Traumlose Welt: Die Mechanik der Rebellion - K. Morten Widrig - E-Book

Traumlose Welt: Die Mechanik der Rebellion E-Book

K. Morten Widrig

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Beschreibung

Der erste Kurzroman von K. Morten Widrig Ein Dieb kommt in eine Stadt und tut, was ein Dieb eben tut: Er stiehlt. Bis er eines Tages der falschen Person eine Kette stiehlt. Die Zahnräder der Mechanik der Rebellion setzen sich für den Dieb in Bewegung. Was geschah vor den Traumlos Comics und den Tjari Yume Mangas? In diesem Buch erfährst du es! Tauche in die traumlose Welt in der Form dieses Buches ein...

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Seitenzahl: 137

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Traumlose Welt: Die Mechanik der Rebellion

ImpressumVorwortInhaltProlog: UnsterblichkeitErster Teil: Die Mechanik der FreiheitZweiter Teil: Berg, Sand und WorteDritter Teil: Schicksal

Impressum

Zum Buch

Der erste Kurzroman von K. Morten Widrig

Ein Dieb kommt in eine Stadt und tut, was ein Dieb eben tut: Er stiehlt. Bis er eines Tages der falschen Person eine Kette stiehlt. Die Zahnräder der Mechanik der Rebellion setzen sich für den Dieb in Bewegung.

Zum Autor

K. Morten Widrig wuchs im St.Galler Rheintal in der Schweiz auf. Das Zeichnen und Schreiben war seit frühster Kindheit seine grosse Leidenschaft, welche er mit dem Medium Comic ausleben kann. Ausserdem studierte Widrig Sozialpädagogik an der Agogis in St.Gallen, was mitunter grossen Einfluss auf die Geschichten des Autors hatte. Die Traumlos Comic Reihe war Widrigs Comic-Debut. Derzeit arbeitet der Zeichner an seinem Manga Projekt "Tjari Yume Manga". 

Impressum

Titel: Traumlose Welt: Die Mechanik der Rebellion

Auflage: 1

Texte und Bilder: © Copyright by K. Morten Widrig Umschlaggestaltung / Illustrationen: Morten Artworks

Lektorat: Julia Niesel, Gina Zollinger

Verlag: Selbstverlag Morten Widrig / Morten Artworks, 9443 Widnau CH Mail: [email protected]

Vertrieb: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin DE

2021

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser

Anfang meiner Zwanziger erschuf ich den nachfolgenden Kurzroman, welcher allerdings nie zur Veröffentlichung gedacht gewesen war. Mein Freundeskreis durfte die Geschichte in ihrer Manuskriptfassung lesen. Sie kämpften sich durch tausende Schreibfehler (Mir war Rechtschreibung bei einem Manuskript egal, da es mir auf den Inhalt ankam.) und trotzdem gefiel ihnen die Geschichte. Sie ermutigten mich, diese zu veröffentlichen, doch das wollte ich nicht. Dies hatte mehrere Gründe. Der wichtigste aber war, dass ich nicht daran glaubte, dass diese Geschichte viele Leserinnen und Leser finden würde. Einige Jahre später, anfangs 2017, ließ mich diese Geschichte aber immer noch nicht los. Ich entschloss mich, weiter an der Geschichte zu arbeiten, diesmal aber in anderer Form: Als Comic. So entstand schließlich die Traumlos Comic-Reihe, welche in drei Sammelbänden erschien. Chronologisch spielt die Traumlos Comic-Reihe aber nach diesem Kurzroman. Für mich war es unglaublich, wie gut der Comic trotz Selfpublishing angekommen ist. Dies ermutigte mich, den Traumlos Comic Kosmos weiter auszubauen und als Tjari Yume Manga weiterzuführen. Das stetig positive Feedback bestärkte mich schließlich, dass ich mich nochmal an das Manuskript dieses Kurzromans setzte und es überarbeitete. Dass du jetzt das fertige Buch in der Hand hältst, ist also wirklich keine Selbstverständlichkeit! Viele Menschen haben dazu beigetragen, dass dieses Buch realisiert werden konnte. Angefangen bei den Leuten, welche mich ermutigten, die Geschichte zu veröffentlichen, den Leserinnen und Leser meiner Comics und Mangas, den Buchhandlungen, die meine Publikationen ins Sortiment aufgenommen haben, den Medien, die über meine Werke berichteten, den lektorierenden und korrigierenden Personen, Epubli und nicht zuletzt auch du! Danke für den großartigen Support!

Nun wünsche ich dir viel Spaß beim Lesen dieses Kurzromans, welcher beinahe nie an die Öffentlichkeit gelangt wäre.

Morten

Inhalt

Traumlose Welt: Die Mechanik der Rebellion

____________________________

Prolog: Unsterblichkeit

Erster Teil: Die Mechanik der Freiheit

Zweiter Teil: Berg, Sand und Worte

Dritter Teil: Schicksal

___

von

K. Morten Widrig

Prolog: Unsterblichkeit

Prolog: Unsterblichkeit

«Setzen Sie sich Herr Cerva. Sie sind nun also der Herr der drei Kontinente. Ich gratuliere Ihnen dazu. Wie Sie aber bestimmt wissen, versinkt der Kontinent Eris im Chaos. Die Kriminalität stieg in den letzten Jahren um ein Fünffaches, die Produktivität hingegen sinkt stetig und die Krähenbruderschaft, die schon fast vergessen war, wird wieder aktiver und rekrutiert Kriminelle für ihre Zwecke. Doch Sie müssten wissen, dass vor einigen Jahrzehnten schon ein Plan für ein solches Szenario ausgearbeitet wurde: Der Plan der Uhrwerksreparatur, für dessen Umsetzung der höchste Turm von Veravys, der Fictor Turm, gebaut wurde. Der Server für die Chips und der Satellit sind längst einsatzbereit, also fragte ich mich, weshalb Sie nicht die gesamte Menschheit und nicht nur die Sklaven chippen? Doch schnell wurde mir klar, an was es gelegen haben muss! Es sind wie immer die Finanzen. Doch Sie haben Glück! Sie sitzen gerade dem reichsten Mann der Welt gegenüber und ich bin gewillt, die Uhrwerksreparatur zu finanzieren, sofern sie mir meinen letzten irdischen Wunsch erfüllen. Ewiges Leben! Sagen Sie jetzt nichts, Herr Cerva, mir ist durchaus bewusst, wie das klingen muss, vor allem für so einen klugen Kopf wie Sie es sind. Doch mein Wunsch fußt auf realisierbarem Fundament. Ich weiss nicht, wie vertraut Sie mit mythologischen Geschichten der Aswanen-Religion sind, aber ich habe in den letzten Jahren die Geschichten aus ihrer Edda gelesen und bin auf etwas Interessantes gestoßen. «Des Traumes schwarz gefiederte Wächterin» heißt das poetische Märchen. Dieses Märchen brachte mich auf eine Idee. Es gibt sie, die Singularität, ein räumlicher oder zeitlicher Bereich im Universum, in dem die bisher bekannten Naturgesetze nicht gelten. Somit wäre auch die Sterblichkeit eliminiert. Wo wäre diese Singularität also wahrscheinlicher als in der Traumwelt? Noch besser aber, einer künstlichen Traumwelt, die kontrollierbar wäre? Nur, sobald mein Körper stirbt, zerfällt meiner Theorie nach auch meine Traumwelt, also kam mir der Gedanke, meinen Verstand in den Schicksalsserver einzuspeisen und ihm von dort aus Zugang zu jeder Traumwelt zu schaffen. Dies wäre auch durchaus möglich, wenn jeder Mensch in Eris gechippt werden würde und der Chip auch auf die Träume zugreifen könnte. Quasi eine zentrale Traumwelt, die mit allen Träumenden verbunden wäre. Vielleicht braucht es zum bereits existierenden Chip noch ein zusätzliches Modul, eine Art Neuro-Traumkontrolle. Ich glaube, es wäre möglich. Möglich, ein unsterblicher Träumer zu werden. Also, was meinen Sie Herr Cerva? Wollen Sie meinen Traum wahr werden lassen?»

Erster Teil: Die Mechanik der Freiheit

360 Jahre vor der Nacht

Rauchschwaden und das ohrenbetäubende Quietschen der Räder der Lokomotive rissen mich aus meinem Ausnüchterungsschlaf, den ich neben etlichen Briefsäcken in einem Güterwagon hielt. «Willkommen in Reld», rauschte es aus den Lautsprechern, die in den Passagierwagons angebracht waren. Meine Augenlieder waren noch schwer wie Felsbrocken und meine Glieder schmerzten zu sehr, um aufzustehen. Trotzdem gelang es mir irgendwie, als ich Schritte hörte, die wahrscheinlich vom Schaffner stammten. Vorsichtig nahm ich meine Tasche, kletterte aus dem Wagon und streckte mich, als mich plötzlich eine Hand an der Schulter packte. «Sie kommen jetzt mit!», befahl ein griesgrämiger Glatzkopf, dessen linkes Auge von einem Monokel geziert wurde. «Weshalb, der Herr?», wollte ich wissen und steckte meine rechte Hand in meinen fleckigen, grauen Mantel. «Sie wissen genau weshalb! Es ist nicht gestattet in Güterwagons mitzufahren, und ich wette, Sie haben weder einen Pass noch einen Fahrschein», blaffte mich der Schaffner an, während er mich musterte. «Da haben Sie Recht und Geld habe ich auch keines. Ich bin ein Niemand, also ist Niemand hier.“ „Drehen Sie sich um und gehen Sie, das ist die erste und einzige Warnung!» Rot vor Wut ballte der Schaffner seine Hände zu Fäusten und schlug mit seiner rechten so heftig in mein Gesicht, dass meine Oberlippe aufplatzte und ich auf den Rücken fiel. Dann wollte er auf mich eintreten, doch ich zerrte an seinem Standbein und holte ihn so zu mir auf den Boden. Meine zur Faust geballte rechte Hand küsste sein Monokel. Das Monokel zerbrach und die Scherben schnitten in das Fleisch meiner Faust und in das Auge des Schaffners. Er schrie und ich wollte mich gerade erheben, als zwei Passanten die Schreie des Schaffners hörten und auf uns zustürmten. «Verdammt!», fluchte ich und nahm meinen Revolver aus dem Mantel, «Dreht euch um! Ich bin Niemand und hier passiert nichts, außer ihr kommt näher!» Die Drohung zeigte Wirkung, die Passanten flüchteten, jedoch schrie der Schaffner noch immer. «Schlaf jetzt», flüsterte ich in sein Ohr und schlug ihm den Revolver an die Schläfe. Ruhe kehrte ein. So hatte ich mir meine Ankunft in Reld nicht ausgemalt und während ich den regungslosen Körper des Schaffners anstarrte, kroch Reue in mein Denken, da dieser Mann, weil er seinen Job ernst nahm, nun auf einem Auge blind war. Seufzend griff ich in meine Manteltasche, kramte eine Patrone heraus, schob sie in den Revolver und starrte auf das scherbendurchbohrte Auge des Schaffners. «Mit den Lebenden habe ich Mitleid», flüsterte ich und schluckte leer, schaute mich um, ob jemand in der Nähe war, zielte auf die Stirn des Schaffners und drückte den Abzug des Revolvers, «mit den Toten aber nicht.» Dann verschwand ich.

Die Musiker spielten laut, Rum und Whisky flossen in Strömen und Geld wechselte seinen Besitzer innert wenigen Minuten bei einem Kartenspiel, das man Reldner Trumpf nannte und in dem ich über meisterliche Fähigkeiten verfügte. «Zwei Elstern und Vier Trümpfe zeigt euer Blatt», sagte ich lächelnd, weil ich wusste, dass keiner ein besseres Blatt besitzen konnte. «Verfluchter Bastard, du kannst das wohl sehr gut?! Sieht man dir nicht an in dieser scheiß Aufmachung, in der du hier erscheinst», stichelte mein Gegenspieler, dessen Gestank abartig war und warf einen Trumpf und fünf Quader auf den Tisch. «Hmm», grummelte der andere Gegenspieler, der unbeschreiblich fett war. Er zog die Brauen hoch und zwirbelte seinen Schnurrbart, bevor er zwei Elstern, drei Punkte und ein Quader auf den Tisch warf. «Der Niemand gewinnt», lachte ich triumphierend und sackte das Preisgeld und eine Messingtaschenuhr ein. «Den Herren einen angenehmen Abend», verabschiedete ich mich grinsend und ließ eine Münze, die ich gewonnen hatte, auf den Tisch fallen. «Der Trick ist, nüchterner als die Gegenspieler zu bleiben. Das nächste Getränk geht also auf mich! Entscheidet euch nun besser, wer den Drink bekommt, ihr versteht?» Die zwei Verlierer sahen mich fassungslos und wütend zugleich an, doch waren sie augenscheinlich zu betrunken, um sich zu erheben und sich mit mir zu prügeln und eben genau das und die Spiegel an den elektronischen Kronleuchtern war der Trick. Beim Hinausgehen entwendete ich den Zylinder des Schnurrbartträgers und begab mich auf die nächtlichen Straßen von Reld.

Reld war eine der größten Städte des Kontinents Eris und somit die perfekte Spielwiese für einen Dieb wie mich. Die Häuser waren mehrstöckig und die meisten Leute hatten viel Geld, da sie für den Präsidenten von Eris arbeiteten, der in der Casa Reld wohnhaft war und sein Amt von dort aus ausführte. Umso paradoxer, dass Reld das kriminellste Pflaster in ganz Eris war oder eben auch nicht, da die Politik eigentlich ebenfalls nur so von Korruption strotzte und somit vielleicht, wie ein Magnet auf kleine Ganoven und Langfinger wirkte. Wie auch immer es war, mein Ziel war es, den reichen Reldnern das Geld aus den Taschen zu ziehen und dabei nicht erwischt zu werden.

Das elektronische Licht der Laternen flackerte und Insekten tanzten um die Laternen herum. Lichter brannten in den mehrstöckigen Häusern und Ratten rannten aus der einen Gasse in die andere Gasse. Brunnen plätscherten ein fröhliches Lied und ich summte mit. Städter gingen ihren Weg und versuchten, meinen Blick nicht zu kreuzen, obwohl ich immer höflich meinen gestohlenen Zylinder hob. Irgendwann verkroch ich mich in eine dunkle Seitengasse, lehnte mich an die bemalte Backsteinwand und wartete auf potenzielle Opfer. Etliche Male fielen meine Augen für einige Sekunden zu, bis mich eine kühle Brise oder eine Ratte zurück in die Realität holte. Irgendwann nach Stunden des Wartens verirrte sich endlich jemand in die Seitengasse. Schnell griff ich nach meinem Revolver und stellte mich vor eine Frau mittleren Alters, die reich geschmückt war. «Ihre Wertsachen! Schnell!», forderte ich mit erhobenem Revolver bestimmt. Die Frau brachte keinen Ton raus, sie quietschte bloß und hob ihre Hände, so dass ich mir ihre Handtasche und den Schmuck unter den Nagel reißen konnte und in die Dunkelheit einer anderen Gasse flüchtete, die zu meinem Pech der Abfangort einer Bande Halbstarker war. «Eine Handtasche?», stellte der Anführer fest, welcher ziemlich grotesk aussah mit seiner schwarzen Hose und seinem weißen Hemd, welches mithilfe der Hosenträger an seine Hühnerbrust gedrückt wurde. «Sehr wohl, ich bin ebenfalls ein Dieb und dazu noch ein viel besserer als ihr alle drei zusammen», bluffte ich in der Hoffnung, dass sie leicht einzuschüchtern wären. «Ich hoffe für dich, dass wir uns gerade verhört haben!», schrie der Hosenträgertragende aufgebracht und wollte mich schubsen, was ihm aber nicht gelang, da er viel zu schwach war. Ich starrte das Großmaul bloß an, griff in meinen Mantel und grabschte nach meiner gewonnenen Taschenuhr. Ich nahm sie heraus und öffnete sie, sah sie an, klappte sie zu und verstaute die Uhr wieder in meinem Mantel und meinte: «Für euch ist es an der Zeit, nachhause zu gehen!» Verdutzt sahen sich die drei an und ich merkte, dass sie langsam nervös und unsicher wurden. «Bist du ein Verrückter oder was?», fragte der, der am klügsten aussah, währenddem ich sie weiterhin nur anstarrte und wieder in meinen Mantel griff und erneut die Taschenuhr hervornahm. «Tick, tack, tick, tack», flüsterte ich seelenruhig auf die Uhr starrend. «Lasst uns verschwinden!», hetzte der Hosenträgertragende und seinen Kumpanen folgten seiner Anweisung und stolperten davon. «Verdammt, ist diese Uhr gut!», lachte ich und begann mit der Suche nach einem Schlafplatz, den ich in Form einer verlassenen Lagerhalle auch fand.

Die darauffolgenden Tage verliefen immer gleich: Billard oder Reldner Trumpf spielen, gewinnen, aus dem Staub machen, ausrauben, stehlen, Diebesgut verhökern und so weiter. Es war einfach, fast schon zu einfach und mir fehlte der Nervenkitzel, also begann ich größere Risiken einzugehen.

Eines Nachts verirrte ich mich in eine kleine Bar, die sich «Hektors Tante» nannte und in Anbetracht des lausigen Namens war die Bar ziemlich schick gehalten, also betrat ich sie.

Kronleuchter strahlten von der Decke und künstlerisches Holzmobiliar erstreckte sich über den gesamten Parkettboden, der wie frisch gewachst aussah und das Licht der Kronleuchter spiegelte. Damen mit zu Katzenaugen geschminkten Augen starrten angewidert auf meinen fleckigen, grauen Mantel und die Herren begannen zu husten, wobei sie sicher ohnehin gehustet hätten, da eine Zigarre fetter war als die andere. «Die Damen, die Herren», grüßte ich und hob meinen geklauten Zylinder und schaute auf meine gewonnene Messingtaschenuhr. Ein Raunen ging durch die Bar, ich ignorierte es und bestellte an der Bar einen Whisky, bekam ihn und setzte mich zu einer Gruppe, die nicht ganz so schick aussah. «Auf euer Wohl!», prostete ich mit erhobenem Glas. Kritisch beäugte mich die Gruppe, bis sie alle doch noch auf meinen Prost einstiegen und ihn erwiderten.

«Ich bin Elenora, das ist Joven und der mit dem seltsamen braunen Hemd ist Vince», stellte Elenora ihre Truppe vor. Elenora hatte rabenschwarzes, leicht auftoupiertes Haar, welches sie zu einem nahezu perfekten Dutt gebunden hatte. In ihr Gesicht fielen drei Haarsträhnen, die leicht gelockt waren und ihre braunen Augen beinahe verschwinden ließen. Trotzdem erkannte man, dass auch sie ihre Augen wie Katzenaugen geschminkt hatte, jedoch um einiges dezenter als bei vielen der anderen Damen. Ihre Lippen waren rot wie Wein aus Schah und ihre Haut weiß wie frisch gefallener Schnee. An ihrem Hals funkelte der sichtbare Teil ihrer Kette, welche bestimmt kostbar war. Der Mantel den Elenora trug, war ebenfalls grau wie meiner, aber nicht im Entferntesten so fleckig. Aus dem Mantel guckte ihr nicht ganz knielanges, weinrotes Kleid, dann kamen wenige Zentimeter nackte Haut und auf diese folgten graue Strümpfe, die in schwarzen Stiefeln verschwanden. Elenora war im Ganzen ein hübscher Anblick. Neben ihr saß Joven, ein Durchschnittstyp durch und durch. Mittellanges, kastanienbraunes Haar, kein prägnantes Gesicht, außer dass sein Kinn ein wenig mehr hervorstach als bei anderen Leuten und auch seine Kleidung war absolut durchschnittlich. Braune Melone, brauner Mantel, braune Hose und braune Schuhe. Vince hingegen war so eine Person, an die man sich automatisch erinnern musste, da er sehr markante Gesichtszüge hatte, die nicht einmal von seinen schulterlangen, blonden Haaren verdeckt werden konnten und auch sein grünes und sein blaues Auge waren spezielle Merkmale. Genauso wie sein roter Vollbart und auch das seltsame, braune Hemd, das Elenora ansprach, war wirklich sehr besonders mit den gestickten hellbraunen Rauten.

 «Erfreut, euch kennen zu lernen. Mein Name ist Ravyn», stellte ich mich vor und trank den letzten Schluck des Whiskys, der sich in meinem Glas befunden hatte. «Noch einen!», rief ich dem Barmann mit erhobenem Glas zu. «Ravyn? Kein Typischer Name für einen Reldner», bemerkte Vince mit seiner tiefen Stimme skeptisch. «Ich bin in Ruh aufgewachsen, doch es zog mich in die Stadt», antwortete ich, nahm den Whisky, den mir der Barmann vor die Nase hielt, dankend entgegen und nippte an dem Glas. «Was zieht jemanden aus Ruh denn nach Reld?», wollte Elenora verblüfft wissen, während ich aufstand und mich an Joven vorbeidrückte, um neben Elenora Platz zu nehmen. «Das Abenteuer, das Risiko, die Freiheit», flüsterte ich ihr angeberisch ins Ohr. Dann drehte ich meinen Kopf schnell weg, nießte, schlug mein rechtes Knie heftig gegen die Tischkante, sodass alle Getränke auf dem Tisch verschüttet wurden, woraufhin Elenora, Vince, Joven und ich augenblicklich aufhüpften, um nicht nass zu werden. Dann nahm ich rasch mein Taschentuch nach vorne und tupfte Elenoras Nacken, der etwas von meinem Whisky abbekommen hatte, ab. «Ich bin untröstlich! Wartet, ich hole Tücher von der Toilette», entschuldigte ich mich, steckte mein Taschentuch ein und ging zur Toilette. Doch holte ich keine Tücher, nein, ich verschwand aus dem Toilettenfenster, mit meiner Beute im Taschentuch: Elenoras Halskette.