Unternehmenspolitik und Corporate Governance - Fredmund Malik - E-Book

Unternehmenspolitik und Corporate Governance E-Book

Fredmund Malik

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Beschreibung

Fredmund Malik liefert mit diesem Buch den Einblick in sein kybernetisches Instrumentarium – samt Gebrauchsanleitung. »Allgemeine Systempolitik« und »Master Controls« sind die Schlüsselfunktionen zukünftiger Unternehmenspolitik und Corporate Governance. Fredmund Malik zeigt, wie Organisationen so organisiert werden müssen, dass sie sich in der Folge von selbst organisieren. Mit dieser Buchreihe präsentiert er sein kybernetisches General- Management-System für das Komplexitätszeitalter.

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Fredmund Malik

Unternehmenspolitik und Corporate Governance

Wie Organisationen sich selbst organisieren

Campus VerlagFrankfurt/New York

Über das Buch

Vom Menschen geschaffene Organisationen, wie Wirtschaftsunternehmen und andere gesellschaftliche Institutionen, können genauso autodynamisch funktionieren wie moderne Technik, die sich selbst lenkt, reguliert und überwacht. Fredmund Malik liefert mit diesem Buch den Einblick in sein kybernetisches Instrumentarium – samt Gebrauchsanleitung. Allgemeine Systempolitik und Master Controls sind die Schlüsselfunktionen zukünftiger Unternehmenspolitik und Corporate Governance. Malik zeigt, wie Organisationen organisiert werden müssen, damit sie sich in der Folge von selbst organisieren. Mit diesem Buch präsentiert er sein kybernetisches General ManagementSystem für das Komplexitätszeitalter.

»Ein wirksames Therapeutikum gegen den ewigen Stau auf der Straße zum Entscheider … Mit seinem neuen Werk macht Malik seinem Ruf als Vordenker alle Ehre.« Financial Times Deutschland

Informationen zum Autor

Prof. Dr. Fredmund Malik steht für professionelles Management sowohl in der fundierten wissenschaftlichen Theorie als auch in der praktischen Anwendung. Sein über Jahrzehnte konsequent vom Zeitgeist losgelöstes Verständnis von Management als wichtigste gesellschaftliche Funktion beeinflusst Generationen von Führungskräften. Malik ist an der Schweizer Universität St. Gallen habilitierter Professor em. Für Unternehmensführung, international ausgezeichneter Managementexperte sowie Gründer und Chairman von Malik St. Gallen, der führenden Knowledge-Institution für das Management komplexer Systeme mit Niederlassungen in St. Gallen, Zürich, Wien, Berlin, London, Toronto, Peking und Shanghai. Darüber hinaus ist er als Mitglied und Vorsitzender in Aufsichts-, Verwaltungs- und Stiftungsräten fundierter Kenner der Praxis von Corporate Governance. Malik ist einer der profiliertesten Managementvordenker und vielfach ausgezeichneter Autor von Bestsellern, darunter der Klassiker Führen Leisten Leben, der zu den 100 besten Managementbüchern aller Zeiten gehört.

Für Hans Ulrich,weil er mir Freiheit und Mut gab,über die Grenzen zu denken …

Inhalt

Der Kern im Allgemeinen

Thesen

Sprachgebrauch

Teil IVon Organisation zu Selbstorganisation

1. Manifest für Corporate REvolution

Die revolutionäre Transformation

Kategorialer Wandel – Wandel der Kategorien

Wird das Unternehmen überleben?

Von Geld zu Wissen: Wird es noch Hauptversammlungen geben?

Von Wissen zu Erkenntnis: Mundus Novus

Richtige Unternehmenspolitik ist Systempolitik

Management im Komplexitätszeitalter

Systemische Unternehmenspolitik

Systemlogik und Sachfragen

Wirksame Master Controls

Sachpolitik versus Systempolitik

Unternehmenspolitik, Systempolitik, Governance

Blind bleiben für systemimmanente Naturkräfte

2. Arbeitsprogramm für kybernetische Unternehmenspolitik

Road Map zur kybernetischen Unternehmenspolitik

Orientierung im General Management-Kontext

Teil IINeue Zeit – Neues Management

1. Konstanten im Wandel: Invarianz, Selbstorganisation, Evolution

Sichere Orientierungsmarken höchster Ebene

Master Control, Kybernetik und Governance

Zwei Arten Systeme – zwei Arten Management

2. Prototypen von System und Selbstorganisation

Prototyp System: Wasser

Prototyp Selbstorganisation: Kreisverkehr

3. Master Control durch Unternehmenspolitik

Was Unternehmenspolitik ist

Kern des Funktionierens

Pseudo-Pragmatiker

Beispiele komplexitätsgerechter Unternehmenspolitik

Echte Leadership und »Großer-Mann-Phantasien«

Unternehmenspolitik und solide System-Arbeit

Unverbindlichkeit, Überregulierung, Offenheit, Allgemeingültigkeit

Ethik und Moral

Was soll eigentlich geregelt werden?

4. Navigieren in Komplexität – Modelle für Überblick, Einblick, Durchblick

Brain-like Models

Welt → System → Modell → Konzept

Denk-Tool »Modell«

Erkennen und Verstehen durch Regulierungs-Modelle

Wissen, wovon die Rede ist: Babylon-Syndrom

Like a Brain: Operations-Room – Management-GPS

Drei zweckorientierte Modelle

Basis-Modell Unternehmenspolitik

Abschied von Hierarchie: Einbetten statt Einreihen

Rekursive Logik für kybernetische Systeme

Spezialisten, Generalisten, Spezialisten für Generelles

Drei Teil-Konzepte für Master Control

Die besten Medien für Master Control

Teil IIIAnleitung zur Selbstorganisation

1. Was das Unternehmen tun soll: Das Unternehmenskonzept

Zweck des Unternehmens

Mission des Unternehmens

Performance des Unternehmens: Das Cockpit

REvolutionierung der Unternehmenslenkung durch CPC in Richtung Gehirn

Die kybernetische Kraft von Zweck und Mission

2. Wo das Unternehmen funktionieren soll: Das Umweltkonzept

Worauf ist zu achten? Eine gemeinsame Landkarte

Master Control-Modell für die Umwelt

Master Controls für das Umwelt-Modell

Kategorialer Wandel

3. Wie und womit das Unternehmen funktionieren soll: Das Führungskonzept

Gleiches Management überall und für alle

Ausschöpfen des Leistungspotenzials

Induzieren von Selbstorganisation

Management-Modelle für Master Control

General Management Modell

Standard-Modell wirksamer Führung – »Führungsrad«

Das Integrierte ManagementSystem (IMS)

Navigation statt Dokumentation!

Master Control-»Führungskonzept« im Überblick

Umsetzen von Unternehmenspolitik: Gesetz mal Anwendung

Management-Bildung und -Entwicklung: Return on Education

Management-Bildung ist erfolgskritisch

Bildtafeln des Malik ManagementSystems (MMS)

Teil IVSouveränität und Leadership durch Master Control

1. Ordnung, Zeit, Ruhe

Ihre Arbeitsbedingungen: Proliferierende Komplexität

Ihre Aufgabe: Total System Master Control

Ihre Herausforderung: Change Leaders

Ihre Wahl: Nutzen von Komplexität

Ihr Konflikt: Kategorialer Wandel

2. Top-Management-Bezugsrahmen für Change Leaders

Im Fadenkreuz von Total System Control

Die Zukunft entsteht heute – oder wurde versäumt

3. Souveräner Umgang mit Master Controls – Quelle von Leadership

Master Control durch Corporate Policy

Master Control durch Corporate Modes

Master Control durch Corporate Issues

4. Ein Blick nach vorne – Aktuelle Top-Management-Issues

Aufklären und »Erziehen« der Shareholder und Repräsentanten des Finanzbereiches

Was ist Gewinn? Was ist Wohlstand?

Unternehmertum und Top-Management

Bedeutung von Wissen

Durchdenken von Stärken

Top-Performer fördern

Was ist eine funktionierende Gesellschaft?

Was bedeutet Verantwortung?

Einkommen von Spitzenkräften

5. Krise der Top-Organe und ihre REvolution

Fehlende Theorie für Top-Management-Strukturen

Willensbildung funktioniert schon heute anders

Nährboden für Verschwörungstheorien

Warum herkömmliche Corporate Governance nicht genügt

6.REvolution: Vom Chief Executive Officer zur Master Control-Funktion

Super-Steuerung statt Super-Person

Total System Master Control-Funktion

Funktionieren statt Personifizieren

7. Top-Management-Teams

Drei Bedingungen

Sechs Regeln

8. Master Controls für Leadership

Was Leader unterscheidet

Leadership passiert – aus der Situation heraus

Master Controls für echte Leadership

Charisma?

9. Heuristiken für Gewinner: Logik des Gelingens

Grundsätze für die Lagebeurteilung

Grundsätze für die Lenkungs- und Beziehungskapazität

Grundsätze für die Beeinflussung der Informationslage

Grundsätze für die Überzeugungsfähigkeit

Epilog

Anhang

Konzept und Logik der Reihe »Management: Komplexität meistern«

Das Ganze und seine Teile

Die wissenschaftlichen Grundlagen

Wenn die Sprache an ihre Grenzen stößt

Redundanz

Abbildungen

Browser-Technologie

Die Malik ManagementSysteme und ihre Anwender

Bezeichnungen und Identitäten

Die Anfänge

Entwicklungsgeschichte

Anwendungsbereiche und Wirkungen

Autonomie für Management und Manager

Modularität und Interfaces

ManagementSysteme für Selbstdenker

Mit der Qualifikation steigt das Erfolgspotenzial

Selbstmotivation für Selbstentwickler

Verantwortung versus Anerkennung

Autoren und Danksagung

Was man verstehen muss, um diese Buchreihe zu verstehen

Erfolg programmiert sein eigenes Scheitern

Wenn das Denken nicht mitwächst

Probleme des Erfolgs und Gesetze von Systemen

Alte und neue Quellen von Wissen und Erkenntnis

Kybernetik für das Verstehen der neuen Lösungen

Zwei nötige Evolutionssprünge

Neue Erfolgshebel – das Nutzen von Komplexität

Richtiges Management ist kybernetisches Management

Glossarium

Markenrechtlich und urheberrechtlich geschützte Begriffe

Über den Autor

Mitgliedschaften (Auswahl)

Auszeichnungen (Auswahl)

Literatur

Register

Wie ich Management sehe

Management ist die bewegende Kraft, wo immer viele Menschen gemeinsame Ziele nur durch das Teilen von Arbeit und Wissen erreichen können.

Management ist das Organ der Führung, in all unseren gesellschaftlichen Institutionen – im Wirtschaftsunternehmen ebenso wie in der Universität, im Krankenhaus, in der Stadt und in allen anderen Organisationen.

Management muss der Institution, die es führt, Richtung geben. Es muss die Mission der Institution durchdenken, ihre Ziele festlegen und Ressourcen organisieren für die Resultate, welche die Institution zu erzielen hat.

Management ist jene gesellschaftliche Funktion, die alles zum Funktionieren bringt.

Richtiges und Gutes Management verstehe ich als…

… jene gesellschaftliche Funktion, die die Organisationen und Systeme einer Gesellschaft dazu befähigt, richtig zu funktionieren

Dies schließt auch verantwortliche Leadership und Governance mit ein.

Nur durch Richtiges Management werden die Ressourcen einer Gesellschaft wirksam in sinnvolle Ergebnisse und in Nutzen transformiert. Zu diesem umfassenden Verständnis von Management gehört auch das Befähigen von Menschen, ihren Beitrag zum richtigen Funktionieren ihrer Organisationen zu leisten. So verstandenes Management schafft Zweck, Orientierung, Struktur und Leistungskraft. Dadurch verwirklicht es auch politische und gesellschaftliche Verantwortung und Ethik.

Management– Meistern von Komplexität

Zu den größten Herausforderungen von Management gehören die exponentiell steigende Komplexität und die Dynamik des Wandels der heutigen, global vernetzten Systeme. Die damit verbundenen tiefgreifenden Veränderungen nenne ich »Die Große Transformation21«.

Daher verstehe ich Management auch als das Meistern von Komplexität und habe der auf sechs Bände angelegten Reihe diesen Titel gegeben. Es ist diese Perspektive, die den besten Zugang zu Management in seiner Ganzheit eröffnet, und es ermöglicht, dafür die besten Lösungen zu entwickeln.

Die wissenschaftlichen Grundlagen für meine ManagementSysteme sind die drei Komplexitätswissenschaften Systemik, Kybernetik und Bionik. Die Systemik sehe ich als die Lehre von kohärenten Ganzheiten; die Kybernetik verstehe ich als die Lehre vom Funktionieren; und die Bionik, so wie ich sie anwende, befähigt Führungskräfte dazu, evolutionäre Lösungen der Natur auf ihre Organisationen zu übertragen, um deren Leistungsfähigkeit zu optimieren.

Meine Managementlehre ist daher grundverschieden von konventionellen Ansätzen. Sie schafft Klarheit, wo heute Begriffskonfusion, Widersprüchlichkeit, Beliebigkeit und Moden dominieren. Insbesondere gehe ich damit über Betriebswirtschaftslehre und Business Administration seit langem weit hinaus, was zu grundlegenden Managementinnovationen führte und für zahlreiche Managementprobleme gänzlich neue Lösungen ermöglicht.

Management– Betriebssystem für Organisationen

In seiner Bedeutung und Wirkung ist Management vergleichbar mit dem Betriebssystem von Computern: So wie das richtige Funktionieren eines Computers erst durch das Betriebssystem möglich wird, so wird das richtige Funktionieren von Organisationen erst durch das »Betriebssystem Management« möglich. Richtiges Management sehe ich als evolutionsfähiges »Betriebssystem« für Organisationen jeder Größe und jeder Art.

Management– Beruf der Wirksamkeit

Manager oder Führungskräfte sind jene Personen, die diese gesellschaftliche Funktion verkörpern und als Beruf ausüben. Dazu gehört es, das für eine Organisation Richtige zu tun und dieses gut zu tun. Daher verstehe ich Management auch als den Beruf der Wirksamkeit in komplexen Systemen.

Das Beherrschen der Grundfähigkeiten von Richtigem Management und Selbstmanagement ist für die Menschen des 21. Jahrhunderts ebenso bedeutend, wie Lesen und Schreiben für die Menschen seit dem 18. Jahrhundert. Management ist heute jene Schlüsselkompetenz, durch die Menschen beschäftigungsfähig und in Organisationen wirksam werden. Erfolge im Beruf sind in allen Organisationen überwiegend die Folge von Richtigem und Gutem Management. Denn erst dadurch werden weit über die ökonomischen Ressourcen hinaus auch Talent, Intelligenz, Kreativität, Information, Wissen und Erkenntnisse in Resultate transformiert.

Management für Menschen und Management für Organisationen sind die Dimensionen der Anwendung meiner ganzheitlichen ManagementSysteme. Mit ihnen werden die Bedingungen dafür geschaffen, dass Menschen ihre eigenen Stärken in Leistung umwandeln können, dass sie dadurch Erfolg haben und darin Sinn sehen und Erfüllung finden können.

Fredmund Malik

St. Gallen, im Mai 2013

Der Kern im Allgemeinen

Wie viele Wege es auch gibt, Systeme zu schaffen, die Probleme lösen sollen; um Probleme zu vermeiden, gibt es nur einen Weg – das ist der kybernetische.

Systeme, die Probleme vermeiden sollen, müssen einerseits an den dauerhaften Realitäten des innersten Kerns aller Wesen und Dinge ansetzen – an den Schaltkreisen ihresFunktionierens. Andererseits müssen sie mit dem aktuellen Problembewusstsein korrespondieren, um verstanden zu werden. So bekam dieses Buch einen Titel, der der breiten Bedeutung von Management entspricht: Unternehmenspolitik und Corporate Governance. Sein Inhalt hingegen ist erst wenigen vertraut. Es sind die Konstanten des Funktionierens von komplexen Systemen, nämlich die Allgemeine Systempolitik mit ihren Master Controls, um Organisationen so zu organisieren, dass sich das Erforderliche in ihnen von selbst organisiert.

Jede Organisation, jeder Mensch spürt die Auswirkungen des fundamentalen Wandels durch das eingetretene Komplexitätszeitalter. So gut wie jeder ahnt, dass rascher Wandel künftig zum Alltag gehört, und dass nur Weniges so bleiben wird, wie es heute ist. Viele Menschen, besonders solche mit hoher Verantwortung, können ihre Aufgaben nur noch auf Kosten ihres persönlichen Lebens erfüllen. Kaum jemand zweifelt mehr daran, dass wir im Management auf Grundlagen zurückgreifen müssen, die den neuen Anforderungen besser, ja überhaupt gewachsen sind, als die heute noch üblichen.

Mit diesem zweiten Band meiner Buchreihe »Management: Komplexität meistern« lege ich den zentralen Baustein dessen vor, was General Management im Komplexitätszeitalter braucht: das wichtigste Subsystem für die autodynamisch funktionierenden Organisationen der Zukunft. Aber erst eingebettet in die ganze Buchreihe wie in meinem ManagementSystem erhält dieser Baustein sozusagen seine Urkraft. Sie kommt erst durch das Zusammenwirken aller anderen Systemteile zu ihrer höchsten Leistung. Das Konzept und die Logik der gesamten Buchreihe erkläre ich im Anhang.

Was zum Thema dieses Buchs zu sagen ist, lässt sich viel leichter in Modelle fassen und noch leichter praktisch realisieren, als allgemein verständlich in Worte fassen, die den Rahmen eines Buchs nicht sprengen. So manche Textstelle wird dem einen überflüssig erscheinen, während es für den anderen gerade diejenige ist, die ihm das Thema ausreichend erhellt. Das ist der Preis für konsequentes General Management: Es muss eine Sprache für jeden und zum Teil neue Begriffe erfinden.

Die Frage, wie Unternehmenspolitik und Corporate Governance konkret anzuwenden sind, lässt sich im Einzelfall für jedes Unternehmen individuell, zielsicher und schnell beantworten. Mit diesem Buch stelle ich sozusagen den voll ausgestatteten Werkzeugkasten einschließlich der nötigen Gebrauchsanleitungen für jedes Instrument bereit, mit denen Top-Manager die erforderlichen Systeminstallationen für ihre Organisation selbst erbringen können.

Ein Überblick über den Inhalt dieses Bandes und die gesamte Reihe findet sich vor Teil I. Der erste Teil liefert dem Leser sodann die wichtigsten Prämissen, die für das Meistern von Komplexität zu beachten sind. Ebenso gibt es die Road Map für das Erarbeiten einer Unternehmenspolitik nach meinem Verständnis. Diese Road Map erklärt den Aufbau der drei weiteren Teile dieses Buches. In Teil II erläutere ich, was Master Control in komplexen Systemen ist, wozu man es braucht und warum es funktioniert. Die Module für Master Control stelle ich in Teil III vor. In Teil IV gehe ich sowohl auf die obersten Führungskräfte ein, die für die Unternehmenspolitik an der Spitze der Organisation zuständig sind, um das jeweils erforderliche Systemverhalten zu erzielen, als auch auf die Master Controls, die Top-Executives auf sich selbst anwenden müssen. Im Anhang fasse ich Informationen zu meinem ManagementSystem zusammen damit der größere Kontext und auch die Entstehungsgeschichte deutlich werden.

Für ihre Hilfe beim Strukturieren und Formulieren des Manuskriptes danke ich Maria Pruckner. Als Schülerin des großen Kyberentikers Heinz von Foerster hat sie an einigen Stellen dazu beigetragen, meine eigenen Gedanken und deren Kybernetik noch besser verständlich zu machen.

Darüber hinaus danke ich den Mitgliedern von Verwaltungsrat und Gruppenleitung des Malik Management Zentrum St. Gallen, besonders Elisabeth Roth, Walter Krieg und Peter Stadelmann dafür, dass sie mich während meiner Arbeit an diesem Buch von meinen Managementaufgaben entlastet haben.

Meine Bücher publiziere ich erst, wenn ihr Inhalt sich in jahrelanger Zusammenarbeit mit Hunderten von Führungskräften – sowohl Klienten als auch Kollegen in unterschiedlichsten Top-Management-Gremien – bewährt hat, und wenn kritische Diskussionen sowie der Test in der Praxis bestanden sind. Ihnen allen danke ich herzlich.

Fredmund Malik

St. Gallen, im Januar 2008 und Mai 2013

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Abbildung 1: Die Große Transformation21

Thesen

Die komplexen Systeme des 21. Jahrhunderts sind zwar durch die Erfolge der Denkweisen und Methoden des 20. Jahrhunderts entstanden, aber sie können mit eben diesen nicht mehr gemanagt werden, weil die Systeme global dafür zu komplex geworden sind.

Das 21. Jahrhundert hat in den Tiefenstrukturen bereits radikaleren Wandel mit sich gebracht, als an der Oberfläche wahrgenommen wird. Nicht nur ein Paradigmenwandel findet statt, sondern ein Wandel der Kategorien, in denen wir Paradigmen als solche wahrnehmen.

Die kategorialen Dimensionen des Neuen Weltbildes heißen Komplexität, System, Funktionieren, Control, Selbstorganisation, Information, Nicht-Linearität, Wissen und Erkenntnis.

Die globalen Gesellschaften transformieren sich zur Komplexitätsgesellschaft – in Mutationsschritten von der Gesellschaft von Individuen zur Gesellschaft von Organisationen zur Gesellschaft von Systemen –, die komplex sind. Aufgrund ihrer Komplexität haben sie Eigendynamiken, die ein grundlegend anderes Management als bisher verlangen.

Wissen ist wichtiger geworden als Zeit und Energie, Information wichtiger als Geld, die gezielte Selbstorganisationsfähigkeit von Unternehmen wichtiger als Macht.

Das relevante Wissen für das Funktionieren dieser Gesellschaft kommt aus den Komplexitätswissenschaften. Das sind die Kybernetik, die Systemtheorie und die Bionik. Im Anwenden dieses Wissens liegt die relevante Erkenntnis.

Die entscheidende Herausforderung für Funktionieren im 21. Jahrhundert ist Komplexität. Die wichtigste Fähigkeit ist, Komplexität zu meistern und zu nutzen. Die wichtigste Funktion dafür ist kybernetisches Management. Das wichtigste Mittel dafür ist kybernetische Unternehmenspolitik. Die wichtigste Voraussetzung dafür sind Bedingungen zur Selbstorganisation, die die Eigendynamik komplexer Systeme nutzen und es Menschen ermöglichen, sich selbst zu führen.

Die wichtigste Wirkung solcher Unternehmenspolitik ist Master Control für sich selbstorganisierende, sich selbst regulierende, selbst lenkende komplexe Systeme.

Komplexitätszentrum und Ankerpunkt von Master Control ist je nach Organisation der Kunde, Klient, Patient, Schüler, Wähler – kurz: jeder, der ihre Leistung braucht und in irgendeiner Weise bezahlt. Nur die Organisation, die ihren Leistungsbeziehern für das Meistern der Komplexität wirksame Lösungen bietet, wird Erfolg haben.

Die Epoche von Beliebigkeit von und im Management ist zu Ende, denn die Kybernetik etabliert die wissenschaftlich zwingenden Gesetzmäßigkeiten und Maßstäbe für funktionierendes Management im Komplexitätszeitalter. Auch zu Ende ist damit die Epoche des bisher auf Beliebigkeit beruhenden Opportunismus in den Management-Consulting-Services aller Kategorien.

Es wird nur noch zwei Gruppen von Menschen geben: Erstens jene, die im Neuen nur Altes erkennen und nicht mehr genug verstehen, weil sie die Erkenntnisse hinsichtlich Welt, Wirklichkeit, System und Information der letzten Jahrzehnte versäumt haben. Zweitens jene, die das Neue als solches erkennen und es nutzen, weil sie diese Entwicklung schon in Zeiten aufmerksam mitverfolgt und verstehen gelernt haben, lange bevor deren Konsequenzen allgemein spürbar wurden.

Die heutigen gesellschaftlichen Institutionen

R

Evolutionieren sich oder sie verschwinden, weil sie unmanageable sind und daher ihre Zwecke nicht mehr erfüllen. Finanzierungsschwierigkeiten sind nur das Symptom ihres Nicht-Funktionierens. Die Ursache ist ihr Mangel an richtigem, komplexitätsgerechtem Management.

Regierungspolitik wird in den globalen Gesellschaften zwar weiterhin wichtig, aber in ihrer heutigen Form immer mehr Quelle von Störungen, Behinderung und Begrenzung sein. Heutige politische Parteien erfüllen keine Zwecke mehr, denn das Funktionieren gesellschaftlicher Systeme hat keine Parteifarben und folgt keiner Ideologie. Es ist nicht rechts oder links, sondern richtig oder falsch.

Die Schlüsselfähigkeit für den Menschen in der Komplexitätsgesellschaft ist das Beherrschen von professionellem Management und (Selbst-)Management. Es wird für soziales Überleben sowie Lebens- und Evolutionsfähigkeit jeder Gesellschaft dieselbe Bedeutung haben, wie Lesen und Schreiben für den Schritt vom leibeigenen Analphabeten zum mündigen Bürger. Solides kybernetisches Management wird die Funktionierens- und Kulturfähigkeit der Komplexitätsgesellschaft sein.

Sprachgebrauch

Zusätzlich zum Glossarium im Anhang sind für jeden Band dieser Reihe vorab einige Begriffsklärungen wichtig.

Control damit sind (Selbst-)Lenkung und (Selbst-)Regulierung in einem System gemeint, die zu den zweckentsprechenden und in diesem Sinne erwünschten Fähigkeiten und Verhaltensweisen des Systems führen. Control bezeichnet somit bestehende bzw. geschaffene Umstände, die zweckgerichtetes Meistern und Nutzen von Komplexität, Funktionieren von Systemen und dementsprechende Fehlerrobustheit bewirken. Control bedeutet somit mehr als eine oberflächliche Übersetzung ins Deutsche, nämlich ein System unter Kontrolle zu haben. Das System ist nicht nur unter Kontrolle, sondern es ist so gesteuert und reguliert, dass es den erwünschten Zweck erfüllt, Störungen kompensiert oder beseitigt und evolutionsfähig ist.

General Management ist der Oberbegriff für jene Funktionen der Gestaltung, Lenkung und Entwicklung einer Organisation, die verallgemeinert werden können und somit unabhängig von Art, Größe, Tätigkeitsgebiet und Rechtsform einer Institution sind. General Management ist die Summe aller Funktionen, die für das Funktionieren einer Institution nötig sind. Der Gegenpol von General Management ist Special Management, ein Begriff, der zwar ungebräuchlich, aber für bestimmte Zwecke zweckmäßig ist. Special Management sind zum Beispiel die typischen Funktionsbereiche des klassischen Unternehmens wie Produktion, Marketing, Finanzen, Personal und dergleichen. Diese lassen sich aber nicht verallgemeinern, weil jeder Typus von Institution unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen hat und daher nicht ohne weiteres die Funktionsbereiche des Wirtschaftsunternehmens übernehmen kann.

General Management ist zudem nicht identisch mit Top-Management. Top-Management ist das General Management auf oberster Ebene einer Organisation und umfasst gleichzeitig auch das Erfüllen von Special Managementaufgaben. General Management hingegen ist auf allen Ebenen einer komplexen Institution erforderlich wo dieselben verallgemeinerungsfähigen Aufgaben und Funktionen erfüllt werden müssen.

Gesellschaft von Organisationen, organisierte Gesellschaft ist eine Gesellschaft, in der fast alles, was Menschen tun, in und durch Organisationen getan wird. Dies ist eines der wichtigsten, aber gleichzeitig am häufigsten übersehenen Merkmale der modernen Gesellschaften. Mehr als alles andere bestimmt dieses Merkmal aber sowohl die Struktur als auch das Funktionieren einer Gesellschaft.

Information ist hier nicht im alltagssprachlichen Sinn zu verstehen, sondern meint jeweils jene Signale, Daten und Nachrichten, die Unterschiede darstellen, welche weitere Unterschiede auslösen oder Veränderungen bewirken. In diesem Sinne sind Informationen insbesondere Entscheidungen, Unterscheidungen und neue Erkenntnisse.

Information, neben Materie und Energie als dritte Grundgröße der Natur zu betrachten, die berücksichtigt werden muss, um Zustände und Ereignisse in Systemen und insbesondere deren Funktionieren zu verstehen, war eine der wichtigsten und ersten Entdeckungen in der Kybernetik.

Komplexifizierung ist der Prozess des Zunehmens von Komplexität als Resultat der naturgesetzlichen Dynamik von Systemen und ihren Interaktionen.

Komplexität ist die fundamentalste Eigenschaft der Realität, nämlich Vielfalt. Vielfalt entsteht aus möglichen Unterschieden und Unterscheidungen. Woher die Unterschiede kommen und was deren Ursachen sind, ist für die Feststellung von Komplexität als solcher nicht wesentlich, wird aber für den Umgang mit Komplexität im Sinne von Management bedeutsam.

Die Folge von Komplexität sind Undurchschaubarkeit, Unberechenbarkeit, Nicht-Analysierbarkeit, Nicht-Vorhersehbarkeit, fortgesetzte Veränderung, Geschichtsabhängigkeit, aber auch alle höheren Eigenschaften, die bei biologischen und sozialen Systemen auftreten, wie Anpassungsfähigkeit, Lernfähigkeit, Flexibilität, Responsivität, Evolutionsfähigkeit, Kreativität und Identität. Diese Folgen machen Management einerseits schwierig, andererseits aber, sofern richtig gehandhabt, überhaupt erst erfolgreich. Das Maß für Komplexität ist Varietät. Varietät ist die Anzahl der möglichen unterscheidbaren Zustände, die ein System aufweist oder aufgrund seiner Struktur und Dynamik entwickeln kann.

Kybernetik ist die Wissenschaft von sich selbst regulierenden, sich selbst steuernden und sich selbst organisierenden komplexen, autodynamischen Systemen. Einer der Schlüsselbegriffe der Kybernetik ist jene Art von »Systemic Control«, die aus den erwähnten Selbst-Fähigkeiten resultiert« Für sein 1948 publiziertes Buch »Cybernetics«, mit dem der Mathematiker Prof. Norbert Wiener die moderne Kybernetik schuf, wählte er als Untertitel: »Communication and Control in the Animal and the Machine«, womit er implizierte, dass dafür sowohl in der belebten als auch der unbelebten Welt dieselben Naturgesetze gelten. Damit etablierte er die Kybernetik als eine transdisziplinäre Wissenschaft. Für Prof. Stafford Beer, dem Begründer der Management Kybernetik, ist der Oberbegriff für seine Werke »The Managerial Cybernetics of Organization«.

Kybernetisches Management oder Management-Kybernetik ist das Anwenden der Kybernetik auf komplexe Systeme der Gesellschaft, also für das ganzheitliche Management aller Arten von Organisationen. Management-Kybernetik ist das Meistern von Komplexität.

Master Control(s) sind die grundlegendsten Regelungen, die in einem System als Ganzes bis in seine peripheren Elemente wirksam sind, unabhängig von ihrer Quelle, seien es Naturgesetze, strukturelle Gegebenheiten oder vom Menschen getroffene, regulierende Entscheidungen im Sinne von Prinzipien. Die wichtigsten Master Controls sind Entscheidungen und Prinzipien, die die kybernetischen Selbst-Fähigkeiten eines Systems bewirken, nämlich Selbstregulieren, Selbstorganisieren, Selbststeuern und Selbstlenken.

Nachhaltigkeit Begriff für den Versuch, Zeithorizonte des Denkens, Entscheidens und Handelns zu bestimmen.

REvolution mein Kombinationsbegriff aus Revolution und Evolution für die sich vollziehenden tiefgreifenden Veränderungen der Großen Transformation21 und zugleich für die nötigen Innovationen in Management, Leadership und Governance, ihren Regeln, Systemen und Tools.

Selbstorganisation im kybernetischen Sinne und als Managementkonzept ist die Fähigkeit von komplexen Systemen, ohne externe Eingriffe zweckerfüllend zu funktionieren. Der jeweilige Zweck des Systems kann system-intern oder system-extern sein. Selbstorganisation ist abhängig von der Struktur des Systems und von der im System wirksamen Information.

Zu unterscheiden von der Selbstorganisation komplexer Systeme als Ganzes ist die Selbstorganisation von Personen im Sinne persönlicher Arbeitsmethodik.

Steuern, Regulieren, Lenken sind Erscheinungsformen des Veränderns in komplexen Systemen durch Information, von denen im Rahmen der Kybernetik nachgewiesen wurde, dass sie das Funktionieren komplexer Systeme bewirken.

System ist eine kohärente Einheit von mechanisch, energetisch oder informativ miteinander verbundenen Teilen, die andere Funktionen und Eigenschaften hat, als die einzelnen Teile für sich allein. Systeme sind nie nur Objekte, Organisationen oder Organismen, sondern immer diese mit der für sie relevanten Umwelt gemeinsam.

System, Modell, Konzept ein System ist jener Ausschnitt der Welt, der uns von einem bestimmten Zweck und die dadurch bestimmte Funktionalität her interessiert oder zu interessieren hat.

Ein Modell ist die Abbildung oder Vorstellung von dem, was wir über das System von Systemen wissen – inklusive der Leerstellen unseres Nicht-Wissens, der »weißen Flecken auf der Landkarte«.

Ein Konzept ist, was wir aufgrund des Modells von einem System beachten und tun wollen.

System haben, System sein bei Führungskräften findet man häufig Abneigung gegen den Begriff »System«. Manche bringen diesen Begriff in Verbindung mit Starrheit, Schematismus und Bürokratie. Das Problem klärt sich auf, wenn man unterscheidet zwischen den Bedeutungen »System haben« und »ein System sein«. Jede erfahrene Führungskraft weiß, dass Unternehmen bestimmte Systeme brauchen, um zu funktionieren. Andererseits wird sie darauf achten, dass diese nicht bürokratisch sind oder werden. Immer mehr Führungskräfte verstehen aber auch, dass das Unternehmen aus vielen interagierenden Teilsystemen besteht und daher ein System ist, und dass es auch zusammen mit seiner Umwelt und deren Teilsystemen ein System von höherer Ordnung ist.

Systemik, Inhalt, Form für meine Managementlehre sind drei Dimensionen wichtig: Systemik, Inhalt, Form. Die ersten beiden sind konstitutiv, die dritte kann man variieren.

Mit Systemik ist die logische Struktur oder Architektur eines Management Systems oder Managementmodells gemeint. Deren Systemik muss die Strukturlogik eines funktionierenden Systems sein, daher eines kybernetischen Systems, weil die Kybernetik eines Systems dessen Funktionieren bestimmt und umgekehrt.

Wenn die Systemik stimmt, hängt die Richtigkeit von Management von den Inhalten ab. Begriffe sind nicht identisch mit Inhalten. Bloße Begriffsgleichheit bedeutet nicht automatisch Inhaltsgleichheit.

Die Form im Sinne der grafischen Darstellungen kann variiert werden, sofern dies die Systemik bzw. Logik nicht verändert.

Systemmethodik ist die Gesamtheit aller Methoden und Techniken für die Erforschung Gestaltung, Lenkung und Entwicklung von komplexen, produktiven, soziotechnischen Systemen.1

Top-Management bezeichnet dreierlei, nämlich Organe, Personen und Funktionen der Unternehmensspitze. Deren Definition ist im Einzelnen je nach Rechtsordnung und unternehmensinternen Regelungen verschieden. Top-Management ist, wie erwähnt, nicht identisch mit General Management. Der polare Begriff zu Top-Management wäre Bottom-Management und vielleicht Layer-Management, wenn es um verschiedene Ebenen zwischen Top und Bottom geht – Begriffe, die jedoch nicht gebräuchlich sind.

Teil I

Von Organisation zu Selbstorganisation

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Zwei CEOs zu später Stunde bei einem Drink.

Bergmann: Das ist jetzt der letzte Whisky für heute, ich muss für morgen noch Berge von Unterlagen lesen.

Korherr: Bist Du verrückt? Es weiß ohnehin kein Mensch, was drinnen steht.

Bergmann: Gerade deshalb muss ich es ja wissen, sonst blickt bei der Komplexität ja überhaupt niemand mehr durch! Nimmst Du keine Arbeit mit nach Hause?

Korherr: So gut wie nie. Bei uns müssen wegen der Komplexität alle wissen, was man bei uns immer wissen muss. Das macht viel dünnere Unterlagen. Die schaffe ich locker im Büro.

Kapitel 1Manifest für Corporate REvolution

Dieses Buch ist ein Programm für die REvolutionierung des Top-Managements. Im Zentrum muss die Spitzenführung stehen, denn nur diese kann die nötigen Entscheidungen richtig und rechtzeitig treffen.

Radikale Änderungen werden an der Spitze gemanagt – oder gar nicht. Dann passieren sie einfach. Es wird keine Wahl geben, Ja oder Nein zu sagen. Man hat nur die Alternative, die REvolution gut oder schlecht durchzuführen, sie vorausblickend selbst herbeizuführen oder sie passiv – und dann vermutlich als Verlierer – geschehen zu lassen.

Die revolutionäre Transformation

Der Grund für die REvolution ist einfach. Wirtschaft und Gesellschaft gehen durch eine der größten Transformationen, die es geschichtlich je gegeben hat. Was geschieht, ist nicht einfach Wandel, sondern Wandel von einer neuen logischen Dimension – es ist ein Meta- und Megawandel. Etwa ein Drittel der Manager, mit denen ich zu tun habe, weiß es, sieht aber noch keine Lösung. Ein zweites Drittel spürt den Wandel, ist aber unsicher und kann ihn nicht zuordnen. Das letzte Drittel ist blind und hält die heutige Welt für die einzig mögliche.

Die REvolution wird an keiner der heutigen Organisationen vorbeigehen, sei es das Wirtschaftsunternehmen oder die Universität, das Krankenhaus oder die Regierung. Das muss die Prämisse von verantwortlichen Top-Executives sein. Diese Themen diskutiere ich seit Jahren mit obersten Führungskräften. Sie zwingen sich zu dieser Prämisse, um nicht das Risiko zu laufen, den Wandel zu unterschätzen. Viele Organisationen werden untergehen, weil sie den Übergang in die neue Zeit nicht schaffen oder weil man sie nicht mehr braucht. Fast alles wird neu geordnet werden müssen und viele Organisationen werden neu entstehen, mit neuen Zwecken und Aufgaben.

Prognosen sind nutzlos, aber gewisse Konturen sind erkennbar. So gut wie gewiss ist, dass wir inmitten der Entstehung einer Neuen Gesellschaft sind, die am zutreffendsten die Komplexitätsgesellschaft genannt wird, im Übergang von der Informations- zur Wissensgesellschaft, von der Gesellschaft der Organisationen zur Gesellschaft der komplexen Systeme. Unternehmen werden nicht mehr vorwiegend Kraftverstärkungsmaschinen sein, wie bisher, sondern Intelligenzverstärkungssysteme; sie werden keine ökonomischen Geldmaschinen, sondern Informations- und Kommunikationssysteme sein. Lenken, Steuern, Regulieren und Organisieren werden zu Selbst-Lenken, Selbst-Regulieren und Selbst-Organisieren. Die dominierenden Begriffe werden Komplexität, System und Kybernetik sein.

Kategorialer Wandel – Wandel der Kategorien

Ich greife zum Begriff des Kategorialen Wandels, statt des abgedroschenen Begriffes »Paradigmenwandel«, der bestenfalls noch für Banalitäten verwendbar, ansonsten aber nutzlos geworden ist. Was vor sich geht, ist nicht weniger, als eine Revolution der grundlegenden Kategorien, in denen Gesellschaft und Wirtschaft wahrgenommen werden müssen, um sie zu verstehen – vergleichbar mit der Kopernikanischen Wende vom geo- zum heliozentrischen Weltbild, aber in viel größeren Dimensionen geschehend.

Wenige Kategorien für das Verstehen von Wirtschaft, Organisation und Management von heute werden nützlich bleiben, sie würden das Handeln der Menschen auch nicht mehr zuverlässig leiten können. Das gilt selbst für die Welt und das, was wir Wirklichkeit nennen, wie die Naturwissenschaften immer spektakulärer zeigen, besonders die Bio- und Neurowissenschaften, aber neuerdings auch wieder die Physik.

Diese Wissenschaften und ihre Ergebnisse sind sichtbar und prägen das öffentliche Bewusstsein. Noch nicht bewusstseinprägend sind die für die Top-Executives der gesellschaftlichen Institutionen wirklich relevanten Wissenschaften, obwohl sie unser tägliches Leben bereits nachhaltig verändern, nämlich die Wissenschaften von der Komplexität, Kybernetik, Bionik und die Systemwissenschaften. Diese stehen logisch noch »höher«, weil sie es sind, die den Kategorienwandel bringen und selbst die bisherigen Wissenschaften damit revolutionieren.

Mit hoher Gewissheit werden Historiker retrospektiv von einem epochalen Wandel und von tiefgreifender Zäsur im Denken sprechen, wenn sie versuchen werden, unsere Zeit einzuordnen. Die entscheidenden Auswirkungen werden aber durch das Handeln von Führungskräften und das Funktionieren der gesellschaftlichen Institutionen stattfinden.

Wird das Unternehmen überleben?

In Teilbereichen der Wirtschaft wird es weiterhin Unternehmen vom heutigen Grundtyp geben, aber auch diese werden sich radikal restrukturieren und ihr Management von Grund auf neu gestalten müssen.

In der Neuen Gesellschaft wird es viele Top-Managements geben, als Nervensysteme und Gehirne, aber »unterhalb« von ihnen braucht es nicht unbedingt Unternehmen im heutigen Sinne, denn man kann alles von außen beschaffen. Man braucht Ressourcen nicht einmal zu kaufen, denn es genügt, sie zu kontrollieren; man kann sourcen, re- und outsourcen, sich zu Allianzen und Kooperationen fügen, Netzwerke schaffen, wieder auflösen, konfigurieren und rekonfigurieren. Ein guter Teil gerade der klügsten Top-Managements werden gewissermaßen »komponieren und dirigieren« – während das »Orchester« immer wieder ein anderes sein wird, wie es in der Musik selbstverständlich ist.

Von Geld zu Wissen: Wird es noch Hauptversammlungen geben?

Vielleicht werden wir weiterhin mit Geld bezahlen, aber bewegen wird die komplexe Welt nicht Geld, sondern Wissen, auch wenn Ökonomen und Analysten die Geldillusion noch lange aufrechtzuerhalten versuchen. So ist zum Beispiel das Wissen, wie man in China erfolgreich Geschäfte macht, um Potenzen wichtiger als das Geld, das man braucht, um dort zu investieren, denn ohne dieses Wissen sind die Investitionen rascher verloren als getätigt. Umgekehrt, wer weiß, wie es geht, wird immer das nötige Geld bekommen.

Welche Rechte soll man also zum Beispiel Hauptversammlungen einräumen, die großteils aus Investoren bestehen, die in der Regel außer Geld nichts oder wenig beitragen zum Wissens- und Intelligenzbedarf des Geschäftes und zum Funktionieren seiner komplexen Systeme? Sie sollen reichlich Dividende bekommen und schöne Kursgewinne, aber warum sollen gerade diese den Aufsichtsrat wählen, der die Geschicke des Unternehmens zu lenken und zu beaufsichtigen hat? Wird es zwei Hauptversammlungen geben, eine der Investoren und eine der Wissenden? Wie soll bisherige Corporate Governance funktionieren, wenn etwa drei Dutzend Unternehmen in ständig wechselnden Netzwerkkonfigurationen kooperieren, um den gesamten Problemlösungsprozess vom Erkennen des Kundenproblems bis zu seiner Lösung übergreifend zu managen? Es wird nicht Corporate- sondern Systems-Governance brauchen, aber wie wird sie arbeiten müssen, wenn die Leistungsnetze der globalen Gesellschaft sich ständig neu konfigurierende Systeme sein werden?

Von Wissen zu Erkenntnis: Mundus Novus

Selbst Wissen genügt nicht, denn was man braucht, ist Durchblick, Überblick und Einblick. Wissen ist zunächst nur Ressource. Erst die Anwendung von Wissen zum Verstehen und Erkennen, wie komplexe Systeme funktionieren, bringt den entscheidenden Schritt – nämlich zur Nutzung von Komplexität für das Bestehen in einer neuen Dimension von globaler Konkurrenz und für den Erfolg in einer neuen Wirtschaft. Um Wissen zu schaffen, anzuwenden und in Nutzen zu transformieren, braucht man wiederum Wissen, aber Wissen einer ganz anderen Art. Es ist nicht Sachwissen, sondern Systemwissen.

Die Ingredienzen für die Neue Gesellschaft sind weitgehend vorhanden, jeder kann sie sehen, aber nicht jeder kann sie verstehen. Der bessere, wenn auch weniger bekannte Vergleich als Kopernikus ist daher die Leistung des Florentiners Amerigo Vespucci, dem Amerika seinen Namen verdankt. Amerigo erkannte die Neue Welt, während Columbus zwar Land entdeckte, aber bis zu seinem Tod seine eigene Tat nicht verstand. Er verharrte im Irrglauben, er sei in Indien gelandet und blieb trotz seiner Entdeckung tragischer Bürger der Alten Welt. Amerigo Vespucci war der erste Bürger der Neuen Welt, denn er hatte verstanden, was das entdeckte Land bedeutete. Stefan Zweig hat dies eindrucksvoll beschrieben.

Wie die bereits vorhandenen Bauelemente sich konfigurieren und zu Systemen von Systemen zusammenfügen werden, ist für fortgeschrittene Spitzen-Führungskräfte zwar zu erahnen, wie sich in Gesprächen mit ihnen zeigt. Die Teile aber als Elemente eines wirklich neuen Ganzen zu erkennen, fällt auch ihnen schwer, weil das Kategorien-System, das Ordnungsraster, die Koordinaten für die neuen Dimensionen noch fehlen, die ein Verstehen erst ermöglichen. So können viele nur eine Anzahl Puzzle-Teile erkennen, aber sie können noch keine Vorstellung davon entwickeln, zu welchem Bild oder welchen Bildern sich diese fügen lassen.

Mit diesem Buch zeige ich das erforderliche Kategorien-System für die sichere Navigation für den Um- und Neubau der gesellschaftlichen Institutionen und für die Corporate REvolution. Mit den weiteren Bänden dieser Reihe werde ich das erforderliche Denk- und Handwerkszeug vorstellen.

Richtige Unternehmenspolitik ist Systempolitik

Der treffendste Titel für dieses Buch wäre daher Allgemeine Systempolitik. Mit der Lenkung des Wirtschaftsunternehmens, also mit Unternehmenspolitik und Corporate Governance, würde dieser Titel aber nicht spontan in Verbindung gebracht werden. Das kann das Ziel dieses Buchs sein, aber nicht der Weg dorthin.

Der Doppeltitel Unternehmenspolitik und Corporate Governance ist ein Zugeständnis an die noch geläufigen Vorstellungen zu diesen Themen in der Wirtschaft. Das Buch umfasst diese zwar, geht aber darüber hinaus, denn ich behandle hier die General Management-Aufgaben für alle Institutionen, jedoch mit dem Anwendungsschwerpunkt des Wirtschaftsunternehmens. Sprachlich verwende ich mehrheitlich die in der Wirtschaft üblichen Begriffe. Aus dem Zusammenhang wird aber jeweils deutlich werden, dass und wie eine Übertragung des Inhaltes auf andere Institutionen möglich ist.

Allgemeine Systempolitik müsste dieses Buch heißen, weil ich hier das Gestalten und Lenken aller Organisationen, darunter auch von Wirtschaftsunternehmen, auf oberster Ebene behandle, wie es der Natur komplexer Systeme gerecht wird. Das verlangt mehr als das übliche Verständnis von Politik bezogen auf Sachthemen. Es verlangt nach einer Systempolitik entsprechend allgemein gültigen Gesetzmäßigkeiten einer speziellen Art, nämlich kybernetischen, die in jedem komplexen System wirken.

Aus der Gesamtheit meines ManagementSystems greife ich für diese Systempolitik nur jene Module heraus, mit denen sich jede Organisation von ihrer Spitze aus gesamthaft bis in die peripheren Einheiten selbstorganisierend lenkt und reguliert. Somit haben die Begriffe des gewählten Buchtitels mit meinem neuen Ansatz nur noch insofern zu tun, als sie letztlich eine Anwendung allgemein gültiger Erkenntnisse in einem bestimmten Gebiet ansprechen – im Top-Management von Unternehmen, Organisationen und Institutionen.2

Management im Komplexitätszeitalter

Die ökonomische Dimension allein, so wichtig sie ist, genügt für die Führung eines Unternehmens nicht, schon gar nicht für andere Arten von gesellschaftlichen Institutionen. Die Fragen dieses Buches gehen daher über die vorherrschend eindimensionale wirtschaftliche Sichtweise und ihre neoliberal auf die Gewinnoptimierung beschränkte Perspektive hinaus. Sie lauten:

Was ist ein funktionierendes System?

Wie macht und hält man es funktionstüchtig?

Was sind die Gesetzmäßigkeiten seines Funktionierens?

Wie muss eine Regulierung von Systemen aussehen, damit sie sich im Prinzip unlimitiert ausweiten können?

Wie kann man Systeme so regulieren, dass sie sich selbst regulieren und selbst organisieren?

Die Antworten auf diese Fragen finden sich in den Gesetzmäßigkeiten komplexer Systeme. Erforscht und beschrieben werden sie im Rahmen der Kybernetik und der Systemwissenschaften. Sie gelten in einem zweifachen Sinne: Sowohl für alle produktiven sozialen Systeme, die zu managen sind, als auch für alle Systeme, mit denen sie gemanagt werden müssen, also ihre ManagementSysteme.

Die Kybernetik als Wissenschaft vom Funktionieren bringt für viele Grundfragen und ungelösten Probleme des Managements neue und wirksamere Lösungen als herkömmliche Sichtweisen, für manche Fragen bringt sie überhaupt erstmals Antworten. Daher beruht auf den Erkenntnissen der Kybernetik mein Verständnis von General Management und das Malik ManagementSystem®.3,4

Aus der kybernetischen Betrachtung der Fragen der Unternehmenspolitik und Corporate Governance ergeben sich zum Beispiel

neue Antworten für Fragen von Einfluss, Macht und Leadership an der Spitze;

neue Lösungen für den professionellen Umgang mit Komplexität und dafür, wie man sie zum eigenen Vorteil nutzt;

neue Möglichkeiten und Anforderungen für die Regulierung, Steuerung Lenkung und Entwicklung von Unternehmen;

neue Möglichkeiten für die Organisation von Unternehmen;

neue Lösungen für Change Management;

neue Möglichkeiten und Anforderungen für Information und Kommunikation;

neue Ansätze generell für Fragen der umfassenden Funktions- und Lebensfähigkeit jeder Institution.

Darüber hinaus hat meine Auffassung von Richtigem und Gutem Management, wie ich es in Management. Das A und O des Handwerks und in Führen Leisten Leben dargestellt habe, neue Konsequenzen bezüglich der Fähigkeiten, Denkweisen und Kenntnisse für den professionellen Manager und für Management als Beruf. Das betrifft insbesondere die kontinuierliche Bildung der immer zahlreicheren Personen, die General Management-Aufgaben haben. Sie stehen im 21. Jahrhundert vor noch nie da gewesenen Anforderungen. Das verlangt nach anderen Konzepten, Modellen, Methoden und Instrumenten, als sie bisher üblich sind – solchen, wie ich sie in dieser Buchreihe als einzelne Module im Gesamtzusammenhang mit dem gesamten Malik ManagementSystem vorstelle.

Systemische Unternehmenspolitik

Dieses Buch ist – wie einleitend erwähnt – ein Teil meiner Reihe, in der ich mein ManagementSystem als Ganzes geschlossen darstelle. Unternehmenspolitik und Corporate Governance sind daher weder in dieser Reihe, noch in meinem ManagementSystem isolierte Themen. Es sind Architekturelemente meines Gesamtsystems für General Management. Die Themen der Unternehmenspolitik und Corporate Governance erhalten dadurch in mehrfachen und wichtigen Beziehungen eine andere Bedeutung, als wenn sie separiert gesehen werden, das heißt, unabhängig vom Gesamtkontext im Management, wie es für den Umgang mit diesen Themen weitgehend noch typisch ist.

In meinem ManagementSystem sind Unternehmenspolitik und Corporate Governance Teile eines größeren Ganzen. Ihre Funktion und Gestaltung ergeben sich durch das Zusammenspiel mit allen anderen Teilen des Gesamtsystems. Sie sind einerseits nur systemische Module in einer größeren Konfiguration, so wie Atome Module von Molekülen sind und diese wiederum Module umfassenderer Strukturen. Andererseits sind aber gerade die Module der Unternehmens- oder Systempolitik jene, die Systeme überhaupt erst zu effektiven Systemen machen.

Man darf sich das so vorstellen, wie jeder Computer ein Betriebssystem braucht, damit einzelne Softwares auf ihm so wie sie sollen funktionieren können. Dies verleiht der Unternehmenspolitik und ihrer »kleinen Schwester«, der Corporate Governance einen besonderen und absolut zentralen Stellenwert. Denn, was hier schief geht, kann andernorts im Unternehmen nicht mehr korrigiert werden. Was hier aber richtig geregelt wird, braucht andernorts keine Befassung mehr, denn es bewirkt das Funktionieren des Unternehmens.

Systemlogik und Sachfragen

Als Monographie hätte ich dieses Buch anders aufgebaut, auch als Lehr- oder Fachbuch. Aber als Baustein eines Gesamtsystems muss dieses Buch seine Funktion innerhalb meines ManagementSystems erfüllen. Dafür muss ich die Unternehmenspolitik auf eine höhere logische Ebene heben, als es in der gängigen Fachdiskussion derzeit noch üblich ist. Unternehmenspolitik und Corporate Governance werden in meinem ManagementSystem nicht auf Sachebene betrachtet, sondern auf der übergeordneten Ebene der System-Regulierung. Unternehmenspolitik und Corporate Governance sind die existenziellen und konstitutiven Controls für ein funktionierendes Unternehmen. Sie sind die Architektur- und Funktionsprinzipien im Range von Verfassungsbestimmungen, für die ich den Begriff Master Controls verwende.

Diese übergeordnete Sicht der System-Regulierung ist notwendig, weil Aussagen auf der Sachebene von Unternehmen kaum verallgemeinert werden können oder rasch veralten, weil sie von der Realität überholt werden. Bücher über Unternehmenspolitik auf der Sachebene sind demzufolge binnen kurzem irrelevant. Will man Aussagen auf der Sachebene generalisieren, um sie dauerhaft zu machen, werden sie meistens nichtssagend. Auf der Sachebene sind Aussagen von wirklich politischer Bedeutung, also grundsätzliche, generelle und dauerhafte Festlegungen, kaum möglich.

Auf einer höheren Ebene – aus der Perspektive der System-Regulierung und -Lenkung – zeigt sich hingegen ein ganz anderes Bild: Hier finden wir eine invariante Logik, das heißt, Regeln, Grundsätze und Ordnungsprinzipien, die man sozusagen »ewige Wahrheiten« nennen könnte, weil sie gleich zwei entscheidende Qualitäten in sich haben: Sie haben sowohl inhaltlich Aussagekraft, als auch allgemeine Gültigkeit. Ihre Wirkkraft liegt daher in jenen Orientierungsmarken, die jenseits von und über den Sachfragen stehen. Von ihnen aus bestimmt sich bereits vorweg, wie mit Sachfragen überhaupt umzugehen ist. Sie sind den Sachfragen übergeordnet. Es geht hier sozusagen um das Wissen, wie man Probleme entweder gleich von vornherein vermeidet, oder wie man sie von Grund auf so löst, dass sie nicht mehr auftauchen.

Wirksame Master Controls

Die Wirkkraft übergeordneter System-Regelungen im Sinne einer System- bzw. Unternehmenspolitik zeigt sich anschaulich an Beispielen. So ist ein regelmäßig verletzter Grundsatz bei Unternehmens-Akquisitionen die System-Regel, niemals ein Unternehmen zu kaufen, wenn man nicht selbst in der Lage ist, es binnen 12 Monaten mit eigenen Leuten zu führen. Die nachweisliche Misserfolgsquote von über zwei Dritteln bei Mergers & Acquisitions ließe sich durch das Einhalten dieser systempolitischen Regel auf unter ein Drittel senken.

Ein anderes Beispiel ist das im Innovationsmanagement ständig missachtete Prinzip: Trenne neues Geschäft vom bisherigen Geschäft! Ein erheblicher Teil typischer Schwierigkeiten und Fehlschläge beim Innovieren wird durch diese Regel vermieden.

Solche Regeln gibt es nicht nur in der Unternehmensführung, sondern auf praktisch allen Gebieten, zum Beispiel im Sport und bei Spielen. Die moderne Spieltheorie, mit Nobelpreisen für Ökonomie ausgezeichnet, ist die wissenschaftliche Befassung mit solchen Regeln, die weit über ökonomische Fragen hinausgeht und ihren Ursprung ebenfalls in der Kybernetik hat. Im Schachspiel etwa gibt es neben den bekannten Spielregeln auch Prinzipien, die nicht alle kennen, zum Beispiel: Halte die Pferde im Zentrum! Oder verallgemeinert: Trachte bei jedem Zug deine eigene Position zu stärken!

Prinzipien dieser Art – man nennt sie Heuristiken – gehören zum gut gehüteten Know-how jedes Schachprofis, der noch gelassen über dem Spiel sitzt, wenn in Schachregeln weniger Schlaue bereits die Orientierung verloren haben. Sie kommen dann zum Zuge, wenn wegen der immensen Komplexität jede andere Art des Entscheidens unmöglich ist. Der russische Großmeister und frühere Weltmeister M. M. Botvinnik hat sich in einer tiefschürfenden Studie über das Entscheiden von Menschen und Computern im Schachspiel mit Prinzipien dieser Art befasst. Es sind Prinzipien des Gelingens und Gewinnens in hyperkomplexen Situationen.

Sachpolitik versus Systempolitik

Sachebene und systembezogene Lenkungsebene bedingen sich zwar gegenseitig, sie sind aber ihrer Natur nach grundverschieden. In natürlichen Systemen und in der Praxis der Unternehmensführung überlappen sie sich oder sind oft so eng ineinander verflochten, dass sie schwer auseinander zu halten sind. Man muss ein Auge, ja einen Sinn für ihr Zusammenspiel entwickeln, und über die richtigen Modelle und Methoden zu ihrer Unterscheidung und Ordnung verfügen. Ein Teil davon ist Gegenstand dieses Buches.

Auf den beiden Ebenen – der Sach- und der System-Ebene – haben wir im Management von Wirtschaftsunternehmen je verschiedene Kernprobleme. Kernproblem auf der Sachebene ist der Geschäftserfolg. Kernproblem auf der System-Ebene ist hingegen die Frage, wie man den Geschäftserfolg auf unlimitierte Zeit aufrechterhält. Geschäfte machen und im Geschäft bleiben, sind zwei ganz verschiedene Fähigkeiten und Zielsetzungen. Auf der System-Ebene haben wir die Phänomene des Gestaltens, Lenkens und Regulierens von Komplexität. Regulieren, Lenken, Ordnen und Gestalten sind dabei nur verschiedene Erscheinungsformen desselben, nämlich des Umganges mit Komplexität. Aus diesem Grunde stützt sich die Sachebene und systembezogene Lenkungsebene auf verschiedene Wissens-Grundlagen.

Auf der Sachebene geht es unter anderem um Märkte, Produkte, Technologien, Personal und Finanzen. Es geht um Wachstum, Umsatz, Kosten und Gewinn. Es sind die vertrauten Kategorien der Geschäftswelt von Managern. Die Basis der Sachebene sind die Wirtschaftswissenschaften, besonders die Betriebswirtschaftslehre, die technischen Disziplinen und die Naturwissenschaften.

Auf der Lenkungsebene geht es hingegegen nicht primär (wie auf der Sachebene darunter) um die Wachstumsziele in den Geschäftsgebieten. Es geht erstrangig um die Grundsätze, die das Wachstum als solches regulieren müssen, also um die Art und Weise des Wachstums. Die Fragen sind hier zum Beispiel, ob man es mit gesundem oder krankem, stabilem oder instabilem Wachstum zu tun hat bzw. bekommt und wie viel Wachstum das Gesamtunternehmen überhaupt verkraften kann, ohne dass es außer Kontrolle gerät.

Auf der Führungs- und Regulierungsebene geht es also im Gegensatz zur Sachebene um das Funktionierenals solches. Hier ist das Thema die grundsätzliche Funktionsfähigkeit des Unternehmens, Fragen von Stabilität und Flexibilität, von Bewahrung und Erneuerung, Anpassung, Entwicklung und Entwicklungsfähigkeit. Die Basis für die Lenkungsebene ist die Kybernetik, als Wissenschaft vom Regulieren und Funktionieren, wie schon erwähnt. Eng damit verbunden sind ihre Schwesterdisziplinen, Systemtheorie und Bionik.

Auf der Sachebene geht es also um das Betreiben von Geschäften, auf der Lenkungsebene hingegen um das Gestalten eines Systems für das Betreiben von Geschäften und um das Gestalten von Systemen für ganze Geschäftssysteme. So liegt zum Beispiel der globale Erfolg von McDonald’s nicht in Hamburgern, sondern im System, das sich McDonald’s für sein Funktionieren gegeben hat. Die General Manager von McDonald’s sind eigentlich System-Architekten und System-Designer, was in der Komplexitätsgesellschaft die entscheidenden Top- und General Managment-Aufgaben sein werden und besonders die Aufgaben der CEO’s. Ein anderes positives Beispiel ist Microsoft, dessen Erfolg seine Ursache weniger im Produkt als im General Management des Unternehmens hat, während DaimlerChrysler die Komplexität der Fusion auf General Management-Ebene nicht zu bewältigen vermochte.

Unternehmenspolitik, Systempolitik, Governance

Die bisher angestellten Überlegungen führen zur einleitend gestellten Frage zurück, ob dieses Buch besser den Titel Unternehmenspolitik oder Systempolitik tragen sollte. Ein verführerischer Gedanke wäre das Argument, der Begriff Unternehmenspolitik im herkömmlichen Sinne solle für die Sachebene vorbehalten bleiben. Aber ich habe mich entschlossen, den Begriff Unternehmenspolitik für die Aufgaben der Systempolitik aufrecht zu halten. Er ist für die Funktion der Unternehmenspolitik als Element der System-Regulierung durchaus treffend. Entscheidend ist doch, zu zeigen, dass Unternehmenspolitik jene Substanz haben kann, die man in der Praxis wegen der Unverbindlichkeit auf der Sachebene häufig vermisst – die Substanz, die für hochleistungsfähige Systeme sorgt.

Der ideale Begriff für das Modul der Unternehmenspolitik im Malik ManagementSystem wäre allerdings Corporate Governance – und verallgemeinert, Systems oder Institutional Governance – gewesen, weil in ihm die entscheidende Wortwurzel der Kybernetik steckt. Denn das Wort Kybernetik stammt vom griechischen kybernetes für Steuermann, das sich im Englischen zu Governor und Governance gewandelt hat. Auch die ursprüngliche Definition des Cadbury Committees für Corporate Governance stimmt hier punktgenau mit meinen eigenen Überlegungen überein: Corporate Governance is the system by which companies are run. Aber von dieser Linie ist die heutige Auffassung von Corporate Governance schon so weit abgekommen, dass der entsprechende Begriff als Synonym für systemorientierte Unternehmenspolitik mehr Verwirrung als Klarheit bewirken würde.

Heute steht Corporate Governance für ein Zerrbild richtiger Unternehmensführung, das mehr von den Skandalen und Wirtschaftsverbrechen der letzten Jahre geprägt ist und weniger von einem umfassenden Verständnis von komplexen Systemen. In Wahrheit ist damit eine höchst bedenkliche Praxis einer fehlgeleiteten Unternehmensführung entstanden, wie ich in meinem Anfang 1997 publizierten Buch Wirksame Unternehmensaufsicht – Corporate Governance in Umbruchszeiten dargestellt und begründet habe. Als die dritte Auflage 2002 erschien, waren die Beweise für die fehlerhafte Logik der am Shareholder-Value orientierten Corporate Governance offenkundig. Die Entwicklung an den Finanzmärkten von Anfang 2000 bis Ende 2002 hatten die Irrlehren deutlich sichtbar gemacht, obwohl längst nicht alle sie richtig deuten konnten. Für die dritte Auflage des Buches 2002 habe ich die Erfahrungen aufgearbeitet und mit zahlreichen Ergänzungen unter dem geänderten Titel Die Neue Corporate Governance publiziert.

Blind bleiben für systemimmanente Naturkräfte

Die bisherige Entwicklung der Auffassung von Corporate Governance ist in mehrfacher Hinsicht eine bedauernswerte Geschichte verpasster Chancen. Mehr noch ist sie beispielhaft für Umstände, in denen der grundlegend notwendige Blick auf die Funktions- und Wirkweisen komplexer Systeme fehlt. Es ist die Geschichte enormer Begriffskonfusion und massiver Fehlsteuerung von Unternehmen, die durch fundamentale Missverständnisse über das Wesen und den Zweck von Unternehmen als komplexe Systeme entstehen.

Corporate Governance, wie sie heute verstanden wird, hat mit der Grundaufgabe der Unternehmensführung, nämlich mit Unternehmenspolitik, wenig zu tun. Sie erfüllt zwar ihre erzwungene Funktion in Beziehung auf die Finanzmärkte, die Finanzanalysten und die Finanzmedien. Als solche muss sie auch hier Beachtung finden. Aber von der Managementperspektive im eigentlichen Wortsinn aus gesehen, und besonders wenn sich Management an Komplexität orientiert, ist die heutige Corporate Governance zu einseitig finanzorientiert, zu stark juristisch geprägt, auf den falschen Zweck des Shareholder-Values gerichtet und insgesamt überreguliert.

Die heute in Gebrauch stehenden Corporate Governance Codes regeln gleichzeitig zu viel und zu wenig. Sie empfehlen zu viel Falsches und zu wenig Richtiges. Die Perspektive der Unternehmensführung selbst, das eigentliche Steuerungs- und Lenkungsproblem, wird weitgehend übersehen oder ausgeblendet. Die praktische Handhabung der Corporate Governance Codes führt im Gegenteil immer stärker zur Strangulierung der obersten Führungsorgane. Diese entfernen sich zwangsläufig immer weiter von ihrer unternehmerischen Aufgabe. Die Sorge der Mitglieder von Führungsorganen kann immer weniger dem Wohl des Unternehmens gelten, sondern muss dem Einhalten juristischer Vorschriften folgen, der Liebedienerei gegenüber den Finanzmedien, der Rücksichtnahme auf kurzfristige, häufig schädliche Investoreninteressen und dem persönlichen Schutz vor Verantwortlichkeitsklagen. Realwirtschaftlich gesehen gibt es eine deutliche Tendenz zum Rückgang von unternehmerischem Weitblick, von Mut, Risikobereitschaft und Geschäftsphantasie zugunsten formaler Governance-Regelungen.

Diese einseitige Auffassung von Corporate Governance verbietet es, den Begriff als alleinigen Haupttitel für dieses Buch zu verwenden, obwohl er wegen seiner Wortgeschichte und -bedeutung richtig wäre. Ob er es noch werden kann, ist derzeit schwer abzuschätzen. Es sind keine Anzeichen dafür zu erkennen, im Gegenteil: Zögerliche Reformversuche gehen noch einmal in die falsche Richtung, nämlich zur Wiederbelebung des sogenannten Stakeholder-Approaches. Den »Reformern« scheint nicht bekannt zu sein, dass es gerade das Scheitern des Stakeholder-Approaches war, das zur Entstehung des nun ebenfalls nicht funktionierenden Shareholder-Prinzips geführt hat.

Die Anliegen – etwa Corporate Social Responsibility und Corporate Citizenship –, die man mit Reformen zu berücksichtigen versucht, sind höchst berechtigt, weil sie vom Shareholder-Approach vernachlässigt, ja systematisch verletzt werden. Die vorgeschlagenen Lösungen sind aber gänzlich ungeeignet. Dazu muss ein anderer Weg eingeschlagen werden, den ich in diesem Buch aufzeige.

Dass das Unternehmen nicht nur eine ökonomische Gewinnmaschine ist, sondern auch eine soziale, politische und moralische Institution, hat der Doyen der Managementlehre, Peter F. Drucker, schon in seinen ersten Schriften ab 1946 klargemacht. Es ist heute so gültig wie damals. Unternehmer und erfahrene Manager wussten das immer und handelten danach, weil sonst ihre Unternehmen gar nicht funktioniert hätten. Für realitätsfernes ökonomistisches Theoretisieren waren solche systemimmanenten Tatsachen aber nicht zugänglich. Die erwähnten Pseudo-Reformen der Corporate Governance führen daher zwangsläufig in die falsche Richtung.

Dieses Buch soll all jenen, die für Unternehmenspolitik und Corporate Governance ihrer Organisationen zuständig sind, eine Wegleitung für das Schaffen systemgerechter Ordnungsprinzipien und dynamischer Regulierungssysteme in die Hand geben.

Kapitel 2Arbeitsprogramm für kybernetische Unternehmenspolitik

In diesem Auftakt-Kapitel skizziere ich das Arbeitsprogramm – die Road Map – für die Entwicklung einer Unternehmenspolitik im hier verstandenen Sinne.

Danach folgen im zweiten Teil drei Kapitel zur Erläuterung der Grundlagen, die hier einen gewissen Raum einnehmen müssen, damit die neuen Kategorien für Master Control in der Komplexitätsgesellschaft verständlich werden. Sie betreffen erstens die Konstanten, die im Kategorialen Wandel sichere Orientierung erlauben, zweitens die Master Controls, die man mit kybernetischer Unternehmenspolitik schafft und drittens den Gebrauch von Modellen, um Komplexität zu erfassen und zu nutzen.

Im dritten Teil folgen in drei Kapiteln Struktur und Inhalt der drei Kernteile der Politik: das Unternehmenskonzept, das Umweltkonzept und das Führungskonzept.

Im vierten Teil geht es um die neuen Aufgaben für die Spitzenorgane von Unternehmen, wenn sie diese als komplexe, sich selbst organisierende Systeme verstehen, gestalten und lenken wollen.

Etwas schwierigere Fragen beleuchte ich öfter als der bereits informierte Leser es schätzen würde, jedoch immer aus einem anderen Blickwinkel. Meine jahrelange Zusammenarbeit mit Spitzenführungskräften und die Erfahrungen aus Hunderten von Seminaren und Workshops mit hochkarätigen Managern lehren mich, dass nur einmal gesagt meistens nicht genügt.

Road Map zur kybernetischen Unternehmenspolitik

Am besten wird die Funktion der Unternehmenspolitik durch das Arbeitsprogramm klar, das zu einer Politik führt, das also für Entscheidungen nötig ist, die das Unternehmen als Ganzes gestalten und lenken sollen. Das Arbeitsprogramm, die Road Map, soll dem Leser als Entscheidungshilfe dienen, ob er sich mit dem Buch weiter befassen will, soll oder gar muss.

Was ist zu tun, und warum, wenn es um Unternehmenspolitik und Coporate Governance geht? Womit und wie ist es zu tun? Wer hat es zu tun? Dieses Arbeitsprogramm ist unabhängig von Tätigkeit und Größe eines Unternehmens, und unabhängig davon, ob eine Unternehmenspolitik in einem Wurf entstehen soll oder in einem iterativ-evolutionären Prozess. In der Regel ist es eine Mischung aus beidem. In jedem Fall braucht man ein Konzept, eine Gliederung, einen Arbeitsleitfaden, damit die Politik ein kohärentes Ganzes wird, offen für die Weiterentwicklung, ohne die Kohärenz zu verlieren. Dazu liefert dieses Buch das Konzept und die nötigen Inhalte.

Richtig verstandene Unternehmenspolitik ist das Master Control System des Unternehmens. Die Frage lautet: Durch welche Entscheidungen und mit welchen Grundsätzen kann man Organisationen jeder Art und Größe als Ganzes so gestalten und lenken, dass sie auch in komplexen Verhältnissen funktionieren und – weil Komplexität das wichtigste Merkmal der Gesellschaften des 21. Jahrhunderts sein wird – Komplexität für sie nicht das Problem, sondern ihr Erfolgsgeheimnis ist?

Was ist zu tun und warum?

Das Warum ist rasch beantwortet: Weil das Top-Management von der Prämisse ausgehen muss, dass wir inmitten einer tiefgreifenden gesellschaftlichen Transformation stehen, in deren Verlauf nur weniges beim Alten bleiben wird. Den Wandel zu überschätzen, ist das kleinere Risiko als ihn zu unterschätzen. Mein Vorschlag ist, sich von der Vorstellung leiten zu lassen, dass wir Zeitzeugen der Entstehung einer Neuen Gesellschaft sind. Ihr wichtigstes Merkmal wird Komplexität sein.

Im Kern sind drei Grundfragen zu beantworten, die durch das ganze Buch geleiten werden:

Was soll das Unternehmen tun?

Wo muss das Unternehmen funktionieren?

Wie soll das Unternehmen funktioneren?

Die erste Frage betrifft das Unternehmen und seine Tätigkeit, die zweite das Umfeld, in die das Unternehmen eingebettet ist, und die dritte Frage betrifft die Unternehmensführung, also das ManagementSystem, durch welches das Unternehmen mit seiner Umwelt trotz aller Veränderungen in eine dynamische Balance, ein sogenanntes Fließgleichgewicht, gebracht wird.

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Abbildung 2: Basis-System der Unternehmenspolitik

Das Ergebnis des Arbeitsprogrammes sind drei in sich abgestimmte, integrierte Konzepte, nämlich das

Unternehmenskonzept,

Umweltkonzept,

Führungskonzept.

Diese drei Konzepte sind die Kapitel einer umfassenden, ganzheitlichen Unternehmenspolitik und – in dieser enthaltenen – Corporate Governance, die Denken und Handeln der Führungskräfte leiten. Sie entsprechen den drei Buchkapiteln in Teil III. Gemeinsam sind diese drei Konzepte das Master Control-System des Unternehmens und somit für alle weiteren Entscheidungen Grundlage und Leitschnur.

Abbildung 2 zeigt das Basis-Modell, an dem sich die Unternehmenspolitik orientiert. Es ist die Navigationshilfe für das gesamte vorliegende Buch.

Unternehmen und Unternehmenskonzept: Was soll das Unternehmen tun?

Mit dem Unternehmenskonzept wird die Tätigkeit des Unternehmens definiert. Nebst anderen sind folgende Fragen zu stellen:

Was soll der Zweck des Unternehmens sein?

Soll das Unternehmen primär vom Gewinn her oder von einer gesellschaftlich orientierten Zwecksetzung gesehen werden? Gibt es gar einen dritten Weg?

Welche Funktion will man Anspruchsgruppen zubilligen?

Welche ethischen Implikationen ergeben sich?

Was ist die Business Mission für das Gesamtunternehmen und unter Umständen seiner Geschäftsbereiche?

Durch welche Faktoren wird die Performance beurteilt?

Was sind die wichtigsten Funktionsbereiche, wie Forschung und Entwicklung, Marketing, Finanzen usw., für welche Grundsätze aufzustellen sind?

Gibt es Spezialthemen, die zu regeln sind, zum Beispiel Markenpolitik, Qualitätspolitik, Preispolitik und dergleichen?

Umwelt und Umweltkonzept: Wo muss das Unternehmen funktionieren?

Ein Unternehmen ist maßgeblich durch seine Umwelt definiert. Richtige Führung muss immer von außen nach innen und nicht umgekehrt erfolgen, aber auf Basis einer ganz bestimmten Logik, nämlich der In-Out-In-Logik. Typische Fragen sind:

Worauf muss das Unternehmen in seiner Außenwelt achten?

Was sind aus welchen Gründen die wichtigsten Einflussfaktoren, wie Kunden, Kapitalgeber, Arbeitnehmer und andere?

Welche geographischen Regionen sind für das Unternehmen wichtig?

Welche gesellschaftlichen, politischen, sozialen Faktoren beeinflussen das Unternehmen?

Welche langfristigen Trends und Tendenzen sind zu beachten?

Welche Theorien und Methoden müssen wegleitend sein, um zu einem navigationsgerechten Bild über die Umwelt zu gelangen?

Unternehmensführung und Führungskonzept: Wie soll das Unternehmen funktionieren?

Jedes Unternehmen braucht ein ManagementSystem. Dieses wird im Führungskonzept festgelegt. Schlüsselfragen sind unter anderem:

Nach welchen Prinzipien soll das Unternehmen geführt werden?

Welches ManagementSystem braucht das Unternehmen, damit es funktioniert?

Welche Grundsätze sollen für die wichtigen Teile des ManagementSystems gelten, nämlich für die Unternehmens-Strategie, die Unternehmens-Struktur, die Unternehmens-Kultur und für die Führungskräfte sowie welche im Weiteren für alle Mitarbeiter im Unternehmen?

Wie sind die verschiedenen Mitarbeitergruppen auszubilden, damit sie professionell führen können?

Welche Führungsinstrumente, Führungsmethoden und Führungshilfsmittel sind erforderlich?

Welche Grundsätze gelten für Information und Kommunikation?

Welche Prinzipien sollen für Verantwortung und Ethik gelten?

Womit und Wie ist es zu tun?

Die beiden wichtigsten Mittel für die Regulierung eines komplexen Unternehmens sind Modelle und Regeln. Ihre lenkungsbezogene Bedeutung hat mit herkömmlichen Managementvorstellungen wenig gemeinsam. Modelle haben die Funktion, die das Navigationssystem in Auto und Flugzeug hat. Regeln oder Grundsätze haben die Funktion, das Unternehmen zu befähigen, sich selbst zu organisieren. In komplexen Verhältnissen sind andere Formen der Lenkung unwirksam.

Wer hat es zu tun?

Unternehmenspolitik zu gestalten und inkraft zu setzen ist Aufgabe der Spitzenorgane, je nach Rechtsform Vorstand und Aufsichtsrat bzw. analoger Gremien. Die Vorbereitungsarbeiten werden je nach Größe und Personalressourcen vom Chef selbst und/oder von einem kleinen Team geleistet. Das Gestalten solcher Meinungs- und Willensbildungsprozesse hängt von Struktur und Größe des Unternehmens ab. Richtig funktionierende Spitzenorgane arbeiten somit – wie man hier schon sieht und im Buch ausführlicher behandelt wird – nicht mit Macht, sondern mit Information.

Master Control – Naturkräfte im System nutzen

Die hier angegebene Road Map mit ihrem Arbeitsprogramm für eine wirksame Unternehmenspolitik zur Selbstorganisation spricht vom Einsatz, den Top-Manager auch trotz angewandter Management-Kybernetik dafür leisten müssen. In jene Arbeit, die die Natur komplexer Systeme von selbst leistet, wenn man sie richtig einschätzt und zu nutzen versteht, führen zuvor noch die der Road Map anschließenden Kapitel ein. Erst dann folgen die Beiträge, die die Top-Manager im Rahmen der Unternehmenspolitik selbst dafür leisten müssen, dass ihre Einrichtungen gezielt selbstorganisierend funktionieren.

Orientierung im General Management-Kontext

In Abbildung 2 ist das Basis-System zu sehen, das zu lenken ist. Die folgende Abbildung 3 zeigt die Master Controls, mit denen das Top-Management arbeitet, um das Gesamtsystem Unternehmen und Umwelt zu gestalten, zu lenken und zu entwickeln.

Ganz außen liegt die Umwelt, dann folgen die Master Controls durch Unternehmenspolitik und die in diese eingebettete Corporate Governance. Wiederum eingebettet und inhaltlich auf diese gestützt sind die Sub-Controls Strategie, Struktur und Kultur sowie die Führungskräfte, die alle Controls gestalten und nutzen. Diese Controls in ihren verschiedenen, zu besprechenden Dimensionen plus die Dimension der Zeit, ergeben die Evolution des Systems.

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Abbildung 3: Master Controls des Top-Managements

Teil II

Neue Zeit – Neues Management

Auf einer Managementkonferenz, in der Kaffeepause

Lohmann: Und? Wie managen Sie so? Intuitiv, charismatisch, pragmatisch oder eher systemisch?

Kröger: Eigentlich manage ich in diesem Sinne gar nicht. Ich arrangiere mich mit den Dingen, die ich nicht beeinflussen kann.

Lohmann: Aha! Sie haben sich also damit abgefunden, dass alles zu komplex und kompliziert geworden ist!?

Kröger: Nein, ich habe mich nur damit abgefunden, dass ich alles vergessen kann, was ich lange über Management gedacht und gehört habe.

Kapitel 1Konstanten im Wandel: Invarianz, Selbstorganisation, Evolution

Don’t fight forces; use them.

R. Buckminster Fuller, »Leonardo des 20. Jahrhunderts«

Wandel ist konstant.