Verträumt 2 - S.T. Kranz - E-Book

Verträumt 2 E-Book

S.T. Kranz

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Beschreibung

Die inzwischen erfolgreiche Sandy Hart wird in ihrer Branche als gefürchtet und biestig angesehen, aufgrund ihrer wechselhaften Stimmung, die auch ihre 5-jährige beeinträchtigte Tochter Evie zu spüren bekommt. Unbewusst nach Liebe suchend, verleugnet die 27-Jährige ihr einziges Kind, um sich nicht mit dem gesundheitlichen Zustand von Evie beschäftigen zu müssen. In vertrauten Träumen befasst sich Sandy ebenfalls nur mit ihren Interessen, ohne dabei Hinweise verstehen zu wollen, die ihr wahres Leben erleichtern. Doch jemand anderes hat bereits verstanden, dass Liebe keine Zeit kennt...

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S.T. Kranz

Verträumt 2

Sandy´s Geschichte

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

1

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5

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Impressum neobooks

Prolog

Während sich im ersten Teil von „Verträumt“ die Geschichte mit einem Alkoholproblem der Protagonistin Cathy Hart befasst und diese mit dem Ende des Buches fertig erzählt wird, suchte ich im Anschluss nach einem neuen, dehnbaren Thema. Denn für mich war klar, dass ich einen weiteren Teil von Verträumt verfassen möchte – zu stark gefiel mir die Idee und die Struktur, sowie das Switchen von Traumwelt und Realität. Aber es musste etwas Neues her.

Cathys Suche nach ihrer Liebe wurde mit dem 16. Kapitel meines ersten Buches beendet. Aber ihre Seele musste im nächsten Teil wiederzufinden sein. Also warum nicht ein Thema mit einer Person beginnen, die ihr nahe stand? Wie zum Beispiel ihre Tochter Sandy – nur eben viele Jahre später.

Nun, jetzt blieb immer noch die Frage, mit welchen Steinen ich das Leben der neuen Protagonistin bewerfe. Wieder musste es etwas sein, was nicht alltäglich ist – was nicht laut auf der Straße hinausposaunt wird. Woraufhin ich mir selbst die Gedanken machte, wovor ich in diesem Leben, das ich gerade genieße, am meisten Angst habe? Welche Gedanken plagen mich, wenn ich nicht gerade an mein Buch denke? Welche Angst schleicht sich in meinen Kopf, bevor ich einschlafe? Und dann kam mir die Sorge – die ich privat hege – die wohl alle Eltern auf Erden befürchten. Wird mein Kind, das gerade im Bauch der Liebenden heranwächst, gesund zur Welt kommen? Und wenn nicht, wie kann ich damit umgehen? Inwieweit würde sich das Leben ändern? Könnte ich damit überhaupt umgehen? Welche Krankheit könnte es umfassen – wie beeinträchtigt wird mein Ungeborenes sein? Alles Gedanken, die einem nicht gerade ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Und somit stand mein neues Thema für dieses Buch fest. Der Umgang mit einem beeinträchtigten Kind. Muss etwas perfekt sein, um es lieben zu können? Natürlich stehen wir hier am Anfang eines Buches, wo sich nicht nach dreimal blättern der Klappentext auf der Rückseite des Buches erweist. Wir stehen hier am Anfang einer Geschichte, die mit viel Leid, Ängsten und Liebe bestückt ist. Es war eine Herausforderung für mich dieses Buch mit neuen – heiklen – und durchaus boshaften Zügen zu verwirklichen, zu durchforsten und diese Zeilen mitzuerleben. Ich will mit Vorsicht behaupten, wer Cathy Hart im ersten Teil keinen Hauch Sympathie – kein kleines bisschen Verständnis – entgegen bringen konnte, darf sich die Tochter Sandy, als Protagonistin im zweiten Buch, nicht zu Herzen nehmen. Dabei will ich die Leser gutheißen, die nicht beim ersten Konflikt im Buch am liebsten die Seiten herausreißen würden. Denn niemand wird böse geboren und niemand reagiert in meinen Geschichten mit Absicht nachlässig. Weiß man die Handlung zu schätzen und zu verstehen, so erkennt man die Liebe, die sich hinter den Sätzen herauskristallisiert. Denn auch im realen Leben erstrahlt nicht alles kunterbunt.

1

Verwundert

Gerd Fitsch, dieser Name ist groß in den Grabstein gemeißelt worden, vor dem die mittlerweile 27-jährige Sandy Hart steht. In Gedanken vertieft und in einer Eiseskälte dieser Winterzeit, legt sie aufrichtig eine rote Rose auf den Boden.

»Ach Opilie«, schnauft Sandy die Wörter aus der Seele mit einem schwachen Atemzug.

Dabei verliert sie eine Träne nach der anderen, während im Hintergrund der Laut zweier Glöckchen zu hören ist. Diese sind jeweils an den Schuhen einer alten Frau angebracht, die mit gefärbten pechschwarzen Haaren achtsam neben Sandy stehenbleibt. Auch sie bestückt das Grab von Gerd mit einer roten Rose, an der sich ein Zettel mit dem Namen des Blumengeschäftes befindet.

»Ich habe Sie noch nie gesehen, darf ich fragen, wer Sie sind?«, vergewissert sich Sandy mit der Sicht zum Grabstein.

»Wir haben uns bereits öfters gesehen, nur haben Sie nie hingeschaut.«

»Und wer sind Sie?«, will Sandy mit arroganter Stimmlage wissen, während sie der Frau noch immer keines Blickes würdigt.

Bis die Dame plötzlich Sandys Kinn zwischen die Finger nimmt und verlangt, ihr in die Augen zu sehen.

»Nichts ist respektloser, als einem den Zutritt zur Seele zu verweigern.«

Leicht am Herzen angetastet, schaut Sandy daraufhin in die Augen der Frau, die ihre blau angelaufenen Hände wieder zurück in die Jackentaschen packt.

»Ich sehe so viel Schmerz, so viel Kummer, Leid aber auch Hass. Ja, ich sehe Hass in Ihren Augen.«

Verfallen in dieser tiefgründigen Stimme der Älteren, ist nun in beiden Gesichtern die Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen zu sehen.

»Wieso?«, stößt Sandy weinend heraus beim Anblick der Gegenüberstehenden.

»Wieso weinen Sie?«

»Mich nennen alle Glöckchen«, ignoriert sie tränenreich die Frage zuvor, wischt Sandys Tränen vom Gesicht und verlässt kurzerhand den Friedhof.

Im Anschluss schaut Sandy Glöckchen nur noch betrübt hinterher. Selbst einige Stunden später steht sie noch immer neben sich.

Mit einer Sonnenbrille versehen steigt sie am Abend vor einer großen Lagerhalle aus ihrem Wagen aus. Ein Rundumblick auf dem Gelände ermöglicht einem die Sicht über die gesamte Stadt. So hoch oben befindet sich der Parkplatz, auf dem Sandy von zwei Wächter freundlich und mit angemessenem Abstand begrüßt wird.

Ohne jeglichen Kommentar jedoch, wagt sie den Schritt ins Warme, wo ein großer Partyraum als ziemlich schön dekoriert und außerordentlich voll erscheint.

Darunter entpuppt sich noch ein wenig Weihnachtsschmuck, begleitet von sehr vielen Menschen, die an Stehtischen Snacks verspeisen und ihre kostenlosen Getränke zum Durstlöschen auskosten. Auch eine Liveband ist auf einer Bühne zu erkennen, um die Stimmung etwas aufzulockern.

Eilig stolziert Sandy in diesem ganzen Getümmel an der Wand entlang, um an einen Tisch in erster Reihe zu gelangen. Dabei trägt sie ein Kleid, das im Licht zauberhaft flimmert. Am Tisch angekommen, wird sie bereits freundlich erwartet.

»Die Rede hast du bereits verpasst«, erklärt ein etwas dickere Mann, der sich seinen Bauch beim Lachen festhält, während Küsschen rechts und links verpasst werden.

»Ach, ist ja eh jedes Jahr das gleiche Gerede«, antwortet Sandy selbstbewusst und greift sich ein Glas Orangensaft.

»Meine Abteilung habe ich noch gar nicht entdeckt.«

»Die werden sich vor dir versteckt haben und das wie ich sehe, wohl ziemlich gut«, gibt ein weiterer Kollege im förmlichen Anzug neunmalklug preis.

»Als wäre ich so schlimm.«

»In deinem Bezirk wirst du die Hexe genannt.«

»Meine Qualitäten als Chefin habe ich sehr gut präsentiert bis dahin und meine Mitarbeiter haben auch noch keinen Ton mir gegenüber verlauten lassen, dass ich mit einer Warze auf der Nase herumlaufe«, rechtfertigt sich Sandy erhobenen Hauptes, worauf ihr Blick auf einen Mann fällt, der in ihrem Alter scheint. Sofort von der Neugier getragen, schauen die Kollegen ihren Blicken hinterher.

»Meine Stellvertretung, ich werde mich entschuldigen dürfen.«

»Nur zu«, erlöst der kräftige Mann Sandy von dieser Runde, die sich daraufhin beeilt, Herrn Raven einige Tische weiter zu begrüßen.

»Seid ihr denn wirklich alle untergetaucht?«, fragt Sandy, während der hübsche Mann lachend den Kopf schüttelt.

»Sie haben einfach über ihre Kollegenschaft hinweggesehen, Frau Hart.«

»Na so ein Blödsinn«, meint Sandy überaus nervös und hängt sich im Anschluss in seinen Arm ein, um gezeigt zu bekommen, wo ihr Team denn ihren Platz hat. Dem Finger in Richtung Wand folgend, entdeckt sie ihr fünfköpfiges Team am Tisch stehend. Allesamt winken sie Sandy mit den Händen nach oben zu. Und auch sie grüßt diesmal lächelnd zurück, bevor sie in die großen Augen von Raven schaut.

Die darauffolgende Abfälligkeit ihrer Mitarbeiter ihr gegenüber bekommt sie von da an nicht mehr mit.

»Zum Glück kommt die nicht rüber«, spricht einer der Mitarbeiter lachend, nachdem ein anderer meint, dass sie sich prima unter dem Tisch versteckt hätten. Wieder dem Kreise von Sandy zugewandt, ist zu hören, wie sie über diese alte Frau vom Friedhof redet.

»Es wäre respektlos jemandem den Blick in die Seele zu verweigern, meinte sie.«

»Na dann los, Frau Hart, die anderen Seelen machen es uns bereits vor. Lassen Sie uns tanzen.«

»Ob ich das noch kann?«, fragt sie sich, während sie schon an der Hand zur Bühne geführt wird. Bei dem einen oder anderen Mitarbeiter lässt sich hierbei die Freude erkennen, den Anblick Sandys nicht mehr ertragen zu müssen.

»Dann schwingen wir mal unser Tanzbein.«

Sandy begrüßt diese Tanzeinlage voller Freude und fühlt sich frei in der Umgebung Ravens.

Dabei hält sie den Augenkontakt zu ihm aufrecht, der sie so tatkräftig unterstützt den Alltag zu vergessen. Eine kleine Gesangseinlage hier, eine kleine Drehung dort und schon scheint das Pärchen im Mittelpunkt der Abendsonne zu sein. Nun traut sich auch das Team von Sandy auf die Tanzfläche, um die Sau herauszulassen.

»Nun los, schwingen Sie Ihre Hüften«, meint Sandy keinen Meter weiter zu einem älteren Angestellten. Denn er versucht mit einem kleinen Lächeln seine Hüften steif hin und her zu bewegen.

Völlig gedankenlos und besessen von der Atmosphäre der imaginären Freundschaftsfeier, weist Sandy geradewegs Raven liebevoll ab.

Sie möchte ihrem untergeordneten Personal zeigen, wie auf solch einer Weihnachtsfeier richtig auf den Putz gehauen wird. Verwundert von dieser herzlichen Geste ihrer Chefin, trauen die anderen ihren Augen nicht.

Verwundert, wie liebevoll Sandy wohl sein kann. Da sie in diesem Moment ein Bild von sich zeigt, von dem ihre Mitarbeiter nicht mal geträumt hätten.

»So wird das Tanzbein geschwungen.«

»So kennt man Sie ja absolut nicht, Frau Hart«, kämpft eine junge Mitarbeiterin gegen die Lautstärke an, während die Tanzfläche immer mehr in Angriff genommen wird.

»Hören Sie, ich bin auch nur eine verzweifelte Träumerin zwischen all den Regeln und Vorschriften, die die Realität zu bieten hat. Doch manchmal muss man sich fallen lassen.«

Nachdem die Liveband auch noch ein One-Hit-Wonder spielt, werden nun alle zum lautstarken Singen animiert. Diese Melodie und Strophe lassen sich sogar noch Stunden später am Waldrand eines Einfamilienhauses lauschen, das umgeben ist mit Solarsternen.

Denn Sandy befindet sich hier mittlerweile zusammen mit Raven auf der Treppe ihrer Veranda, wo sie lebensfroh dieses Lied trällert. Und um dem Hit eine männliche Note zu verleihen, gibt Raven seine etwas dünne Stimme dazu. Den Kopf auf die Schultern ihrer Stellvertretung gelegt, genießt sie den letzten gesungenen Satz in vollen Zügen.

»Fühlen Sie sich nicht alleine hier oben, so weit weg von der Stadt?«, fragt Raven nach und streichelt liebevoll ihren Oberschenkel. Grinsend schmust sie sich an seinen Oberarm heran und antwortet mit geschlossenen Augen.

»Ich war mein ganzes Leben so gut wie alleine, ich liebe es mittlerweile. Ich liebe diese Stille, den Waldduft im Frühling, sowie den Schnee im Winter und die Sonne im Sommer, die durch die dichten Baumkronen blinzelt. Genauso mag ich die Blätter, die im Herbst auf den Boden fallen. Es ist einfach traumhaft.«

»Man könnte meinen, Sie würden sich von der Außenwelt abkapseln.«

»Vielleicht … wollen Sie eventuell noch auf einen Kaffee mit hereinkommen?«

»Oh«, meint Raven freundlich und steht von der Treppenstufe auf.

»Ich weiß nicht so recht … Sie sind immerhin meine Chefin.«

»Stellen Sie sich nicht so prüde an«, verlangt Sandy lächelnd, sich ebenfalls erhebend und läuft zur Haustür.

»Kommen Sie Herr Raven, wegen eines Kaffees werden wir unser Arbeitsverhältnis wohl nicht gleich zerstören«, befiehlt sie mit einem Augenzwinkern und öffnet die Tür.

»Na gut, Sie haben mich überredet.«

Nachdem sie das gemütliche große Wohnzimmer betreten haben, eilt Sandy sofort zum Kamin.

»Wunderschön«, kommentiert Raven die Sicht, wonach er die Tür hinter sich schließt und eine herzliche Wärme im Gesicht zu spüren bekommt.

Von einer Couchlandschaft angezogen fläzt er sich direkt entspannt hin.

»Kaffee hatten wir gesagt, nicht war?«, fragt Sandy nochmals nach, bevor sie in ihrer Küche nebenan, die durch eine Glaswand getrennt ist, Tee zubereitet.

»Wohnen Sie in diesem Haus ganz alleine?«, fragt Raven nach, während er inzwischen interessiert durch das Wohnzimmer läuft, mit der Absicht Bilder zu finden, die einem mehr von ihrem Charakter verraten können.

»Nett, nicht wahr?«, meint Sandy angelehnt an einen Küchenbogen, während sie wartet, bis das Wasser heiß genug ist.

»Keine Bilder?«

»Ich mag keine Bilder – alles Erinnerungen, die man vergessen möchte«, antwortet sie, bevor sie sich wieder der Zubereitung des Tees widmet.

»Ja, aber eventuell Bilder von gestern?«

»Das einzig Gute an gestern ist, dass es ein Heute gibt und ich diesen schönen Moment mit dir teilen kann.«

»Mit dir?«, fragt Raven schmunzelnd mit dem Blick zu Sandy nach, die zwei Tassen in der Hand hält und diese auf den Tisch stellt.

»Gerade in diesem Moment ist eine Sternschnuppe über mein Haus geflogen«, beginnt Sandy zu sprechen und setzt sich auf die Couch, auf der Raven ebenfalls wieder Platz genommen hat.

»Und da habe ich mir gedacht, mein Wunsch könnte ja in Erfüllung gehen.«

»Tee?«, fragt er sich plötzlich überrascht, nachdem er in seine Tasse geschaut hat, ohne noch eine Äußerung über Sandys Sternenwunsch zu tätigen.

»Kaffee, du wolltest Kaffee. Wo sind nur meine Gedanken?«

»Ach macht nichts, ich trinke auch Tee. Sie haben heute eine Menge Spaß verbreitet, wissen Sie das?«

»Fandest du?«

»Ja, sicher. Ich habe auch eine Menge Respekt vor dem, was Sie geleistet haben in so kurzer Zeit. Es so weit nach oben zu schaffen, hochachtungsvoll«, fügt Raven warmherzig hinzu und genießt sichtlich die Wärme von Sandy an seinem Körper.

Doch das wird auf einmal wieder schnell beendet, da sie sich von ihm abwendet und zur Tür eilt.

Verdutzt von dieser Handlung und diesem bösartigen Blick fragt Raven vorsichtig nach, ob er etwas falsch gemacht hat.

»Oh Herr Raven, denken Sie nicht, ich wäre auf den Kopf gefallen.«

»Schmeißen Sie mich raus?«

»Nach was sieht es denn wohl aus?«

»Wenn es den Eindruck gemacht hat, ich würde mit Ihnen diesen Abend genießen, nur um die Karriereleiter zu besteigen …«

»Hat es«, unterbricht Sandy überzeugt, während ihr vom eiskalten Wind, die Haare hin und her geweht werden.

»Und jetzt verschwinden Sie, Herr Raven!«

Enttäuscht und mit gesenktem Rücken ohne weiteren Kommentar, eilt er an ihr vorbei. Zu hören ist nur noch der Knall der Haustür, die hinter ihm zugeschmissen wird. Am ganzen Körper zitternd holt Sandy tief Luft und läuft ruckartig auf die Tasse mit dem Tee zu. Wutentbrannt nimmt sie diese in die Hand und schmeißt sie gegen die Haustür.

»Deinen scheiß Kaffee hast du auch nicht ausgetrunken! Scheißkerl!«

Die Tasse zerspringt beim Aufprall gegen die Holztür in tausend Scherben, so wie die Wut in Sandys Bauch, die sie mit einem lauten Schrei versucht zu lösen. Mit Schimpfwörtern nun um sich werfend, lässt sie sich auf ihr Sofa fallen, schreit all ihre Gedanken heraus und hofft auf Stille in ihrem Kopf.

2

 Verfangen

Im Selbstmitleid verloren, zur gleichen Mondstunde, in einer altbekannten Straße.

Noah, der Vater von Sandy, parkt mit seinem Auto vor einem Haus und schaut durch ein geschlossenes Tor. Mit Tränen in den Augen schnauft er wohl längst vergangenen Tagen hinterher. Noch dazu, wirkt das Haus so schön, wie wohl noch nie zuvor, vom Mondschein beleuchtet. Im oberen Stockwerk des damaligen Kinderzimmers von Sandys Bruder Luca, flackert Licht, während alles andere in absoluter Stille versinkt.

›Der sechste Januar‹ hört Noah beim Radio anmachen den Moderator durch die Lautsprecher quasseln, womit er eigentlich musikalisch unterhalten werden wollte. ›Und immer noch kein Schnee in Sicht. Was wird nur aus dieser Welt?‹

Genervt schaltet Noah den Sender um und bemerkt gleichzeitig, dass sein Handy vibriert. Versehen mit drei, vier Falten mehr im Gesicht, schaut er auf seinen Handybildschirm, auf dem immer wieder der Name Median aufleuchtet. Er nimmt den Anruf lächelnd entgegen und richtet seinen Blick wieder auf das Haus.

»Hi Median, was gibt es?«

»Wo bist du denn schon wieder, alter Mann?«

»Eine neue Familie ist eingezogen.«

»Noah, hör auf, das Haus zu beschatten. Irgendwann denken sie noch, du wärst ein Einbrecher.«

»Ich wollte nur wissen, wie lange es leer stehen wird.«

»Gut, alter Mann, beruhige dich. Mach den Motor an und fahr Heim«, besänftigt Median sein gebrochenes Herz mit einem Klang in der Stimme, die zum Wohlfühlen einlädt.

»Mein Zuhause war schon immer da, Median. Nichts wird mein Heim ersetzen können. Ich bin ja so froh, dass ich vorübergehend bei dir hausen kann.«

»Noah, das ist kein Problem, aber suche endlich nach einer anderen Bleibe und halte dich nicht an dem alten Haus fest. Du hast den Kampf bis zuletzt gekämpft und leider verloren. Ich fahre jetzt noch die kleine Evie zu Sandy. Wenn ich dann später nach Hause komme, möchte ich dich dort sehen. Ist das okay?«

»Ich werde mich bewerben.«

Diese Vorstellung allein, zaubert Noah ein Lächeln ins Gesicht.

»Als Butler, Gärtner oder Hausmädchen für alles. Irgendwas wird doch die neue Familie gebrauchen können.«