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Sie denkt, sie hat die große Liebe gefunden, doch er ist nicht so wie er vorgibt …
Die Millionaire Romance-Reihe um Familie Andersen geht prickelnd weiter!
Als Sophie auf den Amerikaner Liam trifft, ist es für sie eine Fügung des Schicksals und sie verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Doch der kalifornische Beachboy hat ganz andere Pläne: Er benötigt Sophie nur, um an die reiche Familie ihrer besten Freundin heranzukommen und sich für ein altes Unrecht zu rächen. Dass die lebensfrohe Sophie dabei auch echte Gefühle in Liam weckt, gehört allerdings nicht zu seinem skrupellosen Plan. Denn sie darf niemals erfahren, wer er wirklich ist …
Dies ist eine überarbeitete Neuauflage des bereits erschienenen Titels Das Beben unserer Herzen.
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Verborgene Anziehung (ISBN: 9783987789076)
Verliebt in den besten Freund meines Bruders (ISBN: 9783987789724)
Erste Leser:innenstimmen
„Sophie und Liam's Story ist eine emotionale Achterbahn – konnte nicht aufhören zu lesen!“
„Viele Geheimnisse, authentische Charaktere, leidenschaftliche Lovestory … diese Millionaire Romance hat alles, was ich mir erhofft habe."
„‘Opposites Attract‘ in seiner schönsten Form. Die Anziehung zwischen Sophie und Liam ist so intensiv, dass sie aus den Seiten springt.“
„Liam ist ein vermeintlicher Bad Boy, von dem man nicht genug bekommen kann.“
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Seitenzahl: 539
Veröffentlichungsjahr: 2024
Als Sophie auf den Amerikaner Liam trifft, ist es für sie eine Fügung des Schicksals und sie verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Doch der kalifornische Beachboy hat ganz andere Pläne: Er benötigt Sophie nur, um an die reiche Familie ihrer besten Freundin heranzukommen und sich für ein altes Unrecht zu rächen. Dass die lebensfrohe Sophie dabei auch echte Gefühle in Liam weckt, gehört allerdings nicht zu seinem skrupellosen Plan. Denn sie darf niemals erfahren, wer er wirklich ist …
Dies ist eine überarbeitete Neuauflage des bereits erschienenen Titels Das Beben unserer Herzen.
Überarbeitete Neuausgabe Mai 2024
Copyright © 2024 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten
E-Book-ISBN: 978-3-98778-974-8 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98998-141-6
Copyright © 2020, Anja Langrock Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2020 bei Anja Langrock erschienenen Titels Das Beben unserer Herzen (ISBN: 978-3-75194-963-7).
Covergestaltung: Herzkontur – Buchcover & Mediendesign unter Verwendung von Motiven von shutterstock.com: © vitek3ds, © kiuikson, © LayerAce.com, © Phatthanit Korrektorat: Katharina Pomorski
E-Book-Version 29.07.2024, 09:35:51.
Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.
Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
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Los Angeles
Liam feuerte seinen Rucksack ins Eck und ging schnurstracks zum Kühlschrank. Er war schier am Verdursten. Genüsslich holte er sich eine Coca-Cola heraus und das kühle Nass lief geschmeidig seine Kehle hinunter. Kurz schloss er die Augen und verdrängte die hässlichen Bilder in seinem Kopf. Erst als Liam die Flasche halb leer getrunken hatte, öffnete er die Augen und als ob er damit das eiserne Schloss zu seinen schmerzhaften Erinnerungen öffnete, stieg erneut Wut in ihm auf.
Hastig stellte er die Flasche ab, ging die Treppe zum Badezimmer hoch und beschloss, durch eine kalte Dusche neue Lebensgeister zu wecken.
Liam kam gerade vom Baseballtraining, was aber kaum der Grund für die benötigte Dusche sein konnte, denn er hatte mal wieder fast die gesamte Zeit auf der Reservebank verbracht. Das übliche Prozedere! Wem er das zu verdanken hatte, wusste er genau. Ganz sicherlich lag es nicht an seinen Fähigkeiten. Ohne es zu merken, grub er die Finger tief in den Handballen. Nein, er würde nicht wieder an die Decke gehen.
Die erfrischende Brause schien auch sein erhitztes Gemüt zu beruhigen. Es brachte nichts, sich über Dinge aufzuregen, die er sowieso nicht ändern konnte. Das wusste er aus Erfahrung nur allzu gut. Seine Energie sollte er lieber für sinnvollere Dinge aufheben.
Kaum hatte er zu Ende geduscht und sich abgetrocknet, begann er schon wieder zu schwitzen. Sogar für kalifornische Verhältnisse war es im März viel zu warm. Seine blonden nassen Haare ließ er an der Luft trocknen, da sie angenehme Kühle versprachen.
Kurz sah er auf die Uhr. Seine Mom würde erst in zwei Stunden nach Hause kommen. So lange wollte er nicht warten. Er wollte die fehlenden Unterlagen gleich ergänzen, um die Bewerbung für die University of California endlich abzuschicken. Hoffentlich würden seine Noten für ein Stipendium ausreichen, denn mit sportlichen Erfolgen konnte er dank seines Coaches nicht aufwarten. Seine Eltern würden niemals für die horrenden Studiengebühren aufkommen können. Ich habe mir doch nicht umsonst die letzten Jahre den Arsch aufgerissen.
Konzentriert blätterte er seine Unterlagen durch, es fehlte lediglich seine Geburtsurkunde. Gemächlich schlenderte er zum Büro seines Vaters, um dort den Aktenschrank zu durchsuchen. Nachdem er eine Weile erfolglos einige Ordner durchgeblättert hatte, gab er auf und überlegte kurz, wo sein Vater die Urkunde abgeheftet haben könnte. Da fiel ihm ein, dass es auf dem Dachboden einen weiteren Schrank mit aussortierten Unterlagen gab. Vielleicht hatte er dort Glück. Zwar widerstrebte es ihm, bei den Temperaturen den stickigen Raum aufzusuchen, aber was blieb ihm schon anderes übrig?
Ein heißer Schwall abgestandener Luft traf ihn mit voller Wucht, als er den Raum betrat. Liam nahm einige Mappen heraus und blätterte sie hastig durch. Währenddessen ließ er seine Gedanken schweifen. Was war er froh, wenn er endlich die Uni besuchen konnte und die Highschool-Zeit vorbei wäre. Bevor er sich erneut über seinen Coach ärgern konnte, fiel sein Blick auf alte Zeitungsartikel, mit Bildern seines Vaters in jungen Jahren. Seine Neugierde war geweckt. Die Artikel waren allesamt auf Deutsch, was nicht verwunderlich war, da sein deutscher Vater mit Mitte zwanzig ausgewandert war. Unvermittelt ging Liam auf, dass er über seine deutschen Wurzeln überhaupt nichts wusste. Zwar hatte er in der Vergangenheit immer mal wieder nachgefragt, aber nicht wirklich viel aus seinem Vater herausbekommen. Er wusste lediglich, dass dieser aus München stammte und keine Familie mehr besaß. Deshalb war er nach Amerika ausgewandert. Das einzige Vermächtnis aus dieser Zeit war, dass er Liam Deutsch beigebracht hatte.
Während er die Artikel las, wurde seine Bestürzung immer größer und er erkannte, dass alles, was sein Vater ihm erzählt hatte, eine einzige Lüge war. Sein ganzes Leben war auf einer Täuschung aufgebaut, sein ganzes Leben war eine leere Luftblase, die nun platzte.
Hamburg
Wo hatte sie bloß die verdammte Reithose hingelegt? In der Truhe mit den restlichen Reitklamotten befand sie sich zumindest nicht. Zwar war Sophie der Umstand geläufig, dass ihre Freundin Luise zumeist ebenfalls unpünktlich war, aber mittlerweile hätte sie schon vor einer Viertelstunde im Stall sein müssen. Egal, dann behielt sie eben ihre Jeans an. Rasch schnappte sie sich den Schlüsselbund und griff im Vorbeigehen noch nach einer warmen Jacke, da es im Februar doch empfindlich kalt war.
Obwohl Sophie normalerweise das Fahrrad bevorzugte, nahm sie nun das Auto, da der Reitstall an Hamburgs Stadtrand lag.
Ungeduldig trommelten ihre Fingerspitzen auf dem Lenkrad, es ging ihr viel zu langsam voran. Endlich bog sie auf die ruhigere Landstraße ab und kam kurz darauf am Ziel an.
Luise erwartete sie im Hof, ihr Pferd war bereits blitzblank geputzt.
„Ich dachte schon, du hast unser Treffen vergessen.“ Luise lächelte sie an und musterte sie zeitgleich besorgt.
Sophie umarmte ihre Freundin kurz und holte anschließend ihr Pferd, im Weggehen rief sie noch kurz: „Sorry, ich bin nicht pünktlich aus der Arbeit gekommen.“
Nachdem sie ihre Stute Sternchen neben Luises Pferd festgebunden hatte, ergriff Luise erneut das Wort: „Es hätte ja sein können, dass du lieber alleine wärst.“
Sophie putzte seelenruhig weiter. „Wie kommst du denn darauf?“
„Deine Trennung ist erst zwei Wochen her und ich hatte geglaubt, du wärst am Boden zerstört, wenn mit Lukas irgendwann Schluss ist.“
Sophie schwieg einen Moment, während sie ihre Pferde sattelten. Nachdem sie aufgestiegen war, antwortete sie zögerlich: „Vor ein paar Monaten hätte ich genauso gedacht, aber ehrlich gesagt haben wir uns die letzten Wochen auseinandergelebt. Es war doch absehbar, dass es auf eine Trennung hinausläuft. Vielleicht wollte ich es nicht sehen, aber tief in mir drin habe ich es gespürt. Wir waren schon lange kein Paar mehr. Außer ab und an Sex hat uns nichts mehr verbunden.“
„Und der war so gut, dass du keinen Schlussstrich ziehen wolltest?“, fragte Luise amüsiert.
„Na ja, sagen wir es so, besser schlechten Sex als gar keinen.“ Beide kicherten und Sophie forderte ihre Freundin zu einem kleinen Wettrennen auf, auch wenn sie von vornherein wusste, dass Sternchen keine Chance haben würde. Luise wartete geduldig auf die Nachzügler und griff dann nochmals das Thema auf: „Mich wundert es dennoch ein wenig, dass du es so gut verkraftet hast. Versteh mich nicht falsch, ich bin erleichtert darüber, aber du hast früher ziemlich an Lukas gehangen. Deshalb fällt es mir schwer zu glauben, dass du ihn kein bisschen vermisst.“
Sophie ließ die Worte ihrer Freundin auf sich wirken und meinte dann nachdenklich: „Ich habe schon vor Wochen mit ihm abgeschlossen, deshalb hat es mich kaum getroffen, als er Schluss gemacht hat. Und ehrlich gesagt geistert mir schon ein anderer Typ im Kopf herum.“
Luises warf ihr einen entrüsteten Blick zu: „Und das sagst du mir erst jetzt?“
Sophie wurde kurz abgelenkt, da ihr Pferd vor einem vorbeifahrenden Traktor scheute. Nachdem sie ihrer Stute beruhigend über die Mähne gestrichen hatte, gab sie verlegen zurück. „Da gibt es eigentlich nichts zu erzählen. Ich bin letzte Woche gleich zweimal beim Joggen einem sympathischen Typen begegnet, der mich so süß angelächelt hat. Wahrscheinlich sehe ich ihn sowieso nie wieder.“ Die Enttäuschung darüber war ihr sichtlich ins Gesicht geschrieben.
„Und du hast ihn nicht angesprochen? Sophie, was ist los mit dir? Du bist doch sonst auch nicht auf den Mund gefallen.“
Sophie wand sich ein wenig und verteidigte sich: „Beim ersten Mal war er ja sofort an mir vorüber und unsere Blicke haben sich nur ganz kurz getroffen. Aber der hatte es in sich. Beim zweiten Mal habe ich ihn sofort wiedererkannt, aber dennoch kam ich mir blöd vor, stehen zu bleiben und ihn anzuquatschen. Ist halt etwas anderes als in einem Club.“ Sophies Wangen hatten sich gerötet und sie sah zu Boden. „Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, dass ich sein Typ bin.“
„Fängst du wieder damit an?“ Luise rollte mit den Augen. Sophie blinzelte ihr zu und schüttelte abwehrend den Kopf. „Stell es nicht immer so dar, als hätte ich Komplexe. Ich weiß, dass ich ganz ansehnlich bin, aber der Kerl war eine Nummer zu groß für mich. Groß, gut aussehend, sehr sportlich und trainiert. Er hat mich an irgendwen erinnert. Ich komme bloß nicht drauf, an wen“, grübelte Sophie.
„Was gäbe ich für deine tollen, blonden Locken“, seufzte Luise.
„Das ist dann aber auch schon das einzig Auffällige an mir“, gab Sophie etwas verkniffen zurück.
„Süße, lass uns mal zusammen ein Fotoshooting machen, du wirst staunen, wie hübsch du bist. Weil dein Spiegel scheint zu dreckig und verstaubt zu sein, um dich darin zu erkennen.“ Luise ließ nicht locker.
„Sag mal, ist Henry eigentlich schon wieder zurück?“
Luise riss überrascht die Augen auf, der Themenwechsel kam doch ein wenig zu plötzlich. Dann hatte sie sich wieder gefangen. „Nein, er ist immer noch unterwegs.“
„Und wie kommst du damit klar? Ich stelle mir das nicht so einfach vor. Du hast mir immer noch nicht verraten, was dein Freund da eigentlich treibt.“ Zu Sophies Leidwesen wollte ihre Freundin ihre Neugierde partout nicht befriedigen.
Luise sah in die Ferne und nach einer Weile sah sie Sophie kurz an. „Ja, es ist schwer für mich, aber ich weiß ja, warum er es tut. Ich kann es dir nicht sagen, damit würde ich sein Vertrauen missbrauchen.“ Abrupt verstummte sie, bevor Sophie antworten konnte, fügte sie hinzu: „Henry hatte gestern Geburtstag und ich konnte ihm noch nicht einmal gratulieren. Amalia hat mich vorhin angerufen, um mir auszurichten, dass es ihm gut geht. Sie hat er angerufen.“
Sophie holte tief Luft. „Die blöde Bitch hatte wahrscheinlich nichts Besseres zu tun, als es dir genüsslich aufs Brot zu schmieren.“
„Sophie!“, meinte Luise ein wenig schockiert. „Sie ist nun mal seine Schwester und er weiß, dass sie es nicht verkraftet hätte, wenn sie ihm nicht hätte gratulieren können.“
„Und was ist mit dir? Bist du nicht ebenso wichtig? Tut mir leid, ich versteh es einfach nicht.“
Luise seufzte: „Amalia ist kein schlechter Mensch, sie ist sehr verletzlich und außer Henry hat sie nicht wirklich viele Menschen in ihrem Leben. Bei mir sieht es anders aus. Henry meldet sich nicht bei mir, weil er Angst hat, dass er seinen Trip abbricht, sobald er meine Stimme hört.“
„Und das wäre so schlimm?“, erwiderte Sophie verschmitzt. Luise grinste zurück: „Für mich nicht, für ihn vielleicht schon.“
„Du sprichst schon wieder in Rätseln“, seufzte Sophie.
„Er schreibt mir jeden Tag eine Postkarte“, verriet Luise.
Sophie sah sie verblüfft an. „Henry?!“
„Nein, der Heilige Geist“, gab Luise trocken zurück.
„So etwas Romantisches hätte ich ihm jetzt echt nicht zugetraut. Ich nehme alles zurück, du hast den Jackpot gezogen.“
Luises seliges Lächeln versetzte Sophie einen kurzen Stich ins Herz. Bisher war es immer sie gewesen, die in festen Händen war, nun hatten sich die Rollen gravierend geändert. Damit musste sie erst einmal klarkommen.
„Du findest auch noch den Richtigen. Am besten gehst du jetzt jeden Tag um die Außenalster joggen“, wies Luise augenzwinkernd auf die Tatsache hin, dass es sich hierbei um Sophies beliebte Joggingrunde handelte.
„Einen Versuch wäre es wert.“ Sophies Laune stieg sogleich an, als sie sich an das Lächeln des süßen Typs erinnerte. Ihr Puls beschleunigte sich rasant bei der Aussicht, ihn wiederzusehen.
Hamburg
Die Tür des modernen Gebäudekomplexes schloss sich hinter ihm. Liam rieb sich zufrieden die Hände. Sein Vorstellungsgespräch war gut verlaufen. Er war sich sicher, den Job zu bekommen. Eigentlich war er dafür überqualifiziert, aber das hatte sein Gesprächspartner nicht gewusst. Das Einzige, was zählte, war, den Job zu bekommen. Sein Plan nahm langsam konkrete Züge an. Nur Liam wusste, warum es ihm so wichtig war, gerade in diesem Unternehmen zu arbeiten, auch wenn es für jeden anderen kein Weltuntergang wäre, wenn er sich nach etwas anderem umsehen müsste.
Immerhin hatte er sich intensiv mit seinem Aufenthalt hier in Hamburg beschäftigt, bevor er Los Angeles verlassen hatte. Genau genommen hatte er Jahre damit zugebracht, sich damit auseinanderzusetzen. Er hatte gerade sein Studium abgeschlossen und konnte seinen Traum endlich wahr werden lassen. Er reiste zum ersten Mal in die Heimat seines Vaters, um auf dessen Spuren zu wandeln.
Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass er noch etwas Zeit hätte, bevor er eine Runde joggen wollte. Deshalb beschloss er, vorher eine Kleinigkeit zu essen, da er vor dem Gespräch nichts heruntergebracht hatte. Nervosität war eigentlich ein Fremdwort für ihn, aber davon hing bei Weitem mehr ab als nur ein simpler Job. Falls er eine Absage kassierte, wäre das in seinem langjährigen Plan die erste Schlappe, die er hinnehmen müsste.
Aus diesem Grund blieb er auch nicht untätig und würde sich nach dem Essen um Plan B kümmern. Bevor er sich auf den Heimweg begab, aß er unterwegs rasch ein Sandwich, da er nicht direkt vor dem Joggen etwas essen wollte.
Eine halbe Stunde später schloss Liam die Tür zu seiner Wohnung auf. Es war gar nicht so einfach gewesen, ein bezahlbares Zimmer in Hamburg zu finden. Liam war entsetzt über die dortigen Preise, obwohl er sich zuvor damit befasst hatte. Schließlich konnte er ein kleines WG-Zimmer ergattern, das aber immer noch genügend Geld kostete, um ihn zusätzlich unter Druck zu setzen, bald eine Arbeit zu finden. Zwar jobbte er einige Abende in der Woche in einer Bar, aber damit verdiente er nicht genügend, um das teure Hamburger Leben zu bezahlen.
Seine Mitbewohner Claudia und Stefan waren umgänglich und selten zu Hause, bisher hatte er sie noch nicht wirklich kennengelernt, obwohl er nun schon seit vier Wochen hier wohnte. Claudias bewundernde Blicke waren ihm allerdings nicht verborgen geblieben. Er hoffte nur, sie wäre nicht beleidigt, wenn er sie abblitzen ließ. Obwohl sie ein hübsches Mädel war und er normalerweise nicht abgeneigt wäre, sahen seine Pläne anderes vor. Davon mal ganz abgesehen, wollte er das Zusammenleben mit den beiden so unkompliziert wie möglich gestalten. Ein wenig Spaß wäre den ganzen Stress nicht wert.
Er hatte die Wohnung für sich allein, was ihm ganz recht war, so konnte er den Ablauf noch einmal durchgehen. Während er sich seine Sportklamotten anzog, ging er in Gedanken das geplante Gespräch durch. In der Küche machte er kurz Halt, um noch ein paar Schluck Wasser zu trinken, dann band er die Schnürsenkel zu und verließ die Wohnung. Gemächlich lief er zur nächsten Haltestation. Da er an der Alster laufen wollte, musste er einige Stationen mit der Bahn fahren. Dort angekommen nahm er sich kurz die Zeit, um sich aufzuwärmen, dann lief er erst einmal locker los. Am See würde er dann sein Tempo erhöhen, um einen positiven Trainingseffekt zu erzielen, auch wenn das heute nicht primär sein Ziel war.
Hoffentlich würde sie sich an ihre übliche Routine halten. Hoffentlich war ihr nichts dazwischengekommen. Liam merkte, wie ihn nun doch ein wenig Nervosität überfiel. Seine Ungeduld war schwer zu zähmen, er wollte nicht mehr abwarten, sondern endlich handeln.
Nachdem er ungefähr fünfzehn Minuten gelaufen war, erblickte er in einiger Entfernung eine blonde Frau. Das konnte sie sein. Zwei Minuten später war er sich sicher, dass sie es war. Die Locken, die unter der Mütze hervorlugten, waren auffällig genug. Er verlangsamte sein Tempo und als sie nur noch einige Meter entfernt war, stoppte er und setzte ein breites Grinsen auf.
„Aller guten Dinge sind drei. Das sagt man doch so, oder? Jetzt musste ich dich einfach anquatschen“, rief er entwaffnend, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
Das Mädchen stutzte kurz und schien einen Moment lang unschlüssig zu sein, wie sie reagieren sollte. Schließlich blieb sie ebenfalls stehen. Sie holte kurz ihr Handy hervor, um die Musik auszuschalten.
Liam deutete darauf. „Hast du überhaupt gehört, was ich gesagt habe?“ Sie starrte ihn aus großen Augen an und er fand ihre Unsicherheit süß.
„Hallo“, brachte sie schließlich hervor. Kurz sah sie zu Boden, dann antwortete sie leise. „Ich höre nicht so laut Musik. Das kann in der Stadt beim Joggen gefährlich werden.“
Kurz musste er überlegen, ob sie das nun auf ihn bezog. Hatte sie Angst, ein Mann könnte sie überfallen? Dann deutete sie auf den Verkehr und er lachte. „Stimmt, das ist schlau von dir. Wäre ja jammerschade, wenn du überfahren wirst.“
Wieder starrte sie ihn an. Ihr eindringlicher Blick saugte sich an ihm fest und die Intensität faszinierte ihn.
„Sag mal, woher kommst du? Du sprichst zwar fließend Deutsch, aber ich höre da einen Akzent.“
„Aus Kalifornien“, gab er kurz zurück.
„Und was machst du dann im Winter in Hamburg?“, fragte sie ehrlich verblüfft.
Auf solche Fragen hatte er sich vorbereitet, dennoch konnte er nicht verhindern, dass er die Augen kurz zusammenkniff. Wahrscheinlich merkte sie, dass es ihm unangenehm war zu antworten, aber das konnte er eben nicht ändern.
„Mein Vater ist Deutscher und jetzt wollte ich mir nach meinem Studium endlich mal seine Heimat ansehen.“ Er lächelte offen und hatte das Gefühl, sich gut verkauft zu haben. Bevor sie reagieren konnte, streckte er ihr die Hand entgegen: „Sorry, ich habe mich gar nicht vorgestellt. Ich bin Liam.“
Sie ergriff seine Hand und errötete im selben Augenblick. „Sophie.“ Nachdem er länger als angebracht ihre Hand gehalten hatte, zog sie sie schließlich zurück und wollte sich aus Verlegenheit durch die Haare streichen, bis sie feststellte, dass sie eine Mütze trug. Jetzt wurde sie erst recht rot.
Sophie sah gerade so unfassbar unschuldig aus, dass er für den Bruchteil einer Sekunde leichte Skrupel verspürte, sie für seine Pläne zu missbrauchen. Schnell schob er diesen unangenehmen Gedanken von sich, schließlich flirtete er lediglich mit ihr und tat nichts Schlimmes.
Liam rieb sich die Hände und trat von einem Fuß auf den anderen. „Sophie, hab Mitleid mit mir, aber ich bin diese Temperaturen nicht gewöhnt. Gehst du einen Kaffee mit mir trinken?“
„Jetzt?“, entfuhr es ihr entsetzt.
Breit grinsend antwortete er: „Nein, in zwei Monaten.“
Wieder sah sie weg und murmelte vor sich hin: „Ich bin total verschwitzt.“
„Du siehst ganz bezaubernd aus.“
„Lügner“, gab sie lachend zurück.
„Wenn es dir lieber ist, können wir auch gemeinsam weiter joggen.“
„Okay, du hast mich schon zum Kaffeetrinken überredet. Wenn es dich nicht stört, dann gerne.“
Schweigend liefen sie einige Schritte nebeneinander her, dann zeigte Sophie auf ein Café auf der anderen Straßenseite. „Wollen wir gleich dorthin gehen?“
Wie selbstverständlich nahm Liam sie an der Hand und zog sie energisch in die angegebene Richtung.
Als sie das Café betreten hatten, entschuldigte sich Sophie kurz, da sie die Toilette aufsuchen wollte. Währenddessen bestellte er schon mal zwei Cappuccino und noch zwei Stück Kuchen, damit sie einen Grund hatten, etwas länger zu bleiben.
Gedankenverloren beobachtete Liam ein verliebtes Pärchen, das sich ständig anfasste und küsste. Jetzt sahen sie unglaublich glücklich aus, aber was wäre in ein paar Jahren? Dann säßen sie wahrscheinlich schweigsam am Tisch, jeder starrte in sein Handy und sprachen kein Wort miteinander, weil sie sich nichts mehr zu sagen hatten. Da kam wieder einmal der Zyniker in ihm durch. Aber für romantische Gefühle war er unempfänglich. Die hatte er vor einigen Jahren unwiderruflich im Keim erstickt, da sie für seine Pläne nur hinderlich wären. Skrupellos und eiskalt waren kaum die passenden Partner für romantisch und verliebt.
Als Sophie an den Tisch trat, schob er diese Gedanken vehement von sich, er musste sich nun darauf konzentrieren, sie zu umgarnen.
Sie warf einen Blick auf den Kuchen und schmunzelte. „Du willst nachher wohl doch noch eine Runde mit mir joggen gehen?“
Liam lehnte sich entspannt zurück. „Es gibt Schlimmeres. Ich hätte nichts dagegen. Aber das hast du gar nicht nötig.“
Wieder sah es so aus, als könne sie mit seinem angedeuteten Kompliment nicht umgehen. Er hätte sie gar nicht schüchtern eingeschätzt. Immerhin hatte er im Vorfeld einiges über sie in Erfahrung gebracht. Sophie dachte, der Zufall oder meinetwegen auch das Schicksal hätte sie zusammengeführt. Aber er wusste es besser.
„Du hast erzählt, dass dein Vater Deutscher ist, deshalb sprichst du fließend deutsch?“, unterbrach sie das Schweigen.
„Zu Hause hat er meistens Deutsch mit mir gesprochen und zusätzlich habe ich als Nebenfach Deutsch studiert.“
„Man hört echt nur einen leichten Akzent. Und wie lange möchtest du hierbleiben?“, fragte sie weiter.
„Ehrlich gesagt weiß ich es nicht genau. Jetzt suche ich mir erst einmal einen Job und dann sehe ich weiter. Aber ich habe schon vor, einige Monate zu bleiben. Sobald ich in Los Angeles als Architekt arbeite, werde ich so schnell keine Gelegenheit mehr finden, meine Wurzeln zu entdecken.“
„Hast du Familie hier?“
Liam zuckte kurz zusammen. Hastig versteckte er die Hände unter dem Tisch und ballte sie zu Fäusten. Verdammt, mit so direkten Fragen hatte er nicht gerechnet.
„Ja, ich bin gerade dabei, sie ausfindig zu machen. Und du? Was machst du? Studierst du?“, lenkte er sie schnell ab, obwohl er sich die Fragen eigentlich sparen konnte.
„Nein, ich habe nach dem Abi festgestellt, dass ich fürs Lernen nicht geeignet bin. Ich wollte endlich arbeiten, meine Hände gebrauchen, Geld verdienen. Ich bin Physiotherapeutin und habe letztes Jahr eine eigene Praxis eröffnet.“
Stolz blitzte aus ihren Augen und er konnte ein bewunderndes Gefühl nicht unterdrücken. Dafür verdiente sie seinen vollen Respekt. Er zog die Augenbraue nach oben und wollte wissen: „Wie alt bist du denn?“
„26. Warum fragst du?“
„Ich finde es toll, dass du dir in dem Alter schon etwas aufgebaut hast. Da kann ich außer meinem Abschluss noch gar nichts vorweisen.“
Wieder wurde sie verlegen, öffnete kurz den Mund, als wolle sie etwas sagen, dann entschied sie sich um und kostete den Kuchen.
Nach einer Stunde beschloss er, das Treffen zu beenden, jedoch nicht ohne ihr beim Abschied verschmitzt seine Telefonnummer in die Hand zu drücken. „Ruf mich an!“
Bevor Sophie reagieren konnte, stand er auf, winkte ihr von draußen noch einmal zu und ließ sie perplex zurück.
Während er seine Joggingrunde nachholte, rief er sich das Gespräch in Erinnerung. Er hatte das Gefühl, dass es recht erfolgversprechend verlaufen war. Sophie wirkte an ihm interessiert. Etwas Bauchschmerzen bereitete ihm ihre Schüchternheit. Hoffentlich würde es das Ganze nicht verkomplizieren.
Monatelang hatte er Informationen über sie gesammelt und sie für eine recht coole, aufgeschlossene Frau gehalten, die ein bisschen Spaß garantiert nicht abgeneigt wäre. Jetzt war er sich da nicht mehr so sicher. Falls sie mehr von ihm wollte, würde es kompliziert werden. Aber schlussendlich durfte er kein Mitleid haben, ansonsten würde das den ganzen Plan gefährden.
Genauso war ihm bekannt, dass sie fast jeden Mittwoch und Samstag joggen ging. Da war es ihm ein Leichtes, ein zufälliges Kennenlernen zu inszenieren.
Eigentlich fiel Sophie überhaupt nicht in sein klassisches Beuteschema. Aber das spielte in diesem Fall keine Rolle, der einzige Grund, warum er sie ausgewählt hatte, war die Tatsache, dass sie Luises beste Freundin war.
Oh mein Gott! Immer noch konnte sie nicht glauben, dass er sie wirklich angesprochen hatte. Eigentlich müsste sie ins Bett gehen. Morgen stand ein langer Arbeitstag bevor und sie musste früh aufstehen, aber sie war viel zu aufgeputscht, um schlafen zu gehen. Sogar ihr frisch gekochtes Abendessen hatte sie nach einigen Bissen stehen gelassen. Sophie legte großen Wert auf einen gesunden Lebensstil. Dazu gehörte neben Sport auch eine ausgewogene Ernährung. Ihr einziges Laster war der Alkohol. Zwar war sie keine Schnapsdrossel, aber zu einem Glas Wein oder einem Cocktail sagte sie selten Nein. Deshalb gönnte sie sich noch einen Schlummertrunk, der sie hoffentlich in angenehme Träume befördern würde. Gedankenverloren goss sie sich ein Glas Rotwein ein. Während sie einen Schluck nahm, wanderten ihre Gedanken wieder zu ihrem Aufeinandertreffen mit Liam.
Warum hat er gerade mich angesprochen? Ich versteh es einfach nicht. An der Alster joggen so viele hübsche Frauen und ich will gar nicht erst darüber nachdenken, welche Schönheiten er in Kalifornien am Strand zu Gesicht bekommt.
Vehement versuchte sie, die negativen Gedanken zu verscheuchen. Lieber sollte sie sich über sein Interesse freuen. Es war doch total süß von ihm gewesen, sie ins Café einzuladen.
Wieder nahm sie einen Schluck, dann kuschelte sie sich in ihren Sessel und schloss die Augen. Unversehens tauchten Liams Gesichtszüge vor ihr auf. Himmel, der Kerl war aber auch unverschämt hübsch anzuschauen. Blondes, verstrubbeltes Haar, das ihm einen abenteuerlichen Touch verlieh und nur danach schrie, dass man seine Hände darin vergrub. Seine strahlend blauen Augen hatten sie sofort in den Bann gezogen. Sie hatte sich beherrschen müssen, ihn nicht die ganze Zeit anzustarren. Sein Blick war so intensiv und lebendig gewesen, als wolle er ihr damit etwas mitteilen. Etwas Bedeutsames. Etwas, das ihr noch nicht bekannt war. Seine Gesichtszüge waren kantig und markant und dennoch fein geschnitten. Er war ein ganzes Stück größer als sie, was allerdings bei ihren 1,63 Metern auch kein Kunststück war. Er sah genauso aus, wie man sich einen Surferboy aus Kalifornien vorstellte. Die Mädels liefen ihm doch sicher scharenweise hinterher. Wahrscheinlich musste er nur mit dem Finger schnippen, dann kämen sie aus allen Ecken hervor.
Sophie lachte über ihre unverhohlene Schwärmerei. Dennoch war ihr aufgefallen, dass sich Liam seiner positiven Ausstrahlung nur allzu bewusst war. Sein Selbstbewusstsein hätte sie gern. Neben seiner unglaublichen Präsenz war sie sich unbeholfen und linkisch vorgekommen. Normalerweise hatte sie keine Probleme, neue Leute kennenzulernen und Small Talk zu betreiben. Aber Liam haute sie einfach um. Sie hatte ihm gefallen wollen und deshalb benahm sie sich so aufgesetzt und künstlich. Verärgert riss sie die Augen auf und trank ihr Glas leer.
Wie gern hätte sie mit jemandem über ihr Treffen geredet, aber Luise war heute Abend bei ihrem ehrenamtlichen Treffen und ihre anderen Freundinnen waren eher Bekannte, mit denen sie losen Kontakt pflegte. Ihrer Schwester Katharina stand sie nicht so nah, als dass sie derart private Dinge mit ihr teilte. Rasch stand sie auf, nahm ihr Glas und goss sich noch einen großzügigen Schluck ein. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie Liams Nummer noch gar nicht ins Handy eingespeichert hatte. Sie eilte in den Flur und durchsuchte hektisch ihre Jackentaschen. Als sie den Zettel nicht fand, war ihr Herz nahe dran, das Weiterschlagen zu boykottieren. Das konnte doch nicht wahr sein! Warum hatte sie die Nummer nicht gleich eingegeben? Weil du es vor lauter Schwärmerei vergessen hast, du doofe Nuss.
Nachdem sie alle Taschen umgedreht hatte und ergebnislos blieb, stand sie kurz davor, ihr Rotweinglas an die Wand zu feuern. Wie bescheuert konnte man denn sein? Da gab ihr dieser Traummann seine Nummer und zeigte ihr ganz deutlich sein Interesse, sie näher kennenzulernen und was tat sie? Verlor den Zettel. Sie konnte wohl kaum darauf hoffen, ihm noch einmal beim Joggen zu begegnen.
Nach einer wenig erholsamen Nacht machte sich Sophie am nächsten Morgen kaum besser gelaunt auf den Weg zur Arbeit. Es half nichts. Jetzt konnte sie es nicht mehr ändern. Dennoch konnte sie den tiefen Stich der Enttäuschung nicht leugnen. Auch wenn sie kaum glauben konnte, dass er aufrichtig an ihr interessiert war, hätte sie ihm gern die Chance gegeben zu beweisen, dass es ihm ernst war. Da lernte sie endlich einen Typen kennen, der sie vom ersten Moment an einfach umhaute und dann vermasselte sie es. Sie musste sich nachher unbedingt bei Luise ausheulen.
„Guten Morgen.“ Der fröhliche Gruß ihrer Kollegin riss sie aus ihren trübseligen Gedanken. Monikas fröhlicher Art konnte sie sich einfach nicht entziehen. Sophie hatte sich nicht nur den Traum einer eigenen Physiotherapiepraxis erfüllt, sondern mittlerweile lief es so gut, dass sie schon zwei Angestellte hatte. Wenn es weiterhin so erfolgversprechend florierte, müsste sie sich bald nach größeren Räumlichkeiten umsehen. Sie erwiderte automatisch das Lächeln und ihre Laune hob sich umgehend.
Bevor sie einen Blick auf den Terminplan warf, machte sie sich eine Tasse Kaffee, um richtig wach zu werden.
Anschließend begrüßte sie die erste Patientin. Eine ältere Dame, die unter akuten Rückenschmerzen litt. Freundlich und behutsam half sie der Frau ins Behandlungszimmer und vergaß in der hektischen Betriebsamkeit für die kommenden Stunden an Liam zu denken.
„Hast du Lust, ein Bier trinken zu gehen?“
Liam sah auf, als Stefan seinen Kopf durch den Türspalt streckte. Gerade hatte er den ersehnten Anruf erhalten, dass er den Job bekommen hatte. Er ballte eine Siegerfaust und konnte sich den Jubelschrei gerade noch verkneifen. Als es an der Tür klopfte, setzte er sein Pokerface auf.
„Klar, gerne. Hab eh nichts vor.“ Grinsend stand er auf und folgte Stefan in den Flur. Während sie sich ihre Jacken anzogen, meinte sein Mitbewohner ein wenig schuldbewusst: „Sorry, dass ich dich in den letzten Wochen links liegen gelassen habe. Aber ich hatte eine wichtige Prüfung und nachdem ich schon die letzte verhauen hatte, musste ich mich jetzt ins Zeug legen.“
„Kein Problem, ich brauche keinen Babysitter mehr.“
Stefan boxte ihm in die Seite und wieder musste er lachen. Sein Mitbewohner war ein netter Kerl.
„Du kennst doch kaum jemanden hier. Da dachte ich mir, ich zeige dir mal Hamburgs Nachtleben.“ Nachdem Liam die Tür abgesperrt und sie das Haus verlassen hatten, machten sie sich auf den Weg zur U-Bahnstation. Stefan plapperte vor sich hin und erklärte ihm die Vorzüge allerlei Clubs, die sich Liam sowieso nicht alle merken konnte, aber er spürte, dass es ihm guttat, sich einmal ein wenig von seinen Grübeleien ablenken zu lassen.
Während sie nicht nur ein Bier tranken, erzählte Stefan ihm, dass er Mediendesign im achten Semester studierte. Er war etwas jünger als Liam, der kürzlich seinen achtundzwanzigsten Geburtstag gefeiert hatte.
Anschließend begann er Liam ein wenig auszufragen, der ihm seinen Standardtext vortrug, ohne wirklich viel von sich preiszugeben.
Nach seinem dritten Drink wurde Stefan etwas vertraulicher. „Du bist echt ein netter Kerl. Ich muss gestehen, dass es eine Ausrede war, warum ich dich ignoriert habe. Denn Lernen hatte bei mir noch nie allzu große Priorität“, gab er ein wenig schuldbewusst zu. „Deshalb bin ich erst im achten Semester, eigentlich müsste ich schon zwei Semester weiter sein. Aber ich habe es nicht eilig.“
„Wenn du es dir leisten kannst“, gab Liam schulterzuckend zurück. Insgeheim hatte er wenig Verständnis für derartige Tagträumer, die kein Ziel vor Augen hatten. Er hätte es sich niemals leisten können, auch nur eine Prüfung nicht zu bestehen. Aber das musste er Stefan ja nicht auf die Nase binden.
Stefan untersuchte sein Glas auf vorhandene Reste und sah ihn dann an. „Bist du an Claudia interessiert?“
Liam verschluckte sich fast an seiner Cola, mittlerweile war er auf nichtalkoholische Getränke umgestiegen, da er im Gegenzug zu seinem Mitbewohner einen klaren Kopf behalten wollte.
„Wie kommst du denn jetzt darauf?“
„Bist du oder bist du nicht?“ Stefan ließ nicht locker.
„Ich kenne sie doch gar nicht. Bisher habe ich mit ihr nicht mehr Wörter gewechselt als mit dir. Aber um dich zu beruhigen: Nein, bin ich nicht.“
Da Stefans Blick immer noch einen skeptischen Zug hatte, verdeutlichte er. „Ich bin an einem anderen Mädel dran. Außerdem möchte ich unser Zusammenleben nicht verkomplizieren.“
Jetzt sah sein Mitbewohner erleichtert aus und Liam zog eine Augenbraue hoch. „Ich verstehe. Du bist an ihr interessiert.“
Stefan winkte verlegen ab. „Es ist kompliziert. Wir wohnen schon ein Jahr zusammen. Eigentlich dachte ich, dass Claudia nur nicht unsere Freundschaft riskieren möchte, aber jetzt ist mir aufgefallen, wie sie dich ansieht und bin mir nicht mehr sicher, ob da jemals mehr war.“
„Das bildest du dir bestimmt nur ein“, wiegelte Liam rasch ab. „Aber falls es dich beruhigt, ich kann ihr gerne signalisieren, dass ich nicht interessiert bin. Vielleicht bringe ich ja bald mein Mädel mit“, sagte er und grinste vielsagend, wobei er Stefans erleichterte Miene zur Kenntnis nahm.
Dieser schlug ihm auf die Schulter. „Bist echt ein cooler Typ. Darauf gebe ich noch einen aus.“
Am nächsten Morgen trank er schlecht gelaunt seinen Kaffee und grübelte über seine großmäulige Rede. Momentan sah es so aus, als habe er sich in Sophie getäuscht. Seit ihrem Treffen waren schon fünf Tage vergangen und bisher hatte sie sich nicht gemeldet. Er hatte es mittwochs unterlassen, joggen zu gehen, da er sie nicht unter Druck setzen wollte. Ein paar Tage würde er ihr noch Zeit geben, bis er einen erneuten Anlauf startete. Vielleicht traute sie sich einfach nicht, ihn anzurufen oder sie misstraute seinen Absichten und befürchtete, er wolle lediglich einen One-Night-Stand. Immerhin wusste er, dass sie gerade erst eine Trennung hinter sich hatte. Ungeduldig seufzte er auf. Abwarten war so gar nicht sein Ding.
Immerhin würde er nächste Woche zu arbeiten beginnen, dann wäre er abgelenkt und hätte nicht so viel Gelegenheit zum Grübeln. Er konnte sich aber einfach nicht vorstellen, dass er sich ihr Interesse nur eingebildet hatte. Sie war in ihrer Verlegenheit unglaublich niedlich gewesen. Er ertappte sich dabei, wie er lächelte, als er sich an die süße Kleine erinnerte. Sogleich rief er sich zur Ordnung. Er durfte ihr gegenüber keinerlei Gefühle, gleich welcher Art entwickeln.
„Guten Morgen“, ertönte eine weibliche Stimme hinter seinem Rücken und riss ihn aus seinen Träumereien. Hastig setzte er sich ordentlich hin und verfluchte sich, weil er lediglich in Boxershorts in der Küche saß. Claudias verheißungsvoller Blick versprach deutliches Interesse. Was gleichbedeutend für Ärger mit Stefan stand, den er wahrlich nicht gebrauchen konnte.
Sie setzte sich zu ihm und klimperte mit ihren Wimpern. „Machst du mir auch so einen?“ Sie wies mit der Hand auf seine Tasse.
Wortlos stand er auf und bediente den Kaffeeautomaten. Dann stellte er ihr die Tasse hin und wollte sich verabschieden.
„Warte doch mal. Ich würde dich gern besser kennenlernen. Bisher haben wir uns kaum gesehen.“
Hatten seine Mitbewohner sich abgesprochen? Er drehte sich langsam um und erwiderte: „Das machen wir. Aber jetzt muss ich los. Ein anderes Mal gerne.“
Vielleicht sollte er heute Abend losziehen und eine Frau aufreißen. Zwar war das normalerweise nicht unbedingt seine Art, aber dann würde er Claudia vielleicht in ihre Schranken weisen, ohne großartige Erklärungen abliefern zu müssen.
Endlich Feierabend! Sophie hatte einen langen Arbeitstag hinter sich. Erleichtert sperrte sie die Praxistür ab und umkreiste das Gebäude, um auf den dahinterliegenden Parkplatz zu gelangen. Müde ließ sie sich auf den Sitz ihres Wagens fallen, startete den Motor und drehte die Musik auf volle Lautstärke.
Mittlerweile hatte sie ihre Enttäuschung über den verlorenen Zettel ein wenig überwunden. Luise hatte ihr Mut gemacht, dass sie Liam bestimmt irgendwann ein weiteres Mal traf, nachdem sie sich schon dreimal beim Joggen begegnet waren. Sie hatte recht, immerhin schienen sie zur selben Zeit unterwegs zu sein. Dennoch überfiel sie immer wieder die Furcht, ihn niemals wiederzusehen, was jedes Mal dazu führte, dass ihr Herz einen kleinen Hüpfer machte. Sophie, du kennst den Kerl doch überhaupt nicht. Ja, er sieht unverschämt gut aus und hat sich mir gegenüber äußerst charmant verhalten. Aber wer weiß, wofür es gut sein soll, dass ich die Nummer verloren habe.
Sie lachte ein wenig sarkastisch auf, als sie bemerkte, wie sie versuchte, sich etwas einzureden. Ständig war er in ihren Gedanken, er hatte es geschafft, sich dort einzunisten wie eine Made im Speck. Nun musste sie doch lachen. Liam war alles andere als eine Made. Und irgendwann wäre der Speck vernichtet, dann würde er sich schon verziehen. Aber das wollte sie gar nicht. Egal, was sie versuchte, sich einzureden, je länger ihr Treffen her war, desto größer wurde ihr Bedürfnis herauszufinden, was da zwischen ihnen war. Denn sie hatte die Anziehung zwischen ihnen durchaus gespürt.
Sophie entdeckte einen Parkplatz und war erleichtert, dass ihr diesmal ein weiterer Fußmarsch erspart blieb. In ihrer Wohngegend war es schwierig, gegen Abend einen Parkplatz zu ergattern. Sie wollte heute ihre Joggingrunde nachholen, die gestern leider ausfallen musste, da sie einen Notfallpatienten dazwischengeschoben hatte. Und es wurde in einer Stunde dunkel, deswegen musste sie sich ein wenig beeilen.
Der eiskalte Wind, der ihr unangenehm ins Gesicht pfiff, trug nicht dazu bei, ihre Motivation zu steigern.
Am liebsten hätte sie sich mit einem guten Buch auf die Couch gelegt, aber ihre Disziplin hielt sie davon ab. Zweimal pro Woche Joggen war Pflichtprogramm, da war sie rigoros.
Sie öffnete ihren Kleiderschrank, aber fand keine einzige ihrer Sporthosen. Als sie genervt die Türen schloss, musterte sie sich kritisch im Spiegel des Schrankes. Sie drehte sich einmal um die eigene Achse und seufzte laut auf.
Luise machte sich regelmäßig über sie lustig, aber sie hatte leicht reden bei ihrer Modelfigur, für die sie nicht einmal etwas tun musste. So sehr sie ihre Freundin liebte, es fiel ihr manchmal schwer, nicht neidisch zu sein. Sophie musste sehr auf ihre Figur achten. Da sie sowieso nicht so schlank wie Luise war und zudem viel kurzbeiniger, war es ihr wichtig, trainiert zu sein, um ihren Körper ansehnlich zu finden. Was sie sich hart erarbeiten musste, fiel Luise einfach in den Schoss. Aber wenn sie ehrlich war, machte ihr der Sport Spaß. Sie powerte sich gerne aus und es gab ihr ein gutes Gefühl, trainiert und fit zu sein.
Schlagartig fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, Wäsche zu waschen. Im Badezimmer lag eine ihrer Jogginghosen. Als sie die Hose anzog, fiel plötzlich ein Zettel heraus. Sophies Puls fing mit einem Mal zu rasen an. Sie wollte nicht glauben, dass es das war, was sie dachte, um anschließend nicht enttäuscht zu sein. Mit spitzen Fingern hob sie den Zettel auf und wagte es kaum zu atmen, als habe sie Angst, dass der bloße Luftzug das Blatt zersetzen könnte. Sie faltete ihn auseinander und als sie die Zahlen sah, sprang sie juchzend in die Luft. Anscheinend hatte sie den Zettel gedankenverloren in die Schlüsseltasche der Hose gesteckt. Da sie ihren Schlüssel immer um den Hals trug, benutzte sie die Tasche kaum. Dass sie darauf nicht gekommen war. Egal, nun hatte sie Liams Nummer. Selig lächelte sie, bis ihr unvermittelt ein schockierender Gedanke kam. Ihr Treffen war über eine Woche her, vielleicht war er beleidigt und hatte kein Interesse mehr an ihr? Ihr Magen hob sich nervös, als sie sich vorstellte, wie sie am Telefon auf Ablehnung stieß.
„Sophie, das ist doch lächerlich. Du erklärst ihm einfach, dass du die Nummer nicht gefunden hast. Fertig, aus!“
Die Joggingrunde war vergessen. Sie hielt den Zettel wie einen kostbaren Schatz und machte sich umgehend auf die Suche nach ihrem Handy, um sie gleich einzuspeichern.
Hastig wühlte sie in ihrer Handtasche, bis sie es endlich fand. Bevor sie ihn anrief, öffnete sie allerdings erst das Internet. Nach einer nicht besonders erfolgreichen Suche beschloss sie, ihn anzurufen. Und was sollte sie jetzt sagen? Sie stellte sich an, als hätte sie noch nie ein Date gehabt. Denk nicht so viel nach! Bevor sie es sich anders überlegen konnte, wählte sie seine Nummer und wartete mit wild pochendem Herzen, das er abhob. Beim vierten Klingeln ertönte ein Hallo. Kurz raubte seine männliche, wohlklingende Stimme ihr den Atem. Wahrscheinlich konnte Liam am anderen Ende der Leitung hören, wie ihr Herz hart gegen den Brustkorb schlug.
„Hier ist Sophie. Es tut mir leid, dass ich mich erst jetzt melde, aber ich habe deine Nummer verlegt.“ Na siehst du, war doch gar nicht so schwer.
Als sie sein Lachen hörte, fiel sogleich die Anspannung von ihr ab. „Du hast mir fast das Herz gebrochen. Noch ein paar Tage länger und ich wäre im Sarg in die Heimat abtransportiert worden.“
„Weißt du überhaupt noch, wer ich bin?“, fragte Sophie skeptisch, bevor sie sich dafür auf die Zunge beißen konnte.
„Was ist das denn für eine Frage? Glaubst du, ich gebe jeden Tag mindestens drei Frauen meine Nummer?“ Er klang ehrlich empört über diese Unterstellung.
Gott, war das peinlich. Sie war so bescheuert. Während sie krampfhaft ihr Gehirn nach einer schlagfertigen Antwort durchforstete, fuhr er fort: „Gib zu, das war eine Ausrede. Bestimmt hast du die Zeit genutzt, um zu googeln, ob sich hinter mir nicht ein gesuchter Massenmörder verbirgt.“
Und wieder hatte er sie auf dem falschen Fuß erwischt. Natürlich hatte sie es vorhin nicht unterlassen können, ihn zu googeln, nachdem er auf den Zettel auch seinen Nachnamen geschrieben hatte. Liam Sanders. Zwar hatte sie ihn auf Facebook gefunden, aber ansonsten hatte sie kaum etwas über ihn erfahren.
„Klar, ich habe ja auch sonst nichts zu tun.“
„Und bin ich einer?“
„Was?“
„Ein Massenmörder?“ Wieder hörte sie ihn lachen.
„Das finde ich wohl kaum im Internet heraus, dazu müssten wir uns dann doch persönlich treffen.“ Ha, sie hatte es doch nicht verlernt.
„Dann werde ich dir beweisen, dass ich ganz brav und langweilig bin.“
„Das kann ich mir irgendwie auch nicht vorstellen. Aber ich werde mich überraschen lassen.“ Sophie spürte, wie sich eine wohlige Wärme in ihr ausbreitete. Sie würde Liam bald wiedersehen.
Sie vereinbarten einen Termin und einen Treffpunkt und Sophie legte glückselig das Handy aus der Hand. Sie warf sich aufs Sofa, schloss die Augen und träumte von ihrer Begegnung. Als sie sich allerdings vorstellte, wie gut Liam wohl küssen würde, setzte sie sich rasch auf. Sie sollte aufhören, sich solche Dinge auszumalen, sonst wäre sie noch unsicherer, wenn sie ihm das nächste Mal in die Augen sah.
Abwesend legte er das Handy auf den Couchtisch. Große Erleichterung breitete sich in ihm aus, nachdem sich dieses Problem in Wohlgefallen aufgelöst hatte. Eigentlich müsste er glücklich sein, dass er sich Sophies Interesse nicht eingebildet hatte. Ansonsten hätte er sich noch mehr Mühe geben müssen, sie um den Finger zu wickeln. Was bedeutete also diese Unruhe in ihm? Grübelnd stützte er seine Hände auf die Knie und nahm den Kopf zwischen die Hände, als könnte er damit die gewünschte Antwort herauspressen. Aber das war nicht nötig. Denn er kannte die Antwort. Und genau das war sein Problem, denn er wollte es nicht wahrhaben.
Tatsache war, er verspürte nicht nur Erleichterung, sondern auch Freude. Gefühle, die er überhaupt nicht gebrauchen konnte, denn das bedeutete, dass er Sophie sympathisch fand. Gefühle machten ihn angreifbar und das Einzige, das er zuließ, war Wut. Das half ihm, den Glauben an seinen Plan aufrechtzuerhalten. Es half ihm, daran zu glauben, dass er das Richtige tat.
Er hatte einen Fehler begangen, als er vorausgesetzt hatte, dass Luises Freundin überheblich, angeberisch und selbstverliebt wäre. Aber er hatte sich nicht vorstellen können, dass Luise eine sympathische Freundin haben könnte. Was verband Sophie nur mit ihr? Egal, er müsste es vielleicht gar nicht zum Äußersten kommen lassen, um an sein Ziel zu gelangen.
Jetzt sollte er sich auf die Kleine konzentrieren. Ohne Rücksicht auf Verluste.
Zwei Tage später hatte er sich mit Sophie an der Eishalle verabredet. Da sie sich beim Joggen kennengelernt hatten, fand er es irgendwie logisch, dass ihr erstes richtiges Date beim Sport stattfand. Außerdem lud das Eislaufen geradewegs zu etwas Körperkontakt ein, um sich näher zu kommen. Manchmal musste er über seine Skrupellosigkeit und Berechnung fast den Kopf schütteln, aber es würde ihm bestimmt nicht schwerfallen, Sophie ein wenig Hilfestellung zu geben.
Sie war schon da und wartete vor dem Eingang auf ihn.
„Sorry, aber die U-Bahn hat sich verspätet“, entschuldigte er sich, während er sie mit einem angedeuteten Wangenküsschen begrüßte.
„Macht doch nichts, ich bin mit dem Fahrrad da, deshalb bin ich gut durch den Verkehr gekommen“, murmelte sie vor sich hin, während sie sich verlegen aus der Umarmung löste.
Er grinste sie an und meinte beeindruckt: „Du scheinst sportlich zu sein.“
„Dem kann ich tatsächlich nicht widersprechen. Ich mache gerne Sport. Es macht mir Spaß, mich auszupowern. Deshalb fand ich deinen Vorschlag toll.“ Diesmal wurde sie nicht rot.
„Dann lass uns reingehen.“ Kurz berührte er sie am Arm, um ihr anschließend an der Tür den Vortritt zu lassen.
Er ließ es sich nicht nehmen, den Eintritt für sie zu übernehmen und kurz darauf betraten sie vorsichtig das Eis.
Sophie stakste unbeholfen los und meinte entschuldigend: „Ich stand als Kind das letzte Mal auf Schlittschuhen.“
„Ein begnadeter Eiskunstläufer bin ich jetzt auch nicht, aber du kannst dich gern an mir festhalten, wenn du unsicher bist“, bot er ihr an.
„Und dann werfe ich dich um. Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist“, erwiderte Sophie kichernd.
„Du scheinst von meinen Fahrkünsten nicht besonders überzeugt zu sein“, gab er beleidigt zurück.
„Du kommst aus Kalifornien“, erwiderte sie vielsagend.
„Dort gibt es auch Eishallen!“
Sophie sah kurz weg und er konnte ihre Verlegenheit erkennen.
„Wahrscheinlich liegt es daran, dass du mehr wie ein heißer Surferboy aussiehst als ein Eisläufer.“
Sie ist wirklich zu süß, wenn sie merkt, was sie von sich gegeben hat. Gerade sieht sie so aus, als würde sie am liebsten im Erdboden versinken.
Einen Moment lang sahen sie sich in die Augen, dann feixte er: „Und du würdest den Surferboy bevorzugen?“
Sie stieß ihm in die Seite. „Jetzt lass uns endlich losfahren.“ Damit setzte sie ihrem Geplänkel ein Ende und fuhr vorsichtig los, um sich kurz darauf ängstlich an der Bande festzuklammern. „Verdammt, ich hätte nicht gedacht, dass das so schwierig ist. Das sieht beim Zuschauen so einfach aus.“
Und wieder verlor er sich kurz in ihrem entzückenden Anblick, bis er sich mühselig zur Ordnung rief. Liam, du tust das Ganze nicht zu deinem Vergnügen.
„Komm, ich helfe dir.“ Vorsichtig griff er ihren Arm und zog sie ein wenig zu sich heran, bis sie einen stabilen Stand hatte. Dann fuhr er los, ohne sie loszulassen. Kurze Zeit später wurde sie sicherer und löste sich zu seinem Bedauern von ihm, um vorauszufahren. Als sie allerdings übermütig wurde und herumalberte, dauerte es nicht lange, bis sie auf ihren Hintern plumpste. Über ihren erschrockenen Blick musste er einfach lachen, was dazu führte, dass sie empört die Augen zusammenkniff. „Schön, dass du dich über mich lustig machst.“
Friedfertig ergriff er ihre Hand, um ihr aufzuhelfen. Beim nächsten Mal war er schneller. Bevor sie stürzte, zog er sie in seine Arme und hielt sie fest. Er hörte sie heftig atmen. Anscheinend brachte er sie gerade ein wenig aus der Fassung. „Danke“, wisperte sie an seiner Schulter, ihren Blick hielt sie vor ihm verborgen.
Er schob sie ein wenig von sich und zwang sie somit, ihn anzusehen. Ihre Wangen waren leicht gerötet und sie sah ihn aus ihren großen braunen Augen an. Der Kontrast zu ihren hellblonden Haaren faszinierte ihn. Kurz verlor er sich in ihrem warmen Blick, als könne er dadurch alles Herzliche, das Sophie ausstrahlte, in sich aufsaugen.
„Gern geschehen. Ich wollte nicht verantworten, dass du nachher nicht mehr sitzen kannst“, gab er schließlich rau zurück. Insgeheim schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass er sie gern davor beschützen würde, dass ihr irgendjemand wehtat. Und genau das war ihm unmöglich. Er wäre der Erste, der ihr zu gegebener Zeit wehtun würde.
Hastig ließ er sie los und fuhr Richtung Ausgang. Er sah knapp an ihr vorbei, während er erklärte: „Unsere Zeit ist gleich vorüber. Ich muss leider los, mein Nebenjob wartet.“
Schweigend zogen sie ihre Schuhe an und Liam verabschiedete sich anschließend mit einer kurzen Umarmung von ihr. Im Weggehen drehte er sich noch einmal um. „Lass uns telefonieren.“
Ihm war nur zu gut bewusst, dass er geflüchtet war. Vor etwas, das er nicht wahrhaben wollte. Er war nicht der eiskalte Typ, den er gern darstellen wollte. Je mehr Zeit er mit Sophie verbrachte, desto mehr Mitleid würde er für sie empfinden. Er sollte zusehen, schnellstmöglich ihr Vertrauen zu gewinnen, um an die gewünschten Informationen zu gelangen, ohne allzu viel Nähe zuzulassen. Sein Plan sah keinerlei Gefühle vor. Und daran würde er festhalten, koste es, was es wolle!
Sie sah Liam hinterher, bis er um die Kurve verschwand. Leider drehte er sich nicht noch einmal zu ihr um, was sie insgeheim gehofft hatte.
Sein Abgang hatte sie verunsichert. Die Zeit mit ihm auf dem Eis war wunderschön gewesen. Sophie hatte sich in seiner Gesellschaft unglaublich wohlgefühlt, als würde sie ihn schon ewig kennen. Sogar ihre lästige Unsicherheit hatte sie endlich verloren. Als er sie in den Arm genommen hatte, schlug ihr Herz so heftig, als wäre sie einen Marathon gelaufen. Zarte Schauer rieselten ihr wie sanfte Schneeflocken den Rücken hinab. Sie wollte mehr. Am liebsten hätte sie ihn geküsst. Aber das hatte sie sich dann doch nicht getraut. Nun überfiel sie der unerwünschte Zweifel erneut mit voller Wucht. Mühselig riss sie sich aus ihrer Starre und sperrte das Fahrrad auf.
Während sie nach Hause fuhr, grübelte sie weiterhin über Liams seltsamem Auftritt. Die ganze Zeit hatte er sich bemüht, ihr Komplimente zu machen, ihr zu schmeicheln. Sie hatte das Gefühl gehabt, dass er sich in ihrer Gesellschaft ebenso wohlgefühlt hatte wie sie.
Und dann war da plötzlich dieser Moment, als sich sein Gesichtsausdruck verändert hatte. Ohne einen erkennbaren Grund hatte er sich verschlossen. Kurz sah es sogar so aus, als würde Wut aus seinen Augen blitzen. Aber worüber? Was hatte sie falsch gemacht? Es war doch ganz offenkundig, dass sein Job eine Ausrede war. Zuvor hatte er nicht einmal angedeutet, dass er es eilig habe. Er wollte weg von ihr. So schnell wie möglich.
Eine heftige Windböe riss sie fast vom Fahrrad. Sophie schrak zusammen und versuchte das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Nun bereute sie es, nicht mit dem Auto gefahren zu sein. Sie war komplett durchgefroren und freute sich auf eine Tasse heißen Tee und eine warme Badewanne. Damit würde sie sich ein wenig aufheitern und anschließend Luise anrufen, um sich bei ihr auszuweinen.
Sie hatte sich gerade abgetrocknet, als es an der Tür klingelte. Wer war das denn jetzt? Hastig zog sie sich an, um zu öffnen.
„Kathi, was machst du denn hier?“, begrüßte sie ihre Schwester verblüfft. Es war zwischen ihnen nicht üblich, dass sie sich spontane Überraschungsbesuche abstatteten. Katharina lebte noch bei ihren Eltern. Obwohl sie zwei Jahre älter war, hatte sie es nicht eilig, sich der Anbetung ihrer Eltern zu entziehen. Schließlich war Kathi keine so große Enttäuschung wie sie, dachte Sophie verächtlich.
„Ich treffe mich nachher mit ein paar Freunden im Cascadas, da dachte ich mir, ich statte dir vorher einen Besuch ab. Schließlich wohnst du gleich ums Eck.“
Sophie vermutete eher, dass Kathi eine Übernachtungsmöglichkeit suchte, um nachher nicht den weiten Weg nach Hause antreten zu müssen. Darauf hatte sie überhaupt keine Lust, aber wenn sie ablehnte, wäre sie wieder die Böse, die ein besseres Geschwisterverhältnis boykottierte. Dabei war es Kathi, die nie die Nähe gesucht hatte. Aus unerfindlichen Gründen war sie schon immer eifersüchtig auf Sophie gewesen. Es war doch Kathi, die das Lieblingskind ihrer Eltern war, die in die gewünschten juristischen Fußstapfen trat, wohingegen Sophie noch nicht einmal studiert hatte. Niemals würde sie auf die Idee kommen, ihre Schwester zu fragen, ob sie sie ins Cascadas begleiten wollte, obwohl Sophie regelmäßig dort Gast war. In Kathis Augen war sie schon immer ihre ärgste Konkurrentin gewesen, sie konnte es nicht ertragen, wenn Sophie Aufmerksamkeit erhielt und nicht sie, egal ob weibliche oder männliche Bestätigung.
Sophie betrat die Küche und rief über die Schulter: „Magst du was trinken?“
„Ich bleibe nicht lange, aber ein Glas Wasser, bitte.“
Sophie versuchte ihre Wut einzudämmen, als sie den nasalen Tonfall ihrer Schwester vernahm. Mal sehen, wie lange sie benötigte, um ihre Bitte zu äußern. Sophie gab ihr fünf Minuten.
Während Kathi einen Schluck nahm, ließ sie ihren Blick durch den Raum schweifen. „Ich kann einfach nicht verstehen, warum du freiwillig in so einer Bruchbude lebst.“
Sophie konnte ein Zusammenzucken nicht ganz verkneifen. „Vielleicht, weil ich mir eine teurere Wohnung nicht leisten kann? Meine Praxis läuft gut, aber ich habe viel Geld investiert und der Kredit ist noch nicht abbezahlt, deshalb kann ich keine großen Sprünge machen.“
Kathi warf ihr einen vielsagenden Blick zu. „Du hast dich dafür entschieden. Du müsstest das nicht tun.“
„Du sagst es, ich habe mich dafür entschieden und ich jammere auch nicht darüber. Ich mag mein Leben, auch wenn du das nie begreifen wirst.“
„Ich will mich gar nicht mit dir streiten. Auch wenn ich es nicht nachvollziehen kann, irgendwie bewundere ich dich auch für deinen Mut und deine Zielstrebigkeit.“
Sophie wäre vor Überraschung fast das Glas aus der Hand gefallen. Ein Kompliment aus dem Mund ihrer Schwester, das war ein Tag, den sie im Kalender festhalten musste. Kurz darauf kam die Ernüchterung.
„Sag mal, ist es für dich okay, wenn ich heute Nacht bei dir übernachte? Es wird bestimmt spät, da ist mir der Weg nach Hause zu weit. Ich werde bestimmt einige Cocktails trinken und wie du weißt, mag ich öffentliche Verkehrsmittel nicht, ich ekle mich da immer.“
Sophie drehte sich um, und während sie so tat, als räume sie die Gläser auf, äffte sie ihre Schwester nach. Sie atmete tief durch, setzte ein falsches Lächeln auf und erwiderte: „Ich gebe dir einen Schlüssel, denn ich bin wahrscheinlich über Nacht weg.“
Ihre Schwester zog überrascht die Nase kraus. „Ich habe gar nicht gewusst, dass du wieder einen Freund hast. Das ging ja schnell.“
Sophie sah ihr an, dass sie sich über diese Tatsache ärgerte. Kathi war die Hübschere der Schwestern, dennoch tat sie sich schwer, einen Partner zu finden. Was wahrscheinlich an ihren übersteigerten Erwartungen lag.
„Ich habe keinen Freund. Ich besuche Luise, dann verquatschen wir uns bestimmt wieder. Deshalb werde ich bei ihr übernachten.“ Luise wusste noch gar nichts von ihrem Plan, hatte aber bestimmt nichts dagegen. Somit müsste sie morgen früh ihre Schwester nicht ertragen, die hoffentlich weg wäre, bis sie nach Hause kam.
Plötzlich sah Kathi interessiert aus. „Sag mal, stimmt es wirklich, dass Luise und Henry ein Paar sind? Ich wollte es nicht glauben, als Mama mir davon erzählt hat.“
Dadurch, dass ihre Familien miteinander befreundet waren, kannten ihre Eltern auch Henry flüchtig. Und dass er neuerdings in festen Händen war, war in gewissen Kreisen das Gesprächsthema Nummer eins. Schadenfroh nahm sie wahr, dass Kathi darüber äußerst enttäuscht aussah, obwohl sie es zu verbergen versuchte.
„Sie sind schon seit ein paar Monaten zusammen, Luise zieht demnächst bei ihm ein.“
„Komisch, ich habe zwar Henry des Öfteren im H1 gesehen, aber nie mit Luise.“ Sie sah nicht überzeugt aus.
„Sie haben ihre Beziehung erst kürzlich öffentlich gemacht. Kennst du Henry denn näher?“, fragte sie schließlich neugierig.
„Wir treffen uns öfter im H1. In der VIP-Lounge läuft man sich zwangsläufig über den Weg.“
Wieder äffte sie den affektierten Tonfall ihrer Schwester in Gedanken nach. „Und was machst du dann im Cascadas? Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, gibt es dort bisher keinen VIP-Bereich.“ Sie versuchte Kathis Tonfall zu imitieren. Ihrer Schwester fiel nicht einmal auf, dass Sophie sich über sie lustig machte.
„Das war nicht meine Idee, aber Tobias hat es vorgeschlagen und da konnte ich nichts Negatives äußern.“ Ihre Wangen färbten sich verräterisch, anscheinend war Kathi an ihm interessiert.
Sophie wiederum waren Kathis Liebschaften so was von egal.
Deshalb verschwand sie kurz darauf im Bad, um sich für ihren Besuch bei Luise herzurichten.
Heute hatte Liam seinen ersten Arbeitstag und war spät dran. Claudias Zimmertür öffnete sich und er verließ hastig die Wohnung, bevor er ihr begegnete. Sie ließ zu seinem Leidwesen nicht locker. Heute Abend arbeitete er hinter der Bar, da waren die Frauen nie abgeneigt, von dem attraktiven Barkeeper abgeschleppt zu werden. Allerdings wäre es nicht klug, einem kleinen Abenteuer nachzugehen. Am Ende nahm er Sophie mit nach Hause und Claudia erwähnte seinen lockeren Lebenswandel. Kein guter Plan. Vielleicht sollte er Sophie einladen. Allerdings widerstrebte auch das seinen Prinzipien. Sein Reich sollte privat bleiben, er wollte ihr keinen Zugang gestatten. Immerhin wusste er, dass ihre gemeinsame Zeit begrenzt wäre. Sobald er sein Ziel erreicht hätte, wäre sie überflüssig. Das durfte er niemals vergessen!
Als er sich dem imposanten Firmengebäude näherte, fühlte er leichte Nervosität, die nichts mit seiner offiziellen Aufgabe zu tun hatte. Denn er wusste alles über die Firma. Vordergründig würde er seiner Arbeit im Sicherheitsdienst nachgehen. Sein Job als Securitymitarbeiter verschaffte ihm Zugang. Und das war das Einzige, was zählte. Geld zu verdienen war nicht primär sein Ziel. Denn seine eigentliche Aufgabe bestand aus ganz anderen Dingen. Inwieweit er seine Pläne würde umsetzen können, war noch nicht absehbar, zuerst musste er die Sicherheitsvorkehrungen kennen und die Abläufe erlernen. Er musste sich in Geduld üben und sich die Zeit zugestehen, die er benötigte, auch wenn er lieber heute als morgen handeln würde.
„Du musst Liam sein“, wurde er von einem kräftigen Mann begrüßt. Der Securitychef war ungefähr Mitte vierzig und machte seinem Job alle Ehre. Furchteinflößend wäre noch harmlos formuliert, dachte Liam innerlich grinsend.
„Ich bin Gerhard. Ist doch okay für dich, wenn wir uns duzen, oder? Das tun wir hier alle.“
„Klar.“
Gerhard verpasste ihm einen schmerzhaften Händedruck. Liam konnte sich gerade noch davon abhalten, unauffällig die Hand auszuschütteln. Neben seinem Chef kam er sich geradezu schmächtig vor. Obwohl er alles andere als untrainiert war, konnte er es mit Gerhards stämmiger Statur nicht aufnehmen. Liam hatte sich auf diesen Job gut vorbereitet und schon vor Jahren mit dem Boxen begonnen und eine Kampfsportart ausgeübt. Schließlich verfolgte er sein Ziel nicht erst seit gestern. Die sportlichen Erfolge machten bei der Bewerbung seine fehlende Erfahrung wett.
„Komm mit. Ich zeige dir, wo du dich umziehen kannst und anschließend dein neues Aufgabenfeld.“
Liam folgte ihm und sah sich neugierig um. Er saugte alles in sich auf, ohne auffällige Blicke zu riskieren.
Nachdem er die Arbeitskleidung angezogen hatte, traf er erneut auf Gerhard, der ihm weitere Mitarbeiter vorstellte.
„Thomas und Bernd.“ Beides junge Kerle in seinem Alter, die auf den ersten Blick sympathisch wirkten. In seiner Vorstellung arbeiteten vor allem ungehobelte und ungebildete Proleten in diesem Job. Es war wohl an der Zeit, seine Vorurteile zu überdenken.
„Ich zeig dir jetzt das Gebäude und du bekommst die wichtigsten Infos, anschließend wirst du die ersten Tage Thomas begleiten. Er wird dich in alles einweisen.“
Während sie durch die einzelnen Komplexe gingen, erzählte Gerhard immer wieder einige Fakten zur Firma. Am heutigen Samstag war nicht allzu viel los, was die Einarbeitung leichter machte, als wenn geschäftige Betriebsamkeit herrschte.
„Hier geht es eigentlich recht locker zu. Es gibt echt selten Mitarbeiter, die uns doof anmachen. Ist angenehm hier zu arbeiten. Da es hier nicht nur Nachtschichten gibt, triffst du zwangsläufig auf Bürokräfte und auch Führungskräfte.“
Zwar spekulierte Liam auf die ungestörten Nachtschichten, aber ihm war klar, dass es einiger Zeit bedurfte, bis ihm diese Verantwortung übertragen wurde. Vorerst würde er sich erst einmal bewähren müssen. Und tagsüber könnte er sich unter den Mitarbeiterinnen umsehen, ob es eine geeignete Person gab, die ihm Infos zuspielen könnte. Immerhin wusste er um seinen unwiderstehlichen Charme, den er sich gnadenlos zunutze machte.
Gerhard wies mit dem Daumen in die oberste Etage. „Dort hat nur die Führungsriege Zutritt. Vom Security-Team sind nur ich und mein Stellvertreter befugt.“
Das waren zwar keine guten Nachrichten, kam aber dennoch nicht ganz unerwartet. Insgeheim hatte Liam schon damit gerechnet. Das hieß, er müsste zu gegebenem Zeitpunkt überlegen, wie er das System austricksen konnte. Er sah vor seinem geistigen Auge schon eine Idee aufblitzen und hoffte, sie wäre realisierbar. Zuvor würde er eben zusehen, wie er anderweitigen Schaden anrichten konnte.