Verliebt in den Rancher - Nicki Bennett - E-Book

Verliebt in den Rancher E-Book

Nicki Bennett

0,0
5,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Seit Jonah auf der Broken Spoke Ranch arbeitet, ist er unglücklich in seinen Boss Lincoln verliebt. Doch als kurz vor einem wichtigen Event Lincolns Beziehung mit seiner Freundin in die Brüche geht, wendet sich das Blatt plötzlich: Lincoln bittet Jonah, ihn zu begleiten, und stellt damit Jonahs Gefühlsleben komplett auf den Kopf. Spielt Lincoln nur mit ihm, um seine Exfreundin eifersüchtig zu machen? Oder kann auch sein Boss sich nicht gegen die Funken wehren, die zwischen ihnen fliegen? Band 10 der BELOVED Romantik-Reihe. Buch ist in sich abgeschlossen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 281

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Deutsche Erstausgabe (ePub) September 2017

Für die Originalausgabe:

© 2016 by Nicki Bennett

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

»The Cattle Baron's Bogus Boyfriend«

Originalverlag:

Published by Arrangement with Dreamspinner Press LLC, 5032 Capital Circle SW, Ste 2, PMB# 279, Tallahassee, FL 32305-7886 USA

Für die deutschsprachige Ausgabe:

© 2017 by Cursed Verlag

Inh. Julia Schwenk

beloved ist ein Imprint des Cursed Verlags

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der Übersetzung,

des öffentlichen Vortrags, sowie der Übertragung

durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile,

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

Genehmigung des Verlages.

Bildrechte Umschlagillustration

vermittelt durch Shutterstock LLC; iStock

Satz & Layout: Cursed Verlag

Covergestaltung: Hannelore Nistor

ISBN-13: 978-3-95823-659-2

Besuchen Sie uns im Internet:

www.cursed-verlag.de

Aus dem Englischen von Susanne Scholze

Liebe Leserin, lieber Leser,

vielen Dank, dass Sie dieses eBook gekauft haben! Damit unterstützen Sie vor allem die Autorin des Buches und zeigen Ihre Wertschätzung gegenüber ihrer Arbeit. Außerdem schaffen Sie dadurch die Grundlage für viele weitere Romane der Autorin und aus unserem Verlag, mit denen wir Sie auch in Zukunft erfreuen möchten.

Vielen Dank!

Ihr Cursed-Team

Klappentext:

Seit Jonah auf der Broken Spoke Ranch arbeitet, ist er unglücklich in seinen Boss Lincoln verliebt. Doch als kurz vor einem wichtigen Event Lincolns Beziehung mit seiner Freundin in die Brüche geht, wendet sich das Blatt plötzlich: Lincoln bittet Jonah, ihn zu begleiten, und stellt damit Jonahs Gefühlsleben komplett auf den Kopf. Spielt Lincoln nur mit ihm, um seine Exfreundin eifersüchtig zu machen? Oder kann auch sein Boss sich nicht gegen die Funken wehren, die zwischen ihnen fliegen?

Für die Truppe aus dem 44 ½ (ihr wisst, wer gemeint ist), die mich dazu überredet hat, diese Story zu schreiben; für Ariel und ihre beständige Ermutigung während der Entstehung und für Damon, der mir geholfen hat, den perfekten Titel zu finden.

Kapitel 1

»Es ist mir egal, ob er beschäftigt ist! Ich will ihn auf der Stelle sprechen!«

Jonah Hollis unterdrückte ein Seufzen. »Es tut mir leid, Ms. Cutler, aber ich darf Mr. Courtwright nicht stören, wenn er in einer Besprechung ist.«

Und das solltest du mittlerweile wissen, fügte er in Gedanken hinzu. Du triffst dich seit mehr als sechs Monaten mit ihm.

»Wenn er wüsste, dass ich schon zum fünften Mal anrufe, würde er wollen, dass Sie mich jetzt durchstellen!«

Tatsächlich rief sie schon zum sechsten Mal an, aber Jonah wusste es besser, als dass er sie korrigiert hätte. Er wusste auch, dass er seinen Boss besser nicht während einem Meeting störte, egal, wie lange die dafür veranschlagte Zeit bereits überschritten war.

Lincoln Courtwright gehörte die Broken Spoke Ranch – inklusive den darunterliegenden Vorkommen an Öl und Erdgas – und Jonah arbeitete vielleicht nur unwesentlich länger als Verwaltungsassistent für ihn, als Melissa Cutler mit ihm ausging, aber er wusste, wie sehr Mr. Courtwright Unterbrechungen hasste, besonders dann, wenn er einen neuen Vertrag aushandelte.

Jonah dachte gar nicht daran, seinen Job zu riskieren, schon gar nicht für die zänkische Freundin seines Chefs. Sie kann unmöglich auf diese Weise mit ihm reden, er würde sich das niemals gefallen lassen. Ich vermute, ein kleiner Assistent verdient nicht die gleiche Liebenswürdigkeit wie ein Millionär.

»Ich versichere Ihnen, dass ich Ihre Nachrichten weitergebe, sobald sein Meeting beendet ist«, sagte er in einem, wie er hoffte, beschwichtigenden Tonfall.

Offensichtlich war er nicht beschwichtigend genug. »Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich muss jetzt mit ihm sprechen!«

Jonah wünschte, er hätte einen altmodischen Hörer wie beim Telefon seiner Eltern zu Hause auf der Farm, statt dem kabellosen Headset, das er trug, dann hätte er ihn von seinem Ohr weghalten können, während Melissa weiterhin ihre Schimpftirade abließ.

In gewisser Weise hatte sie durchaus einen Grund verärgert zu sein, gestand er ihr in Gedanken zu, während er versuchte, ruhig zu bleiben.

Mr. Courtwrights Besprechung mit den Verantwortlichen für eine neue Gasbohrung dauerte bereits eineinhalb Stunden länger als vorgesehen. Gott sei Dank habe ich heute Abend keinen Unterricht, dachte er, als er auf die Uhr an seinem Computer sah. Es ist schon nach halb sieben. Ich würde es nicht rechtzeitig schaffen. Hoffentlich ist das ein Zeichen dafür, dass die Verhandlungen gut verlaufen.

Als Melissa langsam die Luft auszugehen schien, unterbrach er sie. »Ich denke nicht, dass es noch lange dauern wird, Ms. Cutler. Ich verspreche Ihnen, dass ich ihm ausrichte, dass er Sie umgehend zurückrufen soll, sobald er frei ist.«

»Nicht nötig«, antwortete sie verächtlich. »Ich hatte für neunzehn Uhr eine Reservierung im Five Sixty, um meinen Sieg beim Tunica Rodeo zu feiern, aber er wird es niemals rechtzeitig schaffen und ich muss heute Nacht noch nach Tulsa.« Melissa war ein aufstrebendes Nachwuchstalent im Barrel Race der Women's Professional Rodeo Association, und Jonah wusste aus Erfahrung, dass es eine Herausforderung sein konnte, die Terminpläne der beiden abzugleichen, um zwischen Melissas Reisen und den Verpflichtungen seines Chefs im Büro in Dallas und auf der Ranch gemeinsame Freizeit zu planen.

Dank seines Mitbewohners Wes, einem ausgesprochenen Feinschmecker, wusste Jonah, dass das Five Sixty ein neues Restaurant war, das Wolfgang Puch auf dem Reunion Tower eröffnet hatte. Dort konnte man asiatische Küche genießen, während der sich drehende Raum eine Rundumsicht auf Dallas aus einhundertsiebzig Metern Höhe bot.

Es war außerdem eines der teuersten Restaurants der Stadt. »Ich weiß, dass es ihm leidtun wird, dass er das verpasst hat«, sagte er mit aufrichtigem Bedauern.

»Wenn er nicht aufpasst, wird er nie erfahren, was ihm alles entgeht«, blaffte sie ihn an, ehe sie auflegte.

Jonah nahm das Headset ab und streckte sich. Schon vor einer Stunde war er mit seiner eigentlichen Arbeit fertig geworden, aber er wollte das Büro nicht verlassen, solange Mr. Courtwright in seiner Besprechung festsaß, für den Fall, dass danach noch etwas zu erledigen sein sollte. Er räumte gerade seinen Schreibtisch auf, als sich die Tür des Büros endlich öffnete und sein Chef zwei ausgesprochen unglücklich wirkende Anzugträger hinausbegleitete.

Einen Augenblick erlaubte sich Jonah, den Unterschied zwischen den beiden Unternehmensvertretern in Anzug und Krawatte und seinem lässig gekleideten Chef zu würdigen. Mr. Courtwright trug Jeans und ein einfaches weißes Hemd und enthüllte mit den hochgekrempelten Ärmeln seine muskulösen Unterarme, deren Behaarung denselben Braunton aufwies wie das zerzauste Haar, das auf seinen Hemdkragen fiel.

Ich muss einen Friseurtermin für ihn vereinbaren, dachte Jonah, als Mr. Courtwright die Männer zur Tür begleitete.

»Sind Sie sicher, dass Sie es sich nicht noch einmal überlegen wollen?«, fragte einer der beiden.

»Welchen Teil von Zur Hölle, nein verstehen Sie nicht?« Mr. Courtwrights Tonfall kam einem Knurren recht nahe. »Ich will auf meinem Land kein Fracking. Wenn das bedeutet, nie wieder einen Kubikmeter Gas zu fördern, ist mir das scheißegal. Jetzt verschwinden Sie und richten Sie Ihrem Boss aus, er soll sich nicht die Mühe machen, mich erneut zu kontaktieren.« Jonah hatte den Eindruck, dass er am liebsten die dicke Glastür des Büros hinter ihnen zugeknallt hätte, wenn das möglich gewesen wäre. Als die beiden den Flur hinunter Richtung Aufzug verschwanden, drehte sich Mr. Courtwright um, fuhr sich mit den Händen durch die Haare und schien erstaunt zu sein, dass Jonah noch immer an seinem Schreibtisch saß.

»Warum bist du immer noch da, Jonah? Ich wollte nicht, dass du wartest, bis ich mit diesen Idioten fertig bin.« Und das war der Grund, warum Jonah schon halbwegs in Lincoln Courtwright verliebt war. Der Mann war nicht nur höllisch attraktiv – sein schlanker, muskulöser Körper zeugte davon, dass er noch immer aktiv auf der Ranch mit anpackte – sondern er zeigte auch aufrichtiges Interesse an seinen Mitarbeitern.

»Ms. Cutler hat mehrmals angerufen und ich habe ihr versprochen, ihre Nachrichten an Sie weiterzuleiten.«

»Oh verdammt, ich hab vergessen, dass ich mit ihr zum Abendessen verabredet war. Hat sie gesagt, wohin sie wollte?«

»Sie erwähnte eine Reservierung im Five Sixty, aber die war für neunzehn Uhr.«

Jonah überprüfte die Uhrzeit an seinem Computer, während Mr. Courtwright auf seine Armbanduhr sah und stöhnte.

»Ich vermute, ich bin mal wieder in Ungnade gefallen. Obwohl, wenn ich mich beim Essen drehen wollte, würde ich mir auf dem Jahrmarkt einen Corn Dog kaufen und mit dem Riesenrad fahren.« Jonah verkniff sich ein unprofessionelles Kichern.

»Ich sollte sie wohl besser anrufen und mich entschuldigen.«

»Sie hat erwähnt, dass sie heute Abend noch nach Tulsa fährt und dort morgen am Rodeo teilnimmt«, erklärte Jonah.

»Ich bin am Arsch, oder?« Mr. Courtwright fuhr sich erneut mit den Fingern durch die Haare. »Schick ihr ein Dutzend Rosen – mach lieber zwei Dutzend daraus. Und such ihr eines dieser Diamantarmbänder aus, die sie so mag. Sie liebt das, das du für ihren Geburtstag ausgewählt hast.«

»Jawohl, Sir«, sagte Jonah. Die Firmenkreditkarte, die er für solche Ausgaben benutzte, würde ziemlich beansprucht werden, aber er gönnte Melissa das Geschenk.

»Was hatte ich dir darüber gesagt, mich mit Sir anzusprechen? Wir sind hier nicht bei der Armee.«

»Ja, Mr. Courtwright«, korrigierte sich Jonah.

Sein Chef runzelte die Stirn. Er hatte Jonah schon mehrmals aufgefordert, ihn Linc zu nennen, aber Jonah brachte es nicht über sich, diese vertraute Anrede zu verwenden – nicht, wenn das eventuell verraten könnte, wie vertraut er mit seinem Chef gern wäre.

»Ich freue mich auf ein langes Wochenende auf der Ranch«, fuhr Mr. Courtwright fort. »Wenn ich schon solche Idioten wie die beiden eben nicht schlagen darf, gehe ich stattdessen eben Vieh treiben.« Er schüttelte den Kopf.

»Selbst nachdem die neuesten Studien den Zusammenhang zwischen Fracking und der steigenden Anzahl von Erdbeben im Gebiet um Dallas nachgewiesen haben, versuchen sie mich noch davon zu überzeugen, dass das nur ein Zufall ist. Und dass es mich nicht kümmern sollte, da es für mich größeren Gewinn bedeuten würde. Für sie natürlich auch.«

Er schenkte Jonah ein betrübtes Lächeln. »Nimm von ihnen keine Anrufe mehr entgegen und überprüf die anderen Firmen, die Angebote abgegeben haben. Schau dir an, mit wem sie sonst noch Verträge haben und mit welchen Methoden sie arbeiten. Ich will nicht noch mehr Zeit mit Firmen verschwenden, die der Meinung sind, Fracking wäre der einzige Weg.« Jonah notierte die Anweisungen auf seinem Block.

»Und such bitte nach einem weiteren Anbieter für Bioheu. Im Moment kommt das Vieh mit dem Gras auf den Weiden aus, vor allem, da wir im Frühling so viel Regen hatten, aber das hat auch zu Verzögerungen bei der Ernte der Futterpflanzen geführt und unser üblicher Anbieter kann vielleicht unseren Bedarf für den Winter nicht abdecken. Ich würde gern schon jetzt einen weiteren Lieferanten finden, statt mich im Herbst mit allen anderen, die dasselbe Problem haben, darum streiten und dann mehr dafür bezahlen zu müssen.«

Jonah notierte sich auch das. Als Linc die Broken Spoke nach dem Tod seines Vaters übernommen hatte, hatte er den Viehbetrieb auf natürliche und chemiefreie Weidehaltung umgestellt, die zwar höhere Kosten verursachte als ein traditioneller Betrieb, ihm aber auch erlaubte, höhere Preise für sein Biofleisch zu verlangen.

Bei seinem letzten Besuch in Oktaha hatte Jonah seinem Vater vorgeschlagen, darüber nachzudenken, seine Farm, auf der er Heu für die örtlichen Viehzüchter anpflanzte, auf biologischen Anbau umzustellen. Der Bedarf an biologischem Futter stieg ständig, aber sein Vater tat sich mit Veränderungen schwer. Da das Verhältnis zu seinen Eltern – wie auch gegenüber dem Rest seiner Heimatstadt – angespannt war, seit er sich ihnen gegenüber geoutet hatte, wurde sein Vorschlag nicht weiterverfolgt.

»Ich kümmere mich drum«, versicherte ihm Jonah und drehte sich zu seinem Computer um.

»Ich meinte nicht jetzt sofort! Das kann bis morgen warten. Komm schon, wir gehen jetzt.«

Auch wenn die Versuchung noch so groß war, schüttelte Jonah den Kopf.

»Danke, aber ich will mich noch um die Sache mit Melissa kümmern.« Nur weil er hoffnungslos in seinen Chef verknallt war, hieß das nicht, dass er irgendetwas tun würde, das die Beziehung von Linc und seiner Freundin gefährden könnte. »Außerdem hab ich meinem Mitbewohner versprochen, mich mit ihm auf ein spätes Abendessen zu treffen, wenn er Feierabend hat, also bin ich nicht in Eile.« Das war nicht wirklich eine Lüge, da Wes als Kellner und Barkeeper im Prism, einem Restaurant in der Nähe ihrer Wohnung, arbeitete. Jonah hatte eine Dauereinladung, zum Abendessen vorbeizukommen, wann immer er Zeit und Lust hatte. Allerdings fühlte es sich für Jonah nicht richtig an, die Großzügigkeit seines Freundes auszunutzen, wenn er ihm schon so viel schuldete. Doch es lieferte ihm eine Entschuldigung, nicht mit Linc das Büro verlassen zu müssen.

»Du sorgst so gut für mich.« Linc lächelte und Jonah schmolz innerlich dahin. Er würde alles in seiner Macht stehende tun, um dieses Lächeln öfter zu sehen.

»Bleib nicht mehr so lange.«

»Werde ich nicht, Mr. Courtwright. Kommen Sie gut nach Hause. Passen Sie auf, dass ihr Truck auf dem Heimweg nicht den Geist aufgibt.«

Das brachte Jonah ein lautes Lachen ein. Jonah war fassungslos gewesen, als er erfahren hatte, dass sein Chef, der sich jede Luxuskarosse leisten könnte, lieber mit einem uralten Ford F-150 Pickup durch die Gegend fuhr. Jonah selbst fuhr einen ähnlichen Wagen – es war der ehemalige Arbeitstruck der Farm, den sein Vater, als Jonah mit der Highschool fertig geworden war, gegen ein neueres Modell ausgetauscht hatte – aber Lincs hatte sogar noch mehr Kilometer auf dem Tacho.

»Werd ich machen. Fahr du auch vorsichtig.«

Jonahs Weg zur Arbeit war wesentlich kürzer, er brauchte nie mehr als zwanzig Minuten von Downtown zu dem Stadthaus, das er und Wes sich mit zwei anderen Freunden im lebhaften Bishop Arts District teilten, während die Broken Spoke gute zwei Stunden westlich von Dallas lag. Linc besaß eine Eigentumswohnung im Design District, die er nutze, wenn er geschäftlich über Nacht in der Stadt bleiben musste, aber er verbrachte so viel Zeit wie irgend möglich bei der Arbeit auf der Ranch.

»Danke, werde ich. Gute Nacht, Mr. Courtwright.«

»Nacht, Jonah.«

Nachdem sein Boss verschwunden war, wandte Jonah seine Aufmerksamkeit wieder dem Computerbildschirm zu. Zwei Dutzend Rosen zu bestellen war einfach. Er googelte die Rodeo-Website, fand das Hotel und vergewisserte sich mit einem Anruf, dass Melissa dort angemeldet war. Er ließ die Rosen direkt dorthin liefern, damit sie nicht bis zu ihrer Rückkehr warten musste, um die Entschuldigung zu sehen, die er in Lincs Namen veranlasst hatte.

Ein Armband auszuwählen dauerte etwas länger. Melissa war groß und schlank, hatte langes, blondes Haar und blaue Augen. Es war nicht schwer zu verstehen, was Linc an ihr fand und wenn sie ihn nicht gerade am Telefon anschrie, schien sie, wie Jonah zugeben musste, recht nett zu sein. Sie wollte allerdings nicht verstehen, wieviel Zeit es Linc kostete, erfolgreich zwei Unternehmen zu führen und dabei sowohl die Auswirkungen auf die Umwelt als auch die Gewinne, die sie erzielen sollten, im Blick zu behalten.

Jonahs Magen knurrte und lenkte seine Aufmerksamkeit von den Eigenschaften seines Chefs wieder auf die vorliegende Aufgabe. Nachdem er schließlich ein schmales, mit Saphiren besetztes Armband ausgewählt hatte, das mehr kostete, als seine monatliche Miete, gab er den Auftrag, es an Melissas Adresse liefern zu lassen und fuhr den Computer herunter. Er schloss die Bürotür hinter sich ab und machte sich auf den Weg zum Parkplatz, auf dem sein Truck stand.

Vielleicht würde er ja doch beim Prism vorbeifahren und eine Kleinigkeit essen. Er musste Wes nur davon überzeugen, ihn auch bezahlen zu lassen.

Kapitel 2

Jonah musste zweimal um den Block fahren, um einen Parkplatz in der Nähe des Prism zu finden. Der kleine Parkplatz des Restaurants war in einen gemütlichen Innenhof verwandelt worden und sogar in der Hitze des späten Augustabends waren die Tische unter einer mit funkelnden Lichterketten eingefassten Markise alle besetzt. Mehrere Sprühanlagen machten die Hitze durch feinen Dunst erträglicher.

Wenn man bedachte, wie viele kleine Restaurants nach Wes' Berichten bereits innerhalb der ersten sechs Monate nach Eröffnung wieder schließen mussten, hielt Jonah das volle Haus für ein gutes Omen. Das Prism gab es jetzt seit fast einem Jahr und es schien mit den vielseitigen, überwiegend aus lokalen, saisonalen Zutaten bestehenden Gerichten seine Nische gefunden zu haben.

Die Empfangsdame nickte ihm zu, als er eintrat und in Richtung der Bar deutete, wo er Wes hinter dem aus alten Holztüren gefertigten Tresen stehen sah. Er bahnte sich einen Weg zwischen den Tischen hindurch und setzte sich auf einen freien Barhocker, wo er wartete, bis Wes einen Gast fertig bedient hatte, ehe er ihm zuwinkte, um ihn auf sich aufmerksam zu machen.

»Kommst du jetzt erst von der Arbeit?«, fragte Wes. Die Bar war klein, daher konnte er den bestellten Drink mixen und sich trotzdem mit Jonah unterhalten. »Womit hat dein Sklaventreiber von einem Boss dich so lange aufgehalten?«

»Mr. Courtwright ist kein Sklaventreiber!«, protestierte Jonah sofort. »Er hat mich nicht darum gebeten, länger zu arbeiten. Als er aus der Besprechung kam, meinte er sogar, ich hätte nicht auf ihn warten sollen.« Es war ja nicht so, als hätte er Wichtigeres zu tun, außer an zwei Abenden in der Woche den Wirtschaftskurs am El Centro Community College zu besuchen.

Wes brachte den fertigen Drink zu dem Gast am anderen Ende der Bar und begann den nächsten zu mixen, ehe er antwortete.

»Warum bist du dann geblieben? Ich weiß, du stehst auf ihn, aber wenn er in einem Meeting war, konntest du nicht mal Zeit mit ihm verbringen.« Jonah errötete, aber ehe er es leugnen konnte, wackelte Wes vor seiner Nase mit dem Finger.

»Denk nicht mal daran, zu behaupten, dass du nicht auf ihn stehst. Ich habe zu viele Nächte damit verbracht, mir dein Mr. Courtwright hat gesagt und Mr. Courtwright hat gemacht anzuhören. Ich mag meinen Arbeitgeber auch, aber ich spreche nicht ständig über ihn.«

»Es ist egal, wie heiß er ist«, murmelte Jonah. »Er ist hetero. Ich hab Überstunden gemacht, um Geschenke als Wiedergutmachung für das verpasste Abendessen mit seiner Freundin zu bestellen, zu dem er nicht erschienen ist, weil er länger arbeiten musste.«

»Du musst ihn dir aus dem Kopf schlagen. Geh lieber morgen Abend mit Aidan, Sammy und mir aus«, erklärte Wes und stellte den Drink, den er gemixt hatte, vor Jonah ab.

»Probier den und sag mir, was du davon hältst.«

»Du weißt, ich bin kein großer Trinker«, sagte Jonah. »Ich mag den Geschmack von Alkohol nicht wirklich.«

»Genau deshalb bist du das perfekte Versuchskaninchen«, gab Wes zurück. »Wenn du ihn magst, weiß ich, dass es ein Volltreffer ist.«

Jonah hob das Glas mit der eiskalten Flüssigkeit und roch daran. Unter dem Hauch von etwas, das er nicht benennen konnte, erkannte er den Duft von Zitrone.

»Was ist da drin?«

»Ich hab mit ein paar Wodka-Mixgetränken experimentiert. Der hier ist mit Basilikum, Limetten- und ein bisschen Grapefruitsaft. Aufgefüllt mit Mineralwasser. Was meinst du dazu?«

Jonah nippte daran und trank dann einen größeren Schluck. »Ich mag ihn. Er ist säuerlich und erfrischend, gerade richtig an einem heißen Abend wie diesem.«

»Super! Wenn er Mr. Stefanotis schmeckt, setzt er ihn vielleicht auf die Karte.« Wes grinste. »Damit habe ich es zwar noch nicht in die Küche geschafft, aber es ist ein Anfang.«

Jonah grinste zurück. Wes Paterson sah nicht aus, wie man sich gemeinhin einen Küchenchef vorstellte. Sein zu Stacheln geformtes Haar war derzeit tiefblau gefärbt, wobei er die Farbe alle paar Wochen änderte – Jonah war sich sicher, dass er Wes' natürliche Haarfarbe in den eineinhalb Jahren, die sie nun zusammenwohnten, noch nicht gesehen hatte. Er trug ein farbenfrohes, geblümtes Hemd, das die Tätowierungen auf seinen Armen offenbarte und in beiden Ohren und einer Augenbraue steckten Piercings.

Ungeachtet seiner Erscheinung war Wes der beste Koch, den Jonah kannte, sogar besser als seine Mutter, und das sollte etwas heißen. Außerdem war er der liebenswürdigste Mensch, dem Jonah je begegnet war, vielleicht mit Ausnahme seiner besten Freundin Caylee zu Hause in Oktaha. Nicht viele Menschen hätten einen wildfremden Kerl unter ihre Fittiche genommen, wie Wes es getan hatte, als Jonah damals in Dallas angekommen war.

»Was kannst du mir zum Abendessen empfehlen?«, fragte Jonah und richtete seinen Blick auf die Tafel beim Eingang, die die Speisekarte des Restaurants darstellte. Während ein paar Gerichte wie die Käsemakkaroni mit dreierlei Pfeffersorten und das Brathähnchen immer auf der Karte zu finden waren, ergab sich der Rest des Angebotes daraus, was an frischen Zutaten erhältlich war und wonach es Manny, dem Koch, gerade gelüstete.

»Aidan hat von den Rinderbrusttacos geschwärmt und Sammy hatte das Pilz-Quinoa-Risotto.« Aidan Jacobs und Samuel Tanner wohnten in der anderen Hälfte des Hauses, das sich Jonah und Wes teilten, doch die vier hielten sich ständig im jeweils anderen Haus auf, sodass es sich anfühlte, als würden sie alle zusammenleben.

»Sind sie hier? Ich hab sie gar nicht gesehen, als ich reingekommen bin.«

»Sie sind einkaufen gegangen, wollten aber wieder da sein, bevor wir schließen.«

Jonah entschied sich für das BLT-Sandwich mit grünen Tomaten auf Vollkorntoast aus der Lembas Bakery, einem lokalen Geschäft, das einem lesbischen Paar gehörte und wo wunderbare Brote und Kuchen gebacken wurden.

Er knabberte eben die letzten hausgemachten Tomatenchips, die als Beilage zum Sandwich serviert wurden, als Aidan und Sammy mit Taschen von Urban Vintage, einer Boutique, die ein Stück weiter unten an der Straße lag, wieder auftauchten.

»Jonah!«, sagte Sammy laut. »Sag mir, dass du nicht direkt von der Arbeit hierhergekommen bist. In den Klamotten bringst du jeden schwulen Mann in der Stadt in Verruf.«

»Was ist falsch daran, wie ich angezogen bin?«, fragte Jonah. Er fand nicht, dass seine Stoffhosen und das blassblaue Hemd schlecht aussahen… vielleicht waren sie von der Hitze und dem langen Arbeitstag etwas zerknittert.

»Kind, haben wir dir denn gar nichts beigebracht?« Sammy wedelte mit der Hand, um auf Aidans und seine eigene Kleidung hinzuweisen. Jonahs Meinung nach bildete Sammys dunkellila Shirt mit V-Ausschnitt einen wunderbaren Kontrast zu seiner dunklen Haut, während Aidans grünweißes Paisley seinen blassen Teint und das rote Haar betonte. Allerdings würde er sich selbst in diesen Shirts nicht wohlfühlen.

»Es ist zu spät, um jetzt noch einkaufen zu gehen, aber ich komme vorbei und gehe deinen Kleiderschrank durch, bevor wir morgen Abend durch die Clubs ziehen. Wenn wir nichts finden, worin wir uns mit dir sehen lassen können, leihst du dir einfach etwas von uns.«

»Mir werden eure Klamotten nicht passen«, gab Jonah zu bedenken. Er war sicher kein wuchtiger Kerl, aber Sammy war einen halben Kopf kleiner und mindestens zehn Kilo leichter als er, während Aidan die Statur eines Bauarbeiters hatte, der er schließlich auch war.

»Natürlich werden sie das«, sagte Aidan. »Sie werden nur nicht so an dir runterhängen, wie die meisten deiner eigenen Klamotten. Du bist gut gebaut und solltest das auch zeigen.«

Enganliegende Shirts waren bei der Farmarbeit nicht gerade praktisch, aber Jonah wusste, dass sie ihn nur darauf hinweisen würden, dass er nicht mehr auf einer Farm lebte, wenn er es erwähnte. Und dass er sich nicht mehr wie eine Vogelscheuche anziehen musste, um die Tatsache, dass er schwul war, zu verbergen. Trotzdem war er nicht scharf darauf, enganliegende Shirts und hautenge Jeans zu tragen, um in den Clubs, in die Sammy und Aidan ihn mitschleppen wollten, Aufmerksamkeit zu erregen.

»Vielleicht bleibe ich morgen einfach zu Hause.«

»Auf gar keinen Fall!«, warf Wes ein. »Nach den Überstunden heute hast du dir eine Nacht auf der Piste verdient. Und ganz nebenbei ist der beste Weg, um über deine Schwärmerei für deinen Boss – deinen Hetero-Boss, wie du mir gegenüber betont hast – hinwegzukommen und jemand zu finden, der sich für dich interessiert.«

Er hätte es Wes gegenüber nie zugegeben, aber manchmal hatte Jonah das Gefühl, dass seine drei Freunde dachten, er würde den Erwartungen an einen schwulen Mann nicht gerecht werden. Er fühlte sich in seiner Arbeitskleidung oder den Jeans und Chambray-Hemden, die er zu Hause trug, viel wohler, als in den farbenfrohen Klamotten, in die sie ihn stecken wollten. Er wäre lieber mit einem guten Buch oder sogar seinen Hausaufgaben für Wirtschaftslehre zu Hause geblieben, als nachts die Clubszene unsicher zu machen. Sammy und Aidan waren ein Paar, also tanzten sie, obwohl sie es liebend gerne taten, entweder nur miteinander oder mit Freunden, die wussten, dass sie zusammengehörten.

Wes war ein Partylöwe, sehr gesellig, auch wenn er sehr wählerisch war, was Partner für eine längerfristige Beziehung anging.

Als er ihn kennengelernt hatte, hatte Jonah gedacht, dass Wes ihn vielleicht abschleppen wollte. Der hatte ihm allerdings schnell klargemacht, dass er keinen Bettgefährten, sondern nur einen Mitbewohner suchte, mit dem er die Kosten teilen konnte. Auch wenn Jonah, seit er in Dallas angekommen war, jede Menge attraktive Männer getroffen hatte, war keiner dabei gewesen, bei dem er auch nur einen Funken Anziehung gespürt hatte. Bis zu seinem ersten Arbeitstag für Linc Courtwright. Linc verkörperte alles, was Jonah an einem Mann gefiel: er war attraktiv aber nicht eitel; intelligent aber nicht herablassend; selbstbewusst aber nicht arrogant. Er konnte sich in Schale werfen und Kultur genießen, wie Jonah an dem Abend festgestellt hatte, an dem Linc Melissa ins Texas Ballet Theatre ausgeführt hatte. Dann wiederum war er in Jeans und abgetragenen Stiefeln im Büro aufgetaucht und hatte Jonah gestanden, dass er es nicht abwarten konnte, auf die Ranch zurückzufahren und mit dem neuen Pferd zu arbeiten, das er gekauft hatte. Jonah hatte sich sofort zu ihm hingezogen gefühlt, als er als Aushilfskraft die Unterlagen über den Viehbestand der Broken Spoke auf den neuesten Stand bringen sollte.

Viel Kontakt hatte er damals nicht zu seinem Chef gehabt – er hatte meist mit Jennifer Wagner zusammengearbeitet, die zu dieser Zeit Lincs persönliche Assistentin gewesen war – doch Linc grüßte ihn immer, wenn er während Jonahs Arbeitszeit ins Büro kam und wechselte ein paar Worte mit ihm. Jennifer musste von Jonahs Arbeit beeindruckt gewesen sein, denn als sie mit ihrem zweiten Kind schwanger wurde und beschloss, künftig Hausfrau und Mutter zu sein, empfahl sie ihn für ihren Posten. Seit er jeden Tag, den Linc im Büro verbrachte, eng mit ihm zusammenarbeitete, hatte sich dessen Anziehungskraft noch verstärkt. Jonah fürchtete, dass kein anderer Mann Linc das Wasser reichen konnte. Da Linc hetero war, war das ein Problem. Und selbst wenn er das nicht gewesen wäre, wusste Jonah, dass er einem Mann wie Linc Courtwright nie auffallen würde. Er war ein Farmersohn aus Oklahoma, der nur ein paar Jahre College vorzuweisen hatte. Er hatte eine ganz annehmbare Figur, auch wenn seine Muskeln nicht mehr so definiert waren wie zu der Zeit, als er auf der Farm gearbeitet und bei einer Spedition Trucks beladen hatte, um etwas Geld fürs College zu verdienen, ehe er Oktaha verließ. Mit seinem kurzen, braunen Haar und dem unscheinbaren Äußeren war er niemand, der einem reichen und attraktiven Mann wie seinem Boss auffallen würde. Vielleicht hat Wes recht, dachte Jonah. Ich werde über diese hoffnungslose Schwärmerei nie hinwegkommen, wenn ich nicht versuche, jemand anderen kennenzulernen.

Doch das war ein Teil des Problems. Die meisten Kerle, die er in den Clubs kennenlernte, in die Wes, Aidan und Sammy ihn mitschleppten, suchten nur Unterhaltung und keine Beziehung.

Jonah hatte nichts gegen Spaß, aber er war nicht an einem One-Night-Stand mit irgendeinem Fremden interessiert. Er orientierte sich am Vorbild seiner Eltern und Großeltern. Seine Eltern hatten direkt nach der High School geheiratet und die Eltern seines Vaters waren einundsiebzig Jahre verheiratet gewesen. Seine Großmutter war nur ein paar Wochen nach seinem Großvater gestorben, als hätte sie nicht ohne ihn leben können. Er wollte diese Art von Beziehung, aber wahrscheinlich musste er sich dafür erstmal die Mühe machen, jemanden kennenzulernen.

»Okay«, sagte er, »ich gehe morgen Abend mit. Aber ich suche meine Klamotten selber aus!«

Kapitel 3

Der nächste Arbeitstag schien sich ewig hinzuziehen, wobei Jonah feststellte, dass dies zum einen daran lag, dass Linc nicht im Büro erschien und zum anderen daran, dass es Freitag war. Linc versuchte, unter der Woche zwei oder drei Tage in Dallas zu sein, um sich sowohl dem Papierkram und Telefonaten, als auch den Besprechungen zu widmen, die nötig waren, damit die Ranch und die Öl- und Gasgeschäfte reibungslos liefen.

Dass er nicht jeden Tag in der Stadt sein musste, war auch Jonahs Bemühungen zu verdanken, die unzähligen Anrufe, E-Mails und Korrespondenz auszusieben. Routineangelegenheiten arbeitete er selbstständig ab, bei den komplizierteren Vorgängen sorgte er für Hintergrundinformationen und fasste den Inhalt der Akten zusammen, um Linc die Arbeit und die Entscheidungsfindung zu erleichtern.

Durch die Beziehungen seines Vaters zu den Ranchern, die ihr Heu bei ihm kauften, kannte sich Jonah ein bisschen mit Viehhaltung aus, aber die kleinen Ranches und Familienbetriebe, die er gewohnt war, hielten einem Vergleich mit der Broken Spoke nicht stand.

Das Land war seit dem Bürgerkrieg im Besitz der Courtwrights und obwohl die Ranch nicht annähernd zu den größten in Texas gehörte, dehnte sie sich über Teile von drei Countys aus und der Viehbestand ging in die Tausende.

Linc machte kein Geheimnis daraus, dass er seine gesamte Zeit auf der Ranch verbringen würde, wenn er könnte, doch er war ein zu scharfsinniger Geschäftsmann und ein zu guter Verwalter des Familienvermögens, um das Rohstoffvorkommen zu ignorieren, das mittlerweile den größeren Teil seines Einkommens ausmachten. Jonah wusste so gut wie nichts über die Förderung von Öl und Gas, doch seit er Lincs Verwaltungsassistent geworden war, hatte er sich in das Thema eingelesen und fand es faszinierend.

Linc war an der Erhaltung der Umwelt ebenso interessiert wie an biologischer Weidewirtschaft, was in einem Geschäftszweig, in dem Produktion und Gewinn an erster Stelle standen, eine Herausforderung darstellte.

Nachdem er die Angebote der Firmen überprüft hatte, die eventuell die derzeitig mit den Bohrungen auf der Broken Spoke beauftragte ersetzen sollten, stellte Jonah fest, dass keine davon in Bezug auf umweltschonende Förderung der Bodenschätze besser war als die, deren Repräsentanten Linc aus dem Büro geworfen hatte.

Schnell machte er sich eine Notiz, auch noch Nachforschungen über andere Anbieter anzustellen und legte dann die Angebote zur Seite, um sich stattdessen darauf zu konzentrieren, andere Quellen für biologisch angebautes Futter zu finden. Hier hatte er mehr Erfolg und kontaktierte drei Anbieter, von denen er Angebote anforderte. Wenn Linc nächste Woche wieder ins Büro kam, würde er ihm mehrere Möglichkeiten aufzeigen können.

Jonah entschied, dass er für diesen Tag alles erledigt hatte, fuhr den Computer herunter und schloss das Büro ab. Obwohl es noch nicht einmal sechzehn Uhr war, war der Verkehr auf den Straßen, die aus Downtown herausführten, die Hölle, wozu die scheinbar unendlichen Bauarbeiten auf den drei Hauptverkehrsstraßen, die durch das Geschäftsviertel verliefen, einen großen Teil beitrugen.

Jonah vermied die Hauptstraßen und fuhr auf Nebenstraßen zur neuen Calatrava-Brücke und überquerte dort den Trinity River, ehe er durch den Stadtteil Oak Cliff zu dem Reihenhaus im Bishop Arts District gelangte, das er sich mit Wes teilte.

Wes' Motorroller stand bereits im Hinterhof, als Jonah seinen Truck am Bordstein vor dem zweigeschossigen Backsteinhaus einparkte. Das Haus war senkrecht in zwei Wohneinheiten geteilt worden, im Erdgeschoss befanden sich jeweils eine Küche und ein Wohnzimmer mit Essbereich und im ersten Stock zwei Schlafzimmer. Sammy hatte auf ihrer Seite ein Schlafzimmer in ein Büro für seinen Job als Grafikdesigner umgestaltet.

»Liebling, ich bin zu Hause«, rief Jonah, als er seinen Rucksack in das Regal neben der Eingangstür stellte. Von Wes war nichts zu sehen, aber ein köstlicher Duft zog durch den offenen Wohnraum. »Was riecht hier so gut?«

»Ich habe Enchiladas Verdes im Backofen«, antwortete Wes, als er die Treppe herunterkam.

»Die Dusche ist frei, wenn du dich vor dem Essen noch frischmachen und umziehen willst.«

»Ich warte lieber noch. Bei meinem Glück bekleckere ich mich mit Sauce und ich hab keine Lust, mich zweimal umzuziehen.« Sein Blick fiel auf das blau und orange gemusterte Shirt, das Wes zu einer Lucky-Jeans trug. Als er sich vorbeugte, um nach der Auflaufform im Backofen zu sehen, rutschte das Shirt nach oben und enthüllte ein paar Zentimeter glatte Haut.

»Wie auch immer, du überlegst dir lieber, was du anziehen willst, bevor Sammy und Aidan hier aufschlagen, ansonsten wird Sammy auf der Suche nach angemessener Kleidung deinen Kleiderschrank verwüsten.«

Als hätten sie Wes' Bemerkung gehört, kamen Aidan und Sammy in diesem Moment mit einer Schüssel Guacamole und einer Tüte Chips in den Händen durch die Hintertür.

»Wir haben das mexikanische Essen nebenan gerochen, also hat Sammy schnell eine Ladung Guacamole zusammengerührt.«

»Die Enchiladas brauchen noch ein paar Minuten. Nehmt euch ein Bier aus dem Kühlschrank, wenn ihr mögt.« Aidan holte schon eine Schüssel für die Chips aus dem Schrank, als Sammy sich vor Jonah stellte. »Du hast aber schon vor, dich umzuziehen, oder?«

»Ja, aber ich lasse dich nicht in die Nähe meines Kleiderschranks«, sagte Jonah mit einem Lächeln. Sammy trug quietschgelbe, knallenge Hosen und ein türkisfarbenes Jackett mit hochgerollten Ärmeln. Aidan steckte in aufgekrempelten Jeans und einem dunkelroten Tanktop, das mit seiner Brust zu verschmelzen schien und seine durch die Arbeit auf dem Bau gestählten Muskeln betonte.

»Erst wird gegessen. Jonahs mangelnden Sinn für Mode könnt ihr später kritisieren«, ordnete Wes an und platzierte die Form mit den blubbernden Enchiladas auf einem Untersetzer in der Mitte des Tisches. Er holte eine zweite Schüssel aus dem Ofen, die er neben der anderen abstellte.

»Die hier sind mit Huhn und Sammy, das sind rajas y queso für dich. Nehmt euch Teller und Besteck.«

»Nichts ist besser, als eine Nacht in den Clubs mit einem tollen Essen zu beginnen.« Aidan häufte sich eine große Portion Enchiladas auf den Teller und blies auf den Bissen, den er bereits auf der Gabel hatte, um ihn abzukühlen, ehe er ihn in seinem Mund verschwinden ließ.

»Verdammt, Wes, die sind besser, als in jedem mexikanischen Restaurant. Du wirst eines Tages einen großartigen Küchenchef abgeben.«

»Eines Tages werde ich mein eigenes Restaurant führen«, korrigierte Wes ihn.

»Und ihr werdet alle gratis essen, da ihr mich schon gekannt habt, als ich noch ein Niemand war.«

Jonah nahm sich von beiden Gerichten eine kleine Portion und fügte einen Klecks Guacamole hinzu, um zwischen zwei Bissen seinen Mund zu kühlen.

»Ich hab definitiv Glück gehabt, als ich dich getroffen habe, Wes. Müsste ich alleine leben, würde ich mich von Fastfood und Ramen-Nudeln ernähren.«

»Wahrscheinlich müsste ich selbst von Ramen leben, wenn du nicht die Miete mit mir teilen würdest. Es ist also eindeutig eine Win-Win-Situation.«

Das ist es ganz sicher