Verführung im Mondlicht - Kate Hoffmann - E-Book

Verführung im Mondlicht E-Book

Kate Hoffmann

0,0
2,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Mit 18 hat sie ihm ein fast unwiderstehliches Angebot gemacht, doch damals blieb Alan standhaft. Jahre später sieht er sie wieder - und verspürt dasselbe Kribbeln: Caley ist einfach hinreißend. Diesmal wird er nicht Nein sagen! Falls er eine zweite Chance bekommt …

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 194

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



IMPRESSUM

Verführung im Mondlicht erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2008 by Peggy A. Hoffmann Originaltitel: „Your Bed Or Mine?“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe TIFFANY SEXYBand 56 - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Claudia Biggen

Umschlagsmotive: GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733728076

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.

1. KAPITEL

Riesige Schneeflocken stoben über den nächtlichen Himmel, bevor sie auf der Windschutzscheibe von Caley Lamberts Mietwagen landeten. Müde sah sie zu, wie die Scheibenwischer sie wegschoben. Das rhythmische Geräusch lullte sie ein. Ihre Augenlider wurden schwer, und mit jeder Minute wurde es schwerer, gegen den Schlaf anzukämpfen. Rasch öffnete sie das Fenster.

Die eisige Nachtluft traf sie wie ein Schlag ins Gesicht, und Caley atmete tief ein. Der Flug von New York war mit großer Verspätung in Chicago eingetroffen, und als sie endlich am Flughafenhotel angekommen war, hatte man ihr Zimmer schon an jemand anderes vergeben. Kurzerhand beschloss sie, die zwei Stunden Fahrt zu ihrem Elternhaus am See gleich hinter sich zu bringen, statt mit der Suche nach einem anderen Zimmer für die eine Nacht unnötig Zeit zu vergeuden.

Es war weniger der Drang, nach Hause zu kommen, der sie mitten in der Nacht in einen Schneesturm trieb, als die Tatsache, dass sie nun einmal nicht gerne Zeit vergeudete. Zeit. Inzwischen lebte sie seit nun schon elf Jahren in Manhattan, arbeitete seit sieben Jahren im Haifischbecken namens Public Relations und hatte gelernt, mit jeder Minute sehr effizient umzugehen. Sie verschwendete keine Zeit an irgendetwas, das sie beruflich nicht weiterbrachte. Sie ging ins Fitnesscenter, weil man dort gute Kontakte knüpfen konnte. Sie gehörte sieben verschiedenen bekannten Organisationen an, weil deren Namen sich gut in ihrem Lebenslauf machten, und sie hatte sieben Jahre lang sechzehn Stunden am Tag gearbeitet, weil sie das zur Teilhaberin gemacht hatte.

„Also, was habe ich dann eigentlich in North Lake in Wisconsin verloren?“, sagte sie leise zu sich selbst.

Ihre jüngere Schwester Emma hatte vor ein paar Wochen angerufen und darauf bestanden, dass Caley in der Woche vor dem Valentinstag nach Hause kam. Emma plante eine ganz besondere Feier in dem Sommerhaus am See, weigerte sich aber, Einzelheiten preiszugeben – außer, dass keiner der Lamberts fehlen durfte. Doch da Caleys Eltern am Valentinstag vor dreißig Jahren geheiratet hatten, war es nicht weiter schwierig, den Plan ihrer Schwester zu erraten.

Eine elektronische Version von Mozarts „Eine kleine Nachtmusik“ unterbrach Caleys Gedanken, und sie warf einen schnellen Blick auf ihr Handy, das auf dem Beifahrersitz lag. Ein kurzer Blick aufs Display, und sie warf es auf den Sitz zurück. Brian. Seit ihrer Abreise aus New York vor ein paar Tagen wegen einer Geschäftsreise nach San Francisco hatte er schon mindestens zwanzigmal angerufen. Und jedes Mal war sie dem Gespräch aus dem Weg gegangen.

Sie und Brian waren fast zwei Jahre lang zusammen gewesen, und er hatte ursprünglich mit ihr nach North Lake kommen wollen, um endlich ihre Familie kennenzulernen. Doch dann hatte er wegen beruflicher Verpflichtungen abgesagt. In diesem Zusammenhang war Caley klar geworden, dass ihre Beziehung mit Brian reine Zeitverschwendung war. Zwischen geschäftlichen Reisen und Terminen hatten sie im vergangenen Monat gerade mal drei Nächte zusammen verbracht. Das war nicht viel, wenn man bedachte, dass sie in derselben Wohnung lebten.

Sie kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich auf die Straße, um wegen des Schnees nicht das Schild mit der Abzweigung in die West Shore Road zu verpassen. Früher hatte sie mal jeden Quadratzentimeter der kleinen Stadt North Lake gekannt. Bis zur Collegezeit hatte sie jeden Sommer ihres Lebens hier verbracht.

Selbst jetzt, mitten in einer eisig kalten Winternacht und obwohl sie schon jahrelang nicht mehr da gewesen war, durchströmte sie ein vertrautes Gefühl. Sie erinnerte sich an das hektische Packen am letzten Schultag vor den Sommerferien. Danach waren sie immer in einem bis oben hin bepackten Minivan von Chicago zum See gefahren. Ihre Mutter hatte den Wagen gesteuert. Ihr älterer Bruder Evan hatte jedes Mal den Beifahrersitz mit Beschlag belegt und bestimmt, welcher Radiosender gehört wurde, während Caley zwischen ihren jüngeren Geschwistern Emma und Adam saß. Teddys Platz als jüngstes Kind war eingekeilt zwischen Koffern und Kisten mit Küchengeräten ganz hinten. Ihre jüngeren Geschwister hatten auf der Fahrt immer schon ihre Badesachen getragen, damit sie sofort aus dem Wagen und in den See springen konnten, sobald sie angekommen waren.

Caley hatte allerdings immer andere Dinge im Kopf gehabt. Mit jeder Meile, die sie zurücklegten, hatte sich ihre Vorfreude gesteigert. Wie würde er aussehen? Würde er genauso sein, wie sie ihn in Erinnerung hatte, oder hatte er sich verändert? Hatte sie sich verändert? Würde er sie anders sehen? Würde dieser Sommer endlich der Sommer sein, in dem sie sich zum ersten Mal küssten?

Jahr für Jahr, Fahrt für Fahrt hatten sich ihre Gedanken immer nur um ihn gedreht. Sogar jetzt merkte Caley, dass sie in ihre alten Gewohnheiten verfiel. Alan Burton. Er war ihr Märchenprinz gewesen, ihr Ritter ohne Furcht und Tadel, ihr Jungmädchenschwarm und ihre erste Liebe, denn er war einfach ein unglaublich heißer Junge.

Seiner Familie gehörte das Sommerhaus nebenan, und sie verbrachten schon seit Jahren den Sommer gemeinsam. Die fünf Kinder der Lamberts und die fünf Kinder der Burtons bildeten zusammen eine wilde ausgelassene Bande, die in ganz North Lake als die Burtberts bekannt und berüchtigt war. Jahrelang war Alan für Caley so etwas wie ihr großer Bruder Evan gewesen: ein ekelhafter, grober, rülpsender und spuckender Lausejunge, mit einem unerschöpflichen Ideenvorrat an üblen Streichen.

Dann waren sie eines Tages zum Floß hinausgeschwommen, und Alan hatte sie untergetaucht. Sie war als elfjähriges Mädchen untergegangen und als schwärmerischer Teenager wieder aufgetaucht. In diesem Sommer war Alan ein hübscher Junge von dreizehn Jahren. Sogar jetzt erinnerte sie sich an seine hellblauen Augen und an seine perfekten Zähne. Kleine Wasserperlen hingen an seinen dunklen Wimpern, wenn er lächelte. Seine Haut war geschmeidig und sonnengebräunt, so dass Caley kaum widerstehen konnte, einfach die Hand auszustrecken und seine Wange zu berühren.

Als sie das dann doch tat, schubste er ihre Hand weg und runzelte verwirrt die Stirn. Doch von diesem Moment an war Caley verliebt. Ein bisschen später verwandelte sich dann ihre keusche kindliche Liebe in das sinnliche Verlangen eines Teenagers, und noch später kamen ihre Gefühle einer Besessenheit gleich, bis die Sache schließlich mit einer Demütigung endete.

Caley seufzte. Während der letzten elf Jahre hatte sie das Haus am See nur besucht, wenn die gesicherte Erkenntnis bestand, dass Alan irgendwo anders war. Aber trotzdem hatte sie bei jedem Besuch insgeheim gehofft, ihm vielleicht über den Weg zu laufen und dann möglicherweise die Gelegenheit zu bekommen, den Schlamassel wieder in Ordnung zu bringen, den sie am Abend ihres achtzehnten Geburtstages angerichtet hatte.

Ihr Handy meldete sich erneut. Schimpfend griff Caley danach und sah aufs Display. Diesmal kannte sie die Nummer nicht, erkannte aber an der Vorwahl, dass der Anruf aus Manhattan kam. Seit sie Teilhaberin geworden war, stand es ihrem Boss frei, sie zu jeder Tages- oder Nachtzeit anzurufen, was John Walters schon mehr als einmal ausgenutzt hatte. Caley fragte sich, welche Art Notfall sich um fast vier Uhr morgens in Manhattan wohl ereignet haben mochte.

Sie klappte das Handy auf und hielt es ans Ohr. „Hallo?“

„Hab mir schon gedacht, dass du die Nummer checkst, da musste ich halt von der Telefonzelle an der Ecke aus anrufen.“

Caley erkannte Brians Stimme und unterdrückte eine Verwünschung. „Ich will absolut nicht mit dir reden. Vor meiner Abreise habe ich alles gesagt, was zu sagen ist. Es ist vorbei.“

„Caley, wir können das klären. Du kannst doch nicht einfach Schluss machen! Alles lief doch so gut.“

Sie musste lachen und schüttelte den Kopf über seine Fähigkeit, die Situation zu verdrehen. Brian war einer der erfolgreichsten jungen Anwälte in der Wall Street. Genau wie sie konnte er die schlimmste Katastrophe, die man sich vorstellen kann, noch völlig überzeugend als etwas Positives darstellen.

„Wie kannst du das sagen?“, fragte sie. „Wir haben uns doch kaum gesehen. Und wenn wir uns gesehen haben, hatten wir uns nichts zu sagen. Das einzige gemeinsame Thema war unsere Arbeit.“

„Was soll das? Ich kann auch über andere Dinge reden.“

„Darum geht es nicht“, erklärte Caley, die nun immer gereizter wurde. Normalerweise war sie fähig, klar und deutlich auszudrücken, worum es ihr ging. Aber diesmal hatte sie nicht einmal eine Vorstellung davon, was sie eigentlich wollte. Sie wusste nur, dass sie auf keinen Fall wieder zu Brian zurückkehren würde. Seit Langem hatte sie das Gefühl, ihr Leben wäre aus dem Gleichgewicht geraten, und der Schlussstrich unter dieser Beziehung schien der einzige Weg, das wieder in Ordnung zu bringen.

„Worum geht es dann?“, fragte er.

„Ich …“, sie holte tief Luft, „… ich bin nicht glücklich.“

„Wann war dir das jemals wichtig? Du arbeitest rund um die Uhr, du nimmst nie Urlaub, jede freie Minute deines Lebens ist verplant. Wie solltest du da glücklich sein? Wer ist das schon? Aber, Caley, genau so magst du doch dein Leben.“

„Nicht mehr“, sagte sie. „Das fühlt sich einfach nicht richtig an.“ Plötzlich spürte sie, wie sich Panik in ihr ausbreitete. Tat sie wirklich das Richtige? War sie tatsächlich bereit aufzugeben? Mit einem Mal wurde ihr ganz schwindelig, und sie bekam plötzlich Angst, ohnmächtig zu werden. „Ich … ich muss Schluss machen. Ich melde mich, wenn ich zurückfahre, und dann können wir Einzelheiten klären. Auf Wiederhören, Brian.“

Caley fuhr rasch rechts ran, ließ das Fenster herunter und atmete tief die kalte Nachtluft ein. In den letzten Monaten hatte sie immer wieder mit solchen Panikattacken gekämpft, die beinahe täglich aufgetreten waren. Sie hatte den Stress dafür verantwortlich gemacht, weil sie Teilhaberin geworden war, weil sie in Manhattan lebte, weil sie an ihrer Beziehung zu Brian zweifelte. Aber tief im Innern wusste Caley, dass keiner dieser Gründe die wirkliche Ursache war.

Da hörte sie eine Sirene und erkannte im Rückspiegel einen Polizeiwagen, der mit eingeschaltetem Blaulicht hinter ihr hielt. Sie war nicht zu schnell gefahren, aber vielleicht durfte sie hier auf offener Strecke gar nicht halten. Caley schloss das Fenster, während sie im Seitenspiegel beobachtete, wie ein Polizist aus einem Geländewagen stieg und sich ihrem Wagen näherte. Sie hatte Berichte in den Nachrichten über Vergewaltiger und Serienmörder gehört, die sich als Polizisten verkleideten, und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Doch rasch schob sie diese Gedanken beiseite. Solche Dinge passierten in New York, aber nicht in North Lake in Wisconsin.

Als der Polizeibeamte bei ihrem Wagen angekommen war, klopfte er mit der Taschenlampe leicht gegen ihre Scheibe. Caley öffnete das Fenster einen Spaltbreit. „Zeigen Sie mir Ihren Ausweis, bitte“, forderte sie ihn auf. Als er ihn ihr durch den Spalt reichte, nahm sie ihn. Der Ausweis sah echt aus. Sie öffnete das Fenster ein wenig weiter und gab ihn zurück.

„Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte“, sagte der Beamte.

„Ich weiß nicht, ob ich Fahrzeugpapiere habe“, erwiderte Caley. „Das ist ein Mietwagen.“ Sie zog ihren Führerschein aus der Brieftasche und reichte ihn nach draußen. Dann klappte sie das Handschuhfach auf. „Der Wagen stammt von Speedy Rental in O’Hare. Hier ist der Mietvertrag.“ Auch dieses Papier reichte sie nach draußen. Dann schaute sie den Polizisten an. „Ich bin aber gar nicht zu schnell gefahren.“

„Sie haben während des Fahrens mit dem Handy telefoniert“, erklärte er. „In North Lake ist das verboten. Haben Sie etwas getrunken, Ma’am?“

„Nein“, erwiderte Caley, verblüfft über seine Frage. „Ich bin nur rechts rangefahren, weil ich müde war. Ich brauchte ein bisschen frische Luft.“

Er überprüfte ihren Führerschein. „Caroline Leonore Lambert“, murmelte er. „Sie sind Caley Lambert?“ Er leuchtete mit der Lampe in ihr Gesicht, und Caley blinzelte verunsichert.

„Ja.“

„Eine von den Burtbert-Kindern?“

„Ja.“

Er nahm die Lampe weg und beugte sich vor, mit einem Mal freundlich lächelnd. „Dann erkennst du mich also nicht?“ Er deutete auf das Namensschild an seiner Jacke. „Jeff Winslow. Wir waren ein paar Mal zusammen aus. Das muss gewesen sein im Sommer … Na ja, spielt eigentlich keine Rolle. Ich hab dich zum Segeln mitgenommen und dann das Boot drüben bei Raspberry Island auf Grund gesetzt. Du hast mich einen Idioten genannt und mir eine Dose Cola über den Kopf gekippt.“

Caley erinnerte sich. Ein Segelboot auf Grund zu setzen war ungefähr genauso, als würde einem auf einer einsamen Landstraße das Benzin ausgehen. Sie erinnerte sich auch daran, wie Jeff Winslow versucht hatte, sie zu küssen und zu befummeln, und sie dann als Zicke beschimpft hatte, weil sie nicht wollte. Doch die meisten ihrer Dates in diesem Sommer vor dem College hatten Caley nur einem einzigen Zweck gedient – sie waren ein verzweifelter Versuch gewesen, Alan Burton eifersüchtig zu machen.

„Natürlich“, erwiderte Caley. „Jeff Winslow. Meine Güte, du bist jetzt bei der Polizei? Kaum zu glauben nach allem, was du damals angestellt hast.“

„Ja. Eine vergeudete Jugend. Aber ich habe mich gebessert. Ich habe Strafrecht studiert und dann für die Polizei in Chicago gearbeitet“, erzählte er. „Dann habe ich gehört, dass man hier einen Polizeichef braucht. In Chicago bin ich viermal angeschossen worden und hatte das dringende Bedürfnis, etwas zu verändern. Also bin ich wieder nach Hause gekommen.“ Er lachte. „Ich schätze, das war für dich ein Glücksfall.“

„Tatsächlich?“

Jeff klappte seinen Block zu und steckte ihn zurück in die Jackentasche. „Ich lasse dich mit einer Verwarnung davonkommen.“ Dann reichte er ihr ihre Papiere zurück. „Solange du versprichst, nicht während des Fahrens zu telefonieren, denn das ist im gesamten Bundesstaat verboten.“

„Danke“, sagte Caley.

„Und, was treibst du so? Das letzte Mal, als ich dich in North Lake gesehen habe, warst du gerade mit der Highschool fertig.“

„Ich arbeite in New York“, erzählte Caley, „und komme nicht sehr oft hierher.“

„Schade“, meinte Jeff. „Das Leben in der Großstadt ist toll, aber ich habe diesen Ort hier erst richtig schätzen gelernt, als ich weg war. North Lake hat irgendwie etwas Besonderes …

etwas Friedliches.“ Er zuckte die Schultern und tippte dann an ihr Fenster. „Fahr vorsichtig, Caley. Die Straßen sind glatt. Und falls ich dich noch mal beim Telefonieren am Steuer erwische, muss ich dir einen Strafzettel verpassen.“

„Schon klar“, meinte Caley.

„Dann gute Nacht.“

Einen Augenblick lang hatte sie das Gefühl, er wolle noch etwas sagen. Aber dann wandte er sich ab und ging zurück zu seinem Geländewagen. Als wenige Sekunden später das Blaulicht ausging, nahm Caley das als Hinweis, dass sie weiterfahren durfte. Kurz darauf entdeckte sie die West Shore Road und bog ab. Officer Jeff folgte ihr in einigem Abstand.

Die Häuser entlang des Ufers waren dunkel, weil die meisten von ihnen den Winter über unbewohnt waren. Caley konzentrierte sich darauf, trotz des Schnees nicht die Briefkästen zu übersehen. Schließlich entdeckte sie das Schild zur Auffahrt der Burtons. Das Haus daneben gehörte ihren Eltern. Ein schwaches Licht brannte an der Haustür. Unbewusst den Atem anhaltend, lenkte Caley den Wagen an kahlen Bäumen vorbei den steilen Weg hinauf. Officer Jeff fuhr langsam weiter, offenbar war er zufrieden, dass sie am Ziel angelangt war.

Caley stellte den Motor ab und betrachtete durch die vereiste Autoscheibe das Haus, mit dem sie so viele Erinnerungen verband. Im Winter sah das Gebäude noch malerischer aus. Auf dem Dach lag dick der Schnee, und Eiszapfen hingen von der Dachrinne und den hellen Schindeln. Aber trotz des friedlichen Anblicks, der sich ihr bot, wusste Caley, dass sie keine Arbeit zustande bringen würde, solange sie mit ihrer Familie unter einem Dach wohnte. Mit Evans drei Kindern und dem üblichen Trubel, den ihre lärmende Familie sofort auslöste, hielt Caley das für unmöglich. Also brauchte sie einen Ort, an den sie sich ab und zu zurückziehen konnte, und hatte ab dem nächsten Tag ein Zimmer in einem Gasthof im Dorf gemietet.

Sie stieg aus und nahm ihre Reisetasche vom Rücksitz. Unwillkürlich blickte sie zum Haus der Burtons hinüber. In der Küche brannte Licht, doch der Rest des Hauses war dunkel.

Ellis und Fran Burton würden ganz sicher beim Fest ihrer Eltern dabei sein. Doch es gab keinen Grund, weshalb auch ihre Kinder kommen sollten. Trotzdem fragte sich Caley, ob sich die Gelegenheit bieten würde, Alan zu sehen, und wie die Begegnung dann wohl wäre. Erinnerte Alan sich an den Abend damals am Strand? Würde er so tun, als sei nichts passiert?

Elf Jahre waren seitdem vergangen. Vielleicht ist es an der Zeit, nicht mehr daran zu denken, überlegte Caley. Sie war eine hoffnungslos verliebter Teenie gewesen. Und seit jenem Abend, bevor sie abgereist war, um ihr Studium an der New Yorker Universität zu beginnen, hatte sie Alan nicht mehr gesehen. Doch jedes Mal, wenn sie sich an diesen Abend erinnerte, schämte sie sich noch im Nachhinein für ihr Verhalten.

Jetzt waren sie beide erwachsen, und falls er ihr albernes Benehmen von damals zur Sprache bringen wollte, dann würde sie sich einfach weigern, darüber zu reden. Bestimmt hatte er in seiner Jugend ebenfalls Fehler gemacht, die ihm noch heute vor seiner Familie peinlich waren. Caley versuchte angestrengt, sich an etwas zu erinnern, nur für den Fall, dass sie Munition brauchte.

Als Kinder waren sie in alle möglichen Schwierigkeiten geraten. Sogar jetzt noch fand Caley es erstaunlich, dass sie immer glimpflich davongekommen waren. Sie und Alan waren schon ein ganz besonderes Gespann gewesen, denn sie war die Einzige der Burtberts gewesen, die sich auf alle seine Waghalsigkeiten eingelassen hatte.

Caley lächelte. Einmal hatten sie ein Eichhörnchen eingefangen und es dem örtlichen Polizeichef in den Streifenwagen gesteckt. Ein anderes Mal stahlen sie das Fahrrad des schlimmsten Rowdys der Stadt. Am nächsten Morgen entdeckte der Junge sein Fahrrad auf dem Badefloß vor dem öffentlichen Strand in den Wellen treiben. Dieser Streich hatte ihnen eine Menge Bewunderung eingebracht, obwohl sie niemals zugaben, dass sie es gewesen waren. Außerdem waren sie immer wieder in ihre „Festung“ eingedrungen, ein verlassenes Sommerhaus am Ostufer.

Im Haus ihrer Eltern war es dunkel und still, als sie hineinschlüpfte. Nie wurde die Tür verschlossen, wenn die Familie zu Hause war. Caley blieb einen Augenblick in dem geräumigen Foyer stehen und atmete tief ein. Ein vertrauter Duft drang ihr in die Nase, nach See, Blättern, altem Holz, Möbelpolitur und Vanilleduftkerzen, die ihre Mutter so gern anzündete. Früher hatte Caley jeden Winkel in diesem Haus gekannt, jedes Versteck und jedes sonnendurchströmte Fenster. Das Haus war ihr ganz privates Schloss gewesen.

Langsam stieg sie die Stufen hoch und ging den Gang entlang zu ihrem Zimmer. Doch als sie die Tür öffnete, musste sie feststellen, dass es bereits belegt war. Zwei von Evans Kindern lagen im Bett, und das dritte schlief in einem Reisebettchen daneben.

Leise schloss sie wieder die Tür und ging zu dem Zimmer auf der anderen Seite des Gangs. Emma hatte bestimmt Platz in ihrem Bett. Sie schlüpfte in das Zimmer ihrer Schwester und schloss die Tür hinter sich. Dann stellte sie die Tasche ab und ging zum Bett. Im Raum war es kühl, und Emma hatte sich völlig in eine Daunendecke gewickelt und sich das Kissen über den Kopf gezogen.

„Em?“, flüsterte Caley. Doch ihre Schwester rührte sich nicht. Caley zuckte die Schultern. Emma hatte schon als Kind einen unglaublich tiefen Schlaf gehabt. Sie zog Jacke und Schuhe aus und setzte sich auf den Bettrand. Wahrscheinlich gab es unten noch ein leeres Sofa, doch sie war viel zu erschöpft, ihre Suche nach einem Schlafplatz fortzusetzen. Jetzt wollte sie einfach nur ein paar Stunden schlafen. Morgen würde sie dann ihre Sachen in den Gasthof bringen und sich richtig ausruhen.

Sie streifte die Jeans ab, glitt unter die Bettdecke und zog sie sich bis zum Kinn. Sobald sie die Augen schloss, schweiften ihre Gedanken zurück zum letzten Sommer, den sie im Seehaus verbracht hatte. Damals hatte Alan gerade sein zweites Studienjahr beendet und war ebenfalls zu Hause. Seit seiner Ankunft war Caley völlig hin und weg gewesen. Er sah einfach hinreißend aus: groß, schlank, sonnengebräunt und unglaublich sexy. Caley hatte das Gefühl, sterben zu müssen, wenn sie nicht mit ihm zusammen sein konnte.

Der Sommer nahm seinen Lauf, und Caley versuchte wirklich alles, um Alans Aufmerksamkeit zu erregen. Schließlich beschloss sie, am Abend ihres achtzehnten Geburtstages einen mutigen Schritt zu wagen. In wenigen Tagen würde sie aufs College gehen, aber sie wollte nicht als Jungfrau zur New Yorker Universität fahren. Deshalb nahm sie ihren ganzen Mut zusammen, ging zu Alan an den Strand, als er alleine dort war, zog sich die Bluse aus und bat ihn, eine Frau aus ihr zu machen.

Caley stöhnte innerlich und zog die Bettdecke bis zur Nase. Sogar nach all diesen Jahren trieb ihr die Erinnerung an diese Szene noch die Schamesröte auf die Wangen. Wenn Alan nur nicht hier in North Lake auftauchte, solange sie da war.

Aber wahrscheinlich ist er meilenweit entfernt, überlegte Caley. Vielleicht schlief er sogar gerade neben einer anderen Frau. Sie fühlte einen kleinen Stich der Eifersucht und runzelte die Stirn. Die Schwäche, die sie für Alan gehegt hatte, war doch längst vergangen. Also konnte sie eigentlich gar nicht eifersüchtig sein. Vielleicht war es eher Neid, weil sie sich Alan glücklich, zufrieden und möglicherweise verliebt vorgestellt hatte.

Wahrscheinlich besaß er alles im Leben, was er immer gewollt hatte, während sie bis heute versuchte herauszufinden, was ihr zum Glücklichsein eigentlich fehlte. Dabei hatte Caley erwartet, das mit dreißig herausgefunden zu haben. Doch in wenigen Monaten wurde sie neunundzwanzig. Allzu viel Zeit blieb ihr also nicht mehr.

Aber vielleicht eröffnete ihr ja diese eine Woche, weit weg von New York und dem Leben, das sie sich dort aufgebaut hatte, neue Perspektiven. Caley gähnte und legte den Arm über die Augen. Morgen war ja auch noch ein Tag, um über alles nachzudenken. Jetzt brauchte sie erst einmal eine Mütze Schlaf.

Das Läuten eines Handys riss Alan Burton aus einem tiefen und erholsamen Schlaf. Er stöhnte leise, bevor ihm klar wurde, dass da nicht sein Handy klingelte. Im selben Augenblick spürte Alan einen warmen Körper neben sich.

Zuerst glaubte er zu träumen. Aber er fühlte deutlich ein Bein auf seinem Oberschenkel liegen und nahm den schwachen Zitronenduft wahr, den das Haar einer Frau verströmte. Als er versuchte den Arm zu bewegen, merkte er, dass sie den Kopf an seine Schulter geschmiegt hatte.

Wie heißt sie?, überlegte er. Er befand sich im Bett mit einer Frau, an deren Namen er sich nicht erinnerte. Auch wenn er sich in der Vergangenheit den ein oder anderen One-Night-Stand geleistet hatte, so war das in letzter Zeit eigentlich nicht mehr vorgekommen.