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Doris und Georg wollen sich scheiden lassen. Nach über zwanzig gemeinsamen Jahren und zwei erwachsenen Kindern hat sich Georg in die junge Doktorandin Laura verliebt. In einer Trennungstherapie sollen die beiden ihre guten und schlechten Zeiten Revue passieren lassen. Georg passt das so gar nicht in den Kram und auch Doris spielt nicht immer mit fairen Mitteln. Als Georg dann auch noch von Laura verlassen wird, ist das Chaos komplett. Oder wird bald alles wieder in gewohnten Bahnen verlaufen? UND WER NIMMT DEN HUND? ist eine tragikomische Trennungskomödie, bei der jeder sein Fett wegbekommt. Marcus Grubes Bühnenfassung basiert auf dem Drehbuch von Martin Rauhaus, das mit Martina Gedeck und Ulrich Tukur in den Hauptrollen verfilmt worden ist und erstmals 2019 beim Filmfest München zu sehen war. Das Drehbuch kann außerdem für eine eigene Bühnenbearbeitung verwendet werden.
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Seitenzahl: 64
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Martin Rauhaus
Und wer nimmt den Hund?
Bühnenfassung von Marcus M. Grube
Doris und Georg wollen sich scheiden lassen. Nach über zwanzig gemeinsamen Jahren und zwei erwachsenen Kindern hat sich Georg in die junge Doktorandin Laura verliebt. In einer Trennungstherapie sollen die beiden ihre guten und schlechten Zeiten Revue passieren lassen. Georg passt das so gar nicht in den Kram und auch Doris spielt nicht immer mit fairen Mitteln. Als Georg dann auch noch von Laura verlassen wird, ist das Chaos komplett. Oder wird bald alles wieder in gewohnten Bahnen verlaufen?
UND WER NIMMT DEN HUND? ist eine tragikomische Trennungskomödie, bei der jeder sein Fett wegbekommt. Marcus Grubes Bühnenfassung basiert auf dem Drehbuch von Martin Rauhaus, das mit Martina Gedeck und Ulrich Tukur in den Hauptrollen verfilmt worden ist und erstmals 2019 beim Filmfest München zu sehen war.
4 D | 2 H
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Bühnenbild:
Zwei große Ecksofas rechts und links, die ein in der Mitte unterbrochenes „U“ formen. Auf beiden Seite je kleine Beistelltische.
Die linke Seite dient als Wohnzimmer von Georg und Doris, als Kantine, als Sportstudio, als Restaurant etc. – die rechte Seite ist das Therapiezimmer, Georgs Hotelzimmer, die Wohnung von Frau Bruhns, die Kunsthalle, etc.
Die Spielfläche dazwischen und davor kann für alle Orte variabel genutzt werden.
Hinter dem Sofa links sieht man vielleicht das Hinterteil und den Schwanz eines Hundes …
An der Wand links verschiedene mittelgroße Bilder meeresbiologische Fotos / Zeichnungen (mit Abbildungen der „Aurelia aurita“, im Idealfall blau leuchtend, etc.), rechts findet sich ein sehr großes Bild (Kunst! – Richter, Rothko, Baselitz, Bacon o.ä.)
PERSONEN
Frau Bruhns
Georg
Doris
Claudia / Polizistin
Peter / Museumswärter
Laura
BRUHNS
Das Wichtigste in einer Beziehung ist Kommunikation.Haben Sie kommuniziert? Miteinander geredet?
DORIS
Fast nie.
Gleichzeitig
GEORG
Permanent.
DORIS
Da herrschte das ganz große Schweigen.
GEORG
Also eigentlich rund um die Uhr.
FRAU BRUHNS (dreht sich aus der Situation und redet direkt mit den Zuschauern)
Die Lehnerts. Kein untypischer Fall. Der Mann Haupternährer, die Frau Hausfrau und Mutter. Kinder vor zwei Jahren ausgezogen. Und dann der große Knall.
Frau Bruhns wendet sich wieder der Therapiesituation zu.
FRAU BRUHNS
Und wie lang ist das jetzt her?
GEORG
Ungefähr drei Wochen.
DORIS
Drei Wochen und vier Tage.
FRAU BRUHNS
Und Sie sind also beide entschlossen, sich zu trennen?
GEORG(sofort)
Ja. Definitiv.
Gleichzeitig
DORIS(zögerlich)
Ähm…ich denke, schon.
FRAU BRUHNS
Und was genau wünschen Sie sich von mir?
(zum Publikum) Die Frau hofft in einem solchen Fall meist, es „wird wieder was“. Der Mann kommt mit, weil er weitere unschöne Szenen unbedingt vermeiden will.
DORIS
Na: dass Sie uns HELFEN! Was denn wohl sonst? Man kann doch nicht einfach sagen: Schluss. Wer kriegt den Fernseher? Oder: wer nimmt den Hund? Man will das doch irgendwie – verstehen.
Georg zieht etwas skeptisch die Brauen hoch. Wir haben nicht den Eindruck, dass „das hier“ seine Idee war.
FRAU BRUHNS
Es ist sehr mutig, eine Trennung begleiten zu lassen. Und wichtig, dass man Wunden heilt. Und vielleicht auch wieder das Gute sehen kann. Vor allem nach 24 Ehejahren.
DORIS(korrigiert) 23.
Georgs Blick prüft, ob die Therapeutin Doris bereits als notorische Besserwisserin durchschaut hat.
GEORG
Sehen Sie?
FRAU BRUHNS
Der moderne Mensch geht mindestens 10 Jahre zur Schule. Einen Beruf lernt man 2 bis 3 Jahre lang, ein Studium kann 8 Jahre dauern. Aber wie man mit jemand zusammenlebt, dafür gibt es keinerlei Ausbildung. Man hofft einfach, dass das schon irgendwie klappen wird. Die Scheidungsrate in Deutschland liegt bei 46 Prozent, die Trennungsrate Nichtverheirateter bei 85 Prozent. Plötzlich geht nichts mehr, und die Beteiligten sind vollkommen ratlos. Und hier komme ich ins Spiel.
Am besten fangen wir ganz am Anfang an. Wie haben Sie sich kennengelernt?
Frau Bruhns beaufsichtigt die „Rekonstruktion“ der ersten Begegnung.
DORIS
Im Aquarium.
GEORG
Vorm Quallenturm.
FRAU BRUHNS
Gut, dann zeigen sie mir, wie das war!
GEORG
Ich soll das jetzt nachspielen?
FRAU BRUHNS
Sie beide!
GEORG
Das ist doch albern.
Doris schaut Georg genervt an. Er gibt nach.
GEORG
Also gut. Ja, dann … Bitte!
DORIS
Also ich stand hier.
GEORG
Bisschen weiter da rechts. Ich bin ja von meinem Büro gekommen. Und hab´ dich im Profil gesehen.
Doris stellt sich ein Mini-Stückchen weiter nach rechts.
FRAU BRUHNS
Und wer hat wen angesprochen?
DORIS
Er mich.
FRAU BRUHNS
Gut, dann …
Sie nickt Georg zu: sie spielen ihr Kennenlernen nach.
GEORG
Aurelia aurita.
Doris wendet sich um: Georg steht vor ihr.
GEORG
Bei großem Hunger in der Lage, sich selbst aufzufressen. Und sich dadurch zu regenerieren.
DORIS
Und das funktioniert?
GEORG
Wie man´s nimmt. Ihre Lebenserwartung beträgt nur 3 Jahre.
DORIS
Dann ist das vielleicht doch nicht so schlau. Das mit dem sich selbst auffressen.
GEORG
Die können nicht anders. Es ist ihre Natur.
Beide müssen lächeln. Für eine Sekunde scheinen sie wieder in der Vergangenheit zu sein. Doch Frau Bruhns bricht den Bann.
FRAU BRUHNS
Und dann?
DORIS
Sind wir zum Zitteraal rüber.
Sie gehen ein paar Schritte weiter.
DORIS
Wir waren wie zwei Züge, die in voller Fahrt aufeinander zurasen und erst in letzter Sekunde stoppen.
GEORG
Doris, das hast du immer wieder gesagt. Aber doch nur, weil John Lennon das über Yoko Ono gesagt hat. Und du das immer so toll fandest.
DORIS
Das finde ich immer noch toll.
GEORG
Aber wir waren nie John Lennon und Yoko Ono.
FRAU BRUHNS
Was war das Erste, das Ihnen am anderen auffiel?
DORIS
Also, dass er ungeheuer klug war. Er war, also er war der jüngste Direktor eines deutschen Aquariums. Und das, das fand ich natürlich beeindruckend. Mein Gott. Ich, ich war 26.
GEORG
Ihre Nase.
FRAU BRUHNS
Ähm – bitte?
GEORG
Ich fand ihre Nase ungeheuer sexy. Das klingt jetzt vielleicht seltsam, aber –
DORIS
Du sagst mir hier gerade, du hast dich in meine Nase verliebt?
GEORG
Nein, ich … Also, aber eben: irgendwie doch. Sie war unglaublich. Hier. „Electrophorus“, zu deutsch: Zitteraal. Aus der Familie der Gymnotidae. Und was macht man als frischgebackene Diplom-Kunsthistorikerin aus München in Hamburg?
DORIS
Man stellt sich bei Galerien und Museen vor. Und hofft, irgendjemand sagt: „Yes.“
GEORG
Da kann ich in meiner Eigenschaft als Hamburger nur hoffen, dass Sie Erfolg haben.
Sie muss lachen. Sie mögen sich. Die Anzeige schlägt stark aus. Die beiden sehen sich dann, ein kurzer Moment der Verbundenheit, dann kehren sie in alte Muster zurück.
DORIS(ruft sich damit selbst zur Räson)
Ja. Also, und dann haben wir die Liste gemacht.
FRAU BRUHNS
Die „Liste“?
DORIS
Also mit …mit unseren Träumen.
Kurz blickt sie zu Georg. Der schaut schnell weg. Irgendwie unsicher-berührt.
FRAU BRUHNS (lächelt)
Was stand drauf?
Georg und Doris rekonstruieren abwechselnd die Liste.
DORIS
„KINDER“
GEORG
„HAUS“
DORIS
„HAWAII“
GEORG
„SEX“
usw.
GEORG
„LEBENDIG BLEIBEN“
DORIS
„VERRÜCKT BLEIBEN“
Stille.
FRAU BRUHNS
Und was davon haben Sie, also, umgesetzt?
GEORG
Naja. Die Kinder und das Haus.
DORIS