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Bist du bereit dem Teufel zu widerstehen, kleine Blume? Als die junge Engel Everly einen Höllenhund tötet, erscheint der Teufel höchstpersönlich und fordert Wiedergutmachung. Zu ihrem Entsetzen tritt er vor die herrschenden Erzengel, die daraufhin Everly zur Strafe in die Hölle verbannen. Doch ein geheimes Angebot bietet ihr die Chance, ihre Verbannung aufzuheben: Sie soll das Schwert des Teufels stehlen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn der Herrscher der Hölle ist nicht nur äußerst attraktiv, sondern durchkreuzt auch immer wieder ihre Pläne. Wird es Everly gelingen, ihm zu widerstehen und seine Klinge zu stehlen – oder wird die Dunkelheit mit ihrem verführerischen Herrscher sie vorher verschlingen?
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Angelina Blosfeld
Trials of Heaven and Hell
(Band 1)
Trials of Heaven and Hell
(Band 1)
Alle Rechte der deutschsprachigen Ausgabe © 2025
Trials of Heaven and Hell (Band 1)
by VAJONA Verlag GmbH
Lektorat: Michelle Markau
Korrektorat: Alexandra Gentara
Satz: VAJONA Verlag GmbH,
Umschlaggestaltung: VAJONA Verlag GmbH
VAJONA Verlag GmbH
Carl-Wilhelm-Koch-Str. 3
08606 Oelsnitz
Für diejenigen, die in ihren Büchern Trost suchen,
und sich wünschen, die Grenzen dieser Welt niederzureißen.
Herzlich willkommen in der Unterwelt.
Wie weit wirst du gehen, wenn dein Leben in Ruinen liegt?
Wirst du dich in die Arme deines größten Feinds begeben?
Du kannst gegen mich nicht bestehen, kleine Blume.
Fürchte dich nicht, Aidan wird sich gut um dich kümmern. Jedoch nur so lange, wie du genau das tust, was er dir sagt. Andernfalls kann sich dein Leben schnell in die Hölle verwandeln, in der du dich befindest. Ich verspreche dir, du wirst dich vor süßen Qualen winden.
Keine Sorge, kleine Blume. Dieses Buch kannst du gewissenhaft in der Öffentlichkeit lesen. Wobei … Nein, ich mache nur Spaß. Oder doch nicht?
Finde es lieber selbst heraus ;)
Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen.
Deine Angelina <3
P.S. Der Song »Judas (80sVer. )– Slowed and Reverbed« von Gabriella Raelyn passt wunderbar zu diesem Buch.
Sie fiel hinab, o so schön und hell,
in die Unterwelt, so rasend schnell.
Sie war ein Stern, gar engelsgleich
und das in mein finster´ Reich.
Solch ein Geschöpf gehörte hier nicht her,
doch ich war kein gütiger Mann, ich wollte mehr.
Ich hatte mein Verlangen noch nie gekürzt,
sie war in meine, nur meine Arme gestürzt.
Was ich auffing, das blieb für immer mein,
ihr Herz, ihre Seele, ihr ganzes Sein.
– Unbekannt
»Im Leben durfte man alles, doch es barg Konsequenzen. In dem Moment, in dem Luzifer sich entschied, eine Revolution gegen die sieben herrschenden Erzengel zu führen, wusste er, dass er sich zeitgleich gegen den Allmächtigen erhob. Die Konsequenz seiner Handlung …«
»… bestand in seinem Untergang.« Das Mädchen lächelte schläfrig und kämpfte blinzelnd gegen den Schlaf an.
Die Mutter nickte und streckte langsam ihre Flügel hinter dem Rücken aus. Der Tag hatte auch sie erschöpft. »Genau.« Träge grinste sie auf ihr Kind hinab. Eine perfekte Engelin mit blauen Augen und perlweißer Haut. »Und weißt du auch noch, wer dafür verantwortlich war, Eve?«
Sie nickte eifrig und zog die Bettdecke bis zur Nasenspitze. »Michael hat uns gerettet.« Das Mädchen kicherte leise. »Ohne ihn wären wir zu den Dämonen der Hölle mutiert, weil Luzifer die Dunkelheit gerufen hätte.«
»Aber nein, Liebes.« Die Mutter erhob sich, bereit, die Gaslampe runterzudrehen und ihren Nachwuchs in ein Land der Träume zu schicken. »Erst nachdem Luzifer gefallen war, entstand die Dunkelheit. In seiner Hölle wurde er zu ihr.«
»Also beobachtet er mich durch die Schatten?«, fragte die Kleine und unterdrückte nur mit Mühe ein Zittern.
Die Ältere schüttelte den Kopf und unterdrückte ein Schmunzeln. Sie hatte ihr wohl zu viele Geschichten über die Unterwelt erzählt. »Keine Sorge, Liebes. Hier bist du vor ihm in Sicherheit.«
Dem Mädchen namens Eve entging nicht, dass ihre Mutter die Frage nicht verneinte. Sie schielte in die Schwärze der Nacht und drückte schnell die Augen zu, um den Schatten der Nacht zu entkommen.
Was sie jedoch nicht wusste, war, dass ein goldbraunes Augenpaar sie die ganze Zeit aus der Ecke ihres Kinderzimmers beobachtete …
Einige Jahrzehnte später …
Isaiah hämmerte frustriert an die Tore der Hölle. Die schwarzen Zacken am oberen Rand des massiven Eisens sahen aus wie tödliche Klingen, die jeden Moment seine Flügel durchbohren konnten. Das Metall stach vor dem mutigen Krieger in die Höhe, ließ in seiner Dicke keinen Blick auf die andere Seite zu und verschmolz mit dem grauen Himmel über ihm. Ich hielt gespannt die Luft an und wartete darauf, mich mit gezückten Schwertern auf die sich öffnenden Pforten zu stürzen. Doch kein Schimmern drang durch sie hindurch und ich musste mir eingestehen, dass dieser Versuch, in die Hölle einzudringen, wieder gescheitert war.
Isaiah wandte sich mit fragendem Blick zu mir um.
Ich hob eine Schulter und der Krieger kehrte zu mir zurück. Seine Zwillingsschwerter glänzten bei jedem seiner Schritte, als seine Augen durch den dichten Nebel huschten. Schatten schlichen um uns herum und warteten nur auf einen Moment der Unaufmerksamkeit, damit sie sich auf uns stürzen und verschlingen konnten.
Sobald der Engel bei mir ankam, pirschten wir uns zu den Baumlinien zurück. Auch wenn von ihnen keine Gefahr auszugehen schien, wollte ich Luzifer nicht herausfordern. Er galt nicht umsonst als der gefürchtete Herrscher der Unterwelt. Doch er verblasste im Angesicht des Gedankens, dem Erzengel Michael erneut ohne Fortschritte unter die Augen treten zu müssen. Vor drei Monaten hatte er mich zur Kommandantin der Spähereinheit des himmlischen Reiches ernannt und mit der Aufgabe betraut, den Feind auszuspähen. Doch seitdem hatte ich kaum einen Erfolg erzielt.
»Was sollen wir nun tun?« Isaiah faltete die weißen Flügel hinter seinem Rücken. Er war einer der Fähigsten aus meiner Einheit und ein Freund aus alten Zeiten. »Du kannst nicht noch einmal ohne einen Spähbericht in den weißen Palast zurückkehren. Michael wird dir die Flügel abschneiden und sie ins ewige Feuer werfen.«
Seine Worte huschten wie Spinnen über meine Haut und ließen mich schaudern. Die Wahrheit war, ich wusste nicht, was ich noch tun sollte. Mein Team und ich hatten all unsere Ideen aufgebraucht, und selbst höfliches Klopfen an rabenschwarzen Toren brachte nichts. Sogar Rammböcke und feurige Schwerter zerbrachen an ihnen.
Ich warf einen langen Blick zum Eingang der Hölle zurück und runzelte die Stirn. War das ein Schimmern von Licht zwischen den Pforten? Hoffnung keimte in mir auf. Einen Wimpernschlag später verschwand es. Ich legte den Kopf schief. Merkwürdig. Allerdings wunderte es mich nicht, dass an einem solchen Ort kuriose Dinge geschahen. Wir befanden uns schließlich in der Vorhölle.
Sie bildete im Osten des himmlischen Reichs den Übergang in die eigentliche Unterwelt, welche allein von dem riesigen Tor wenige Meter neben uns getrennt wurde. Wie eine unüberwindbare Mauer. Rechts und links davon existierte nichts. Nur die öde Kargheit des verfluchten Landes. Denn der Eingang der Hölle fungierte als Portal. Laut alten Schriften würde es uns direkt in die tödlichen Fänge der Dunkelheit führen.
Langsam lenkte ich meine Aufmerksamkeit auf den ausgedorrten, verstaubten Weg vor unseren Füßen zurück. Mein Herz wurde schwer. In wenigen Metern würden wir auf das restliche Team des Spähtrupps stoßen und erneut in die enttäuschten Mienen derer schauen, die mir neben meiner Karriere am meisten bedeuteten. »Spaße nicht mit Dingen, die dir eines Tages deinen Tod bescheren könnten«, mahnte ich ihn, wie es sich für eine Anführerin gehörte.
Obwohl Michael noch nie die Flügel eines Engels angerührt hatte, war diese Methode der Bestrafung kein Geheimnis unter dem Himmelsvolk. Sie versprach grausamsten Schmerz, denn unsere Schwingen waren ein unersetzbares Heiligtum. Einmal verloren, konnten sie nie wieder nachwachsen, und die meisten meines Volkes überlebten einen solchen Verlust nicht. Ich würde nie über die Grausamkeiten der ersten Ära hinwegkommen.
Schaudernd gab ich das Zeichen, sich aus den Verstecken zurückzuziehen. Im Augenwinkel bemerkte ich, wie meine Leute aus den Schatten der kahlen Bäume traten und auf uns zusteuerten. »Du willst also vorschlagen, Michael anzulügen? Und statt meines Kopfes meinen Rang riskieren?«, fragte ich leise, damit die anderen uns nicht hörten.
»Wäge es ab.« Er legte mir mitleidig die Hand auf die Schulter, als würde er mein Schicksal prophezeien und nur Unheil sehen können. »Es ist besser, seine Stellung zu verlieren, als gedemütigt zu sterben.«
Ich presste die Lippen aufeinander. Der Nachteil, unter Spähern zu arbeiten, war, dass sie einen innerhalb weniger Tage durchschauten. Ungeachtet der Mühe, die ich mir seit meinem Amtsantritt gegeben hatte, unvorhersehbar zu sein, hatte mein Fähigster mich nach zwei Wochen durchschaut.
»Das ist nicht dein Belang«, gab ich zu verstehen und begrüßte die fünfköpfige Gruppe. Sie stellte nur einen kleinen Teil der Späher dar, die ich zu befehligen hatte. »Wir werden morgen einen anderen Weg finden, in die Hölle einzudringen«, erklärte ich ihnen und legte so viel Zuversicht in meine Stimme, wie ich nur konnte.
Anscheinend war ich nicht sehr überzeugend, denn Declan meldete sich mit vor der Brust verschränkten Armen zu Wort. »Das sagt Ihr uns jeden Tag.« Ich biss die Zähne aufeinander und zwang ein Lächeln auf meine Lippen. »Wie lange sollen wir noch unsere Zeit verschwenden und auf ein Ereignis warten, das niemals eintreten wird?« Zustimmendes Gemurmel brach aus.
Gar nicht. Die Antwort lag mir wie geschmolzene Butter auf der Zunge. »Solange Michael mir keine anderen Anweisungen erteilt, werden wir das tun, was wir die letzten drei Monaten getan haben. Morgen versuchen wir es mit den himmlischen Pfeilen, und wenn das nicht funktioniert, benutzen wir das ewige Feuer.«
Helena trat vor und reckte aus voller Brust das Kinn. Ihre übliche Sanftheit verschwand in der Härte ihrer Gesichtszüge, als sie eine hellblonde Strähne um ihren Finger wickelte. »Ihr müsst Michael aufzeigen, wie sinnlos diese Aufgabe ist. Die Tore haben sich seit Jahrhunderten nicht geöffnet.« Sie seufzte tragisch. »Ihr wisst genauso gut wie wir, dass die Tore sich auch in den nächsten hundert, wenn nicht sogar tausend Jahren nicht öffnen werden.«
Ich verlagerte unruhig das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Gerne hätte ich ihnen beigepflichtet, allerdings war es meine Aufgabe als Kommandantin, Michaels Entscheidungen in Schutz zu nehmen. »Michael ist euer Herr und Beschützer. Wenn ihr es weiterhin wagt, ihn infrage zu stellen, werde ich ihm davon berichten müssen.« Ich warf einen scharfen Blick in die Runde. »Ihr wisst, was das bedeutet?«
Unruhiges Scharren von Füßen, das leise Rascheln von weichem Gefieder. Sie würden vor die heiligen Erzengel treten, sich ihrem Urteil unterziehen und von ihnen eine gerechte Strafe erhalten müssen, die sie daran erinnerte, wer ihre Herren waren, wem sie den Frieden zwischen Himmel und Hölle zu verdanken hatten.
Ich hob das Kinn, auch wenn alles in mir schrie, mich auf ihre Seite zu stellen und gegen Michaels Entscheidungen zu rebellieren. Doch das bedeutete einen langen, schmerzhaften Tod. »Wir sehen uns morgen«, gab ich ausdruckslos zu verstehen. Ich breitete die Schwingen aus und ging leicht in die Knie, um mich vom kahlen Erdboden abzustoßen. Einen Herzschlag später flog ich durch die Lüfte. Mein Herz blieb am Erdboden zurück.
Die Last des erneuten Versagens mischte sich mit der Wut meiner Leute und drückte wie ein schwerer Zementklotz auf meine Schultern. Nicht einmal der Moment des Abhebens konnte, wie es sonst der Fall war, das Schweregefühl vertreiben. Wie lange würden die Späher noch gehorsam meinen Befehlen folgen? Wenn die Tore noch weitere Jahrhunderte verschlossen blieben und Michael mir keine neue Aufgabe zusprach, würde sich der Spähtrupp unweigerlich gegen mich erheben. Schaudernd legte ich mich in einen Aufwind und trieb einen Wimpernschlag später über den Wolken. Die Düsternis der Höllentore wich mit jedem Flügelschlag den sanften Strahlen der Sonne.
»Everly, es tut mir leid.« Ich legte den Kopf schief und erkannte Isaiah. Seine blauen Augen bohrten sich in meine Seele, sobald er mit meinem Tempo mithielt. Unsere Atmung ging stoßweise, denn unsere muskulösen Körper boten für den an meinen Haaren zerrenden Wind zu viel Angriffsfläche, um auf lange Strecken das rasante Tempo halten zu können. »Ich hätte mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen dürfen«, erklärte er und warf mir einen entschuldigenden Blick zu, der mein Herz noch schwerer werden ließ.
Ich nickte knapp und versuchte, das Zittern in meiner Stimme zu unterdrücken. »Wir sehen uns nachher«, wiederholte ich meine Worte. Ich wollte allein sein und mich nicht mit einem von seinem Gewissen geplagten Engel herumschlagen, der mir vor Augen führte, eine Lüge sei eine angemessene Lösung für mein Problem.
Isaiah presste die Lippen aufeinander und drehte in eine andere Richtung ab. Irgendwann musste ich meinen Fähigsten zur Ordnung rufen. Immerhin war ich seine Kommandantin und er meinem unangefochtenen Befehl unterstellt. Wenn irgendjemand erfuhr, wie er während des Dienstes seine Meinung ungehalten kundtat und ohne Strafe davonfliegen konnte, würde das Bild einer ernst zu nehmenden Anführerin ins Wanken geraten.
Seufzend schwebte ich in höhere Gefilde und ließ die warmen Sonnenstrahlen meine Schwingen küssen, als sich der weiße Palast des Erzengels Michael wie eine wunderschöne Drohung vor mir aufbaute. Jeder Flügelschlag wurde mühseliger, als ich die geschwungenen Ornamente auf den weißen Säulen erkannte. Ich flog stumm zwischen vor sich hin plätschernden Springbrunnen, an hohen Apfelbäumen und den strahlenden Fassaden der weißen Mauern vorbei. Vorhänge wogten in sanften Winden und trugen den Duft von frischem Brot und süßen Hyazinthen heran.
Ich versuchte, den schweren Kloß in meiner Kehle herunterzuschlucken, als ich in das Herz des Palastes flog. Würde er noch schwerer werden, würde ich unweigerlich in den Abgrund hinuntergezogen. Ich holte bebend Luft und probierte, meine schwirrenden Gedanken zu ordnen. Isaiah hatte recht, Michael würde mich unweigerlich für meine mangelnden Fortschritte bestrafen wollen. Doch konnte ich einen so mächtigen Erzengel anlügen? Bei dem Gedanken erwischt zu werden, sackte ich um einige Meter in die Tiefe. Das wäre mein Todesurteil.
Geräuschlos landete ich auf der Plattform, die mich direkt in Michaels Thronsaal führen würde. Doch zu meiner Überraschung tauchte der Erzengel in seinem tadellosen, mit Gold verzierten Anzug aus dem Schatten vor mir auf.
»Eure Exzellenz«, grüßte ich ihn und verbeugte mich tief – viel tiefer als üblich und es die Normen vorschrieben.
»Kommandantin Sketos.« Seine Stimme strich wie eine leichte Feder über meine Haut. Sie verbarg die Gewaltbereitschaft der Erzengel und sollte mich so weit beruhigen, bis ich glaubte, ich würde in ihrer Nähe in Sicherheit sein. »Erhebe dich und lass uns ein wenig spazieren gehen, während du mir von den letzten Wochen erzählst.«
Ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen und richtete mich mit straff gespannten Schultern auf. Mein Herz raste in meiner Brust, als ich sämtliche Eventualitäten meiner kommenden Strafe überlegte. Würde er mir die Flügel ausreißen? Ich wischte mir die schwitzigen Hände an der Lederhose des Schutzanzuges ab. Würde er mich kreuzigen und meinen gepeinigten Körper vor den Toren der Sternenstadt – meinem Zuhause – aufstellen? Übelkeit stieg in mir hoch und verdrehte mir den Magen.
Ich verdrängte die grausigen Gedanken und ersetzte sie mit einer stählernen Stimme. »Wie Ihr wünscht, Eure Exzellenz.« Michael warf mir einen langen Blick zu, bevor er sich in Bewegung setzte. Wir ließen die Kahlheit der weißen Mauern hinter uns und betraten den schmalen Pfad. Ich kannte den Weg in die Gärten auswendig und musste nur dem Duft von süßen Früchten folgen. Er führte mich in ein Paradies aus Obstbäumen und weiten Wiesen. Schatten verschlangen meinen Körper und zerrten an meinen blonden Haarspitzen, als würden sie mich vor Michaels brennenden Blicken retten wollen. Ich nahm einen zittrigen Atemzug, sobald der Kiesweg des Gartens unter meinen Stiefeln knirschte.
»Berichtet, Sketos«, befahl der Erzengel mit eisiger Miene und ignorierte die über unseren Köpfen raschelnden Flügel seiner Leibwächter.
Ich warf einen Blick in die Lüfte und erspähte sofort die königsblauen Umhänge hinter den Turmspitzen. Ein Hauch von Genugtuung wärmte meine Seele wie das Gift einer Viper, als ich dem Blick eines Leibwächters begegnete. Er zog sich mit einem schnellen Flügelschlag in die langen Schatten der Palastmauern zurück. Wenigstens blieben mir meine scharfen Sinne, dachte ich unter einem steifen Lächeln.
Michael hatte meine abweichende Aufmerksamkeit bemerkt und runzelte nachdenklich die Stirn. Bevor er mich tadeln konnte, eine andere Quelle von Existenz der seinen vorzuziehen, richtete ich meine Augen auf sein makelloses Gesicht. »Die Tore der Hölle bleiben fest verschlossen«, gestand ich und holte tief Luft. »Aber mein Team und ich versuchen mit allen Mitteln, in Aidans Reich einzudringen.«
Wir durchschritten einen langen Bogengang aus Kletterpflanzen. Das Licht am anderen Ende des Gangs strahlte so hell wie Isaiahs Schwingen, als er vor den dunklen Toren gestanden hatte. Vielleicht hätte ich seinen Rat annehmen und Michael eine Lüge präsentieren sollen. Ich presste die Lippen aufeinander. Allerdings hatte ich mich ohne eine einzige Täuschung von der einfachen Fußsoldatin bis zur Kommandantin der Spähereinheit hochgearbeitet. Ich würde lieber den Teufel verfluchen, als mir durch schändliche Unwahrheiten den Weg bis zur ersten Generalin der geflügelten Truppen zu versperren.
Mein Herz flatterte vor Aufregung. Die sieben Erzengel bestimmten jedes Jahrhundert einen neuen Engel zum ersten General, und in wenigen Monaten würde eine neue Wahl getroffen werden. Bis dahin durfte ich mir keine Fehltritte erlauben und meinen Namen von Lügen beschmutzen lassen. Es war zu riskant. Denn die Sieben, die über den Himmel herrschten, erfuhren bei der Prüfung der möglichen Generäle durch alte Zauber jeden Betrug.
Ob es nicht eigentlich zwölf Erzengel gab? Ich schüttelte innerlich lachend den Kopf. Nein, nur die Menschen und ihr hochgepriesenes Buch alter Schriften glaubten daran. Warum? Nun, früher, in den ersten Anfängen weltlicher Existenz, hatte der Allmächtige tatsächlich die Idee von Zwölf gehabt. Zwölf als gerade Zahl, zwölf zum Ausgleich.
Aber der Schöpfer allen Lebens hatte schnell gemerkt, dass es zu viele Herrscher des Himmels gab. Es kam zu Streitigkeiten. Und was tat man, wenn man seine Schöpfung retten wollte? Richtig. Man beseitigte die Störfaktoren. So auch die fünf Erzengel, deren Namen aus jedem Lebewesen, jedem Geschichtsbuch und sogar aus jeder Seele entfernt wurden. Nicht einmal seine gebliebenen Boten erinnerten sich an den Klang ihrer Namen. Einzig das Wissen über ihre einstige Lebenszeit blieb. Mehr nicht. Nur noch die Sterblichen glaubten an ihre Existenz.
»Sein Name ist Luzifer«, erinnerte mich Michael streng und holte mich in die Realität zurück. »Nur weil er in seinem Höllenloch auf den Geschmack gekommen ist, sich einen weltlichen Namen zu geben, heißt das nicht, dass du ihn bei diesem nennen darfst.« Aus seiner Stimme triefte der Hass. Ein Schaudern überkam mich.
Ich senkte den Kopf zur Brust. »Natürlich, Eure Exzellenz«, sagte ich leise und versuchte, die Klauenhand, die mein Herz gepackt hatte, zu lösen. Wie war das noch mal, Everly? Keine Fehltritte in den letzten Monaten vor der großen Entscheidung? Ich biss mir auf die Zunge. »Es kommt nicht wieder vor.« Michael verschränkte die Hände hinter seinen beachtlichen Schwingen. Er stieß ein leises Seufzen aus. »Deine Arbeit als Kommandantin der Späher ist unterdurchschnittlich.« Meine Nackenhaare stellten sich bei seinen Worten auf. »Ich werde mich mit den anderen Erzengeln über eine Herabsetzung deines Ranges austauschen müssen, wenn du nicht bald Informationen über den Feind zusammenträgst. Ich will dich daran erinnern, dass unsere Seismographen in den letzten Wochen starke Schwingungen des Bodens aufseiten der Hölle aufgezeichnet haben.« Er blieb stehen und musterte mich von Kopf bis Fuß. Meine Haut brannte wie Feuer unter dem lädierten Schutzanzug. »Du weißt, was das bedeutet, Sketos.«
Unsere Erschütterungsmesser waren dank der Erfindungen der Sterblichen aufs Äußerste geschärft. Ich senkte beschämt den Blick. Denn obwohl es die Himmlischen ungern zugaben, stammten unsere meisten Erfindungen aus den Grundideen der Menschen. Allerdings kopierten wir ihre Neuheiten nicht, nein, unsere Forscher an den riesigen Instituten und Universitäten perfektionierten sie. Vorsichtig sah ich unter gesenkten Lidern zu meinem Herren auf. Obwohl die Normalen zum Teil rückständig in ihrem sogenannten 16. Jahrhundert existierten, so lebten mit jedem neuen Jahrzehnt immer mehr Entdeckungen auf, die auch unser Volk bereicherten.
Ich schluckte und versuchte, den Kloß in meiner Kehle zu unterdrücken. Jeder Engel, der sich nach der schulischen Ausbildung für die militärische Laufbahn entschieden hatte, wusste, was Schwingungen aufseiten des höllischen Reiches bedeuteten. Luzifer bereitete sich darauf vor, die Tore der Hölle zu sprengen, um sich nach seinem Höllensturz an uns zu rächen. Er ignorierte die Tatsache, dass er seinen Fall selbst zu verantworten hatte, da er in dem Versuch, sich dem Allmächtigen gleichzustellen, eine Revolution angezettelt hatte. Dabei folgten ihm seine Waffenbrüder Diablo, Mephisto, Beelzebub und Antichrist in die Dunkelheit.
Sie bildeten in ihrer Gesamtheit, zumindest bei den Menschen, den Teufel. Allerdings vergaßen die Sterblichen dabei, dass der Name Teufel den Titel des Bösesten unter ihnen abgab. Denn ganz klar: Luzifer trug ihn wie eine Krone auf seinem Haupt. So war jeder von ihnen eine eigenständige Person, eine weitere Verkörperung dessen, was der Allmächtige nie erschaffen wollte: die Dunkelheit. Ich seufzte leise. Doch heute lebten jene gefallenen Engel unter anderen, weltlichen Namen in ihrem verkommenen Reich.
Gänsehaut breitete sich wie eine Krankheit auf meiner Haut aus. »Ich werde meine Anstrengungen erhöhen und Euch nächste Woche berichten, wie ich die ersten Späher durch die Höllentore geschickt habe.« Ich sah Michael zum ersten Mal seit meiner heutigen Ankunft im weißen Palast in die Augen. Schaudernd wand ich mich unter dem strahlenden Blau seiner Iris und holte erleichtert Luft, als mich das Windspiel in seinem platinblonden, schulterlangen Haar aus den Tiefen befreite. Ich würde seinem durchdringenden Blick nie lange standhalten.
Seine Mundwinkel wanderten bei meiner Reaktion nach oben. »Gut, Kommandantin Sketos. Ich freue mich bereits, den Erzengeln keinen neuen Kommandanten der Späher vorstellen zu müssen.« Die Drohung schwang in seiner Stimme mit, während seine knisternde Macht über meine Schwingen zuckte und mein Rückgrat hinablief.
Ich versteifte mich. »Ich werde Euch nicht enttäuschen.«
Michael neigte den Kopf, weshalb sich Falten in seinem Anzug bildeten. Er rümpfte die Nase und glättete diese mit spitzen Fingern. »Ich verlasse mich auf Euer Wort.« Er warf mir einen eindringlichen Blick zu. »Und nun geht mir aus den Augen, bevor ich meine Meinung über Euch ändere.«
Ich verbeugte mich tief und schoss mit einem einzigen kräftigen Flügelschlag in den blauen Himmel. Kaum bildete Michael einen kleinen, schillernden Punkt unter meinen Füßen, holte ich tief Luft. Meine Hände zitterten, noch während ich sie zu kugelrunden Fäusten ballte und mein verräterisch schnell schlagendes Herz unter Kontrolle brachte.
Eine Woche … Wenn ich es richtig anstellte und der Versuch mit den brennenden Pfeilen oder dem ewigen Feuer funktionierte, konnte ich es schaffen. Ich lachte hohl und blinzelte die Tränen aus meinen Augen. Meine Kehle zog sich zusammen und der bleischwere Klumpen kehrte in meinen Magen zurück. Dennoch war es eine unmögliche Aufgabe. Selbst wenn ich es schaffte, die Tore der Hölle zu öffnen, musste ich Späher in die Dunkelheit schicken und Informationen über den Feind sammeln. Genauso gut könnte ich mich von einer Klippe stürzen und einen ehrenvolleren Tod sterben.
Der Palast mit den weißen Mauern und hohen Turmspitzen verblasste hinter mir, bis sich die Sternenstadt im goldenen Schimmer der untergehenden Sonne erhob. Unglaublich, dass sieben Wesen über solch prächtige Schönheiten herrschten.
Aber wieso sie ihre Sitzungen jedes Mal in Michaels Palast abhielten, blieb mir seit Jahren ein Rätsel. Denn normalerweise teilten sich die Herren des Lichts keine Residenz, oder zumindest nicht, wenn die Zeiten friedlich aussahen. Ich runzelte nachdenklich die Stirn.
Es war weit bekannt, dass Michael die Sieben anführte, da selbst die stärkste Gruppe einen Koordinator brauchte. Vielleicht beorderte er auch einfach jedes Mal seine Mitregenten zu sich. Unüblich für machtvolle Wesen wäre dieses Verhalten nicht. Ich verzog den Mund. Oder lebten die Boten Gottes seit neuestem wieder unter einem Dach? Mir sackte das Herz in die Hose. Weil die Zukunft dunkel aussah?
Ein merkwürdiges Gefühl zerrte in meiner Magengrube, riss mich fort von meinem Zuhause und ließ meinen Blick zu den Schatten im Osten wandern.
Fern der Stadt zwischen den Wolken ging die reine Schönheit des Himmels in die Dunkelheit der Vorhölle über. Dort verbargen sich die massiven Tore, die ich seit Wochen zu durchbrechen versuchte, woran ich immer wieder kläglich scheiterte.
Mit einem schweren Gefühl im Magen, als wäre eine Dampfwalze aus Kriegern über mich gestapft, sah ich zwischen Schatten und Licht hin und her. Sollte ich zu den Toren zurückkehren? Ich biss mir auf die Wange, um mich zur Vernunft zu zwingen. Die erste Lektion, die ich als Kommandantin lernen musste, war die, dafür zu sorgen, keinen meiner Leute alleine in die Nähe der Tore zu lassen. Meine Armhärchen stellten sich auf. Es war nicht nur einmal vorgekommen, dass zerfetzte Schwingen und leblose Körper vorgefunden wurden.
Allerdings war ich kein gewöhnlicher Späher, erinnerte ich mich. Die Erzengel hatten mich nicht ohne Grund auserwählt, um den Trupp anzuführen. Kaltes Feuer regte sich wie zur Bestätigung in meiner Brust. Ich seufzte schwer und mit der Ungewissheit, was auch immer in der Dunkelheit lauern mochte, änderte ich den Kurs in Richtung Osten.
Das Gefühl, etwas stimmte mit den Toren nicht, breitete sich giftig in meinem Körper aus. Die Schatten streckten ihre Krallen nach mir aus, rissen an meinen Flügeln und zogen mich auf den festen Boden der Vorhölle hinab. Ich landete nur wenige Meter vor den riesigen Toren, die mit ihrer massiven Schwärze alles Leben der Umgebung in sich aufsogen. Dicker Nebel kroch, wie er es immer tat, um das harte Eisen.
Die Stelle, an der ich noch vor einer Stunde auf Isaiah gewartet hatte, zog unweigerlich meine Aufmerksamkeit auf sich. Doch ich ignorierte das Drängen und zog mit einem schabenden Geräusch mein Schwert aus der Scheide.
Mein Nacken prickelte. Ich fühlte mich beobachtet, als ich mich zwischen tote Bäume hockte. Es brauchte nur ein Huschen von Schatten, ein Funkeln von Licht oder ein Wispern in der von Macht knisternden Atmosphäre. Bei dem leisesten Anzeichen wäre ich für einen Kampf bereit, um das himmlische Volk vor der Verdammnis der Hölle zu schützen. Ich würde mein Leben für diese Aufgabe geben, wie ich es bei meinem Amtsantritt geschworen hatte.
Zeit verstrich wie Äonen. Das unangenehme Gefühl blieb. Ich verlagerte unruhig mein Gewicht und spähte in die rastlose Dunkelheit.
Was dachtest du dir nur dabei, allein diesen Ort zu besuchen, Everly?Tatsächlich hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, was ich gegen das aufregende Ziehen in meiner Magengrube unternehmen wollte, wäre ich erst einmal in dieser öden Gegend gelandet.
Bei meinem ersten Tag in der Spähereinheit musste ich lernen, wie gefährlich die Vorhölle sein konnte. Dunkle Wesen und grässliche Kreaturen mit verkrümmten Extremitäten strichen durch das öde Land und wurden gelegentlich auf die weißen Strahlen unserer Aura aufmerksam. Doch die Lehrbücher der militärischen Akademie boten nur wenig Wissen über die eigentliche, tiefere Unterwelt, da sich bisher kein Engel in solch niedere Gefilde begeben hatte. Trotz all der Unwissenheit befand ich mich mit meinem Team jeden verfluchten Tag vor diesen höllischen Toren, die sich einfach nicht für uns öffnen wollten. Dennoch geschah neben den gelegentlichen Angriffen nie etwas Ungewöhnliches. Warum sollte ausgerechnet jetzt etwas passieren?
Ich wollte mich gerade abwenden und nach Hause fliegen, als ein Geräusch die Luft in Schwingungen versetzte. Es klang wie Klauen, die über Stein schleiften. Ich hielt gespannt die Luft an und umfasste den Schwertknauf fester.
Eine in Schatten gekleidete Gestalt huschte an mir vorbei und in die nahen Dornbüsche.
Mein Herz trommelte in meiner Brust. Vorsichtig schob ich einen Fuß vor den anderen, bereit, zuzuschlagen. Was war das für ein Geschöpf?
Ich hielt die Luft an und schob mich dichter an den Dornbusch. Auf meiner Haut bildete sich ein Schweißfilm. Rote Augen tauchten wie aus dem Nichts vor mir auf. Sie blinzelten mir aus dem Gestrüpp entgegen, ehe ein warnendes Knurren die schwarzen Tore zum Knarren brachte. Es raschelte. Ein Zucken von Licht, und es brach mit blitzenden Krallen aus seinem Versteck hervor.
Ein Schrei stieg in meiner Kehle hoch. Ich stolperte zurück, als sich ein riesiger Höllenhund mit gefletschten Zähnen vor mir aufbaute. Dunkelheit waberte um seinen massiven Körper. Das Herz rutschte mir in die Hose, während ich mit schweißnassen Händen nach einem Ausweg suchte. Wegfliegen war keine Option, die Höllenbestie wäre schneller als ich.
Mein Kopf war wie leer gefegt, bis nur noch ein Gedanke auf mich einhämmerte. Lektion Nummer eins des Lehrbuchs der Kommandanten: Wer sich allein in der Nähe der Höllentore aufhält, ist tot.
Diese Bestien galten als lange ausgestorben, und doch umkreiste mich ein Höllenhund wie seine nächste Mahlzeit. Seine Höhe reichte an das Maß eines Ponys und seine rasiermesserscharfen Zähne versprachen Höllenqualen. Wie war es möglich, dass eine solch grässliche Kreatur immer noch existierte? Wo kam sie her? Wer hatte sie erschaffen? Sein Meister würde den nahenden Tod des Höllenhundes spüren, sobald ich ihm die Kehle aufschlitzte.
Mir kam ein Fluch über die Lippen. Lieber angsterfüllt sterben oder mit bangem Gefühl im Magen töten?
Die Welt begann sich zu drehen, als die Bestie einen Schritt auf mich zutrat und mit erhobenem Kopf eine Entscheidung von mir verlangte. Mein Griff um das Schwertheft festigte sich.
Kämpfen.
Ich würde kämpfen.
Mit gefletschten Zähnen kam das Untier langsam auf mich zu. Ich atmete tief ein und tat es ihm nach.
Wind peitschte mir durchs Haar und verknotete sich mit den Fängen des Sensenmanns. Er schwebte über meinem Kopf, unsicher, ob er mich oder den Höllenhund auserwählen wollte.
Die Bestie der Hölle stürzte mit einem ohrenbetäubenden Knurren auf mich zu. Er würde sich auf meine in den Schatten leuchtenden Schwingen stürzen. Das war der Instinkt eines jeden Getiers der Dunkelheit. Sie beneideten die Helligkeit, das Licht – das, wonach sich der Herrscher der Hölle am meisten sehnte.
Aber ich wirbelte zur Seite. Während der Höllenhund ins Leere biss, stieß ich ihm die Schwertspitze in die Seite. Die Klinge leuchtete freudig im Angesicht des vergossenen Blutes. Die Bestie wankte, hielt sich jedoch aufrecht und drehte sich auf den Pranken, um mich wieder anzugreifen.
Ich knirschte mit den Zähnen und ging leicht in die Knie. Während meiner Laufbahn als Soldatin in den himmlischen Armeen musste ich schmerzhaft lernen, dass ein direkter, gezielter Angriff auf eine Höllenbestie sinnlos war. Die Tiere besaßen einen intelligenten Geist, der sofort meine Körperhaltung erkennen würde. Dementsprechend blieb die einzige Möglichkeit, einen Sieg zu erringen, in der Taktik Ausweichen ‒ Angreifen.
Diesmal schlitterte ich haarscharf an der Bestie vorbei und richtete mein Schwert so dabei aus, dass ich nur leicht in das dicke Fleisch schnitt. Das Untier knurrte. Er griff wieder an und ich sprang auf ihn zu, nutzte die Sprungkraft für einen einzigen Flügelschlag und landete auf seinem behaarten Rücken. Die Schatten wichen panisch aus seinem Fell wie Rauch.
Er buckelte und ich musste mein Schwert aufgeben, um mich in seinen Nacken zu krallen. Hilflos sah ich dabei zu, wie die scharfe Klinge an seiner Schulter zu Boden glitt und von der Nebeldecke verschluckt wurde. Würde ich es jemals wiederfinden?
Der Höllenhund jagte auf die Tore zu, als wollte er mich an ihnen abschmettern. Mit einer Hand krallte ich mich an dem Rücken des Höllenhundes fest, mit der anderen zog ich mein zweites Schwert. Ich holte aus und jagte es der grässlichen Kreatur durch den Schädel. Es knackte, er hielt in der Bewegung inne und brach nur wenige Meter vor den Toren zusammen.
Ich stieß die Luft aus und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Der Tod hatte seine Wahl getroffen und möge mir gnädig sein, mir nicht seinen Meister auf den Hals zu hetzen.
Meine Beine glichen Wackelpudding, als ich mit rasendem Herzen zu der Stelle zurück hetzte, an der ich meine Waffe fallen gelassen hatte. Rasch steckte ich meine verbliebene Klinge zurück in die Scheide, ging in die Knie und tastete blind nach dem Metall. Doch die Nebeldecke, die wie eine Krankheit den öden Erdboden bedeckte, wurde mit jeder verstreichenden Minute dichter. Wo war es? Hatte ich es an einer anderen Stelle fallen gelassen?
Ein Brüllen zerriss die aufziehende Dunkelheit. Mein Herz sackte in die Hose. Weitere Höllenhunde? Oder sein Meister?
Schatten huschten an mir vorbei, umkreisten mich und bewegten sich in Richtung des niedergestreckten Getiers. Höllenhunde? Meine Alarmglocken schrillten und ich tat das einzig Vernünftige an diesem Abend. Ich schoss in die Lüfte. Es knackte unter mir und ich zog die Füße an, schwang mich eilig höher. Griffen mich die grässlichen Kreaturen aus einer geschlossenen Gruppe an, so würde nicht einmal ich ihnen standhalten können.
Meine Gedanken verpufften während des Fluges. Das letzte Adrenalin rauschte in meinen Adern, Wind strich durch meine Federn und die Schwärze der aufziehenden Nacht legte sich wie eine kühle Beruhigung um mich.
Bei dem Gedanken, was ich gesehen und getan hatte, wurde mir schlecht. Niemand, nicht einmal Michael, würde mir glauben, wenn ich erzählte, ich hätte nach Jahrhunderten des Verschwindens wieder einen Höllenhund vor den Toren der Verdammnis gesehen. Mein Magen machte einen Satz. Das Schlimme war: wie es aussah, handelte es sich nicht nur um ein Exemplar.
Die Seismografen des himmlischen Reiches hatten recht behalten, in der Hölle regte sich Luzifer auf seinem Thron und verzehrte sich nach Rache. Eine unangenehme Gänsehaut machte sich bei mir breit. Zum Glück hatte Luzifer in dem Versuch versagt, sich mit dem Allmächtigen gleichzustellen. Die Frage blieb, ob wir ihm trotzdem Einhalt gebieten konnten, oder ob wir unter seiner zurückgekehrten Macht zerquetscht wurden.
Eisige Entschlossenheit beflügelte mich und ließ mich auf die Sternenstadt zu sausen. Wenn jemand etwas dagegen unternehmen konnte, wäre das ein in die Hölle geschickter Spähtrupp, der uns über die Bewegungen des Feindes aufklärte. Dazu musste mir endlich etwas einfallen, was die Tore der Hölle aufspringen ließ. Wir brauchten Augen und Ohren in dem Loch der Verdammnis.
Die Sternenstadt erhob sich stolz auf dichten Wolken und reckte sich mit den spitzen Dächern der vereinzelten Türme in den Nachthimmel. Funkelnde Sterne tanzten um den Mond und ergaben ein prächtiges Bild des weiten, unendlichen Himmels.
Ich landete geräuschlos auf dem kleinen Rasenfleck an der Vorderseite des Hauses, das ich mir mit Isaiah und Helena teilte. Die beiden Engel meiner Einheit waren zwar meinem Kommando unterstellt, doch außerhalb unseres Dienstes blieben wir die Freunde, die sich in der Akademie der militärischen Fertigkeiten kennengelernt hatten.
Die Haustür flog krachend auf und schlug mit einem Donnern gegen die weiße Hausfassade.
»Da bist du ja endlich!« Helena lief mir mit wehenden Haaren entgegen. Sie reichten ihr bis knapp unter den Bauchnabel und waren ungefähr so lang wie meine, was normal fürs Himmelsvolk war. Sie wollte die Arme um mich legen, hielt jedoch inne und ließ ihre kritischen, blauen Augen über mich wandern. Die Farbe ihrer Iris galt als typisch für das himmlische Volk, und doch besaß meine Iris eine ganz andere Farbe. Sie schimmerten in einem tiefen, weltlichen Braun. »Wo hast du dich rumgetrieben, Eve?«
Bei dem Gedanken, wo ich mich rumgetrieben hatte, wurde mir speiübel. Ich schob mich an Helena vorbei und trat ins Haus. Die kalten Strahlen des Mondes strömten durch die Fenster des Flures. Hinter den mit Schnitzereien versehenen Holztüren zu beiden Seiten des Ganges befanden sich unsere privaten Räumlichkeiten. Ich steuerte direkt auf meine Zimmertür am Ende zu und zuckte zurück, als sich Isaiah in meinen Weg schob.
»Wieso sind deine Hände mit Blut beschmutzt?«, fragte er und verschränkte die Arme vor der Brust. An ihm würde ich nicht vorbeikommen. Zumindest nicht ohne einen Kampf. »Hat Michael dir etwas angetan?« Seine Stimme bebte vor Gewaltbereitschaft, obwohl er genauso gut wie ich wusste, wie aussichtslos ein Kampf gegen einen der Erzengel war. Ihre Macht wirkte im Vergleich zu unserer wie ein Gigant.
Stirnrunzelnd hob ich die Hände und schauderte. Getrocknetes Blut blätterte von meiner Haut ab wie alte Farbe von einer Hauswand. »Ich hatte noch einige wichtige Dinge zu erledigen.« Ich wollte mich an seinen Ellbogen vorbeidrängen, hielt aber inne. »Und es geht dich nichts an, Isaiah.«
Ich brauchte nicht in das makellose Gesicht des Engels zu schauen, um sein Stirnrunzeln zu sehen. Vor meinen Augen zeichnete sich bereits die perfekte Miene eines nachdenklichen Freundes ab.
Ohne ein weiteres Wort rauschte ich an ihm vorbei, um das Blut von meinen Händen zu schrubben. Ich war im Begriff, die Türklinke zu meinen Gemächern runterzudrücken, als Helenas Stimme die Luft durchschnitt: »Wo ist dein zweites Schwert?«
Mein Herz setzte einen Schlag aus. »Ich habe es heute Morgen nicht mitgenommen.« Die Lüge floss wie warme Butter von meinen Lippen. Ich verkrampfte mich. Für das erste Mal fühlte es sich zu leicht an. »Es liegt noch in meinem Zimmer«, schob ich eilig hinterher.
Eine zweite Lüge.
Auch wenn ich Helenas und Isaiahs Kommandantin war und von ihnen während des Dienstes uneingeschränkten Gehorsam verlangte, durfte ich nicht vergessen, dass diese Engel anders als alle anderen waren. In der Akademie der militärischen Fertigkeiten hatten Helena und ich uns ein Zimmer geteilt und besuchten dieselben Unterrichtsfächer wie Isaiah. Allerdings hatte ich ihn erst einige Monate nach meiner Aufnahme in der Akademie durch einen Unfall mit einer brennenden Distel kennengelernt. Ich grinste, als ich mich erinnerte, wie ich die Höllenpflanze bei der Wurzel gepackt hatte und wegen der blauen Flammen beinahe meinen kleinen Finger hätte aufgeben müssen. Isaiah war es gewesen, der während meiner Zeit auf der Krankenstation in dem Bett neben mir gelegen hatte.
Sie waren meine Freunde.
Ich drehte mich auf dem Absatz um und warf ihnen ein entschuldigendes Lächeln zu. Meine Hände öffneten und schlossen sich, als ich nach Worten rang. »Ich glaube, ich sollte euch etwas erzählen«, presste ich mühsam hervor. »Aber ihr solltet euch setzen.« Damit erzählte ich ihnen von dem seltsamen Gefühl, das mich dazu verleitet hatte, zu den Toren der Verdammnis zurückzukehren. Helenas Augen wurden mit jedem meiner Worte größer, und als ich von dem Höllenhund berichtete, krallte sich selbst Isaiah in die weißen Polster des Sofas. Ich hielt meine Worte so kurz wie möglich und versuchte, das gelegentliche Stocken mit einem angespannten Lächeln zu überspielen. »Sobald ich bemerkte, wie sich weitere Schatten näherten, flog ich nach Hause«, endete ich und holte tief Luft.
Mein Fähigster blinzelte benommen. Eine andere Reaktion auf das Geschehene erhielt ich nicht.
Ungeduldig balancierte ich auf den Fersen. Ob sie mir glaubten? Helena sah so blass aus, als würde sie jeden Moment ohnmächtig werden können, und Isaiah … Er starrte mich unverwandt an.
Ein flaues Gefühl regte sich in meiner Magengegend. Ich hätte meinen Freunden nicht von dem Höllenhund erzählen sollen. Nicht einmal Michael wusste über die neuesten Vorkommnisse in der Vorhölle Bescheid, und so, wie ich ihn kannte, würde er mir dafür sogar meinen Rang entziehen. Wenn das jemals passierte … Mein Herz wurde schwerer als die dicken Mauern des weißen Palastes. Ich mochte mir gar nicht vorstellen, was ich tun würde, wenn die Erzengel mir alles wegnehmen würden, wofür ich so viel Herzblut geopfert hatte. »Du denkst, es gibt noch mehr von diesen Höllenhunden?«, fragte Isaiah vorsichtig. Sein Blick huschte über die eleganten Möbel zu den hohen Vasen und hin zu dem breiten Esstisch in der Mitte des Wohnzimmers.
Ich nickte langsam. »Es bestätigt Michaels Annahme.« Helena schüttelte wie wild den Kopf, als würden ihre wilden Locken die Worte abwehren, die niemand, abgesehen vom Erzengel, auszusprechen wagte. »Der Teufel hat seine volle Stärke nach seinem Höllensturz zurückerlangt.«
Spannung fegte über unsere Köpfe hinweg und versetzte die Atmosphäre in eine aufgeladene Stimmung. Doch egal, wie lange wir es zu leugnen versuchten, irgendwann würde Luzifer sich für seinen Sturz an uns rächen, und so, wie es aussah, war die Ära des Untergangs gekommen.
Am nächsten Morgen war der tote Höllenhund vor den Toren der Verdammnis wie von Geisterhand verschwunden. Keine einzige Blutspur tränkte den kahlen Erdboden unter dem nun weniger dichten Nebelschleier, der die Erinnerung an lange Klauen und scharfe Zähne weckte. Die Schatten mussten ihn mitgenommen haben. Oder andere Höllenhunde hatten ihn gefressen. Anders ließ sich das Verschwinden des Kadavers nicht erklären.
Schaudernd wandte ich mich um und suchte in einer anderen Richtung weiter. Mein Schwert musste doch irgendwo zwischen den Dornbüschen und den kahlen Bäumen liegen.
»Habt ihr es gefunden?« Helenas Stimme wehte an meine Ohren.
»Nein!«, riefen Isaiah und ich einstimmig.
Wir warfen uns einen Blick zu, der mir ein breites Grinsen ins Gesicht trieb. Es wirkte eingerostet und steif, aber es erfüllte mein Herz mit einer wohltuenden Wärme. Irgendwie hatte ich mich in den letzten Wochen in meiner Rolle als Kommandantin so gut zurechtgefunden, dass ich vergessen hatte, mit meinen Freunden zu lachen.
Allein die Tatsache, dass mein Spähtrupp extra für die Mission der Hölle zusammengerufen und von den Besten des Reichs besetzt wurde, hatte mich in letzter Zeit auf ungesunde Weise geblendet. Denn nur diejenigen, die ihre Prüfungen an den Akademien und den Eignungstest nach dem Aufruf der Erzengel, ein neuer militärischer Flügel solle errichtet werden, perfekt absolviert hatten, wurden hierfür zugelassen. Ein unscheinbares Lächeln huschte über meine Lippen. Somit hatte ich mir, zum Missmut vieler Männer, den Titel der Kommandantin als erste Frau eines solch hohen Rangs erkämpft ‒ ein Meilenstein in der Geschichte des Himmels.
Mein Herz wurde schwer. Sie waren bei mir geblieben, obwohl ich im Dienst nicht die Freundin sein konnte, die sie in der Akademie kennengelernt hatten.
»Was meinst du, wie lange wird Declan weiterhin an den Grenzen der Vorhölle Patrouille fliegen und uns in Ruhe lassen? Er ahnt sicherlich, dass wir nur unsere Ruhe haben wollen, und wird bald sauer werden.« Isaiah arbeitete sich in meine Richtung vor. Er ging auf die Knie und spähte in einen hohlen Baumstamm. Er griff hinein und mein Herz sackte ein ganzes Stück ab, als er … mein Schwert nicht fand. »Ich meine, er sieht sich für die Aufgabe, die normalerweise die anderen übernehmen, um uns zu vom äußersten Randgebiet zu sichern, bestimmt als überqualifiziert an.«
Finster starrte ich das Dreieck an, in dem wir uns aufgeteilt hatten, damit die Suche nach meiner Klinge leichter wurde. Irgendwo zwischen dem kahlen Wald, den Dornbüschen und den Höllentoren hatte ich es bei dem Rodeo mit dem Höllenhund fallen gelassen. Ich ballte die Fäuste so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten. Es fehlte nur noch ein Funke, und ich würde vor Frustration überkochen. Vielleicht würde ich sogar mit den Fäusten gegen die verdammten Tore hämmern und den Teufel persönlich herausfordern.
»Gar nicht.« Helena lachte und klopfte sich die Hände an der Hose ab. Staubpartikel stiegen um sie auf, hüllten sie wie eine Wolke ein und veranlassten sie zum Niesen. Sie schüttelte sich. »Declan ist wütend auf Michael, weil er uns seit drei Monaten vor die Tore schickt und nichts geschieht. Aber er ist nicht dumm. Er wird erst vom Himmel kommen, wenn Eve es ihm befiehlt.« Sie warf mir einen fragenden Blick zu.
Ich nickte langsam. »Declan ist ein guter Späher und ein hervorragender Fährtenleser. Deshalb habe ich ihn hierher beordert, damit er uns rechtzeitig vor feindlichen Angriffen warnt.« Ich seufzte und erinnerte mich an die Unterlagen meines Vorgängers. Er hatte Akten über jeden einzelnen Engel aus meiner Einheit zusammengetragen und ihr Verhalten vom gespreizten Finger beim Teetrinken bis zum nervösen Zucken des Augenlids analysiert. »Und trotz seiner scharfen Bemerkungen wird er sich nicht weiter gegen mein Wort erheben und in den Lüften bleiben. Sein Bruder starb unter der Missachtung von Befehlen, genau deswegen wird er sich zusammenreißen. Er fürchtet Michaels Zorn.«
Helena hob den Kopf. »Ist er denn wirklich so zornig?«, fragte sie so leise, dass es einem Flüstern ähnelte. Auch Isaiah richtete sich auf.
Ich biss mir auf die Lippe. Sie waren meine Freunde, doch konnte ich wirklich ein negatives Wort über den Erzengel verlieren und keine Konsequenzen fürchten? Mein Blick schoss über die öde Landschaft, suchte nach Spuren und Bewegungen, die einen nahen Lauschenden entlarven würden. Niemand war hier. Allerdings ragten die Tore der Verdammnis wie eine unheilvolle Mahnung in einiger Entfernung vor mir auf. Ich schluckte angesichts der Dunkelheit, die sie ausstrahlten. Ihre Krallen streckten sich nach mir, griffen nach meinen Haaren und zerrten an meinem Herzen. Ich schielte zu den beiden Engeln. Helena und Isaiah schienen jedoch von dem Drängen der Tore nichts zu bemerken. Ich näherte mich den Dornbüschen, wo der Höllenhund gelauert hatte. »Michael ist ein Erzengel«, erinnerte ich sie. Ihre Blicke brannten sich in meinen Rücken, als ich meine Hände in die scharfen Dornen schob. Schmerz zuckte über meine Haut, sobald sich die Spitzen in mich bohrten. Ich sah kein vertrautes Glänzen, spürte kein kaltes Schwert mit meinen Initialen und zog meine Aufmerksamkeit zurück. Ein sanftes Aufleuchten auf meiner Haut, ein unangenehmes Prickeln und meine Finger heilten unter einem leichten Schimmern. »Ich rate euch, nicht schlecht über ihn zu reden, auch wenn ihr nicht mit seinen Entscheidungen einverstanden seid. Ihr wisst, was euch sonst blüht.«
Meine Freunde runzelten die Stirn. Entweder verstanden sie die Anspielung auf Michaels Geschichten, die jeder Engel in den großen Bibliotheken der himmlischen Städte nachschlagen konnte, oder sie deuteten meine abweichenden Worte falsch. Fest stand: Ein jeder, der sich an der Erzengellästerei vergriff, würde auf der schwarzen Liste landen und von der Himmelsarmee bis auf den Tod verfolgt werden.
Ein greller Lichtstrahl durchschnitt die Dunkelheit. Helena richtete sich kerzengerade auf, als ihr Blick auf das Amulett zwischen meinen Brüsten fiel.
»Michael ruft mich«, stellte ich heiser fest. Jeder Kommandant erhielt bei seinem Amtsantritt ein Amulett. Mir wich alle Farbe aus dem Gesicht. Die Frage war nur, ob ich die Einzige war, die das Leuchten empfing, oder ob ein Treffen mit der Führung einberufen wurde.
Ich wusste nicht, worauf ich mehr hoffen sollte. Eine Versammlung mit der gesamten Führungsebene würde in Blutvergießen und Todesdrohungen enden. Bei der letzten Zusammenkunft starben zwei Leute, weshalb ich die Chance erhalten hatte, Kommandantin der Spähereinheiten zu werden. Mein Magen rebellierte und meine Knie wurden butterweich. Die Chancen, ein Blutvergießen zu umgehen und sich vor einem Kampf in die Schatten zurückzuziehen, standen schlecht. Die Krieger würden jeden meiner Schritte bemerken und sich von meinem Rückzug angeheizt auf mich werfen. Niemand würde sich unter die Kämpfenden begeben und sein eigenes Leben riskieren, nicht einmal die Erzengel mischten sich in die Konflikte ein. Sie würden auf ihren Thronen sitzen und genüsslich an ihrem Wein nippen.
Jedoch würde ein alleiniges Treffen mit den Erzengeln auch kein Spaziergang werden. Meistens bedeutete es nur Ärger und das baldige Rollen von Köpfen. Ich schauderte und versuchte, mein wild klopfendes Herz zu beruhigen. Es schlug so schnell, als wollte es aus meiner Brust und direkt in die schützende Nähe meiner Freunde springen. Ich straffte die Schultern und hob das Kinn.
Die Nähe meiner Freunde bot Schutz, aber die Fähigkeit, sich selbst zu vertrauen, war zuverlässiger. Eine Nadel stach in meine Brust und brannte wie ein kleines Höllenfeuer. Freunde konnten mir jederzeit den Rücken kehren.
»Geh schon.« Isaiah strich mitfühlend mit der Hand über meine Schulter. Mit wachsamem Blick sah ich der Spur nach, die er über meinen Körper gezogen hatte. »Wir werden in der Zwischenzeit weitersuchen.«
Ich hob den Blick und mein Freund zuckte unwillkürlich zurück. »Danke.« Meine Stimme klang so kalt, wie sich mein Herz anfühlte. Ich zwang mir ein Lächeln auf die eingefrorenen Lippen und hob mit einem kräftigen Flügelschlag vom Boden ab.
Mit jedem zurückgelegten Kilometer in Richtung des weißen Palastes standen meine Nerven unter einer ewigen Tortur aus Fragen und Antworten. Was wollte der Erzengel von mir? Erwartete er einen Tag nach meinem Versprechen erste Fortschritte? Blei legte sich in meinen Magen und ließ mich schwer schlucken.
Hatte er die Geduld verloren und würde mir meinen Rang – meine Ehre – entziehen? Schweiß bildete sich auf meiner Stirn.
Würde er mich töten? Bei dem Gedanken verlor ich die Kraft aus den Flügeln und sackte einige Meter in die Tiefe. Angestrengt schnappte ich nach Luft und zwang mich wieder dazu, höher zu fliegen. Würden die Menschen meine Gestalt an ihrem Himmel sehen, schickten mich die Erzengel mit vereinter Kraft in die Hölle.
Immerhin lebten wir als geflügelte Nation über der sterblichen Erde. Wir verkörperten die Lichtblitze an ihrem Firmament. Die Wolken zu unseren Füßen bildeten dabei die einzige, leichte Grenze unserer Gebiete. Für uns unten, für sie oben. Aber die Unterwelt … Dies zu erklären, war weitaus schwieriger, weshalb die Universitäten das Konstrukt, in dem der Teufel residierte, erst später unterrichten.
Doch in Wahrheit war es ganz einfach: Die Unterwelt existierte unter dem Erdboden der Menschen. Ohne Licht, ohne Wasser. Nur eine öde, feuerspuckende Landschaft aus heißen Flammen und dichtem Rauch. Einzig und allein die riesigen Höllentore im Süden unseres Reichs, wie vereinzelte, kleinere Portale aus dunklem Stein, verbanden die verhassten Königreiche. Denn dort kamen sie sich besonders nahe.
Mein rechtes Augenlid zuckte gefährlich. Angeblich habe der Teufel in den ersten Kriegen von Himmel und Hölle die Portale ins Land gerissen, um seine schwarzen Legionen durch sie hindurch zu jagen. Schaudernd zog ich die Schultern hoch. Laut den Geschichten wollte er mein gesamtes Zuhause vernichten. Denn die grausame Hölle hatte schon weit vor dem Fall von Luzifer existiert. Nur ohne ihn, noch bevor er verstoßen wurde und bevor die Menschen die Erde bewohnten, gedieh die kahle Ödnis in tiefster Dunkelheit ‒ eine unerforschte Präsenz, die sich kein Forscher je getraut hatte, genauer zu betrachten.
Schaudernd verdrängte ich die Gedanken und lenkte meine Aufmerksamkeit auf die erhabenen Spitzen der gottgleichen Residenz des heiligen Michael. In wenigen Minuten würde ich erfahren, was die Erzengel von mir verlangten, und danach konnte ich mir Gedanken machen, wie ich mein Schwert wiederfand und die Höllentore öffnen konnte.
Rache stellte das größte Heilmittel und zeitgleich den Untergang der Menschheitsgeschichte dar. Nicht umsonst lebten unzählige Sterbliche in meinem Reich, die wegen ihrer Rachegelüste verdammt worden waren. Doch das süße Gefühl der Grausamkeit wirkte auf die Unsterblichen anders. Rache in unseren Reihen sorgte für das moralische Gleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft. Es trieb die Verzweifelten an, nährte die Verdammten und verfluchte die Himmlischen und ihr gottverdammtes Licht.
»Was gedenkt Ihr zu tun, mein König?« Die Stimme meines Generals drang kaum durch das Rauschen in meinen Ohren. Ich ignorierte ihn und starrte auf das glänzende Metall zu meinen Füßen.
Nachdem ich den Verlust meines Hundes gespürt hatte, erschien sein Leichnam wenige Augenblicke danach vor mir. Mit der silbernen Klinge und der kaum wahrnehmbaren Gravur EvS. Vermutlich der Name des Trägers.
Schmerz durchzuckte mich, als ich die Fingernägel in den Obsidian des dunklen Throns krallte. Stein ächzte und bröckelte unter meinen Fingern auf die rabenschwarzen Treppen zu meinen Füßen hinab. Am Ende, etwa fünf Meter unter mir, lag die verfluchte Klinge, dahinter stand der alte Mann in seiner verbeulten Rüstung. Er zitterte am ganzen Leib, fürchtete seinen Tod wie jeder andere vor ihm. Demnächst würde ich ihn ersetzen. Die Decke bebte, der Kronleuchter zitterte. Schwarzer Staub rieselte zu Boden und legte sich auf das Fell meiner Höllenhunde. Ich neigte den Kopf zur Seite und betrachtete die Tiere eingehender. Achilles und Dorn schliefen ruhig zu beiden Seiten der massiven Schönheit meines Throns. Sie regten sich nicht, zuckten nicht einmal mit den Ohren. Ich ballte die Hände zu Fäusten, als ich den lodernden Sturm in meinem Inneren aufbranden spürte. Das würden sie bereuen.
Ein Engel hatte das Schwert zu meinen Füßen geführt und einen meiner Wächter getötet. Eine Kriegserklärung. Diese Tiere gehörten mir, schützten den Frieden zwischen den Königreichen. Ein Knurren stieg meine Kehle empor. Ich hatte genug.
Wenn die Erzengel glaubten, ich würde nicht vernehmen, wie sie jeden Tag aufs Neue versuchten, die Höllentore einzureißen, hatten sie sich mächtig in mir getäuscht. Stechender Schmerz zuckte über meinen Rücken und erinnerte mich an dunkle Stunden. Ich ballte die Hände zu Fäusten. Michael … Wenn ich den Heuchler in die Finger bekam, würde ich ihm die verfluchten Flügel ausreißen und in sein geliebtes Feuer werfen.
Ich reckte das Kinn und erhob mich. Mein General wich mit jedem Schritt, den ich auf ihn zukam, zurück. Ich hatte ihn satt, hatte alles satt. Wenn die Engel mich vergessen hatten, würde ich sie wieder lehren, mich zu fürchten.
Ein Engel hatte meinen Höllenhund getötet. Ich verengte die Augen und holte mit einem Zucken meiner Finger das geschwungene Schwert zu mir. Als die kalte Klinge meine Haut küsste, sang ein lang vergessenes Lied durch meine Seele. Es rief nach Rebellion.
Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Mein General schrie auf und stolperte zurück, fiel beinahe über seine eigenen Füße. Er rannte mit klappernder Rüstung den Thronsaal, den ich extra über dem Loch der Grube erbauen lassen hatte, hinab. Diese Hallen waren im Vergleich zu meinem eigentlichen Thronsaal in meiner Herrschaftsresidenz nur ein ärmlicher Abklatsch.
Mein Lächeln weitete sich zu einem Grinsen. Er steuerte auf die zwei Türen am Ende des Saals zu, die wenige Meter weiter direkt in den Abgrund führten. Der Mann hatte keine Ahnung, dass er meinen Bestien direkt in die Arme lief. »Kennst du das Lied der Rache?«, rief ich ihm mit einem schallenden Lachen hinterher. »Ich sang es von den höchsten Türmen des Weißen Palastes!«
Der Sterbliche setzte den Fuß in die Freiheit und wurde augenblicklich von zwei krallenbesetzten Pranken vom Boden gepflückt. Sein Schrei ging bei dem Brüllen des Wyvern unter. Mein Grinsen wurde breiter. Mit einem Gedanken lösten sich die Schatten von meinen Schultern und jagten meiner Kreatur hinterher, stellten sicher, dass der Mensch bei dem Flug nicht starb. Ich würde später mit ihm spielen.
So lange, bis sein Körper gänzlich versagte und er ins Nichts übertrat. Er sollte nicht die Chance erhalten, in einem anderen, neuen Leben zurück auf die Erde zu kehren. Nein, er blieb hier bei mir. Als Schatten meines Reichs. Warum? Grausame Genugtuung machte sich in mir breit. Weil ich es so wollte.
Ich drehte mich zu der göttlichen Schönheit aus Obsidian um, als mein ehemaliger General zwischen den mitternachtsdunklen Wolken verschwand. Mein Griff um die himmlische Klinge verstärkte sich. Der Geruch von Blut mischte sich in die Kühle der Grube. Ich war der König der Unterwelt. Ein grausames Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. Niemand legte sich mit mir an und kam ungeschoren davon.
Ich saugte den herrlichen metallischen Geruch ein – ein Vorbote von Rache. Die Engel sollten sich besser hüten. Lange genug hatte ich ihren kläglichen Spielchen zugesehen. Anscheinend musste ich sie daran erinnern, dass der Teufel nicht nur ihren Schauergeschichten entsprang.
Der Thronsaal der Erzengel befand sich inmitten des Herzens des weißen Palastes und wurde mit seiner breiten, unter dem freien Himmel liegenden Plattform zu einer Anlaufstelle vieler Engel. Außer heute.
An diesem Vormittag fand ich mich allein vor den sieben Mächtigsten des himmlischen Reiches wieder und kniete so lange vor ihnen, bis Michael mit eiserner Stimme befahl: »Erhebe dich, Kommandantin Everly Sketos.« Ich kam seinem Befehl nach und musste den Kopf in den Nacken legen, damit ich den Blicken der Erzengel begegnen konnte. Michaels eisblaue Augen trafen mich wie kältestes Feuer. »Du fragst dich sicher, warum wir dich gerufen haben. Dennoch hat sich das Blatt drastisch gewendet und es gibt Dinge, die Erklärungsbedarf verlangen.«
Ein Schaudern nach dem anderen jagte mir über den Rücken, während ich die Finger ineinander verknotete und mich zur Ruhe zwang. Adrenalin rauschte wie ein Wasserfall durch meine Adern. In den letzten Wochen hatte ich mir keinen Fehltritt zuschulden kommen lassen.
Fieberhaft rief ich jede einzelne Missetat hervor, bis ich an dem Bild des Höllenhundes der letzten Nacht hängenblieb. Meine Armhärchen stellten sich auf. Als Kommandantin hätte ich ihm unverzüglich über die neue Sichtung der Art berichten müssen, aber … Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass ich mich um das Problem alleine kümmern sollte. Schließlich tat ich das immer. Ich sah die Gefahr, beseitigte sie, und alles ging seinen gewohnten Gang.
»Ich kann das erklären, ich …«, setzte ich an und trat einen Schritt auf die sieben Throne zu.
Chamuel, Gabriel, Haniel, Jophiel, Michael, Raphael und Zadkiel blickten mit versteinerten Mienen auf mich herab. Schaudernd zog ich die Schultern hoch. Das war kein gutes Zeichen.
»Schweig!« Gabriels Stimme strich aalglatt über meine Haut. Ich spannte die Schultern und klemmte die Schwingen dicht hinter den Rücken. Wenn der Erzengel der Offenbarung sie haben wollte, musste er einem Kampf ins Auge blicken.
Nicht einmal die Schönheit des offenen Thronsaals, der mich mit seinen hohen Bögen und den im Wind wiegenden Vorhängen an das Kolosseum der Römer erinnerte, konnte die grausigen Worte verdrängen, die auf diesen Thronen gesprochen worden waren. Zadkiel, der auf dem äußersten Thron ruhte, trug die Urteile der Mächtigen vor, nachdem er die Ausgeglichenheit von Tat und Strafe des Verurteilten abwägte. Sein Wort versprach Gerechtigkeit, während er zeitgleich Leben retten oder verdammen konnte. Beides tat er mit Leichtigkeit und ohne Gewissen.
Raphael räusperte sich neben Michael und hätte in seinem strahlenden, weißen Gewand den Mauern des Palastes Konkurrenz machen können. »Bitte erkläre uns, wie dein Schwert in den Besitz des Teufels gelangen konnte.«
Mir entgleisten die Gesichtszüge. »Was?«, platzte es ungehalten aus mir heraus.
Eine böse Vorahnung beschlich mich. Wie wahrscheinlich war es, dass er der Herr der Höllenbestie gewesen war? So hätte er den Tod seines Tieres gespürt und sich dazu entschlossen haben können, die Leiche seines Hundes in die Hölle zu schaffen. Ich schüttelte mich innerlich. Das würde erklären, warum ich mein Schwert bisher nicht gefunden hatte, und der tote Höllenhund mit jeglichen Blutspuren des gestrigen Kampfes verschwunden war. »Wir werden uns nicht wiederholen.« Michael legte den Kopf schief und sah mich so eindringlich an, dass ich mich schrecklich nackt fühlte.
Meine Wangen fühlten sich heiß an und durften mittlerweile in ein tiefes Apfelrot umgeschlagen sein. »Ich …«, setzte ich zu einer Erklärung an und stockte.
Jemand verbarg sich in den Schatten eines Bogengangs.
Unauffällig schielte ich zu den verschleierten Konturen und versuchte, herauszufinden, ob meine Augen mich zum Narren halten wollten. Die Person zog sich tiefer ins Dunkle. Ich runzelte die Stirn. Vielleicht war es auch nur einer der Leibwächter der Mächtigen? Ich lachte kopfschüttelnd in mich hinein. Natürlich brauchten die gottgleichen Wesen keinen Schutz. Vielmehr dienten die hoch ausgebildeten Engel in den wallenden Umhängen dazu, sich nicht die makellosen Hände schmutzig zu machen, wenn wieder jemand gewaltsam aus diesen Hallen entfernt werden musste. Mir wurde eiskalt. Oder, sobald wieder einem schuldig Gesprochenen sofort die Kehle aufgeschlitzt wurde …
Die Erzengel regten sich aus ihren starren Haltungen und warfen sich lange Blicke zu. Bevor ihr Unmut in einem Lichtermeer aus Schmerz und Helligkeit explodieren konnte, öffnete ich den Mund und erklärte: »Nachdem ich Eure Exzellenz Michael über die Fortschritte beim Durchbrechen der Höllentore …«, die Schwingen der Erzengel raschelten nervös, »… unterrichtet hatte, wollte ich in die Sternenstadt zurückkehren.« Ich straffte die Schultern und hob das Kinn. »Allerdings zog mich eine unübliche Macht zu den Toren der Verdammnis zurück, weshalb ich mich vergewissern wollte, dass in der Vorhölle keine seltsamen Dinge vorgingen. Ein Höllenhund wartete dort auf mich. Er griff mich an und ich tötete ihn nach einem Kampf mit meinem Schwert.«
Erdrückende Stille breitete sich aus, in der mein Herz so laut schlug, bis ich glaubte, ein kleines Orchester in meiner Brust spielen zu hören.
Zadkiel räusperte sich auf seinem äußersten Thron. Ihn musste ich am meisten überzeugen, denn allein sein Wort könnte wegen seiner Gaben das Urteil aller anderen Erzengel für nichtig erklären. »Und dein Schwert?«
»Ich hatte es verloren und bekam keine Chance, es zu suchen, da sich anscheinend weitere Höllenhunde näherten.«
Der Erzengel nickte langsam und legte die Finger an die Lippen. »Du hättest uns sofort von der Sichtung der Höllenhunde berichten sollen«, erinnerte er mich an mein Versäumnis.
Ich stellte mich breitbeinig auf und ballte die Fäuste hinter meinem Rücken. »Natürlich.«
»Du weißt, dass dein Schweigen bestraft werden muss.« Aus Gabriels Gesicht sprach Langeweile. In seinen Gedanken war er vermutlich schon bei seiner Nachmittagsplanung. »Außerdem hast du das Haustier des Teufels getötet.« Er warf einen langen Blick in die Schatten der Bogengänge. Ich drehte den Kopf in die Richtung und legte die Hand auf meinen Schwertknauf.
Der Herrscher der Unterwelt glitt geschmeidig aus den Schatten der hohen Mauern. Rabenschwarzes Haar umrahmte hohe Wangenknochen, eine gerade Nase und sündige, volle Lippen, die sich zu einem verschmitzten Lächeln verzogen, als er meine Abwehrhaltung bemerkte. Goldbraune Augen durchbohrten meine Haut, zerrissen meine raschelnden Flügel und brannten sich tief in meine Seele. Auf seinem stolzen Haupt schillerte eine obsidianfarbene, messerscharfe Krone aus hohen Zacken.
Ich schluckte schwer und versuchte das Gefühl der Blöße abzuschütteln. Besaß der Teufel die Fähigkeit, meine sündigsten Gedanken zu sehen? Wusste er, was ich allein im Dunkeln meines Zimmers tat? Welche Freude ich mir in den nachtgekühlten Laken bereitete? Gänsehaut überfiel mich, als ich ihn genauer musterte. Irgendwie kam er mir bekannt vor.
»Mein Haustier ist getötet worden.« Luzifers Stimme knisterte vor Macht und erinnerte mich an das Sommergewitter auf der menschlichen Welt. Seine Augen wanderten zu den Erzengeln. »Dafür verlange ich Wiedergutmachung.«