Verführt, verwöhnt, verliebt … - Kate Hoffmann - E-Book

Verführt, verwöhnt, verliebt … E-Book

Kate Hoffmann

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Beschreibung

Verheiratet und nicht verliebt? In Laurels Fall kein Widerspruch: Nur für kurze Zeit braucht sie einen Ehemann, um endlich über ihr großes Vermögen zu verfügen. Dann können sie und der attraktive Privatdetektiv Sean Quinn wieder getrennte Wege gehen. Aber nach dem Ja-Wort entwickelt sich alles ganz anders, als Laurel dachte. Denn zwischen ihr und Sean knistert es wirklich! Nach einer leidenschaftlichen Nacht, in der sie die süßen Wonnen der Lust genießen, tut die Vorstellung einer Trennung regelrecht weh. Wenn sie Sean nur ihre Gefühle gestehen könnte. Aber sie schweigt ...

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Seitenzahl: 207

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IMPRESSUM

Verführt, verwöhnt, verliebt … erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2003 by Peggy A. Hoffmann Originaltitel: „The Mighty Quinns: Sean“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANYBand 1117 - 2004 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Christian Trautmann

Umschlagsmotive: shutterstock_BlueSkyImage, GettyImages_NycyaNestling

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733758455

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Sean Quinn saß zusammengesunken auf dem Vordersitz seines zerbeulten Fords. Er hatte einen Parkplatz ganz in der Nähe des dreistöckigen Hauses gefunden, das in einem trendigen Viertel von Cambridge lag, und beobachtete die Tür seit fast zwei Stunden.

Er war durch einen Kollegen, den er eines Abends in einer Bar kennen gelernt hatte, zu diesem Fall gekommen. Bert Hinshaw war ein sechzigjähriger Privatdetektiv, Trinker und Schürzenjäger, der schon so manchen verrückten Fall verfolgt hatte. Sie hatten sich stundenlang unterhalten. Sean hatte von Berts Erfahrung profitiert, und Bert war froh gewesen, dass sich jemand seine Geschichten anhörte. Es entwickelte sich eine Freundschaft, und jetzt trafen sie sich regelmäßig zum Plaudern – wobei Bert meistens das Reden übernahm und Sean sich in Gedanken Notizen machte.

Gesundheitsprobleme bremsten Bert, weshalb er hin und wieder einen Fall an Sean abgab, so wie diesen, an dem er seit zwei Wochen arbeitete. Eine reiche Frau hatte ihn engagiert. Eddie Perkins alias Edward Naughton Smyth, auch Eddie das Wiesel genannt – er hatte noch ungefähr sechs oder sieben weitere Decknamen –, hatte sie umworben, sie geheiratet und sich mit ihrem Vermögen aus dem Staub gemacht.

Dieser Fall war der bei weitem lukrativste, den Sean je übernommen hatte, sogar noch besser als der Fall um die „Intertel Bank“, den er vor ein paar Monaten gelöst hatte. Er verdiente gutes Geld, beinah vierhundert Dollar am Tag.

Eddie, ein notorischer Betrüger und Bigamist, hatte reihenweise gebrochene Herzen und leere Bankkonten überall in den USA zurückgelassen. Das FBI war ihm seit Jahren auf den Fersen. Ein gewerblicher Kautionssteller aus Maryland war hinter ihm her, seit Eddie eine Kaution in Baltimore hatte sausen lassen und verschwunden war. Doch Sean hatte ihn aufgespürt, nachdem seine siebte Frau gehört hatte, er halte sich in der Gegend um Boston auf. Sie hatte Sean engagiert, um ihn zu finden und dem FBI zu übergeben, damit sie vor Gericht ihr Geld einklagen konnte.

Sean schaute auf seine Uhr. Samstags stand Eddie gewöhnlich nicht vor drei Uhr nachmittags auf. Und letzte Nacht war es spät geworden. Er hatte den Abend mit einer seiner fünf aktuellen Freundinnen verbracht, einer reichen Geschiedenen mit einem Bentley und einem teuren Haus in Back Bay. Sean hatte beschlossen, dass der Zeitpunkt zum Handeln gekommen war, und das FBI angerufen. Der verantwortliche Agent hatte ihm versichert, dass innerhalb der nächsten Stunde zwei Leute dort sein würden.

„Kommt schon, kommt schon“, murmelte Sean und hielt im Außenspiegel nach einer unauffälligen Limousine Ausschau.

Es erstaunte ihn, dass ein Kerl wie Eddie neun intelligente Frauen dazu bringen konnte, ihn zu heiraten und ihm ihr Geld anzuvertrauen. Sean musste seine Gerissenheit anerkennen. Nicht dass Sean keine Wirkung auf Frauen gehabt hätte. Er war ein Quinn, und irgendetwas in ihren Genen machte die Quinn-Brüder für das andere Geschlecht unwiderstehlich. Doch im Gegensatz zu seinen Brüdern war es Sean nie leicht gefallen, mit Frauen zu reden. Ihm fiel nichts Geistreiches oder Charmantes ein, nichts, um sie zu amüsieren – abgesehen von seinen Talenten im Schlafzimmer.

Seit seiner Kindheit hatte sich nicht viel geändert. Brian war noch immer der kontaktfreudigere Zwilling, während Sean sich im Hintergrund hielt – beobachtend, einschätzend. Seine Brüder zogen ihn damit auf, dass seine Distanziertheit genau das war, was ihn für die Frauen so anziehend machte. Je weniger Interesse er zeigte, desto faszinierter waren sie von ihm.

Doch er wusste, was alle Frauen wollten – guten Sex und eine Zukunft, die er ihnen nicht geben konnte. Er spürte ihr Verlangen, ihn in die Ehefalle zu locken, aber er floh jedes Mal vorher. Seine fünf Brüder hatten zwar alle eine Frau gefunden, mit der sie glücklich waren, aber Sean hatte nicht die Absicht, ihrem Beispiel zu folgen.

Eine graue, viertürige Limousine fuhr langsam an seinem Wagen vorbei. Sean setzte sich auf. „Das wurde aber auch Zeit“, sagte er leise zu sich selbst.

Er stieg aus, und kurz darauf kamen ihm zwei Agenten in dunklen Anzügen und mit Sonnenbrillen entgegen. „Quinn?“ fragte der eine. „Mein Name ist Randolph. Das ist Atkins.“

„Warum habt ihr so lange gebraucht? Musstet ihr noch für Doughnuts anhalten?“ zog Sean ihn auf.

„Wir waren hinter ein paar schweren Jungs her“, erwiderte Atkins verächtlich.

Sean hob beide Hände. „Wenn ihr nicht interessiert seid, kann ich auch den Kautionssteller anrufen. Der holt sich Eddie und bringt ihn nach Baltimore zurück. Dann können eure Kollegen in Baltimore ihn verhaften.“

Sean wusste um das angespannte Verhältnis zwischen dem FBI und den Prämienjägern. Wenn für das FBI die Aussicht bestand, eine Verhaftung einigermaßen reibungslos über die Bühne zu bringen, dann taten sie das lieber, als die Peinlichkeit zu riskieren, dass sie von Amateuren ausgetrickst wurden. Doch so stand Sean die Belohnung des Kautionsstellers zu, und die würde er sich nicht entgehen lassen.

„Also, in welchem Apartment ist er?“ wollte Atkins wissen.

Sean zeigte auf das Gebäude. „Er ist ein Gewohnheitsmensch. Samstags verlässt er Punkt drei das Haus. Er trinkt einen Cappuccino in der Kaffeebar ein Stück die Straße hinunter, kauft eine Rennzeitung am Kiosk und ruft seinen Buchmacher von einer Telefonzelle aus an. Danach geht er ein bisschen einkaufen, isst gegen sieben zu Abend und bricht anschließend ins Nachtleben auf.“

„Wie lange beobachten Sie den Kerl schon?“

„Zwei Wochen“, antwortete Sean und sah wieder zur Eingangstür des Gebäudes, die in diesem Moment aufging. Er musste unwillkürlich grinsen, als Eddie pünktlich in einem maßgeschneiderten Sportsakko und gebügelter Hose heraustrat. Obwohl schon in den Vierzigern, achtete er darauf, in Form zu bleiben, so dass er glatt zehn Jahre jünger wirkte. Er hatte eine lederne Reisetasche bei sich, ein seltsames Zeichen für einen Mann wie Eddie. Wollte er fliehen? „Das ist er“, murmelte Sean.

Atkins sah auf seine Uhr. „Zwei Uhr fünfundfünfzig. Anscheinend kennen Sie Ihren Mann nicht ganz so gut, wie Sie dachten.“ Er trat auf die Straße, und Randolph folgte ihm. „Wir schnappen ihn uns. Sie bleiben hier.“

„Von wegen“, entgegnete Sean. „Falls er türmt, will ich nah genug sein, um ihn zu erwischen.“

Sie waren bereits halb über die Straße, als Eddie sie entdeckte. Sean wusste noch vor den FBI-Männern, dass Eddie losrennen würde. Er konnte es in dem Sekundenbruchteil sehen, in dem ihre Blicke sich trafen. Dieses Wissen verschaffte Sean einen Vorsprung vor den Agenten. Noch ehe sie auch nur rufen konnten, rannte er Eddie hinterher. Er erwischte ihn auf halber Strecke die Straße hinunter, umklammerte seine Taille und warf ihn zu Boden.

Als Randolph und Atkins ankamen, hatte Sean Eddie bereits die Hände auf den Rücken gedreht.

Atkins legte Eddie Handschellen an und stellte ihn auf die Füße. „Es gibt eine ganze Reihe Frauen, die es gar nicht erwarten können, dich wieder zu sehen, Eddie.“

„Wartet“, bat Eddie. „Sie können mich jetzt nicht festnehmen!“

Randolph lachte. „Möchtest du, dass wir später wiederkommen? Na klar, kein Problem. Wieso rufst du uns nicht an, wenn du für die Verhaftung bereit bist?“ Er schob ihn zum Wagen, doch Eddie blieb stehen und wandte sich an Sean.

„He! He, Kumpel“, rief er. „Kommen Sie her.“

Sean sah zu den Agenten, die beide mit den Schultern zuckten. „Was wollen Sie?“ fragte er.

„Sie müssen mir helfen. Es ist wirklich wichtig.“ Er versuchte, in seine Hosentasche zu greifen, doch die FBI-Agenten stoppten ihn. Atkins zog ein mit einer schicken Klammer zusammengehaltenes Geldbündel heraus. „Gebt dem Kerl fünfzig“, sagte Eddie. „Nein, lieber hundert.“

Der Agent reichte Sean zwei Fünfziger.

„Wofür ist das?“ wollte Sean wissen.

„Ich will, dass Sie in die Milholme Street 634 fahren und Laurel Rand erzählen, was passiert ist.“

„Sie haben einen Anruf frei“, entgegnete Sean. „Rufen Sie sie an.“ Er wollte ihm das Geld zurückgeben.

„Das kann ich nicht. Bis dahin wird es zu spät sein. Sie müssen das für mich tun. Sagen Sie, dass es mir wirklich Leid tut. Sagen Sie ihr, dass ich sie wirklich liebe.“

Sean starrte auf das Geld in seiner Hand. Er sollte ablehnen, doch jeder Dollar in seiner Tasche war ein weiterer Schritt hin zu einem richtigen Büro und einer Sekretärin. Mit hundert Dollar konnte er schon eine Weile die Stromrechnung begleichen. Wieso sich also nicht die paar Minuten Zeit nehmen und eine harmlose Aufgabe erledigen? „Na schön. Ich soll ihr ausrichten, dass Sie verhaftet wurden?“

Eddie nickte.

„Soll ich ihr auch den Grund verraten?“

„Das können Sie ruhig. Sobald sie die Wahrheit erfährt, wird sie ohnehin nicht mehr mit mir reden wollen. Sagen Sie ihr trotzdem, dass ich sie aufrichtig liebe. Sie war die Richtige.“

„Klar, Eddie“, meinte Agent Randolph. „Ich bin sicher, das sagst du allen Frauen. Erzählst du ihnen das, bevor oder nachdem du ihre Konten geplündert hast?“

„Ich habe sie alle geliebt“, behauptete Eddie. „Ich stehe unter diesem Zwang. Ich frage sie, und sie sagen immer Ja. Es ist ihre Schuld, nicht meine!“

„Gehen wir.“ Randolph zog Eddie am Arm mit sich.

„Vergessen Sie nicht, Sie haben es versprochen!“ rief Eddie Sean zu. „Ich verlasse mich auf Sie.“

Die Agenten verfrachteten Eddie auf den Rücksitz ihrer Limousine und brausten davon. Sean schaute erneut auf seine Uhr. Es würde keine halbe Stunde dauern, die Nachricht zu überbringen. Danach würde er zu seiner Wohnung fahren, eine Schlussrechnung ausstellen und sie zur Post bringen. Nächste Woche könnte das Geld da sein, und in der darauf folgenden Woche konnte er sich dann schon auf die Suche nach einem kleinen Büro begeben. Natürlich musste er sich noch Gedanken um die Werbung und die Büroausstattung machen. Außerdem brauchte er ein Telefon, einen Anrufbeantworter und einen Pieper. Wenn er ein erfolgreiches Unternehmen aufbauen wollte, würde er sich auch die entsprechende Kleidung anschaffen müssen – einen Anzug und vielleicht ein oder zwei Krawatten.

Er ging zu seinem Wagen. „Milholme Street. Das wird amüsant.“

Die Milholme Street war nur wenige Meilen von Eddies Wohnung entfernt. Sean setzte seine Sonnenbrille auf und las die Hausnummern entlang der breiten Hauptverkehrsstraße. Doch als er die von Eddie genannte Hausnummer fand, musste er feststellen, dass es sich nicht um ein Wohn- oder Bürogebäude handelte, sondern um eine Kirche.

Er lenkte den Wagen in eine Parklücke. Vor der Kirche stand eine lange Limousine mit einem „Frisch verheiratet“-Schild auf der Heckscheibe. „Was soll das?“ Plötzlich bereute Sean, dass er eingewilligt hatte, Eddie diesen Gefallen zu tun. Auf keinen Fall wollte er irgendeiner Frau die Nachricht überbringen, dass ihr Bräutigam nicht zur Trauung erscheinen würde.

Sean bemerkte ein paar feierlich gekleidete Frauen vor der Kirche und ging zu ihnen. „Ich suche Laurel Rand“, erklärte er.

„Sie ist drinnen“, sagte eine der Frauen.

Sean bedankte sich und nahm zwei Stufen auf einmal. Je eher er diese Sache hinter sich brachte, desto eher konnte er in „Quinn’s Pub“ sein, um den erfolgreichen Abschluss eines Falls zu feiern.

In der Kirche stieß er auf eine Brautjungfer mit einem Blumenstrauß in der Hand. „Laurel Rand?“ fragte Sean.

„Sie ist da hinten, den Gang hinunter“, sagte die Brautjungfer. „Letzte Tür rechts. Sind Sie der Fotograf?“

Sean runzelte die Stirn und lief den Gang entlang. Er war nicht sicher, was ihn erwartete, als er an die Tür klopfte. Doch als eine Frau im Hochzeitskleid öffnete, wusste er, dass es ein Fehler gewesen war, das Geld von Eddie anzunehmen. „Laurel Rand?“

„Ja?“

Sean schluckte, als sie ihn ansah. Er erkannte in ihr eine der Frauen, die er in den letzten Wochen mit Eddie zusammen gesehen hatte. Dabei war ihm jedoch nie aufgefallen, wie schön sie war. Ganz in Weiß, sah sie aus wie ein Engel. Er musste sich zusammennehmen, um nicht einfach die Hand auszustrecken und sie zu berühren. Ihr welliges blondes Haar war zurückgesteckt und unter dem Schleier verborgen, nur eine einzelne Strähne hatte sich gelöst.

Ihr Kleid raschelte und holte ihn in die Realität zurück. „Sind Sie Laurel Rand?“

„Ja“, antwortete die Frau. „Sind Sie der Fotograf? Sie sollten eine Stunde vor der Trauung hier sein.“ Sie nahm seine Hand und zog ihn in den Raum. Seine Hand prickelte. „Wir haben nur noch dreißig Minuten bis zur Zeremonie. Wie sollen wir da alle Fotos machen, die ich wollte? Wo ist Ihre Ausrüstung?“

„Ich … ich bin nicht der Fotograf.“

Sie ließ seine Hand los. „Wer sind Sie? Und wieso stören Sie mich? Können Sie nicht sehen, dass ich die Braut bin? Sie sollen mich nicht nervös machen. Ich sollte ruhig sein. Sehe ich nicht ruhig aus?“

Sean widerstand der Versuchung, ihre Hand erneut zu nehmen und sie festzuhalten, während er ihr die Nachricht überbrachte. „Sie … Sie sehen …“, er holte tief Luft und suchte nach einem Wort, das sie passend beschrieb, „… wunderschön aus. Umwerfend. Ja, ich würde sogar sagen, atemberaubend.“ Für einen Mann, dem es schwer fiel, mit Frauen zu reden, kam ihm das jetzt erstaunlich leicht über die Lippen.

Der Anflug eines Lächelns erschien auf ihrem Gesicht. „Danke.“

Am liebsten hätte er sich umgedreht und wäre gegangen, um Laurel Rand mit diesem Lächeln im Gedächtnis zu behalten. „Können wir uns unterhalten?“

„Unterhalten?“ wiederholte sie perplex.

Er schloss die Tür und zog Laurel behutsam zu einem Stuhl, nur für den Fall, dass sie ohnmächtig werden würde. „Wen heiraten Sie heute?“

Sie sah ihn verwirrt an. „Edward Garland Wilson. Aber Sie sollten das wissen, wenn Sie eine Einladung zur Hochzeit erhalten haben. Oder kommen Sie etwa ungeladen? Wer sind Sie eigentlich?“

„Nur noch eine Frage“, bat Sean. „Ist Ihr Bräutigam ungefähr ein Meter fünfundachtzig groß und hat dunkle, an den Schläfen graue Haare?“

„Ja“, antwortete Laurel. „Sind Sie ein Freund von Edward?“

„Nicht direkt. Aber er schickt mich, um Ihnen eine Nachricht zu überbringen.“

Ihre Miene hellte sich auf. „Ja? Oh, wie süß. Aber er hätte ruhig selbst kommen können. Ich gebe nichts auf diesen albernen Aberglauben, dass es Unglück bringt, wenn der Bräutigam die Braut vor der Hochzeit sieht. Wie lautet die Nachricht?“

Sean bereute erneut, sich auf diese Sache eingelassen zu haben. Er atmete tief durch und sagte: „Eddie wird nicht zur Hochzeit erscheinen.“

Laurel starrte den gut aussehenden Fremden an, unfähig zu begreifen, was er gerade gesagt hatte. „Ist das irgendein blöder Scherz?“

„Ich fürchte nicht“, erwiderte der Mann. „Eddie gab mir hundert Dollar, damit ich herkomme und es Ihnen persönlich ausrichte.“

„Nein“, sagte Laurel, „das darf nicht passieren.“ Panik stieg in ihr auf. „Da draußen warten die Gäste und meine Brautjungfern. Ich habe zwei Monate damit zugebracht, die Musik auszusuchen. Er kann nicht dreißig Minuten vor der Trauung kalte Füße bekommen!“ Laurel marschierte fluchend an dem Fremden vorbei zur Tür. „Wo ist er? Ich will mit ihm reden.“

Der Mann hielt sie fest. „Er ist nicht hier. Sie können nicht mit ihm reden.“

„Warum nicht?“ verlangte sie zu wissen und riss sich los.

„Weil er auf dem Weg ins Gefängnis ist.“

Laurel wirbelte herum und starrte ihn an. „Wer sind Sie? Und wieso sind Sie hier?“

„Das habe ich Ihnen doch schon erklärt. Mein Name ist Sean Quinn. Ich bin Privatdetektiv. Und ich bin derjenige …“ Er zögerte. „Ich bin derjenige, der Ihren Bräutigam ins Gefängnis gebracht hat.“

Laurel schnappte nach Luft. „Ins Gefängnis? Sie haben Edward ins Gefängnis geschickt?“ Sie war nicht sicher, was sie in diesem Augenblick hatte. Vielleicht war es der Stress der letzten Monate – die Hochzeitsplanung, die Sorge, dass nicht alles perfekt lief, und schließlich die Suche nach dem passenden Mann, der sie heiraten würde. Sie hatte keine Märchenhochzeit erwartet, aber auch keinen Albtraum! Sie ballte die Fäuste, fluchte und boxte Sean Quinn in den Magen.

Der Schlag traf ihn völlig überraschend. Er krümmte sich leicht und sah sie geschockt an. „Guter Schlag. Den habe ich wohl verdient.“ Langsam richtete er sich wieder auf. „Allerdings hatte ich eher mit Tränen gerechnet, nicht mit einem rechten Haken.“ Er räusperte sich. „Vielleicht fühlen Sie sich etwas besser, nachdem ich Ihnen alles erklärt habe.“

Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. „Das Einzige, wodurch ich mich besser fühlen würde, Mr. Quinn, wäre, wenn Sie sich in Luft auflösen und Eddie an Ihrer Stelle erscheinen würde.“

„Das wird nicht passieren. Ihr Verlobter ist nicht der, für den er sich ausgibt. Sein richtiger Name lautet Eddie Perkins. Er ist ein Betrüger und wird in acht Bundesstaaten gesucht.“

„Sie müssen sich irren. Eddie stammt aus einer sehr guten Familie in West Palm Beach. Sie hat mit dem Bankwesen und Investitionen zu tun. Ich habe seine Eltern kennen gelernt.“

„Das waren wahrscheinlich Schauspieler, die er engagiert hat“, meinte Sean. „Das ist seine Vorgehensweise laut Akte. Er ist sehr gut in dem, was er tut. Sie sollten es nicht zu schwer nehmen, dass Sie hinters Licht geführt wurden und jetzt dumm dastehen.“

„Ich bin dumm?“

Sean Quinn grinste verlegen. „So meinte ich das nicht. Ich wollte damit nicht sagen, dass Sie dumm sind.“

„Dumm?“ Sie merkte selbst, wie hysterisch sie klang, und widerstand dem Impuls, ihn erneut zu boxen. „Sie halten mich für dumm?“

„Nein, ganz und gar nicht“, versicherte Sean ihr. „Ich finde Sie …“

„Naiv? Vertrauensselig? Leichtgläubig?“

Er schüttelte den Kopf. „Ich finde Sie wunderschön.“

Ihre Blicke trafen sich, und einen Moment lang konnte sie nicht atmen. Er hatte die erstaunlichsten Augen, eine faszinierende Mischung aus Gold und Grün. Sie hatte ihn noch gar nicht richtig betrachtet, seit er den Raum betreten hatte. Schließlich war dies ihr Hochzeitstag, da sollten ihre Gedanken bei ihrem Bräutigam sein.

Frustration stieg in ihr auf, so dass ihr zum Schreien zu Mute war. Das alles lief nicht so, wie es laufen sollte. Sie wusste, dies war nicht der romantischste Tag in ihrem Leben, aber er stellte trotzdem in gewisser Hinsicht einen Meilenstein dar. Von diesem Tag an nämlich sollte sie die Kontrolle über ihr Leben haben.

Laurel ging zum Fenster und schaute hinaus. „Ich kann es immer noch nicht fassen.“

„Es tut mir Leid“, sagte Sean und legte ihr die Hand auf die Schulter. „Ich wollte Ihnen Ihren besonderen Tag nicht ruinieren.“

Plötzlich überkam sie eine tiefe Erschöpfung. Sie drehte sich zu Sean um. „Ist schon gut. Sie trifft ja keine Schuld.“ Eine Träne lief ihr die Wange hinunter, und sie wischte sie wütend fort. All die Planung und jetzt das!

„He, nicht weinen.“ Sean legte behutsam die Arme um sie.

In diesem Moment lösten sich sämtliche Gedanken an Eddie und die geplatzte Hochzeit in Luft auf. Stattdessen war Laurel ergriffen von der Freundlichkeit und Stärke dieses Mannes.

Erschrocken wich sie zurück. Falls sie sich nach der Tiefe ihrer Gefühle für Eddie gefragt hatte, wurde diese Frage jetzt beantwortet. Sie hatte ihn nicht geliebt. Er war erst seit zehn Minuten aus ihrem Leben verschwunden, und schon lag sie in den Armen eines anderen Mannes!

Sie durchquerte den Raum, entschlossen, Sean Quinn aus sicherer Entfernung zu beobachten. Seine Augen waren nicht das Einzige an ihm, das sie attraktiv fand. Sein Haar war dunkel, beinah schwarz, und fiel ihm auf den Kragen seiner Lederjacke. Er sah sehr gut aus, aber da war noch etwas anderes, eine gewisse Gleichgültigkeit, die ihn umgab und distanziert, ja unnahbar erscheinen ließ.

„Weshalb wurde Eddie verhaftet?“ wollte Laurel wissen.

Sean räusperte sich. „Wegen Bigamie.“

„Bigamie? Er hat schon eine Frau?“

„Um genau zu sein, er hat neun. Sie wären Nummer zehn geworden.“

Laurel stöhnte. „Vermutlich habe ich es nicht besser verdient. Ich hätte mir denken können, dass da was nicht stimmt. Ich wollte, dass er meine Freunde kennen lernt, aber er hatte stets eine Ausrede, weshalb er nicht konnte. Und wenn ich ihn nach seiner Familie fragte, wechselte er jedes Mal das Thema. Gestern Abend dann erschien er nicht zur Hochzeitsprobe. Er behauptete, einen geschäftlichen Termin zu haben.“

„Er war bei einer anderen Frau. Aber falls Sie sich dadurch besser fühlen – er sagte, dass er Sie wirklich geliebt hat.“

Laurel lachte. Liebe? Sie war viel zu praktisch veranlagt, um an dieses Gefühl zu glauben. Sie und Eddie passten zusammen, und sie hatte gedacht, er käme aus einer guten Familie, daher hatte sie seinen Heiratsantrag angenommen. Schließlich passte er in ihre eigenen Pläne. Sie würde Edward heiraten, ihr Treuhandvermögen bekommen und ihre Träume verwirklichen. Aber jetzt war alles ruiniert. Es sei denn …

„Verraten Sie mir eines“, bat Laurel und sah Sean lächelnd an. „Sind Sie verheiratet?“

„Nein.“

„Haben Sie eine Freundin oder Verlobte?“

Er schien sich unbehaglich zu fühlen. „Ich sollte jetzt besser gehen. Sie müssen sich noch um so vieles kümmern.“

„Welche Jackettgröße haben Sie?“ Laurel nahm einen Kleidersack vom Haken hinter dem Standspiegel. „Ich bin sicher, der wird Ihnen passen.“ Sie zog den Reißverschluss des Kleidersacks auf und schaute auf Seans Schuhe. Vielleicht war doch noch etwas zu retten. „Ich bezweifle, dass wir so viel Glück haben, dass die Schuhe passen. Edward hat sehr große Füße.“

„Auf keinen Fall. Ich werde mich nicht extra anziehen, um Ihren Gästen zu erklären, dass Sie nicht heiraten“, stellte Sean klar. „Ich habe erledigt, weswegen ich herkam, und jetzt verschwinde ich.“

„Ich will nicht, dass Sie es den Gästen sagen, denn ich habe immer noch vor, heute Nachmittag zu heiraten.“

„Eddie ist im Gefängnis. Ich glaube kaum, dass sie ihn rauslassen werden“, meinte Sean.

„Oh, ich werde nicht Edward heiraten, sondern Sie.“

Laurel wartete gespannt, während Sean sie fassungslos anstarrte. Möglicherweise kam das ein wenig überstürzt, aber ihre Lage war nun einmal verzweifelt. „Bevor Sie Nein sagen, möchte ich, dass Sie sich meinen Vorschlag anhören.“

Er wich mit erhobenen Händen zurück. „Ich will Ihren Vorschlag nicht hören, Lady. Ich trete weder mit Ihnen noch mit irgendeiner anderen Frau vor den Traualtar.“

„Und ich habe nicht die Absicht, meine Hochzeit abzusagen. So, wie ich die Sache sehe, ist das alles Ihre Schuld. Sie sind für Edwards Verhaftung verantwortlich und …“

„Er war Bigamist!“ rief Sean. „Er brach das Gesetz. Sie sollten mir dankbar dafür sein, dass ich Sie vor einem fatalen Fehler bewahrt habe!“

„Das wäre ich auch, wenn von dieser Hochzeit nicht so viel abhinge. Da sind die Gäste und Geschenke und die Feier. Es wäre so peinlich …“ Sie verstummte, denn sie hatte Gewissensbisse, weil sie ihn derartig manipulierte. Aber die Hochzeit war nun einmal wichtig. Sobald sie verheiratet war, würde sie ihr Erbe erhalten. Und sobald sie ihr Erbe hatte, konnte sie das Gebäude mieten, das sie sich ausgesucht hatte, ein altes Backsteinhaus mit viel Licht und hohen Decken.

Die Idee war ihr vor einigen Jahren gekommen, als sie angefangen hatte, in der Grundschule in Dorchester Musik zu unterrichten. Nach dem College hatte sie häufig den Job gewechselt, auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt. Aus einer Laune heraus war sie zum Friedenskorps gegangen und hatte sich eine chronische Ruhr geholt. Ein paar Monate später hatte sie einen Job als Tanzlehrerin auf einem Kreuzfahrtschiff angenommen. Doch die exotischen Orte machten die engen Unterkünfte und die Seekrankheit nicht wett. Und ihre Karriere als Stewardess endete, als ihr klar wurde, dass sie unter lähmender Flugangst litt.

Diesmal aber hatte sie etwas gefunden, was sie tatsächlich gut konnte. Es gab zwar viele Nachmittagsangebote für Kinder, die an Sport oder Wissenschaft interessiert waren, aber nur wenige für Kinder mit künstlerischem Talent. Daher hatte sie beschlossen, sobald sie an ihr Fünf-Millionen-Treuhandvermögen kam, ein Ausbildungszentrum für Theater, Tanz und Musik und vielleicht bildende Künste zu gründen. Sie hatte schon genaue Vorstellungen. Und sie würde es „Louise Carpenter Rand Center“ nennen, nach ihrer Mutter, die ihre Liebe für Kunst und Musik an sie weitergegeben hatte.

Wenn Onkel Sinclair nicht so ein Geizhals wäre, müsste sie nicht zu solch extremen Mitteln greifen. Doch er kontrollierte das Familienvermögen der Rands und verteilte das Geld so, wie er es für nötig hielt. Und da er nach dem Tod ihrer Eltern zum Verwalter ihres Treuhandvermögens ernannt worden war, hing alles von seiner Entscheidung ab. Das Treuhandvermögen sicherte ihr ein kleines monatliches Einkommen. Wenn sie vor ihrem sechsundzwanzigsten Geburtstag heiratete, hatte sie einen Anspruch auf ihr Erbe von fünf Millionen. Blieb sie Single, würde sie bis zu ihrem einunddreißigsten Geburtstag auf das Geld warten müssen.