Um den Finger gewickelt - Edi Finger - E-Book

Um den Finger gewickelt E-Book

Edi Finger

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Beschreibung

Der Sport von seiner lustigsten Seite Lesen Sie hier, was Edi Finger bisher nur im engen Freundeskreis zum Besten gegeben hat: Wie er an Hermann Maiers Hometrainer kläglich scheiterte. Oder wie er von Annemarie Moser-Pröll unter den Tisch getrunken wurde. Oder wie er sich wunderte, dass er für Niki Laudas Kaffee zahlen musste. Edi Finger, der mit acht Jahren Schauspieler werden wollte und, nachdem er von einem Affen zum Affen gemacht wurde, noch am selben Tag entschied, Sportreporter zu werden, blickt auf eine lange Karriere mit zahllosen bemerkenswerten und lustigen Erlebnissen mit den Größen aus Sport und aus dem öffentlichen Leben zurück. Co-Autor Claus Schönhofer, der nach vier Anekdotenbüchern über das Treiben hinter den Kulissen von Sport und Fernsehen dachte, alles schon gehört zu haben, kam beim Niederschreiben von Edis Erzählungen aus dem Staunen und Wundern nicht heraus. "Edi hat sie alle Um den Finger gewickelt! Sonst wäre er wohl der Prominenz nie so nahe gekommen, um all diese Geschichten miterleben zu können."

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Edi Finger jun.

Um den Finger gewickelt

Für meine neue Liebe

Edi Finger jun.

Um denFingergewickelt

Sport- undandere Anekdoten

Aufgezeichnet von Claus Schönhofer

Mit 50 Abbildungen

Bildnachweis:

EXPA/picturedesk.com (S. 21), Linacero/dpa/picturedesk.com (S. 27), SZ Photo/SZ-Photo/picturedesk.com (S. 29), dpa/picturedesk.com (S. 40), Claudio Onorati/EPA/picturedesk.com (S. 41), ullstein bild – Horstmüller/Ullstein Bild/picturedesk.com (S. 47), First Look/picturedesk.com (S. 65, 160), Stephan Jansen/EPA/picturedesk.com (S. 69), ullstein – Werek/Ullstein Bild/picturedesk.com (S. 71), Eddy Risch/EPA/picturedesk.com (S. 75), picturedesk.com (S. 79), Klaus Titzer/APA-Archiv/picturedesk.com (S. 83), ÖNB-Bildarchiv/picturedesk.com (S. 95), Starpix/picturedesk.com (S. 107), Hans Klaus Techt/APA/picturedesk.com (S. 112), JEAN-LOUP GAUTREAU/AFP/picturedesk.com (S. 130), Anonym/Imagno/picturedesk.com (S. 139), Oliver Multhaup/EPA/picturedesk.com (S. 147), A3900 Jan Woitas/dpa/picturedesk.com (S. 185), Andreas Tischler (S. 202), Ali Schafler/First Look/picturedesk.com (S. 213), Privatarchiv Edi Finger jun.

Es wurden alle Bildrechte abgeklärt. Konnten die Rechteinhaber der verwendeten Bilder nicht ausfindig gemacht werden bitten wir Sie bestehende Ansprüche dem Verlag zu melden.

Besuchen Sie uns im Internet unter: www.amalthea.at

© 2013 by Amalthea Signum Verlag, WienAlle Rechte vorbehaltenUmschlaggestaltung: Silvia Wahrstätter, www.vielseitig.co.atUmschlagmotiv: Ali Schafler/First Look/picturedesk.comSatz: VerlagsService Dr. Helmut Neuberger& Karl Schaumann GmbH, HeimstettenGesetzt aus der 10,5/15 pt CambriaPrinted in the EUISBN 978-3-85002-850-9eISBN 978-3-902862-77-8

Inhalt

Die Erinnerung ist ein Hund

Früher war alles besser

Wie mich ein Affe zum Reporter machte

Film und Fußball

»Das Runde muss ins Eckige«

Angst vorm Fußball

2 Krücken gegen 8000 – Das Wunder von Eisenstadt

Die Todesangst von San Siro

Zickenkrieg in Spanien

Alkohol am Ball

Trafuril für Neulinge

Der vergessene Sohn

Erinnerungen an die Pfarrwiese und Einschüchterungsversuche

Der 12. Mann

Der Kamm-Schmäh

Heimschicken oder Siegen

Wovor der Torwart wirklich Angst hat

Aschyl Happel

Elegante Gärtner

Der Assistent

Schmäh im Schnee

Ellenbogen auf Eis

Der schlaue Wolf vom Arlberg

Wie einbetoniert

Das sind Viecher

Prost und Sieg

Ein Scheiß-Rennen

So geht das nicht!

Langer Bremsweg

Mein schwärzester Tag

Jede Menge Sport

American Football auf Wienerisch

Die Rache des Zehnkämpfers

Druck auf die Blase

Das doppelte Talent

Kurz & bündig und kurz & klein

K. o. durch Streicheln

Ärgere einen Boxer nie zum Scherz, sonst fühlst nur du den Schmerz

Der Box-Tanz

Schade um …

Fremde Länder, fremde Sitten …

Menschen im Hotel

Skandale und andere Aufreger

Was sonst noch so in Nagano passierte

Finger’sche Sprachverwirrung

Mein Flämisch ist perfekt

9-sprachig

»Servus Arschloch«

Wo ist der Dialekt?

Edi on air

Damals im Winter

Die Angst vor dem Puck

Mit Wurz im Kukuruz

Sportler als Musiker

Adi an Adi

Unwahr hält am längsten

Formel Edi

Als der Papa narrisch wurde

Dr. Kurt Jeschko und der Piccadilly Circus

Der lustige Pharisäer

Meine Erfahrungen mit dem Geheimdienst

Junior im Seniorenclub

Vier gegen Willi

Schifoan in London

Die Kantine

We are young, strong and healthy

Miss Radio

Der Aufstieg zum Schnorrerkönig

Spiel, Spaß und Champagner

Kart-Champions-Trophy

Weltcup in Wien

Una notte sportiva – e magica

Hollywood in Vienna

Edi Inside

Junior für immer

Dancing Star jun.

Geben und Nehmen

Neue Liebe, neues Leben

DIE BESTEN ZUM SCHLUSS

Meine persönliche Liste der besten Sportler aller Zeiten

Personenregister

Die Erinnerung ist ein Hund

Die Erinnerung ist ein Hund. Sie begleitet einen zwar treu durchs Leben, ist aber unfolgsam. Doch kann man seinem Hund böse sein, wenn er einen mit treuherzigen Augen anschaut? So kann man auch seinem Gedächtnis nicht böse sein, wenn es einem ab und zu einen Streich spielt.

Wenn ich in diesem Buch einen Namen verwechselt haben sollte, ein Ereignis nicht zu hundert Prozent akkurat dargestellt oder zeitlich nicht richtig eingeordnet habe, dann schauen Sie bitte in die Augen meiner ganz lieb um Verzeihung bittenden Erinnerung.

Herzlichst,

Ihr Edi Finger jun.

Früher war alles besser

Stimmt nicht und stimmt doch. Die Autos früher hatten nur ganz selten eine Klimaanlage oder Servolenkung und haben gesoffen wie eine Horde ausgelassener Fußballfans. Man war nur schwer erreichbar, denn das Viertel-Telefon zu Hause war meist von den anderen Teilnehmern besetzt und in der Hosentasche konnte man es nicht mitnehmen. Die Zigaretten waren schon damals ungesund, auch wenn das noch nicht auf der Packung stand. Der verklärte Blick in die Vergangenheit ist durch die nachlassende Erinnerung oder die Unzufriedenheit über die Gegenwart geschönt.

Aber es stimmt, dass, wenn nicht alles, so doch einiges besser war. Das Verhältnis der Sportreporter zu den Aktiven beispielsweise. Heute werden die Sportler hermetisch abgeschottet. Interviews gibt es fast nur noch bei mit dem Management ausgemachten Terminen. Das erinnert an die Zeiten des Eisernen Vorhangs, wo die Athleten auf Schritt und Tritt und Wort für Wort vom KGB überwacht wurden!

Vor 20, 30 oder 40 Jahren konnte man noch durch die Boxengasse der Formel 1 wandern und mit den Piloten gemütlich plaudern. Man versuche sich nur vorzustellen, mit Michael Schumacher oder Sebastian Vettel auf der Boxenmauer sitzend Schmäh zu führen wie einst mit Jochen Rindt und Niki Lauda. Heute braucht man für jeden Meter in den Formel-1-Kulissen einen eigenen Berechtigungsausweis. Wahrscheinlich würde man einen Grand Prix ohne Fernando Alonso starten, nur weil der seine Platzkarte für die Pole Position im Hotel vergessen hat.

In Zeiten, da sich die Fußballer noch nicht hinter Laptops, Tablets oder Smartphones versteckt haben und mit Kopfhörern im Ohr zu echten Autisten mutierten, war die Stimmung viel lockerer und wir konnten den Kickern wirklich nahe sein. 1985, zum Beispiel, habe ich alle Europacupspiele von Rapid unter Trainer Otto Barić übertragen. Ich wohnte stets im selben Hotel wie die Spieler und bin gemeinsam mit ihnen zu den Matches gefahren. So durfte ich im Rapid-Bus miterleben, wie Hans Krankl auf dem Weg zum jeweiligen Stadion »Wir san die Hautevolee und haben den Überschmäh« intonierte. Und alle sangen mit. Der Feurer, der Panenka, der Konsel, der Weber, der Pacult, alle. Und ich. Gut, es klang nicht ganz so rund wie bei Rainhard Fendrich, aber es war immerhin schon zu erkennen, dass Krankl einmal eine Karriere als Musiker machen würde. Krankl hob die Stimmung und nahm damit seinen Teamkollegen die Nervosität. Das war Motivation ohne Facebook und ohne Computerspiele. Nach den Spielen wurde gefeiert. Hemmungslos. Aus Freude über die glorreiche Niederlage in Nantes, die für den Aufstieg gereicht hatte, wurde Otto »Maximale« in vollem Gewand in den Pool geworfen. Würde heute Nationaltrainer Marcel Koller im Wasser landen, marschierte wahrscheinlich die Schweizer Armee ein.

Ich werde auf den folgenden Seiten noch öfter die alte Zeit als die gute hinstellen. Nicht, weil ich schon in Ehren ergraut bin, sondern weil heute leider oft auf den Spaß vergessen wird. Bei aller wirtschaftlichen Bedeutung – Sport ist immer noch Spaß!

Wie mich ein Affe zum Reporter machte

Mit acht wurde ich Schauspieler.

Mit acht entschied ich mich, Reporter zu werden.

Dazwischen lag nur ein Tag.

Es war 1957, da drehte Franz Antel in den Studios am Rosenhügel den Film »Zirkuskinder«, der 1958 unter dem Titel »Solang’ die Sterne glüh’n« in die Kinos kam. Hauptdarstellerin war die leider viel zu früh verstorbene Heidi Brühl.*

Ich, damals acht Jahre alt, war in sie, damals 15, unsterblich verliebt. Man kann sagen, sie war meine erste große Liebe. Natürlich auf platonische Art und Weise. Da kam es zu der glücklichen Fügung, dass mein Vater, der zu dieser Zeit ein berühmter Sportreporter war, eine Gastrolle in dem Film bekam. Da man noch ein »Zirkuskind« zu besetzen hatte, bekam auch ich meine große Chance und die Gelegenheit, »meiner« Heidi ganz nahzukommen. Es sollte ein schwarzer Tag für die Fingers und die Filmbranche werden.

Doch zuerst zu meinem Vater. Er spielte einen Conférencier und musste laut Drehbuch auf der Bühne einen Streit mit Hans Moser um das Mikrofon ausfechten. Das vorgetäuschte Gerangel um das Mikro lief etwas aus dem Ruder – der Hans Moser war ja eher klein und mein Vater mit über eins achtzig und gut 120 Kilo im Vergleich zu ihm ein Koloss –, dabei renkte Edi Finger sen. dem beliebten Volksschauspieler die Schulter aus.

 

»Wir Zirkuskinder« – Hans Moser (ganz li.), danebenHeidi Brühl, Gerhard Riedmann, Edi 2. Reihe rechts

Auftritt Edi Finger jun. Eine meiner Aufgaben als Zirkuskind war, dass ich mit einem Schimpansen in die Manege einlaufen sollte. Der Affe musste dann Saltos schlagen und so weiter. Bei der Probe hat alles super funktioniert. Der Affe hat mich offenbar gern gehabt und ging mit mir an der Hand in die Manege, ist dort herumgehüpft und hat seine Kunststückerln gemacht. Perfekt.

Jetzt konnte gedreht werden. Wir waren alle ein bisschen angespannt, denn alles musste auf Anhieb passen. Das Filmmaterial war teuer und das Budget ließ keine mehrmaligen Wiederholungen der Szenen zu. Der »Unfall« zwischen meinem Vater und Hans Moser hatte schon genug Zeit gekostet. Die Filmcrew war nervös, ich war nervös und offenbar der Affe – von der allgemeinen Nervosität angesteckt – auch.

Alle auf Position. Und Action! Der Affe will nicht gehen. Fünfmal hat er bei der Probe wie selbstverständlich meine Hand genommen und ist mit mir hineinspaziert. Jetzt, beim sechsten Mal, da wo es ernst war, machte er keine Anstalten, sich zu bewegen. Ich, in meiner Panik – ich wollte ja nicht schuld an einer verpatzten Szene sein –, zog mit aller Kraft an seinem Arm. Völlig sinnlos. Ein kleiner Bub hat gegen einen Schimpansen keine Chance. Noch einmal versuchte ich den störrischen Kerl am Arm mitzureißen. Das wurde ihm zu blöd und er biss mich in die Hand. Na, grüß Gott! Wie der Biss von einem Schäferhund!

Ich wurde sofort verarztet – zum Glück war die Verletzung nicht so groß wie der Schock. Der Dompteur hat den Affen dann einiges anschauen lassen. Ich will als überzeugter Tierfreund lieber nicht darüber schreiben. Der Affe hat mir die Schuld für die Bestrafung zugeschoben und mich so böse angesehen, dass ich mich nicht mehr in seine Nähe wagte. Ich war sicher, er würde mich noch mal beißen! Damit waren die Szene und meine hoffnungsvolle Schauspielkarriere gestorben. Ich habe mich damals entschlossen, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten und Sportreporter zu werden. Schuld war der Affe.

*Heidi Brühl, geboren 1942, wurde 1955 als Teenager mit »Die Mädels vom Immenhof« berühmt. Es folgte eine Karriere als höchst erfolgreiche Sängerin und internationale Schauspielerin. Sie starb 1991.

Junior-Reporter auf der Hohen Warte 1955

Film Und Fußball

Franz Antel war von meiner Kindheit an das Bindeglied zwischen meinen beiden großen Leidenschaften: Film und Fußball. Zwar war mein erster Schritt in die Schauspielerei wie zuvor beschrieben auch gleichzeitig mein letzter. Aber Antel war nicht nachtragend und so durfte ich immer wieder bei Dreharbeiten zusehen. Mein Vater bekam trotz seiner Attacke auf Hans Moser immer wieder kleine Nebenrollen und ich war nach Möglichkeit dabei.

»Ohne Krimi geht die Mimi nie ins Bett« hätte eigentlich »Ich möchte am Sonntag mit dir angeln gehen«, nach dem Lied von Gus Backus, einem der Hauptdarsteller, heißen sollen. Doch während der Dreharbeiten wurde Bill Ramseys soeben veröffentlichtes Lied über die Mimi, die ohne Krimi nie ins Bett geht, zur Nummer drei der Schlagerparade. Der Film wurde kurzerhand umgetitelt. Backus war enttäuscht, Antel war happy, denn der Film wurde ein Hit wie Ramseys Schlager. Für mich war das ganze Filmbusiness eine faszinierende Welt. Ein Film bekam einfach einen anderen Titel, spielte in Italien, wurde aber im jugoslawischen, heute kroatischen, Rovinj gedreht, die Schauspielerin Ann Smyrner sprach nur Dänisch und im Kino, wie durch ein Wunder, plötzlich akzentfrei Deutsch.

 

Promis im Fußballfieber (v.l.n.r.): Franz Antel, Ernst Waldbrunn,großer und kleiner Finger, Oskar Sima, Gunther Philipp

 

Ball-Schani beim Promi-Match des FC Antel –mit Volksschauspieler Oskar Sima

Ich durfte die meisten Größen des österreichischen und deutschen Films wie Peter Vogel, Harald Juhnke, Heinz Erhardt, Karin Dor, Trude Herr oder Hans Moser und viele mehr hautnah kennenlernen. Am Set und auch am Fußballplatz. Denn Antel machte es zur Tradition, dass die Schauspieler zu seinen von ihm veranstalteten Prominenten-Matches auf die Hohe Warte kamen. Nicht als Zuseher, sondern als Aktive für den FC Antel! Auf dem Rasen in Döbling – für Antel als gläubigen Verehrer der Vienna kam kein anderer Platz in Frage – traten sich Stars wie der Sohn des unvergessenen Paul Hörbiger und Vater der Schauspielerin Mavie Hörbiger, Tommy Hörbiger, der nicht nur selbst Schauspieler war, sondern auch das Eurovision-Songcontest-Siegerlied »Merci, Chérie« für Udo Jürgens getextet hatte, Gunther Philipp, Ernst Waldbrunn, ja sogar der füllige Oskar Sima war dabei, gegenseitig gegen die Schienbeine. Und ich war der Ball-Schani. Was für eine Ehre, den völlig vom Kurs abgekommenen Pass eines Heinz »Honzo« Holecek oder eines Erich Padalewski aus der Botanik zu fischen und wieder ins Spiel zu bringen!

Die Tribüne war nicht minder prominent besetzt. Kaum ein Schauspieler, Opernsänger oder Politiker ließ sich ein Match seiner Mannschaft entgehen. Und ich rede hier nicht nur von Antels Promi-Kickerln. Es war für die Stars aus Burgtheater, Staatsoper, Fernsehen oder Politik reine Ehrensache, für Grün-Weiß, Violett oder was sonst die Vereinsfarbe war, auf der Ehrentribüne die Daumen zu drücken. Ein Heinz Conrads, ein Attila Hörbiger, ein Heinz »Honzo« Holecek oder wie sie sonst alle hießen, war immer da. Heute kommt kaum mehr ein Star zu einem Match. Außer Politiker zu einem Länderspiel. Vor allem in einem Wahljahr. Ja, es hat sich einiges verändert. So wie sich Sportler immer mehr von ihren Fans abschotten, so meiden auch Stars anderer Bereiche immer mehr den Kontakt zur Öffentlichkeit.

 

Mein erster medialerAuftritt – mit SusiNicoletti

»Das Runde muss ins Eckige«

Angst vorm Fußball

Ich meine jetzt nicht die Angst, die manche Spieler vor dem runden Leder zu haben scheinen, wenn sie gekonnt einem Stanglpass ausweichen, um dem Gegner den Ball zu überlassen. Ich meine die Angst des Publikums, ins Stadion zu gehen. Nein, ich meine jetzt auch nicht die Angst davor, wieder einmal ein schlechtes und langweiliges Spiel sehen zu müssen. Ich rede von der Angst vor Unruhen und Krawallen. Früher reichten drei Polizisten, um die Schlägerei zwischen den zwei besoffenen Streithanseln zu schlichten. Heute steht eine Hundertschaft von Uniformierten bereit, um die Hooligans voneinander fernzuhalten. Verständlich, dass da die Prominenz und auch Familien das Match lieber im Fernsehen anschauen.

Woran liegt diese seit Jahren eskalierende Gewaltbereitschaft? Man spricht gerne davon, dass dieser Drang zur Brutalität ein Ventil der Gesellschaft ist. Stellt sich die Frage: Wieso entlädt sich diese aufgestaute Frustration über Politik, soziale Ungerechtigkeit, steigende Preise, schlechten Sex oder schlechtes Wetter ausgerechnet beim Fußball?

Ich habe noch keine Massenraufereien im überfüllten Zielraum beim Skispringen am Bergisel beobachtet. Und auch nicht beim Tennis in Wimbledon, wo die Ränge voll mit Fans beider Seiten sind. Obwohl da wie dort beim Publikum im Gegensatz zum Fußballstadion kein Alkoholverbot gilt. Jemand hat einmal gesagt, dass Kitzbühel ein internationales Alkoholikertreffen mit ein paar Rennen ist. Dennoch geht es mehr oder weniger ohne Randale ab.

Selbst das für seine Brutalität berüchtigte Eishockey hat keine Fans, die während oder nach dem Spiel aufeinander losgehen, als ginge es um den Stanley-Cup. Im Eishockey geht es auf dem Eis heiß her, beim Fußball auf den Tribünen und auf der Heimfahrt vom Stadion. Die U-Bahnen, die Straßen – nirgends ist man als Unbeteiligter vor diesen Chaoten sicher. Für mich ist es unverständlich, warum es beim Fußball zwischen den Fans immer wieder zu Ausschreitungen kommt. Ich habe bloß eine Vermutung. Möglicherweise sind diese Hooligans nur auf die berühmten »15 Minuten Ruhm« aus. Mit ihren Krawallakten erreichen sie die Aufmerksamkeit der Medien und schaffen es vielleicht sogar auf die Titelseite. Da sind mir Flitzer, die nackt übers Spielfeld laufen, oder Frauen, die auf der Tribüne ihre T-Shirts hochziehen, deutlich lieber. Aber diesen Anarchisten scheint es Spaß zu machen, Angst und Schrecken zu verbreiten und ihre Untaten mit dem Handy zu filmen, um sie dann stolz im Internet zu posten.

 

Rette sich, wer kann

Leider ist das, zugegebenermaßen, nur eine schwache Erklärung. Eine andere Begründung wäre, dass die Qualität des Fußball-Publikums zurückgeht und immer mehr Vollidioten als normale Menschen zu den Spielen gehen. Das empfände ich als Beleidigung für eine der schönsten Nebensächlichkeiten der Welt.

Leider fällt mir als Kritiker der herrschenden Zustände und Verfechter eines schönen Sports auch nichts Klügeres ein, als drakonischere Strafen für die Rowdys zu fordern. Stadionverbot ist zu wenig. Und ein Team für die schwarzen Schafe unter seinen Fans büßen zu lassen, indem es vor leeren Rängen spielen muss, halte ich auch nicht für die richtige Maßnahme. Da kommen wie so oft die Falschen zum Handkuss.

Das Interessante ist ja, dass genau diese Fans, die beim Fußball ausrasten, begeistert, aber friedlich in der Eishalle die Vienna Capitals, den KAC oder Red Bull Salzburg anfeuern.

Der Matchbesuch soll wieder ein freudiges Ereignis für die ganze Familie werden. Wir wollen wieder mit den Kindern zu Austria gegen Rapid gehen.

Doch, eine Lösung könnte es geben. Und dazu bräuchte man nur einen Mann. Lesen Sie das »Wunder von Eisenstadt«.

2 Krücken gegen 8000 –Das Wunder von Eisenstadt

Letztes Spiel zur Meisterschaft Anfang der 1980er. Rapid auf dem Weg, Meister zu werden. 10 000 Grün-Weiß-Fans bringen das Stadion in Eisenstadt zum Kochen. Ich stand am Spielfeldrand und kommentierte live fürs Radio. Neben mir Hans Krankl, nach einer Verletzung auf Krücken. Die letzten Minuten waren angebrochen. Rapid hatte den Titel so gut wie in der Tasche. Die Begeisterung der Fans kannte keine Grenzen und der Großteil der Anhänger wollte den Schlusspfiff nicht abwarten, um seinen Helden zu gratulieren. Rund 8000 kletterten über die Absperrungen und stürmten auf das Feld. Ein Abbruch hätte die Hütteldorfer in letzter Sekunde noch vom Thron stoßen können. Noch bevor Polizei und Sicherheitsleute in Aktion treten konnten, humpelte Krankl auf den Rasen, breitete seine Krücken seitlich von sich und hinkte der entfesselten Masse entgegen. Als hätten sie durch diese Erscheinung eine Erleuchtung, stoppten die Achttausend und wichen zurück. Die Sicherheitskräfte hätten nie ohne Randale geschafft, was ein einzelner Mann mit zwei Krücken vollbrachte. Spätestens seither ist meine Bewunderung für den Goleador grenzenlos.

Die Todesangst von San Siro

Männer und speziell die kleine Gruppe der Sportreporter gelten landauf und landab als furchtlos. Quasi wie Gary Cooper in »High Noon«. Es gibt aber Momente, bei denen selbst dem Mutigsten das Herz wahrlich in die Hose rutscht.

Nicht nur die Austria-Fans werden sich noch an die Schlacht gegen Inter Mailand im UEFA-Cup-Achtelfinale 1983 im San-Siro-Stadion erinnern. Nach dem knappen 2:1-Heimsieg mussten die Violetten zum Rückspiel nach Mailand. Dort war die Stimmung am Kochen. Für die Tifosi kam nichts anderes als ein klarer Sieg und damit der Aufstieg ins Viertelfinale in Frage. Doch die Wiener Austria erkämpfte im mit tobenden Inter-Fans zum Bersten vollen San-Siro-Stadion ein 1:1, schaffte damit den Aufstieg und warf die Mailänder aus dem Bewerb. Das war, als hätten die Österreicher die Mütter der zigtausend Inter-Fans beleidigt. Oder sogar noch schlimmer. Nach dem Schlusspfiff wurde eine wahre Hetzjagd auf die Fans, die Reporter, auf alle, die nach Österreichern aussahen, veranstaltet.

Nur der Mutige hat die Größe, Furcht zuzugeben. Sagt man. Ich sage: Ich bin groß und habe den Mut, meine Furcht zuzugeben. Ich hatte wirklich Angst, denn die Massen waren völlig außer Kontrolle. Nie und nimmer würde ich heil aus diesem Hexenkessel kommen. Flucht war die einzige Option. Gemeinsam mit drei Kollegen schlug ich mich nach Rettung suchend bis zur Austria-Spielerkabine durch. Dort baten wir den damaligen Austria-Trainer Václav Halama, mit dem Spielerbus das Stadion verlassen zu dürfen. Das schien noch der sicherste Weg, um zu überleben. Halama hat abgelehnt. Mit der Begründung: »Keine Journalisten im Spielerbus.« Auch in solch einer Ausnahme-Situation? »Keine Journalisten im Spielerbus.« Naja. Ich trag es dem Halama nicht nach. Ich glaube nicht, dass er ein schlechter Mensch war. Er war einfach nur zu unintelligent, um die prekäre Lage, in der wir uns befanden, zu verstehen. Im Fußballer-Dialekt: ein »Stocktrottel«.

Der Bus fuhr ohne uns ab. Was sollten wir vier nun tun? Wir traten die Flucht nach vorne an. »Inter! Inter! Inter!« gröhlend mischten wir uns unter die tobenden Fans. Unterwegs zum Ausgang klaubte ich noch eine italienische Sportzeitung auf und wachelte damit herum, in der Hoffnung, dass wir als Tifosi durchgingen. Keine zwei Meter neben uns bombardierten italienische Chaoten österreichische Autos und Busse mit Pflastersteinen. Vorbei an diesen Schreckensszenen schafften wir es wie durch ein Wunder unversehrt in die Straßenbahn. Nur nicht reden, die Köpfe vertieft in die »Gazzetta dello Sport« und hoffend, dass uns niemand anspricht.

Und dann der Schock: Ein Inter-Fan, an Leibchen, Schal und Fahne unschwer zu erkennen, sprach uns in breitestem Tiroler Dialekt an: »Es seids doch Wiener? I kenn di vom Fernsehen!« Unsere Herzen waren schon längst in den Hosen – tiefer konnten sie nicht rutschen. Das bedeutete wohl das Ende. Doch der Südtiroler war unsere Rettung. Zum Glück hatte niemand mitbekommen, dass er mit uns Deutsch gesprochen hatte. Eine Unterhaltung vortäuschend, übernahm er das Reden in lautstarkem Italienisch, und wir nickten dazu. Unglaublich, aber es funktionierte. Ohne weitere Probleme entkamen wir mit seiner Hilfe dem Chaos.

Die Bilder von Mailand und auch das Gesicht von Halama, der uns sich hinter irgendwelchen Regeln verschanzend feige im Stich gelassen hatte, werde ich mein Leben lang nicht vergessen.

Zickenkrieg in Spanien

Im November 1956 um sieben am Abend saß ich, damals 9 Jahre alt, mit meinen Eltern beim Abendessen in der Margaretenstraße 97, 2. Stock, Tür 11. Wir hatten Gulasch. Da läutete es an der Tür. Mein Vater öffnete und bat die unerwarteten Gäste herein. Der eine war György Szepesi, das ungarische Reporter-Pendant zu meinem Vater. Der andere kam mir bekannt vor. Nein, konnte nicht sein. Doch, er war’s! Ferenc Puskás, einer der weltbesten Fußballspieler, setzte sich neben mich an den Tisch und aß mit uns Gulasch. Er war nach der Niederschlagung des Ungarischen Volksaufstandes emigriert und auf dem Weg nach Madrid, um für die »Königlichen« zu spielen. Er erzählte davon, dass er von der FIFA gesperrt worden war und zwei Jahre warten müsste, bis er für Real Madrid aufs Feld laufen dürfte. So lange wollte er aber nicht bei uns bleiben und verabschiedete sich nach einem Bier höflich und zog aus, den spanischen Fußball zu erobern. Puskás gewann dreimal den Europapokal der Landesmeister, wurde mehrere Male Torschützenkönig und Liebling der Fans.

Viele Jahre später traf ich Puskás wieder und wir plauderten über seine Zeit in Spanien. Von den zahlreichen Geschichten, die er erzählte, war eine besonders bemerkenswert. Unangefochtener Platzhirsch bei Real war Alfredo Di Stéfano. Der Argentinier schoss gleich in seiner ersten Saison (1953/54) die meisten Tore und führte das Team nach 21 Jahren des vergeblichen Wartens erneut zum langersehnten Meistertitel. Damit krönte er sich zum König der Königlichen. Di Stéfano war der erfolgreichste Spieler und als Dirigent der Mannschaft begründete er den Mythos des »weißen Balletts«. Und dann, 1958, kam dieser kleine, quirlige Ungar und schoss ein Tor nach dem anderen. Dass Puskás ihm ins Gehege kam, dürfte Di Stéfano einen Zacken aus seiner Krone gebrochen haben. Er ließ den Exil-Ungarn stets spüren, dass die beiden keine Freunde werden würden. Puskás, der keine Lust auf diesen Zickenkrieg hatte, erzählte mir: »Drei Minuten vor Schluss stand es 0:0. Die Fans im ausverkauften Stadion wollten ein Tor sehen. Ich war am Ball und kein Gegenspieler in der Nähe, der mir gefährlich werden konnte. Normalerweise schieß ich in so einer Situation den Ball einfach rein. Ich sah aber, dass rechts hinter mir Di Stéfano mitlief und frei war. Ich habe ihm den Ball zugeschoben und er hat die Kugel versenkt. Von diesem Moment an waren wir Freunde.« Das war natürlich ein taktischer Schachzug, um Frieden einkehren zu lassen. Ferenc war Alfredo überlegen und manipulierte ihn mit dieser Aktion. »Du wirst MICH lieben. Nicht ich dich.«

 

Von links nach rechts: Raymond Kopa, Ferenc Puskás und Alfredo Di Stéfano

Alkohol am Ball

Profisportler müssen sich gesund ernähren. Zigaretten und Alkohol passen da nicht dazu. Und außerdem haben sie ja eine Vorbildfunktion für die jugendlichen Fans. Nun wissen wir aber, dass sich nicht alle daran halten. Ich war schon in Spielerkabinen, da stand der Rauch wie über der VOEST bei Tiefdruckwetter.

Ich habe mich zu dem Thema einmal mit Max Merkel unterhalten. Max »Zuckerbrot und Peitsche« Merkel war als Trainer berüchtigt für seinen eigenwilligen Umgang mit den Spielern. Einmal ließ er die Mannschaft von Nürnberg beim Training antreten und zum Aufwärmen eine ganz spezielle Kopfübung machen. Sie mussten den Kopf von links nach rechts und von rechts nach links drehen. Er fragte sie, ob sie wüssten, wofür diese Übung gut sei. Keiner wusste die Antwort. »Das macht ihr, wenn euch jemand fragt, ob ihr kicken könnt!«