Über Stunden - Elisa Aseva - E-Book

Über Stunden E-Book

Elisa Aseva

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Beschreibung

Sie war zu Gast beim Internationalen Literaturfestival Berlin 2020, ehe überhaupt ein Buch von ihr erschienen ist. Als Vertreterin der neuesten digitalen Literaturen hat sie eine leidenschaftliche Anhängerschaft. »Über Stunden« ist ihr erstes Buch, in dem ihr Schreiben in allen Aggregatzuständen in Erscheinung tritt – für die Autorin ein wagemutiges Übersetzen ins Analoge, für den Analog - leser ein großes Glück. in den menschen liegt ein ausland. + wer weiß. vielleicht grenzen wir mal aneinander. geht man mit 1 kind an der hand durch 1 dunklen wald wird man größer ruhiger stärker weil die ganze angst nun beim kind ist - das ist das talent der kinder »Wer Elisa Asevas Texten folgt, bekommt es mit der Unbequemlichkeit des Hier & Jetzt zu tun. Kühl wirken ihre Sätze oft – und doch glimmt in ihnen eine Glut, von der man mehr, mehr, mehr lesen will.« Katja Kullmann »Elisa Aseva liest sich wie Worte an den Wänden. Ganz selbstverständlich«, so beschreibt es das Internetmagazin 54books. Ihre Gedichte werden vertont und auf Twitter in Bots verwandelt. Ihre Poesie ist unmittelbar, ihre Statements zeigen klare Kante und gerät sie ins Erzählen, endet es viel zu früh. »Über Stunden« ist die fein komponierte Sammlung ihrer besten Posts, denen man sich überlassen kann, um ihnen über Tage nachzuhängen. Vielleicht länger.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 182

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ELISAASEVAÜBERSTUNDEN

POSTS

Weissbooks Verlagsgesellschaft mbH

Winsstr. 27

10405 Berlin

Telefon: (030) 62930450

Berlin 2021

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Johannes Schroth, Newskooldisplay, Berlin

Gestaltung und Satz: Harald Hohberger Grafikdesign, Berlin

eISBN 978-3-86337-187-6

www.weissbooks.de

[email protected]

life is demanding without understanding i saw the sign

Inhalt

Über Stunden

Die Autorin

20//12//2017 – 21:34 von fischen im eis träumte ich letzte nacht. zwei waren es, von orange schillernder farbe, tot waren sie nicht, nur in einem moment festgehalten, der nicht mehr verging. aus der unteren ecke des eisquaders ragte des einen schwanzflosse heraus. unter der flosse eine kleine, sich gleichmäßig in meine richtung ausweitende pfütze. ich wusste nichts anderes zu tun als zu warten, bis alles eis geschmolzen war

23//02//2018 – 12:45 „Die Essener Tafel, die Lebensmittel an Bedürftige verteilt, nimmt derzeit nur noch Deutsche als Neukunden auf. Der Verein habe sich dazu gezwungen gesehen, weil Flüchtlinge und Zuwanderer zwischenzeitlich 75 Prozent der insgesamt 6000 Nutzer ausmachten, erklärt der Vorsitzende Jörg Sartor. ‘Wir wollen, dass auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt.’“

ich stelle mir sarrazin 2018 als zufriedenen menschen am frühstückstisch vor, kaffee schlürfend, ein ei aufschlagend, zeitung lesend

25//02//2018 – 18:28 vögel ey. man kann nicht darauf hoffen, dass sich etwas von der anmut ihres flugs, der gewissheit ihrer bewegung + der leichtigkeit ihres daobenseins in uns wiederfände. dafür wackeln wir immerhin nicht ständig mit dem kopf

19//03//2018 – 12:01 lost my glasses in marseille found new ones in istanbul

11//04//2018 – 16:24 eine stadt ohne bajajs, ein himmel ohne sterne

12//04//2018 – 18:56 ein vorteil, wenn man nur alle 10 jahre aufräumt – ein schöner fund nach dem anderen

21//04//2018 – 12:20tezeta

das ghion ist eine der größeren hotelanlagen in addis abeba. nicht unbedingt die erste wahl für westerner um firstworldkomfort zu genießen, doch ein bekannter und traditionsreicher ort in addis.

die märchenhaften parkanlagen, der altmodische vergnügungspark, die ausgedehnten hotelterassen, der blaue, blaue swimmingpool – alles hier erzählt vom glanz vergangener tage und den vergessenen träumen eines anderen afrikas (die allerdings den westlichen gewändern nie ganz entwachsen durften). tezeta, der amharische ausdruck für eine gewisse nostalgische sehnsucht, ein wehmütig gefärbtes verlangen, bedarf bei einem besuch des ghions keiner erklärung – sie lebt hier in jeder windbewegung, jedem schattenspiel und natürlich dem glitzern der wasserbecken.

auch der ethiojazz hat auf dem areal wieder ein zuhause gefunden, seit mulatu astatke dem „african jazz village“ 2013 zur wiedereröffnung verholfen hat. die bar stand in den späten 60ern + frühen 70ern für die hippe jazzavantgarde addis abebas.

ich habe in addis irgendwie nicht so viele fotos gemacht wie üblich, war eher mit anderem aufnehmen beschäftigt + hatte vielleicht auch skrupel, auf alles bzw jede draufzuhalten.

die für mich interessanten sachen waren ohnehin oft gar nicht visueller natur.

im ghion hotel aber konnte ich gar nicht mehr aufhören. als müsste ich es festhalten, sonst würde es verwehen oder was. ein ort wie zuckerwatte

22//04//2018 – 15:37 neuköllner farbpalette: die designer haben sich in dieser saison von luftiger eiscrème + den neuen flüchtigen beziehungsformen inspirieren lassen (frühjahrskollektion 2018 rathaus nk)

04//05//2018 – 11:53 an unserem letzten tag waren wir zu einem größeren essen bei sehr freundlichen verwandten geladen, die dem muslimischen teil unserer familie angehören (die religiöse zugehörigkeit war eigentlich nie zu erkennen, wurde aber immer explizit genannt, wenn gerade von irgendjemandem die rede war. als würde diese bedeutsamkeit mit einem mal den nebel über dem ansonsten verhangenen gesamtzusammenhang lichten). wir verließen die feier ein wenig früher, um noch ein paar stunden durch die stadt zu treiben, letzte avocado juices und so weiter. gegen abend bat ich meinen halbbruder, uns vorbei an den botschaften, der universität von sidist kilo und dem shiro meda market, aus der stadt hinaus zu fahren. hoch auf den mount entoto, um genau zu sein, 3200 m über dem meeresspiegel. bei unserer ankunft setzte die dämmerung ein, die betenden um die beta maryam zündeten diese dünnen kerzenstifte und auch den weihrauch an. dessen geruch mischte sich mit dem duft der eukalyptusbäume. niemand sprach. mein bruder erklärte uns, die betenden seien pilger, die zur heilung ihrer krankheiten hierher gereist seien, manche würden die ganze nacht hier wachen. tatsächlich wurden wir nun erst der buden gewahr, die die dorfplatzartige fläche vor dem eingang zum kirchhof säumten und dort devotionalien und eben jene kerzen und weihrauch anboten. eine frau löste sich aus der gruppe der betenden und sprach uns an. sie bete hier aus dankbarkeit zur gottesmutter, sie sei viele jahre krank gewesen, ihre augen hätten die farbe von trübem schmutzwasser gehabt. etwas gefräßiges hätte sich damals in ihrem bauch eingenistet, sie fürchtete, daran sterben zu müssen. deshalb sei sie jeden tag hergekommen, auch viele nächte hätte sie hier verbracht. bis der tod endlich ihren körper verlassen hätte, und zwar in gestalt von tieren. eidechsen, schlangen, würmer und kröten kamen mehrere tage lang beim wasserlassen mit, begleitet von hohem fieber. dann seien ihre augen wieder hell geworden, und 1 jahr später durfte sie eine gesunde tochter gebären. in diesem moment winkte sie ein mädchen herbei, vielleicht zehn oder elf jahre alt. an jedem wochenende und allen feiertagen begleitete sie ihre mutter, um zur heiligen maria zu beten. sie, der gottesbeweis, gab mir, fidél und meinem halbbruder der reihe nach und mit großer selbstverständlichkeit die hand. schon während des gesprächs fragte ich mich, ob bzw wann das gespräch die wendung zur bitte um eine spende nehmen würde. aber das geschah nicht, es blieb bei der nachdrücklichen bitte, die heilige mutter für ihre wundertätigkeit zu ehren. wir blieben noch einige minuten vor der kirche, zwischen den betenden. dann liefen wir den hügel hinab, dorthin, wo das auto parkte, und schauten noch einmal über die stadt, deren lichter nun im abendhimmel glitzerten. wind ließ die bäume rauschen und schien zu versprechen, die frohe kunde ihres duftes in die welt zu tragen, weit weit hinaus, überallhin

04//05//2018 – 22:52 demokratieextremismus der mitte

07//05//2018 – 09:37 Boris Palmer, du bist evtl mein lieblingstrottel?

16//05//2018 – 16:59 stichwort strichcode-verschwörung – unterschätze ich stets das real existierende psychosenlevel?

25//05//2018 – 18:00 jetzt also so enddreißiger sachen. kaffee ohne koffein, genuss ohne aufregung, küssen ohne fummeln, kino ohne gewalt und zigaretten nur am abend. na vielleicht trink ich ein glas portwein, später

13//06//2018 – 19:06 kinder. halten die fackel des chaosprinzips hoch, essen reichlich und ausgewählt (nix grünes!), und ihre blicke treffen den schmelzpunkt eines elternherzes recht exakt. mit zunehmendem alter allerdings öffnen sie türen zu welten, die durch die kläranlagen deines bewusstseins längst in tiefliegende verdrängungsablagen sortiert wurden. und so, eines sommertages, findest du dich auf einer holzbank des sportzentrums hansastraße weissensee wieder in der hoffnung, es sei bitte dieser andere junge da im ring, der lädierter aus der sache herauskäme. durch ein gekipptes fenster weht autoradiosound in die halle, it’s a cruel cruel summer

03//07//2018 – 16:06 küsse. fest und weich und gleich wieder vorbei, wie erdbeeren. immer schön, aber schöner noch im sommer.

ich weiß das. und weil ich gar nicht so viel gelegenheit und stimmung zu diesen sommerküssen habe, bin ich glücklich, wenn sie mal angeflogen kommen. wie am sonntag auf einer kleinen neuköllner wiese neben dem flaniergebiet am karlmarx-platz.

nun bin ich aber das erste mal dabei ermahnt worden. von einer gestrengen vielleicht elfjährigen, die aus sicherer entfernung doch mit fester stimme zu uns herüber ruft: das ist ekelhaft, was sie da machen. ich muss gleich kotzen. haha die wiese verstummt, all eyes on us. selbst die sich ausnüchternde frau unterm bäumchen scheint zu erwachen. wir küssen aus lauter verlegenheit erst mal weiter. machen sie das zuhause, solche dreckigen sachen. hören sie sofort auf. nun mucken unsere wiesennachbarn langsam auf. sie sehen das alte berliner gleichgültigkeitsgesetz verletzt, es soll trotz zeitenwandelpipapo seine gültigkeit behalten. ein mann, der bis eben noch geduldig mit seiner enkelin gespielt hat, schaut mit einem mal ganz wild aus seinem wütendroten kopf heraus. schariapolizei, ruft er in richtung der fast kotzenden elfjährigen. und zu uns: von den eltern geschickt. solche zustände haben wir hier jetzt.

das mädchen beachtet ihn eh nicht. zu sehr ist sie mit dem aufsagen ihres textes beschäftigt. insgeheim bereitet sie aber (ich merke das!) bereits ihren abgang vor. sie sind so ekelhaft, echt. ich will so was nicht sehen müssen, wir sind ja noch kinder. das war’s dann. sie läuft nun zu ihrer freundin und zischt: du hast doch gesagt, ich soll hingehen, mann. der großvater rollt kopfschüttelnd die decke ein, seine enkelin schenkt uns das letzte melonenstück, und die trinkerin hat schon lange das feld geräumt

31//07//2018 – 13:25 frauen, so sagen wir es untereinander, so lautet die gesellschaftliche empfehlung, so lehren wir es unseren töchtern, sollen sich wehren. sie sollen nicht mehr hinnehmen, was ihnen an verächtlichkeit und aggression entgegengebracht wird. aber halten wir den mund, laufen mit versteinerten gesichtern durch die über uns ausgeschüttete gülle, weil wir keinen mut und kampfgeist besitzen? es ist einfach nur die sehr realistische einschätzung, dass da gewalt lauert, die darauf hofft, entfesselt zu werden. nicht selten, nicht als schockierende ausnahme, für jede zu anderen bedingungen, aber als einzelne nicht zu bewältigen. die in dunklen ecken masturbierenden typen aus teenagertagen, die eine verfolgungsjagd (eine von unzähligen), die in der u-bahn begann und unter beschimpfungen durch das halbe viertel führte, eine situation in einer telefonzelle, in die ein vollgedröhnter typ sich eintritt verschaffte, hunderte nächtliche begegnungen und drohungen haben mich gelehrt – die selbstbehauptung, der widerspruch kann dich einiges kosten, im zweifelsfall alles. und im wahrscheinlichen fall lässt die angst vor einer verwicklung in eine unklare, gefährliche situation menschen daneben stehen, weitergehen oder schlicht keine notiz nehmen. ich zolle allen freundinnen, die sich zur wehr gesetzt und dafür eingesteckt haben, großen respekt. allen, die geschaut haben, dass sie aus der situation herauskommen, ebenso

03//08//2018 – 11:04 die hitze verändert die stimmung schon sehr, nicht? die nächte sind nun seltsam ruhig und träge und überhaupt von veränderter schwerkraft, als würde man sich durch honig bewegen. und weil der regen nicht kommen mag, gibt es diese jähen entladungen von leidenschaft, euphorie oder zorn. letztens auf der jannowitzbrücke die szene eines jungen paares zwischen den dahingleitenden nachtschwärmern. sie aufgebracht – alter, was kommst du mit liebe, was denkst du dir eigentlich? ich könnte irgendsoeine scheißinfluencerin sein OKAY?!? einen augenblick stehen sie nur so da, wie in einem aufdringlichen theatermoment, dann fallen sie sich in die arme und mischen schweiß mit tränen

05//08//2018 – 12:29 der beste tag!

07//08//2018 – 22:24 schleppe schweren einkauf durch den hitzehipsterkiez, dann dabei, die haustür aufzuschließen. da, unerwartet, von hinten: „hello?“ sonnenverbrannter typ (also wirklich zahnfleischrot) zu mir „can i ask you sth?“ „well, depends“

„are you from brazil?“

ich überschlage rasch den zu erwartenden zeitaufwand der antwortoptionen + entscheide mich für die zweitkürzeste „no“ „where are you from then? i’m from italy“

warum antworte ich überhaupt mit den schweren taschen vor meiner haustür usw?

naja. weil ich eine höfliche person bin + leuten gerne aus ihren projektionen heraushelfe

„from africa :) ethiopia“

„wonderful! very proud people. you know we’ve been there“

„um i know“

„so we share a common history! let’s meet and connect through that“

ich muss lachen + er lacht einfach auch wegen connection + so

10//08//2018 – 15:46 ist vielleicht auch einfach so, dass sich für uns, die unterwegs zur welt kamen, im unterwegssein auch am ehesten ein zuhause finden lässt

22//08//2018 – 22:24 nach diesem leben werde ich disney prinzessin. oder fossile energie

24//08//2018 – 11:27 hab das wort hippie nie anders als verächtlich ausgesprochen. mag viele sachen nicht, die hippiesk sind: dümmliche konsumkritik, die fusion, überzogene fokussierung des selbst in wirklich allen dingen (hab eine depression entwickelt, das leid der flüchtlinge ist einfach zu viel für mich blabla). und menschen, die sich gar selbst so bezeichnen, man möchte sie lieber nicht kennen … anyway. mein bild ändert sich, seitdem ein italo-hippie nebenan eingezogen ist und zwischen thirdwavecoffeespots, martensteins + özdemirs und tourirestos erst einen bambuswald errichtet hat und meine straße nun nach und nach in einen garten eden verwandelt. gestern stand er mit zwei nachbarn in den beeten, und sie haben barfuß gegossen und ausgesät. nur eine frage der zeit, bis hier alle opium rauchen und kopulieren

27//08//2018 – 19:16 letztens traf ich bekannte – ich auf dem weg zur arbeit, sie beim morgendlichen spaziergang am ufer entlang.

weil wochenende. weil jahrhundertsommer. gleich noch über den flohmarkt schlendern. danach kokos-minz-himbeer-pancakes in dem neuen vietnamesischen frühstücksladen. dann die wohnung am böhmischen platz (!) renovieren, da ist noch so altes parkett drin, so aufwendig, ein kreuz. häh, wie habt ihr denn da ne wohnung gefunden? ach x wohnt da schon ganz lange, war mal ne 5erWG (stimmt, war immer schön viel absturz + gefummel bei deren parties), aber so nach und nach … seit kurzem wohnt jetzt die y da. und weil ja nun doch was neues beginnt … (sie schenken sich langen tiefen blick) kind unterwegs? frage ich. quatsch nein! sie haben aber beschlossen, es zu wagen, jetzt auch mal zusammen an projekten zu arbeiten. es gibt da schon so eine geschichte mit einem experimentellen kulturfestival in lagos, da fliegen sie nächste woche zur vorbereitung hin, müssen bis dahin auch richtig ranklotzen. danach würden sie aber nochmal richtig urlaub machen, um zur ruhe zu kommen. es gibt da so eine thailändische insel, ganz abgeschieden und überhaupt nicht touristisch. sie bräuchten das nun einfach, nach den ganzen verausgabungen im vergangenen jahr. (der kolumbientrip im frühjahr war wohl auch megaverausgabend.) und du so? jaja ganz okay, ich muss jetzt leider schnell los, bin spät dran. beim nächsten mal dann. CIAOOOO.

früher fand ich so neidhammelfiguren wie mich traurig. aber früher hatte ich auch von vielen anderen dingen keine ahnung. powercouples finden sich zusammen wie sternenstaub, leuchten auf und scheinen alles zu überstrahlen. gleißendes licht, das zum sichabwenden zwingt. dann irgendwann, eine unerwartete kollision, der einschlag von meteoriten. wir werden zu zeugen des zusammenbruchs zweier systeme, einer galaxie. am ende regnet es asche, viele ewigkeiten lang. und die tiefe schadenfreude dann ist viel niedriger als das bisschen neidige verachtung jetzt. gönn dir

29//08//2018 – 00:05 seit es online dating gibt, lernt sich das viertel noch mal besser kennen. im neuen biosupermarkt zwischen sellerie + verschiedenfarbigen rettichen: sieh an, das ist doch der typ, der auf rimming und kuscheln steht, NIEMALS ist der erst 39. oder an der bushaltestelle: ah, das creepy couple, das eine zum vögeln + zum in-den-zoo-gehen sucht, jetzt tun sie hier so verliebt. was, zwinkert die mir etwa zu? ich lauf lieber

30//08//2018 – 21:54 vormittags kintopp, wie liebe am nachmittag. eher selten, etwas eilig + anschließend geht man als glückliche fremde durch den tag

02//09//2018 – 11:56 was ist eigentlich für die lebensabschnitte nach berufsfindung + kinderkriegen vorgesehen?

ja ich weiß, die leute mit „ersparnissen“ reisen, und wir andern entwickeln interessante krankheiten, mais sérieusement, déjà maintenant?

04//09//2018 – 00:50

04//09//2018 – 16:50 boddinstraße, 00:45 uhr.

uneinschätzbare crew von drei typen zieht an auf bank sitzender junkiecrew vorbei.

o bruder, dein gesicht hat gefehlt, wo warst du bruder? im dunkeln bruder. kein licht, nur hoffnung bruder, seit halbem jahr draußen bruder bleib stabil bruder. wir brauchen dich hier

(das mit den wiederholungen gefällt mir auch)

10//09//2018 – 14:59 ein erster traum, in dem die digitalwelt eine rolle spielte. wurde einer chatgruppe hinzugefügt, die aus anderen gruppen amalgamiert ist, eine art supergroup. gruppenthema war der austausch von musikplaylists, aber dazu kam es gar nicht, weil wir uns in endlosen chatpläuschen ergingen. irgendwann wurde zur aufnahme– und teilnahmebedingung gemacht, dass alle mitgliederinnen kleine, stimmungsreiche imagefilme einstellen sollten, welche aufschluss über wichtige biografische stationen zuließen, aber auch die persönlichkeitsfarben der einzelnen zum ausdruck brächten. diese schnellgeschnittenen filmchen funktionierten dann genau wie die bildabfolge, die sich bei dem autounfall 1995 in meinem kopf abspulte, während wir die böschung herunterrasten und uns mehrmals überschlugen. ich hatte damals für anderthalb tage keine erinnerung an die jüngste vergangenheit, nur diesen letzten bildertunnel und später die sanfte ruhe des dampfenden morgenwaldes beim erwachen aus der ohnmacht. in der chatgruppe war es aber laut + alle sprachen wild durcheinander. man hätte eine machete gebraucht um, sich noch zurechtzufinden. ich bin dann aufgewacht

13//09//2018 – 00:20

nachtschicht im sehnsuchtskino des stundenhotels

13//09//2018 – 14:50 was ja nun doch anders ist als in den neunzigern – als meine verwandten damals besorgt anriefen, ob wir nicht doch nochmal weiterwandern wollten sollten müssten, wenn die wiedervereinten deutschen so offenkundig zu mordlust neigten, da standen die fragen des wie (ohne europäischen passbesitz, ohne finanzmittel, ohne behandlung der tuberkulose meiner momma) im vordergrund – das wohin wurde gar nicht diskutiert. in die USA, where else. keine ahnung, wie die frage nach einem escape place heute zu beantworten wäre, und natürlich weiß ich auch, fluchtrouten werden mit dem stift der notwendigkeit gezeichnet. kommt mir aber vor, es würde helfen gegen aufsteigende unruhe, so ein ass im ärmel. mehr wie ein talisman – das wissen um einen ort, an dem es anders sein wird.

kann sein, er lag schon immer in der zukunft, ich möcht ihn nur gern etwas näher haben

16//09//2018 – 11:28 wohin? zu den deutschen!

hab nun urlaub, doch mein geld reicht nicht zu großen farben + strandpromenaden + anhaltendem sommer. was tun, in deutschland urlauben?

das hab ich (bis auf ein paar heimliche amrumfahrten) noch nie gemacht. wer weiß, vielleicht gibt’s was rauszufinden in rothenburg ob der tauber, saubach oder worpswede.

17//09//2018 – 18:13 ob das in anderen städten auch so ist? es lässt sich durch keinen berliner innenstadtpark mehr wandeln, ohne mindestens einem bondage workshop zu begegnen. nichts gegen eure kinks. aber wenn sie so als das neuere hacky sack daherkommen, wie soll man da nicht shamen?

20//09//2018 – 14:01 „die ist etwas too much“ – eigentlich immer ein hinweis auf eine ganz fantastische persönlichkeit

22//09//2018 – 16:00 da in dem kinderheim, in dem ich zeitweise aufwuchs, sich kinder + jugendliche aller altersklassen 1 fernseher teilen mussten, kam ich bereits in jungen jahren in kontakt mit interessantem, überforderndem kram. der erste ordentlich dosierte angst- + lust-cocktail dann im alter von sieben, gereicht durch die deutsche erstausstrahlung der trilogie um die dreibeinigen herrscher. hat instantgekickt.

verstehen konnte ich daran nichts, erreicht hat mich alles. die dystopisch entsättigte welt, die paranoia, das widerstandspathos, und überall – angst angst angst.

paar jahre später las ich die buchreihe von john christophers, und die war noch etwas geiler.

alle kinderteenies sollten sie irgendwann geschenkt bekommen + sich davon in eine gute richtung hin verstören lassen

tripods

23//09//2018 – 21:45 „kondome spirale linksradikale“ öhm… na gut, wenn’s gegen die fundis geht

23//09//2018 – 22:06 steigende wan tan

pfeifender samowar

futon der wetter

leuchten kann

so heilt

fast jeden jänner

die seele

im hamam

26//09//2018 – 19:00 verwirrend die post-subculture-gegenwart – hipster sehen aus wie antifas, nazis wie wavepunks, antifas wie nazis, rnb queens wie goths und radical fems wie ulf poschardt.

nur ich immer mehr wie meine mutter

27//09//2018 – 09:07 nicht direkt ein kinderbuch. tief beeindruckt hat mich das chinesische märchen vom umsichtigen und listigen affenkönig sun wu-kung dennoch.

mega kurze zusammenfassung – sun wu-kung ist mit recht unbedarften mönchen unterwegs, die buddhas schriften nach china liefern sollen. der affenkönig warnt vor allgegenwärtigen dämonen, wird dafür von den mitreisenden augenrollend als dauerstörenfried ertragen + manchmal auch getadelt. am ende kommt’s natürlich dick + er muss alle raushauen.

man könnte das als metapher für jede menge kram bemühen (wehret den anfängen! usw) aber die eigentliche moral liegt wohl in den fantasieanregenden battleszenen. kinder können hier was über die schönheit des kampfes und die dummheit bürgerlicher verblendung lernen.

empfehlung :)

29//09//2018 – 08:20 zu spät kommen ist mehr als nur hobby. zu spät kommen ist kink, ist dopamindusche. vergrätzte freundinnen, schäumende kollegen, mordlüsternes flughafenpersonal oh the intensity

30//09//2018 – 18:44 neidig sein, es kommt vor. zum beispiel auf die wundersame fähigkeit einiger leute, sich zu jeder zeit und an jedem ort in tiefen erholsamen schlaf fallen zu lassen. clubecke, audimax, kaufhaustoilette – egal. so mühelos und doch der schlüssel zu großem glück. mein körper kämpft immer + immer noch gegen schlaf. wie bei einer fünfjährigen, die nichts verpassen will von wundern, die die ablaufende zeit mit sich bringt. dabei ist schlafen en fin das eigentliche paradies – gut eingerichtet, dass ganz am ende eine unendliche menge davon auf uns wartet

04//10//2018 – 23:33 wenn dich jemand fragt, was deine lieblingsfarbe sei + du gerade nicht so in der stimmung für unlustigen quatsch bist + und er anhebt über die soziale kulturelle historische pipapodimension von farben zu referieren aber gleich wieder aufgibt, weil sackgasse irgendwie + stattdessen von der kindheit in süddeutschland erzählt, wo sie ein liebstes spiel hatten, das mit dem schwarzen mann + wie schlimm das alles war + immer noch sei, weil die leute heute ja dieselbe angst hätten vor dieser farbe, dieser hautfarbe + die kinder spielten das ja heute noch, riefen ungebrochen in ihren alemannischen oder schwäbischen waschungen „wer hat angst vom schwarzen mann“ + überhaupt deutschland, als schwarze person bestimmt schlimm + du kurz darauf hinweist, dass dieses gespräch nun langsam mal gewendet gehört (wie war nochmal die frage, lieblingsfarbe hm ok latzhosenlila) + er nun seine ganze schuld erkennt (ja klar sorry ich fühle mich so dumm, was hab ich getan entschuldige bitte, gerade als weißer oder als deutscher …) + es dann noch etwas weiter in diese richtung spaziert, dann fragst du dich, warum er auf keiner getränkekarte dieser stadt zu finden ist, der wunderbar klare themenwechsel auf eis

05//10//2018 – 09:19 alljährliche romantik des untergangs, letztes aufleuchten vorm großen schnitter. der herbstlichen nazischwere lässt sich am besten mit zombie splatter + natürlich vampirstreifen begegnen

06//10//2018 – 15:22 sorry, aber ich habe die flussauf flussab klügsten muskulösesten kicherndsten mutigsten liebevollsten + (wermutstropfen) trinkfestesten freundinnen ÜBERHAUPT

07//10//2018 – 20:57 aufstehen? wir sollten jetzt diese andere sammlungsbewegung an den start bringen.

eine in jeglicher hinsicht richtige + wichtige, tatsächlich einigende, bessere. ein zeichen der gesellschaftlichen versöhnung setzen, den neubeginn wagen. achtung, geht gleich los.

ach + bleibt bitte sitzen oder liegen wherever you are. ihr müsst nichts tun als eure eltern, bullies, exen + all die leute, die euch mal auf irgendeinem plenum argumentativ zusammengekloppt haben, markieren

#schwammdrüber

11//10//2018 – 17:39