Torgo - Prinz von Atlantis 19: Turm zu Babel - Charles de Clermont - E-Book

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Charles de Clermont

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Beschreibung

Das Geheimnis des Turms zu Babel Torgo und Urgo bleiben im Kampf gegen die Räuberbande des Schwarzen Mugador siegreich. Dadurch öffnen sich für sie viele Möglichkeiten. Sie wollen nun die Geheimnisse des Turms zu Babel lüften. Schlacht um Babylon Eine gigantische Heeresmacht bewegt sich gen Babylon. Dort wird mit großem Prunk das Frühlingsfest von Gott Marduk gefeiert. Niemand ahnt etwas von der drohenden Gefahr. Dieses Taschenbuch enthält die beiden Abschlussromane des Autors, die bisher noch nie veröffentlicht wurden. Die Serie Torgo findet hiermit erstmalig einen Abschluss. Die Printausgabe des Buches umfasst 176 Seiten. Die Exklusive Sammler-Ausgabe als Taschenbuch ist nur auf der Verlagsseite des Blitz-Verlages erhältlich!!!

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TORGOPrinz von Atlantis

In dieser Reihe bisher erschienen

3701 Charles de Clermont Die Galeere der Verdammten

3702 Charles de Clermont Insel der blutigen Götter

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3705 Charles de Clermont Der Untergang von Atlantis

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3708 Charles de Clermont Verrat in Hellas

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3713 Charles de Clermont Das Gespenstergrab

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3716 Charles de Clermont Die Verfolgten

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3719 Charles de Clermont Turm zu Babel

Charles de Clermont

TORGOPrinz von Atlantis

Turm zu Babel

Als Taschenbuch gehört dieser Roman zu unseren exklusiven Sammler-Editionen und ist nur unter www.BLITZ-Verlag.de versandkostenfrei erhältlich.Bei einer automatischen Belieferung gewähren wir Serien-Subskriptionsrabatt.Alle E-Books und Hörbücher sind zudem über alle bekannten Portale zu beziehen.© 2023 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: 123RFUmschlaggestaltung: Mario HeyerLogo: Mario HeyerSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenISBN 978-3-95719-379-7

Das Geheimnis des Turms zu Babel

Kapitel 1

Die beiden Wachposten am Ischtar-Tor waren höchst erstaunt und nicht minder misstrauisch. Bis zuletzt hatten sich die Räuber, und vor allem der Schwarze Mugador heftig dagegen gesträubt, nach Babylon gebracht zu werden. Der Mugador unternahm sogar aus Furcht vor der Strafe, die ihn erwartete, mehrere, allerdings vergebliche, Fluchtversuche. Man kann sich daher denken, dass Torgo und Urgo erleichtert waren, dass sie mit ihren Gefangenen endlich vor dem mächtigen Tore standen.

Beim Anblick der verdächtigen Gruppe blies einer der beiden Posten sofort kräftig in ein Horn, worauf der Posten­kommandant erschien und Torgo fragte: „Wer seid ihr, und wen bringt ihr? Sprecht!“

„Wir bringen den Schwarzen Mugador, nach dem, soviel ich weiß, gefahndet wurde“, antwortete Torgo ­selbstbewusst. „Dieser ist es; wir haben ihn samt seiner Bande gefangen genommen!“

„Was sagst du? Der Kerl, den du an dein Kamel gebunden hast, sei der Mugador?“, staunte der Postenkommandierende ungläubig. „Du willst mir wohl ein Märchen erzählen! Seit Monaten sind ganze Trupps von Häschern unterwegs, und sie haben ihn noch nicht einmal zu Gesicht bekommen! Ihr seid wohl Schwindler, die es auf das vom König ausgesetzte Kopfgeld abgesehen haben!“

Lachend schüttelte jedoch Torgo den Kopf. „Willst du etwa behaupten, dass zahlreiche Krieger, die noch dazu durch ein Kopfgeld motiviert waren, nicht imstande waren, sechs tölpelhafte Männer und ihres großmäuligen Anführers habhaft zu werden? Nun, wir beide, mein Sohn und ich, haben es jedenfalls geschafft! Hiermit übergeben wir sie euch samt der Waffen, die wir bei ihnen gefunden haben, mit Ausnahme jener, die wir zu unserer eigenen Sicherheit benötigen und als einzigen Lohn beanspruchen. Auf den Kopfpreis hingegen erheben wir keinen Anspruch. Euer König mag das Geld unter den Armen verteilen lassen!“

Dergleichen war hier noch nie vernommen worden. Der Kommandant war nur mit Mühe davon zu über­zeugen, dass es Torgo ernst war mit seinen Worten. Immer mehr Leute scharten sich vor dem Stadttor um die beiden Fremden und ihre Gefangenen und fingen an, den Schwarze Mugador und seine Komplizen mit lauten Worten zu schmähen. Es hätte nicht viel gefehlt, und die erbosten Leute hätten sich an ihnen vergriffen.

Der Postenkommandant aber entsann sich seiner Pflicht und fuhr dazwischen. „Platz da! Zur Seite, Leute! Zurück, sage ich, im Namen des Königs!“

Das verschaffte ihm schließlich Respekt. Noch einmal heulte der Mugador auf, als er von einer Eskorte in Empfang genommen wurde, um samt seiner Spießgesellen in den Gefangenenturm gebracht zu werden.

Dann wandte sich der Postenkommandant an Torgo. „Ich gebe dir zwei meiner Männer mit, sie werden euch zum Königsschloss bringen, wo ihr die Festnahme der Räuber melden müsst. Ihr werdet Aufsehen verursachen, denn das Geschehene spricht sich schnell herum. Ich bin sicher, der König wird euch sogleich empfangen!“

Die beiden Soldaten geleiteten nun Torgo und Urgo über die Euphratbrücke in den Norden der Stadt, an deren entferntestem Ende, außerhalb der alten, den Stadtkern umschließenden Mauern, König Hammurabi sich seinen neuen Palast erbauen ließ. Der alte, er lag im Zentrum von Babylon, war ihm zu klein und unmodern geworden. Von dem neuen Königsschloss aus liefen die ­Hängenden Gärten, die als ein Wunderwerk galten und von Bewässerungs­kanälen durchzogen waren, bis hin zum Häusermeer der großen Stadt, auf welche sie dem Herrscher einen prächtigen Ausblick boten.

Staunend erblickten Torgo und Urgo, an endlos scheinenden Mauern entlanggeführt, schließlich das ­Esaglia genannte gewaltige Heiligtum, eine riesige ­Tempelanlage, in deren Mitte sich der Stufenturm erhob – ein siebenstöckiges Bauwerk, das in der für damalige ­Verhältnisse unglaublichen Höhe von neunzig Metern gegen den Himmel ragte.

Die beiden Soldaten wurden Torgos und Urgos bewundernde Blicke gewahr und einer von beiden meinte stolz: „Alle Fremden bewundern den Turm, seht ihn euch nur richtig an, er hat wohl seinesgleichen nicht in der Welt!“

Rundum herrschte reger Verkehr, und plötzlich vernahm Torgo aus der Menge eine Stimme, die den Worten des Kriegers beipflichtete. „Auch ich sah noch keinen, der nicht staunte! Wie stolz bin ich darüber, dass meine Wiege im schönen Persien stand!“

Torgo stutzte bei diesen Worten und eine ferne Erinnerung wurde in ihm wach.

„Wie oft, mein Freund, willst du mich noch an diese Lachsage erinnern?“, wurde indessen eine Gegenstimme hörbar. „Du wiederholst dich immerzu; ich kenne deinen Satz schon auswendig! Ich kann ihn schon nicht mehr hören!“

„Wisse, Freund, aus mir spricht die Stimme des Patrioten! Was übrigens sprachst du eben von einer Sage, über welche man lacht?“

„Verzeih, ich habe wohl eben wieder einige Wechseln versilbert – ich habe sagen wollen: Silben verwechselt! Lachsage, sagtest du? Bei Marduk, ich habe Sachlage gemeint!“

„O du Buchstaben- und Silbenverwechsler! Es ist ja kaum auszuhalten, wenn man mit dir spricht!“

„Wie recht du hast, o Nebussor – und es wird immer ärger! Ich war schon bei mehreren Keilhundigen – herrje, das sollte eben Heilkundigen heißen –, aber sie alle wussten mir keinen Rat. Einer meinte, ich solle mir bei jedem falschen Satz, den ich sage, auf den Schädel klopfen. Doch das auf den Stopf klopfen – Kopf klopfen – hat zu nichts geführt. Jetzt habe ich schon blaue Flecken am ganzen Körper, denn ich klopfe bereits überall hin, o Nebussor. Und an allem ist nur der gute König schuld, der mich als einen, der fremde Sprachen beherrscht, verpflichtet hat, beim Bau des Turmes den Arbeitern als Dolmetscher zu helfen. Nun jedoch ist es so weit, dass ich mich schon bald selbst übersetzen muss!“

„Urgo“, wandte sich indessen Torgo an seinen Sohn, während sie den beiden Soldaten folgten, „kannst du die beiden Männer sehen, die offenbar die gleiche Richtung wie wir verfolgen und sich so laut unterhalten?“

„Weshalb fragst du nach ihnen, Vater? Ja, ich kann sie beobachten! Der eine ist klein, fast wie ein Zwerg, und der andere nicht viel größer. Er hat einen langen, spitzen Bart und eine komische Mütze auf. Ich amüsiere mich schon eine ganze Weile über ihre sonderbaren Reden.“

„Ich glaube, dass ich einen von beiden aus Atlantis kenne“, meinte Torgo. „Es muss der Kleinere von beiden sein!“

„Du meinst das kleine, runzelige Kerlchen? Der mit dem Spitzbart nannte in Nebussor!“

„Das ist er gewiss! Er war der Gehilfe eines Mannes namens Rostan. Dieser hat damals die Sonnenspiegel konstruiert, mit deren Hilfe die Atlanter die Segel feindlicher Schiffe in Brand setzen konnten.“

„Was du nicht sagst, Vater! Dieser Rostan muss ein sehr kluger Kopf gewesen sein. Und Nebussor war sein Gehilfe? Den möchte ich gerne kennenlernen!“

„Und ich will ihn wiedersehen! Ihm ist gleich mir die Rettung aus dem Untergang von Atlantis geglückt, doch später habe ich ihn aus den Augen verloren. Er hatte nur ein Ziel: Er wollte zurück in seine Heimat, und offenbar hat er es auch geschafft!“

„Wir müssen mit ihm reden, Vater. Es wäre von großem Vorteil, wenn wir jemanden in Babylon hätten, der sich in der großen Stadt auskennt und uns bei der Suche nach Esther hilft. Ich war noch nie in einer so großen Stadt mit so vielen Häusern, Straßen und Gassen, in denen man sich verirren kann. Unter all den vielen Leuten kann man sich nicht zurechtfinden. Der einzige Anhaltspunkt scheint der große Turm zu sein, der von überall sichtbar ist. Nur schade, dass er von einer Mauer umgeben ist, die kein Ende zu nehmen scheint!“

Tatsächlich war die Prozessionsstraße, durch die sie jetzt schritten und die die Mauer entlangführte, fast eine Meile lang. Der Königspalast zeigte sich erst in weiter Ferne. Dazu brannte die Sonne unbarmherzig heiß. Endlich – der Etemenanki lag hinter ihnen und der Tempelbezirk war zu Ende – gelangten sie zu den Schatten spendenden Mauerbögen, von denen der kühle, betörende Duft der königlichen Gärten wehte.

„Wir sind am Ziel, so wahr meine Wiege im schönen Persien stand“, klang es eben wieder aus der flutenden Menschenmenge, und nun hielt es Torgo nicht mehr.

„Nebussor!“, rief er aus und überließ Urgo die Zügel der beiden Kamele, die sie mit sich führten. „Alter Freund – bist du es wirklich?“

Nebussor wäre fast gegen Torgo gerannt, der plötzlich vor ihm auftauchte und ihn mit offenen Armen umfing. „Bei Marduk! Torgo – du hier, in Babylon?“

„So wahr deine Wiege im schönen Persien stand!“, kam es aus dem Mund des lachenden Prinzen. „Was für eine Freude, dich hier zu treffen!“

„Wo denn sonst, als an der Pforte des Herrn, das bedeutet nämlich Babylon in unserer schönen Sprache, Prinz! Wie oft habe ich damals in Atlantis davon geträumt, diese Stadt wiederzusehen. Damals, als ich fortzog – jung und dumm, wie ich war –, hatte der große Turm erst zwei Etagen, doch nun sind es sieben! Torgo, du kommst gerade zurecht, zum großen Fest unseres Gottes Marduk, das alljährlich zu Neujahr gefeiert wird! Bist du gekommen, um es mitzuerleben? Das war sehr klug von dir, denn dergleichen gibt es nirgendwo sonst zu sehen! Wenn es am Euphrat Frühling wird, feiert man hier volle sieben Tage und Nächte lang! Es ist das größte Fest des Jahres und das größte weit und breit!“

„Fremder, wir sind zum Schloss gelangt“, unterbrach einer der beiden Soldaten das Gespräch. „Wir bringen euch noch zur Schlosswache, die euch beim König anmelden wird. Damit ist unser Auftrag zu Ende.“

„Ihr wollt zum König?“, staunte Nebussor. „Wenn er euch empfängt, wird euch eine große Ehre zuteil!“

„Nebussor – wo können wir dich finden?“, erkundigte sich Torgo schnell, denn er wollte seinen wieder­gefundenen Freund wiedersehen.

„Im Hause rechts vom Tempel Ischtars“, antwortete dieser rasch. „Jeder in dieser Stadt kann euch den Weg zum Platz des Tempels weisen. Kommt, sobald ihr könnt, ich werde auf euch warten. Nun aber geht, den König darf man nicht warten lassen!“

Der Abschied war kurz. Torgo und Urgo wurden in die Schreibstube der Palastwache geführt, wo zunächst ein Schreiber eine Menge Tontafeln vollkritzelte. Sie waren für den König bestimmt und enthielten die Aussagen Torgos über die Festnahme des Schwarzen Mugador und alle Angaben über Torgos eigene Person und die seines Sohnes.

Das Gekritzel nahm kein Ende. Ein Beamter, welcher die Befragung vornahm, wollte alles über das Woher und Wohin und den Zweck ihrer Reise nach Babylon wissen. Zwischendurch fragte Torgo nach dem Ischtar-Tempel, um den Weg zu Nebussor zu finden.

Er bekam bereitwillig Auskunft. „Nach dem Etemenanki, dem Stufenturm, ist der Ischtar-Tempel das zweitgrößte Heiligtum in der Stadt. Ischtar ist Marduks Mutter, die Allerbarmende, die fortgesetzt Wunder wirkt, und zu der alljährlich Tausende Pilger kommen, um ihre Anliegen vorzubringen und sie um ihre Hilfe zu bitten. Man verehrt sie ebenso sehr wie Marduk.“

Als die Tontafeln sich endlich mit Keilschriftzeichen gefüllt hatten, brachte sie ein Laufbote zum König. ­Hammurabi war gerade auf einem Rundgang durch seine Gärten begriffen, als ihn der Bote erreichte. Kurz zuvor war der Anführer der Krieger gekommen, der ihm von der Vernichtung der Eskorte Erendiras Bericht erstattete. Nach dessen Worten musste Hammurabi annehmen, dass der Zweck der Unternehmung geglückt und die Prinzessin, die er nach dem Diktat Šuppiluliumas zur Frau nehmen sollte, nicht mehr am Leben sei. Diese Nachricht erfüllte ihn mit Erleichterung. Die durch den Hethiterkönig drohende Gefahr schien fürs Erste abgewendet. In Nachdenken versunken, wanderte Hammurabi zwischen Blumenbeeten, blühenden Sträuchern und rieselnden Gewässern dahin, ohne wirklich erfrischt zu werden.

„Jetzt“, murmelte er, „muss ich es sehr geschickt anstellen! Ich habe Šuppiluliuma glauben gemacht, dass ich sein Angebot, sein Schwiegersohn und zugleich Vasall zu werden, mit Freuden annehme! Ich ließ ihn wissen, vom Bildnis seiner Tochter, das er mir sandte, entzückt zu sein! Šuppiluliumas Gesandter ist mit meiner Zusage nach Kadesch unterwegs. Doch nun aber kommt die Prinzessin in Babylon nicht an. Sie wird niemals ankommen, denn sie ist tot! Meine Braut ist nicht zur Hochzeit erschienen und ich könnte mich für düpiert erklären.

Bin nicht auch ich ein Opfer wie ihr Vater? Ein Opfer unerklärlicher Umstände? Was kann er gegen mich tun? Mich verdächtigen! Meine Leute haben die Leichen der Prinzessin und ihrer Begleiter im Sand verscharrt. Doch was ist, wenn man sie trotzdem findet? Wenn Hethiter sie finden?“

Sorgenvoll durchmaß er während seines Selbst­gesprächs den gekiesten Gartenweg, als ihn der Laufbote erreichte.

„Was gibt es?“, empfing ihn der König ungehalten. Die Last der Verantwortung war der anfänglichen Freude über den Bericht der gelungenen Expedition gegen Erendiras Eskorte gewichen. Sie drückte ihn schwer. Das Gespenst des Krieges gegen sein schönes Babylon stand neuerlich vor ihm auf. Krieg oder Frieden – das hing davon ab, ob er imstande war, seine List erfolgreich zu Ende zu führen.

„Eine gute Nachricht bringe ich dir“, berichtete der Bote freudestrahlend und fiel vor ihm auf die Knie. „Ein fremder Prinz ist angekommen, o König, Prinz eines ­Reiches namens Atlantis. Und er hat sieben Gefangene mitgebracht!“

„Ein Prinz von Atlantis? Ich kenne dieses Reich nicht, ich habe noch nie von ihm gehört. Oder doch. Ja, es gibt hier in Babylon einen Mann, der dort gewesen sein will! Und Gefangene bringt er? Was für Gefangene? Sprich weiter!“

„Es ist ihm gelungen, des Schwarzen Mugadors habhaft zu werden! Er und seine Spießgesellen wurden soeben in den Gefangenenturm gebracht. Die Bande ist unschädlich gemacht!“

Hammurabi musste sich erst dessen bewusst werden, was diese Nachricht zum gegenwärtigen Zeitpunkt für ihn bedeuten konnte. Hatte der Schwarze Mugador nicht auch Menschenleben auf dem Gewissen? Konnte nicht auch Erendiras Geleit, konnte nicht sie selbst sein Opfer geworden sein? Dem Mugador und seiner Bande die Tat in die Schuhe zu schieben, konnte kein Problem sein; man konnte sogar einen öffentlichen Schauprozess veranstalten, dessen Verlauf Šuppiluliuma überzeugen musste!

„Das ist wahrhaft eine gute Nachricht!“, rief Hammurabi erfreut. „Wo ist dieser famose Prinz? Ich will ihn kennenlernen!“

„Er und sein Sohn warten im Vorsaal, o König!“, berichtete der Bote und übergab die Schrifttafeln dem Herrscher über Babylon.

„Schon im Vorsaal, sagst du? Das ist gut“, rief der König freudig aus. „Dann mögen die beiden sogleich in mein Arbeitszimmer kommen. Und du, bringe diese Tafeln dorthin, der Prinz wird mir persönlich berichten und ich kann sie später lesen. Man sage dem Prinzen Bescheid, dass ich ihn empfange, und eines fürstlichen Lohnes soll er sicher sein!“

Der Laufbote eilte, um seines Königs Befehl auszuführen und alles Nötige zu veranlassen. Erleichtert aufatmend blickte ihm Hammurabi nach. Der heutige Tag schien ihm ein Glückstag zu sein – für sein Reich, seine Stadt, ihn selbst und Farah, die Frau, die er liebte.

Kapitel 2

Vergeblich hatte Erendira nach Ulimagor gerufen; ihre Hilferufe waren verhallt, ohne Antwort zu finden. Sie sollte den Sklaven nie wiedersehen, er war vom ­Schicksal aus ihrem Leben getilgt, wie so viele andere – ihre Reisegefährten auf dem Weg nach Babylon, Zarzi, ihre Dienerin, ja ihre eigene Vergangenheit als Prinzessin und Tochter des Herrschers über die Hethiter.

Stattdessen sah sie sich nun Taaf gegenüber. Sie hatte noch nie zuvor einen so hässlichen Menschen gesehen. Sein Anblick erfüllte sie mit Abscheu und Widerwillen. Dazu kam noch die Art und Weise, mit der er ihr Vertrauen zu gewinnen suchte. Diese schleimige, halb unterwürfige und halb fordernde Art, mit der er sich gab, ließ bei ihr alle Alarmglocken schrillen. Doch niemand war da, um sie vor diesem Menschen zu beschützen! Sie ekelte sich vor Taaf.

„Ich bin Taaf, der Hohepriester des mächtigen Gottes Bel, der dich und mich vor allen Gefahren bewahren wird, liebliche Gazelle! Komm und hab Vertrauen; folge mir auf dem Weg nach Babylon!“

Er wandte sich nicht diskret ab, als sie ihren feucht glänzenden Körper mit den Resten ihres Gewandes verhüllte. Als sie aus dem Wasser stieg, war sie wie benommen von seinen wie Hypnose wirkenden Beschwörungen. Er sei Priester, versicherte er unentwegt, und ein recht­schaffener Mann, vor dem niemand etwas zu befürchten habe. Und was sie beträfe, wolle er von nun an ihr Wohltäter und Beschützer sein.

Mit lüsternen Blicken beobachtete er sie bei ihrem Tun. Doch es sprach kein Begehren aus seinem Blick; vielmehr schätzte er sie ab wie beim Erwerb einer Ware. Erendira wusste dies nicht zu deuten. Als Ulimagor nicht mehr erschien, folgte sie Taaf fast willenlos zu seinen Kamelen; sie dachte, er wolle ihr den Tachtirwahn anbieten, da sie gewohnt war, in einem solchen zu reisen, doch das war nicht der Fall, vielmehr half er ihr auf den Rücken seines Lastkamels. Immer noch sah sie sich vergeblich nach Ulimagor um; doch der war und blieb verschwunden. Sie blieb hilflos und allein und hatte anscheinend gar keine andere Wahl, als das Anerbieten des Unbekannten, sie nach Babylon zu bringen, anzunehmen.

Taaf deutete auf die Spuren, welche die Kaufleute hinterlassen hatten. Die Hufe der Kamele zogen eine deutliche Fährte durch das vom nahen Euphrates feuchte Erdreich; sie war nicht zu übersehen.

„Die Männer, mit denen ich reise, sind bereits vorausgeritten“, erklärte er. „Doch keine Sorge! Wir können sie nicht verfehlen; auch haben wir bereits den blauen Turm, nach dem man sich richten kann, vor Augen! Nun, ich kann diese Handelsleute ja verstehen; sie sind von Furcht ergriffen vor meinem Gott Bel. Statt sich ihm für die ihnen erwiesene Gnade dankbar zu zeigen, dass er sie heil an ihr Ziel brachte, haben sie es vorgezogen, ihrem Verlangen nach Handelsgewinn nachzugeben und nach der Stadt vorauszureiten. Doch du, Gazelle, wappne dein Herz, dies ist Bel, der dich von nun an umfängt, du wirst sein Eigen sein!“

Mit einer pathetischen Gebärde zog er den Vorhang des Tachtirwahns zur Seite und wies auf das Standbild des atlantischen Götzen, auf seinen schimmernden Leib und den vergoldeten Penis. Die Wirkung war jedoch eine andere, als er erwartet hatte. Erendiras Blicke fielen zuerst auf das Glied; amüsiert lachte sie auf und kicherte.

„Was lachst du, dummes Weib?“, geriet Taaf darüber in Zorn und ließ sogleich wieder den Vorhang vor die Statue gleiten. „Befänden wir uns jetzt in seinem Tempel zu Atlantis, dann wäre dieser Frevel dein Tod!“

Er krächzte vor Empörung und seine sich überschlagende Stimme brach. Außer Atem besann er sich auf die ernüchternde Gegenwart. „Aber noch bist du ja unwissend und kannst nichts dafür. An mir ist es, dich zu unterrichten über alles, was du wissen musst. Wir wollen reiten und unterwegs will ich dich unterweisen.“

Den Spuren der Kaufleute folgend, setzte er die Tiere in Bewegung und begann. „Atlantis war ein mächtiges Königreich, eine gewaltige Insel im Meer. Es wurde regiert von einem König, der Amur hieß. Er verfügte über ein mächtiges Heer und eine ebensolche Flotte von Kampfschiffen. Diese hielten alles fern, was sich der Insel nähern wollte, denn ihr betreten war Fremden bei Todesstrafe verboten. Wer nicht sofort getötet wurde, wurde in die Bergwerke im Inneren des Landes verbracht, wo er fortan in schwerer Fron sein Dasein fristen musste.

Doch noch eine andere Möglichkeit der Strafe gab es: Der wahre Herrscher über Atlantis war nämlich nicht der König, sondern Gott Bel. Und wenn Bel es wollte, dann konnten Gefangene ihm auch geopfert werden. Du hättest Bels Tempel erleben müssen in all seiner goldenen Pracht! Der Gott war so hoch wie ein Haus, seine Stirn reichte fast bis an die Decke. Und an den Tagen seiner Feste öffnete er den Mund und sprach zu seinem betenden Volk. Er weissagte und gab Verordnungen und Befehle.“

Taaf wurde von der Erinnerung fast überwältigt, obwohl er wusste, dass alles, was im Tempel geschah, auf Lug und Trug basierte. Nach einer kurzen Unter­brechung fuhr er, während sie weiterritten, in seiner Schilderung fort. „Der Tempel war von Wasser umgeben. Nur über eine einzige Brücke durfte das Volk in den geheiligten Bezirk gelangen, in welchem ich mit den anderen Priestern wohnte und in dessen Mitte er sich erhob. Der Tempel­bezirk grenzte an die Königlichen Gärten und Amurs Palast. Doch über ihn und durch Shidra und mir regierte Gott Bel voll Umsicht und Weisheit.“

Erendira hörte mit wachsendem Interesse zu. Es war eine Geschichte, welche ihr die Zeit vertrieb, und als solche empfand sie sie. Sie unterbrach Taaf nicht, und er fuhr fort. „Doch der König und vor allem sein Sohn, Prinz Torgo, wollten sich nicht länger den Weisungen des Gottes fügen!

---ENDE DER LESEPROBE---