Verliebt, Verlobt, Rache - Elena MacKenzie - E-Book

Verliebt, Verlobt, Rache E-Book

Elena MacKenzie

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Beschreibung

Melissa befindet sich auf einem Kreuzzug gegen die Männerwelt. Seit fünf Jahren betreibt sie eine Treue-Agentur in New Orleans. Dafür lässt sie undercover auch schon mal die Hüllen fallen und schlüpft in die Rolle einer Stripperin. Ihre wahre Mission ist aber nicht, in Dessous vor sabbernden Männern die Hüften zu schwingen, sondern potenzielle Fremdgänger zu entlarven. Auch sie wurde nämlich einst Opfer eines treulosen Verlobten, der an seinem Junggesellenabend nicht die Finger von einer Tänzerin lassen konnte. Jetzt sieht sie es als ihre Pflicht an, die Frauenwelt vor solchen Mistkerlen zu schützen. Leider hat sie nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ihr nächster Auftrag sie in die Arme ihres Ex-Verlobten führt.

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VERLIEBT, VERLOBT, RACHE

ELENA MACKENZIE

INHALT

Über dieses Buch

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Epilog

Beignets

Copyright: Elena MacKenzie

Coverdesign: Elena MacKenzie

Bildmaterial: Canvas

Kontakt: Elena MacKenzie

Dr.-Karl-Gelbke-Str. 16

08529 Plauen

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

ÜBER DIESES BUCH

Melissa befindet sich auf einem Kreuzzug gegen die Männerwelt. Seit fünf Jahren betreibt sie eine Treue-Agentur in New Orleans. Dafür lässt sie undercover auch schon mal die Hüllen fallen und schlüpft in die Rolle einer Stripperin. Ihre wahre Mission ist aber nicht, in Dessous vor sabbernden Männern die Hüften zu schwingen, sondern potenzielle Fremdgänger zu entlarven. Auch sie wurde nämlich einst Opfer eines treulosen Verlobten, der an seinem Junggesellenabend nicht die Finger von einer Tänzerin lassen konnte. Jetzt sieht sie es als ihre Pflicht an, die Frauenwelt vor solchen Mistkerlen zu schützen. Leider hat sie nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ihr nächster Auftrag sie in die Arme ihres Ex-Verlobten führt.

1

Melissa

»Treue GmbH, wir für Sie. Sie sprechen mit Melissa. Was kann ich für Sie tun?«, schnurre ich gut gelaunt in das Telefon. Gerade erst gestern habe ich wieder einmal erfolgreich einen zukünftigen Bräutigam überführt, der seine Finger nicht dort lassen konnte, wo sie hingehören. Ich zwinkere Parker zu, der mir gegenübersitzt und mich mit hochgezogenen Augenbrauen mustert, während ich dem Anrufer lausche, der mit heiserer Stimme wissen will, welche Dienste wir denn so anbieten.

»Guten Tag, Mr Walker. Wir bieten an, was auch immer nötig ist, um Ihren Partner oder Ihre Partnerin zu überführen. Haben Sie denn einen konkreten Verdacht?«, erwidere ich, greife nach meinem rosa Kuli mit den Sonnenblumen darauf und male ein paar Blüten auf meinen Kritzelblock.

Der liegt immer zur sofortigen Verfügung auf dem Schreibtisch. Denn, ich kann nicht erklären warum, aber jedes Mal, wenn ich hier sitze und telefoniere, verselbstständigen sich meine Finger und wollen kritzeln. Und damit ich nicht ständig wichtige Unterlagen verschönere, hat Parker mir diesen Kritzelblock besorgt. Manchmal benutzt Parker ihn auch, nur zeichnet er keine Kleeblätter, Blüten, Kätzchen oder Hasen. Er zeichnet Penisse. Eine Menge davon, weil er weiß, dass sie mich erschauern lassen, wenn ich sie entdecke. Und ich mich dann aufrege und mit ihm eine wilde Diskussion über Penisse beginne. Was ihn köstlich amüsiert, denn ich diskutiere nicht halb so gerne über Penisse wie er.

Der Mann auf der anderen Seite der Telefonleitung stößt ein tiefes Seufzen aus. »Eigentlich nicht. Es ist nur so ein Gefühl, das mich in den vergangenen Tagen nicht mehr loslässt. Mein Mann kommt in letzter Zeit immer wieder frisch geduscht von Arbeit nach Hause. Er glaubt, ich bemerke es nicht, weil er immer das gleiche Shampoo benutzt. Aber er riecht eindeutig frisch geduscht und er scheint den Anzug auf der Arbeit zu wechseln.«

Jetzt ziehe ich eine Augenbraue hoch und sehe Parker nickend an. »Nun, das kann natürlich allerhand Gründe haben. Es muss nicht bedeuten, dass Ihr Mann Sie betrügt. Wir haben Sommer, draußen ist es derzeit unerträglich heiß. Was nicht bedeutet, dass es nicht das ganze Jahr über ziemlich heiß in New Orleans ist, aber im Moment ist es doch sehr heiß«, werfe ich ein und klappe meinen Mund zu, als Parker mir gegenüber die Augen verdreht. Er hat leider recht, es passiert mir nicht selten, dass ich anfange zu plappern, keine meiner besten Eigenschaften, aber ein Zeichen für meine persönliche Unsicherheit. Diese versuche ich nämlich zu überspielen, indem ich ohne Punkt und Komma anfange zu reden. »Hat er denn früher schon oft auf der Arbeit geduscht?«

Es raschelt aus dem Telefonhörer. Sekundenlang sagt Mr Walker kein Wort. »Er ist Außendienstmitarbeiter, es gibt keine Dusche in seinem Büro.« Wieder seufzt Mr Walker. »Vielleicht bin ich einfach nur überempfindlich und es steckt nichts dahinter.« Mr Walker klingt wirklich sehr unsicher, weswegen ich das Gefühl habe, ihn beruhigen zu müssen.

»Mr Walker, viele unserer Klienten haben dieses Gefühl und irren sich. Oft ist es so, dass alles in Ordnung ist. Und zu wissen, dass es das ist, wird sich gut anfühlen. Das hebt die Last von Ihren Schultern, die sich da im Augenblick befindet. Manchmal gibt es aber auch einen Teil in uns, der die Dinge schon ahnt. Womit ich nicht sagen will, dass Ihr Mann Sie wirklich betrügt. Das möchte ich wirklich nicht. Vielleicht machen Sie sich ganz umsonst Sorgen und alles ist in bester Ordnung.« Parker räuspert sich, als ich schon wieder beginne, zu plappern. Ich verziehe das Gesicht und atme tief durch. »Ganz oft können wir unsere Kunden beruhigen«, sage ich zu Mr Walker und beende meinen Monolog damit hastig, weil ich das Gefühl habe, Mr Walker doch noch etwas Hoffnung machen zu müssen.

»Ich wüsste gern, wie genau Sie vorgehen. Also wird es dazu kommen, dass …« Er stockt, aber ich kenne die Frage, die er nicht aussprechen will. Die meisten Kunden wollen sie nicht aussprechen, weil die Vorstellung ihnen wehtut.

»Nein, kein Sex. So weit gehen wir nicht. Aber weit genug, dass Sie sicher sein können, dass Ihr Partner dazu in der Lage wäre, Sie zu betrügen. Aber bevor wir in diese Phase eintauchen, beginnen wir wie ganz normale Detektive. Wir beobachten, wir recherchieren. Und dann, wenn wir nichts finden, Sie aber trotzdem sichergehen wollen, ob Ihr Partner in jedem Fall treu ist, erst dann nähern wir uns ihm und testen seine Treue.«

Parker steht auf, geht an den kleinen Tresen, auf dem unsere Kaffeemaschine steht, und schenkt uns beiden eine Tasse ein. Er kommt damit zurück und stellt meine Tasse vor mich auf den Tisch: Hafermilch, kein Zucker. Genau so, wie ich meinen Kaffee mag.

Parker ist nicht nur Teilhaber dieser Firma, er ist auch mein bester Freund, seit wir beide uns vor fünf Jahren in volltrunkenem Zustand in einer Bar auf der Bourbon Street gegenseitig unser Leid geklagt haben. In dieser Nacht haben wir auch diese Firma gegründet. Mit dem Ziel, Rache an allen untreuen Männern zu nehmen. Genau wie ich, hat er nur wenige Tage vorher entdeckt, dass sein Verlobter ihn betrügt. Dieser Betrug hat mich dazu getrieben, meine Heimatstadt Jackson Hals über Kopf zu verlassen. Und ihn dazu, sich tagelang durch das gesamte French Quarter zu trinken.

»Also, wir können gerne einen Termin ausmachen, dann kommen Sie vorbei und wir besprechen alles in Ruhe. Sie lernen uns kennen und dann gehen Sie wieder nach Hause und überlegen sich alles ganz genau. Denn, das möchte ich Ihnen nicht verheimlichen, was wir tun birgt auch immer ein gewisses Risiko. Ihr Mann könnte noch treu sein und erst durch unsere Arbeit Untreue zeigen. Er könnte herausfinden, dass Sie uns engagiert haben, was im schlimmsten Fall eine Trennung zur Folge hätte. Oder Sie könnten herausfinden, dass Ihr Gefühl Sie nicht getäuscht hat«, füge ich leise und bedauernd an, denn ich kenne diesen Schockzustand sehr gut.

Wieder ein tiefes Seufzen. »Ich hätte gerne einen Termin.«

Ich schenke Parker ein Lächeln, denn ehrlich gesagt, neue Aufträge sind gerade rar gesät. Wir können wirklich jeden gebrauchen. Derzeit sind wir beide froh, dass dieses winzige Haus alles bietet, was wir benötigen, um hier auch wohnen zu können. In der Etage über dem Büro gibt es eine kleine Wohnung mit zwei Schlafzimmern und einem winzigen Bad. Ursprünglich waren das die Räume eines Steuerberaters. Zusätzlich zu diesem Büro, Miete für eine Wohnung zu zahlen, ist einfach nicht drin. Weswegen wir auch keine festen Angestellten haben. Die Leute, die für uns arbeiten, arbeiten sozusagen freiberuflich für uns.

Da wäre zum Beispiel Kate: Sie ist eine Stripperin. Von ihr habe ich gelernt, mich verführerisch um einen Stuhl herumzubewegen, während ich mich vor sabbernden Männern entblättere. Und Shiloh, genau wie ich, war sie in ihrem früheren Leben Polizistin, wurde wie ich im Dienst verletzt und ist dann ausgeschieden. Sie arbeitet als Detektivin hier in der Stadt und manchmal nimmt sie auch einen Auftrag von uns an. Und es gibt auch noch Liam, er arbeitet eigentlich als Model, wenn er nicht nebenbei auch als Callboy sein Geld verdient, oder eben bei uns.

Unser Büro befindet sich etwas abgelegen im French Qarter, also definitiv nicht dort, wo der Bär steppt, aber in der Toulouse Street. Wenn wir die typischen Fensterläden vor der Eingangstür öffnen, blicken wir direkt auf die Straße. Und die Passanten draußen blicken direkt in unser Büro und auf unseren Schreibtisch, weswegen Parker sehr viel Wert darauf legt, dass es hier drin immer aufgeräumt aussieht. Wenn wir ernst genommen werden wollen, dann sollten wir darauf achten, dass man uns auch ernst nehmen kann, sagt Parker immer. Ich bin leider eine kleine Chaotin und habe es nicht so mit der Ordnung, das muss ich zugeben. Hinten gibt es einen winzigen Garten, auf der Seite des Hauses parkt unser klappriges Auto. Die Straße dort ist nur über eine schmale Gasse zugängig, die gerade breit genug für unser Auto ist. Und eine wirkliche Straße ist es auch nicht, eher eine löchrige Piste.

Ich mache mit Mr Walker einen Termin aus und lege das alte Telefon auf, das wir nur benutzen, weil es sich schon im Büro befand, als wir es übernommen haben. So wie alles hier drin. Sogar die alte Filtermaschine, aus der unser Kaffee kommt.

Als ich nach New Orleans gekommen bin, hatte ich nichts bei mir, außer einem Koffer mit Kleidung, ein paar Papieren und der Kündigungsbestätigung der Anwaltskanzlei, für die ich bis dahin als Ermittlerin gearbeitet habe. Nachdem ich bei dem Versuch, eine Frau vor einem Raubüberfall zu schützen, angeschossen wurde, hat man mich bei der Polizei von Jackson außer Dienst gestellt. Ich habe einige Zeit an BTS gelitten und konnte Waffen in meiner Nähe nicht mehr ertragen. Sie haben mich in Schockstarre verfallen lassen. Deswegen habe ich kurz nach diesem Vorfall, als ich wieder zur Arbeit gekommen bin, meinen damaligen Partner verloren. Ich war einfach nicht dazu in der Lage, mich zu bewegen, als es darauf ankam.

Meine Karriere bei der Polizei hat nicht einmal 11 Monate gedauert, ich war gerade erst frisch von der Akademie gekommen. Eine Therapie, eine Beziehung, eine kurze Anstellung bei einer Anwaltskanzlei und ein paar Jahre später, und jetzt bin ich hier. Angst vor Waffen habe ich noch immer, außerdem hasse ich Krankenhäuser seit dieser Verletzung. Ich lag ganze vier Tage im Koma und wäre fast gestorben. Und das hat Spuren in mir hinterlassen. Die Angst vor Waffen habe ich einigermaßen in den Griff bekommen mithilfe meiner Therapeutin, die vor Krankenhäusern nicht. Wovor ich mich noch fürchte, ist das Verlassen werden.

Daran ist mein Vater schuld, der meine Mom, meine Schwester und mich verlassen hat, als ich erst 7 Jahre alt war. Zu sehen, wie er einfach geht und sich nie wieder meldet, hat ein Loch in meine Seele gerissen und meine Fähigkeit, anderen Menschen, insbesondere Männern, zu vertrauen nachhaltig beeinflusst. Mein Ex-Verlobter hat dieses Loch noch weiter aufgerissen. Jetzt ist es ein bodenloser Abgrund, der mich beziehungsunfähig gemacht hat.

Ah ja, ich bin 32 Jahre alt, habe erdbeerblondes Haar, das ich meist in einem liederlichen Dutt trage. Aber wenn ich das nicht tue, fällt es mir bis über die Schulterblätter. Ich trage eine Brille mit einem dunkelgrünen Rahmen, die, wie ich finde, gut zu meinen Augen passt und mein Gesicht nicht ganz so puppenhaft aussehen lässt. Parker ist da natürlich anderer Meinung, er ist davon überzeugt, dass ich wie Selena Gomez bin und mit 50 noch immer aussehen werde, als wäre ich 17. Aber die Falten in meinen Augenwinkeln sagen etwas anderes.

Außerdem bin ich 165 Zentimeter klein und habe Kurven wie eine Sanduhr. Parker wirkt dagegen wie ein Hüne mit seinen 1,98 und dem durchtrainierten Körper. Muskeln, die er, wie er selbst gerne betont, mit harter Arbeit im Fitnessstudio stählt. Dafür würde er auch noch seinen letzten Cent ausgeben, sein Körper ist sein Tempel und so.

»Also, erzähl mir von Mr Walker«, fordert Parker und strahlt mich aus seinen hellblauen Augen an.

Ich trinke von meinem Kaffee und lehne mich im Schreibtischstuhl zurück. »Sollten wir diesen Auftrag bekommen, und es würde nötig werden, in Phase 2 einzutreten, ist er wohl eher etwas für dich. Mr Walker hat einen Ehemann.«

Phase 2 bezeichnen wir die Phase unserer Ermittlungen, in der wir mit der Observation allein nicht mehr weiterkommen. Dann schicken wir einen von uns als Lockvogel an die Front, mit dem Auftrag, zu verführen. Schließlich wenden sich unsere Klienten an uns, um herauszufinden, ob ihre Partner treu sind. Ich schenke Parker ein breites Lächeln, weil ich weiß, dass er gerne viel öfter den Lockvogel spielen würde.

Parker reibt sich grinsend die Hände. »Na endlich, ich komme mir schon vor, als wäre ich nur hier, um deinen Dreck wegzuputzen.«

Ich werfe Parker ein unschuldiges Lächeln zu. »Nein, deswegen bist du nicht hier. Aber du bist gut darin.«

2

Melissa

»Das sind meine Chips«, kommentiere ich Parkers Versuch, die Tüte zu erobern, die auf meinem Schoß liegt. Wir sitzen in der Klapperkiste, die wir unser Auto nennen, und beobachten eines der herrschaftlichen Anwesen im Garden District. Das weiße Haus mit der umlaufenden Terrasse und den Säulen ist umgeben von mächtigen Magnolien, von deren Zweigen Louisianamoos hängt. In diesem riesigen Haus hat Dan Walker, der Ehemann unseres neuen Klienten, heute einen Termin. Dan arbeitet für eine kleine Versicherung, die auf wohlhabendes Klientel spezialisiert ist.

»Wie er mich angesehen hat. Du hast es auch bemerkt, oder?«, will Parker mit verträumtem Blick von mir wissen. Er starrt aus dem Seitenfester, ein Lächeln auf den Lippen, das mich beängstigend an das eines Serienmörders erinnert.

Mr Walker ist vor fünf Tagen bei uns im Büro gewesen, seitdem bekommt Parker diesen Gesichtsausdruck einfach nicht mehr los. Er lächelt vor sich hin, erzählt mir in einer Tour von den Signalen, die er von Hank empfangen hätte (die definitiv nicht da waren, da bin ich mir sicher) und macht Pläne für eine Zukunft, von der Mr Hank Walker noch keine Ahnung hat. Und von der er wohl auch nichts wissen will.

Ich kann Parkers Schwärmerei aber auch ein wenig verstehen, Hank Walker ist ein sehr attraktiver Mann. Er hat breite Schultern, ein kantiges Gesicht, eine geradezu aristokratische Nase und einen Hinten, der selbst mich träumen lässt.

Aber zurück zum Auftrag: Hank hat uns mit allen Informationen versorgt, die wir benötigen, um für ihn tätig zu werden. Darunter befindet sich auch der Terminplan seines Mannes, den er zu Hause von Dans PC abfotografiert hat, und die Adresse der Versicherung. (In der Rick in den letzten Tagen kein einziges Mal gewesen ist, was aber auch nichts zu bedeuten hat, immerhin ist er Außendienstmitarbeiter und muss vielleicht auch gar nicht regelmäßig ins Büro. Heute geht ja fast alles digital.)

Nun sitzen wir also hier vor dem Haus eines in New Orleans nicht ganz unbekannten Mannes. Thomas Henderson gehört ein großes Hotel auf der Canal Street, außerdem sitzt er im Stadtrat und ist bekannt dafür, Frauen zu Daten, die viel jünger sind als er. Aber wenn wir den Klatschspalten glauben dürfen, und die Vorbereitungen auf dem Anwesen sprechen dafür, dann wird Mr Henderson morgen heiraten. Schon gestern, als wir unseren Plan für heute geschmiedet haben, haben wir Lieferwagen, die Blumen bringen, Pavillons aufbauen und Laternen installieren, auf das Grundstück fahren und es wieder verlassen sehen.

Seit über einer Stunde stehen wir jetzt schon vor dem Anwesen und beobachten die Vorgänge auf dem Grundstück. Genauso lange ist Dan Walker schon in dem riesigen Haus verschwunden. Die extreme Hitze zerrt an meinen Kräften. Meine Nerven sind überstrapaziert und hinter meinen Schläfen pocht es stetig. Da der VW Golf sein Rentenalter schon vor vielen Jahren erreicht hat, besitzt das Auto nicht einmal eine Klimaanlage, was ihn bei 42 Grad im Schatten zur Sauna werden lässt. Ich wedle mir mit einem Fächer aus Papier Luft zu, aber eigentlich ist das nur verschwendete Kraft. Die Luft draußen und in diesem Auto ist so dick und heiß, dass sie vor meinen Augen wabert und flimmert. Ich bete zu allen Göttern dieser Welt, dass Shiloh nicht auffliegt und hoffentlich bald wieder dort rauskommt. Ich brauche eine Dusche und eine Klimaanlage. Und eine Cola, die nicht so warm ist wie …

»Ich hab dich was gefragt«, will Parker ungeduldig wissen.

»Entschuldige, ich war in Gedanken.«

»Ich wollte wissen, ob dir aufgefallen ist, wie Hank Walker mich angesehen hat«, hakt Parker genervt nach und verdreht die Augen, weil er sich wiederholen muss. Er möge mir verzeihen, aber ich zerfließe gerade wie Butter in der Sonne.

»Nein, ist mir nicht aufgefallen. Ich hatte eher den Eindruck, dass er zu sehr mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte, um dich ernsthaft zu bemerken. Oder deine peinliche Sabberei«, betone ich.

Parker ignoriert mich. »Ob es wohl sehr unprofessionell wäre, ihn um ein Date zu bitten«, grunzt Parker und wedelt sich auch Luft zu. Er nimmt die Büchse Cola aus dem Getränkehalter, die er vorhin geöffnet hat, und die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit jede Minute ihren Siedepunkt erreicht, und trinkt einen Schluck. Ich verziehe bei der Vorstellung, wie warm diese Cola inzwischen ist, angewidert das Gesicht.

»Ja, das wäre es. Zumal Mr Walker gestern den Eindruck gemacht hat, dass er seinen Mann sehr liebt und es ihn hart treffen würde, wenn wir herausfinden, dass sein Verdacht berechtigt ist.«

»Was weißt du schon über Männer und Beziehungen? Du machst um jeden Penis einen riesigen Bogen, wenn er öfter als zweimal in dich reinwill.«

»Danke. Und bäh, wie widerwärtig.« Aber leider hat mein Partner recht. Der einzige Mann, der es jemals geschafft hat, meine Schutzwälle einzureißen, war Deacon gewesen. Und das hat ihn sehr viel Geduld gekostet. Er hat nach unserem ersten Date einfach nicht mehr lockergelassen und mir immer wieder aufs Neue bewiesen, dass er auch noch ein zweites und drittes und viele weitere Dates wert war. Nur um all das, was er mühsam aufgebaut hat, nach zwei Jahren Beziehung einzureißen und mir so zu beweisen, dass mein Misstrauen in Männer doch berechtigt war.

Parker übergeht mich wieder. Aber das ist für mich nichts Ungewöhnliches, weil mein Partner nicht zum ersten Mal Dinge ausblendet, die er nicht hören möchte. »Dauern Versicherungstermine immer so lange?«

»Ich weiß nicht, ich bin kein Versicherungsvertreter und offen gestanden auch kein Fan«, antworte ich angesäuert.

»Findest du das nicht auch verdächtig? Ich finde es sehr verdächtig. Er hat das Büro der Versicherung seit Tagen nicht betreten. Wir werden Hank wohl sagen müssen, dass er recht hatte.« Parker wirft mir einen flüchtigen Seitenblick zu. »Das machst besser du. Ich will nicht riskieren, dass er schlecht von mir denkt.«

Ich seufze laut auf. »Vielleicht warten wir vorher erst einmal ab, was Shiloh herausfindet. Sie ist noch nicht zurück, also gehe ich davon aus, dass sie es reingeschafft hat. Die Blumenlieferantin für die morgige Hochzeit zu spielen, war eine gute Idee von mir. Ich werde die reichen Leute nie verstehen, wieso schließt man einen Tag vor einer Hochzeit noch schnell Versicherungen ab?«

»Ich wette, er ist nicht wegen einer Versicherung hier«, erwidert Parker. Er wiederholt seine Vermutung immer und immer wieder. Mein Partner ist fest davon überzeugt, dass einige Termine in Dans Planer nichts mit Versicherungen zu tun haben. Seit Hank in unser Büro getreten ist, hat Parker sich auf seinen Ehemann eingeschossen und ist fest von seiner Schuld überzeugt.

Normalerweise läuft das bei uns meistens anders. Ich neige dazu, sämtliche Männer vorschnell zu verurteilen, schuld daran sind meine eigenen Erfahrungen. Und ja, ich gebe es gerne zu, dass ich vorschnell urteile. Aber nachdem ich meinen Verlobten einen Tag vor der Hochzeit mit einer Stripperin erwischt habe und nun schon seit fünf Jahren Fremdgänger überführe, ist mein Vertrauen in die Liebe nachhaltig erschüttert.

»Shiloh kommt zurück«, wirft Parker ein, als das Tor zum Anwesen sich öffnet und der Kastenwagen, den wir gemietet und mit einem Blumenaufkleber versehen haben, das Grundstück verlässt. Shiloh biegt auf die Third Street ab und parkt den Wagen direkt hinter unserem. Sie springt aus dem Auto und steigt bei uns ein, stöhnt ächzend auf und starrt uns schockiert an. »Wie haltet ihr das hier drin aus?«

»Nur schwer«, erkläre ich trocken.

»Und?«, will Parker wissen und mustert Shiloh neugierig.

Shiloh beginnt zu grinsen und zupft an einer ihrer Braids herum, die ihr bis auf die Schultern reichen und ihr manchmal vor den Augen hängen. Sie greift nach der Büchse Cola, aus der Parker eben getrunken hat, und setzt sie an ihre Lippen, bevor ich sie davon abhalten kann. »Widerlich«, stößt sie aus und schüttelt sich.

»Du redest. Aber nicht über die Dinge, die ich hören will«, jammert Parker.

»Da drin herrscht das reinste Chaos. Der Hausherr wird morgen seine Kurzzeit-Verlobte heiraten. Aber er hat wohl mehr als nur eine Vorliebe.« Sie grinst noch breiter und reibt sich aufgeregt die Hände. »Also, ich habe die Blumen reingebracht und dann so was erzählt wie, es gäbe da noch etwas wegen der Arrangements zu klären und meine Chefin wolle das dringend sofort wissen, weil es sonst zu spät wäre. Erst wollten sie mich nicht zu ihm durchlassen, aber ich habe ein riesiges Theater abgezogen. Ihr wisst ja, ich kann ganz schön laut werden, wenn ich was will. Ich hätte wirklich Schauspielerin werden sollen.«

»Ja, wissen wir. Weiter«, drängt Parker ungeduldig. Shiloh wirft ihm einen warnenden Blick zu und räuspert sich. »Jedenfalls, nachdem ich ein paar Minuten rumgebrüllt habe, geht plötzlich hinter mir eine Tür auf und Mr Henderson kommt heraus. Noch damit beschäftigt, sich seine Krawatte zu binden … und seine Frisur, als wäre er in einen Orkan gekommen. So läuft doch jemand wie er nicht rum, nicht einmal im eigenen Zuhause. Hinter ihm Mr Walker, der sich gerade noch das Hemd zuknöpft.« Shiloh wedelt aufgeregt mit ihren Händen. »Ich dachte sofort, na das sieht ja merkwürdig aus. Also habe ich einen Schwächeanfall vorgetäuscht und nach der Küche gefragt. Ich bräuchte dringend ein Glas Wasser und müsste mich kurz setzen. Mr Henderson hat mich in die Küche begleiten lassen und ich habe es mir dort bequem gemacht. Ihr wisst ja, das Personal redet gerne.«

»Ja, ja«, murmelt Parker. »Und weiter?«

Shiloh wischt sich mit dem Handrücken über die Stirn. Auf ihre dunkle Haut sind Schweißperlen getreten, die mich daran erinnern, dass ich jetzt schon fast eine Stunde in diesem Auto sitze. Bei dieser Hitze ist es egal, ob alle Fenster offen sind oder nicht. Ich zerfließe langsam und würde dieses Auto gerne gegen den Deckenventilator im Büro eintauschen.

Shiloh grinst noch breiter. »Ich habe nach dem gut aussehenden jungen Mann gefragt, der gerade da ist. Ob er der Sohn wäre und habe ein paar dreckige Witze über seinen Hintern gerissen und so. Jedenfalls haben alle mit mir mit gelacht und eine der Küchenhilfen hat dann leise geflüstert, dass das nicht der Sohn wäre, sondern Mr Hendersons ganz spezieller Besuch. Er würde einmal die Woche kommen. Und eigentlich wäre er gerade erst gestern dagewesen, aber Mr Henderson habe ihn heute wieder kommen lassen. Der Koch hat vermutet, dass Mr Henderson ihn heute noch mal hat kommen lassen, weil es vielleicht der letzte Besuch des jungen Mannes sein könnte. Sozusagen ein Abschiedsgeschenk an sich selbst, bevor er dann morgen heiratet.«

»Das Personal ist aber gesprächig«, werfe ich verwundert ein.

Shiloh wischt sich wieder über die Stirn. »Und gestresst und unterbezahlt. Die Stimmung ist … explosiv. Alle sind nur noch genervt. Besonders, da gestern einer der Köche das Handtuch geworfen und unerwartet gekündigt hat. Mr Hendersons Verlobte hat in letzter Minute die Speisen geändert. Sie soll ziemlich herrschsüchtig sein.« Shiloh leckt sich begeistert über die Lippen. »Zurück zu Mr Walker. Mr Walker ist gar kein Versicherungsvertreter, er ist ein Callboy.«

»Ein Callboy?«, stößt Parker kreischend aus und stößt mit der Faust gegen meinen Oberarm. »Hab ich es nicht gesagt? Ich hab es gesagt. Hah!«

»Gute Arbeit. Jetzt müssen wir es nur noch beweisen«, erwähne ich. »Aber zuerst muss ich aus diesem Auto. Ich habe das Gefühl, ich verflüssige mich gleich.«

»Das übernehme dann jawohl ich. Ich werde herausfinden, wie man seinen Service buchen kann. Vielleicht ist ja die ganze Versicherungsagentur gar keine Versicherungsagentur«, überlegt Parker.

»Also die Webseite sieht doch sauber aus. Da geht es ausschließlich um Versicherungen«, werfe ich ein. »Ich werde den Registereintrag prüfen, sobald wir zurück im Büro sind. Shiloh, du bringst bitte das Auto wieder zurück. Wir treffen uns dann im Büro.«

»Und wie wir das werden, weil heute jemand Geburtstag hat.« Sie klopft Parker auf die Schulter. »Heute Abend wird es heiß, das verspreche ich dir.«

Parker winkt ab. »Ich habe Kate schon öfter als mir lieb ist, ihre Hüften schwingen sehen. Ich verzichte.«

Shiloh zieht einen Schmollmund. »Dabei sehe ich so gerne zu, wenn sie schwingt. Aber das meinte ich nicht. Ich bringe Gumbo mit und danach gehen wir uns ein paar Drinks genehmigen.  Drinks, heiße Jungs und Mädchen, Tanzen und Party.«

3

Melissa

Als ich das 29-stöckige Gebäude betrete, ahne ich noch nicht, dass dieser Auftrag anders als alle anderen wird. Ich schiebe den Henkel der Tasche mit meinen Utensilien zurück auf meine Schulter und gehe eilig auf den Portier zu. Ich reiche dem ernst dreinblickenden älteren Herren die Visitenkarte, die meine Auftraggeberin mir gegeben hat. Er wirft einen kurzen Blick darauf, dann schaut er in eine Liste.

---ENDE DER LESEPROBE---