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Beschreibung

Verzicht ist nicht gleich Verzicht. Es macht einen Unterschied, ob Energieknappheit, Inflation oder Corona-Maßnahmen Reduktionen erzwingen oder ob Menschen freiwillig ihre Bedürfnisse einschränken, um einen gemäßigten Lebensstil einzuüben, der als hohes Gut gilt und Glück verspricht. Worauf und aus welchen Gründen verzichtet wird und in welcher Weise angesichts der gegenwärtigen politischen und sozioökonomischen Herausforderungen sinnvoll von Verzicht gesprochen werden kann, zeigt Heft 3/23 in gewohnt interdisziplinärer Weise.

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Inhalt

Vom Warum und vom Wie: Verzicht und Enthaltsamkeit im Frühchristentum

1. Diskurse und Praktiken des Verzichts: eine neutestamentliche Bestandsaufnahme

1.1. Sexuelle Entsagung

1.2. Materielle Entsagung

1.3. Verzicht auf Nahrung

2. Der Verzicht am Anfang: eine Bilanz

Askese und Enthaltsamkeit

1. Formen der Askese und des Verzichts in der christlichen Spätantike

2. Begründungsmuster der Askese und des Verzichts in der christlichen Spätantike

3. Schluss und Weiterführung

Wie Verzicht glücklich machen kann

1. Zum Begriff des Verzichts

2. Äußere Anstöße zum Verzicht

3. Verzichtfähigkeit und Wohlergehen im Lebensverlauf

4. Verzicht und Glück

Weniger ist mehr ungerecht

1. Ökologische Ungleichheiten

2. Erzwungener Verzicht

3. Ungerechtfertigter Verzicht

4. Der soziale Ausgleich im Verzichten

Abschied von der „imperialen Lebensweise“

1. Wer erzeugt den ökologischen Fußabdruck?

1.1. Der nationale Befund: Beispiel Deutschland

1.2. Die globale Perspektive

2. Was erzeugt den übermäßigen Fußabdruck?

2.1. Protest der Armen gegen den Verzicht der Reichen

2.2. Die „imperiale Lebensweise“

3. Normative Quellen einer Verzichtsmoral: Das Beispiel der jüngeren christlichen Tradition

3.1. Sustainability und Décroissance

3.2. Asketische Orientierung als ‚Elitenprojekt‘

Digital Detoxing als Maßnahme gegen digitalen Stress: Auf die Verwendung digitaler Technologien temporär verzichten

1. Einleitung

2. Beispielhafte Auslöser von digitalem Stress

2.1. Elektronische Leistungsüberwachung

2.2. IT-basierte Unterbrechungen

2.3. Unzuverlässigkeit digitaler Technologien

2.4. Videokonferenzmüdigkeit

3. Digital Detoxing zur Reduktion von digitalem Stress

3.1. Definition von Digital Detoxing und Einordnung im Umgang mit digitalem Stress

3.2 Einblicke in die Digital-Detoxing-Forschung

4. Reflexion und Fazit

Die vielen Gesichter der Religion in der Weltgesellschaft

1. Einleitung

2. Globalisierung

3. Weltgesellschaft

4. Kulturelle Spaltung und Exklusion in der Weltgesellschaft

5. Globale Säkularisierungsprozesse

6. Wiederkehr der Religionen

7. Umrisse eines globalen Systems der Religionen

8. Homogenisierung und Pluralisierung

Das aktuelle theologische Buch

Besprechungen

AKTUELLE FRAGEN

ANTHROPOLOGIE

BIBELWISSENSCHAFT

ETHIK

KIRCHENGESCHICHTE

KUNSTWISSENSCHAFT

LITURGIEWISSENSCHAFT

PHILOSOPHIE

RELIGIONSPHILOSOPHIE

SPIRITUALITÄT

THEOLOGIE

THEOLOGIE INTERKULTURELL

THEOLOGISCHE ETHIK

ZEITGESCHICHTE

Ausgewählte Neuerscheinungen

Liebe Leserin, lieber Leser!

Ein Ethos des Verzichts ist in vielen Religionen eine wichtige Komponente der spirituellen Praxis sowie der tugend- und sozial-ethischen Orientierung. Im Buddhismus ist das Konzept des Verzichts als „Nicht-Anhaftung“ bekannt. Es bedeutet, dass man sich von weltlichen Dingen und Wünschen trennen sollte, um Leid zu vermeiden. Der Verzicht auf sinnliche Freuden und das Streben nach materiellen Gütern sind wichtige Aspekte der buddhistischen Ethik des Verzichts. Im Hinduismus wird der Verzicht als „Sannyasa“ bezeichnet und ist ein spiritueller Zustand, der durch den Verzicht auf weltliche Bindungen erreicht wird. Die Ethik des Verzichts im Hinduismus betont die Wichtigkeit der Entsagung von weltlichen Wünschen und die Hingabe an Gott. Im Islam begegnet Verzicht als „Saum“ und ist ein wichtiger Bestandteil des gebotenen Fastens während des heiligen Monats Ramadan. Der Verzicht auf Essen, Trinken und andere weltliche Dinge während des Tages dient dazu, die spirituelle Praxis zu stärken und die Selbstdisziplin zu fördern. Im Judentum kann der Verzicht unter anderem dazu dienen, das spirituelle Leben zu reinigen und sich von weltlichen Verpflichtungen zu lösen. Im Christentum wird der Verzicht beispielsweise durch das Konzept der „Enthaltsamkeit“ dargestellt oder auch durch verschiedene Varianten eines Armutsideals.

Den historischen Wurzeln der spirituellen Bedeutung des Verzichts in der christlichen Tradition gehen in diesem Heft zwei Beiträge nach: Simon Butticaz, Professor für Neues Testament und frühchristliche Traditionen an der Theologischen und Religionswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne, untersucht die Gründe für und die Bedeutung von Verzicht und Enthaltsamkeit im Frühchristentum. Christian Hornung, Professor für Alte Kirchengeschichte und Patrologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn, erörtert die Vielfalt der Formen der Askese in der Alten Kirche.

Durch aktuelle Herausforderungen hat die Frage des Verzichts neue Brisanz gewonnen. In den Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie mussten wir auf viele Kontakte mit anderen Menschen verzichten, zum Teil auch unsere Gewohnheiten stark umstellen; mit der Inflation, die sich mit dem Beginn des Kriegs der Russischen Föderation gegen die Ukraine noch verstärkt hat, ist für viele Menschen ein erzwungener Verzicht auf Konsum verbunden; mit dem Klimawandel scheint ein Verzicht regelrecht geboten, etwa der Verzicht auf besonders klimaschädigende Verhaltensweisen wie Fleischkonsum oder Flugreisen. Die großen Krisen der Gegenwart sind mit freiwilligem, gebotenem oder erzwungenem Verzicht verbunden. Die Ambiguität dieses Verzichts – in den Spannungsfeldern zwischen Zwang und Freiwilligkeit, zwischen befreiender Wirkung und Beschränkung in der Lebensführung, zwischen negativen und positiven Effekten des Verzichts – untersuchen drei Beiträge dieses Heftes. Michael Rosenberger, Professor für Moraltheologie an der Katholischen Privat-Universität Linz, entwickelt Überlegungen zu einer Ethik der Genügsamkeit zwischen Individuum, Gesellschaft und Politik: Wie Verzicht glücklich machen kann. Matthias Möhring-Hesse, Professor für Theologische Ethik/Sozialethik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Tübingen, erörtert die problematischen sozialen Implikationen des erzwungenen Verzichts auf Umweltverbrauch: Weniger ist mehr ungerecht. Und Torsten Meireis, evangelischer Theologe und Professor für Systematische Theologie mit Schwerpunkt Ethik und Hermeneutik an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Direktor des Berlin Institute for Public Theology, plädiert für die Abkehr von der „imperialen Lebensweise“ und einen tugendethischen und politischen Wandel: Warum die Eliten das Vergnügen des Verzichts entdecken müssen.

Wie auf einem ganz anderen Feld, das eine prägende Rolle für unseren Alltag einnimmt, Verzicht mit Gewinn verbunden sein kann, schildern Fabian J. Stangl, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Digital Business Institut der Fakultät für Wirtschaft und Management an der Fachhochschule Oberösterreich in Steyr, und René Riedl, Professor für Digital Business und Innovation an der Fachhochschule Oberösterreich in Steyr und assoziierter Universitätsprofessor für Wirtschaftsinformatik an der Johannes Kepler Universität Linz. Den temporären Verzicht auf die Verwendung digitaler Technologien – das „Digital Detoxing“ – schlagen sie als Maßnahme gegen digitalen Stress vor.

Neben den thematischen Beiträgen bietet dieses Heft einen religionssoziologischen Blick auf „die vielen Gesichter der Religion in der Weltgesellschaft“, in dem der ambivalente Einfluss der Globalisierung auf das religiöse Feld erörtert wird. Der Aufsatz geht auf einen Vortrag zurück, den Karl Gabriel, Münsteraner Religionssoziologie und Sozialethiker, im Herbst 2022 anlässlich der „Maximilian Aichern-Vorlesung“ an der Katholischen Privat-Universität Linz gehalten hat.

Eine wichtige personelle Veränderung ist in unserer Redaktion zu vermelden: Franz Hubmann, emeritierter Professor der alttestamentlichen Bibelwissenschaft, hat über viele Jahre hinweg die Hefte unserer Zeitschrift geprägt. Nun verlässt er die Redaktion. Nicht nur die bibelwissenschaftliche Expertise, auch seine Umsicht für anstehende Themen in Theologie und kirchlicher Praxis sowie nicht zuletzt seine Verbundenheit mit dem Judentum waren wertvoll für unsere gemeinsame Arbeit. Aufrichtigen Dank! Mit Dominik Stockinger, Universitätsassistent am Institut für Bibelwissenschaft des Alten und Neuen Testaments der Katholischen Privat-Universität Linz, folgt ihm wiederum ein Experte für die Exegese nach. Wir heißen ihn herzlich willkommen.

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

mit dem Verzicht verhält es sich ähnlich wie mit der Armut: einerseits religiöses Ideal, andererseits bittere Realität. Gerade angesichts der Krisen der Gegenwart ist eine Lebensform des Verzichts geboten. Aber während Verzicht für manche ein gesundes Abschmelzen des Überflusses ist, führt er andere (immer weiter) in prekäre Lebenssituationen und verschlechtert gesellschaftliche Teilhabechancen. Dieses Heft soll den moralischen und spirituellen Wert des Verzichts ebenso deutlich machen wie die problematischen Seiten des Verzichts.

Ihr Christian Spieß

Im Namen der Redaktion

Einem Teil dieser Ausgabe liegen Prospekte des Verlags Friedrich Pustet bei. Wir bitten um Beachtung.

Simon Butticaz

Vom Warum und vom Wie: Verzicht und Enthaltsamkeit im Frühchristentum1

Aus der eschatologischen Sicht Jesu über Paulus bis zu den ersten christlichen Gemeinschaften lässt sich das Wie und Warum von Verzicht und Enthaltsamkeit im Frühchristentum verstehen. Der Beitrag gewährt Einblicke in diese Entwicklungsgeschichte, aus der sich eine christliche Ethik im Laufe der Jahrhunderte herausgebildet hat und die so die Glaubensidentitäten bis in unsere Tage hinein prägt. Im Ringen darum, wie dieses Ethos heute auf individueller, aber auch auf sozialer Ebene übersetzt werden könnte, kann der Beitrag inspirieren, indem er seine Bestandsaufnahme auf den ursprünglichen Sinn hin absteckt. (Redaktion)

Liest man die Artikel der „Religion in Geschichte und Gegenwart“ zur Thematik der Askese im alten Israel, im Judentum des Zweiten Tempels und im Frühchristentum,2 so fällt die Darstellung des Warum und des Wie der Entsagung innerhalb des Neuen Testaments und der entstehenden Kirche3 recht mager aus. Es wirkt hier geradezu so, als sei die Askese im alten Israel, bei Jesus von Nazareth sowie bei Paulus – vielleicht mit Ausnahme der korinthischen Gemeinde seiner Zeit (1 Kor 7) – nicht als allumfassende Ethik nachweisbar.4

Allerdings ist das Gegenteil richtig. Denn das von Jesus von Nazareth propagierte und befürwortete Ethos, dessen deutliche Spuren in der Rezeptionsgeschichte bis heute nicht verwischt sind, steht im Gegensatz zu der gelebten Askese Johannes’ des Täufers: in „Kamelhaaren“ gekleidet, ernährte er sich frugal von Heuschrecken und Honig (Mk 1,6 und par; Lk 1,15; 7,13 und par).5 Genau diese Erinnerungen an den Nazarener als „Fresser“ und „Säufer“ (Lk 7,34 und par) ebenso wie an seine nonkonforme und dreist anmutende Art gegenüber jüdischen Frömmigkeitsriten (etwa in Bezug auf das Fasten in Mk 2,18–19) werden bewahrt.6

Dafür gibt es Gründe innerhalb der sogenannten synoptischen Evangelien: Zum einen ist es die frohe und eschatologische Botschaft Jesu, welche die Güte des Schöpfers bekennt und die Nähe des Reiches Gottes ankündigt (Mk 1,15).7 Zum anderen entspringt es der holistischen Anthropologie Israels, welche im Gegensatz zu Formen des antiken (namentlich hellenistischen) Dualismus stand und aufgrund derer keine Verachtung des Körpers und der Materie angenommen werden muss.8

Trotzdem schreibt Hans Windisch in seinem Eintrag zu ἀσκέω (askeô) im „Theologischen Wörterbuch zum Neuen Testament“: „Die ‚Askese‘ des christlichen Mönchtums hat eine ihrer Wurzeln in der ‚Askese‘ des NT.“9 Mit anderen Worten:10 Obwohl es weder bei Jesus noch bei Paulus eine allumfassende asketische Ethik gab,11 lässt sich nicht leugnen, dass bei beiden Gebote und Praktiken der Entsagung, des Verzichts und der Enthaltsamkeit zu finden sind, deren Einfluss sich in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten – in der Kirchengeschichte bezeugt durch vielgestaltige asketische Strömungen – einprägsam fortsetzte.12 Die Fragen, die sich dabei stellen, sind: Welche genau sind diese Gebote und Praktiken? Und was ist ihr Sinn?13

1. Diskurse und Praktiken des Verzichts: eine neutestamentliche Bestandsaufnahme

Die Durchschau des Neuen Testaments ergibt drei Hauptbereiche des menschlichen Daseins, auf die sich Aufrufe zum Verzicht konzentrieren14: 1. Sexuelle Praktiken, 2. Materielle Güter, 3. Ernährungsethik. Im Folgenden werden diese drei Bereiche jeweils einzeln betrachtet.15

1.1. Sexuelle Entsagung

In Kapitel 7 des ersten Briefes von Paulus an die Korinther16 kann man den Eindruck gewinnen, dass sich einige Mitglieder der Gemeinde (aus theologischen Gründen) jeglicher sexueller Beziehungen innerhalb der Ehe enthielten.17 Geschah diese Hinwendung zur Keuschheit innerhalb der Ehe aus der Bestrebung einer zölibatären Lebensweise nach dem Vorbild des Völkerapostels Paulus (1 Kor 7,7–8)? Vielleicht.18 Klar ist jedenfalls, dass Paulus eine solche sexuelle Abstinenz nicht verallgemeinerte,19 da hierdurch ein „Zivilstand“ auf Kosten eines anderen Standes theologisch vorgezogen worden wäre.20 Er prangert lediglich die „Unzucht“ an (1 Kor 7,2; vgl. 6,12–20).21 Mit anderen Worten: Bei Paulus hat Keuschheit nicht den Rang eines allgemeinen sittlichen Gesetzes (1 Kor 7,5; 7,7).22

In der frühen Paulustradition spiegeln sich die ethischen Herausforderungen der Sexualität in den sogenannten Pastoralbriefen wider.23 Im Kontext eines Christentums, das in der sozialen und kulturellen Umwelt des römischen Hauswesens angesiedelt war,24 zeichnet sich eine Debatte unter den Erben des Paulus ab.25 Hierbei scheint es unter anderem Stimmen zu geben, die gegen den Wunsch, den Glauben an die umgebende Gesellschaft zu vermitteln, kämpfen und das „Heiraten“ sowie „bestimmte Speisen“ deswegen verboten sehen wollen (1 Tim 4,1–4).26 Man kann, ohne dabei voreilige Schlüsse zu ziehen, in diesem Asketismus den Ausdruck eines nachpaulinischen Christentums erkennen, welches im Namen gnostischer Überzeugungen den Gebrauch der Welt und ihrer Güter ablehnt.27

Alles in allem war die sexuelle Enthaltsamkeit in den Anfängen des Christentums aber ein eher marginales Phänomen. Weder Jesus noch Paulus scheinen sie zu einem allgemeinen Gesetz erhoben zu haben.28 Werden dennoch Formen der Keuschheit zugelassen oder vertreten, dann aus einer eschatologischen Weltanschauung heraus, welche (um des „Reiches Gottes“ willen) ein radikales Ethos beansprucht (Mt 19,12; 1 Kor 7,26–35).29

1.2. Materielle Entsagung

Wie steht es mit dem Verzicht auf materielle Güter? In den Annalen des Christentums ist ein solches Ethos der Entbehrung in der Predigt Jesu und in der von ihm ausgehenden Bewegung zu erkennen.30 Davon zeugen auch die Nachfolgebedingungen, denen sich seine Anhänger unterwarfen: Sie verließen ihre Familien und ihre Berufe und gaben so die sozioökonomischen und materiellen Sicherheiten der antiken Welt auf (Mk 1,16–20; 2,13–14; 3,35; 10,17–31 und par). Ebenso werden „die Zwölf“, die in der Nachfolge ihres Meisters das „Reich Gottes“ verkünden und Kranke heilen sollen (Mt 10,7–8; Lk 10,9), zu dem ermahnt, was Gerd Theißen im Anschluss an Georg Kretschmar31 als „Wanderradikalismus“32 bezeichnet hat. Kurz gesagt: Es ist ein Ethos der Radikalität für Wanderprediger, deren Missionsausrüstung nicht einmal das Existenzminimum enthält – sei es Unterkunft, Geld, Kleidung oder sogar Nahrung (Mt 10,9–14 und par).33

An einem anderen Ort im Frühchristentum findet eine solche Ethik der Enthaltsamkeit und materiellen Entbehrung ihren Widerhall, nämlich in der wirtschaftlichen Praxis, der die erste Gemeinde in Jerusalem zu folgen scheint (Apg 2,44–45; 4,32–5,11).34 Genauer gesagt: Der lukanische Autor zeichnet das Bild einer Gemeinde, die das Ideal des Teilens von Gütern praktiziert, welches sowohl in der griechischen Welt als auch im antiken Judentum bekannt war.35 Es wird manchmal vermutet, dass die Vergemeinschaftung der Produktionsgüter zugunsten der Gemeinde deren Verarmung beschleunigt habe – ein Grund, weshalb Paulus eine Kollekte für die bankrotte Kirche erhob.36 Eines ist jedoch sicher: Ob diese materielle Umverteilung nun real oder idealisiert war,37 der Autor der Apostelgeschichte beschränkt ihre Geltung auf die Jerusalemer Gemeinde in ihren Anfängen. Nach ihr scheint sich keine andere Gemeinschaft des aufkommenden Christentums – insbesondere, wenn man der Apostelgeschichte Glauben schenkt – dieses Ethos der Radikalität zu eigen gemacht zu haben.38

Wie lassen sich diese sozioökonomischen Verhaltensweisen nun insgesamt erklären? In beiden Fällen – bei Jesus von Nazareth wie auch am Beispiel der Jerusalemer Gemeinde – scheint das gleiche Bewusstsein der bevorstehenden Endzeit eine Ethik der Nüchternheit oder des materiellen Verzichts zu bestimmen.39 Eingebettet in die Fortsetzung der Geschichte Israels waren diese Menschen am Ursprung des Christentums der Überzeugung, dass das Wirken Jesu die Endzeit und damit das Eintreten der biblisch-jüdischen Verheißungen (Dtn 15,4 LXX) eingeläutet habe. Sozioökonomische Radikalität und die Forderung nach Solidarität mit den Benachteiligten waren folglich ein integraler Bestandteil dieser Überzeugung (Mk 10,25 und par; Lk 12,33–34). Die Absicht dieses Verhaltens war es, das „Reich Gottes“ in allen Handlungen und Beziehungen vorwegzunehmen.

1.3. Verzicht auf Nahrung

Der dritte Bereich, in dem die ersten Anhänger Jesu Enthaltsamkeit übten, ist die Ernährung. Als zentraler Bestandteil jüdischer Frömmigkeit gehört das Fasten zu den drei Werken – Gebet, Almosen, Fasten – der „Gerechtigkeit“, die in der Bergpredigt (Mt 6,1–18) gefordert werden.40 Darüber hinaus unterzog sich auch Jesus selbst einer 40 Tage (und 40 Nächte, wie bei Matthäus zu lesen) dauernden Phase der Nahrungsabstinenz: Lukas berichtet ohne nähere Präzisierung, „er ass nichts in jenen Tagen“ (Lk 4,2b), während Matthäus diese Enthaltsamkeit ausdrücklich als Fasten charakterisiert: „Vierzig Tage und vierzig Nächte fastete er“ (Mt 4,2).41 Vielleicht liegt darin eine Reminiszenz der anfänglichen Sozialisierung Jesu durch die Bewegung Johannes’ des Täufers.42 Man muss allerdings feststellen, dass Jesu Wirken diesen Nahrungsverzicht nicht weiter fortsetzte.43 Stattdessen fällt bei der Lektüre der synoptischen Evangelien die wiederholte Kommensalität Jesu auf, insbesondere mit den Außenseitern der jüdischen Gesellschaft.44 Ebenso wichen auch die Jünger Jesu von den sowohl im Umfeld Johannes’ des Täufers wie auch bei den Pharisäern bekannten Fastenpraktiken ab (Mk 2,18–22 und par).45 Es ist daher einleuchtender, dass es sein Ethos als „Fresser“ und „Säufer“ war, welches die Menschen mehr beeindruckte denn eine Form des Nahrungsverzichts (Mt 11,19 par Lk 7,34). Als Verkünder des bevorstehenden Einbruchs des Königreichs Gottes sieht er in der Kommensalität eine symbolische Darstellung des für das Ende der Zeiten erwarteten Festmahls (Lk 13,28–29 und par; 14,15 und par).46 So rechtfertigt er auch das nicht-asketische Ethos seiner Jünger gegenüber denen, die diesen vorwerfen nicht zu fasten: „Fasten in Gegenwart des Bräutigams wäre widersinnig. Die Gegenwart des Messias […], die Heilszeit, die angebrochen ist […], bedeutet Freude. […]. Von der messianischeschatologischen Mitte der Botschaft Jesu her gesehen, ist das Fasten etwas Überwundenes“, wie Johannes Behm pointiert bemerkt.47

Auch wenn die frühe Kirche – zumindest im Einflussbereich des Paulus – in der Nachfolge Jesu nicht gefastet zu haben scheint,48 war ihre Ernährungsethik nicht frei von Verboten oder punktueller Abstinenz.49 Das bekannteste Beispiel hierfür ist das sogenannte „Aposteldekret“, das auf der in der Apostelgeschichte beschriebenen Versammlung in Jerusalem (Apg 15,1–35 par Gal 2,1–10) verkündet wurde. Das sogenannte „Apostelkonzil“ kam zu dem Schluss, zwar die Beschneidung und die Einhaltung der Tora für Heidenchristen abzulehnen, forderte aber Konvertiten, die aus dem antiken Polytheismus stammten (Apg 15,19; 21,25a), auf, sich „fernzuhalten von Opferfleisch, Blut, Ersticktem und Unzucht“ (Apg 15,29a; vgl. 15,20; 21,25).50

Es ging jedoch nicht darum, durch eine Reihe von Verzichtserklärungen und spirituellen Übungen die Beherrschung der Leidenschaften zu erreichen. Jakobus begründet die vier Verbote anders: Sie sollten das Ethos beziehungsweise das rechte Handeln (Apg 15,29b: „[W]enn ihr diese Grenze wahrt, handelt ihr richtig. Lebt wohl!“) der Glaubenden in einer Kontinuität des Judentums verankern.51 So ist auch der Hinweis auf das Althergebrachte und das Allumspannende des „Mose“ zu verstehen, den Jakobus, der „Bruder des Herrn“, zur Unterstützung des Erlasses anführt: „Denn seit Menschengedenken hat Mose in jeder Stadt seinen Verkündiger, da an jedem Sabbat in den Synagogen aus ihm vorgelesen wird.“ (Apg 15,21) Mit anderen Worten: Diese vier Verbote – bezogen auf „Opferfleisch“, „Blut“, „Ersticktes“ und „Unzucht“ – sind nicht als Übernahme sittlich-religiöser Praktiken in den Moralkanon des entstehenden Christentums zu lesen, sondern als eine Art, die Kontinuität zwischen der entstehenden Kirche und der Tradition Israels zu signalisieren.52

2. Der Verzicht am Anfang: eine Bilanz

Unsere selektive Bestandsaufnahme der Formen der Enthaltsamkeit in den frühchristlichen Quellen führt zu einem paradoxen Bild: Der Verzicht, der in den Bereichen der Sexualität, der Ernährung und der Verwaltung von Gütern belegt ist, charakterisiert teilweise die Praxis der an Christus Glaubenden, koexistiert aber mit „de[m] Hinweis auf das Schöpfungs-Ja Gottes zur Welt und zur Leiblichkeit als Begründung des christlichen ‚In-der-Welt-Seins‘ […]“53. Die Herausforderung, auf die die Annahme der erwähnten Praktiken der Enthaltsamkeit und Nüchternheit antwortet, zielt in diesem Kontext darauf ab, die eschatologische Realität, welche mit Jesus Christus anbricht, konkret umzusetzen (etwa Mt 19,12; 1 Kor 7,29–31).54

Als die Kirche sich entwickelte und eine dauerhafte Größe im antiken Panorama religiöser Kulte und Praktiken wurde, mussten sich die Glaubenden auch eine Tradition ‚zulegen‘: Diese Transformation des Christentums – von einer „Bekehrungsreligion“ zu einer „Traditionsreligion“, wie Michael Wolter sie beschreibt55 – erforderte geradezu die Konstituierung einer geteilten Geschichte und einer gemeinsamen Ethik.56 In diesem Rahmen nun wurden die hier vorgestellten Formen der Entsagung in die christliche Ethik je nach Bedarf integriert.57

Der Autor

Simon Butticaz, geboren 1980, ist Ordinarius für Neues Testament und frühchristliche Traditionen an der Theologischen und Religionswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne (Schweiz). Er hat auch an mehreren anderen theologischen Hochschulen (Antananarivo, Genf, Lyon und Mexico-City) unterrichtet. Von 2019 bis Juli 2022 war er Direktor des Institut romand des sciences bibliques (IRSB) an der Universität Lausanne. Seit August 2022 ist Butticaz Vizedekan für Forschung an der Theologischen und Religionswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne. Seine Forschungsschwerpunkte sind die paulinischen Schriften und die Apostelgeschichte.

Wichtigste Publikationen: L’identité de l’Église dans les Actes des apôtres. De la restauration d’Israël à la conquête universelle (Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 174), Berlin–New York 2011; La crise galate ou l’anthropologie en question (Beihefte zur Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft 229), Berlin–Boston 2018; Comment l’Église estelle née? (Le Monde de la Bible 75), Genève 2021.

1Der vorliegende Aufsatz wurde von Alexander Raul Basil Weber aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt, dem ich dafür herzlich danke. Mein Dank gilt auch der Theologischen und Religionswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne (Schweiz), die diese Übersetzung finanziert hat, sowie dem Redaktionsteam der ThPQ für das Lektorat und die redaktionelle Unterstützung. Die neutestamentlichen Zitate dieser Studie folgen alle der online-Ausgabe der Zürcher Bibel, hg. v. Kirchenrat der Evangelisch-Reformierten Landeskirche des Kantons Zürich, Zürich 2007 (2019). Griechische Vokabeln werden auch in lateinischer Umschrift wiedergegeben.

2Die drei Artikel sind: Hans Bardtke, Art. Askese, II. In Israel, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart 1 (31957), 640–641; Karl Georg Kuhn, Art. Askese, III. Im Judentum, in: ebd., 641–642; ders., Art. Askese, IV. Im Urchristentum, in: ebd., 642–644. Auf diese Beiträge wird im Folgenden in der Kurzform Autor, Askese II/III/IV verwiesen.

3Und dies sind genau die Fragen, die mir von der Redaktion der ThPQ zur Behandlung vorgeschlagen wurden.

4Vgl. auch Georg Kretschmar, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung frühchristlicher Askese, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 61 (1964), 27-67; zu 1 Kor 7 siehe insbesondere die Literaturhinweise in Anm. 16.

5Über die Gestalt des Täufers Johannes und seine Beziehung zu Jesus vgl. Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 642–643; Daniel Marguerat, Jesus aus Nazaret. Heimatloser, Heiler, Poet des Gottesreichs, übers. v. Elisabeth Mainberger-Ruh, Zürich 2022, 69–88.

6Vgl. Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 643; Georg Kretschmar, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung frühchristlicher Askese (s. Anm. 4), bes. 28–29; Jean Gribomont, Art. Askese, IV. Neues Testament und Alte Kirche, in: Theologische Realenzyklopädie 4 (1979), 204–225, hier 205–206 (auf diesen Beitrag wird im Folgenden in der Kurzform Jean Gribomont, Askese IV verwiesen); Daniel Marguerat, Jesus aus Nazaret (s. Anm. 5), bes. 78–79, 148–150.

7Zu diesem Argument siehe Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 643; Georg Kretschmar, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung frühchristlicher Askese (s. Anm. 4), bes. 28–29; Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6), 205–206.

8Zu diesem Argument siehe Hans Bardtke, Askese II (s. Anm. 2), 640; Karl Georg Kuhn, Askese III (s. Anm. 2); Georg Kretschmar, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung frühchristlicher Askese (s. Anm. 4), bes. 28–29.

9Hans Windisch, Art. ἀσκέω [askeô], in: Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament 1 (1949), 492–494, hier 493.

10Dazu und zum Folgenden siehe im Detail Hans-Ulrich Weidemann (Hg.), Asceticism and Exegesis in Early Christianity. The Reception of New Testament Texts in Ancient Ascetic Discourses (Novum Testamentum et Orbis Antiquus / Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 101), Göttingen 2013.

11Vgl. Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 643–644; Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6), 205–206.

12Zum Ganzen siehe auch Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2); Georg Kretschmar, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung frühchristlicher Askese (s. Anm. 4); Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6), 205–206. Eine gleiche Feststellung in Bezug auf das alte Israel liest man bei Hans Bardtke, Askese II (s. Anm. 2).

13Sinngemäß siehe auch Hans-Ulrich Weidemann, Engelsgleiche, Abstinente – und ein moderater Weintrinker. Asketische Sinnproduktion als literarische Technik im Lukasevangelium und im 1. Timotheusbrief, in: ders. (Hg.), Asceticism and Exegesis in Early Christianity (s. Anm. 10), 21–68; ders., „Embedding the Virgin“. Die Jungfrau Maria und die anderen jüdischen asketischen Erzählfiguren im lukanischen Doppelwerk, in: ders. (Hg.), „Der Name der Jungfrau war Maria“ (Lk 1,27). Neue exegetische Perspektiven auf die Mutter Jesu (Stuttgarter Bibelstudien 238), Stuttgart 2018, 107–171 (ich danke Hans-Ulrich Weidemann, der mich auf diese Studie aufmerksam machte). In einem ähnlichen Zusammenhang siehe Hans Bardtke, Askese II (s. Anm. 2), 640–641. Bardtke erkennt an, dass die Enthaltsamkeitspraktiken im alten Israel nicht Teil eines umfassenden asketischen Systems waren, sondern zusammen mit anderen Ritualen dazu beitrugen, die Beziehung zwischen Bundesvolk und Gott zu regeln. Dazu und zum Folgenden sei schließlich auf meine umfassendere Studie „Des femmes non mariées, des aliments proscrits, des vœux prononcés: le christianisme de Luc est-il ascétique?“ hingewiesen, welche im Rahmen des Kolloquiums „Ascèse et ascètes aux origines du christianisme“ (Universität Lausanne, 6.–8. Oktober 2022, veranstaltet von Luc Bulundwe, Simon Butticaz, Andreas Dettwiler, Priscille Marschall und Gudrun Nassauer) vorgestellt wurde.

14Zum Thema Askese sowie zu Formen und zum Sinn der Entsagung im Frühchristentum ist – zusätzlich zu den in Anm. 2, 9 und 13 genannten Referenzen – in erster Linie auf folgende Studien zu verweisen: Hans Freiherr von Campenhausen, Die Askese im Urchristentum (Sammlung gemeinverständlicher Vorträge und Schriften aus dem Gebiet der Theologie und Religionsgeschichte 192), Tübingen 1949; Kurt Niederwimmer, Askese und Mysterium. Über Ehe, Ehescheidung und Eheverzicht in den Anfängen des christlichen Glaubens (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 113), Göttingen 1975; Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6); Leif E. Vaage / Vincent L. Wimbush (Hg.), Asceticism and the New Testament, New York–London 1999; Monika Szarek, Ehe und Askese. Familienethos bei Paulus und Musonius (Beiträge zum Verstehen der Bibel 31), Berlin 2016. Siehe auch die in Vorbereitung befindlichen Akten des Kolloquiums „Ascèse et ascètes aux origines du christianisme“ (s. Anm. 13). Literaturhinweise zur Askese, insbesondere zu ihren unterschiedlichen Definitionen, verdanke ich Hans-Ulrich Weidemann, Engelsgleiche, Abstinente (s. Anm. 13).

15Zu diesen drei Formen der Entsagung im Neuen Testament vgl. insbesondere Hans-Ulrich Weidemann, Engelsgleiche, Abstinente (s. Anm. 13). Weidemann macht sich die Definition von Askese als „körperliche[n] Verzicht“ auf alle materiellen, immateriellen, und symbolischen Güter (Besitz, Ehe, Geld, Nahrung usw.) sowie auf physiologische Funktionen wie Sexualität und Schlaf zu eigen (vgl. ebd., 23–24), die von Elizabeth A. Clark vorgeschlagen wurde. Sie spricht von einer „ascetic renunciation“, bei der „bodily discipline [is] serving to strengthen the soul“. Elizabeth A. Clark, Asceticism, Class, and Gender, in: Virginia Burrus (Hg.), Late Ancient Christianity (A People’s History of Christianity 2), Minneapolis 2005, 27–45, hier 30. Weidemann stimmt zugleich der somatischen Komponente der Askese zu, wie sie definiert wird von John S. Kloppenborg, Making Sense of Difference: Asceticism, Gospel Literature, and the Jesus Tradition, in: Leif E. Vaage / Vincent L. Wimbush (Hg.), Asceticism and the New Testament (s. Anm. 14), 149–156, hier 151. Zum Ganzen vgl. auch Hans-Ulrich Weidemann, „Embedding the Virgin“ (s. Anm. 13).

16Zur Exegese dieses Textes verweise ich hier und im Folgenden vorrangig auf Andrianjatovo Rakotoharintsifa, Conflits à Corinthe. Église et société selon 1 Corinthiens. Analyse socio-historique (Le Monde de la Bible 36), Genève 1997, 90–155; Marie Duruz, De la libération corinthienne à la libération sexuelle. Pour une relecture féministe de l’anthropologie relationnelle chez Paul, Lausanne 2022 (unveröffentlichte Masterarbeit, Theologische und Religionswissenschaftliche Fakultät, Universität Lausanne), online unter https://unil.academia.edu/MarieDuruz [Abruf: 28.05.2023].

17Vgl. auch Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 644; Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6), 206; Hans-Ulrich Weidemann, Engelsgleiche, Abstinente (s. Anm. 13), 49–51.

18Vgl. auch Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 644; Hans-Ulrich Weidemann, Engelsgleiche, Abstinente (s. Anm. 13), 50, 65.

19Vgl. auch Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 644.

20Vgl. auch Philippe-H. Menoud, Mariage et célibat selon Saint Paul, in: Revue de Théologie et de Philosophie 1 (1951), 21–34.

21Zu diesem Thema siehe Andrianjatovo Rakotoharintsifa, Conflits à Corinthe (s. Anm. 16), 9, 90–155; Michael Wolter, Theologie und Ethos im frühen Christentum. Studien zu Jesus, Paulus und Lukas (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 236), Tübingen 2009, 181–196; ders., Paulus. Ein Grundriss seiner Theologie, Neukirchen-Vluyn 2011, bes. 330–335; Marie Duruz, De la libération corinthienne à la libérationsexuelle (s. Anm. 16).

22Vgl. auch Philippe-H. Menoud, Mariage et célibat selon Saint Paul (s. Anm. 20), bes. 27. Contra Kurt Niederwimmer, Askese und Mysterium (s. Anm. 14), 84; siehe dennoch seine korrekten Kommentare ebd., 91–94.

23Dazu und zum Folgenden siehe u. a. Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 644; Helmut Köster, Einführung in das Neue Testament im Rahmen der Religionsgeschichte und Kulturgeschichte der hellenistischen und römischen Zeit, Berlin–New York 1980, 698–746; Hans-Ulrich Weidemann, Engelsgleiche, Abstinente (s. Anm. 13), bes. 48–65; Jens Herzer, Was ist falsch an der „fälschlich so genannten Gnosis“? Zur Paulusrezeption des Ersten Timotheusbriefes im Kontext seiner Gegnerpolemik, in: Early Christianity 5 (2014), Heft 1, 68–96.

24Siehe Michael Theobald, „Comment il convient de se conduire dans la maison de Dieu“ (1 Tm 3,15). Les lettres pastorales à la lumière de l’ethos domestique antique, in: Revue de Théologie et de Philosophie 155 (2023), 93–113.

25Siehe Annette Merz, Die fiktive Selbstauslegung des Paulus. Intertextuelle Studien zur Intention und Rezeption der Pastoralbriefe (Novum Testamentum et Orbis Antiquus / Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 52), Göttingen–Fribourg/Freiburg 2004.

26Vgl. Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6), 206; Jens Herzer, Was ist falsch an der „fälschlich so genannten Gnosis“? (s. Anm. 23), 83.

27Im Anschluss insbesondere an Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 644; Kurt Niederwimmer, Askese und Mysterium (s. Anm. 14), 208–210; Helmut Köster, Einführung in das Neue Testament (s. Anm. 23), 741–743; Egbert Schlarb, Die gesunde Lehre. Häresie und Wahrheit im Spiegel der Pastoralbriefe (Marburger theologische Studien 28), Marburg 1990, 89–92 (diesen Hinweis verdanke ich Annette Merz, Die fiktive Selbstauslegung des Paulus (s. Anm. 25), 42); Hans-Ulrich Weidemann, Engelsgleiche, Abstinente (s. Anm. 13), 55; Jens Herzer, Was ist falsch an der „fälschlich so genannten Gnosis“? (s. Anm. 23), 89–90; Udo Schnelle, Die ersten 100 Jahre des Christentums 30–130 n. Chr. Die Entstehungsgeschichte einer Weltreligion, Göttingen 22016, 546–547.

28Vgl. Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 643–644; Kurt Niederwimmer, Askese und Mysterium (s. Anm. 14), 84–89; Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6), 206.

29Im Anschluss inbesondere an Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 643–644; Georg Kretschmar, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung frühchristlicher Askese (s. Anm. 4), 27–29; Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6), 206; Andrianjatovo Rakotoharintsifa, Conflits à Corinthe (s. Anm. 16), bes. 133–136, 138–141, 148–155; Hans-Ulrich Weidemann, Engelsgleiche, Abstinente (s. Anm. 13), 25–51; ders., „Embedding the Virgin“ (s. Anm. 13), bes. 129, 154–155, 159–163, 166–167.

30Siehe dazu und zum Folgenden Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2); Gerd Theißen, Wanderradikalismus. Literatursoziologische Aspekte der Überlieferung von Worten Jesu im Urchristentum, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 70 (1973), 245–271; Jean Gribomont, Askese IV (s. Anm. 6), 205; Stephen J. Patterson, Askesis and the Early Jesus Tradition, in: Leif E. Vaage / Vincent L. Wimbush (Hg.), Asceticism and the New Testament (s. Anm. 14), 49–69; Hans-Ulrich Weidemann, „Embedding the Virgin“ (s. Anm. 13), 129; Daniel Marguerat, Jesus aus Nazaret (s. Anm. 5), bes. 160–176.

31Vgl. Georg Kretschmar, Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung frühchristlicher Askese (s. Anm. 4). Kretschmar spricht sehr genau von einem „Wanderasketentum“ in den ersten Jahrhunderten des Christentums; das Konzept findet sich ebd., 35, 40–41.

32Gerd Theißen, Wanderradikalismus (s. Anm. 30).

33Vgl. ebd., 252–255.

34Vgl. Karl Georg Kuhn, Askese IV (s. Anm. 2), 643; Gerd Theißen, Urchristlicher Liebeskommunismus. Zum „Sitz im Leben“ des Topos ἅπαντα κοινά [hapanta koina] in Apg 2,44 und 4,32, in: Tord Fornberg / David Hellholm