Vier zauberhafte Schwestern und die uralte Kraft - Sheridan Winn - E-Book + Hörbuch

Vier zauberhafte Schwestern und die uralte Kraft E-Book

Sheridan Winn

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Beschreibung

Vier zauberhafte Schwestern sind nicht aufzuhalten Eigentlich hatten Marina, Flora, Flame und Sky fest vor, ihre übernatürlichen Kräfte nicht mehr anzuwenden. Doch dann entdecken sie geheimnisvolle Landmarken, zwischen denen ein Magiestrom verläuft. Auch durch ihr Zuhause, Cantrip Towers, scheint die magische Energie zu fließen. Was hat das zu bedeuten? Als der rätselhafte Zak sich auch von der uralten Kraft angezogen fühlt, beschließen sie, dem Geheimnis auf den Grund zu gehen … - Der siebte Band der erfolgreichen Serie - Voller Magie und Abenteuer - Mit vielen zauberhaften Vignetten und einem Familienstammbaum von Franziska HarveyAlle Bände der Serie: Band 1: Vier zauberhafte Schwestern Band 2: Vier zauberhafte Schwestern und der magische Stein Band 3: Vier zauberhafte Schwestern und das Geheimnis der Türme Band 4: Vier zauberhafte Schwestern und ein Geist aus alten Zeiten Band 5: Vier zauberhafte Schwestern und die große Versöhnung Band 6: Vier zauberhafte Schwestern und die fremde Magie Band 7: Vier zauberhafte Schwestern und die uralte Kraft Band 8: Vier zauberhafte Schwestern und die geheimnisvollen Zwillinge  Band 9: Vier zauberhafte Schwestern und die Weisheit der Eulen Band 10: Vier zauberhafte Schwestern und die unsichtbare Gefahr Prequel 1: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Flame und die Kraft des Feuers Prequel 2: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Marina und die Kraft des Wassers Prequel 3: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Flora und die Kraft der Erde Alle Bände bei Antolin gelistet

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Seitenzahl: 257

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Sheridan Winn

Vier zauberhafte Schwestern und die uralte Kraft

 

Aus dem Englischen von Katrin Weingran

 

Mit Vignetten von Franziska Harvey

Über dieses Buch

 

 

Vier zauberhafte Schwestern sind nicht aufzuhalten

 

Eigentlich hatten Marina, Flora, Flame und Sky fest vor, ihre übernatürlichen Kräfte nicht mehr anzuwenden. Doch dann entdecken sie geheimnisvolle Landmarken, zwischen denen ein Magiestrom verläuft. Auch durch ihr Zuhause, Cantrip Towers, scheint die magische Energie zu fließen. Was hat das zu bedeuten? Als der rätselhafte Zak sich auch von der uralten Kraft angezogen fühlt, beschließen sie, dem Geheimnis auf den Grund zu gehen …

 

Der siebte Band der erfolgreichen Serie voller Magie und Abenteuer – mit vielen zauberhaften Vignetten von Franziska Harvey

 

Alle Bände der Serie:

Band 1: Vier zauberhafte Schwestern

Band 2: Vier zauberhafte Schwestern und der magische Stein

Band 3: Vier zauberhafte Schwestern und das Geheimnis der Türme

Band 4: Vier zauberhafte Schwestern und ein Geist aus alten Zeiten

Band 5: Vier zauberhafte Schwestern und die große Versöhnung

Band 6: Vier zauberhafte Schwestern und die fremde Magie

Band 7: Vier zauberhafte Schwestern und die uralte Kraft

Band 8: Vier zauberhafte Schwestern und die geheimnisvollen Zwillinge 

Band 9: Vier zauberhafte Schwestern und die Weisheit der Eulen

Band 10: Vier zauberhafte Schwestern und die unsichtbare Gefahr

Prequel 1: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Flame und die Kraft des Feuers

Prequel 2: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Marina und die Kraft des Wassers

Prequel 3: Vier zauberhafte Schwestern – Wie alles begann: Flora und die Kraft der Erde

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Sheridan Winn lebt in Norwich, England, und arbeitet als freie Kinderbuchautorin und Journalistin für bekannte Magazine und Zeitungen. Sie hat zwei erwachsene Kinder und eine Enkelin und ist selbst in einem großen Haus voller geheimnisvoller Schränke und schrulliger Tanten aufgewachsen. Das Haus hieß Littlewood House, stand auf einem riesigen Grundstück und hat sie auf die Idee gebracht, diese Geschichte zu schreiben. Genau wie die Cantrip-Mädchen ist Sheridan Winn eine von vier Schwestern – die alle an die Kraft der Magie glauben.

 

Franziska Harvey, geboren 1968, studierte Illustration und Kalligraphie und arbeitet als freie Illustratorin für verschiedene Verlage und Agenturen. Sie lebt mit ihrer Familie in Frankfurt am Main.

Inhalt

[Widmung]

Stammbaum

Die Cantrip-Schwestern

Die Familienmitglieder

Montag: Die Elster

Der Sturm

Flora

Dienstag: Begegnungen

Mittwoch: Die Tür

Flame grübelt

Donnerstag: Auf der Suche

Freitag: Zaks Lauf

Ley-Linien

Samstag: Landkarten und Fragen

Sonntag: Wo ist sie?

Montag: Tiefer graben

Dienstag: Gerüchte

Mittwoch: Verwirrung

Donnerstag: Entscheidungen

Durch die Tür

Der Fluss aus Licht

Entkommen

Freitag: Offenbarungen beim Frühstück

Mit den Nerven am Ende

Marinas inständige Bitte

Pläne

Zaks Reise

Angst und Entsetzen

Samstag: Der Weg nach Hause

Der Bann

Sonntag: Ein Sonntag auf Cantrip Towers

Danksagung

Für Chris,

in Liebe und Dankbarkeit

Stammbaum

Vier zauberhafte Schwestern...

...und ihre Familie

Montag: Die Elster

Die Elster legte den Kopf schief und musterte den Jungen mit ihren glänzenden schwarzen Augen.

Zak Ashworth hielt den Kopf gesenkt und trottete niedergeschlagen den Weg entlang. Die Elster verfolgte jede seiner Bewegungen.

Zak blickte auf, entdeckte den großen Vogel mit dem schwarz-weißen Gefieder und blieb stehen. Es war das dritte Mal innerhalb von drei Tagen, dass er sie an jener Stelle ein paar Meter entfernt im Gras hocken sah und das Gefühl hatte, sie beobachte ihn. Er blickte sich um. Genau wie die ersten beiden Male hatte er auf dem Weg zum Sportplatz die Schulkapelle passiert und war allein. Er sah zu der Elster zurück, deren funkelnde schwarze Augen seinen Blick erwiderten. Merkwürdig, dachte Zak. Es war fast, als hätte sie auf ihn gewartet.

»Buh!«, rief er, machte einen Satz nach vorn und wedelte mit den Armen. Mit einem wütenden Schrei flatterte die Elster auf und landete ein Stückchen entfernt erneut auf dem Rasen.

Zak starrte den Vogel an und verzog das Gesicht. »Was soll’s«, murmelte er. Als er weiterging, sog er die milde Septemberluft tief ein und seufzte. Es war der Beginn seiner dritten Woche an der Drysdale und die Dinge standen nicht gerade zum Besten. Die Mitschüler mochten ihn – zumindest die Mädchen. Abgesehen von den Cantrip-Schwestern und ihrer Cousine Verena Glass. Sie hatten bisher kein Wort zu ihm gesagt – noch nicht einmal ein Hallo. Nicht, dass er es ihnen hätte verübeln können, nach allem, was er ihnen angetan hatte. Ein paar Jungs aus seinem Jahrgang fanden ihn in Ordnung, so viel wusste er, aber andere trauten ihm nicht über den Weg. Die Lehrer behielten ihn argwöhnisch im Auge. Obwohl er sicher war, dass die Cantrip-Schwestern kein Wort über seine dunkle Magie und die Sache mit den Felslingen verloren hatten, schien sich die Geschichte über das Feuer im Chemielabor seiner alten Schule herumgesprochen zu haben, und sein Ruf als Unruhestifter war ihm bis hierher gefolgt.

Und dann gab es da noch das summende Geräusch in seinem linken Ohr, das ihn nun schon einige Wochen begleitete.

Zak trat eine Kastanie fort, die auf den Weg gefallen war. Als er um die Ecke der Schulkapelle bog, saß die Elster vor ihm auf dem Weg.

»Was?«, brummte Zak und trat einen Schritt näher. Der Vogel behielt ihn genau im Blick, rührte sich aber nicht von der Stelle. Vorsichtig machte Zak zwei weitere Schritte vorwärts. Die Elster bewegte sich nicht. Mit angehaltenem Atem trat Zak noch näher, bis weniger als zwei Meter zwischen ihnen lagen.

Langsam ging er in die Hocke. Die Elster beobachtete ihn die ganze Zeit. Er war ihr so nahe – noch nie in seinem Leben war er einem wilden Vogel so nahe gekommen. Er studierte den langen scharfen Schnabel der Elster, ihren schwarzen Kopf, das helle weiße Brustgefieder und die großen schwarzen Krallen. Ihm fiel das leuchtend blaue Blitzen auf dem Flügel des Vogels ins Auge und das schimmernde Grün seiner langen Schwanzfedern. Doch den nachhaltigsten Eindruck machten die Augen des Vogels auf ihn.

Es ist, als könne er in mich hineinschauen, dachte Zak.

Plötzlich öffnete die Elster ihren Schnabel und stieß ein lautes Krächzen aus. Zak zuckte zusammen. Es ging ihm durch Mark und Bein.

Mit einem zweiten Krächzen spreizte der große schwarz-weiße Vogel die Flügel und hob vom Boden ab. Im selben Moment tauchten zwei Mädchen hinter Zak auf. Sie hielten Hockeyschläger in den Händen und unterhielten sich miteinander. Rasch stand Zak wieder auf. Die Mädchen lächelten den hochgewachsenen Jungen mit dem Raubvogelblick an, als sie an ihm vorbeigingen. Zak erwiderte das Lächeln unbehaglich und bemerkte, dass die Elster nicht mehr zu sehen war.

Er lief auf dem Weg weiter, hatte aber plötzlich ein komisches Gefühl – und blieb stehen. Da war es wieder: das summende Geräusch in seinem Ohr, wie eine Fliege, die in einem Marmeladenglas gefangen war. Er hob die Hand und legte sie über sein linkes Ohr. Als das Geräusch lauter wurde, wurde ihm schwindelig. Es war, als hätten die Drähte in seinem Gehirn einen Kurzschluss. Von einem Moment auf den anderen erschien ihm die Welt schrecklich düster.

Konzentration, die brauchte er jetzt, sagte er sich. Rasch lief er zum Sportplatz weiter. Er würde alles tun, um das seltsame Summen zu verdrängen.

Er kannte die Ursache des Geräusches. Es war ganz allein seine Schuld. Es hätte nicht passieren müssen, aber er hatte seine Zauberkräfte missbraucht und dies war die Quittung dafür. Fasziniert von seinen Kräften hatte er das Gebiet der dunklen Magie erforscht. Das Geräusch in seinem Ohr war ihm egal gewesen – und eine Zeitlang war es kaum zu hören gewesen.

Aber es schien, als steckten irgendwo in ihm ein paar Felsling-Bruchstücke. Eine Erinnerung vielleicht, die gerade ausreichte, um von Zeit zu Zeit seinen Kopf durcheinanderzubringen. In diesem Moment begriff er das Prinzip von Ursache und Wirkung: Jede Handlung zog eine Konsequenz nach sich. Und jetzt war es an ihm, den Preis für sein vergangenes Verhalten zu zahlen.

Zak stellte sich die widerliche Kreatur mit den riesigen gelben Augen, den gefährlichen schwarzen Klauen und dem beißenden Atem vor. Mit Hilfe seiner magischen Kräfte hatte er eine Horde Felslinge nach Cantrip Towers gelockt, wo sie die Luft verpestet hatten. Die Cantrip-Schwestern hatten ihre Magie benutzt, um das Haus von den Kreaturen zu befreien, die halb Insekt, halb Kobold waren, und hätten beinahe Erfolg damit gehabt. Aber ein Felsling war unbemerkt auf dem Hausdach zurückgeblieben, wo er sich in der Dachrinne und im Schutz der gewaltigen Kamine des großen, alten Hauses verbarg. Dort wuchs er vor sich hin, bis er monströse Ausmaße angenommen hatte.

Als die Cantrip-Schwestern vor einigen Wochen in einer dunklen Nacht aufs Dach hinaufgegangen waren, hatte Zak sie dabei beobachtet. Teils amüsiert, teils alarmiert sah er zu, wie sie ihre magischen Kräfte des Feuers, der Erde, des Wassers und der Luft benutzten, um den Monsterfelsling zu bekämpfen. Er sah, wie Sky vom Dach fiel und eilte zu ihrer Rettung. Dank seiner magischen Kräfte gelang es ihm, sie vor dem sicheren Tod zu bewahren. Er hatte zugesehen, wie Flame, Marina und Flora versucht hatten, sich gegen den Felsling zu wehren – aber ihre Kräfte waren nicht stark genug gewesen, um gegen die dunklen Kräfte des Monsters bestehen zu können. Schritt für Schritt drängte es sie näher an den Abgrund.

Ohne, dass die Schwestern sich dessen bewusst gewesen wären, beobachtete Zak ihre panischen Mienen. Als er Marina aufschreien hörte, nutzte er seine dunklen Kräfte, um den Felsling zu sich zu ziehen und ihn schrumpfen zu lassen. Zuletzt sog er den winzigen Ball dunkler Energie in seinen Körper, sprang vom Dach und flog auf den Rasen zurück.

Ein paar Tage danach, am Ende der Sommerferien, bestellten die Cantrip-Schwestern ihn in ihr Camp beim Wilden Wald. Spät am Abend saßen sie vor dem alten weißen Wohnwagen am Lagerfeuer zusammen. Die Schwestern verlangten eine Erklärung von Zak. Er bemühte sich, ihnen klarzumachen, dass er ihnen kein Leid hatte zufügen wollen und seine magischen Kräfte nicht kontrollieren konnte, aber die Schwestern zeigten sich davon kein bisschen beeindruckt. Was sie wirklich wütend machte, war, dass es nicht so schien, als bereue er seine Taten. Und das tat er auch nicht. Nicht wirklich.

Marina hatte ihn einen Verräter genannt. Er hatte es sich nicht anmerken lassen, aber das Wort hatte ihn gekränkt. Er dachte an Marina Cantrips blaue Augen, ihre lockigen dunklen Haare und ihr breites Lächeln. Sie hatte ihn gern gehabt, ihm vertraut – aber damit war es nun vorbei. Seit dem Tag, an dem er an die Drysdale gekommen war, hatte sie kein Wort mit ihm gesprochen, nicht eines.

Als er das Rugbyfeld erreichte, ertönte hinter ihm ein raues Krächzen, und er fuhr herum. Da war die Elster wieder. Sie saß im Gras und musterte ihn. Sie ist mir gefolgt, dachte er alarmiert. Zak atmete tief durch, riss sich zusammen, zog die Jacke seines Trainingsanzuges aus und rannte aufs Spielfeld. »Ah, Ashworth, na endlich«, sagte Mr Tyler, als der Junge auf ihn zugerannt kam.

»Entschuldigen Sie, Sir, ich wurde aufgehalten.«

Der große, korpulente Trainer warf Zak einen vernichtenden Blick zu. »Auf deine Position«, knurrte er.

Zak stellte sich im linken Flügel auf und spielte die darauffolgende Stunde, als gäbe es kein Morgen.

Und vom Spielfeldrand aus beobachtete die Elster ihn mit ihren glänzenden schwarzen Augen.

Der Sturm

Als es um sieben Uhr dunkel wurde, war die Luft kühl und feucht.

An der Drysdale war das akademische Tagewerk beinahe verrichtet. Die Tagesschüler waren nach Hause zurückgekehrt. Die Internatsschüler hatten im Speisesaal zu Abend gegessen und begaben sich nun auf den Weg zu ihren Abendaktivitäten in verschiedenen Bereichen der Schule.

Die Drysdale bot einen imposanten Anblick. Die meisten Gebäude der Privatschule waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts errichtet worden und entsprachen dem klassischen Stil jener Zeit. Vier Wohnheime aus rotem Backstein, zwei Unterrichtsgebäude und eine kleine Kapelle gehörten zur ursprünglichen Schule. Im Herzen des Geländes befand sich der große Schulhof, vor dem die Eltern die Kinder morgens absetzten und nachmittags wieder abholten. Inzwischen verfügte die Drysdale über sechs Wohnheime, zusätzliche Unterrichtsgebäude für die Naturwissenschaften und Kunst, große Sportplätze, ein Musikgebäude und ein wundervolles, neues Theater.

Dorthin war Zak unterwegs, als er den Hof überquerte. Er rechnete fast damit, der Elster zu begegnen, entspannte sich aber ein wenig, als ihm bewusst wurde, dass Vögel sich am Abend einen Schlafplatz suchten. Dennoch, es handelte sich um keine gewöhnliche Elster und womöglich ging sie gar nicht schlafen. Auf dem Weg zum Theater blickte er sich nach allen Seiten um.

Nachdem er einmal tief durchgeatmet hatte, zog Zak die Tür des Theaters auf und ging hinein. Ungefähr dreißig Schüler standen auf der großen Bühne verteilt. Zak blickte zu den Scheinwerfern hoch, die über der Bühne hingen, und dann in die vielen hoffnungsvollen Gesichter. Die Oberstufenschüler waren daran zu erkennen, dass sie ihre eigenen Sachen tragen durften. Alle anderen waren in die Schuluniform gekleidet. Die Jungen trugen weiße Hemden, Krawatten, blaue Hosen und Schuhe, die Mädchen weiße Polohemden, marineblaue Pullover und mittellange Schottenröcke.

In der Mitte der Bühne stand Mr Mansfield, der Leiter der Theater-AG, ein schlanker, gutaussehender Mann mit lichtem Haar und einer Nickelbrille. Er hielt ein Exemplar von William Shakespeares Theaterstück Der Sturm in der Hand sowie einen Block und einen Stift.

Zak stieg die Treppe zur Bühne hinauf und ging zu ihm.

»Ah, Zak, endlich«, sagte Mr Mansfield und sah ihn über den Rand seiner Brille hinweg an.

»Entschuldigen Sie, Sir. Ich wurde aufgehalten.«

Mr Mansfields Blick verriet, dass er nichts anderes erwartet hatte. Er sagte: »Wie schön, dass du uns mit deiner Anwesenheit beehrst.«

Leises Gelächter kam auf, als die anderen Schüler den Wortwechsel mitbekamen. Obwohl Zak erst seit kurzem an der Drysdale war, hatte sich sein Ruf als Trödler bereits herumgesprochen. Zak grinste großspurig und sah, dass die Mädchen ihn anlächelten und die Jungen ihn mit einer Mischung aus Bewunderung und Abneigung musterten. Er reckte stolz die Brust heraus.

Dann entdeckte er Marina Cantrip.

Sein Blick kreuzte den ihren – und sein Herz setzte einen Schlag aus.

Im nächsten Augenblick wandte Marina sich ab.

 

In dem Moment, als Marina Zak in die Augen sah, setzte auch ihr Herz einen Schlag aus. Während sie gegen den Schock ankämpfte, wurde ihr bewusst, dass sie sich einerseits zu dem Jungen mit dem Raubvogelblick hingezogen fühlte, andererseits aber noch immer sehr wütend auf ihn war. Mit fest zusammengepressten Lippen und gerunzelter Stirn blickte sie erneut zu Zak hinüber – der die Brust schon längst nicht mehr stolz herausreckte. Er sah sie immer noch an, seine Lippen verzogen sich zu einem leichten Lächeln. Sie wandte den Blick wieder ab, verärgert über das Gefühl, ertappt worden zu sein.

Mit dem nächsten Atemzug reifte die Erkenntnis in ihr, dass sie mehr als bloß Verärgerung empfand. Wenn sie Zak ansah, verspürte sie ein unheildrohendes Gefühl. Was würde er als Nächstes anstellen? Welche Schrecken würde er noch über ihre Familie bringen? Und dennoch, sie fühlte sich angezogen von seinen dunklen Augen …

Es war das erste Mal in diesem Schuljahr, dass sie Zak aus der Nähe sah. Sie und ihre Schwestern waren ihm aus dem Weg gegangen. Etliche Male waren sie auf die andere Seite des Schulhofs gewechselt, um eine Begegnung zu vermeiden, oder hatten ihn geschnitten, wenn sie an ihm vorbeikamen. Während die meisten anderen Mädchen wild darauf waren, Zak besser kennenzulernen, behielten die Cantrip-Schwestern ihr eisernes Schweigen ihm gegenüber bei. Freunde fragten sich, warum, und einige hatten sie darauf angesprochen, aber die Schwestern hatten ihre Meinung über Zak für sich behalten.

Flames Freund, Quinn McIver, konnte sich nicht erklären, warum sie Zak ignorierten, nachdem sie in den Sommerferien bei verschiedenen Gelegenheiten Tennis mit ihm gespielt hatten. Quinn hatte Marina darauf angesprochen, weil Flame schwieg, was die Angelegenheit betraf. Marina hatte ihm ein liebes Lächeln geschenkt, sich aber keine Antwort entlocken lassen. Daher war Quinn perplex – schließlich ahnte er weder etwas von den Zauberkräften der Cantrip-Schwestern noch von Zaks.

Marina wusste, dass es ihre große Schwester sehr mitnahm, Quinn gegenüber nicht ehrlich sein zu können. Aber über die Magie der Cantrips durfte nicht gesprochen werden, da es sie schwächte. Die Tatsache, dass Zak darüber Bescheid wusste, bereitete den Schwestern große Sorge.

Mr Mansfields Stimme unterbrach Marinas Gedankenfluss. »Ich bitte um eure Aufmerksamkeit«, sagte er laut.

»Also gut, nun, ihr habt euch bei euren Vorsprechen alle gut geschlagen und ich bin sehr beeindruckt«, sagte er. »Ihr seid ein talentierter Haufen – einige von euch sind sogar äußerst talentiert –, das ist nicht zu leugnen, und ich habe sorgfältig darüber nachgedacht, wem ich welche Rolle geben werde. Es wird eine Herausforderung werden, den Sturm bis zum Ende des Trimesters auf die Bühne zu bringen – wir sprechen hier von wenigen Wochen. Ich erwarte von euch allen, dass ihr hart arbeitet und vollen Einsatz zeigt.«

Zustimmendes Gemurmel ertönte. Alle rückten ein wenig näher an den Lehrer heran, die Erwartung stieg spürbar. Auf etlichen Gesichtern machte sich Nervosität breit, während sie auf die Verkündung der Rollenverteilung warteten.

Nach einem Blick in die Runde fuhr Mr Mansfield fort: »Der Sturm ist ein bedeutendes Theaterstück und es wird angenommen, dass es sich um das letzte handelt, das Shakespeare geschrieben hat, zirka 1610/11. Es geht darin um Macht und Kontrolle, Verrat, Rache und Vergebung. Es ist ein Stück über Magie, wiederkehrende Motive darin sind Wasser und die See, Luft, Erde, Klang und Musik. Nun kommen wir also zur Besetzung …«

Alle hielten den Atem an.

»Als Erstes Prospero, unsere Hauptrolle«, sagte Mr Mansfield und spähte über den Rand seiner Brille hinweg. Er drehte sich zu David Harbinson um, einem muskulösen Oberstufenschüler. »David, ich möchte, dass du die Hauptrolle übernimmst. Du wirst Prospero spielen, den Herzog von Mailand und mächtigen Zauberer, der in der Verbannung lebt.«

David strahlte und sagte: »Danke, Sir.« Etliche Mitschüler schlugen ihm auf den Rücken und gratulierten ihm. »Gut gemacht!«

»Und nun die Rolle der Miranda, Prosperos Tochter«, sagte Mr Mansfield. Einige ältere Mädchen reckten die Hälse und lächelten ihn an, aber der Lehrer drehte sich zu Marina Cantrip um. »Marina, mir ist bewusst, dass du die jüngste Schülerin unserer Theatergruppe bist, aber ich möchte gerne, dass du die Miranda spielst.«

Marina schnappte überrascht nach Luft. »Ich?«

»Ja, du«, erwiderte Mr Mansfield. »Miranda ist fünfzehn Jahre alt – so alt bist auch du beinahe.«

Seine Worte lösten verärgertes Geraune aus und einige der Mädchen guckten verstimmt. Mr Mansfield, dem das nicht entgangen war, sagte: »Marina ist ein Naturtalent und ich bin überzeugt, sie wird die Miranda perfekt verkörpern. Ich hoffe, ihr werdet sie alle nach Kräften unterstützen.«

»Vielen Dank, Sir«, sagte Marina mit einem breiten Lächeln.

»Es ist eine große Rolle, und du musst dir in kurzer Zeit eine Menge Text einprägen.«

»Ich werde mein Bestes geben«, versprach Marina.

Mr Mansfield nickte, dann fuhr er mit der Rollenverteilung fort. Drei ältere Jungen würden Alonso, den König von Neapel, der Schiffbruch erlitten hatte, Sebastian, dessen heimtückischen Bruder, und Antonio, Prosperos Bruder, spielen.

»Na schön, kommen wir zu Ariel, dem Luftgeist, der von der bösen Zauberin Sycorax gefangen gehalten wurde und nun Prospero dienen muss«, sagte Mr Mansfield.

Zak wartete mit angehaltenem Atem. Er liebte das Theaterspielen und war gut darin, und dies war die Rolle, die er gern gehabt hätte. Aber Mr Mansfield drehte sich zu Leonie um, einer der Zehntklässlerinnen, und gab ihr die Rolle. Wieder brandete aufgebrachtes Gemurmel auf. Zak wollte protestieren: Aber das ist eine Männerrolle!, doch er war klug genug, den Mund zu halten. Er warf Marina einen mürrischen Blick zu. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, aber als sie den Kopf drehte, sah er ihre zufriedene Miene.

Die Spannung, die in der Luft lag, schien inzwischen mit Händen greifbar. Es herrschte Stille, als Mr Mansfield auf seinen Besetzungszettel blickte. Endlich sagte er: »Gut, damit kommen wir zu Caliban.«

Als er diesen Namen hörte, war Zak augenblicklich bei der Sache. Die Rolle des Caliban war eine weitere, die er gern gespielt hätte. Doch Mr Mansfield sah Tom Lowe an, einen dunkelhäutigen Zehntklässler, und gab ihm die Rolle des niederträchtigen Eingeborenen. Als Tom lächelte, kochte Zak innerlich und funkelte den Lehrer wütend an. Als könne sie seine Wut spüren, drehte Marina sich zu Zak um und erwiderte seinen Blick. Sie sah sofort wieder weg.

Ob sie mich wohl hasst?, dachte Zak. Jeder hier an der Drysdale weiß, wie nahe die Cantrip-Schwestern sich stehen. Wenn Flame mich hasst, kann ich davon ausgehen, dass es den anderen genauso geht … Aber war das gerade Hass in ihrem Blick? Es sah für mich eher nach Wut aus …

Mr Mansfields Stimme wurde zu einem Hintergrundsummen, als Zaks Gedanken zwischen der Wut darüber, nicht die Rolle bekommen zu haben, die er wollte, der Frage, was Marina in Wahrheit von ihm hielt, und der Erinnerung an die Elster hin und her zu wandern begannen. Würde der Vogel auch am nächsten Tag auf ihn warten?

»Schön. Na, Zak«, sagte Mr Mansfield mit hochgezogener Augenbraue und sah ihn quer über die Bühne hinweg an. Einen Moment herrschte Schweigen, als alle sich zu Zak umwandten, der in Gedanken meilenweit weg zu sein schien.

»Bist du noch bei uns, Zak?«, fragte Mr Mansfield.

Alle lachten.

Als ihm dies plötzlich bewusst wurde, sagte Zak rasch: »Ja, Sir.«

Mr Mansfield hob auch die andere Augenbraue und sagte: »Gut.« Dann machte er eine lange Pause, in der er Zak ansah und Zak ihn. Schließlich fuhr Mr Mansfield fort: »In diesem Fall würde ich dir gern die Rolle des Ferdinand anvertrauen, Sohn des Königs von Neapel und zudem der junge Prinz, der sich in Miranda verliebt.«

Zaks Kinnlade fiel herunter. Er sah, wie Marina zu ihm herumfuhr und ihn mit entsetzter Miene anstarrte. Einen Sekundenbruchteil konnten sie den Blick nicht voneinander lösen.

»Was ist los, Zak?«, fragte Mr Mansfield. »Hast du ein Problem damit, den Ferdinand zu spielen?«

Zak drehte sich zu dem Lehrer um. »Nein, Sir.«

Mr Mansfield hielt seinen Blick. »Bist du sicher?«

»Absolut – und vielen Dank, Sir.«

»Gut, aber dass wir uns richtig verstehen, Zak. Du erscheinst pünktlich zu jeder Probe. Verstanden?«

»Ja, Sir.«

Mr Mansfield warf Zak einen langen, strengen Blick zu, als wolle er sicherstellen, dass es dem Jungen damit so ernst war, wie sein Gesichtsausdruck es vermuten ließ. »Du hast Talent. Jetzt sorg auch dafür, dass es sich entfalten kann.«

Zak nickte mit nach wie vor ernster Miene. Er hatte Respekt für Lehrer, die sich von ihm nicht auf der Nase herumtanzen ließen. Dann sah er erneut zu Marina hinüber, die unglücklich den Blick gesenkt hielt.

Jetzt muss sie mit mir reden, dachte Zak. Wir können auf keinen Fall proben, ohne miteinander zu sprechen. Und wir müssen nicht nur miteinander reden, wir müssen uns auf der Bühne ineinander verlieben …

Zak stöhnte leise auf, während Mr Mansfields Stimme posaunte: »Okay, Leute, lasst uns mit einer Textlesung beginnen.«

Das neu ernannte Ensemble schnappte sich ein paar Stühle, stellte sie in einem großen Halbkreis auf und setzte sich.

Marina saß beinah in der Mitte und blickte auf ihre Kopie des Stückes hinunter. Die Zeilen tanzten auf und ab und die Wörter verschwammen vor ihren Augen. Sie hätte am liebsten geweint. Wie konnte Mr Mansfield nur Zak als Ferdinand besetzen, wo sie doch die Miranda war? Hatte er denn keine Ahnung? War ihm nicht klar, dass sie Zak Ashworth aus tiefstem Herzen verabscheute? Oh, es war ja so schrecklich …

»Alles klar bei dir, Marina?«, fragte David, der neben ihr saß, und beugte sich zu ihr.

Marina lächelte zitternd. »Mir geht es gut, danke«, sagte sie.

»Okay«, erwiderte David, aber er sah nicht besonders überzeugt aus. Er hatte keine Ahnung, wo das Problem lag, aber ihm war aufgefallen, dass Marina immer wieder zu Zak hinüberschaute, der am einen Ende des Halbkreises saß. Davids Augen wurden schmaler, während er Zak musterte. Der neue Junge war ein Unruhestifter – das stand ihm ins Gesicht geschrieben. Die Mädchen waren von seinem guten Aussehen beeindruckt und einige der Jungen bewunderten ihn, aber David war nicht so leicht zu blenden. Er würde ihn im Auge behalten. Er wandte sich wieder Marina zu, die inzwischen einen gefassteren Eindruck machte. »Besser?«

Sie lächelte und nickte.

»Gut. Herzlichen Glückwunsch zu deiner Rolle.«

Marina seufzte. »Danke. Ich hoffe nur, ich werde ihr auch gerecht.«

»Du hast viel Text zu lernen.«

»Hm«, machte sie zustimmend. »Nur gut, dass ich Herausforderungen liebe.«

David lachte. »Ich bin mir sicher, du wirst sie meistern.«

 

Es war pechschwarz draußen, als Zak zwei Stunden später das Theater verließ. Marina trat mit ein paar Mädchen zusammen hinter ihm aus der Tür. Einen Moment lang erwog er, zu ihr zu gehen, aber dann begann das Summen in seinem linken Ohr und er wollte nur noch seine Ruhe haben und allein sein.

Als Marina ins Wohnheim der Mädchen zurückkehrte, ging sie sofort in Flames Zimmer.

Sie setzten sich zusammen auf das Bett. Flame war begeistert, dass ihre Schwester eine Traumrolle ergattert hatte, doch dann erzählte Marina ihr, wer den Ferdinand spielen würde.

»Oh, nein!«, sagte Flame entsetzt. »Was wirst du jetzt tun?«

»Na, einfach weitermachen natürlich! Was könnte ich sonst tun, außer Mr Mansfield zu sagen, dass ich die Miranda nicht spielen will?«

Flame musterte ihre Schwester nachdenklich, die müde und niedergeschlagen aussah. »Stimmt, das kannst du nicht machen. Du musst die Miranda unbedingt spielen. Du wirst wundervoll sein – und Zaks Rolle ist nicht groß.«

Marinas Augen füllten sich mit Tränen. »Ich bin bloß so … schrecklich wütend auf Zak!«

Flame legte ihr den Arm um die Schulter. »Weil er deinen Gegenpart ergattert hat?«

»Nein, wegen dem, was er uns angetan hat!«

»Ich weiß«, sagte Flame. »Uns anderen geht es genauso.«

»Aber er ist hier an der Drysdale und er wird nicht so einfach verschwinden – und wir müssen einen Weg finden, damit umzugehen«, sagte Marina. Sie fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Genauer gesagt, ich muss einen Weg finden, ihm in die Augen zu schauen, wenn ich dicht vor ihm stehe, und ihm als Miranda meine Liebe offenbare.«

Bei dieser Vorstellung stöhnte sie auf.

Flame lachte. »Du würdest ihm immer noch gerne eins überbraten.«

»Ja, würde ich«, gab Marina mit einem Lächeln zu.

»Vielleicht solltest du die Miranda als leidenschaftliche und temperamentvolle Figur anlegen.«

Sie lachten. Dann seufzte Marina. »Warum muss das Leben so kompliziert sein?«

»Ich weiß es nicht, aber es wird nicht einfacher, je älter man wird«, sagte Flame. »Kein Witz. Quinn hat mich heute wieder gefragt, was für ein Problem ich mit Zak habe – und ich kann ihm gegenüber nicht ehrlich sein. Ich darf nicht über meine magischen Kräfte reden und das ist echt hart, wenn es dabei um jemanden geht, der einem etwas bedeutet.«

»Mit Mum und Dad ist es dasselbe.«

»Ja«, sagte Flame. »Wer würde schon freiwillig ein Cantrip mit magischen Kräften sein wollen, was?«

»Ich bin nicht sicher, ob wir eine Wahl haben«, sagte Marina. Sie dachte einen Moment lang nach, dann sagte sie: »Glaubst du, Zak wird allen von unseren magischen Kräften erzählen?«

»Ich weiß es nicht«, sagte Flame. »Aber ich glaube nicht, dass er seine eigenen Kräfte offenbaren will, und wenn er unsere der Öffentlichkeit preisgibt, muss er damit rechnen, dass wir seine in alle Welt hinausposaunen.« Sie schwieg kurz, dann fügte sie hinzu: »Das Problem mit Zak ist seine Unberechenbarkeit.«

Marina runzelte die Stirn und sah ihre Schwester an. »Weißt du noch, wie er den Felsling in seinen Körper gesogen hat?«

»Als wir auf dem Dach waren, meinst du?«

»Ja. Glaubst du, er ist ihn wieder losgeworden?«

Flame sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Warum fragst du?«

»Nun, als wir uns für die Textlesung hingesetzt hatten, habe ich ihm ab und zu einen Blick zugeworfen und hatte den Eindruck, dass ihn etwas irritierte.«

»Was denn?«

Marina schüttelte ratlos den Kopf. »Ich weiß es nicht. Aber er hat immer wieder die Hand auf sein linkes Ohr gepresst. Ich wüsste zu gern, was mit dem Felsling passiert ist.«

»Tja, jetzt hast du die Chance, ihn danach zu fragen.«

»Nachdem ich ihn die letzten zwei Wochen komplett ignoriert habe?«

»Würdest du denn wieder mit ihm reden?«

Marina seufzte. »Ich möchte nicht mehr Worte mit ihm wechseln, als ich unbedingt muss.«

»Na, dann mach es eben nicht«, sagte Flame. »So oder so musst du um deinetwillen in seiner Gegenwart vorsichtig sein.

»Wie meinst du das?«

»Ich glaube, dass unter deiner Wut immer noch Gefühle für ihn verborgen sind.«

Marina stiegen erneut die Tränen in die Augen. »Wir hätten auf dem Dach sterben können.«

Flame umarmte ihre Schwester. »Ich weiß. Es war furchtbar.«

»Und er hat sich nie dafür entschuldigt.«

»Nein, er hat sich nicht entschuldigt«, sagte Flame. Sie seufzte schwer. »Ich bin nicht sicher, ob Zak überhaupt weiß, wie man sich entschuldigt.«

Flora

Flora lag in ihrem Bett und las. Doch sie konnte sich nicht auf die Worte konzentrieren und ließ das Buch mit einem Seufzer auf die Bettdecke fallen.

Normalerweise dachte sie während der Schulzeit nicht über ihre magischen Kräfte nach, aber an diesem Tag hatte sie es wieder verspürt – jenes Kribbeln in den Händen und Füßen, als sie den Weg entlangging, der an der Kapelle vorbeiführte. Es war nun das dritte Mal, dass sie es gespürt hatte, seit sie in die Mittelstufe ging, und es war ihr jedes Mal auf dem Weg zu den Sportplätzen widerfahren. Es war nicht der direkteste Weg, aber wenn sie für sich war, ging Flora gern unter den Bäumen her an der alten Kapelle vorbei.

Jedes Mal waren zwei Dinge passiert. Zuerst tauchte eine große Elster in der Nähe auf und beobachtete sie mit ihren schwarzen Knopfaugen. Während Flora den Weg entlangging, hüpfte sie neben ihr her und hielt mit ihr Schritt. Zur gleichen Zeit spürte Flora das Kribbeln in Händen und Füßen. Dieses spezielle Gefühl überkam sie nur auf dem Kapellenweg.

Jetzt habe ich die Elster schon drei Mal gesehen und habe jedes Mal das Kribbeln gespürt, dachte Flora bei sich. Das kann kein Zufall sein – nichts geschieht ohne Grund.

Da sie über die Magie der Erde verfügte, stand für Flora fest, dass sie irgendeine Art von Energie spürte, die in der Erde steckte. Was war das nur für eine Macht, die ihre Hände und Füße zum Kribbeln brachte?

Flora setzte sich in ihrem Bett auf.

Was soll ich jetzt machen?, fragte sie sich. Soll ich meinen Schwestern davon erzählen?

Die Dinge haben sich so sehr verändert, dachte Flora. Ich bekomme Flame und Marina kaum noch zu Gesicht.

Seit sie im September in die Mittelstufe gekommen war, waren ihre Schultage viel länger, aber das machte ihr nichts aus, weil auf der Drysdale immer etwas los war und sie dort viel Spaß hatte. Flame und Marina kamen nur noch an den Wochenenden nach Hause und da samstagnachmittags oft noch Sportveranstaltungen stattfanden, verbrachten die zwei älteren Schwestern nicht mehr besonders viel Zeit auf Cantrip Towers.

Sky ging immer noch in die Unterstufe der Drysdale und beschwerte sich darüber, dass sie ihre Schwestern sehr vermisste.

Flora wusste, dass sich jede Minute die Zimmertür öffnen und Sky den Kopf hereinstecken würde. Und in der Tat öffnete sich die Tür und Sky fragte: »Darf ich reinkommen?« Ohne die Antwort abzuwarten, kam sie zu Floras Bett gehüpft und ließ sich darauffallen.