Tödliche Falle für den Verräter - Thomas Ostwald - E-Book

Tödliche Falle für den Verräter E-Book

Thomas Ostwald

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Der Schwerverbrecher Bruno Kinsky erzählt wieder aus seinem Leben als Vorsitzender eines Berliner Ringvereins im Jahr 1928. Bricht er wirklich mit den Tabus und begeht einen Mord an einem Verräter? Als die Kriminalistin Dr Dorothee Keller nach Berlin kommt, wird es für ihn eng, zumal ihm und seinen Verbündeten auch noch ein gewisser Gold-Adolf Konkurrenz macht. Dazu die eifrigen Kommissare Wenzel und Steinbrink, die trotz der getroffenen Vereinbarungen alles daran setzen, den Freund des Kriminialpolizeirates Ernst Gennat unschädlich zu machen...

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Seitenzahl: 126

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Berlin: Die Goldenen Zwanziger

Thomas Ostwald - Eine Falle für den Verräter

Kriminalroman aus dem Berlin der Zwanziger Jahre

Impressum:

© Alle Rechte vorbehalten. Braunschweig 2024. Edition Corsar Dagmar und Thomas Ostwald, Am Uhlenbusch 17, 38108 Braunschweig

1.

Nein, dieser 31. März des Jahres 1929 war wirklich kein behaglicher Tag.

Das Wetter sorgte schon für eine schlechte Stimmung in ganz Groß-Berlin, denn seit den frühen Morgenstunden hatte es begonnen, heftig zu schneien. Inzwischen lag das schmutzig-grau-weiße Zeug überall auf den Wegen, und man holte sich schon nasse Füße von der geparkten Limousine bis zum Hauseingang.

Auch mein Begleiter, Alfons Zwillinger, schimpfte halblaut vor sich hin, als wir beide auf die Haustür zugingen. Sie kennen sicher diesen zwielichtigen Burschen, wenn Sie den ersten Teil meiner Erinnerungen gelesen haben.

Ich bin Bruno Kinsky, Vorsitzender des Ringvereins Männer-Gesangsverein Norden 1891. Die Presse bezeichnete mich einmal als Kriminellen, und das mag die landläufige Bezeichnung für einen Geschäftsmann meiner Art sein. Inzwischen wurde ich aber auch häufiger in der Berliner Presse als ‚Gentleman-Verbrecher‘ bezeichnet. Keine Ahnung, ob ich mich dadurch geschmeichelt fühlen sollte. Aber es war mein guter Freund Konrad Haemmerling, besser bekannt unter seinem Pseudonym Curt Moreck, der mich so genannt hatte. Und ich hatte keine Ahnung, wie viele Zeitungen es derzeit in Berlin gab, aber es mochten wohl über einhundert sein. Ich hatte inzwischen aufgegeben, die Artikel über mich zu sammeln. Das war etwas für die Schulkinder, und ich hatte schon früh den Spaß daran verloren. Ich wusste, dass Kriminalpolizeirat Ernst Gennat in seinem Büro in der Diercksenstraße am Alexanderplatz umso mehr über mich sammelte.

Aber auch das störte mich in keiner Weise.

Ernst Gennat und ich waren seit langer Zeit gute Freunde.

Wirklich gute Freunde, die sich regelmäßig austauschten.

Ich gab ihm wertvolle Tipps und er sah über manches hinweg, was mich sonst leicht in meinem Berufsalltag gehindert hätte. Das war seit einiger Zeit eine feste Vereinbarung zwischen allen Berliner Ringvereinen und der Kriminalpolizei. Wir würden keine Morde begehen, aber jeden uns bekannten Mörder der Kripo übergeben. Damit fuhren wir seit langer Zeit bereits sehr gut.

Und ausgerechnet ich, Bruno Kinsky, wollte diese Regel heute brechen.

Zusammen mit Alfons Zwillinger, Präsident des Ringklubs ‚Alle Neune‘, Bandenchef und Schwerverbrecher wie ich selbst. Er hatte eine undurchsichtige Rolle bei dem Verschwinden der Sängerin Morgana oder Miss Lizzy, wie sie sich später nannte, gespielt, und war nun bemüht, mein Vertrauen wieder zu gewinnen. Kürzlich war er in einen Doppelmord verwickelt, wurde aber mangels Beweisen freigesprochen, obwohl manches gegen ihn sprach.

Unter uns gesagt – Alfons war eigentlich eine ganz kleine Nummer in Berlin, und so richtig ernst nahm ihn niemand, schon gar nicht seinen Kegelverein, in dem sich ein paar Hühnerdiebe tummelten. Deshalb glaubten nur wenige der Ringbrüder, dass er in der Lage gewesen sein sollte, eine Hure und den Zuhälter umzubringen.

Aber er hatte mir den entscheidenden Tipp gegeben.

Der alte Christoph Klein sollte unseren Coup vor gut acht Monaten verraten haben. Seine Schuld war es, dass von den daran Beteiligten schließlich Erich Markwort verhaftet und aufgrund seiner Fingerabdrücke überführt und verurteilt wurde. Fingerabdrücke! Jeder von uns wusste längst, dass man Handschuhe tragen musste, wollte man nicht gleich auffliegen. Ich zweifelte an Kleins Schuld, aber Alfons Zwillinger schwor Stein und Bein, dass es Klein gewesen sei, der der Polizei den entscheidenden Hinweis gegeben hatte. Nur er konnte wissen, wo Erich Markwort seine bei der Tat getragenen Handschuhe versteckt hatte, weil er im gleichen Haus wohnte und Klein vertraute. Prompt fand sie die Polizei, und obwohl niemand von uns annahm, dass man ihm damit etwas beweisen konnte, widerlegte diese Annahme so eine ganz schlaue Deutsch-Amerikanerin mit ihren wissenschaftlichen Methoden. Ich hatte mir geschworen, nachdem ich den Fall Christoph Klein erledigt hatte, mich einmal mit diesem Weibsbild näher zu beschäftigen. Dr. Dorothee Keller hieß die Dame, die irgendwelchen Mist aus Amerika mitgebracht hatte und den Beamten in Braunschweig damit vorgaukelte, sie könnte auch noch so komplizierte und sogar hoffnungslose Fälle lösen. Und dann hatte sie sogar zwei Doktortitel. Wirklich unglaublich, was die Frauen heute alles machen.

Nun gut. Aber gegen eine Kugel war auch sie nicht gefeit. Doch dazu später. Jetzt war erst Christoph Klein dran.

Der gut Siebzigjährige saß schon eine ganze Weile im Rollstuhl.

Und wer weiß, vielleicht er ja sogar ganz zufrieden damit, wenn ich dieses elende Leben nun beenden würde.

Mein Mercedes 8/38 hatte bei der letzten Aktion vor dem Brandenburger Tor Schaden genommen und war mir dadurch verleidet. Ich hatte deshalb als einer der ersten Käufer das Nachfolgemodell Mercedes-Benz W 11 erstanden, eine Limousine mit fünfzig PS und einem seitengesteuertem Sechszylinder-Reihenmotor. Der leistete stolze 50 PS und brachte das Fahrzeug auf 90 km/h. Das Vierganggetriebe verfügte überdies über einen Schnellgang. In schwarzer Lackierung machte die Limousine einen wirklich gediegenen Eindruck, als sie direkt vor dem eleganten Wohnhaus in Charlottenburg am Straßenrand abgestellt wurde.

Beim Aussteigen schlug ich den Mantelkragen hoch, denn der Schnee war wirklich unangenehm. Auch mein Begleiter schien zu frösteln. Das mochte aber auch andere Ursachen als die winterliche Kälte haben. Während ich mich beeilte, den Schnee auf dem Trottoir rasch zu durchqueren und bereits die Haustür erreicht hatte, zögerte Zwillinger und stand neben der gerade geschlossenen Beifahrertür. Ich wusste, dass er keine Waffe bei sich trug, denn ich hatte ihn selbst gründlich durchsucht, bevor wir losfuhren.

„Hör mal, Bruno, ich muss doch nicht bei dieser Hinrichtung dabei sein. Es genügt eigentlich vollkommen, dass du den Burschen erledigst und ich bestätige das bei der nächsten Versammlung der Ringverein-Vorsitzenden!“

Ich stand bereits unter dem schützenden Türsturz und schraubte den Schalldämpfer auf die Waffe, die mir für dieses Vorhaben geeignet erschien. Anstelle meines alten Reichsrevolvers benutzte ich für diesen besonderen Einsatz eine Astra 900 aus spanischer Produktion. Das Kaliber 7.63 erschien mir präzise genug für mein Vorhaben, und für die Astra konnte ich einen Schalldämpfer erwerben, der mir genügend Zeit verschaffte, um aus der Wohnung von Christoph Klein zu entkommen. Er verfügte über eine großzügig geschnittene Villa direkt an der Giesbrecht-Straße.

Natürlich war er daheim, denn sein Rollstuhl schränkte ihn stark ein.

Hinter der Milchglasscheibe konnte ich Licht erkennen, drückte den Klingelknopf und wartete ab. Es dauerte einen Moment, bis Klein die Tür erreichte und sie öffnete.

„Guten Abend, Christoph. Ich bitte um Entschuldigung für die späte Störung, aber wir müssen etwas besprechen!“, sagte ich und schob mich an seinem Gefährt vorbei.

„Was machst du denn hier?“, entgegnete der alte Mann. Das galt nicht mir, denn Klein starrte nur Zwillinger an.

„Ich begleite Bruno lediglich bei diesem scheußlichen Wetter. Hast du einen wärmenden Schluck für uns, Christoph?“

„Habe ich euch eingeladen?“, erwiderte der Hausherr unfreundlich, aber das störte mich nicht weiter. Ich war bereits im Wohnzimmer, aus dem mir angenehme Wärme entgegen schlug. An der gegenüber liegenden Wand prasselte ein Kaminfeuer, und als nun Klein notgedrungen hinter uns her rollte, musterte er mich mit finsterem Gesicht.

„Bruno Kinsky, das passt mir überhaupt nicht, dass du hier so mir nichts dir nichts hereingeschneit kommst! Was willst du von mir? Wir haben nichts mehr miteinander zu schaffen, ich bin längst im Ruhestand!“

„Reingeschneit ist gut, Christoph, bei dem Wetter trifft das ja zu. Du erinnerst dich an die Geschichte mit Erich Markwort vor gut acht Monaten?“

Ich sah aus dem Augenwinkel, wie sich Alfons Zwillinger eine Glaskaraffe von einer Kredenz griff und von der braunen Flüssigkeit ein Glas zur Hälfte füllte. Seine Hände zitterten dabei, und er stürzte den Inhalt gleich darauf in einem Zug hinunter. Im Gegensatz zu mir trug der Präsident des Ringklubs ‚Alle Neune‘ keine Handschuhe.

Pech für ihn.

„Natürlich erinnere ich mich an Schränker-Erich. Hat aber wohl auch seine beste Zeit hinter sich, sonst hätte er sich nicht auf so plumpe Weise hereinlegen lassen.“

Christoph Klein funkelte Alfons wütend an, als der erneut sein Glas füllte.

„He, Alfons, was bildest du dir eigentlich ein? Weißt du, was du dir da wie Wasser in den Rachen schüttest?“

„Wahrscheinlich nur einen einfachen Asbach!“, brummte der unwillig.

Ich nahm die Astra aus meiner Innentasche und kontrollierte noch einmal den Sitz des Schalldämpfers. Das konnte natürlich Christoph Klein nicht verborgen bleiben, aber das war jetzt ohnehin egal.

„He, was soll das bedeuten, Bruno?“, rief er im Ton höchster Verwunderung aus.

„Pack das Ding weg, ich dulde in meinem Haus keine Schusswaffen!“

„Das ist mir bekannt, Christoph. Aber, wie gesagt, es geht um Schränker-Erich. Er ist nicht auf frischer Tat geschnappt worden, sondern durch Verrat. Und du weißt, was auf Verrat steht!“

Mit schreckensweit aufgerissenen Augen verfolgte Christoph Klein meine Bewegungen, und als ich Alfons ansprach, schien er erst zu verstehen, was ich vorhatte.

„Alfons, komm hier auf meine Seite rüber!“, kommandierte ich in scharfem Ton.

„Was ist los, Bruno?“

„Hier, an meine Seite, rasch, bevor Klein doch noch eine Knarre hervorzaubert!“, erklärte ich hastig.

Immer noch zögernd kam Alfons schließlich näher, bis ich ihn mit dem Arm greifen und zu mir heranziehen konnte. Dabei griff ich seine rechte Hand und drückte ihm die schwere Astra mit dem langen Schalldämpfer in die Hand und richtete sie auf den Mann im Rollstuhl, indem ich das Handgelenk meines Begleiters festhielt.

„Was… was soll das, Bruno?“, keuchte Alfons und versuchte, seine Hand aus meinem Griff zu befreien. Aber ich hatte ihn fest gepackt, denn ich wollte nicht riskieren, dass er die Pistole herumschwenkte und auf mich richtete.

„Du hast gesagt, dass er Erich verraten hat. Und du bist Präsident eines Ringvereins, kennst also die Regeln. Und vergiss nicht: Er weiß über die Sehnert Bescheid! Drück ab, Alfons, jetzt!“

„Aber ich – nein, das kann ich nicht!“

Erneuter Versuch, sich meinem Griff zu entziehen.

Aber damit kam er bei mir nicht durch.

Während meine Rechte noch immer seine Hand um den Pistolengriff festhielt, legte ich ihm den linken Unterarm um den Hals und drückte zu. Alfons Zwillinger, den ich selbst unter dem Verdacht eines Verräters hatte, befand sich in einer hilflosen Lage.

„Ich… ich…“, stammelte er mit erstickter Stimme, denn jetzt wurde die Luft für ihn knapp. Ich drückte unbarmherzig seinen Hals zusammen, hob unsere beiden Arme und richtete die Pistole richtig aus.

„Drück endlich ab!“, zischte ich Alfons ins Ohr.

„Aber…“

Ich hatte genug von seinem Gejammere, krümmte meinen Zeigefinger um den Abzug und zog ihn schnell zweimal durch. Dabei war ich überrascht, wie laut sich trotz des Schalldämpfers die Schüsse noch anhörten.

Christoph Klein sank mit einem lauten Stöhnen in sich zusammen, sein Oberkörper beugte sich leicht nach vorn.

„Das kann man noch draußen hören. Gut gemacht, Alfons, jetzt lass uns hier verschwinden, ehe ein Nachbar wissen will, was da eben kaputtgegangen ist!“

Ich nahm ihm die Pistole aus der Hand und schob Zwillinger aus dem Wohnzimmer. Dabei hatte ich meinen harten Griff um seinen Hals aufgegeben, hielt ihn aber noch immer am Arm, bis wir die Wohnungstür hinter uns ins Schloss drückten.

„Was war das für eine verdammte Scheiße, Bruno!“, ereiferte sich mein unfreiwilliger Begleiter. „Warum sollte ich Klein abknallen?“

„Weil ich dir nicht traue, Alfons. Du bist mir ein wenig zu glatt geworden, und deine Verbindung zu Neunfinger ist jedenfalls nicht ganz koscher, das wirst du selbst am besten wissen!“

„Na, hör mal, Bruno, das ist doch Schwachsinn! Ich habe kein einziges Ding mit Neunfinger durchgezogen, das wird dir jeder in Berlin bestätigen können!“

„Ja, ich weiß. Und dass du mit ihm im Chat Noir an der Theke gestanden hast, war sicher nur, weil du die Atmosphäre in der Spelunke, die Neunfinger gehörte, so geliebt hast!“

Wir standen vor meinem Mercedes, und ich ließ Alfons jetzt los.

Er stand vor mir wie ein ertappter Schuljunge.

So etwas Ähnliches war er ja auch eigentlich, aber das konnte er bestenfalls ahnen.

„Steig ein, ich fahre dich zurück!“

Alfons Zwillinger schüttelte langsam den Kopf.

„Nein, ich habe genug von dir. Ich gehe lieber zu Fuß nach Hause!“

„Wie du willst, Alfons. Pass gut auf dich auf und komm nicht auf die Idee, dich heute zu besaufen!“, sagte ich und stieg ein. Ein Blick die Straße hinunter zeigte mir den Lieferwagen mit der Aufschrift der Molkerei Bolle. Da warteten meine Jungs, bis wir die Gegend verlassen hatten. Dann begann ihre eigentliche Arbeit.

Ich war sehr zufrieden, als ich den Mercedes-Benz W 11 durch Charlottenburg lenkte. Auf der Bismarck-Straße ließ ich den Motor ein wenig aufheulen. Ich liebte diesen Klang, und als sich die 50 Pferdestärken entfalteten, musste ich leider schon wieder an der Kreuzung Hardenbergstraße abbremsen, fuhr zum Steinplatz und betrat wenig später das Baberina. Ich mochte die ganze Inneneinrichtung, aber noch mehr mochte ich das Publikum, das hier in den Nächten verkehrte. Es handelte sich durchweg um gut betuchte Bürger, die hier zum Schwofen gingen. Das Lokal war bekannt für seine gute Hausmusik, und wer danach noch nicht genug hatte, konnte gleich nebenan im Ambassadeur weiterfeiern. Die Damen, die hier verkehrten, hatten ebenfalls Klasse. Und sie kamen keineswegs nur zum Tanzen hierher. Wer in Berlin ein solches Etablissement betrieb, sorgte für Separees mit Vorhang – von den Berlinern gern Knutschecken genannt, aber so harmlos verlief es dort nicht.

Wer mich kennt, weiß, dass ich eines der berühmtesten Berliner Lokale betrieb: Das Sing-Sing in der Chausseestraße. Mit der Inneneinrichtung eines Speisesaales wie in einem Gefängnis, Vorbild Plötze, also der Knast Plötzensee. Anders als dort gab es aber einen elektrischen Stuhl, auf dem immer ein ausgewählter Gast Platz nehmen musste, wenn ihn der ‚Gefängniswärter‘ dazu aufforderte.

Doch heute Abend war mir nicht nach meinem eigenen Laden.

Ich suchte Entspannung, und die fand ich hier.

Schon beim Eintreten erblickte ich die junge Franziska, die mich bereits zu erwarten schien. Sie hob ihr Cocktailglas, als sie mich erkannte und lächelte verführerisch. Mein Abend war gerettet.

2.

Auch dass am Vormittag des nächsten Tages die Polizei an meiner Tür klingelte, gehörte zu meinem Plan. Vor mir stand mit einem breiten Grinsen im Gesicht Kommissar Georg Steinbrink. Sein dicker Mantel zeigte noch Spuren des Schnees, auch auf seiner Hutkrempe lag ein Rest. Es schneite heute womöglich noch heftiger als gestern. Ich schätzte den Kommissar, dem es gelungen war, den Keller und dort die Kugel zu entdecken, mit der Neunfinger Franziska Meersmann getötet hatte.

„Herr Kommissar Steinbrink, welche Freude am frühen Morgen!“, begrüßte ich den Beamten, hinter dem zwei kräftige Polizisten in Uniform bereit standen, im Falle eines Falles sofort handgreiflich zu werden.

Aber ich dachte nicht an Widerstand. Schließlich hatte ich die Herren ja erwartet.

„Glaube kaum, dass unsere Anwesenheit einen Grund zur Freude für Sie bietet, Herr Kinsky!“, erwiderte der Kommissar und betonte dabei besonders die Anrede. „Ich bin gekommen, um Sie zum Alex zu bringen.“

„Oh, Sie verhaften mich? Habe ich falsch geparkt? Nein – jetzt weiß ich es wieder! Ich habe noch einen Deckel offen im Baberina. Aber der Wirt kennt mich doch – kein Grund, deshalb gleich die Polizei zu schicken. Arbeiten Sie jetzt in der Abteilung D, Betrug und Schwindel, Herr Kommissar?“

„Die Scherze werden Ihnen noch vergehen, Herr Kinsky! Ich bin noch immer in der Inspektion A, zuständig für Mord und Körperverletzung.“

„Ach, verstehe. Und wen habe ich verletzt oder ermordet?“

„Nehmen Sie Hut und Mantel, Herr Kinsky, und leisten Sie bitte keinen Widerstand. Ich würde Sie nur ungern in Eisen legen lassen.“

„Sehr rücksichtsvoll. Also doch verhaftet.“

Darauf erhielt ich keine Antwort, musste mir aber das Grinsen verkneifen.