gleich wieder aufstehen. Aber das würde er nicht. Nie mehr. Das hatte man dem Jungen versprochen.

Doch meist sah er nicht das Bild, wie sein Papa auf der Bahre lag. Meist sah er ihn in seinem Blut, auf dem Boden des Badezimmers, mit geplatzten Äderchen in den weit aufgerissenen Augen, die ihm wie große weiße Murmeln aus dem knallroten Gesicht zu springen schienen.

Und dann sah der Junge das andere Bild.

Mama auf dem Fußboden des Schlafzimmers.

Und über ihr Papa, der sie gewürgt hatte.

Ich bring dich um, du Schlampe!, hatte Papa gebrüllt, hatte Mamas Hals umklammert und ihren Kopf immer wieder auf den Boden des Schlafzimmers gerammt, bis Mamas Schreie verstummt waren.

Der Junge war ins Treppenhaus und nach draußen gerannt, so schnell er konnte, denn er wusste, er war der Nächste, dem Papa wehtun würde, so wie vor ein paar Jahren, als Papa ihm den Arm gebrochen hatte. Damals hatte der Junge noch keinen Schlüssel gehabt, als er ins Treppenhaus geflüchtet war. Und Papa hatte weitergetrunken und darüber ganz vergessen, dass sein Sohn draußen im Treppenhaus stand. Mama hatte bewusstlos auf dem Schlafzimmerboden gelegen. Der Junge hatte die ganze Nacht im Vorraum des Kellers zugebracht, unter dem Treppenhaus der Mietskaserne in Reinickendorf.

Morgens hatte er Mama dann im Treppenhaus gesehen und war mit ihr in die Wohnung geschlüpft. Mama hatte rote Stellen am Hals, und ihre Stimme war brüchig und heiser. Sie hatte sich irgendwann aufgerappelt, ihr zerschlagenes Gesicht verdeckt und sich mit einem Glas von irgendeinem Fusel wimmernd in eine Ecke des stockfleckigen Wohnzimmers der elterlichen Bruchbude gesetzt.

Dein Vater war sehr krank, hatte der Arzt dem Jungen gesagt. Und der Junge hatte genickt, denn der Arzt hatte recht. Allerdings hatte er dem Jungen nichts Neues erzählt. Krank war Papa schon immer gewesen. Nur hatte er noch nie in hohem Bogen Blut gespuckt.

Und jetzt war er tot.

Du wirst einen neuen Papa finden, hatte eine entfernte Tante zu dem Jungen gesagt, als der Sarg in der Erde war und die Arbeiter das Grab zuschaufelten.

Und wenn nicht, hatte der Junge gesagt, ist es auch nicht schlimm. Keinen Papa zu haben ist besser als so einen.

4

Kriminaldirektor Winterfeld ging mit Clara in sein Büro, warf sein Sakko in die Ecke, lockerte die Krawatte und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

»Verdammt heißer Tag für Juni«, sagte er mürrisch.

Es war in der Tat ein schwüler, heißer Tag, an dem die Luft sich wie ein nasses Handtuch über den Körper legte. Clara kam sich vor wie in einem verfluchten Gewächshaus, in dem giftige Blumen des Bösen wuchsen.

Claras »Blumen« jedoch waren in dieser Jahreszeit die Wasserleichen, die bei den steigenden Temperaturen nach und nach an die Wasseroberflächen der Berliner Seen ploppten. Nicht, dass es furchtbar viele gewesen wären, aber es waren mehr als genug. Oder erstickte Frauen, die in ihrem Schlafzimmer verwesten.

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