Totes Land 2 - Die Zuflucht - M.H. Steinmetz - E-Book

Totes Land 2 - Die Zuflucht E-Book

M. H. Steinmetz

4,5

Beschreibung

Totes Land 2 - Die Zuflucht ZWEITER TEIL DER DÜSTEREN ENDZEIT-TRILOGIE VON MARIO H. STEINMETZ! …der gnadenlose Wettlauf gegen die Zeit geht weiter! Eine unerklärbare Seuche hat Millionen von Menschen in blutrünstige Bestien verwandelt. Die wenigen Überlebenden kämpfen um jeden Tag, um jede Stunde. So auch der junge Markus. Allein die Hoffnung seine Freundin zu finden gibt ihm den Mut weiterzumachen. Auf der Suche nach einer Zuflucht erreicht er mit letzter Kraft seine Heimatstadt. Doch hier ist nichts mehr wie es einmal war… Gleichzeitig wird fieberhaft nach einem Gegenmittel gesucht. Doch es kommen Zweifel auf, ob die Seuche einen natürlichen Ursprung hat oder ob weit mächtigere Kräfte am

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M. H. STEINMETZTotes Land 2

M. H. Steinmetz

TOTES LAND 2

Die Zuflucht

Roman

Deutsche Erstausgabe

1. AuflageVeröffentlicht durch denMANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYKFrankfurt am Main 2014www.mantikore-verlag.de

Copyright © der deutschsprachigen AusgabeMANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYKText © Mario H. Steinmetz 2013

Lektorat: Niels BreidensteinLayout & Satz: Matthias Lück Titelbild: Conny UlagaCovergestaltung: Karolina Gardovic

ISBN: 978-3-945493-03-8

Widmung:

“Für meine Tochter Finya Salome Johanna. Verliere niemals den Blick für das Außergewöhnliche, hier können deine Träume zur Realität werden!”

Danksagung:

“Bedanken möchte ich mich besonders bei Steffen für eine grandiose Idee und bei Anette für ihre grenzenlose Geduld, wenn ich in der Nacht schreibend am Laptop saß.

– Totes Land –

„Es kommt die Zeit, wo alle, die in den Gräbern sind, die Stimme des Sohnes Gottes hören werden. Die Gutes getan, werden hervorgehen zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses getan, zur Auferstehung des Gerichts.“

Johannes 5.28-29

INHALT

AUSBRUCH

DREISSIG TAGE SPÄTER

NAPALM DEATH

DURCH DEN WALD

WALD

ERPROBUNGSSTELLE 53 (VOR DEM AUSBRUCH 1)

NICHT MEHR WEIT

WIRTSKÖRPER (VOR DEM AUSBRUCH 2)

WALDHAUS

JÄGERLATEIN

COLEMAN

DAS ENDE (VOR DEM AUSBRUCH 3)

LEIDENSWEGE

ABFLUG

IHR MÜSST LEISE SEIN

EMERGCON ALPHA

HOMERUN I

FAMILIENBANDE

KOMMANDO ALPHA

HOMERUN II

ZUFLUCHT

SCHLECHTE AUSSICHTEN

UNANGEKÜNDIGTER BESUCH

SCHEISSE ZIEHT DIE FLIEGEN AN

REINEMACHEN

DAS HERMETISCHE TOR

TODESBOTEN

TOR NUMMER ZWEI

DREI METER

ZWEI METER

EIN METER

TOTENTANZ I

ZENTIMETERSACHE

TOTENTANZ II

VON DER NOTWENDIGKEIT DES STERBENS

ZUFLUCHT

AUSBRUCH

Dies ist eine Mitteilung des Innenministeriums der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundestag hat einen Inlandseinsatz der Streitkräfte mit sofortiger Inkraftsetzung bewilligt und den inneren Notstand nach Artikeln 35, 87a und 91 GG ausgerufen.

Das als XJ09 benannte Virus hat sich zu einer weltweiten Pandemie entwickelt. Es besteht äußerste Ansteckungsgefahr. Der Erreger wird über Körperflüssigkeiten transportiert, wie etwa Speichel, Blut und Urin. Das Virus benötigt nur wenige Minuten, um sich im Körper zu verbreiten und die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Die Folge sind schwere Schädigungen des zentralen Nervensystems und der Tod des Wirts.

Der Bevölkerung wird dringend angeraten, ihre Wohnungen aufzusuchen und Fenster sowie Türen geschlossen zu halten. Vermeiden Sie unter allen Umständen den Kontakt zu infizierten Personen, auch wenn es sich um Familienmitglieder handelt. Isolieren Sie verdächtige Personen in ihrem Umfeld.

Bewahren Sie unbedingt Ruhe und versuchen Sie nicht, auf eigene Faust ihre Ziele zu erreichen. Sämtliche Zubringerstraßen werden von der Bundeswehr kontrolliert und notwendige Maßnahmen werden rigoros durchgesetzt. Halten Sie ihre Rundfunkgeräte empfangsbereit und warten sie auf weitere Mitteilungen. Dies ist eine Mitteilung des Innenministeriums ………………

DREISSIG TAGE SPÄTER

Hätte man Markus noch vor wenigen Wochen erzählt, dass er bald auf der Flucht vor lebenden Toten durch ein Vorstadtviertel von Frankfurt irren würde, er hätte laut und herzlich darüber gelacht. Aber genau das war jetzt der Fall. Die Hölle hatte ihren Schlund aufgetan und die Toten wieder zurück auf die Erde gespuckt.

Zusammen mit einigen Freunden war der hagere Mann nur mit knapper Not aus der in Flammen stehenden Innenstadt entkommen.

Voller Angst suchten sie nun einen Ausweg aus einer Stadt, in der es vor wandelnden Toten nur so wimmelte. Sie bewegten sich zielstrebig nach Süden, denn dort gab es viele Waldgebiete und weniger Menschen. Und wo es weniger Menschen gab konnte man darauf hoffen, auch auf weniger Untote zu treffen, in die sich die Menschen nach ihrem Ableben verwandelten.

Zumindest solange man ihnen keinen Kopfschuss verpasste, denn das war die einzige Methode, die auferstandenen Toten für immer auf die Bretter zu schicken.

Kurz vor Weihnachten hatte der ganze Mist angefangen. Der Schnitter war in Gestalt einer harmlosen Krankheit in die Körper der Menschen gekrochen und hatte reiche Ernte gehalten. Aber dem nicht genug, verwandelte er seine Opfer in blutrünstige Bestien, die zuerst ihren Verstand und dann ihr Leben verloren.

Wie ein Fluch sprang die Krankheit von einem Menschen zum anderen über und schuf eine Armee aus Monstern, die selbst der Tod nicht stoppen konnte.

Und heute, knappe vier Wochen später, war die klirrende Kälte einem nasskalten Dreckswetter gewichen und die Zivilisation gab es nicht mehr. Sie hatte einfach aufgehört zu existieren. Zusammen mit Millionen Menschen war sie zugrunde gegangen.

Wie auch immer die Notfallpläne ausgesehen haben mochten, sie hatten alle versagt. Was blieb waren kleine Häufchen verängstigter Menschen, die sich, wie Ertrinkende an Strohhalme, an die aufgezeichneten Durchsagen in den Radios klammerten und Schutz in den hastig eingerichteten sicheren Zonen suchten.

Frankfurt war eine dieser Zonen gewesen, bevor es von den Toten überrannt wurde und in Flammen aufging. Was noch an Struktur übrig war, bestand aus mobilen Einheiten der Armee, die sich mal mehr und mal weniger um die Belange der Überlebenden kümmerten.

Was wollte man auch gegen eine Armee aus Toten ausrichten, die weder Hunger noch Schmerz kannten, die nicht schlafen mussten und weder Waffen noch Benzin brauchten, um kämpfen zu können. Die sich gleich einem Heuschreckenschwarm durchfraßen und mit einer nie da gewesenen Konsequenz alles zerstörten, was lebte. Das Einzige, worauf man sich verlassen konnte war, dass es mit jedem Tag schlimmer wurde.

Wollte man überleben, musste man sich in einer kleinen, schnellen Gruppe bewegen. Und man musste sich Waffen besorgen, gleich wie diese geartet waren. Aber das Wichtigste war vielleicht, dass man ein Ziel vor Augen hatte. Etwas, das man erreichen wollte, einen Ort, eine Person, irgendwas.

Markus konnte sich diesbezüglich glücklich schätzen, denn er konnte jedes einzelne dieser Kriterien erfüllen. Sein Ziel war das weiter im Süden gelegene Speyer. Schon seit Ausbruch der Krankheit (wenn es denn eine war) versuchte er diese Stadt zu erreichen, denn dort wartete Anette auf seine Rückkehr.

Sie hatten in den ersten Tagen noch über SMS in Kontakt gestanden und er wusste, dass sie sich in der Wohnung eingeschlossen hatte. Das Haus war massiv gebaut und ihre Wohnung im dritten Stockwerk nahezu uneinnehmbar. Koste es was es wolle, die letzten hundert Kilometer würde er auch noch schaffen.

Was Waffen betraf war seine Gruppe gut aufgestellt. Jeder trug irgendetwas bei sich, mit dem er (oder sie) sich verteidigen konnte.

Er selbst hatte einen Streitkolben im Gürtel stecken. Mit dem dicken Holzstiel und einem massiven Eisenkopf am Ende eine mehr als brauchbare Waffe. Auch das war so ein Punkt. Vor dem Untergang, denn als nichts anderes konnte man das alles umschreiben, hätte er nicht im Traum daran gedacht, mit dieser Waffe auf Menschen einzuprügeln. Zumindest nicht, wenn er sich nicht gerade als Darsteller auf einer mittelalterlichen Reenactment-Veranstaltung befunden hätte.

Heute würde er keine Sekunde mehr zögern, mit dieser brachialen Waffe den lebenden Leichen die Schädel einzuschlagen. Zumindest wenn es keine Möglichkeit gab, vor ihnen davonzulaufen.

Der vielleicht wichtigste Überlebensgarant war allerdings, einer Gruppe anzugehören, auf die man sich verlassen konnte. Sie waren zu viert unterwegs und das war eine gute Zahl. Gruppen funktionierten am besten, wenn sich Paare bilden konnten. Waren es drei oder fünf, blieb immer einer übrig, aber vier waren gut.

Mit Sabine, einer große schlanken Frau, und ihrem Mann Pascal, seines Zeichens Schweizer, war Markus schon seit einer Ewigkeit befreundet. Die Beiden waren der Grund, warum er überhaupt nach Frankfurt gekommen war.

Als dieser Mist losging, hatte er Sabine versprochen, dass er auf dem Rückweg nach Speyer in Frankfurt haltmachen würde. Aus dem Besuch war ein gnadenloser Überlebenskampf in der Flammenhölle Frankfurts geworden.

Kristin war neu dabei. Die dünne Krankenschwester mit den dunklen Haaren hatten sie während ihrer Flucht, kurz vor ihrer abenteuerlichen Bootsfahrt über den Main, aufgelesen. Das junge Ding war eher zufällig auf die drei Freunde gestoßen, allein und kurz davor, den Verstand zu verlieren.

Aber halt, es gab noch ein fünftes Mitglied der Gruppe. Es hatte vier Beine, war etwa kniehoch und ein Australian Cattle Dog. Markus hatte den Hund während seiner Flucht aufgelesen. Seither war das Tier nicht mehr von seiner Seite wegzudenken.

Das Viertel, in dem sie sich gerade bewegten, pulsierte normalerweise vor Leben. Jetzt war es hier still, wie in einer Geisterstadt. Gerne mochte man sich dem Wunsch hingeben, hinter den Vorhängen Leben zu vermuten und Menschen, die gemeinsam beim Frühstück saßen. Doch mit der Innenstadt waren auch deren Randgebiete gestorben. Wer nicht rechtzeitig geflohen war, irrte nun mit hoher Wahrscheinlichkeit als untotes Monster umher.

Kein Kinderlachen oder das Bellen spielender Hunde hallte durch die Straßen. Der Tod hatte Einzug gehalten und war mit erbarmungsloser Gewalt in die Welt der Wohlstandbürger eingedrungen.

Markus schüttelte träge den Kopf. Früher hatte man sich die Katastrophen dieser Welt im Fernsehen angesehen und Anteilnahme geheuchelt. Mit dem Einzahlen eines kleinen Betrages war das Gewissen schnell beruhigt.

Markus wurde das Gefühl nicht los, dass es um die so genannte Dritte Welt heutzutage besser bestellt war als hierzulande, wussten die Menschen dort doch wesentlich besser, wie man überlebte.

Jetzt hatte sich in den Häusern süßlich und schwer der Gestank nach Tod eingenistet und drang durch die offen stehenden Türen und Fenster ins Freie.

Wie schnell es mit dem Tod gehen konnte, hatte Markus gerade erst an diesem Morgen erfahren. Sie hatten die Nacht in einem der Häuser in diesem Viertel verbracht. Und in diesem verdammten Haus hatten sie Susan zurückgelassen.

Markus hatte eine ganz besondere Verbindung zu der dunkelblonden Frau, mit der er die letzten Wochen seiner Flucht verbracht hatte. Sie hatten zusammen gekämpft und überlebt, und am Ende waren sie sich näher gekommen, als sie eigentlich wollten.

Zusammen waren sie nach Frankfurt gekommen und dort hatte es Susan erwischt. Bei einem Kampf mit einem dieser Drecksviecher hatte sie sich infiziert.

Tapfer hatte sie gegen das Unvermeidliche angekämpft, doch am Ende musste sich die Frau geschlagen geben. Es war ihr Wille gewesen, dass Markus mit den anderen gegangen war, er wäre sonst ohne zu zögern geblieben. Ein Wort von ihr hätte ausgereicht, eine Geste genügt.

Dennoch fühlte sich Markus wie ein Verräter, wie ein elender Feigling, der die Frau an seiner Seite (obgleich sie nicht die Frau an seiner Seite war) in ihren schwersten Stunden allein gelassen hatte.

Er wusste genau, dass diese Schuld für den Rest seines Lebens auf seinen Schultern lasten würde.

Jetzt hockten sie wie verängstigte Tiere in einem verlassenen und völlig verdreckten Kiosk am Rande der Stadt.

Sabine wühlte in dem Durcheinander auf dem Boden herum und zog ein paar in bunt bedruckter Folie verpackte Schokoriegel hervor. Sie verteilte die Päckchen und setzte sich selbst mit einem davon in der Hand unter die breite Theke.

Es wäre durchaus verlockend gewesen, sich hier ein paar Stunden zu verkriechen, doch dann wäre es dunkel geworden. Sabine richtete daher das Wort an ihre Begleiter:

„Leute, ich weiß nicht wie ihr die Sache seht, aber wir sollten schon jetzt damit anfangen, uns eine Bleibe für die Nacht zu suchen. Noch haben wir gutes Licht und das sollten wir ausnutzen!“

Kristin nickte, während sie sich die Taschen ihres Armeeparkas mit Süßigkeiten vollstopfte.

„Bin ganz deiner Meinung. Hier sind wir eine leichte Beute für die Toten. Und für Kategorie Eins sowieso.“

Kategorie Eins, so nannte man die infizierten Menschen, die wie wilde Tiere auf der Suche nach Frischfleisch durch die Straßen hetzten.

Wenn die eine Spur verfolgten, ließen sie nicht locker, bis sie ihre Beute gestellt und getötet hatten. In den ersten Wochen hatte man sie noch oft gesehen, doch heute waren sie selten geworden.

Bevor jemand etwas auf Kristins Worte erwidern konnte hob Markus die Hand. Er hatte etwas gehört. Ein Geräusch, das nicht in diese tote, verlassene Welt passte. Es war ein schweres, dunkles Knattern und es wurde beständig lauter. Das waren eindeutig Hubschraubergeräusche.

Sofort waren sie alle wieder hellwach. Kristin saß der Tür am nächsten und war als Erste auf den Beinen. Sie wollte schon hinaus auf die Straße stürmen, als sie wie vom Blitz getroffen mitten in der Bewegung verharrte.

„Scheiße noch mal, das gibt es doch nicht!“

Hastig ließ sie sich wieder zurück auf den schmutzigen Boden sinken. Mit zitternden Fingern zog sie die Tür des Kiosks hinter sich zu und hielt den Türgriff fest. Irgendetwas hatte Kristin so groß Angst gemacht, dass sie es nicht wagte, den Kiosk zu verlassen. Pascal stieß sie ziemlich grob an. In dem Schweizer keimte Panik auf, die Chance auf Rettung zu verpassen.

„Verdammt, geh mir aus dem Weg! Wir müssen die Leute im Hubschrauber auf uns aufmerksam machen. Das ist unsere Chance, verstehst du das nicht?“

Wenn sie nicht sofort Platz machen würde, war er durchaus dazu bereit, seiner Forderung mit Gewalt Nachdruck zu verleihen.

Sabine, die noch immer unter der Ladentheke saß, bemerkte den angstvollen Blick der dünnen Frau. Sie drehte sich um und zog sich vorsichtig in die Höhe. Was auch immer Kristin gesehen hatte, es musste schlimm genug sein, dass die Frau den zweifelhaften Schutz dieser Bude der nahenden Rettung vorzog.

Über dem Brett befand sich das große Verkaufsfenster. Schon mit dem ersten zaghaften Blick war ihr sofort klar, was Kristin zu ihrer Reaktion veranlasst hatte. Auf dem Platz vor dem Kiosk waren Tote aufgetaucht und schnüffelten wie Spürhunde in der Luft herum. Und es waren viele. Wo waren diese Bastarde auf einmal hergekommen?

Kurz wunderte sie sich noch, dass sie nichts gerochen hatten, als der Hund auch schon die Zähne bleckte und böse knurrte.

Kristin warf Markus einen gestressten Blick zu.

„Bring den verdammten Köter zum Schweigen!“

Markus hielt dem Hund die Schnauze zu, der sich massiv dagegen sträubte.

Leider war das nicht ihr einziges Problem. Das Knattern wurde ohrenbetäubend, als der Hubschrauber über den Baumwipfeln auftauchte. Sein Rotor schüttelte die kahlen Äste der Linden durch und wirbelte zwischen den Toten Dreck und Papier vom Boden auf. In seinen offenen Schiebetüren konnte man die Soldaten erkennen, die durch ihre überdimensionalen Schutzbrillen auf den Platz glotzten. Das Donnern der Rotoren übertönte jetzt alles und übte einen massiven Druck aus.

Schnell tauchte Sabine wieder ab und sah die erwartungsvollen Blicke ihrer Freunde. Sie hatte genug gesehen. Vor allem das, was sich unten auf dem Boden abspielte.

„Scheiße Leute, der Platz ist voller Leichen. Weiß der Teufel wo die so schnell hergekommen sind, aber sie sind einfach überall. Ich sehe keine Chance, den Hubschrauber zu erreichen!“

Pascal warf fluchend seinen angebissenen Schokoriegel in die Ecke.

„Verfluchte Kacke, und was jetzt? Sollen wir hier etwa sitzen bleiben und den Hubschrauber wieder abhauen lassen, ohne wenigstens versucht zu haben, denen ein Zeichen zu geben? Leute, das ist vielleicht unsere letzte Chance! Wir müssen es versuchen!“

Kaum dass er die Worte ausgesprochen hatte, war Pascal auch schon auf den Beinen. Markus versuchte noch, den Schweizer zu packen, doch er war zu langsam. Pascal drängte sich wie ein Wiesel zum Fenster und sprang auf die Theke, noch bevor ihn jemand daran hindern konnte.

Die Zeit der Verborgenheit war in dem Moment vorbei, in dem sich Pascal aufrichtete und die Arme wedelnd nach oben riss. Was die Toten gesucht hatten, war plötzlich in greifbarer Nähe. Erst schnellten ihre halbverweste Köpfe herum, deren Mäuler bereits voller Gier aufklafften, dann setze sich die gesamte Herde in Bewegung.

Ihr Ziel war der heruntergekommene Kiosk, in dem sich das armselige Häuflein Menschen versteckt hatte. Sofort waren alle auf den Beinen.

Der Besatzung des Hubschraubers entging nicht, dass etwas in dem Kiosk vor sich ging. Der Pilot schwenkte die Maschine ein wenig zur Seite. Für einen kurzen Moment trafen sich Pascals Blick und der des Mannes in der offenen Seitentür.

Dann löste sich ein kleines schwarzes Fass von einem der Stummelflügel des Helikopters und fiel zu Boden, während die Maschine steil nach oben zog.

Pascal starrte wie gebannt auf den Gegenstand und bemerkte daher im ersten Moment nicht, wie er an der Jacke gepackt und zurück ins Innere des Kiosks gezogen wurde. Schwer krachte er auf den mit Scherben und Dreck übersäten Boden.

Es folgte eine brutale Detonation. Alles war plötzlich in ein gleißendes Licht getaucht, dem eine fauchende Hitzewelle folgte.

Instinktiv pressten sie sich die Hände auf die Ohren und kniffen die Augen zusammen. Das war ganz sicher das Ende. Die noch in den Rahmen verbliebenen Scheiben zerbarsten, Glassplitter ergossen sich über die in fötaler Haltung am Boden liegenden Menschen. Der scharfe Geruch von Benzin vermischte sich mit einem Odem aus verbranntem Fleisch und versengten Haaren und machte ihnen das Atmen zur Qual.

Vermutlich hatten die Typen aus dem Hubschrauber eine Benzinbombe abgeworfen, vielleicht war es sogar Napalm. Niemand im Kiosk kannte sich mit solchen Dingen aus, aber um was es sich auch immer handelte, es war heftig.

Das Zeug legte sich schmierig auf die Haut und erzeugte einen bitteren Geschmack in ihren Mündern. Es brachte mit seiner infernalischen Hitze sogar die Luft in ihren Lungen zum brennen. Zumindest fühlte es sich so an. Wer die Augen geöffnet hatte, wurde von einer gleißenden Helligkeit geblendet, die nur langsam abebbte.

Plötzlich waren die Toten Nebensache, denn das Dach ächzte unter der massiven Gewalteinwirkung und die Wände knirschten.

Sie mussten hier raus, bevor alles über ihnen zusammenbrach. Wie blinde Kinder tasteten sie an den Wänden herum und fanden schließlich das Loch, dass einmal die Tür gewesen war.

Markus hörte gedämpft durch ein lautes Pfeifen in seinen Ohren, wie der Hund erbärmlich jaulte. Nur mit Mühe gelang es ihm seine Augen zu öffnen. Er sah mit verschwommenem Blick, wie Sabine Pascal den brennenden Rucksack vom Rücken zerrte.

Die Luft flimmerte vor Hitze. Sabines Mund öffnete sich und formte Worte, aber er konnte sie nicht hören. Kristin kauerte an der Wand und zog sich seltsam unbeteiligt Glassplitter aus ihrer zerrissenen Jacke. Sie merkte nicht, dass sich eine heftig blutende Wunde über ihre Stirn zog.

Markus versuchte seinen Mund zu öffnen, doch seine Lippen waren verklebt. Erst nach mehreren Versuchen schaffte er es unter Schmerzen, und formte mit seinem Mund Worte, die in dem schrillen Pfeifen ungehört untergingen.

Dann war er auf den Beinen und wankte nach draußen, sah brennende Gestalten mit rudernden Armen durch die Gegend torkeln und leblose Körper, die schwarz verkohlt am Boden lagen.

Nacheinander folgten alle seinem Beispiel, denn ihre kleine Zuflucht würde es nicht mehr lange geben. Das Dach stand bereits in Flammen. Funken stieben auf und glühende Asche flog überall umher.

Markus zog die am Boden kriechende Kristin auf eine Bank und presste ihr ein Tuch auf die Stirn, das er aus seiner Hosentasche gezogen hatte. Wortlos nahm er ihre Hand und gab ihr zu verstehen, dass sie das Tuch auf die Wunde pressen sollte.

Er sah, wie der Hund aufgeregt hin und her rannte, sich aber nicht näher an die brennenden Monster heran wagte. Auch das Fell des Tieres war mit ölig schwarzem Ruß verklebt. Pascal hatte seinen Rucksack abgestreift und, außer ein paar versengten Haaren, anscheinend keine Wunden davon getragen.

Es war höchste Zeit, sich einen Überblick zu verschaffen. Genau in der Mitte des Platzes klaffte ein kreisrunder, rabenschwarzer Krater. Im Umkreis der ersten zehn Meter war alles verbrannt, nicht einmal Asche war übrig geblieben. Nur schwache Schatten auf dem Asphalt zeugten von den verbrannten Körpern.

Sogar die Bäume hatten Feuer gefangen. Der Rauch trübte Markus Blick, aber er konnte spüren, wie ihn jemand (oder etwas?) mit unvorstellbarer Boshaftigkeit beobachtete. Das Gefühl war so intensiv, dass sich die feinen Härchen auf seinen Armen aufstellten.

NAPALM DEATH

Die Toten waren zurück. Mit brutaler Gleichgültigkeit stießen sie ihre brennenden Artgenossen zur Seite und strömten auf den Platz.

Markus musste den Hund mit aller Kraft am Halsband festhalten, weil dieser sich wild bellend auf die wandelnden Leichen stürzen wollte.

Der Angriff erfolgte brutal und überraschend. Markus kam aus dem Gleichgewicht und stürzte. Instinktiv winkelte er seine Arme an und versuchte sich noch abzurollen, so wie er es im Kampfsporttraining gelernt hatte. Aber er war zu langsam.

Der Aufprall auf Schulter und Kopf war hart und ließ tausende grellweiße Sterne vor seinen Augen explodieren.

Der Hund drehte jetzt vollkommen durch und stürzte sich wild bellend auf den Angreifer. Vielleicht war das Markus Rettung, denn das Tier verschaffte ihm so wertvolle Sekunden, die er brauchte, um wieder auf die Beine zu kommen und halbwegs klar sehen zu können.

Der schlimmste Fall war eingetroffen, denn der Angreifer war ein Infizierter der Kategorie I.

Der Cattle Dog hatte den Typen angesprungen und zu Fall gebracht. Jetzt stand er über dem Scheusal und hatte sich in dessen Unterarm verbissen, während der wie ein Verrückter mit der freien Hand auf den Hund eindrosch.

Markus unterdrückte einen ersten Impuls, der ihn zur Flucht verleiten wollte, und fummelte seinen Streitkolben vom Gürtel.

Um sein Gleichgewicht ringend, taumelte er auf den am Boden liegenden Mann zu, einem hageren Typen mit langen fettigen Haaren. Auf seinem zerfetzten AC/DC Shirt prangte in großen Lettern Highway to Hell. Wie passend.

Der Biss des Hundes war tief und blutig, aber das schien diesen Wahnsinnigen nicht im Geringsten zu stören. Mit seinem freien Arm packte er das tobende Tier und warf es von sich. Unwillkürlich folgte Markus Blick der Flugbahn des Hundes, die in einem dornigen Busch endete.

Pascal und Sabine hatten es ebenfalls mit einigen Toten zu tun, die hinter ihnen zwischen dem Buschwerk hervorgebrochen waren, während Kristin vor einem in Flammen stehenden Zombie zurückwich.

Also gut, dann stand er dem Infizierten eben alleine gegenüber. Bevor Markus den Mann erreichen konnte, war der schon wieder auf den Beinen und ging sofort zum Angriff über.

Mit blutigem Schaum vor dem Mund und Augen, die wild in den Höhlen hin und her rollten, stürzte er sich auf Markus. Der Kerl war verdammt schnell. Markus blieb nichts anderes übrig, als den Streitkolben kerzengerade nach vorne in den Brustkorb des Angreifers zu rammen, doch der Wahnsinnige wich im letzten Augenblick aus und wurde von dem schweren Eisenkopf nur gestreift.

Infizierter und Gesunder prallten zusammen. Markus schrie gellend auf (zumindest hatte er das Gefühl, denn in seinem Kopf war noch immer nur dieses Pfeifen), als ihm ein stechender Schmerz durch die Schulter fuhr.

Der Typ wurde vom eigenen Schwung an Markus vorbei getragen, schaffte es aber noch, sich hinten in Markus Jacke zu verkrallen, weil der zu langsam war um abzutauchen.

Markus wirbelte um die eigene Achse und versuchte so den Angreifer abzuschütteln, doch der schlang bereits einen schmierigen Arm um Markus Hals und drückte erbarmungslos zu. Sofort blieb ihm die Luft weg.

Er wusste, gleich würde der Biss folgen. Markus setzte alles auf eine Karte. Er verlagerte sein Gewicht auf sein gesundes Bein und hakte das andere hinter das Bein der Zecke, die ihm auf dem Rücken hing. Dieses zog er mit aller Kraft nach vorne, stieß sich aber gleichzeitig mit seinem Standbein nach hinten ab.

Der Effekt ließ nicht lange auf sich warten. Der Infizierte verlor sein Gleichgewicht und die beiden Männer kippten um und schlugen rückwärts auf den Boden.

Markus spürte, wie etwas im Brustkorb des Infizierten nachgab und dessen Griff sich für einen Augenblick merklich lockerte.

Das war seine Chance. Er rollte sich zur Seite und entkam so dem tödliche Griff. Dieses Mal war Markus schneller auf den Beinen. Aus dem Mund des Infizierten lief jede Menge Blut. Bevor der Typ sich aufrichten konnte, setzte Markus dem Kampf mit einem gezielten Hieb seines Streitkolbens ein Ende.

Die Toten waren schon fast auf Höhe des brennenden Kiosks angelangt. Sabine und Pascal waren mit ihren Angreifern fertig geworden und vor Kristin lag ein brennender Körper auf dem Boden. Es war allerhöchste Zeit, sich abzusetzen.

DURCH DEN WALD

Markus wusste nicht mehr, wie lange sie bereits gelaufen waren, aber es war jedenfalls schon eine ganze Weile her, seit sie den Kampfplatz hinter sich gelassen hatten.

Der Hund hatte sich auch wieder beruhigt. Jetzt lief er in gewohnter Art neben oder vor ihm her und behielt die Umgebung im Auge, in der sich sein Rudel bewegte.

Sie waren einem schmalen Sandweg durch ein Waldstück gefolgt, das hinter dem Kiosk begonnen hatte. Der Weg verlief parallel zum Stadtrand. Das Gestrüpp war dicht genug, um von der Stadtseite aus nicht gesehen zu werden. Trotzdem konnten sie die angrenzende Straße halbwegs im Auge behalten.

Niemand hatte das Bedürfnis, über die Sache am Kiosk zu sprechen. Immerhin war das schreckliche Pfeifen verstummt und gab ihr Gehör nun wieder für normale Wahrnehmungen frei. Was blieb, war der ölige Geschmack in ihren Mündern und der schwarze, klebrige Ruß auf den Klamotten.

Im Laufen hatte Markus Kristins Platzwunde verbunden, so gut es eben ging. Jetzt hing das einem Turban ähnliche Gebilde schräg auf dem Kopf der schlanken Frau und vermutlich würde sie es bald ganz verlieren, aber das schien ihr ziemlich egal zu sein.

Sie hatten fast sämtliche Wasserreserven aufgebraucht, um den höllischen Durst nach dem Napalmfeuer zu löschen und sich erfolglos den schmierigen Film von Gesicht und Händen zu waschen.

Immer wieder blieben sie stehen und sahen sich angstvoll um. Ihre Verfolger, sofern es überhaupt welche gab, waren entweder sehr leise oder einfach zu weit entfernt. Aber vermutlich war es viel simpler, und den Toten lag nichts daran, ihnen hinterherzuhetzen. Die Zeit war auf ihrer Seite, sie mussten sich nicht eilen. Früher oder später würden die Menschen schlapp machen und sterben, so oder so.

Und der Hubschrauber? Nun, der war natürlich weg und niemand hatte mitbekommen, wohin er geflogen war. Was war das nur für eine Scheiße, in der sie steckten.

Bevor Markus weiter darüber nachdenken konnte, blieb Sabine, die erneut die Gruppe anführte, plötzlich stehen und ging in die Hocke. Sofort folgten alle ihrem Beispiel. Auf Pascals fragenden Blick hin deutete sie nach vorne.

„Dort vorne, hinter den Büschen ist ein großes Anwesen. Ich glaube es ist der Reitverein, in dem ich früher geritten bin. Bin mir aber nicht ganz sicher. Aber mit etwas Glück könnten wir dort eine Bleibe für die Nacht finden oder sogar einen fahrbaren Untersatz, mit dem wir weiterkommen. Was meinst du?“

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