Unbroken Love - Drake Brothers - Kendall Ryan - E-Book

Unbroken Love - Drake Brothers E-Book

Kendall Ryan

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Beschreibung

Die erste Liebe vergisst man nie

Collins Drake hat alles unter Kontrolle. Egal ob in seiner Firma oder in der Liebe, er behält immer die Oberhand. Aber als seine beste Freundin aus Kindertagen Mia Monroe plötzlich vor seiner Tür steht, stellt das sein Leben komplett auf den Kopf. Denn mit ihr teilte er all seine ersten Male - bis sie komplett aus seinem Leben verschwand. Dass sie nun wieder bei ihm auftaucht, lässt längst vergessene Gefühle neu aufleben. Mia hat vor, das Versprechen zu halten, dass sie sich vor Jahren gegeben haben: Sollten sie mit dreißig noch nicht verheiratet sein, versprechen sich Collins und sie die Treue ...

"Kendall, danke für die Drake-Brüder, die uns sooo unanständig und wunderschön zur selben Zeit fühlen lassen." BOOK LOVERS OBSESSION

Band 3 der DRAKE-BROTHERS-Reihe von NYT-, Wall-Street-Journal- und USA-Today-Bestseller-Autorin Kendall Ryan

Dieser Roman ist bereits in einer früheren Ausgabe bei LYX.digital unter dem Titel FILTHY BEAUTIFUL FOREVER - EIN VERLORENES VERSPRECHEN erschienen.

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Seitenzahl: 296

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

1

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3

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6

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Epilog

Danksagung

Die Autorin

Die Romane von Kendall Ryan bei LYX

Leseprobe

Impressum

KENDALL RYAN

Drake Brothers

Unbroken Love

Roman

Ins Deutsche übertragen von Nina Bellem

Zu diesem Buch

Collins Drake hat alles unter Kontrolle. Egal ob im Beruf oder in der Liebe, er behält immer die Oberhand. Aber als seine beste Freundin aus Kindertagen Mia Monroe plötzlich vor seiner Tür steht, stellt das sein Leben komplett auf den Kopf. Denn mit ihr teilte er all seine ersten Male – bis sie komplett aus seinem Leben verschwand. Dass sie nun wieder bei ihm auftaucht, lässt alte Gefühle hochkochen. Mia hat vor, das Versprechen zu halten, das sie sich vor Jahren gegeben haben: Sollten sie mit dreißig noch nicht verheiratet sein, versprechen sich Collins und sie die ewige Treue …

1

Collins

Wie es aussieht, komme ich in letzter Zeit nicht mehr.

Nicht dass ich es nicht versuchen würde. Bei Gott, ganz und gar nicht. Ich bin auch niemand, der einfach so aufgibt, aber obwohl ich jetzt schon eine ganze Stunde lang in meine heiße Supermodelfreundin hineinstoße und wir schon jede erdenkliche Stellung ausprobiert haben, und darüber hinaus noch ein paar, die ich mir eben erst ausgedacht habe, bin ich immer noch weit davon entfernt, zu kommen.

Verdammt.

Schweiß rinnt mir an Brust und Bauchmuskeln hinab und tropft auf ihre Brüste. Ich murmle eine Entschuldigung und stoße härter in sie, unsere Körper klatschen wieder und wieder aufeinander, während ich verzweifelt versuche, zu kommen. Sie ist bereits viermal gekommen und während ihrer letzten zwei Orgasmen hat sie mich gefragt, ob ich bald so weit bin. Ich habe gelogen und Ja gesagt.

Schließlich schnaubt sie verärgert und stößt mich von sich. »Was bitteschön soll das, Collins?« Sie erhebt sich vom Bett, wirft mir dabei ein Kissen ins Gesicht und greift nach ihrem seidenen Morgenmantel.

Ich hocke mich auf die Fersen und frage mich, was in Gottes Namen mit mir nicht stimmt. Groß und schlank, mit langem, seidigem Haar ist Tatianna der fleischgewordene feuchte Traum eines jeden Mannes auf diesem Globus. Das hier hat nichts mit ihr zu tun, oder vielleicht doch, ich kann es nicht genau sagen.

»Hör mal, Baby, ich bin einfach nur müde, okay?« Heute Morgen bin ich knapp neun Kilometer gelaufen und habe danach ein hartes Kickboxen-Training mit meinem jüngsten Bruder Pace absolviert. Und ja, vielleicht spukt etwas von dem Gespräch, das wir zwischen den ganzen Schlägen und Kinnhaken geführt haben, in meinem Hirn herum. Als er mich nach meiner Beziehung zu Tatianna gefragt hat, habe ich zugegeben, dass sie in mir wohl nur so etwas wie ihr persönliches Bankkonto sieht und sie für mich kaum mehr als ein warmer Körper ist, mit dem ich mich vergnügen kann. Aber in letzter Zeit funktioniert nicht einmal mehr das.

Ich sehe Tatianna vom Bett aus zu, wie sie den riesigen begehbaren Kleiderschrank betritt, den ich für sie habe bauen lassen. Sie wählt ein paar ihrer Designerstücke aus und probiert sie an. Die Teile, die sie nicht anzieht, lässt sie einfach auf dem Boden liegen. Schließlich entscheidet sie sich für ein schwarzes Kleid und dazu passende Schuhe. »Ich gehe aus«, lässt sie mich wissen.

Ich weiß, sie ist sauer auf mich, aber sollten wir nicht darüber reden? Machen Paare das nicht so?

Ich nicke kaum wahrnehmbar.

Sie geht wahrscheinlich shoppen, wie jeden Samstagnachmittag.

Als sie weg ist, dusche ich, ziehe mich an und setzte mich anschließend in die Bibliothek, um einen hundert Jahre alten Scotch zu genießen. Einen Moment lang spiele ich mit dem Gedanken, meine Brüder anzurufen, aber die haben wahrscheinlich mit ihren eigenen Familien alle Hände voll zu tun. Ich lehne mich in meinem Ledersessel zurück und schließe die Augen.

Ich habe alles in meinem Leben im Griff – meine Firma, meine Beziehungen und auch die Art, wie ich meine Geschäfte führe – nur bei meinem Schwanz scheint die Nachricht noch nicht angekommen zu sein. Dieser eigensinnige Bastard.

Ich könnte einen Termin bei meinem Arzt machen – aber ich bin mir sicher, der würde mir auch nur sagen, dass das Problem weniger mit meinem Körper, als vielmehr mit meinem Kopf zu tun hat. Wenn ich es mir selbst besorge, habe ich keine Probleme damit, zum Orgasmus zu kommen – und die Erklärung dafür möchte ich gar nicht erst hören. Auf diese Diagnose kann ich verzichten, Doc, herzlichen Dank.

Als ältester Sohn in einer Familie ohne Mutter und mit einem Vater, der zu viel gearbeitet hat, fiel mir eine Menge Verantwortung zu. Ich war streng zu meinen Brüdern und habe immer darauf geachtet, dass sie sich benahmen. Jetzt, als Firmenboss, halte ich es genauso. Ich habe kaum Zeit für solch alberne Dinge, wie einfach nur Spaß zu haben. Möglicherweise muss ich jetzt den Preis dafür bezahlen. Ich habe verlernt, wie zum Teufel man kommt. Großer Gott.

Die Sonne versinkt bereits am Horizont, und ich sitze alleine hier und genieße meinen Drink, als es an der Tür klingelt. Niemand klingelt sonst an meiner Tür. Meine Brüder haben einen Schlüssel, und die Putzfrauen kommen durch die Garage herein. Ich erhebe mich aus dem Sessel und gehe in die Eingangshalle. Wer in Teufels Namen kann das sein?

Als ich die Haustür öffne, steht eine junge Frau auf der Veranda. Sie hat etwas Reizvolles an sich, und ihre moosgrünen Augen mit den dunklen Wimpern kommen mir irgendwie vertraut vor. Mein Schwanz richtet sich interessiert auf. Soll das ein Witz sein? Wegen dieses brünetten Mädchens, das verängstigt und erwartungsvoll zugleich aussieht?

Wir stehen uns gegenüber und mustern uns gegenseitig. Möglicherweise ist ihr Auto liegen geblieben? Es ist jedenfalls unwahrscheinlich, dass sie die knapp eineinhalb Kilometer meiner Auffahrt zufällig hinaufspaziert ist. Gerade will ich ihr mein Handy anbieten, als sie zum ersten Mal den Mund aufmacht.

»Collins?« Sie sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an, als würde sie geradewegs inmich hineinsehen, so seltsam das auch klingen mag. Auch ihre Stimme kommt mir irgendwie bekannt vor. Weich und ein wenig rau. Mit meinem vom Scotch benebelten Hirn versuche ich, sie einzuordnen.

»Gremlin? Bist du das?« Ich kneife die Augen zusammen und versuche zu begreifen, wie das Mädchen, das ich früher bei diesem Namen genannt habe, zu diesem wunderschönen Geschöpf werden konnte, das jetzt vor mir steht.

»Heutzutage nennt man mich Mia«, korrigiert sie mich schmollend.

»Mia, mein Gott!« Ich ziehe sie in meine Arme und drücke sie an meine Brust. Sie ist immer noch so groß wie früher, als wir noch Teenager waren – kaum größer als einen Meter fünfzig, aber ich bin gewachsen und jetzt über eins achtzig groß.

Sie entspannt sich in meiner Umarmung und kichert leise. »Ich dachte schon, du erkennst mich nicht.«

»Ich hatte heute viel um die Ohren. Außerdem hast du dich ein klein wenig verändert, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben.« Ich lasse sie los und sehe ihr in die Augen, wobei wir wohl beide an das letzte Mal denken müssen, als wir zusammen gewesen sind. Da waren wir beide fünfzehn Jahre und saßen unter Deck auf dem Boot meines Vaters, das am Dock lag und leicht hin und her schaukelte. Sie hatte mir gerade gesagt, dass sie wegziehen würde, nur um mich im nächsten Atemzug darum zu bitten, sie zu entjungfern. Was ich dann auch getan habe. Das letzte Bild, das ich von ihr vor Augen habe, ist, wie sie mit blutverschmierten Schenkeln und Tränen in ihren smaragdgrünen Augen vor mir liegt. Ich fühle mich noch immer scheiße wegen dieser Nacht. Scham brennt heiß in mir und zwingt mich wieder in die Gegenwart zurück.

Ich räuspere mich und auch Mia blinzelt, um die Erinnerungen loszuwerden, die auch sie wohl wieder vor Augen hatte. Wenn sie jetzt hier in L. A. vor meiner Tür steht, bedeutet das vielleicht, dass sie mir diese Nacht verziehen hat. Wir sind zusammen aufgewachsen und waren seit unserem fünften Lebensjahr praktisch unzertrennlich. Bis sie weggezogen ist. Ich habe in den letzten fünfzehn Jahren weder mit ihr gesprochen, noch etwas von ihr gehört. Ich mustere sie und merke, dass ein paar Dinge sich nicht verändert haben: Ihre grünen Augen funkeln, wenn das Licht darauf trifft, und ihre wilden braunen Locken drehen sich immer noch in alle Richtungen. Andere Dinge hingegen haben sich sehr wohl verändert. Zum Beispiel ihre Brüste. An die hätte ich mich erinnert. Ihre Taille ist schmal und straff, aber ihre Hüfte ist wohlgeformt und ohne, dass sie sich umdrehen müsste, weiß ich, dass ihr Hintern prall und knackig ist. Diese Frau hat Kurven, ganz im Gegensatz zu dem dürren Wildfang mit den aufgeschlagenen Knien, mit dem ich während meiner Kindheit gespielt habe.

»Was verschlägt dich nach L. A.?«, frage ich sie.

»Ich …« Sie atmet tief ein. »Das ist eine lange Geschichte. Kann ich reinkommen?«

»Natürlich.« Ich habe bisher wie ein kompletter Vollidiot mitten in der Tür gestanden. Also mache ich einen Schritt zur Seite und bitte sie herein. Sie hat einen großen Koffer bei sich; ich nehme ihn ihr höflich ab, ziehe ihn ins Haus und lasse ihn an der Haustür stehen, weil ich keine Ahnung habe, was er bedeuten soll.

»Dein Haus ist beeindruckend«, sagt sie und lässt ihre Augen die geschwungene Treppe hinaufwandern, die sich über unseren Köpfen emporwindet.

»Danke«, murmle ich. Ich will nicht über mein Haus reden, ich will verstehen, warum sie hier ist. Das kecke Funkeln in ihren Augen ist schwächer geworden, und auch wenn wir uns seit fünfzehn Jahren nicht mehr gesehen haben, widerstrebt mir die Vorstellung, dass ihr etwas Schlimmes zugestoßen sein könnte. Immerhin hat mir diese Frau einmal sehr viel bedeutet.

Ich führe sie herum und zeige ihr das Erdgeschoss, bevor ich sie in die Bibliothek leite. Mein Drink steht noch immer auf dem Beistelltisch und erinnert mich daran, wie beschissen mein Nachmittag bisher gelaufen ist. »Möchtest du auch einen?«, frage ich.

»Gerne«, erwidert sie. »Aber nur, wenn du auch etwas weniger Männliches im Angebot hast.« Sie deutet mit der Hand auf mein Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit darin.

»Ich denke, das lässt sich einrichten.« Ich gehe zu der kleinen Bar in der Ecke des Zimmers und schenke etwas Wodka in ein Glas. Dann greife ich in den kleinen Kühlschrank unter der Bar und nehme je eine Dose mit Zitronenlimonade und Cranberrysaft heraus. »Passt das so?«, frage ich und halte sie hoch, damit sie mir sagen kann, ob sie mit meiner Auswahl zufrieden ist oder nicht.

Sie nickt und lächelt mich an. Es war schon immer einfach, sie glücklich zu machen.

Ich reiche ihr das rosafarbene Getränk und sie setzt sich damit in den Ledersessel mir gegenüber.

Zu sehen, wie sie vor mir sitzt, die Beine überkreuz, und das Glas bedächtig an ihre Lippen führt … weckt alle möglichen Erinnerungen in mir.

Wir waren nie ineinander verliebt – wir waren Freunde. Beste Freunde. Als meine Mom bei einem Autounfall ums Leben kam – damals war ich vierzehn Jahre alt –, war Mia diejenige, die für mich da war. Und es war Mia, die ich brauchte. Tagelang konnte ich nichts essen und auch mit niemandem sprechen, nicht einmal mit meinen Brüdern. Ich erinnere mich noch, wie Mia meinen Kopf gegen ihre Brust gedrückt hielt. Sie streichelte mir über das Haar und erzählte mir irgendwelche kleine Geschichten, um mich abzulenken, während ich ihrem Herzschlag lauschte. Der Schmerz war so allumfassend, so tief, dass ich ihn nicht einmal in Worte fassen konnte. Aber Mia brauchte keine Worte. Sie verstand mich auch so.

Nach einem dieser Momente küssten wir uns das erste Mal. Es fühlte sich anders an, als meine vorherigen Küsse; es war ganz natürlich, ohne herumfummeln oder eine wild fuchtelnde Zunge im Mund. Ich war damals sofort hart geworden, ausgerechnet bei meiner besten Freundin, und das jagte mir eine höllische Angst ein. Bis zu dem Moment war sie nie mehr als ein Freund für mich gewesen. Aber in dieser Nacht änderte sich etwas, und von da an nahm ich sie als heranwachsende Frau wahr. Und auch sie sah mich anders an; wenn ich durchs Zimmer ging, folgte mir ihr Blick, und in den grünen Tiefen ihrer Augen konnte ich Neugierde erkennen.

Etwa ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter sagte sie mir, sie müsse mir etwas Wichtiges sagen, also vereinbarten wir, dass wir uns spät abends auf dem Boot meines Vaters treffen sollten.

Ich wartete damals am Anlegeplatz des Bootes, aber von Mia war nichts zu sehen. Also stieg ich unter Deck; zu meiner Überraschung wartete sie dort bereits auf mich. Sie hatte das Gästebett ausgezogen und sich daraufgelegt. Ich kletterte zu ihr, es war dunkel bis auf das hereinfallende Mondlicht. Mit ernstem Gesichtsausdruck erzählte sie mir, dass ihre Eltern ans andere Ende des Staates ziehen würden und sie nicht mehr das Geld hatten, um sie auf eine Privatschule zu schicken.

Ich weiß noch, wie mein Magen sich damals verkrampfte und ich sie an mich zog. Der Gedanke, dass sie gehen würde, war unerträglich für mich. Damals rief ich sofort meinen Vater auf seinem Handy an, um die Sache in Ordnung zu bringen und Mias Tränen zu trocknen. Ich bat ihn, die Kosten für Mias Aufenthalt an der Linden Academy zu übernehmen, aber er weigerte sich. Er sagte, es gäbe da draußen noch andere Mädchen und ich sollte mein Herz nicht schon mit fünfzehn Jahren verschenken. Aber er wusste nicht, dass ich ihr schon bei unserer ersten Begegnung mein Herz geschenkt hatte. Damals waren wir erst fünf Jahre alt gewesen, und ich erinnere mich immer noch an den Moment, als ich sie das erste Mal sah. Sie war so klein, viel kleiner als die anderen Kinder im Kindergarten, und wurde von einigen der älteren Kinder gemobbt. Ich konnte einfach nicht mitansehen, wie jemand, der so wehrlos war, von anderen gequält wurde, also kam ich ihr zu Hilfe. Der Blick ihrer großen, grünen Augen durchbohrte mich regelrecht, und das freche Grinsen auf ihren Lippen nahm mich gefangen. An diesem Tag hatte sie mein Herz erobert.

Als ich auflegte, ohne mich bei meinem Vater zu verabschieden, konnte ich in Mias Augen sehen, dass sie die Antwort bereits kannte. Aber die Worte, die als Nächstes aus ihrem Mund kamen, trafen mich bis ins Mark. Sie sagte mir, dass sie noch Jungfrau sei, wovon ich ausgegangen war, und dass ich der erste Mann in ihrem Leben sein solle.

Gott, allein die Erinnerung an dieses Gespräch versetzt mich in jene schwüle Julinacht zurück. Mir war vor Nervosität ganz schlecht, und auch wenn ich wusste, dass wir das besser nicht machen sollten, wurde mein Schwanz, bei dem Gedanken mit ihr zu schlafen und auch noch der erste Mann für sie zu sein, hart wie Stein.

Ich sagte ihr, dass wir das nicht machen könnten, und hoffte, sie würde nicht den Blick senken und die nicht zu übersehende Erektion in meiner Sporthose bemerken. Wir gingen nicht mal miteinander, und sie würde am nächsten Tag wegziehen. Ich wollte nicht, dass sie es später bereuen und sich schlecht fühlen würde. Sie sagte, sie wolle mit niemand anderem ihr erstes Mal erleben; die Nacht mit mir sollte für sie eine bleibende Erinnerung an mich werden. Das war ein ziemlich überzeugendes Argument für mich, aber seien wir ehrlich, es brauchte ohnehin nicht viel Überzeugungskraft, damit ich einwilligte.

Schließlich gab ich nach, aber nur unter der Voraussetzung, dass sie sich am nächsten Tag nicht schlecht fühlen würde. Sie versicherte mir, dass ihr das helfen würde, mit der ganzen Sache abzuschließen, sich mit dem Umzug abzufinden und irgendwann mit anderen Jungs an ihrer neuen Highschool auszugehen. Ich glaubte ihr.

Es begann mit einem zarten Kuss; ich drückte meine Lippen zaghaft gegen ihre, um ihr die Chance zu geben, sich zurückzuziehen, falls sie es sich doch noch anders überlegen wollte. Aber sie blieb bei ihrem Entschluss. Ihre Zunge fuhr meine Unterlippe entlang, und als ich meinen Mund öffnete, schlüpfte sie zwischen meine Lippen und streichelte über meine Zunge.

Mia war überrascht, dass ich kein Kondom dabeihatte. Sie war davon ausgegangen, dass ich schon mit ein paar Mädchen aus der Schule zusammen gewesen wäre und etwas mit ihnen gehabt hätte. Als ich ihr gestand, dass es auch mein erstes Mal war, sah sie mich an, weil ihr in diesem Moment klar wurde, dass wir uns gegenseitig einen Teil von uns selbst geben würden. Ich lief schnell nach Hause, holte ein Kondom und war innerhalb kürzester Zeit wieder zurück auf dem Boot. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, sie hätte ihre Meinung während meiner Abwesenheit geändert, aber stattdessen hatte sie sich ausgezogen und lag bereits unter der Decke, wo sie mit erwartungsvollen grünen Augen auf mich wartete.

Ich erinnere mich noch, wie eng sie sich um meinen Schwanz herum anfühlte, als ich ganz in sie eindrang, ebenso wie an ihren hechelnden Atem an meinem Hals und wie es war, mich das erste Mal in ein Kondom zu ergießen. Ich weiß noch, wie ich sie anschließend sauber gewischt habe und mir dabei die ganze Zeit Gedanken darüber machte, ob sie wohl gekommen war. In meiner Brust machte sich ein beklemmendes Gefühl breit; Lust und Scham vermischten sich miteinander. In dieser Nacht hatte ich es gründlich vermasselt.

»Collins?«, sagt sie fragend und holt mich damit wieder in die Gegenwart zurück.

Ich räuspere mich. »Entschuldige. Es ist irgendwie unwirklich, dich hier zu sehen. Sag mir, was führt dich nach L. A.? Lebst du immer noch in Connecticut?«, frage ich sie. Ich hasse es, ihr diese förmlichen Fragen zu stellen, aber seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, ist viel Zeit vergangen, und ich kann den verängstigten Ausdruck auf ihrem Gesicht nicht vergessen, als ich die Tür geöffnet und sie vor mir habe stehen sehen.

Sie nimmt einen großen Schluck aus ihrem Glas. »Wenn ich dir das erzähle, hältst du mich sicherlich für verrückt …« Sie lacht nervös.

»Mia, ich kenne dich seit deinem fünften Lebensjahr. Wir haben uns immer alles erzählt.«

Ich weiß nicht, ob ihr jemand wehgetan hat … oder ob sie vor etwas davonläuft, aber ich warte geduldig, während sie ihren Mut zusammenklaubt und dabei immer wieder an ihrem Glas nippt. »Erinnerst du dich an das Versprechen, das wir uns gegeben haben?«, fragt sie.

Ich mustere sie prüfend. Da muss sie schon genauer werden. Immerhin ist das alles fünfzehn Jahre her. »Welches genau?«, bohre ich nach.

»Das über uns. Wenn wir dreißig werden …« Sie schluckt nervös.

Ich atme tief ein und versuche zu verstehen, worauf genau sie hinauswill. »Mia?«

»Das Versprechen, das wir uns gaben, als wir zehn Jahre alt waren. Wir haben uns versprochen, zu heiraten, wenn wir mit dreißig beide noch unverheiratet sind.«

Langsam kehrt die Erinnerung zurück. Daran, wie sie mich mit schmachtendem Blick aus ihren grünen Augen ansieht, als wäre ich ihr Ritter in strahlender Rüstung, während wir uns gegenseitig an dem kleinen Finger halten, um das Versprechen zu besiegeln. Oh Gott, wir haben uns das wirklich versprochen, nicht wahr? Der Koffer an der Haustür. Die Tatsache, dass ich vor ein paar Monaten meinen dreißigsten Geburtstag gefeiert habe. Das alles schlägt mit einem Mal über mir zusammen, und Panik macht sich in mir breit.

Das Klackern von Absätzen auf dem Parkettboden lenkt uns beide ab. »Hier bist du ja«, sagt Tatianna und betritt die Bibliothek. »Das Haus ist wirklich viel zu groß.« Dann bemerkt sie Mia und bleibt stehen. »Oh, Verzeihung, ich dachte, du wärst allein. Hi, ich bin Tatianna.« Sie streckt die Hand aus und Mia steht auf, um ihr ebenfalls die Hand zu reichen.

»Mia. Schön, dich kennenzulernen. Entschuldigung, ich sollte besser gehen …« Sie stellt ihr Glas ab.

Ich stehe ebenfalls auf und lege meine Hände auf Mias Schultern. »Du musst nicht gehen. Du bist doch sicher erschöpft von deiner Reise. Setz dich doch bitte wieder.«

Sie sieht mich unbehaglich an und schluckt. »Bist du dir sicher?«

Ich nicke. »Sehr sicher. Es scheint, als hätten wir viel aufzuholen.« Sie wird nirgendwohin gehen, nachdem sie diese Bombe vor mir hat platzen lassen.

Sie nickt und lächelt nervös.

»Tatianna, willst du auch etwas trinken?«, frage ich und gehe zur Bar.

»Gerne«, erwidert sie mit ausdrucksloser Stimme.

Ich mische Mineralwasser mit Himbeerwodka, weil sie das gerne trinkt, und reiche ihr das Glas. Tatianna setzt sich in die andere Ecke des Zimmers und schlägt die Beine übereinander, den Rücken kerzengerade aufgerichtet, den Blick starr geradeaus gerichtet. Sie ist immer noch wütend wegen heute Nachmittag.

Ich erzähle Mia, was sich in den vergangenen fünfzehn Jahren ereignet hat: Ich erzähle ihr von meinen Brüdern, die, wie ich, jetzt alle in Los Angeles leben, und dass ich ein erfolgreiches Investmentunternehmen in der Innenstadt leite. Ich höre mich zwar all die Worte sagen, aber in meinem Kopf versuche ich immer noch zu begreifen, dass sie nach all diesen Jahren wirklich vor mir sitzt.

Die Blicke beider Frauen ruhen auf mir, und beide hören mir zu, während ich rede. Mia wirft ab und zu eine Frage ein und lacht froh, als ich ihr erzähle, dass meine beiden jüngeren Brüder sesshaft geworden sind – Pace hat bereits einen kleinen Sohn, und Colton hat erst letzten Monat geheiratet.

Mia erzählt nicht viel von ihrem Leben oder warum sie hergekommen ist, aber ich vermute, Tatiannas Anwesenheit hält sie davon ab. Dabei gibt es so viel, was ich über sie erfahren möchte.

»Verzeihung«, unterbricht Tatianna sie, »was sagtest du noch, in welcher Beziehung du zu Collins stehst?«

»Mia war meine beste Freundin, als wir Kinder waren«, erwidere ich an Mias Stelle, denn Tatiannas Ton gefällt mir ganz und gar nicht.

»Ja. Wir waren unzertrennlich, bis wir beide fünfzehn Jahre alt waren.«

»Was ist passiert, als ihr fünfzehn wurdet?«, fragt Tatianna, ohne zu wissen, auf welches Minenfeld sie sich damit begibt.

Mein Blick begegnet Mias, und Röte breitet sich auf ihren Wangen aus. Mir wird klar, dass sie an unsere erste und einzige sexuelle Begegnung denkt. Ich befürchte immer noch, zu grob mit ihr umgegangen zu sein. Ich erinnere mich, wie ihr zierlicher Körper danach in meinen Armen gezittert hat, und an das Blut zwischen ihren Schenkeln. Allein der Gedanke daran macht mich schon ganz krank. Wenn ich heute noch einmal die Chance bekäme, würde ich sie so gut ficken, dass sie nie mehr wegwollen würde. Gott, hat mein Gehirn heute auch den Dienst quittiert? Ich muss mich wirklich zusammenreißen. Mia ist nicht hier, um mit mir ins Bett zu steigen. Ich wiederhole das wieder und wieder in meinem Kopf, wie ein Mantra.

»Meine Familie zog fort von hier«, sagt Mia, blinzelt und wendet den Blick von mir ab. »Und was hast du mit Collins zu tun?«, fragt Mia und nimmt noch einen Schluck von ihrem Drink.

Tatianna sieht mich mit einem Stirnrunzeln an. Sie ist offensichtlich nicht glücklich darüber, dass ich Mia diese Information vorenthalten habe. »Ich bin seine Freundin.«

2

Mia

»Ich bin seine Freundin«, sagt Tatianna und beantwortet damit meine Frage, wobei ihr wütender Blick direkt auf Collinsgerichtet ist.

Ich bin gerade dabei einen Schluck zu trinken, und ihre Aussage bringt mich dazu, scharf einzuatmen – beziehungsweise meinen Drink einzuatmen – was dazu führt, dass ich mich verschlucke, und ich muss husten.

»Verzeihung«, stammle ich zwischen zwei Hustern. »Tut mir leid. Natürlich bist du seine Freundin.« Ich bekomme meine Atmung langsam wieder unter Kontrolle, aber ich kann spüren, wie rot mein Gesicht noch immer ist. Scham drückt nicht einmal ansatzweise aus, was ich gerade empfinde. Er hat eine Freundin?! Ich würde am liebsten im Erdboden versinken.

Ich muss daran denken, wie er mich im Haus herumgeführt hat. Dieses Haus ist beeindruckend und noch dazu wunderschön eingerichtet, aber es gab keine Fotos von ihm mit einer Frau und auch keine Blumen oder sonst irgendeine Art von weiblichem Touch. Es gab nicht eine gemütliche Ecke, wo man sich hinkuscheln und ein Buch oder ein Modemagazin lesen könnte. Und als Tatianna aufgetaucht ist, wirkten sie zwar vertraut miteinander, aber nicht von der Art, die auf eine romantische Beziehung schließen ließe. Sie haben sich kaum angesehen, und ich dachte, dass sie eine Angestellte wäre, weil sie sich so weit von ihm weggesetzt hat. Das Haus ist so groß, dass er sicher ein paar Angestellte haben muss, die auch hier leben.

Außerdem war ich so sehr in mein Gespräch mit Collins vertieft, dass ich gar nicht bemerkt habe, wie hübsch sie ist. Jetzt, wo ich sie das erste Mal bewusst ansehe, wird es mir auf Anhieb klar: Sie ist genau der Typ Frau, mit der er ausgehen würde. Sie ist groß, schlank und wunderschön. Sie kommt mir sogar irgendwie bekannt vor. Dann erkenne ich sie: Das ist Tatianna Markov, die Frau, deren Foto auf jeder Ausgabe der Vogue prangt, die am Flughafen auslag.

Als ich die beiden ansehe – was mir schwerfällt, da sie sich in entgegengesetzten Ecken des Raumes aufhalten – sinkt mir das Herz in die Hose. Aber mir fällt etwas auf, als ich zwischen ihnen hin und her sehe: Beide sitzen in der gleichen, aufrechten Haltung in ihren Sesseln. Der Anblick genügt, dass auch ich mich sofort aufrechter hinsetze. Auf ihren Gesichtern liegt ein kühler, strenger Ausdruck, der keinerlei Rückschlüsse darauf zulässt, was in ihnen vorgeht. Diesen Ausdruck habe ich bei Collins früher nie gesehen. Er hat nie so kalt gewirkt. Ich muss daran denken, wie es damals war. Er war immer auf eine männliche Art ernst, dennoch war es einfach, ihn zum Lächeln zu bringen, was ich oft und gerne tat. Der Ausdruck, der jetzt auf seinem Gesicht liegt, ist ernst und wie versteinert. Ich bin froh, dass er mich nicht so ansieht, aber es ist traurig, dass er überhaupt so dreinschaut.

Tatianna wirft sich das Haar über die Schulter und wendet sich mir zu. »Was führt dich nach Los Angeles?«

Mein Blick schnellt zu Collins, aber er behält seine gleichmütige Miene bei und lässt sich von ihrer Frage nicht aus der Ruhe bringen. Voller Panik will ich noch einen Schluck aus meinem Glas nehmen, aber es ist leer.

Collins steht auf. »Ich mixe dir noch einen.« Er geht zur Bar, stellt drei Gläser auf den Tresen und bereitet jedem von uns einen frischen Drink zu.

Ich atme tief ein und bin froh für diesen Aufschub. Ich lüge nicht gerne, aber ich werde dieser Frau auf keinen Fall sagen, dass ich hergekommen bin, weil ich ihren Freund heiraten will. Das Ganze war eine Schnapsidee. Ich wünschte, ich hätte mir die Sache zweimal überlegt, anstatt einfach online zu gehen und das günstigste Ticket zu buchen. Mir ist nicht einmal in den Sinn gekommen, er könnte kein Single mehr sein. Aber wenn es um Collins ging, habe ich schon immer schnell meinen Verstand verloren. Warum hätte es dieses Mal anders sein sollen?

Aber Tatianna muss davon nichts erfahren. Sie würde mich sonst auslachen und aus dem Haus werfen. Ihr Blick ruht noch immer auf mir, und sie wartet auf eine Antwort.

»Ich …« Ich überlege krampfhaft, was ich sagen könnte, solange es nur nicht der wahre Grund ist, aus dem ich gekommen bin. »Ich habe meinen Job verloren.« Ich kann spüren, wie ich tiefer in meinem Sessel versinke und kann einfach nicht glauben, dass ich gerade vor Collins und seiner Freundin zugegeben habe, dass ich eine gescheiterte Buchhalterin bin. »Um ehrlich zu sein, ich wurde gefeuert.« Kann mich nicht bitte jemand zum Schweigen bringen?

Collins reicht mir einen neuen Drink, und ich nehme ein paar kräftige Schlucke davon.

»Was ist passiert?«, fragt er mich. Er setzt sich mir gegenüber und wirkt ehrlich überrascht. Ich bin mir sicher, das Mädchen, an das er sich erinnert, wäre niemals so dumm gewesen, sich feuern zu lassen. Ich schätze, die Dinge haben sich geändert.

»Ich habe als Buchhalterin gearbeitet.« Ich blicke auf meinen Drink hinab und rühre mit dem Strohhalm darin herum. »Mein Boss hat Gelder veruntreut und es mir in die Schuhe geschoben. Und ich konnte nicht beweisen, dass ich unschuldig bin.«

Collins hebt seine Hand, als wolle er mich unterbrechen. »Es gibt immer eine Lösung. Ich kenne einige ausgezeichnete Finanzsachverständige zur Aufklärung von Straftaten. Ich könnte dich mit einem von ihnen bekannt machen.« Er beugt sich vor, und sein besorgter Blick sagt mir, dass er mir helfen will, wenn ich ihn nur lasse. Er hat mich schon immer beschützt, und es gefällt mir, diese Seite an ihm wiederzuentdecken. Ich kaue auf meiner Unterlippe herum, denke ernsthaft über sein Angebot nach, aber diese ganze Sache hat mich bereits zu sehr gedemütigt; das ist den Aufwand nicht wert. Die veruntreute Summe war so klein, dass sie keine Anzeige erstattet haben. Ich winke ab. »Das ist es nicht wert. Er konnte nur ein paar Tausend Dollar beiseiteschaffen, bis er … beziehungsweise ›ich‹ erwischt wurde.«

Tatianna lacht. »Der Kerl ist ein schlechter Betrüger, wenn er nur ein paar Tausend Dollar veruntreuen konnte.«

Ich ringe mir ein Lächeln ab, aber für mich ist das schon eine Menge Geld. Nach der Kündigung haben sie meinen letzten Gehaltscheck einbehalten, zum Ausgleich für den Schaden, den sie erlitten haben. Ein paar Tausend Dollar hätten da schon gereicht, um wenigstens ein paar Monate lang meine Miete bezahlen zu können.

»Na ja, jedenfalls bin ich jetzt hier, weil ich einen Ort brauche, an dem ich von vorne anfangen kann.« Ich rühre in meinem Drink herum und suche fieberhaft nach einem anderen Gesprächsthema als meine verpfuschte Karriere als Buchhalterin.

Tatianna gähnt und streckt sich. Es sieht mehr künstlich aus als echt. Sie ist eindeutig keine gute Schauspielerin.

Ich nehme das als nicht ganz so subtile Aufforderung zu gehen. Ich fühle mich beschämt und stehe auf. »Ich sollte gehen«, sage ich, trinke meinen Drink aus und stelle das leere Glas auf dem nächstgelegenen Tisch ab. Ich betrete den Flur und laufe in eine Richtung, von der ich hoffe, dass sie mich zu meinem Koffer und dann zum Ausgang führt. Ich mag zwar nicht genug Geld für eine Nacht im Hotel haben, aber hier werde ich nicht bleiben.

»Warte, Grem … Mia. Bleib stehen, wo willst du hin?« Collins folgt mir in den Flur, packt meinen Arm und zwingt mich, stehen zu bleiben. Seine große Hand auf meinem Oberarm lässt mich am ganzen Körper schaudern. Es ist lange her, seit er mich auf diese vertraute Weise berührt hat, aber mein Körper kann sich noch ganz genau an die Nacht damals erinnern.

»Ich hätte nicht herkommen sollen. Du hast …« Ich deute vage mit der Hand auf alles um uns herum und weiß nicht, was genau ich damit meine. Sein großartiges Haus, seine wunderschöne Freundin oder perfektes Leben. Jedes für sich genügt schon, dass ich mich klein fühle, aber alles zusammengenommen sorgt dafür, dass ich am liebsten in Tränen ausbrechen würde. Ich schlucke den harten Kloß in meiner Kehle herunter und zwinge mich, zu Collins aufzusehen.

Er lächelt, was mich wiederum zum Lächeln bringt.

»Unsinn. Du bist extra hergekommen. Bleib noch. Wenigstens ein paar Tage. Wir müssen immerhin fünfzehn Jahre aufholen.« Er sieht mir in die Augen und sein Blick ist freundlich, wenn auch bestimmt. Mir wird ganz warm ums Herz. Er schafft es immer noch, mich anzusehen, als wäre ich der einzige Mensch auf der Welt, der ihm wichtig ist. Ich frage mich, wie er das fertigbringt, wo er doch mit dieser atemberaubend schönen Frau zusammen ist, die im Zimmer gleich nebenan auf ihn wartet? Ich habe keine Ahnung, aber ich kann ihm einfach nichts abschlagen. Nicht, wenn er mich so ansieht. Außerdem hat dieses riesige Haus bestimmt mindestens zehn Gästezimmer, es ist also nicht so, als würde ich ihn aus seinem Bett vertreiben oder etwas in der Art.

Ich seufze. »Okay.« Allein der Gedanke an ein Bett lässt mich müde werden. Es war ein langer Tag und ein langer Flug, und ich kann ein Gähnen nicht unterdrücken.

Er steckt seinen Kopf durch die Bibliothekstür. »Ich gebe Gremlin das violette Zimmer.«

»Wem? Ach, egal«, erwidert Tatianna gelangweilt.

Er nimmt meine Hand in seine, so als wären wir noch Kinder, nur dass seine Hand inzwischen viel größer ist als meine, die somit vollkommen in seinem festen Griff verschwindet. Es fühlt sich irgendwie natürlich an, dass er mich an die Hand nimmt, und ich folge ihm in die Eingangshalle, wo er mühelos meinen Koffer hochhebt und die Treppe hinaufträgt. Wir gehen einen langen Flur entlang, bis er endlich vor einer Tür stehen bleibt, sie öffnet und meinen Koffer in das Zimmer stellt.

»Grem … Mia, ich freue mich, dass du hier bist.« Sein Mund verzieht sich zu einem Grinsen, als würde es ihn amüsieren, dass er es nicht schafft, mich auf Anhieb bei meinem richtigen Namen zu nennen. Als wir uns das erste Mal begegnet sind, trug ich ein T-Shirt mit einem Gremlin aus dem gleichnamigen Film darauf. Das altmodische T-Shirt aus dem Secondhand-Laden war der Grund, warum er mir damals an meinem ersten Tag im Kindergarten zur Hilfe kommen musste. Einige der anderen Kinder hatten mich wegen meiner Kleidung aus zweiter Hand geärgert, und er hat mich damals gerettet. Nachdem er den anderen Kindern gesagt hatte, sie sollten mich in Ruhe lassen, hat er es irgendwie geschafft, dem Ganzen eine heitere Note zu verpassen, indem er sagte, Gremlins wären cool, und mich dann nur noch Gremlin genannt hat. Nicht auf eine gemeine Weise, sondern um mich zu necken. Ich war ihm so dankbar für seine Hilfe, dass er alles zu mir hätte sagen dürfen, und ich hätte immer noch gelacht. Den Spitznamen wurde ich aber leider nicht mehr los.

Das ist schon irgendwie witzig. Ich muss lächeln, aber gleichzeitig erröte ich, denn wir sind wieder allein. Nur wir beide, und er sieht mich wieder auf diese Weise an, wie er mich angesehen hat, als er mich an der Haustür erkannt hat. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich glaube, in seinen Augen gesehen zu haben, dass er sich an unser erstes und einziges Mal vor fünfzehn Jahren auf dem Boot erinnert hat.

Mir ist diese Nacht so lebhaft im Gedächtnis, als wäre es erst gestern gewesen. Ich war so nervös, aber ich war mir sicher, dass es der einzig richtige Weg war, Abschied von ihm zu nehmen. Nur so konnte ich ihm etwas von mir geben, das für immer bei ihm bleiben würde. Er hat damals zwar versucht, es mir auszureden, auch wenn ich seine Blicke auf meinem Körper bemerkt hatte, die mir sagten, dass auch er mich wollte. Ich war so erleichtert, als er endlich einwilligte und zudem noch sagte, dass es für ihn ebenfalls das erste Mal sei. Bedeutete es doch, dass auch er mir etwas von sich schenken wollte. Etwas, das ich über all die Jahre hinweg in Ehren gehalten habe.

Er war so zärtlich und behutsam mit mir. Es war vielleicht nicht perfekt, aber das lag nicht nur an ihm. Seine Küsse jedoch waren innig, und er hielt mich fest in seinen Armen, während wir beide versuchten, herauszufinden, wie wir das am besten anstellen sollten, was keiner von uns zuvor jemals getan hat. Aber dann hatte er die Führung übernommen, mich auf den Rücken gebettet und sich auf mich gelegt. Er war so zärtlich und so aufmerksam; er drang langsam in mich ein, wollte mir unter keinen Umständen wehtun. Er wollte sichergehen, dass es mir gut ging. Und ja, es tat weh, aber es war nicht mehr als ein Stich, und der Schmerz hielt nicht lange an. Und dann war es nur noch unglaublich. Das Gefühl, ihn in mir zu haben, das Gefühl, wie er mich ausfüllte. Die Erinnerung an dieses Erlebnis lässt mich noch immer erröten. Und doch hatte er danach Angst, er hätte mir wehgetan. Dabei fühlte ich mich vollkommen und geborgen.