Über die weiße Linie - Arne Molfenter - E-Book

Über die weiße Linie E-Book

Arne Molfenter

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Beschreibung

Es war ein spannendes, atemberaubend schnelles Katz- und Maus-Spiel, das sich der irische Priester Monsignore Hugh O’Flaherty und der SS-Obersturmbannführer Herbert Kappler während der deutschen Besetzung Roms von 1943 bis 1944 lieferten. Doch trotz O’Flahertys geheimer Verstecke, diverser Verkleidungen und spektakulärer Fluchten in letzter Minute ist es keine Don-Camillo-und-Peppone-Geschichte, die uns Arne Molfenter und Rüdiger Strempel hier erzählen – für Tausende ging es ums nackte Überleben. O’Flaherty baute mit Chuzpe, Mut und Gottvertrauen eine geheime Fluchtorganisation für alliierte Soldaten und Juden in Rom auf. Er versteckte die Flüchtlinge teils im Vatikan, teils in Römischen Privathäusern. Zwischen O’Flaherty und Kappler begann eine mörderische Jagd. Keine andere Einzelperson hat im Zweiten Weltkrieg mehr alliierten Soldaten das Leben gerettet als O’Flaherty. Insgesamt bewahrte er mehr als 6.500 Menschen aus 25 Nationen vor Verhaftung, Folter und Tod. Bis heute ist er ein Vorbild für Zivilcourage und Unerschrockenheit geblieben.

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Keine andere Einzelperson hat im Zweiten Weltkrieg mehr alliierten Soldaten das Leben gerettet als O’Flaherty. Insgesamt bewahrte er mehr als 6.500 Menschen aus 25 Nationen vor Verhaftung, Folter und Tod. Der irische Monsignore baute während der deutschen Besatzung Roms von 1943 bis 1944 eine Fluchtorganisation auf. Bald war er dem SS-Obersturmbannführer Herbert Kappler verhasst. Zwischen O’Flaherty und dem Gestapo-Leiter begann eine mörderische Jagd. Doch trotz O’Flahertys geheimer Verstecke, diverser Verkleidungen und spektakulärer Fluchten in letzter Minute ist es keine Don-Camillo-und-Peppone-Geschichte, die uns Arne Molfenter und Rüdiger Strempel hier erzählen – für Tausende ging es ums nackte Überleben.

Arne Molfenter, geboren in Leonberg, hat die Deutsche Journalistenschule in München besucht und in München, Berlin und Mailand Politik und Wirtschaftswissenschaften studiert. Er war Redakteur, Reporter und Korrespondent, u. a. für den BBC World Service, die ARD und die ZEIT und arbeitet heute für die Vereinten Nationen in Brüssel und Bonn.

Rüdiger Strempel, geboren in Deggendorf, wuchs in fünf Städten auf vier Kontinenten auf. Er studierte Jura, Germanistik und Kunstgeschichte in Bonn und Speyer und ist seit über einem Jahrzehnt in verschiedenen Funktionen für die Vereinten Nationen tätig. Außerdem arbeitet er als freier Journalist und Übersetzer.

Arne MolfenterRüdiger Strempel

ÜBER DIE WEISSE LINIE

Wie ein Priester über 6000 Menschenvor der Gestapo rettete

eBook 2016

© 2014 DuMont Buchverlag, Köln

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln

Umschlagabbildung: © Getty Images – Chris Ware

eBook-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck

ISBN eBook: 978-3-8321-8823-8

www.dumont-buchverlag.de

»Der Tod ist grausam für die, die ihn fürchten.«Inschrift in einer Gefängniszelle in der Via Tasso, Rom

Vorwort

Mein Onkel, Hugh O’Flaherty, wurde 1898 im County Cork in Irland geboren. Zuerst begann er damit, sich im De La Salle College in Waterford zum Lehrer ausbilden zu lassen. Aber dann entschied er sich, seiner Berufung zum Priestertum zu folgen. Er studierte deshalb bei den Jesuiten in Irland und zog dann weiter ins Kolleg der Glaubenskongregation nach Rom, wo er 1925 zum Priester geweiht wurde. Eigentlich sollte er in Südafrika eingesetzt werden, verblieb aber im diplomatischen Dienst des Vatikans. Er wurde nach Haiti und in andere Länder entsandt, bevor er zum Mitarbeiter des Heiligen Offiziums ernannt wurde.

Mit Ausbruch des Kriegs reiste Monsignore Hugh (wie er nun hieß) in verschiedene Gefangenenlager, verteilte Hilfsgüter und traf Kriegsopfer. Nach der Kapitulation Italiens verließen zahlreiche Wächter die Lager und die Kriegsgefangenen konnten dadurch flüchten.

Während des Krieges bewahrte Monsignore Hugh viele Flüchtlinge davor, von den Besatzungsmächten erneut gefangengenommen zu werden. Er leitete die Organisation, die als »Römische Fluchtlinie« bekannt wurde. Der wichtigste Teil seiner Arbeit war, sichere Verstecke für die Geflohenen zu finden. Er und seine Helfer nutzten Privatwohnungen, Hotelzimmer sowie Klöster und Ordenshäuser, um die Flüchtlinge zu verstecken.

Am Tag, als Rom befreit wurde, hatte die Organisation über 6500 Menschen in ihrer Obhut. Menschen aus vielen Ländern wurde geholfen. Hautfarbe, Glauben oder Nationalität spielten keine Rolle.

Monsignore Hugh bat die Sieger dringend darum, die Rechte der Besiegten zu achten. Herbert Kappler, der bei der deutschen Besatzungszeit in Rom eine wichtige Rolle hatte, bat während seiner Haft darum, den Mann zu sehen, den er verfolgt hatte. Kappler sagte, er habe zwei Bitten: Dass mein Onkel bei seiner Exekution mit dabei sein würde und dass er von ihm katholisch getauft werden wolle. Mein Onkel war gegen einen zu schnellen Übertritt zum katholischen Glauben. Das hätte so aussehen können, als ob er sich hätte anbiedern wollen. Und Kappler wurde nicht – wie er erwartet hatte – exekutiert. Stattdessen saß er eine lange Haftstrafe ab, bevor er nach Deutschland zurückkehrte. Und er wurde zur rechten Zeit getauft.

Ich werde oft gefragt, was Hugh O’Flaherty seine humanitäre Arbeit bedeutet hat. Ich antworte stets, dass er nie in der Vergangenheit verharren wollte. Er war wie der Mann, den der irische Dichter William Butler Yeats »als leidenschaftlich Dienenden« beschrieb. Er war jemand, der es liebte, in seiner Heimat, aber auch in der Welt insgesamt, Fortschritte zu sehen. Als Student habe ich 1955 und 1960 Urlaube mit ihm in Rom verbracht. Er hatte einen Reiseführer über Rom geschrieben mit dem Titel »O Roma Felix«, auf den er sehr stolz war. Es machte ihm große Freude, Besucher durch Rom zu führen.

Monsignore Hugh war ein überzeugter Bewunderer Deutschlands und der Deutschen. Sein ganzes Leben versuchte er, sein Deutsch zu verbessern. Und er besaß eine teutonische Eigenschaft: Er war ein Pedant, wenn es um Pünktlichkeit ging. Es hätte ihn sehr gefreut, dass Europa seit 1945 den Frieden genießen darf. Und dass Deutschland, das von zwei tyrannischen Regimes – dem Nationalsozialismus und dem Kommunismus – so geschunden worden war, jetzt die Menschenrechte und die bürgerliche Freiheiten so sehr hochschätzt und dabei beweist, dass es der Motor der Europäischen Union ist.

Für diese Arbeit möchte ich einen irischen Segenswunsch zitieren: »Beannacht de ar on obair uasal seo!« – »Der Segen Gottes auf diesem edlen Werk!«

Hugh J. O’Flaherty

Hugh J. O’Flaherty war Richter am Verfassungsgericht der Republik Irland und ist der Neffe von Monsignore Hugh O’Flaherty.

Prolog

Rom, März 1944

Zwei Welten, getrennt durch eine weiße Linie. Auf der einen Seite das von den Deutschen besetzte und bedrängte Rom. Auf der anderen der Vatikan, ein unabhängiger Staat in der Stadt, dessen Neutralität die Deutschen zähneknirschend achteten.

Der Morgen war noch kühl, als eine dunkle Limousine auf das von den Deutschen auf den Boden gepinselte weiße Farbband zurollte, das die beiden Flügel der berühmten Bernini-Kolonnaden am Petersplatz verband und die Grenzlinie zwischen vatikanischem und italienischem Territorium markierte. Unter dem Blick der deutschen Fallschirmjäger, die diese seltsame Grenze bewachten, hielt der Wagen auf römischer Seite und drei Männer stiegen aus: Obersturmbannführer Herbert Kappler, Chef der Gestapo in Rom, und zwei seiner Untergebenen. Die Deutschen lenkten ihren Blick auf die oberste Stufe der mehr als 300 Meter entfernten, sonnenbeschienenen Freitreppe der Basilika. Dort stand, wie es seiner Gewohnheit entsprach, ein hochgewachsener Geistlicher und las in seinem Gebetbuch. Monsignore Hugh O’Flaherty hatte die Deutschen wohl bemerkt und ahnte, dass ihr Besuch ihm galt, doch er ließ sich nichts anmerken. Scheinbar seelenruhig blätterte er in seinem Brevier.

Dabei bestand durchaus Grund zur Beunruhigung. Der irische Priester mit der markanten Erscheinung war Kappler seit langem ein Dorn im Auge, nie aber war es den Deutschen gelungen, ihn zu fassen. Bereits zweimal hatten der Gestapo-Chef und seine Schergen versucht, den Geistlichen aus der Sicherheit des vatikanischen Territoriums in die von den Deutschen kontrollierte italienische Hauptstadt zu locken und dort zu verhaften. Doch jedes Mal hatte O’Flaherty sich ihnen zu entziehen gewusst. Nun war Kappler bereit, einen Schritt weiter zu gehen. Er befahl seinen Männern, sich das Aussehen des Monsignore genau einzuprägen. Am darauffolgenden Sonntag sollten sie sich nach der Messe, getarnt als Besucher des Gottesdienstes, O’Flaherty an seinem üblichen Standort auf der Treppe des Petersdoms nähern, ihn von beiden Seiten packen und über die weiße Linie in eine Seitengasse verschleppen. In typischer Gestapo-Manier sollten sie ihn dort kurz freilassen und mit Schüssen niederstrecken, um anschließend zu behaupten, der Verhaftete sei »auf der Flucht erschossen« worden.

Wie geplant erschienen die beiden Geheimpolizisten am Sonntag in der Messe. In der ersten Seitenkapelle rechts, Michelangelos Pietà vor Augen, stellten sie sich betend und bemühten sich, mit der Menge der Gläubigen zu verschmelzen. Doch sie wurden beobachtet. Vier Schweizergardisten hatten sich an den Portalen der Basilika postiert. Auf den Wink eines kleinen Herrn in Zivil bahnten sie sich einen Weg zu den Deutschen. Mit je einem Gardisten zur Rechten und zur Linken und zwei weiteren im Rücken blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich zu fügen. Unter dem amüsierten Blick O’Flahertys ließen sie sich ohne größeres Aufsehen aus dem Halbdunkel der Basilika ins Licht des Frühlingsmorgens führen. Die Freitreppe hinab ging es zunächst über den Petersplatz. Kapplers Handlanger blieben gelassen, denn sie erwarteten nichts Schlimmeres, als dass die Schweizer sie zur weißen Linie eskortieren und des vatikanischen Staatsgebiets verweisen würden.

Doch es kam anders. Auf einen weiteren Wink des Herrn in Zivil bog der kleine Trupp plötzlich von der Piazza ab. Hilflos sahen die deutschen Wachsoldaten an der Grenzlinie zu, wie ihre Landsleute aus ihrem Blickfeld verschwanden. Die Schweizergardisten eskortierten sie in eine Seitenstraße, die noch auf vatikanischem Gebiet lag. Dort wurden sie von einer Gruppe jugoslawischer Partisanen erwartet, die sie brutal zusammenschlugen, aber am Leben ließen, damit sie Kappler vom kläglichen Scheitern ihres Mordanschlags Bericht erstatten konnten.

Erneut war Monsignore Hugh O’Flaherty den Nachstellungen der Deutschen und dem sicheren Tod entronnen.

Zum Monsignore ernannt: O’Flaherty Anfang der 1930er Jahre

Kapitel 1

Der Eisenfresser

Grupignano/Norditalien, Oktober 1942

Der italienische Oberst sah sie mit einem kühlen Lächeln an. »Im Ersten Weltkrieg ist kein feindlicher Soldat aus Italien geflohen. Und aus meinem Lager wird jetzt auch keiner fliehen.« Er blickte triumphierend in die Runde der Gefangenen. Die meisten Männer, die hier im Lager Nummer 57 nahe der norditalienischen Stadt Grupignano inhaftiert waren, konnten noch immer nicht fassen, was in der Nacht zuvor geschehen war. Der Gefreite Wright, ein Neuseeländer, war tot. Er war erschossen worden, als er nachts versucht hatte, auf die risikoreichste Weise aus dem Lager zu fliehen. Wright hatte allen Mut zusammengenommen und versucht, unter den Stacheldrahtbarrieren hindurchzukriechen. Plötzlich stand er im Licht des Scheinwerferkegels, das von einem der Wachtürme auf ihn fiel, dann folgte ein Schuss. Eine Kugel hatte ihn im Genick getroffen, von hinten und aus sehr kurzer Distanz. Schon nach wenigen Sekunden war seine Flucht zu Ende gewesen.

Vielen gelang die Flucht: Alliierte Kriegsgefangene in Italien

Auch der Oberst war am Morgen nach diesem Fluchtversuch noch immer sichtbar aufgewühlt. Mindestens so sehr wie seine Gefangenen. Die meisten von ihnen waren junge Männer Anfang, Mitte 20, die aus Australien und Neuseeland stammten und im Juli 1942 in der Ersten Schlacht im nordafrikanischen El Alamein gekämpft hatten. Dabei hatten sich deutsche und italienische Truppen auf der einen Seite und Großbritannien und seine Verbündeten auf der anderen Seite gegenübergestanden. Jetzt waren die jungen Soldaten in italienische Gefangenschaft geraten. Ihr einziges Ziel war es, dem Oberst zu zeigen, wie falsch er lag. Sie wollten um jeden Preis aus seinem Lager fliehen. Der Tod von Wright änderte nichts daran– im Gegenteil. Um es zu schaffen, hatten sie in den vergangenen Wochen hart gearbeitet. Sie waren eine Gruppe von 19 australischen und neuseeländischen Soldaten, darunter der Unteroffizier Eric Canning, der als Funker in der australischen Armee gedient hatte und schon bald gefangen genommen worden war.

Das Lager Nummer 57 war nicht sonderlich gut bewacht, und da immer mehr alliierte Soldaten eintrafen, waren die Wachen zunehmend mit den Neuankömmlingen beschäftigt. Canning und seine Kameraden waren zusammen in einer Baracke untergebracht. Noch hatten sie das Glück, dass die angrenzenden Baracken nicht mit Kriegsgefangenen belegt waren. Es galt, keine Zeit zu verlieren, wenn ihr Plan noch gelingen sollte. Und der war zwar einfach, aber mit viel Arbeit verbunden. Die Soldaten gruben vom Inneren ihrer Hütte aus einen Tunnel, der dann unter dem Lagerzaun hindurch in die Freiheit führen sollte. Genau das wollten die Italiener verhindern. Sie hatten die Baracken auf einem Betonfundament errichtet und darauf einen Holzfußboden verlegt, damit sie von Zeit zu Zeit die Dielen lockern und den Boden darunter überprüfen konnten. Doch es gab nur sehr selten Kontrollen. Nachdem sie das Betonfundament durchbrochen hatten, konnten Canning und seine Kameraden den Erdaushub in genau diesen Hohlräumen zwischen Holzboden und Betonfundament lagern. In ihrer Baracke und vor allem in den anliegenden, leeren Baracken.

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