Trennung - Lilly Fröhlich - E-Book

Trennung E-Book

Lilly Fröhlich

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Beschreibung

Die 7-jährige Mia Maibaum wollte eigentlich eine Schwester - bekommen hat sie einen leeren Küchenstuhl, denn ihre Eltern haben sich getrennt. Und weil das heutzutage gar nicht mehr so ungewöhnlich ist, lebt Mia bei ihrem Papa. Während sich ihr Papa in ihre Klassenlehrerin Sophie Biber verliebt, verliebt sich der Pinguin Fridolin aus dem Zoo in Mia. Wird Frau Biber nun ihre neue Mama und deren Sohn Benjamin ihr neuer Bruder? Wird Lucy ihre Freundin bleiben, wenn sie erfährt, dass Mias Papa und Frau Biber ein Liebespaar sind? Mias Leben ist plötzlich wie ein zusammengewürfelter Haufen bunter Flicken - Patchwork eben! Dies ist die überarbeitete neue Auflage 2020 vom ersten Band der beliebten Mia-Buchreihe - Aufklärung mit Herz! "Die Geschichten rund um die kleine Mia und ihren Pinguin Fridolin haben es schon an die Wiener Staatsoper geschafft." (Morgenpost)

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Seitenzahl: 148

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Schlechte Laune

Der Zoobesuch

Alles wird anders

Übernachtung

Liebeskummer

Ein Anfang

Lucy

Böse Zungen

Wo ist Fridolin?

Weihnachten

Pinguininternat

Sensation in Bärenklau

Osterüberraschung

Aufregung im Zoo

Ende gut, alles gut

Steckbrief:

Name:

Mia Maibaum

Alter:

8 Jahre

Adresse:

Bärenklau

Was ich mag:

Pinguine, Malen

Was ich nicht mag:

Streit

Was ich werden will:

Tierpflegerin

Steckbrief:

Name:

Tom Maibaum

Alter:

35 Jahre

Adresse:

Bärenklau

Was ich mag:

Karten, Sport

Was ich nicht mag:

Schlechte Laune

Was ich werden will:

Ingenieur

Steckbrief:

Name:

Sophie Biber

Alter:

33 Jahre

Adresse:

Bärenklau

Was ich mag:

Lesen, Malen

Was ich nicht mag:

Streit, Rosenkohl

Was ich werden will:

Lehrerin

Steckbrief:

Name:

Benjamin Biber

Alter:

10 Jahre

Adresse:

Bärenklau

Was ich mag:

Computerspielen

Was ich nicht mag:

Aufräumen

Was ich werden will:

PC-Spielerfinder

Steckbrief:

Name:

Lucy Schmidt

Alter:

8 Jahre

Adresse:

Bärenklau

Was ich mag:

Basteln

Was ich nicht mag:

Schule

Was ich werden will:

Basteltante

Steckbrief:

Name:

Fridolin

Alter:

3 Jahre

Adresse:

Zoo

Was ich mag:

Mia, Sardellen

Was ich nicht mag:

Alleinsein

Was ich werden will:

Pinguinpapa

Schlechte Laune

»Du bist so ein Blödmann, Tom!« Mit geballten Fäusten steht Linda Maibaum vor ihrem Ehemann.

»Ach, lass mich doch in Ruhe, Linda«, kontert Tom Maibaum.

Mia steht vor ihren Eltern und fängt an zu weinen. »Warum müsst ihr immerzu streiten?« »Liebes, wir streiten nicht. Wir trennen uns«, antwortet Mias Mama, lächelt gequält und geht zu Mia. Sie hockt sich vor ihr hin und umfasst ihre Schultern. »Ich habe dich lieb, Süße! Aber leider muss ich jetzt gehen. Ich halte es hier bei deinem Vater nicht mehr aus.« Sie streichelt Mia über den Blondschopf, gibt ihr einen Kuss auf die Stirn und ist auch schon verschwunden.

»Mama, nein!«, ruft Mia, aber ihre Mutter ist weg.

In der nächsten Sekunde schlägt der Prinzessinnenwecker Alarm. Verschlafen öffnet Mia die Augen und dreht sich auf die andere Seite.

Das war so ein blöder Traum, dass sie gar nicht aufwachen will. Sie hält die Augen geschlossen und schläft tatsächlich noch einmal ein.

Irgendwann kommt ihr Papa herein und zieht die Vorhänge zurück.

»Guten Morgen, meine Sonne! Hast du gut geschlafen?« Mia blinzelt und knurrt.

»Willst du heute gar nicht aufstehen? Es ist schon spät«, sagt ihr Papa.

Ein Blick auf die Uhr verrät Mia, dass sie tatsächlich spät dran ist.

Auch das noch!

Mühsam schält sie sich aus ihrer warmen Bettdecke und starrt durch das geöffnete Fenster.

Es regnet in Strömen.

»Wie kannst du bei dem blöden Wetter so gut gelaunt sein?«, wirft sie ihrem Papa vor, der fröhlich pfeifend aus dem Zimmer geht.

»Heute ist Freitag. Endlich haben wir Wochenende. Und morgen ist ein ganz besonderer Tag.« Mias Papa steckt noch einmal seinen Kopf ins Zimmer.

»Falls du es vergessen hast, wir gehen morgen in den Zoo.« Normalerweise würde Mia bei dem Gedanken an den Zoo Freudensprünge machen, aber heute ist sie schlecht gelaunt.

Grunzend schlurft sie zum Kleiderschrank und öffnet ihn.

Da drinnen herrscht das reinste Chaos.

Die Pullis liegen zwischen den Schlafanzügen, die Socken schlummern auseinander gepult bei den Unterhosen und ihre Röcke lümmeln frech in den Hosenbeinen ihrer Jeans.

Mit spitzen Fingern angelt Mia nach etwas, das aussieht wie ein T-Shirt und eine kurze Hose.

»Zieh dich warm an«, ruft Papa aus der Küche, »der Sommer hat sich leider verabschiedet.« Nun hat Mia noch mehr schlechte Laune.

Sie hat überhaupt keine Lust auf Herbst, aufs Laternelaufen und schon gar nicht auf gemütliche Bastelnachmittage.

Früher, ja, früher war es gemütlich, wenn die dunkle Jahreszeit kam.

Früher hat ihre Mama Kerzen aus dem Keller geholt und das Haus in eine leuchtende Höhle verwandelt.

Sie haben Kekse gebacken und sogar ihr Bettzeug hat herrlich nach Gebäck geduftet.

Aber das war früher.

Jetzt ist Mama nicht mehr da.

Sie ist einfach weggegangen.

Nach Afrika.

Mit einem anderen Mann.

Mia ist ziemlich wütend auf ihre Mama, denn ausgerechnet letztes Weihnachtsfest hat sie sich ein Geschwisterchen gewünscht - und einen leeren Küchenstuhl bekommen.

Erst vor wenigen Tagen hat Mia ein Gespräch zwischen Papa und Tante Klara belauscht.

Tante Klara ist Mamas Schwester und sie sagte, Mias Mama habe sich ›frevelhaft‹ verhalten.

Mia hatte keine Ahnung, was das bedeutet.

Später hat Papa ihr erklärt, dass ›frevelhaft‹ nur ein anderes Wort für ›gemein‹ ist.

Aber ›frevelhaft‹ klingt natürlich viel schlimmer.

Und jedes Mal, wenn Mia die doofen Tränen nicht zurückhalten kann, schimpft sie: »Mama ist frevelhaft.« Seufzend wirft Mia die Sommersachen in den Schrank zurück und wühlt im hinteren Teil herum, bis sie endlich eine lange Hose und einen Pullover findet.

Sie muss dringend ihren Schrank aufräumen.

Früher hat Mama das immer gemacht.

Aber die ist ja jetzt nicht mehr da, denkt Mia seufzend.

»Mia, beeil dich, du musst zur Schule«, ertönt es aus der Küche.

Mias Papa stürmt ins Zimmer und sieht, dass Mia noch immer halbnackt vor dem Schrank steht.

Genervt verdreht er die Augen. »Mia, nun zieh dich endlich an! Worauf wartest du? Auf den Weihnachtsmann?« Lachend entfernt sich ihr Papa wieder.

Mann, hat der schrecklich gute Laune, denkt Mia und ruft ihm hinterher: »Auf den Weihnachtsmann warte ich ganz bestimmt nicht.«

Langsam schlüpft sie in ihren Pulli und sagt leise: »Der kann mir gestohlen bleiben!«

Auf Zehenspitzen schleicht Mia in die Küche.

Auf dem Tisch steht eine Schüssel mit Müsli, welches sie lustlos in sich hineinschaufelt.

Während sie isst, bekämpft Papa ihre Mähne mit einer Haarbürste und zwängt die langen, blonden Haare in ein Zopfgummi.

»Was willst du auf dein Schulbrot haben?«, fragt ihr Papa schließlich.

Mia zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung. Mama hat immer irgendwas drauf gemacht.« Mias Papa stöhnt.

Er spricht nicht gerne über Mama.

Und Mia weiß, dass er genauso wütend auf Mama ist wie sie, obwohl sie nun schon ein Dreivierteljahr weg ist.

Papa angelt den Schokoaufstrich aus dem Schrank und schmiert die braune Paste auf Mias Schulbrot.

»Schokolade ist ungesund«, sagt Mia schmatzend. »Und wir sollen keinen süßen Aufstrich mit in die Schule nehmen. Das ist schlecht für die Zähne, hat Frau Biber gesagt.«

»Dann bestell deiner Lehrerin einen schönen Gruß von mir und sage ihr, ich war noch nicht einkaufen. Ab Montag bekommst du Gartenwurst aufs Brot.« Mias Papa zieht eine Grimasse, dass Mia fast lachen muss.

Aber nur fast.

Schnell schaut sie auf ihr Müsli, um nicht loszuprusten.

Heute hat sie doch schlechte Laune.

»Ich mag keine Gartenwurst«, brummt sie stattdessen und steht auf, um ihre Brotbox in den Schulranzen zu packen.

»Was ist überhaupt Gartenwurst, Papa?«

Papa grinst. »Das hat meine Oma immer zur Salatgurke gesagt. So, und nun müssen wir los. Hol deine Jacke und ziehe dir feste Schuhe an!«

Papa schiebt Mia aus der Küche in den Flur und zieht sich seine Jacke über.

Als Mia angezogen ist, fällt ihr ein, dass sie noch keine Zähne geputzt hat. »Ich muss noch mal ins Badezimmer.

Zähneputzen«, murmelt sie verlegen, doch ihr Papa schiebt sie zur Tür. »Nix da! Das musst du verschieben.

Wir müssen los, sonst kommen wir beide zu spät. Im Auto habe ich noch Kaugummis.«

Mia verschränkt die Arme vor der Brust und sagt: »Man muss trotzdem die Zähne putzen, sonst bekommt man Karies.«

»Du hast die guten Zähne deiner Mutter geerbt«, sagt ihr Papa und schiebt sie nach draußen.

Mia huscht nun doch ein Lächeln übers Gesicht.

Kaugummis sind cool!

Gemeinsam verlassen sie das Haus und rennen zum Auto.

Im Affenzahn fährt Papa vom Grundstück und lässt Mia wenige Minuten später vor dem Schultor aussteigen.

»Viel Spaß, mein Schatz!«, ruft er ihr hinterher.

Mia wirft ihm einen genervten Blick zu und sagt: »Spaß wird überbewertet.«

Papa stöhnt schon wieder, denn das war Mamas Lieblingsspruch, wenn sie schlechte Laune hatte.

Papa winkt Mia noch einmal zu und braust dann davon.

»Dein Vater fährt aber eine alte Karre«, ertönt eine Stimme hinter Mia.

Jonny steht neben dem Fahrradständer und grinst hämisch .

»Das Ding ist ja fast so hässlich wie du!«

Mia ignoriert ihn und geht aufs Schulhaus zu.

»Bist wohl noch ein Baby, dass du von Papi zur Schule gefahren wirst, was?«, ruft Jonny ihr hinterher.

Mia dreht sich um und schneidet eine Grimasse.

Der dicke Jonny grinst und läuft ihr nach. »Deshalb ist deine Mama abgehauen. Doofe Tochter, doofes Auto.« Mia dreht sich um und schubst ihn weg.

Jonny prallt daraufhin prompt mit einem Viertklässler zusammen, der ihn verärgert von sich stößt.

Unglücklicherweise verletzt sich Jonny nun an einem Betonpfeiler und schreit auf.

Jammernd hält er sich die blutende Nase.

Sofort macht er auf dem Absatz kehrt und rennt ins Klassenzimmer, um bei Frau Biber zu petzen.

Mia zieht verärgert ihre Kapuze über den Kopf und marschiert die letzten Meter durch den Regen ins Schulhaus.

Jetzt wird Frau Biber mit ihr schimpfen.

Zu Recht, denkt Mia, aber was musste Jonny sie auch ausgerechnet heute ärgern, wo sie so furchtbar schlechte Laune hat?

Als Mia ins Klassenzimmer schielt, sieht sie Frau Bibers gerümpfte Nase und ihren tadelnden Blick.

Jonny sitzt mit einem Taschentuch auf seinem Stuhl und jammert noch immer.

Leise geht Mia zu ihrem Kleiderhaken und stellt den Ranzen ab.

Frau Biber verlässt das Klassenzimmer und geht direkt zu Mia. »Guten Morgen, Mia!«

»Guten Morgen, Frau Biber!« Mia schlüpft aus ihrer patschnassen Jacke und hängt sie an ihren Kleiderhaken.

Dabei vermeidet sie es, ihre Lehrerin anzusehen.

Im Schneckentempo zieht sie ihre Gummistiefel aus und holt ihre blöden Hausschuhe.

Mama hat sich immer darüber lustig gemacht, dass die Kinder in der Schule Hausschuhe anziehen müssen. »Zu meiner Zeit hat es so was nicht gegeben«, hat Mama dann immer gesagt.

Und darum hat sie ihr auch diese dämlichen, grünen Froschschuhe gekauft, in denen sie aussieht wie ein Krokodilbaby beim Fasching.

Grimmig überlegt Mia, ob sie die Hausschuhe unauffällig verschwinden lassen soll, als Frau Biber sie am Arm zur Seite zieht. »Mia, hast du Jonny auf die Nase gehauen?«

»Nein, ich habe ihn geschubst, so dass er sich die Nase am Pfeiler gestoßen hat«, sagt Mia tapfer und wartet auf einen Tadel, doch der bleibt aus.

»Du weißt, was ich davon halte, Probleme mit Gewalt zu lösen, richtig?«, fragt Frau Biber.

»Jonny war frevelhaft«, antwortet Mia leise.

Frau Biber seufzt und nimmt Mia in den Arm. »Wenn Jonny dich ärgert und gemein zu dir ist, gehst du einfach weg, okay? Das haben wir doch schon mal besprochen.

Schubsen ist keine Lösung und kann sehr gefährlich sein.« Mia nickt. »Hab ich ja probiert. Aber er ist mir hinterhergelaufen…« Mühsam versucht Mia, die aufkommenden Tränen zurückzuhalten.

Frau Biber streichelt ihr sanft über den Rücken.

Fast wie Mama.

Aber auf die ist Mia ja sauer.

Besonders heute, wo nichts klappt.

»Ich möchte, dass ihr euch die Hand reicht und wieder vertragt«, sagt Frau Biber und geht ins Klassenzimmer zurück.

Mia schlüpft in ihren zweiten Hausschuh, reicht Jonny im Vorbeigehen schweigend die Hand und eilt weiter zu ihrem Platz.

»Hallo Mia!« Vollkommen außer Atem rutscht Lucy auf den freien Stuhl neben Mia.

Nass wie ein Pudel schüttelt Mias beste Freundin ihre roten Locken und lacht: »Ich fühle mich wie ein Hund, der in einen See gesprungen ist.«

»Ist das Wetter nicht schrecklich heute?«, fragt Mia brummig.

Lucy winkt ab und sagt: »Halb so wild. Morgen ist endlich Wochenende und da soll die Sonne scheinen. Ist das nicht super? Wir fahren an die Ostsee. Mama, Papa, Tim und ich.« Lucy nimmt ihre Haare und drückt die letzten Regentropfen heraus.

Mia nickt mürrisch.

Das Herz ist ihr ganz schwer.

Sie wünschte, sie hätte auch einen Bruder, oder lieber noch eine Schwester, mit der sie zusammen an die Ostsee fahren könnte.

Aber Mia hat ja nicht einmal mehr eine Mutter.

Lucy bemerkt ihre schlechte Stimmung und streichelt Mias Schulter. »Hat sich deine Mama immer noch nicht gemeldet?«

Mia winkt sanft lächelnd ab. »Nein. Und bald ist schon wieder Weihnachten. Das wird komisch sein ohne sie.«

»Ich freue mich schon sehr auf Weihnachten. Ich habe tausend Wünsche.« Lucy verdreht schwärmerisch die Augen.

»Die hatte ich auch. Vor allem wollte ich gerne eine Schwester haben. Stattdessen habe ich eine Mutter, die seit Januar irgendwo durch Afrika tingelt, und das auch noch mit einem fremden Mann.«

»Die Babys kommen doch nicht vom Weihnachtsmann«, mischt sich Thomas ein.

Mia rollt mit den Augen. »Das weiß ich auch. Das war auch bloß so ein Spruch.«

Frau Biber räuspert sich. »Guten Morgen, Kinder!«

»Guten Morgen, Frau Biber«, antworten alle Kinder der Klasse 2b im Chor.

Frau Biber lächelt. »Bitte holt alle eure Schreibhefte heraus! Wir schreiben unsere Kurzarbeit.«

Mia schlägt ihr Heft auf und wartet ungeduldig auf das angekündigte Diktat.

Hoffentlich macht sie keine Fehler.

Das würde zwar zu diesem chaotischen Morgen passen, aber Mia hasst es, Fehler zu machen.

Also schließt sie kurz die Augen und atmet tief durch.

Als Frau Biber anfängt, den ersten Satz zu diktieren, ist Mia voll konzentriert und schreibt fleißig mit.

Der Zoobesuch

»Guten Morgen, Papa! Aufstehen, du Schlafmütze!«

Mia springt auf das große Bett und landet direkt auf Papas Bauch.

»Uff, Mia! Du zerquetscht deinen armen, schwachen Vater«, stöhnt Papa theatralisch.

Mia rutscht zur Seite und hebt tadelnd den Zeigefinger.

»Seitdem Mama weg ist, bist du auch kein einziges Mal mehr zum Sport gegangen. Wie willst du mich beschützen, wenn der Tiger ausbricht?«

Mias Papa verzieht das Gesicht und setzt sich aufrecht hin. Müde strubbelt er sich durch die Haare.

Dann schnappt er sich plötzlich Mia und kitzelt sie durch.

»Na, warte, du freches Ding! Den Tiger werde ich schon noch besiegen können.«

»Halt! Stopp, Papa! Hör auf!! Wir müssen frühstücken.

Wir wollen doch gleich in den Zoo«, quiekt Mia lachend.

»Da hast du Recht. Ich packe eben ein paar Brötchen in den Backofen und hüpfe schnell unter die Dusche. Ich muss doch schick aussehen, wenn wir zu den Affen gehen.« Geschwind springt Papa aus den Federn und läuft in die Küche.

Mia grinst.

Heute ist ein guter Tag.

Die Sonne scheint und sie gehen in den Zoo.

Und obwohl sie gestern so schlechte Laune hatte, ist sie sich sicher, dass sie ihr Diktat fehlerfrei geschrieben hat.

Aber natürlich weiß sie das erst nächste Woche, wenn Frau Biber die Arbeiten korrigiert hat und zurückgibt.

Fröhlich geht Mia in die Küche und deckt den Tisch.

Doch als Papa aus der Dusche kommt, sieht er Mias trauriges Gesicht. »Ist alles okay, mein Schatz?«, fragt er.

Mia zuckt mit den Schultern. »Ich war so in Gedanken, dass ich aus Versehen drei Teller auf den Tisch gestellt habe.«

Mias Papa seufzt. »Ich ziehe mir schnell etwas über, dann laufe ich in den Keller und hole den Karton mit den Herbstsachen. Wir schmücken den Tisch genau so, wie Mama das immer gemacht hat.«

»Nein, warte«, ruft Mia und rennt aus der Küche.

Wenige Sekunden später kommt sie mit ihrer Puppe und einem Puppensitz zurück und befestigt den Sitz grinsend am Tisch vor dem dritten Teller. »Sieht doch fast echt aus, oder?«

Papa runzelt die Stirn.

Dann nimmt er Mia in den Arm und sagt: »Es tut mir so leid, dass Mama weggegangen ist. Ich bin darüber genau so traurig wie du. Und ich weiß, dass du dir eine kleine Schwester gewünscht hast, aber manchmal verläuft das Leben anders, als man es sich wünscht. Und wenn sich Eltern zu viel streiten und schließlich trennen, sind immer die Kinder die Leidtragenden, weil sie zwischen den beiden Streithähnen stehen und gar nichts dafür können. So eine Trennung tut immer weh, für alle Seiten.«

»Weihnachten erinnert mich immer an Mama«, sagt Mia.

»Sie mochte das Fest ganz besonders gern.«

»Ja. Das wird unser erstes Fest ohne sie, aber wir werden es uns trotzdem gemütlich machen«, antwortet Papa.

Mia klopft ihm beruhigend auf den Rücken. »Püppi passt doch gut an unseren Tisch. Sie schreit nicht herum, nimmt nichts weg und macht auch nichts kaputt. So sind wir auch zu dritt. Und Oma und Opa sind ja auch noch da.« Schnüffelnd hält sie die Nase in die Luft. »Ich glaube, die Brötchen sind fertig, Papa.«

Papa springt zum Ofen und ruft: »Oje! Ich hoffe, du hast keinen Wackelzahn. Das sind steinharte Brötchen geworden.« Zähneknirschend legt Papa die braunen Brötchen in den Brotkorb.

Nach einem ziemlich knusprigen Frühstück packen Mia und ihr Papa etwas Proviant und den Fotoapparat in die Rucksäcke und ziehen sich an.

»Meinst du, ich brauche einen Schal?« Fragend schaut Mia ihren Papa an.

Dieser nickt. »Ja. Könnte noch kalt sein draußen, auch wenn die Sonne scheint. Ich nehme auch einen mit. Vorsichtshalber.«

Mit dem Auto verlassen sie ihr kleines Dorf Bärenklau und fahren in die Stadt, bis sie endlich das große Tor vom Zoo sehen.

Papa parkt den Wagen und schnappt sich den Rucksack.

Fröstelnd krabbelt Mia aus dem warmen Auto.

Es ist wirklich ganz schön kalt geworden.

Gemeinsam laufen sie zum Kassenhäuschen und kaufen die Eintrittskarten.

Der ältere Herr am Eingang trägt eine dunkelblaue Uniform.

Freundlich lächelnd begrüßt er sie:

»Guten Morgen, die Herrschaften!

Die Karten bitte!«

Mia reicht ihm die Eintrittskarten, die der Herr an einer Ecke abreißt. »Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag in unserem Zoo«, sagt er mit einer kleinen Verbeugung.

Mia lächelt zurück und bedankt sich artig.

Im Zoo fängt Papa plötzlich an zu trödeln, als seien seine Beine aus Blei.

Verwundert mustert Mia ihn. »Papa, wo bleibst du denn? Lass uns zu den Elefanten gehen!«, sagt sie ungeduldig und ergreift seine Hand.

Immer wieder schaut Papa sich suchend um.

Schließlich folgt er Mia doch ins Elefantenhaus.

Drinnen ist es herrlich warm, auch wenn es nach Heu und Elefantendung riecht.