Vampirküsse - Dana Kilborne - E-Book
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Vampirküsse E-Book

DANA KILBORNE

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Beschreibung

Lizzie ist frustriert. Übermorgen fangen die Ferien an, und sie hat nichts vor! Da kommt ihr die Begegnung mit dem süßen Luke gerade recht. Aber auch sein Freund fasziniert sie: Pollux wirkt geheimnisvoll und irgendwie gefährlich. Genau das Richtige, um ihrem langweiligen Leben etwas Schwung zu geben. Doch als sie in Pollux' schwarze Augen sieht, ertrinkt sie fast darin. In den kommenden Nächten wird sie von beängstigenden Träumen gequält. Sie ahnt, dass sie in Zukunft am besten einen weiten Bogen um Pollux machen sollte. Trotzdem wünscht sie sich nichts sehnlicher, als ihn wiederzusehen. Sie kann einfach nur noch an ihn denken, denn längst befindet sie sich in seinem Bann – im Bann des Vampirs. Neuauflage des Bestsellers "Wenn die Nacht erwacht ..." von Dana Kilborne – Spannung pur! Alle Romane der Reihe "Deadman's Landing" sind einzeln und unabhängig voneinander lesbar.  

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Dana Kilborne

Vampirküsse

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Prolog

Louisa rannte.

Ihre Kehle brannte wie Feuer, Seitenstiche quälten sie bei jedem Schritt, doch sie wusste, dass ihr, wenn sie jetzt stehenblieb, ein viel schlimmeres Schicksal drohte. Gehetzt blickte sie über die Schulter zurück. Nichts. Der dunkle Wald hinter ihr sah still und verlassen aus, doch Louisa wusste, dass dieser Eindruck nur täuschte. Sie waren irgendwo da draußen.

Verdammt, warum passierte ausgerechnet ihr so etwas? Sie war doch noch so jung, hatte ihr ganzes Leben noch vor sich. Aber sie zweifelte keine Sekunde daran, dass diese Typen sie töten würden, wenn sie sie erst einmal in die Finger bekamen.

Tränen strömten ihr über das Gesicht. Wie hatte sie nur so blöd sein können, zu ihnen in den Wagen zu steigen? Da machten ihr ein paar Jungs schöne Augen, und schon vergaß sie alles, was ihre Mom ihr jahrelang eingetrichtert hatte. Sie verstand selbst nicht, wie ihr das hatte passieren können. Fest stand, dass sie für diesen Fehler wahrscheinlich bitter büßen würde – mit ihrem Leben.

Zweige peitschten ihr ins hübsche Gesicht und hinterließen blutige Striemen. Die Wunden brannten höllisch, aber Louisa biss tapfer die Zähne zusammen. Das waren nur Kleinigkeiten. Nichts im Vergleich zu dem, was ihr zustoßen würde, wenn sie aufgab. Aber noch hatte sie eine Chance. Noch konnte sie ihnen vielleicht entkommen.

Wenn sie es doch nur bis zur Straße schaffte!

Es war zwar schon ziemlich spät, und um diese Zeit war hier draußen nicht besonders viel los, aber mit ein bisschen Glück kam vielleicht ein Wagen vorbei. Und selbst wenn nicht, war es von da aus nicht mehr weit bis zum Haus der Wagners. Dort wäre sie in Sicherheit – und sie könnte den Sheriff informieren.

»Louisa!«

Louisa schrak zusammen, als sie jemanden ganz in ihrer Nähe ihren Namen rufen hörte. Also doch! Und sie hatte so gehofft, dass sie ihre Spur verloren hatten. Aber diese Typen spielten nur mit ihr. Sie spielten ein schreckliches Spiel, dessen Regeln Louisa unbekannt waren. Und sie war sich sicher, dass sie keine Chance hatte, als Gewinnerin aus diesem Spiel hervorzugehen.

Dennoch war sie nicht bereit, aufzugeben. Nicht, solange es noch die kleinste Möglichkeit gab, mit dem Leben davonzukommen – so unwahrscheinlich diese auch sein mochte.

Obwohl sie bereits am Ende ihrer Kräfte war, holte Louisa noch einmal alles aus sich heraus. Sie rannte so schnell wie nie zuvor in ihrem Leben. Schweißperlen tropften ihr in die Augen und hinterließen ein brennendes Gefühl. Hastig wischte Louisa sie mit dem Handrücken weg.

Als sie wieder klar sehen konnte, stand er plötzlich vor ihr.

Sie versuchte noch abzubremsen, doch es war zu spät. Sie lief ihm geradewegs in die Arme, und er zog sie an sich.

»Louisa, da bist du ja, mein Engel.«

Ein Zittern lief durch ihren Körper, als sie die eisige Kälte fühlte, die von ihm ausging. Verzweifelt versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien. »Bitte«, flehte sie. »Bitte, lass mich gehen. Ich verrate auch niemandem, dass …«

Der Junge mit den hypnotischen dunklen Augen lächelte, doch dieses Lächeln ließ Louisa einen eisigen Schauer den Rücken hinunterrieseln. »Nein, Liebes, das geht leider nicht«, sagte er mit samtweicher Stimme. »Wir brauchen dich, verstehst du denn nicht?«

»Aber … Aber wofür?«

»Dein Blut, Liebes, es ist dein Blut, das wir wollen. Außerdem weißt du jetzt einfach zu viel. Was gerade passiert ist, geht niemanden sonst etwas an.«

Sie wusste genau, was er meinte. »Bitte«, wiederholte sie, »bitte tu mir nichts. Ich werde auch keinem etwas davon erzählen.«

Doch er reagierte nicht mal auf ihre Worte. Louisa stieß ein leises Wimmern aus, als er ihren Kopf zurückbog, so dass ihr Hals frei lag. Dann sah sie seine langen, leicht gebogenen Eckzähne, die im fahlen Licht des Mondes schimmerten.

Sie schrie.

 

 

 

 

 

 

Hauptteil

 

 

1.

               

»Sag mal, was ist eigentlich mit dir los?« Verständnislos blickte Carl Legrange seine knapp zwei Jahre jüngere Schwester an. »Seit Tagen schon machst du so gut wie gar nichts mehr. Du hängst nur noch rum, bist ständig mies gelaunt und verlässt dein Zimmer höchstens mal, wenn du zur Schule oder aufs Klo musst. Korrigier mich, wenn ich mich irre – aber bist du mit deinen sechzehn Jahren nicht noch ein bisschen zu jung für eine Midlifecrisis?«

Lizzie seufzte genervt auf. So eine Predigt war genau das, was ihr noch gefehlt hatte! Warum konnte denn keiner verstehen, dass sie nur ihre Ruhe haben wollte, und nichts weiter?

»Bist du jetzt fertig?«, fragte sie schnippisch.

Carl hob die Schultern. »Ich denke, schon. Aber hast du denn gar nichts dazu zu sagen?«

»Ich wüsste nicht, was. Ich genieße nur meine Freizeit, ist das etwa verboten?«

»Na, nach Genießen sieht mir das aber nicht gerade aus. Hey, Schwesterherz, sei doch nicht so bockig. Du weißt doch: Mit deinem alten Bruder kannst du über alles reden. Also, was bedrückt dich? Ist es noch wegen der Sache mit Abby?«

Sofort spürte Lizzie einen Stich in der Magengegend. Was ihr Bruder da ansprach, war wirklich eine schlimme Sache gewesen. Vor ein paar Monaten war die Kleinstadt Dedmon’s Landing, in der Lizzie aufgewachsen war und die von allen Kids wegen ihrer blutigen Vergangenheit Deadman’s Landing genannt wurde, von mehreren brutalen Morden erschüttert worden. Als ob das nicht schlimm genug wäre, stellte sich hinterher noch heraus, dass es sich bei dem kaltblütigen Mörder um ihre beste Freundin Abby gehandelt hatte. Um den Tod ihrer Schwester zu rächen, die vor Jahren von ein paar Kids so sehr gemobbt wurde, dass sie schließlich Selbstmord beging, war Abby vor nichts zurückgeschreckt. Lizzie konnte noch immer nicht fassen, dass sie sich jahrelang so in ihrer Freundin getäuscht hatte, die das alles schon lange geplant haben musste. Das Allerschlimmste daran war, dass Abby bis dahin ihre einzige wirkliche Freundin gewesen war. Nie hätte sie so was von ihr gedacht!

»Oder ist es wegen Tully?«, hakte Carl nach. »Weil sie im Moment nicht da ist?«

Lizzie seufzte. Tully Taylor war zu der Zeit, als sich die Morde ereigneten, mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder nach Dedmon’s Landing gezogen. Ihr war es zu verdanken, dass Abby gestoppt wurde, denn sie war Abby auf die Spur gekommen, die schließlich bei einem Kampf ums Leben kam. Seitdem waren Tully und Lizzie die besten Freundinnen. Obwohl Tully und Carl inzwischen ein Paar waren, was Lizzie gar nicht blöd, sondern eher witzig fand, hingen die beiden Mädchen viel zusammen herum und waren einfach unzertrennlich. Vor ein paar Tagen war Tully mit ihren Eltern in den Winterurlaub gefahren, und nun hatte Lizzie niemanden mehr. Carl hatte also mit beiden Vermutungen recht.

»Es stimmt schon«, gab sie zu. »Die Sache mit Abby setzt mir noch immer ziemlich zu. Immerhin waren wir jahrelang die besten Freundinnen. Mensch, die ganze Zeit über hab ich geglaubt, Abby zu kennen. Ich hätte meine Hand für sie ins Feuer gelegt, verstehst du? Ich war immer sicher gewesen, dass sie nicht mal einer Fliege was antun könnte. Und auf einmal muss ich dann erfahren, dass sie eine eiskalte Killerin ist. Ausgerechnet meine beste Freundin? Das ist doch echt krass, oder? Und wegen Tully – klar find ich’s ätzend, dass sie im Moment nicht da ist. Wir verstehen uns nämlich wirklich ziemlich gut.«

»Ich weiß.« Carl nickte. »Sie spricht auch nur in den höchsten Tönen von dir. Ich vermiss sie auch total. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich sie liebe.«

»Ist doch auch wirklich ungerecht, findest du nicht? Ich meine, die es sind doch noch nicht mal Ferien, und trotzdem dürfen sie und auch ihr kleiner Bruder schon eher von der Schule wegbleiben. Ich durfte das nie, du etwa?«

»Nee, leider nicht.« Carl lachte, wurde aber sogleich wieder ernst. »Dafür, dass Tully und ihr Bruder von der Schule befreit wurden, gibt’s aber auch triftige Gründe, und das weißt du genau.«

»Klar.« Lizzie nickte. Es stimmte leider, was Carl sagte. Der Bruder von Tullys Dad war vor kurzem gestorben, und natürlich wollte die Familie auf der Beerdigung dabei sein. Außerdem wollten sie sich ein paar Wochen um Frau und Kind des Verstorbenen kümmern, insbesondere die Vorweihnachtszeit und dann natürlich auch das Fest mit ihnen verbringen, weshalb Mr. Taylor den Antrag gestellt hatte, seine Kinder vorzeitig in die Weihnachtsferien zu entlassen, damit die Familie nach San Francisco konnte. »Ich verstehe das ja auch irgendwie«, sagte sie leise. »Es ist halt nur so, dass ich mich richtig einsam ohne Tully fühle – und das schon nach ein paar Tagen.«

Carl lächelte. »Frag mich mal. Aber hey – im neuen Jahr ist sie ja wieder da, und dann ist Schluss mit der Einsamkeit. Außerdem haben wir solange doch auch noch uns. Geschwister müssen schließlich auch in schweren Zeiten zusammenhalten. Und genau deshalb habe ich mir auch etwas überlegt.«

Lizzie schaute auf. »So? Und was, wenn ich fragen darf?«

»Stell dir vor: Dein großer Bruder lädt dich morgen in den Freizeitpark ein. Na, was sagst du?«

»In den Freizeitpark?« Lizzie seufzte. Der Brüller war diese Neuigkeit ja nicht gerade. »Im Winter?«

»Warum denn nicht? Das Pirates Adventureland hat schließlich das ganze Jahr über geöffnet. Sicher, die Wildwasserbahnen werden wir bei der Kälte wohl eher nicht nutzen, aber ansonsten spricht nichts dagegen, dass wir uns einen schönen Tag machen.«

»Schon, aber ehrlich gesagt …«

»Ja?«

»Mensch, du weißt doch genau, wie oft ich dieses Jahr schon im Park war. Seit Tullys Vater da arbeitet, kommt man ja ständig an Freikarten. Ich hab langsam das Gefühl, das Teil besser als mein eigenes Zimmer zu kennen.«

»Na, jetzt übertreib mal nicht, Schwesterherz. Ich weiß ja, dass du im Sommer sehr oft da warst. Aber trotzdem: Wenn du nicht mitkommst, bin ich schwer enttäuscht. Sehr schwer sogar. Und das könntest du doch sicher unmöglich mit deinem Gewissen vereinbaren, oder?«

Lizzie gab sich geschlagen. »Okay, okay, ich sehe schon, du lässt nicht locker. Also gut, wenn du unbedingt drauf bestehst, komme ich halt mit.«

»Na siehst du. Warum nicht gleich so.« Lächelnd verließ er ihr Zimmer, und Lizzie sah Tommy, ihren dreijährigen rotgestreiften Kater, kopfschüttelnd an. »Sei froh, dass du keinen Bruder hast«, sagte sie, woraufhin Tommy sich miauend an sie schmiegte.

 

Finster blickte der riesige Piratenkopf aus zehn Metern Höhe auf die Besucher herab, die sich den Kassen des Freizeitparks näherten, und das waren nicht gerade wenige. Immerhin war heute Samstag, und das Wetter konnte man als nicht allzu schlecht bezeichnen. Zwar war es kalt und grau, aber obwohl Weihnachten nahte, blieb der Schnee bisher aus.

Mit dem Andrang, der im Sommer herrschte, war es dann aber doch nicht vergleichbar, was allerdings auch keinen wunderte: Die Saison war vorbei, und der Großteil der Besucher kam nun mal in der warmen Jahreszeit. Aus der näheren Umgebung zog es zwar auch im Winter immer wieder Leute in den Park, aber von weiter her reisten die Besucher nur im Sommer an, und dann kamen sie nicht selten scharenweise.

Na, das kann ja heiter werden. Lizzie seufzte. So ganz glücklich war sie nicht darüber, dass sie sich von ihrem Bruder hatte hierher schleppen lassen. Sicher, er meinte es nur gut mit ihr und war halt der Ansicht, dass ihr ein bisschen Ablenkung nicht schaden konnte – aber im Grunde hätte Lizzie doch lieber ihre Ruhe gehabt. Aber nun war sie einmal hier, da konnte sie auch das Beste draus machen.

Nachdem sie an der Kasse den Eintrittspreis bezahlt hatten, der im Winter nur halb so teuer war wie in der Saison, betraten sie das Pirates Adventureland. Entsprechend dem Namen des Parks war hier alles themengerecht aufgebaut und dekoriert. Da gab es eine als Geisterschiff aufgemachte Geisterbahn, eine Pirateninsel, auf der angeblich ein Goldschatz vergraben war, zahlreiche Achterbahnen, die auch zumindest in dekorativer Hinsicht immer etwas mit Piraten und Seefahrt zu tun hatten, und noch vieles mehr. Alles war so bunt und kitschig wie auf einer großen Kirmes, bloß die laute Musik fehlte. Alles in allem hatte der Park für die ganze Familie etwas zu bieten.

»Und? Worauf hast du als erstes Lust?«, erkundigte Carl sich. »Achterbahn? Oder vielleicht doch lieber was Ruhigeres?«

Lizzie hob die Schultern. »Also, ich glaube, nach Achterbahn ist mir gar nicht. Ist mir irgendwie zu wild heute. Du weißt ja, dass ich einen empfindlichen Magen habe, und ich will nicht, dass der sich heute noch umdreht.«

»Ist nicht dein Ernst, oder?« Enttäuscht blickte Carl seine Schwester an. »Gerade auf die Achterbahnen hab ich mich so gefreut. Du weißt doch, wie sehr ich die Teile liebe!«

»O ja, das weiß ich!« Lizzie lachte. »Pass auf, ich mach dir einen Vorschlag: Du vergnügst dich in aller Ruhe auf den Achterbahnen, und ich ziehe ein bisschen durch die Shops, so was ist ja eh nichts für dich. Da hat jeder, was er will, und später können wir ja noch zusammen was machen. Also, was ist? Einverstanden?«

»Klar, wenn du meinst. Aber kommst du denn auch wirklich klar, so ganz allein?«

Genervt verdrehte Lizzie die Augen. »Hör mal, ich bin sechzehn, nicht sechs, okay? Da brauch ich wirklich keinen Babysitter mehr. Also los, zisch schon ab!«

Carl nickte und machte sich auf den Weg zur ersten Achterbahn. Wie Lizzie ihn kannte, würde er nicht nur eine Runde, sondern gleich drei oder vier fahren. Da war sie dann wirklich froh, dass sie nicht dabei war, denn spätestens nach der zweiten Runde wäre ihr kotzübel.

Langsam schlenderte sie durch den Park. Es war wirklich etwas ganz anders, um diese Jahreszeit hier zu sein, als im Sommer. In der Hauptsaison hatte man das Gefühl, von den Menschenmassen zerquetscht zu werden, da war es jetzt trotz des kalten Wetters richtig angenehm.

Ein bestimmtes Ziel hatte Lizzie nicht, die Shops interessierten sie auch gar nicht so sehr, wie sie vorgegeben hatte. Sie wollte nur allein sein, so konnte sie besser nachdenken. Außerdem wollte sie nicht, dass Carl ihr zu sehr auf die Nerven ging. Sie hatte ihren Bruder echt total lieb, aber mit seiner übermäßig fürsorglichen Art konnte er manchmal schon ziemlich stressen.

Sie erreichte die Eislaufbahn, die nur im Winter aufgebaut war und dann auch der absolute Hit im Park war. Auch jetzt vergnügten sich zahlreiche Kids und auch ein paar Erwachsene auf dem künstlichen Eis.

Lizzie blieb am Rand der Eislaufbahn stehen und beobachtete das Geschehen. Sie selbst würde sich mit Sicherheit nicht aufs Eis wagen, Schlittschuhlaufen war einfach nichts für sie, das hatte sie noch nie gern gemacht.

Nach einer Weile wurde es ihr dann doch zu langweilig, und sie beschloss, ihre Tour durch den Park fortzusetzen. Sie drehte sich um – und schrie erschrocken auf, als sie mit jemandem zusammenprallte. Sie wollte die Person schon verärgert anschnauzen, als sie erkannte, dass es sich um einen Jungen handelte. Und was für einen!

Er war groß und schlank, dabei aber keine von diesen klapprigen Bohnenstangen, sondern eher sportlich durchtrainiert. Seine langen Beine steckten in schwarzen Lederhosen, darüber trug er ein nur ein dünnes schwarzes Shirt und eine Lederjacke. Sein kurzes dunkles Haar hatte er mit viel Gel zu richtig spitzen Stacheln gestylt, die aussehen, als könnte man sich daran ernsthaft verletzten. Am meisten beeindruckten Lizzie aber seine Augen, die von einem so intensiven Blau waren, dass ihre Knie ganz weich wurden, als sie hineinschaute. Ansonsten wirkte der Junge eigentlich ziemlich normal – ein Rockertyp eben –, dennoch hatte etwas an sich, das Lizzie sofort in den Bann zog.

»Kennen wir uns?« Seine Stimme riss Lizzie aus ihren Gedanken. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie ihn die ganze Zeit über angeglotzt hatte.

Sie räusperte sich angestrengt. »Nein, äh … nicht, dass ich wüsste. Warum?«

»Weil du mich so anstarrst.« Er lächelte zwar, aber trotzdem wäre Lizzie bei seinen Worten am liebsten auf der Stelle im Erdboden versunken. Wie oberpeinlich!

»Nee, ich hatte auch nur einen Moment überlegt, ob ich dich schon mal gesehen habe. Du bist nicht aus der Gegend, oder?«

»Doch.« Er nickte. »Ich wohne praktisch um die Ecke und bin auch regelmäßig hier im Park.«

Seine Antwort überraschte Lizzie. Warum war dieser süße Typ ihr dann bisher noch nicht über den Weg gelaufen? »Echt?«, fragte sie. »Cool.«

»Ach, übrigens: Mein Name ist Luke.« Lächelnd streckte der Junge ihr die Hand entgegen. Ein seltsames Gefühl durchfuhr Lizzie, als sie die Hand ergriff. Irgendwie fühlte sie sich warm und eiskalt zugleich an.

»Ich bin Lizzie«, erwiderte sie stockend.

»Freut mich, dich kennenzulernen, Lizzie. Hast du vielleicht Lust, da vorn was trinken zu gehen?« Er deutete auf einen kleinen Kiosk hinter der Eislaufbahn, der von außen wie eine Schatztruhe aussah. »Ich lade dich natürlich ein, ist doch klar.«

Lizzie konnte nur nicken. Sie hatte plötzlich einen so dicken Kloß im Hals, dass sie kein Wort mehr rauskriegte. Dieser Traumtyp wollte sie – ausgerechnet sie! – auf einen Drink einladen? Konnte das wirklich wahr sein oder hatte sie gerade den schönsten Wachtraum ihres Lebens?

Als sie fünf Minuten später mit Luke an der Schatztruhe stand und an ihrer Coke nippte, wusste sie, dass dies kein Traum war. Nein, sie stand tatsächlich hier am Kiosk, trank Cola und lächelte dabei den süßesten Typen an, den sie je gesehen hatte! Ein Glück, dass Carl sie überredet hatte, mit in den Park zu kommen, sonst wäre sie Luke vielleicht nie begegnet!

»Und, was treibst du so?«, erkundigte Luke sich.

Lizzie hob die Schultern. Was sollte sie jetzt antworten? »Nichts besonderes, eigentlich«, sagte sie, und kaum, dass sie die Worte ausgesprochen hatte, hätte sie sich am liebsten selbst in den Hintern getreten. Nichts Besonderes! Wirklich beeindruckend. Damit hatte sie sicherlich Lukes Interesse geweckt. »Ich meine, du weißt ja, wie das ist, wenn man zur Schule geht. Da hat man nicht so viel Zeit für anderen Kram.«

»Klar.«

»Und du? Was machst du so?«, fragte sie schnell. Es war ihr lieber, selbst die Fragen zu stellen, statt sie beantworten zu müssen.

Doch ehe er etwas erwidern konnte, tauchten auf einmal ein paar andere Typen auf, die nach Ärger aussahen. Es waren drei Jungs, allesamt so etwa um die neunzehn Jahre alt. Sie trugen, wie Luke, schwarze Lederklamotten und kamen jetzt laut grölend auf die »Schatztruhe« zu. Unwillkürlich wich Lizzie einen Schritt zurück. Was die Typen bloß wollten? Sie hatte sie jedenfalls nie zuvor in der Gegend gesehen.

»Hey, Alter, wo bleibst du denn?«, rief einer der Typen, ein dürrer großer Kerl mit Lippenpiercing. »Wir haben dich schon gesucht!«